Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

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Händler Epke in (iamcit (Wests 
nach sich zog, für sozialdemokratische Zn 
- - /". ■ 
reichisch-ungarischen Schweinemast-Anstalt 
zu Steinbruch bei Budapest herrscht seit 
einiger Zeit eine Seuche unter den 
Schweinen, die mit außerordentlicher Hef 
tigkeit auftritt, und zahlreiche Opfer — 
nach Zeitungsnachrichten bis zu 300 Stück 
täglich — fordert, ohne daß das Wesen 
der Krankheit bisher wissenschaftlich sicher 
ergründet wäre. 
Ein Zug der fünften Compagnie der 
Berliner Feuerwehr unter dem Kommando 
des Brandinspektors Rohnstock geht, 24 
Mann stark, mit einer Druckspritze, einem 
Wasser- und einem Mannschaftswagen 
nebst der nöthigen Bespannung in den 
nächsten Tagen zur Eröffnungsfeier des 
Nord-Ostsee-Kanals nach Holtenau ab, um 
bei ettva eintretenden Unglücksfällen zur 
Sicherung der errichteten Tribünen u. f. w. 
bereit zu sein. 
— Furchtbare Gewitter sind, wie Falb 
diesmal richtig gemeldet — in den Pfingst 
tagen wiederum in verschiedenen Gegenden 
Deutschlands niedergegangen. Besonders 
wüthete das Unwetter um Schleswig'schen, 
bei Berlin und in der Laucha'er Gegend. 
Sowohl bei Berlin als auch bei Laucha 
zeigten sich Würbelstürnie und Wasserhosen. 
Bei Berlin wüthete das Unwetter 4 Stun 
den hindurch und richtete gewaltigen Scha 
den an. Theilweise fielen Hagelkörner in 
Größe von Taubeneiern. Dabei fanden 
fußhohe Ueberschtvemmungen in den Ort 
schäften statt. 
— Ueber die Maßregelung des 
Hommerschen Geistlichen Kock macht 
das „Volk" noch einige Mittheilungen. 
Danach ist der Vortrag von Kock, welcher 
den Beweis seitens des Konsistoriums zur 
Folge hatte, vom Vorstand eingesehen und 
mit verbindlichstem Dank genehmigt wor 
den. Das „Volk" erklärt auch, daß es 
den Vortrag nach genommener Einsicht 
durchaus unanstößig gefunden habe 
wird bestätigt, daß Pastor Kock, ein Mann 
von 56 Jahren, wesentlich die Klagen über 
schwer zu erlangende Hilfe in Kraukheits 
heits- und Unglücksfällen erläutert hat, und 
zwar in der schon mitgetheilten Weise, und 
daß er ferner auf die vielfach unzureichen 
den Wohnungen der Tagelöhner hingewiesen 
hat. Sodann wird nachgewiesen, daß der 
Ausschluß des Pastors aus dem konserva 
tiven Verein zu Unrecht erfolgt ist, da 
statutenividrig ein Theil der Vorstands 
Mitglieder gar nicht zur Meinungsäußerung 
aufgefordert wurde. Wie Pastor Kock in 
der Vorrede zu seinem gedruckten Vortrag 
mittheilt, hat ihm dieser Vortrag Straf 
anträge bei vier verschiedenen Behörden 
eingetragen. Das Konsistorium zu Stettin 
urtheilte in Abwesenheit des General- 
Superintendenten dem Pastor Kock am 28 
April 1894 einen Verweis, ohne ihn auch 
nur gehört zu haben. Selbst eine Straf 
anzeige an das Gericht ist versucht worden 
allerdings vergeblich. Als das Bedenkliche 
bezeichnet auch das „Volk" den Versuch 
eine kirchliche K abinetsjustiz herbei 
zuführen. Er lag unzweifelhaft darin 
daß sich Herr v. T hadden-Trieglaf: 
(Kocks Patron) am 18. Mai 1894 an den 
Kaiser gewandt hat. Das „Volk" meint, 
mehr Befriedigung als der thatsächliche 
Erfolg des Bescheides aus bem Civilkabinet 
würde ein anderer Bescheid des Inhalts 
hervorgerufen haben, daß jede Einmischung 
in diese Frage abgelehnt werden müsse 
Die Angelegenheit werde noch einmal im 
konservativen Provinzialverein für Pom 
mern zur Sprache kommen, an weichen 
der Vorsitzende des pommerschen Pfarr 
Vereins ein Schreiben gerichtet habe, das 
auf eine grundsätzliche Stellungnahme hin 
dränge. 
