Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

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Morgeu-Depeschen 
Berlin, 7. Tuni. Der „Reichsanz." 
veröffentlicht die Erhebung in den Adels- 
stand des Regierungeassessors in Potsdam 
und PremicrlieurenantS der Reserve des 
Magdeburgischen Tragonerregiments Nr. 6 
Dr. jur. Carl Paul Schumann. 
Stuttgart, 7. Juni. Ein in verschiedenen 
Theilen des Landes niedergegangener 
Wvlkenbruch hat ungeheure Verheerungen 
angerichtet. In Balingen chnd Umgebung 
I und mehrere Häuser mit den Bewohnern 
'angeschwemmt worden. 40 Personen 
werden vermißt. Mühlwerke und Brücken 
! Würden zerstört. (S. auch unter Stuttgart.) 
Budapest, 7. Juni. Der Inhaber des 
Wechselstuben- und Börsencomptoirs, Ema- 
Uncl Vanitz, ist wegen Unterschlagung von 
Depotgeldern in bedeutender Höhe ver 
kostet worden. 
Krakau, 7. Juni. Die Einwohner von 
«rest und Listowsk erhielten Drohbriese, 
worin Brandlegung angedroht lvird. 
Mehrere Verhastungcn sind vorgenommen. 
Paris, 6. Juni. Im „Gaulois" wird 
heute das Programm für den Aufenthalt 
"es französischen Geschwaders während der 
Festlichkeiten in Kiel veröffentlicht. Ani 
fl. Juni, dem Tage der Ankunft, werden 
"ch der Admiral Menard und sein Stab 
ons Land begeben und durch den Bol- 
ichaftcr Herbette dem Kaiser und dem 
Prinzen Heinrich vorgestellt werden. Abends 
besuchen die französischen Marineoffiziere 
ben vom Prinzen Heinrich in der Marine- 
jltademie veranstalteten Ball. Am 21. 
-Mni wird bei Holtenau vom Kaiser die 
ltterttche Schlußsteinlegung vorgenommen 
bnd sodann die groge Parade über ea. 
l00 deutsche und fremde Kriegsschiffe ab- 
ßehalien werden. Bei dem darauffolgend 
ocn Festbanket wird der deutsche Kaiser 
îur Rechten den französischen, zur Linken 
°en russischen Admiral haben. In dem 
°'us die fremden Gäste voin Kaiser auszu- 
fwwgenden Toast wird auch die Theilnahme 
Frankreichs an den Festlichkeiten erwähnt 
werden. Um Mitternacht wird das fron- 
svsische Geschwader den Kieler Hasen wie- 
kr verlassen. — Der „Gaulois" hebt 
°ch besonders hervor, Kaiser Wilhelm 
werde dem Admiral Menard noch speziellen 
^onļ für die Theilnahnie der französischen 
Ņtte an den Eröffnungsfeierlichkeiten 
''à. — Der Senatspräsident 
. hall emel« Lacour ist gefährlich er- 
ronkt. In parlamentarischen Kreisen glaubt 
won bestimmt, daß, im Falle des Ablebens 
Challemcl-Lacours, Flouquct dessen Nach 
folgen werde. 
Florenz, 6. Juni. Hier wurde heute 
früh um 1 Uhr 36 Minuten ein starker 
Erdstoß und darauf drei leichte Erd 
stöße verspürt. Die Bevölkerung wurde 
von einer Panik ergriffen und eilte aus 
den Häusern auf die Straßen und Plätze. 
Es scheint jedoch, daß in der Stadt keinerlei 
Schaden angerichtet wurde. Nachrichten 
aus der Umgegend liegen noch nicht vor. 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
^ In Ecuador siegen die Revo lutio näre. 
In New-Pork eingetrvffene Depeschen ans 
Guayaquil bestätigen die Nachricht von 
dortigen Unruhen. Die Stadt ist im Be 
sitz der Aufständigen. Die Radikalen 
haben die Provinzen Mona bi und Es 
meraldas in ihrer Gewalt. 
Die Lage der Spanier auf Cuba ist 
keineswegs beneidenswerth. Eine ans 
Cuba von Marschall Martinez Campos 
eingesandte Depesche melvet, daß in ver 
schiedenen Distrikten Cubas Unruhen vor- 
gekommen sind, und verlangt Verstärkungen. 
