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Wochenblatt
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88stev Jahrgang.
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Donnerstag, öen 6 Juni
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Morgen-Depeschen.
Siel, 5. Juni. Im Kohleuraum des
Panzerschiffes „Württemberg" hat eine
Gasexplosion stattgefunden. Ein Mw
schineningenieur wurde schwer, zwei Heizer
wurden leicht verwundet. Der Unfall er
eignete sich auf der Höhe von Helgoland.
Berlin, 6. Juni. Um die Erfahrungen
zu studiren, welche in Oesterreich mit der
Durchführung der Zwangsorganisation
der Handwerker gemacht worden sind,
werden sich, wie die „Post" hört, in oller
nächster Zeit ein Regierungsroth aus dem
Reichsamt des Innern und zwei aus dem
preußischen Handelsministerium dorthin
begeben.
Berlin, 6. Juni. Wie berichtet wird,
hat der Commandeur des 1. Garde-
Dragoner-Regiments Oberst a. D. Knes e
beck seinen Abschied nachgesucht. Mit der
Führung des Regiments ist der bisherige
Major im Großen Generalstabe v. Falken
harm beauftragt worden.
Berlin, 6. Juni. Bor einigen Tagen
sand in Westend bei Charlottenburg
zwischen dem Commerzienrath Bosch und
dem Regierungasseffor v. Flügge, einem
Sohne des früheren Reichstagsabgeordneten
v. Flügge, ein Duell unter schweren Be
dingungen statt. Trotzdem blieben beide
Duellanten unverletzt. Die Veranlassung
zu dem Duell gab ein Brief, den v. Flügge
an einen Rittmeister a. D. Schultz-Schultzen
stein richtete. In demselben wurden über
den Commerzienrath Bosch ehrenrührige
Behauptungen ausgestellt. Das Duell
endigte damit, daß ein Kartellträger den
Affeffor v. Flügge gefordert hat.
Belgrad, 6. Juni. Bekanntlich wurden
am Gerichtshöfe zu Risch wiederholt Akten-
diebstähle verübt. Den Justizminister hat
nun sämmtliche Richter strafweise nach
anderen Orten Serbiens versetzt.
Madrid, 5. Juni. Der Major Clavijo,
welcher vorgestern das Attentat aus den
Generalkapirän Rivera verübte, ist heute
früh 7 Uhr auf einem Felde bei San
Jeidoro erschossen worden. Er nahm die
Mittheilung von seiner bevorstehenden
Hinrichtung mit stoischer Ruhe entgegen
und beklagte sich nur darüber, daß man
ihn in seinem Schlafe störe. Bevor er
feinen letzten Gang antrat, schrieb er noch
einen rührenden Abschiedsbrief an seine
Braut.
London, 5. Juni. Nach Meldungen aus
Shanghai herrschen auş Formosa entsetzliche
Zustände. Soldaten und Eingeborene rau
ben und plündern. Die Regierungsge
bände in Tai-peh-Fu und Hobe würd en
niedergebrannt. Die Republik hat sich
aufgelöst.
Petersburg, 5. Juni. Das Verschwinden
des Direktors der politischen Abtheilung
der Polizeibehörde Staatsraths Lerche er
regt hier großes Aufsehen. Einerseits
glaubt man an einen politischen Mord
andererseits hält man einen Selbstmord für
wahrscheinlich.
Konstantinopcl, 6. Juni. Im hiesigen
Hafen hat sich gestern eine aufregende
Scene abgespielt. Ein -türkischer Offizier
gerietst an Bord eines französischen Dampfers
mit dem zweiten Kapitän des Schiffes in
Streit und brachte demselben mit dem
Säbel Verletzungen bei. Der Offizier
wurde festgenommen und dessen Freilassung
welche vom türkischen Hafenkapitän gefor
dert wurde, seitens des Kapitäns ver
weigert. Der Kommandant des französischen
Stationsschiffes, von dem Vorfall auf dem
französischen Dampfer verständigt, entsandte
ein Boot und nahm den renitenten türkischen
Offizier in Gewahrsam.