— Treffend schreibt die „Rhein.-Wests 
Ztg.": Auch ein Krebsschaden! „Die Fest 
buminclei hat wie eine ansteckende Krank 
heit in Stadt und Land in unerträglicher 
verderblicher Weise um sich gegriffen. So 
bald das Mailüfterl weht, rühren die nie 
ruhenden Vereinsmeier und Festbrüder die 
Lärm- und Werbetrommel, Festausschüss- 
und Vergnügungskommissionen entwickeln 
eine fieberhafte Thätigkeit. Wenn die träge 
und verständnißlose Menge die zu feiern 
den Feste nicht von vornherein mit lautem 
Beifall begrüßt, werden sie durch über 
schwängliche Zeitungsartikel darüber be 
lehrt, daß die Vorbereitungen zu der be 
treffenden hochbedeutsamen Feier in vollem 
Gange find. Ein Blick in die Tagesblätter 
zeigt uns Sonntag für Sonntag ganze 
Spalten voll Festanzeigen. Man will und 
muß sich „zerstreuen", als wäre unserm 
heutigen Geschlechte ein krankhafter Drang 
zur Sammlung und Weltflucht angeboren. 
Der für die Freuden seiner Mitmenschen 
empfängliche Bürgersmann kann bis 
den Spätherbst jeden Sonntag seine Fahne 
F. angeknüpft habe und eingeladen worden 
bin, sie nächstens an einem bestimmten Tag 
zu besuchen? Paßt vortrefflich in unseren 
Krani und macht mir alle Ehre, nicht wahr?" 
„In der That," entgegncte Eisenhut über 
rascht. „Wie ist denn das zugegangen?" 
Lau antwortete durch eine Gegenfrage 
„Können Sie sich erklären, was ein Kerl 
wie Daniel Holtz, dieser abgefeimte Schurke, 
in Ihrem so unschuldig aussehenden Heide 
Winkel zu stöbern hat ? Niemand anders als 
er ist der Mann, mit dem ich's abgemacht habe." 
(Fortsetzung folgt.) 
aushängen. Irgendwo ist im Orte immer 
etioas los. Krieger und Schützen, Turner, 
Sänger und Feuerwehrmänner dürfen 
deiner vollen Zustimmung zu ihren edlen 
und gemeinnützigen Bestrebungen gewiß sein. 
Aber den alten patriotischen Vereinen sind 
die Sport- und Kunstoereine erfolgreich 
ur Seite getreten. Die Radler und die 
Ruderer, die Kegeler und Raucher, die 
Zitherspieler und Stenographen bedürfen 
zur Förderung ihrer Kunst dringend 
größerer Feste. Und wer zählt die Ver- 
ammlungen der einzelnen Gewerbe und 
Berufsstände, der Schneider nnd Müller, 
der Wirthe und Friseure, der Fuhrleute 
und Schornsteinfeger, der Handwerker und 
Bauern, der Beamten und der Akademiker 
aller Fakultäten sammt den besonders 
theuren Kartellfesten? Welche Legion von 
berathenden Versammlungen, die alle glauben 
das Heil der Welt in der Tasche zu haben. 
Wer zählt die Unzahl von Jubiläen ver- 
dienter Männer und berühmter Institute 
auf dem Gebiete der Schule und Kirche, 
des kommunalen und politischen Lebens? 