Die Regierung wird 10 Bataillone ent 
senden. 
Die meisten Aerzte, welche wohl 
jemals gleichzeitig um einen Patienten 
versammelt waren, umstanden vor kurzem 
das Bett eines erkrankten Mitgliedes der 
Kaiserlichen Familie in China. Nicht 
weniger als 324 Aeskulapsünger 
waren zugegen, trotzdem, sagt der Bericht- 
erstatter, befindet sich der Patient noch am 
Leben. 
Wie weit in Amerika der Schwindel 
gehen kann, können wir wieder einmal 
aus der Columbus-Ausstellung in Chicago 
ersehen. Seit beinahe zwei Jahren ist 
die Ausstellung vorüber, aber von den 
tausenden von zuerkannten Medaillen ist 
noch keine einzige zur Vertheilnng gekommen. 
Die amerikanischen Zeitungen machen 
schon allerhand Glossen darüber und laut 
von drüben erhaltenen Berichten, die uns 
das Patent- und technische Bureau von 
Richard Lüders in Görlitz mittheilt, be 
fürchtet man, daß die ganze Medaillen-An- 
gelegenheit in einen großartigen Scandal 
ausarten wird. Die Regierung der 
Verein. Staaten hat allein, abgesehen von 
sonstigen Einkunftsguellen, für Medaillen 
1V, Million Mk. bewilligt. Sollte diese 
Summe ihren Weg in die Taschen von 
gewissen Ausstellungsbeamtcn gefunden 
haben? Derartige Fälle sind schon vorher 
in Amerika dagewesen. Jedenfalls ist es 
die höchste Zeit, daß diese Affäre aufge 
klärt wird, und entweder die Aussteller 
die zuerkannte Medaille erhalten oder die 
Verantwortung für die Nichtertheilung 
denen, deren Verschulden es ist, zur Last 
gelegt werde. 
Italien. 
Rom, 6. Juni. Cavallotti ladet die 
ganze äußerste Linke, insL Sozialisten, qu : 
Sonntag Abend zu einer Vorbespre 
chung über die Lage ein. Soweit sich 
bis E jetzt aus der Stimmung der Opposition, 
solvie aus gelvissen Indiskretionen schließen 
läßt, gehen wir sofort nach Eröffnung der 
Kammer heillosen Tumulten entgegen. 
Inzwischen hört man, Crispi beabsichtige 
in der That, die Kammer wieder aufzu 
lösen und neue Wahlen zu veranlassen, 
falls die Opposition die angedrohten Skan 
dale ins Werk setze. 
Oesterreich-Ungarn. 
Graz, 6. Juni. Gestern Nachmittag 
111 Da* Kronzeuge. 
Bezahlung aus der SchleSwig-Holsteinischen 
wurden in Leoben und Eisenerz zwei 
verticale, ziemlich heftige, von unterirdischem 
Getöse begleitete Erdstöße verspürt. 
Wien, 6. Juni. Das gestern Nacht 
niedergegangene G e wi tt e r mit Hagelschlag 
richtete an vielen Orten Niederösterreichs, 
namentlich in Leobersdorf, sowie in den 
benachbarten Wiener Neustadt und Ocden- 
bürg ungeheuren Schaden an. In Wien 
selbst sind keine ernsten Schäden zu ver- 
zeichnen. 
JkIÆrfttt duerwech slung ist in 
Pest vor Kurzem ein Arbeiter erblindet. 
Das dortige Arbeiterorgan besprach die 
Sache, worauf der betreffende Apotheker 
angeblich alle Druckereien veranlaßte, das 
Arbeiterblatt nicht mehr zu drucken. In 
einer Versammlung am Montag besprachen 
1000 Arbeiter die Angelegenheit. Das 
Meeting wurde aufgelöst, worauf die Ar- 
beiter vor die Apotheke zogen, die Fenster 
einschlugen und den Apotheker beschimpften. 
Ein starkes Aufgebot berittener Schutzleute 
zerstreute die Demonstranten. Vier Ver- 
Haftungen wurden vorgenommen. 