MNslaà
Außereuropäische Gebiete.
Auf der Thurmspitze des meteorolo
gischen Instituts zu Chicago, ungefähr
100 Meter oberhalb des Michigan-Sees,
ist kürzlich ein Scheinwerfer ange
bracht worden, weicher unter langsamer
Drehung mit Einbruch der Nacht nach
allen Himmelsrichtungen intensive Licht
strahlen entsendet. Der Zweck dieser in
zwei Farben, weiß und roth, angewandten
Zeichensprache ist eine Wetterprognose,
welche Land- und Seeleuten bis auf zwan
zig Meilen im Umkreise plötzliche Wetter
Veränderungen ankündet. Ein einfarbig
weißes Licht sagt zur Winterszeit strenge
Kälte voraus und bedeutet im Frühling
und Herbst das Eintreten leichten Frostes
Sturm und Ostwinde werden durch rothe
Lichtstrahlen angekündigt, während abwech
selnd weiß und roth aufleuchtende Lichter
die Vorboten eines Orkans sind. Diese
Installation ist zur Zeit eine Provisorische,
denn der in Thätigkeit befindliche Schein
werfer ist von dem Marine-Departement
der Stadt Chicago nur auf zwei Monate
zu Versuchszwecken leihweise überlassen
worden. Die mit diesem Projektor ange-
'tellten Versuche sind nun derartig erfolg
reich gewesen, daß auf Antrag des Land
wirthschaftsminister die definitive Beschaf
fung eines großen Scheinwerfers beschlossen
worden ist, dessen Bewegungen durch einen
Elektromotor geregelt werden, und der auf
eine Entfernung von 40 Meilen die sicht
baren Mittheilungen des meteorologischen
Bureaus in einer Stärke von etwa 200,000
Kerzen zu entsenden vermag.
Newyork, 4. Juni. Der große Damm
am Curtissee in Nebraska ist ge
brachen. Das Wasser ergoß sich in das
Medicinethal, wo es großen Schaden an
richtete. Ein Zug auf der Chicago-Bur-
lington- und Quiney-Esenbahn, der ausge
sandt worden war, um den auf der Bahn
angerichteten Schaden festzustellen, stürzte
der Bahndamm hinunter. Vier Personen
ertranken.
Die Geretteten des Pact sie-Po st
dampfers „Colima" sagen, daß dem
Untergange des Schiffes ein Verbrechen
zu Grunde liege. Die „Colima" sei nicht
gegen ein unbekanntes Felsenriff angerannt,
sie sei nicht gescheitert. Aber die Fracht
verlader in San Francisko hätten das
Schiff so schlecht verladen, daß es ein
Spiel der Wellen wurde. „Colima" sei
einfach umgeschlagen. Die Kessel explo
dirten, ehe das Schiff unterging. Das
aus dem Deck befindlich Bauholz wurde
los und verletzte Fahrgäste und Besatzung.
Selbst als das Schiff schon in die Tiefe
gegangen war, wurde das Holz noch den
jenigen, die in der See schwammen, ge
sührlich
Honkong, 4. Juni. Die chinesischen
Streitkräfte von Aord.Formosa sind
in vollkommener Auflösung. Beim Heran
nahen der Japanes begann der Pöbel und
die Soldaten zu plündern und zu meutern.
Die Regierungsgebäude in Tai-Peh-Fu und
Hobe sind niedergebrannt. Die Republik
ist zusammengestürzt. Der Präsident Tang
ist geflohen. Die Fremden sind wohlbe
halten, jedoch voller Besorgniß.
Shanghai, 4. Juni. In Tai-Peh-Fu
auf Formosa herrscht große Erregung.
Soldaten und Eingeborene ziehen plündernd
und brennend umher. Der Gouverneur
entkam in seinen Palast. Die anderen
Regierungsgebäude wurden zerstört; die
Fremden wurden nicht angegriffen. In
Hobe ist ebenfalls eine Meuterei vorge
kommen.