Man könnte ganze Seiten füllen mit der 
bloßen Aufzählung aller festlichen Beran- 
taltungen, bei denen der moderne Mensch 
ich den Aerger über die vielen Verdrieß 
lichkeiten des häuslichen, staatlichen und 
gesellschaftlichen Lebens hinweg zu amüsiren 
ücht und dabei alle geordnete, nüchterne 
Lebensführung, vor allem das Familien 
leben zerstört. Es ist die höchste Zeit, 
daß sich alle ernsten Männer zusammen 
chließen, um der Vereinsmeierei zu Leibe 
zu gehen und dem Uebermaß zweckloser 
theurer Festlichkeiten zu steuern. 
Mit dem Hinzufügen, daß Beschwerde 
erhoben sei, meldet der „Börsen-Kur.": 
Ein junger Kaufmann aus Berlin, der 
geschäftlich in Spandau zu thun hatte, 
wagte dort einen Schutzmann nach einer 
Firma, die er aufsuchen wollte. „Das 
ist wohl eine jüdische Firma?" replizirte 
der Schutzmann und bemerkte auf die be 
jahende Antwort: „Ueber jüdische Firmen 
geben wir keine Auskunft!" 
Berlin, 1. Juni. Der Hypnotismus 
ändet hier immer mehr Anhänger, und 
die wöchentlichen Demonstrations-Vorträge 
werden sehr zahlreich besucht. Obgleich 
nun aber von den Führern der Bewegung 
die Ungefährlichkeit der Experimente be 
tont wird, dürfte doch die Richtigkeit dieser 
Anschauung sehr fraglich sein. Jedenfalls 
wllte man sich vorher auf das Genaueste 
vergewissern, ob das Medium auch voll 
ständig gesund ist. Eine vorgestern im 
Verein „Psyche" in Schlaf versetzte etwa 
dreißigjährige Frau zeigte sich im hypno 
tischen Zustande derart angegriffen, ihr 
Athmen und Stöhnen war so schwer, daß 
Besorgnisse aus den Reihen des Publikums 
laut wurden. Nachdem das Medium er 
weckt und durch frisches Wasser erquickt 
war, mußte es in ein luftiges Zimmer ge 
führt werden, wo es sich erholte. Wie 
die Frau später mittheilte, leidet sie an 
starken Herzkrämpfen. 
Die Lage der K ü st e n s ch i f f f a h r t 
wird immer trauriger. So selten 
wie augenblicklich waren die Frachten für 
die Schiffe wohl kaum je. Von einem 
Hafen in der Ostsee segeln oder dampfen 
sie zum andern, um auch hier zu erfahren 
daß es mit dem Frachtgeschäft nichts sei. 
so beginnt es, und so wird der weitere 
Fortgang in diesem Sommer wohl eben 
falls sein. Das merkwürdige aber ist 
daß trotzdem der Handel zwischen den 
einzelnen Plätzen nicht zurückgegangen ist, 
sondern sich vielmehr etwas gehoben hat. 
Oefter gelingt es ja nach vieler Mühe 
eine Fracht von den preußischen Häfen 
nach Dänemark zu erhalten. Daselbst 
aber giebt es sicher nichts wieder; denn 
der Däne sorgt für sich. Man meinte 
schon in den letzten Jahren, die Küsten 
schifffahrt sei schlecht; in diesem Jahre ist 
sie noch schlechter. 