England. 
London, 4. Juni. Ein furchtbarer 
Doppel mord wurde am letzten Frei- 
tag in dem Dorfe Orgrave bei Lichfield 
begangen. Der alte Krämer Frederik 
Backewell nahm mit seiner Frau und 
seinem Stiefsohn George Hackett das Früh- 
stück ein, als der Hofhund zu bellen an 
fing. Als Hackett hinauseilte, wurde er 
sofort von einer Kugel niedergestreckt. Er 
schleppte sich mühsam ins Haus, verfolgt 
von einem Unbekannten, der auch noch 
auf den Alten eine Kugel abschoß, die ihn 
sofort tödtete. Danach schoß der Mörder 
auch noch auf die Frau. Diese konnte 
wenigstens den Behörden Bericht über den 
Vorfall geben. 
Schweden. 
Der Ingenieur Andre in Stockholm er- 
achtet für seine Nordpolexpedition mittels 
Luftballon 130 000 Kr. für erforderlich. 
Die Aufbringung der Summe ist völlig 
gesichert. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 2. Juni. In der General- 
Versammlung des Agrarvereins, die 
vor einigen Tagen hier abgehalten wurde, 
zeigte sich auf's Neue, daß in demselben 
große Uneinigkeit herrscht. Auch hat die 
Anzahl der Mitglieder, die ursprünglich 
80 000 betrug, bedeutend abgenommen, und 
die Einnahmen (32,000 Kronen) sind nicht 
nur verbraucht, sondern es ist auch ein 
bedeutendes Defizit vorhanden. In Be 
treff der Branntweinsteuer gehen die An- 
sichten am weitesten auseinander : Während 
die Einen die Einführung derselben als 
eine Nothwendigkeit betrachten, um die 
Trunksucht zu bekämpfen, erklären die An 
deren, man dürfe den Schnaps, die einzige 
Freude des armen Mannes", nicht ver- 
theuern. Die Versammlung beschloß u. A. 
Folgendes von der Regierung zu erlangen: 
Aufhebung des Zolles für Lebensmittel, 
Zollerhöhung für Luxussachen, wie Wein, 
Seide, Tabak und zwar so, daß die Alkohol 
stener nur zu Gunsten der Arbeiter ver- 
wendet werde, ferner Staatshülfe, um die 
Kreditvcrhältniffe der Landwirthe zu ordnen, 
necessities Aufhören der Grundsteuer und 
Einführung einer Einkommensteuer. Als 
Nachfolger des Kammerhcrrn Barner wurde 
nach stürmischen Debatten der Gutsbesitzer 
N e e r g a a r d zum Präsidenten des Agrar- 
Bereins gewählt. Neergaard war bisher 
Präsident der jntländischen Abtheilung des 
Vereins. 
Kopenhagen, 5. Juni. Vor fünf Jahren 
and in einer Kirche in der Nähe Kopen- 
>agens eine Aufsehen erregende Hochzeit 
tatt. Der Bräutigam war ein flotter, 
chwedischer Kavallerieoffizier, der sich häufig 
in der dänischen Haupstadt aufhielt, weil 
die zahlreichen Vergnügungen eine große 
Anziehungskraft auf ihn ausübten. Bei 
einer solchen Gelegenheit machte er die 
Verbrecherwelt vergangener Tage. 
Von Ulrich Ohlcrich. 
Jßierte« Kapitel. 
,... s Haus des früheren Maurermeisters, 
Wgen Kaufmanns Detlef Frahm in F. lag 
äußersten Rande des Fleckensgcbietes, fast 
er vor der Hauptstraße an einem Punkte, 
t!1 «!® et Landwege auslief und 
Äschen den beiden letzeren; die Frontseile 
£ c es der Flecken,traße zugekehrt, nach 
t> en grenzte es an welkes, unbebautes Feld 
jO neugierige Blicke von der Straße hcr 
aus den nächsten Häusern war es durch 
^ hohes Brctlerplankwcrk abgeschlossen; nur 
^ "bereu Etagen lagen dem Auge frei, diese 
^îr zeigten nur öde, unbelebte Fenster. Das 
stunde halte trotz seiner Höhe und seines 
g -s°ngs nichts auszuweisen, was das Wohl- 
^ Mm des Beschauers zu erregen vermochte. 