Frankreich.
Calais, 5. Juni. Madame Lambert,
die Schwester des Ministerpräsidenten R i-
bot, welche sich in einem in den hiesigen
Bahnhof einlaufenden Zuge befand, sprang,
als sie einen dem Eisenbahnzuge entgegen
fahrenden Rangirzug kommen sah, aus
Furcht vor einem Zusammenstoße aus dem
Wagen und stürzte auf das Nebengeleise
wo sie von den Wagen des Rangirzuges
zermalmt wurde.
England.
London, 4. Juni. (Wie in England
Zuchthaussträflinge zur Raison gebracht
werden.) Der Schriftsteller Oskar
Wilde und sein Genosse Taylor sind
wegen ihrer Sittlichkeitsverbrechen zu
harter Arbeit verurtheilt worden. Nach
dem sie im Gefängniß von Pentonville im
Norden von London gebadet und gewogen
worden, wurde ihnen Sträflingskleidung
angelegt und sie mußten in die Tretmühle
eintreten. Es ist ein Riesenrad, dessen
Halbmesser 4 Meter lang sind und dessen
Peripherie in Zellen eingetheilt ist. In
jede kommt einer der Berurtheilten und
muß sich an seinen beiden Händen, die in
zwei Ringen stecken, aufhängen, um mit
seinem Gewicht zum Gang des Rades bei
zutragen, das er in seiner Zelle nicht ein
mal sieht. Wenn er sich sträubt, erhält
er vom Aussetzer einen Peitschenhieb; wenn
er aufhört, erhält er vom Rad einen
starken Stoß an die Füße; wenn er
strauchelt, so riskirt er einen Beinbruch.
Weigert er sich ganz und gar, so erhält
er die neunschwänzige Katze. Mehr als
drei Stunden am Tage dürfen die Sträf
linge nicht in die Tretmühle gebracht
werden. Die Arbeit ist aber auch, nament
lich für den Neuling, so ermüdend, daß
man ihm allemal nach einer Viertelstunde
fünf Minuten Ruhe gönnen muß. Außer
dem müssen die Berurtheilten gebrauchte
Taue der Marine in Werg auflösen, eine
Arbeit, bei der man die Hände aufreißt,
so daß sie bluten. Die Kost ist sehr
gering, die Aufseher sind angewiesen, dafür
zu sorgen, daß das Gewicht abnimmt,
weil der Zweck dieser Strafe sein soll,
ihnen einen Theil ihrer Kraft und Lebens
fähigkeit zu nehmen.
Aus London berichtet die „Voss. Ztg.":
Der kürzlich zu 2 Jahren Zwangsarbeit
verurtheilte Oscar Wilde soll im Penton-
ville-Gesängniß irrsinnig geworden sein.
Spanien.
Madrid, 5. Juni. Vor dem Kriegs
gericht begründet der Mörder Clavijo
das Attentat mir der ungerechten Behand
lung, die ihm der General habe zu Theil
werden lassen und erinnerte an die zahl
reichen gerichtlichen Verfolgungen, an seinen
rückständigen Sold und an das Elend, in
welches er versetzt wurde. Die Anklage
fordert die Todesstrafe. Sein Vertheidiger
führte aus, daß Clavijo wegen Geistes
krankheit zweimal in ärztlicher Behandlung
gewesen sei und constatirte, daß Clavijo
im Dienst sich stets ordentlich geführt habe
und bitte für ihn um Mitleid. Nichts
destoweniger wurde über ihn das Todes
urtheil gesprochen.
Madrid, 5. Juni. Clavijo, der
Mörder des Generalkapitäns Rivera, wird
heute erschossen werden. (S. Mora.-Dep.)
Malis».
Rimini, 5. Juni. Ein Individuum aus
der Gruppe, woraus der Schuß auf
Luigi Ferrari abgegeben wurde, ist
verhaftet worden. Die Persönlichkeit des
Urhebers des Attentats ist festgestellt; der
Attentäter hält sich jedoch verborgen, wird
aber eifrig gesucht. An Ferrari, der weiß,
daß er in Lebensgesahr schwebt, ist der
Luftröhrenschnitt vorgenommen.