Merseburg, 3. Juni. Die V e r si ch e r u n g s 
anstalt Sachsen-Anhalt giebt soeben 
bekannt, daß sie ermächtigt ist, zum Zwecke 
der Herstellung gesunder und preiswerther 
Arbeiterwohnungen nicht nur wie bisher 
an Gemeinden, milde Stiftungen, gemein 
nützige Baugesellschaften, sowie geeigneten 
Falles auch an einzelne Versicherte, sondern 
auch an einzelne Arbeitgeber Dar 
lehen zu einem Zinsfuß von im allge 
meinen nicht unter 3‘/ 2 pCt. und bis zu 
66-/3 PCt. des Werthes der zu beleihen 
den Grundstücke — also über die 
Grenze der Mündelsicherheit hinaus 
aus Mitteln der Anstalt zu gewähren 
Das heißt mit anderen Worten: Der 
Geldzufluß zu der Invaliden- und Alters 
versicherung ist so stark, daß die Anstalten 
gezwungen sind, den Sparkassen 
nicht allein, sondern auch den Privaten 
Concurrenz zu machen und da sie sicher 
zu belegen gezwungen gezwungen sind, dürfte 
ihre Conkurrenz den Zinsfuß nicht gerade 
erhöhen. 
Plcß, 4. Juni. Seit heute Nacht stehen 
die fürstliche Da mpfmü hle und die Oel- 
Raffinerie in Flammen. Die Gebäude 
und sämmtliche Vorräthe sind verloren 
Fürst Pleß und Graf Conrad weilten die 
ganze Nacht hindurch auf der Brandstätte 
Daß ein Mann sich selbst s k a l p i r t 
dürfte wohl selten vorgekommen sein. Der 
ich mit einem Rasirmesier die Kopfhaut 
von der Stirn und dem Nacken bis zum 
Wirbel los und riß die ganze Haut in 
Fetzen ab. Dann hatte der Mann noch 
die Kraft, die Pulsadern an einem Arme 
zu öffnen. In solchem Zustande fand 
man den Lebensmüden und brachte ihn in 
das Krankenhaus, wo er bald darauf starb. 
Bei einer Truppenbesichtigung blieb 
HabSheim der Hauptmann Graf zu 
Reventlow vom 142. Infanterie-Regiment 
in Folge Herzschlags todt auf dem Platze. 
Gifhorn, 2. Juni. In Folge eines 
Blitzschlages wurden in einem Feld- 
chafstalle bei Hohne, Landkreis Calbe, 
300 Schafe getödtet. 
Neusatz, 4. Juni. Fünfundvierzig Ar 
beiter fuhren gestern auf der Donau. Das 
Boot kippte um, l2 Personen ertranken, 
die übrigen wurden gerettet. 
Nicht weniger als 23 Subhastationen 
von Grundstücken sind für den Monat Juni 
beim Amtsgericht zu Charlottenburg an 
gesetzt. 
Zwei Schäfer waren Mvntag-Nach 
mittag an einem Teiche bei Elberfeld mit 
dem Waschen von Schafen beschäftigt. 
Plötzlich schlug der eine Schäfer in einer 
Weise um sich, als ob er vom Schlage 
getroffen worden, und stürzte in das Wasser 
Als ihn der andere erfassen und heraus 
ziehen wollte, fiel auch dieser in den Teich. 
Beide ertranken, ehe ihnen Hilfe zu theil 
werden konnte. 
Crivitz, 3. Juni. Vor einiger Zeit 
tarb hier der Töpfer Paries. Ihm wur 
den bei der Beerdigung von dem Orts 
geistlichen Herrn Pastor Samkow die kirch 
lichen Ehren versagt, und zwar aus dem 
Grunde, weil er dem Trünke ergeben sei 
und in den letzten Jahren die Kirche nicht 
besucht habe. Trotz wiederholter Bitten der 
nächsten Verwandten und aller Vorstellungen, 
um den Geistlichen von der Rechtschaffen 
heit zu überzeugen, war dieser in seiner 
Engherzigkeit nicht zu bewegen, dem Ver 
torbenen ein christliches Begräbniß zu ge 
währen und aus diesem Grunde fand sich 
denn ein naher Verwandter des Ver 
storbenen veranlaßt, bei der Beerdigung 
dem Todten einige Worte nachzurufen und 
ein Vaterunser für ihn zu beten, weshalb 
dieser vom Magistrat in eine Geldstrafe 
von 6 Mk. 60 Pf. einschließlich der Kosten 
aushülflich 1 Tag Haft verurtheilt wurde 
Zur weiteren Erläuterung wird be 
merkt: „Der Verstorbene war von jeher 
ein durchaus guter Christ und Familien 
vater, durch harte Schicksalsfchläge aber 
hatte er in der letzten Zeit sich mehr dem 
Trünke ergeben, als es wohl eigentlich 
zulässig war, und daß bei einem so Schwer 
geprüften, wie der Verstorbene es war 
der Kirchenbesuch leider vernachlässigt luirb 
liegt nur allzu nahe auf der Hand, und 
manch' Anderer wäre noch tiefer gesunken 
hätte er den Kelch des Leidens so kosten 
gelernt wie der Verstorbene. Um so schmerz 
sicher ist es für die nächsten Leidtragenden, 
wenn, wie hier der Fall, über den Todten 
im Sarge der Stab gebrochen wird." — 
Die Angelegenheit dürfte nun wohl noch 
weiter von sich reden machen. 