habe es gebaut, für meine geschäft- 
»litt Zwecke, nicht zum Staat, für mich 
thii: 
e ' n - nicht für Fremde," fertigte der Eigen- 
ijjjjj kr -Jeden ab, der sich gemüssigt fühlte, 
b 0r , le baulichen Mängel seines Hauses 
Gf^rirken. In der That benutzte er das 
IqZf allein; sein Geschäft, ein Handel mit 
zegttss^şchastlichen Bedarfsartikeln und Er- 
^ûè; • erforderte ausgedehnte Lagerräume. 
kie m "'.Hl zur eigenen Wohnung Frahm's 
' '^nd daher zu Lagerzwecken Bcrwen- 
Wirf, h,om,ei sich das wenig anheimelnde 
'fTļ bes Hauses erklärte. Nur nach 
halten ein paar Dienstlcute 
unterm Dach innc. Unter 
der Einwohnerschaft von F. ging, 
ibic leise geflüsterte Sage von Mund zu Mund, 
das Gebäude berge mannigfache Geheimnisse; 
sowohl die Lage als die Bauart und Ein 
richtung beruhten sicher aus wohlberechneten 
Zwecken und Frahm wisse ganz genau, was 
er thue, wenn er sich nicht in Gestalt von 
Miethern lästige Aufpasser ins Haus schaffe. 
LN an wollte unter Anderem behaupten, das 
Haus biete in seinem Inneren auffallend wenig 
Raum dar, weit weniger, als cs nach seinen 
äußeren Dimensionen thun müsse, selbst wenn 
man die Plumpheit der Bauart gebührend 
in Betracht ziebe und folgerte darauf auf 
das Vorhandensein zahlreicher verborgener 
Räumlichkeiten, was wiederum zum Schluffe 
führte, Frahm könne nicht nur von hinten 
übers Feld her jeden Besuch unbemerkt em 
pfangen, vor Allem zu späterer Tageszeit, er 
könne auch verstecken, wen und was er wolle. 
Dian enthielt sich für gewöhnlich, die solchen 
Unterhaltungen zu Grunde liegende Meinung 
tibcr das Haus und dessen Herrn offen aus- 
zusprechen; cs that auch nicht nöthig, man 
wußte, das man sich gegenseitig verstand. 
Jau' einmal hatte einer zu äußern gewagt, 
lm Frahm schen Hause könne man ru Seiten 
verdächtiges Volk in größerer Zahl beisammen- 
ttnöen, aļô im Fļktķenêģeşänģnîņ şeļôşi^ eişieieô 
sei die größte Spitzbubcnherberge im' ganzen 
Lande. Es war merkwürdig, daß Frahm, 
dem diese Aeußerung zu Ohren kam, es unter 
ließ, den neidischen Verleumder, wie er ihn 
nannte, zur gerichtlichen Bestrafung zu ziehen, 
noch merkwürdiger aber, daß weder dieser 
sclbst sich veranlaßt fand, seinen Worten 
irgend welche Folge zu geben, noch Andere 
ich dazu berufen fühlten — die Signatur 
ber Zeit war eben, in eigener Lässigkeit das 
Thun gleich lässiger Anderer zu erwarten; 
Bekanntschaft einer jungen, schönen Dame, 
die auch Schwedin von Geburt war, und 
trotz der Warnungen und Bitten seiner 
Familie heirathete er sie. Die Folge war, 
daß seine Verwandten sich von ihm gänz. 
lich zurückzogen und — was noch schlimmer 
war — daß er seine Stellung als Offizier 
aufgeben mußte. Er reiste mit seiner 
Frau und seinem Kinde nach Amerika, um 
sich dort einen neuen Wirkungskreis zu 
suchen. Dies gelang ihm über Erwarten; 
seine glänzenden Anlagen verschafften ihm 
einen guten Platz in Newyork, und er 
lebte glücklich mit den drei Kindern, die 
seine Frau im Laufe der Zeit ihm geschenkt 
hatte. Dieses Glück dauerte jedoch nicht 
lange. Eines Tages entdeckte er, daß seine 
Gattin ihn betrog; er ließ sich von ihr 
scheiden und verließ sie und die Kinder, 
die das Gericht trotz seiner Bitten ihr 
zusprach. Seit jener Zeit hat man nichts 
von ihm erfahren, und seine Familie nimmt 
an, daß er sich das Leben genommen habe. 