Bulgarien.
Sofia, 5. Juni. In Folge der sich
immer weiter ausbreitenden r evolu
tion äreņ Bewegung in Maeedonien
besetzte die Pforte das Gebiet
südlich von Philippopel, welches
man im Jahre 1886 zur Verwaltung an
die Türkei abgetreten hat. Starke Truppen
abtheilungen sind aufgeboten worden.
Rumänien.
Bukarest, 4. Juni. Aus der Kultur-
liga die lächerlicher Weise den Wiener
Antisemitenführer Lueger zum Ehren
mitglied ernannte, erfolgte ein Massen
austritt der Regierungsfreunde.
Oestsrreich-Nngarn.
Graz, 4. Juni. Kaiser Franz Joseph
besichtigte heute auch das R a t h h a u s.
Im Sitzungssaale des Gemeinderaths sagte
der Monarch zum Bürgermeister Dr. Por
tugal!: „Ich hoffe, Sie werden sich nicht
am Wiener Gemeinderath ein Beispiel
nehmen. Da sind sehr traurige Zustände."
Der Bürgermeister erwiederte: „Nein,
gewiß nicht."
In Bruck im Pinzgau verzehrte kürzlich
der Fiaker Doxerer sein Mittagsmahl,
dazu grünen Salat. Bald daraus klagte
er über Unwohlsein und um 3 Uhr war
er eine Leiche. Auch seine Knechte ließen
sich den Salat gut schmecken. Uni 4 Uhr
fühlte der eine von ihnen Brechreiz und
Schmerzen in der Magengegend, um 5 Uhr
war auch er gestorben. Sein Genosse er-
atze 23. 10]
Der Lroiyeuge.
Kr. 11
Erzählung aus der Schleswig-Holsteinischen
Verbrecherwelt vergangener Tage.
Von Ulrich Ohlcrich.
„Ah! also Holtz ist auch da," bemerkte
Eiscnhut halb für sich, was dem Sergeanten
Zu der verwunderten Frage veranlaßte: „Auch
V sagen Sie, woher wissen Sie denn von
Mehreren? — Nun, gleichviel, hören Sie
Zunächst meinen Bericht, — Holtz ist aller;
^ìngs nicht allein, cs sind zwei mit ihm,
"Mrlich ein Paar, von derselben Wurst
heruntcrgeschnittcn, wie er selbst. — zuerst
kam er mit Einem, den ich nicht kenne, in
bie große Gaststube herein, wo ich mich als
einziger Besucher langweilte. Soll ich's ge
nehm? cs wurde mir bei seinem Erscheinen
""sanglich etwas flau um's Herz, — Holtz
""d ich habm uns schon anderwärts, nicht
gerade freundlich, gegenübergestanden und er
îşi- bei seiner riesigen Körperkraft und
ssbsolutm Gewissenlosigkeit, im Streit ein
"beraus gefährlicher Gegner. Die Beiden
achteten indeß zuerst wenig auf mich; vffen-
ar viel zu angelegentlich mit etwas Anderem
"ffchäftigt, ließen sie sich in einer entfernten
2-cke nieder und flüsterten eifrig zusammen.