Schwaben, 3. Juni. Noch sind die 
Wunden, die der Cyklon im Vorjahre der 
Gemeine Förstern schlug, nicht geheilt, und 
schon wieder wurde diese Gemeinde von 
einem harten Schicksalsschlage getroffen. 
Am Sonntag, den 26. Mai, Nachmittags 
zwischen 3 nnd 4 Uhr, ging über die Ge 
meinden Förstern unc Buch am Buchrain 
ein Wolkenbruch nieder, der die Um 
gebung in einem Umkreise von zwei Stunden 
nietertief unter Wasser setzte. Die Ebene 
zwischen Förstern, Reithofen, theilweise 
Pastetten bis hinauf zum Höhenzug bei 
Tading, gleicht einem See. In Reit 
hofen steht das Wasser in der Höhe der 
Kirchhofsmauer. Das Wasser kam mir 
solcher Gewalt, daß die abgerindeten 
Bäume des Obplötzerbauern, dem der 
Cyklon einen Waldkomplex von etwa 30 
Tagwerk vollständig zerstörte, von der 
Höhe gegen das Dorf Forsten geschwemmt 
wurden. Das Vieh mußte aus den Ställen 
gelassen iverden und schwamm im Wasser 
umher, bis es auf höher gelegene Punkte 
gerettet wurde. Die Kästen in den Woh 
nungen hob es so stark, daß sie umstürzten. 
Beim Voglbauer in Reithof konnte das 
Vieh nicht mehr aus dem Stalle gebracht 
werden, da das Wasser die Brücke weg 
schwemmte beziv. hob, so daß das Vieh 
bis zum Kopfe im Wasser stand. Die 
Heuernte ist vollkommen vernichtet, das 
Getreide bedeutend geschädigt. Leider soll, 
den „M. N. N." zufolge, ein Menschen 
leben zu beklagen sein, da ein Knabe er 
trunken sein soll. Der Hohenlindner 
Omnibus, der seinen Kurs über Förstern, 
Pastetten, Schwaben nimmt, mußte in 
Folge des Wassers seinen Weg über Forst- 
innig nehnien. Langsam verläuft das 
Wasser wieder. 
Dresden, 4. Mai. Bei zwei unbe 
kannten Männern, die sich hier heute 
auf offener Straße prügelten, wurde von 
der Polizei 56 000 Mk. in Baar, Werth- 
papieren und Sparkassenbüchern gefunden. 
Man nimmt an, daß die Summe aus- 
tvärts unredlich erworben ist. 
Dresden, 1. Juni. Das durch den 
langen Boykott, der viele Bestrafungen 
fammenkünsie gewonnene „Waldschlöß- 
chen" ist der Partei gegen den Vertrag 
wieder entzogen worden. Ein erneuter 
heftiger Boykott ist wahrscheinlich. 