Letzthin nun kam die geschiedene Frau des 
Verschollenen mit den Kindern von Amerika 
nach Kopenhagen zurück, aller Existenz 
mittel entblößt, und die gefeierte Schönheit, 
die vor fünf Jahren unter der jeunesse 
dorèe der Hauptstadt als erster Stern 
glänzte, ist jetzt in einer Armenanstalt 
mit ihren Kindern untergebracht worden. 
Holland. 
Bor dem Ausstellungsplatze in 
Amsterdam fand zwischen französischen 
Ausstellern und dem Aufsichtspersonal und 
Arbeitern ein förmliches Gefecht statt. 
Merkwürdigerweise hat nämlich die Aus- 
stellung nur einen einzigen Eingang, den 
durch das Reichstagsmuseum, wodurch die 
in der Pieter Cornelius Hooftstraße und 
deren Umgebung wohnenden Besucher ge- 
nöthigt sind, einen sehr weiten Umweg zu 
machen. Gestern erschienen vor dem 
Seiteneingang verschiedene französische 
Aussteller mit ihren Damen, und da sie 
hier Arbeiter aus- und eingehen sahen, 
wollten sie ebenfalls von dem Eingänge 
Gebrauch machen. Dem widersetzte sich 
aber der Thürhüter, der nur der ihm ge 
gebenen Weisung gemäß handelte; er 
suchte die Eindringenden mit Gewalt 
zurückzuhalten, wurde aber zu Boden ge- 
worsen. In diesem Augenblick stürzten 
etwa 60 Arbeiter herbei, die den Franzosen 
und ihren Damen übel mitspielten, letztere 
mußten, arg zerhauen, den Rückzug an- 
treten, worauf sie die französische Abtheilung 
in der Ausstellung schließen ließen und 
gelegentliches Schimpfen besserte daran nichts. 
Der^ Mann freilich, der sich in so ehren 
rühriger Weise ausgelassen, fand in Kurzem 
überreichlichen Grund, sich weniger um die 
Angelegenheiten seines Nachbarn zu kümmern, 
als um seine eigenen. Finanziell stand er 
nicht allzu fest; wie von unsichtbarer Hand 
planmäßig geleitet, erfolgte Stoß auf Stoß 
gegen die Basis seiner Existenz, die Schwierig 
keiten wuchsen ihm über den Kopf und er 
zog davon. Wie aus Furcht wurde seitdem 
das Gerede leiser und verstummte endlich 
ganz. Sehr wesentlich trug dazu bei, daß 
Frahm mit Erfolg bemüht gewesen war, sich 
ein größeres Ansehen in den ersten Kreisen 
des Ortes zu verschaffen; bisher hatte ihm 
solches fast gänzlich gefehlt, obwohl er überall 
für einen reichen Mann galt. Vordem hatte 
er aber die Macht seines Geldes ausschließlich 
seinen eigensten Interessen dienstbar gemacht 
und für einen habgierigen knickerigen Egoisten 
gegolten; jetzt, wo er Andere diese Macht 
wohlthuend empfinden ließ, gelang cs ihm, 
sich Persönlichkeiten zu nähern, die ihn sonst 
über die Achsel angesehen hatten, so vor 
Alleni dem Fleckensvorstcher, der ihn zumeist 
aus Dankbarkeit für geleistete pekuniäre Dienste 
und in der Hoffnung auf weitere in seine 
Gesellschaft zog. Selbst die Familie des 
Ortsvorstehers verkehrte mit Frahm und seinen 
Angehörigen; entweder sahen alle das Dunkel 
nicht, welches den reichen Mann und den 
Ursprung seines Reichthums umgab, oder sie 
wollten es nicht sehen. — 
Es war ein kleines, fensterloses, daher am 
hellen Tage durch Lampenlicht erhelltes Ge 
mach des Frahm'schen Hauses, in welchem 
der Eigenthümer am Nachmittag des ersten 
Sonnabends nach Neujahr, einige Tage nach 
den erzählten Ereignissen mit einem am 
vorhergehenden Spätabcnd eingetroffenen 
Besucher im eifrigen Gespräch beisaminensaß. 