Huîtz schrieb darauf einen Brief, über welchem
Uach^ Vollendung er und sein Begleiter die
«vpfx zusammensteckten — nie vorher sah
Ipaar Kerle, die sich so grimmig an-
achlen, Holtz ļrug das Schreiben hinaus
dl» ein Weilchen draußen. Während
dì!'î' şiâparirte ich mich auf den Fall, daß
.st Beiden sich hinter mich machen würden;
u> mußte dann ja irgend eine Farbe be
kennen. Es that noth, denn Holtz trat mir
nach seiner Rückkehr mit unverkennbarem
Mißtrauen entgegen. Zum Glück war ich
bereits zu Beginn unserer Wanderung auf
eine Rolle verfallen, die mir durch früheren
Aufcnhalte in Kopenhagen ziemlich natürlich
liegt; in heiterer Gesellschaft habe ich schon
öfters zum Scherz einen bäurischen Handels
mann aus Nord-Schleswig mit seinem
kuriosen deutsch-dänischen Sprachgemenge
vorgestellt; ich wunderte mich im Stillen
selbst darüber, wie vortrefflich es mir heute
gelang, einen solchen Burschen mit seiner
durch erlernte Geschäftskniffe etwas be
schädigten, natürlichen, treuherzigen Ehrlichkeit
zu kopircn und sah mit Vergnügen, wie die
beiden Kerle zusehends zutraulicher wurden.
Holtz brach das Gespräch indessen plötzlich
ab, gerade als wir auf profitale Handels
geschäfte, billige Einkäufe und dergleichen zu
reden gekommen waren; er winkte dem
Anderen und sagte, es würde mir für's
Geschäft nicht zum Schaden gereichen, wenn
ichş auf ihr Wiederkommen warten wolle.
Beide gingen fort und blieben ziemlich lange
weg. Endlich kamen sie, gegen meineErwartung
aber nicht zu mir herein; der Wirth sagte
mir auf meine Frage, sic hätten für sich und
einen Dritten, den sie mitgebracht, ein besonderes
Zimmer gefordert. Eine ganz besondere
Art von Unterhaltung muß es aber gewesen
sein, die zwischen den Dreien geführt worden
ist, — ein wahrer Verlust für die Wissen
schaft, daß ich nicht zugegen sein durfte;
selbst die Wirthsleutc geriethen nachgerade in
Unruhe, als im Hinterzimmcr der Lärm,
das laute Fluchen, das Aufstampfen mit
den Füßen, das Schlagen auf Tische, das
Poltern und Krachen von Stühlen und das
Geklirr von Gläsern gar kein Ende nehmen
wollte. Jedoch, zuletzt wurde cs stiller;
Holtz öffnete die Thür und bcsttlltc frischen
Trinkvorrath. Die Wirthstochter schaute
bedenklich drein! ich erbot mich, ihr beim
Hereintragen zu helfen und wurde von dem
ziemlich angetrunkenen Holtz sofort mit einer
Umarmung empfangen, Freund Hannemann
titulirt, natürlich auch zum Mittrinken ein
geladen. Meine Wißbegier fand sich getäuscht,
was die Hallunken hier zusammengeführt,
verriethen sie mir keiner Silbe, obwohl
namentlich Holtz in trunkener Zärtlichkeit
fortwährend auf mich einredete. Es gewann
für mich den Anschein, als befinde ich mich in
einem Kriegslager, wo die feindlichen Parteien
nach Schluß des Waffenstillstandes jede Be-
rührnng des Streitpunktes vermeiden wollten,
am Ende betrug der Punkt auch nicht die leiseste
Andeutung vor fremden Ohren. Holtz pries
mir einmal über das Andere seinen Busen
freund Frahm als Lieferanten vorzüglicher
und ausnehmend billiger Waare; er nahm
mir das Versprechen ab, mich im Laufe der
nächsten vier Tage bei demselben cinzufinden,
ich sollte dort ein Geschäft machen, wie noch
nie in meinem Leben. „Versteht sich durch
unsere Hülfe," fügte sein mir in der Gast
stube bekannt gewordener Genosse, dessen
Gesicht mehrfache röthliche Merkmale der
vorangegangenen stürmischen Unterhaltung
auszuweisen hatte, hinzu, „kommen Sie aber
nicht später als binnen vier Tagen, nachher
sind wir vielleicht nicht mehr da, sondern,"
„auf einer Geschäftsreise mit unserem
stillen Freunde dort abwesend," ergänzte
Holtz. Wie die Beiden dabei den dritten
Mann anschauten, machte mir klar, daß er
die eine, sie die andere Partei bildeten."