Dr. Smith und Dr. Fürer aus Heidel 
berg hatten sich die Aufgabe gestellt, die 
Wirkungen kleiner Alkoholmengen 
auf das geistige Leben einer methodi- 
chen Untersuchung zu unterziehen, und 
waren hierbei zu bemerkenswerthen Ergeb 
nissen gelangt. Die Fähigkeit, Zahlenreihen 
auswendig zu lernen, Zahlen zu addiren, 
auf gegebene Zeichen prompt zu reagiren, 
Jdeenverbindungen einzugehen, war an den 
Tagen des natürlicherweise nur sehr mäßi 
gen Alkoholgenusses viel geringer, als an 
den Tagen, an denen gar keine Spirituosen 
genoffen tourden. Nach einmaligem Genuß 
etwas größerer Quanten geistiger Getränke, 
B. schon nach zwei Litern bayerischen 
Bieres, war diese Beeinträchtigung beson 
ders kenntlich durch verlangsamte und 
häufig fehlerhafte Reaktion auf gegebene 
Zeichen, sogar am übernächsten Tage noch 
nachweisbar. Man kann daraus ermessen, 
wie stark der Alkohol auf das Gehirn 
wirkt. 
Bon dem großen Petroleumbrande 
in Harburg entwerfen die „Harb. Nachr." 
eine Schilderung, der wir zur Ergänzung 
unseres Berichts im Sonnabend-Morgen 
blatt noch einige Einzelheiten entnehmen. 
Die 4 Tanks hatten bei einer Höhe von 
8,54 m einen Durchmesser von 21,35 m, 
was einem Inhalte von 3050 ct>n>, ent 
sprechen würde. Es konnte also jeder der 
Tanks 50,000 bis 60,000 Centner Petro 
leuni fassen. Bon diesen waren die Tanks 
Nr. 1 und 2 ganz gefüllt, Nr. 4 zu etwa 
drei Vierteln, während Nr. 3 fast leer 
war. In diesem Tank hatten sich infolge 
der dem Gewitter vorangegangenen Hitze 
große Mengen von Gasen angesammelt 
Als der Blitz einschlug, erfolgte eine Ex 
plosion, die ca. 140000 Centner Pe 
troleum fast gleichzeitig in Brand setzte 
Aus den Tanks stieg sofort eine ungeheure 
Flamme und Rauchsäule auf und gab 
nach weiter Ferne von dem Geschehenen 
Kunde. Ein Theil des Pionier-Bataillons 
wurde alarmirt und rückte im Laufschritt 
zu der Brandstätte ab. Hier arbeiteten 
die Leute mit übermenschlicher Anstrengung 
um möglichst viel von den in der Nähe 
der Tanks lagernden leeren und gefüllten 
Barrels zu retten. Die Hitze wurde je 
doch sehr bald so stark, daß auch die Bar 
rels sowie der Schuppen in Brand gerie- 
then, und jeder weitere Retrungsversuch 
mußte als hoffnungslos aufgegeben werden 
Es verbrannten so außer der oben erwähn 
ten großen Petroleummenge ca. 40,000 
leere und ca. 2500 gefüllte Barrels; etwa 
1000 leere und 100 gefüllte Barrels 
wurden gerettet. Die Wellblechwände, mit 
denen das Etablissement umgeben war, 
wurden sehr bald glühend, bekamen theil- 
weise Riffe. Geringe Quantitäten des 
brennenden Oels wurden über den Erd- 
wall geschleudert, ergossen sich auf die an 
liegenden Wiese und flössen in die Gräben, 
auch hier noch weiter brennend. Bei der 
kolossalen Hitze, die sich entwickelte, waren 
die Nächstliegenden Häuser, das Harms'sche 
und die Flügge'sche „Erholung" natürlich 
in größter Gefahr. Glücklicher Weise 
strömte bald nach Ausbruch des Feuers 
ein ausgiebiger Regenguß herunter, so daß 
diese Gebäude sich halten konnten, bis die 
von allen Seiten herankommenden Feuer 
wehren ihrerseits den Schutz der Dächer 
übernehmen konnten. Die Arbeit, die hier 
bei geleistet werden mußte, war sehr an 
strengend. Wie groß die Hitze war, kann 
man daraus ersehen, daß verschiedene Per 
sonen, die durch die Wiesen vom Deich 
aus nach Harburg liefen, an den unbedeck 
ten Körperstellen Brandblasen bekommen 
haben. Den Feuerwehrleuten wie den 
Pionieren, von denen letzteren einer eine 
Wunde am Auge davontrug, ist höchste 
Anerkennung für ihre Thätigkeit zu zollen. 