Frahm, eine mittelgroße Persönlichkeit von 
schwerfälliger Korpulenz mit feistem, aus 
druckslosem Gesicht und schläfrigem Aussehen, 
behandelte seinen Gast, einen kleinen behenden 
Mann mit überaus beweglichen Gcsichts- 
zügcn und lebhaft funkelnden Augen, mit 
einer achtungsvollen Zuvorkommenheit, die 
von einer gewissen Scheu nicht frei schien; 
die Freundschaft zwischen einem dicken, wohl 
genährten Hamster und einem geschmeidigen 
Wiesel mochte des letzteren Gefühls ntcht 
entbehren können. 
„Sicherer als bei mir bist Du nirgends, 
Jantje Ahrens," äußerte Frahm im Laufe 
der Unterhaltung, „ruhe Dich deshalb in 
aller Gemüthlichkeit ein paar Tage von 
Deinen Strapazen aus, an Gesellschaft und 
interessanter Unterhaltung soll es Dir nicht 
fehlen, vor Allem nicht heute Abend." 
„Meinst Du wirklich ganz sicher?" fragte 
Ahrens gedehnt. „Ich möchte wissen, wie 
lange Du das noch sagen wirst. Die 
Kommission —" 
Ein breites Lächeln verschönerte Frahm's 
Züge gerade nicht. „Ich glaubte, Du 
hättest die Kommission noch weniger auf 
Rechnung als ich, nachdent Du ihr eben erst 
glücklich durch die Finger geglitten bist." 
Ahrens schnippte mit den Fingern. „Die 
ffrchte ich nicht soviel, — wie steht die 
Sache aber, wenn sie etwa Hilfstruppen aus 
unseren eigenen Reihen gewinnen sollte? So 
Etwas ist anderswo schon dagewesen und 
was dort die Polizei zum Siege verhalf, 
kann ihr auch gegen uns nützen." 
Frahm's Lächeln schwand. „In der That 
würde der Fall eine ernste Gefahr für uns 
bedeuten," erwiderte er nachdenklich, „ich 
habe diese Möglichkeit bisher gänzlich außer 
Betracht gelassen; ich glaube auch, es hat 
so leicht keine Gefahr, einer von unseren 
Kleine» wagt cs nicht und von unseren 
Großen reizt es nicht." 
„So dachte man wahrscheinlich anderswo 
auch," lautete des Anderen trockene Ent 
gegnung," und doch fand sich der richtige 
Dtann für den richtigen Preis, als die 
Polizei ernstlich darauf ausging. Nimm 
einmal an, die Kommission suchte unter 
unseren gewandtesten Leuten einen Uebelthäter 
für den Preis eines vollständigen Ablaß- 
bricfcs und soviel harter Thaler, daß er 
fortan nicht mehr zu stehlen brauchte, um 
gemüthlich leben zu können. Bist Du etwa 
vollkommen sicher, daß Jeder von ihnen 
solcher Verlockung widerstehen würde? Ich 
bin's seit einigen Tagen nicht mehr." 
Frahm geriet!) in Unruhe. „Den Teufel 
auch," rief er, von seinem Sitze auffahrend, ' 
als ob dieser unter ihm heiß geworden. 
„Du sprichst akkurat, als hättest Du schon 
den Rockzipfel von solch' einem Verräther 
gesehen." 
Ahrens nickte. Nicht nur den Rockzipfel, 
andern den ganzen Mann, — es ist Einer, 
dem ich schon immer nicht recht über den 
Weg getraut habe." 
Frahm's Züge belebten und entstellten 
'ich zugleich durch einen Ausdruck finsterer 
Drohung. „Wen meinst Du?" fragte er wild. 
„Warte noch ein wenig," antwortete 
Ahrens ausweichend, „ich möchte mir die 
Zunge nicht verbrennen; bevor ich über die 
Sache ganz und 
ich den Namen
	        
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