„Wie benahm sich der Dritte den Andern
gegenüber ?" fragte Eiscnhut interessirt.
„Wie ein Mann, der solchen Feinden allein
gegenüber steht, wachsam und stets auf der
Hut — hielt sich abseits, sprach wenig und
trank fast nichts.
„Der Parteigenosse von Holtz ist ein ziem
lich schmächtiger Mensch mit widrigem, ver
lebten Gesicht von ungesundem Aussehen, der
Gegner von Beiden dagegen war ein großer,
starker Mann mit vollem, rothen Gesicht,
dunklen Haar und Bart und hervorstechenden
Augen, — die Beschreibung stimmt, nicht
wahr?" fragte Eiscnhut weiter.
„Die Hauptmerkmale für einen richtigen
Steckbrief sind drin," bestätigte der Sergeant.
„Wer sind sic und was machen sie hier?"
„Die Namen Beider — Rudolf Hoffmann
und Heinrich Mohr — sind Ihnen zweifels
ohne längst bekannt, aus den Strafregistern,
meine ich. Und was sic hier machen? nun,
vermuthlich streiten Holtz und Hoffmann sich
mit Moyr um den Silberschatz, den sie ge
meinschaftlich aus deni Rathhause in R.
gestohlen haben. -— Hat der Präsident Ihnen
nicht mitgetheilt, was ich ihm darüber be
richtet habe?"
Sergeant Lau blieb einen Augenblick stumm,
dann hob er beide Arme in die Höhe. „Ihre
Wissenschaft geht über die meine," gestand er
mit einem Seufzer, um sofort darauf hitzig
auf Eisenhut einzufahren: „Was in aller
Welt fangen wir an? es geht wahrlich nicht,
'olche Vögel aus dem Garn zu lassen.
Sprechen Sie doch, was sollen wir thun?"
„Nichts," cntgegnetc Eiscnhut ruhig.
„Halten wir an unserem Plane fest, wie wir
ihn mit dem Präsidenten verabredet haben
um ihn auszuführen, — etwas Richtigere^
und Besseres giebt es nicht. Sie streifen in
Gemeinschaft mit mir die Hauptverkehrsplätze
meiner früheren Genossen ab; mit offenen
Augen und Ohren lernen Sic dabei die
Hauptmacher in jeder Branche des Gauner
handwerks und ihre Schlupflöcher kennen —
die Ordres des Präsidenten an den obersten
Polizeibcamten in jedem Orte abzugeben und
dabei zugleich die nöthigen Maßregeln für
die bevorstehende Maffenverhaftnng zu ver
einbaren, ist dann für Sie ein Kleines.
Sind an einem Dutzend Orte die Häupter
der Bande, Alle zur selben Zeit, gefangen
genommen, so ist das ganze Netz mit einem
Schlage zerrissen und niemals wieder wird
cs sich in alter Stärke zusammenziehen."
„Schon gut," erwiderte Lau etwas ver
drießlich, „ich lasse aber nicht gern los, was
ich einmal habe. Warum sollen wir nicht
trotzdem mitnehmen, was wir unterwegs
finden?"
Haben wir sie denn?" fragte Eisenhut
ungehalten. „Sie selbst nannten Holtz vor
hin einen furchtbaren Gegner — was ver
brechen Sie sich im Ernst von einem Kampfe
mit ihm und seinen Gefährten? sie sind uns
um einen Mann überlegen und sicher ebenso
gut, oder noch besser bewaffnet, als wir.
Die Chance steht für uns zu schlecht. Das
Schlimmste aber ist, wir gefährden durch
einen Angriff unser Unternehmen, ob wir siegen
oder siegen nicht. Meine Verrätherschaft
wird dadurch zu früh verrathen, binnen
kürzester Frist wird die Kunde davon durch
ungesehene Quellen zu den entferntesten
Genossen dringen und uns auf unserem
weiteren Wege voraneilen, — unser Spiel
und machen wir uns schleunigst auf den Weg,!hört damit einfach auf. Folgen Sic meinem