Als ein großes Glück ist es zu betrachten, 
daß ein stärkerer Wind überhaupt nicht 
auftrat. Es wären sonst nicht nur die 
Häuser in nächster Nähe abgebrannt, son 
dern es lag die Gefahr nahe, daß das 
Feuer auch auf die Heinson'sche Tauwerk 
fabrik uud von da auf das Lager der 
Deutsch - Amerikanischen Petroleum - Gesell 
schaft übergeschlagen wäre und einen Um 
fang angenommen hätte, der gar nicht zu 
ermessen gewesen wäre. Bei der Brand 
stätte waren im Ganzen 14 Spritzen und 
eine Dampfspritze des Tauchers Bogt aus 
Hamburg in Thätigkeit. Höchst interessant 
war es zu beobachten, wie ans der Ge 
witterwolke, die wie an der Stelle festge 
bannt erschien, immer wieder von 
neuem Blitze in die pechschwarze 
Rauchwolke einschlugen. Mit 
Einbruch der Nacht veränderte sich das 
Bild. Die dunkle Rauchsäule wurde von 
unten grellroth beleuchtet und große Feuer- 
garden wurden mit in die Luft geschleudert. 
Den Höhepunkt erreichte der Brand gegen 
11 '/i Uhr. Wahrscheinlich stürzten um 
diese Zeit Theile der Tankwände in das 
Petroleum, denn es erhob sich plötzlich 
eine über thurmhohe Feuersäule, die die 
ganze Umgegend taghell erleuchtete, fodaß 
man beispielsweise auf dem Rathhausplatze 
bequem lesen konnte. Das großartige 
Schauspiel hatte begreiflicher Weise eine 
große Zahl von Zuschauern herangelockt, 
die mit gespanntem Interesse den Vor 
gängen vom Schwarzenberge, der Buxte- 
huder Chaussee, der Blohmstraße aus 
folgten. Bon den Personen, die sich näher 
an das Feuer heranbegaben, stürzte viele 
in die Gräben. 
Von der überaus starken Gewalt des 
das Petroleum-Lager in Brand setzenden 
Blitzstrahls nnd des damit verbundenen 
Luftdrucks zeugen einige jetzt bekannt ge- 
wordene Scenen. Wie in fast der ganzen 
elbst weiteren Nachbarschaft der Unglücks- 
'tätte glaubten auch die Arbeiter der un 
weit belegenen Reevschlägerei im ersten 
Augenblick, daß es bei ihnen eingeschlagen 
habe; mehrere von ihnen wurden zu Boden 
geschleudert. Die Frau eines auf dem 
Petroleum-Lager beschäftigten Arbeiters, 
die in der Nähe wohnt, wollte ihre Blumen 
töpfe ins Freie stellen; sie wurde ebenfalls 
zu Boden geworfen. Gleich darauf kam 
ihr Mann ins HauS gestürzt; ihm war 
durch den Luftdruck der obere Theil seines 
neuen Strohhuts abgerissen worden. In 
einem in der Staderstraße belegenen Wohn- 
hause sprangen Thüren auf und wurden 
Fensterscheiben demolirt. Eine in dem- 
selben Hause am Fenster sitzende junge 
Dame wurde in Folge des Blitzstrahls 
und der gleich darauf zum Himmel empor 
schießenden Feuergarbe dermaßen in Schrecken 
gesetzt, daß sie lange Zeit in Krämpfen 
lag. — Nun zum Schluß noch eine heitere 
Episode. Am Freitag-Abend hatten sich 
Tausende von Neugierigen in Lauenbruch 
eingefunden. Mehrere von diesen sprangen 
über einen Graben und eilten durch oie 
Wiesen, um dem großen Brande möglichst 
nahe zu fein. Während sie sich jedoch an 
dem großartigen, schauerlich-schönen Schau 
spiel ergötzten, nahte das Berhängniß in 
der Gestalt einiger Pioniere, die vor dem 
Graben als Posten aufgestellt waren und 
strengen Befehl hatten, keinen Menschen 
herüber zn lassen. Nach längerem Sträuben 
und vergeblichen Versuchen, sich ungesehen 
aus dem Staube zu machen, mußten sich 
die Neugierigen — ohne Ansehen der Per 
son — in zwei Gliedern aufstellen und 
dann unter deni Gaudium ihrer zurück 
gebliebenen Bekannten an die Pumpen der 
Feuerspritzen marschiren, lvo jeder eine 
Zeit lang im Schweiße feines Angesichts 
pumpen mußte. 
Zu der Kanalfeier in Hamburg sind 
auch die schleswig-holsteinischen Herzoge 
eingeladen und iverden dieselben durch den 
Senat in Privatwohnungen untergebracht 
werden: Herzog Ernst Günther Ivird bei 
Herrn Des Aris, Harvestehuderweg, Herzog 
Friedrich Ferdinand bei Kommerzienrat!) 
Riedemann, Alsterufer, Prinz Albert bei 
Dr. Löhle wohnen; für Prinz Heinrich ist 
Quartier bei Wilhelm Amsinck, Esplanade, 
angemeldet. 
ProviAzislles. 
Altona, 4. Juni. Dr. Bruno Mögel 
Dresden, ein Altonaer städtischer 
aus 
Krankenhausarzt und hervorragender 
Chirurg, erdolchte sich gestern. Der 
Selbstmord erregt großes Aufsehen. Die 
Motive sind unbekannt. 
In Altonaer ärztlichen Kreisen hat 
folgende Angelegenheit Aufsehen hervorge 
rufen. Vor drei Wochen wurde der Schnei 
der Weber bewußtlos auf der Straße ge 
funden und nach dem Krankenhause ge< 
bracht. Seit dieser Zeit schläft Weber fast 
fortwährend. Die Aerzte stehen vor einem 
Räthsel, keiner derselben kann sich den Zu 
stand des Schlafenden erklären. 
ş Itzehoe, 4. Juni. Oberhofmarschall 
Graf Eulen bürg wird heute Abend hier 
eintreffen und im Bahnhofshätel Wohnung 
nehmen. Man vermuthet, daß der Kaiser 
morgen in Brunsbüttel eintreffen wird. 
Der Landtagsabgeordnete Ottens, seit 
1870 Vertreter des Wahlbezirks Nord- 
Dithmarschen, ist gestern gestorben. 
stiel, 1. Juni. Zu den Eröffnungs- 
feierlichkeiten des Nord-Ostsee-Kanals 
sind bis heute bereits einhundertzwei 
undzwanzig Passagier - Dampfer 
angemeldet, eine Zahl, die thatsäch 
lich alles Erwartete in den Schatten stellt. 
Von diesen 122 Dampfern werden 25 
von der Marine untergebracht; 25 Dampfer 
besitzen eine Länge von 50 Meter und 
darüber, 42 eine solche von 25 bis 50 
Meter und 30 eine solche von 25 Meter. 
Der erste Staatsanwalt Karnitz in 
Guben ist in gleicher Amtseigenschaft an 
das Landgericht in Kiel versetzt. 
Der bisher bei der Königl. Regierung 
in Schleswig beschäftigte Landbauinspektor 
Ehrhardt ist nach Berlin versetzt und 
dem technischen Bureau der Bauabtheilung 
des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten 
überwiesen worden. 
Der 74 Jahre alte Nachtwächter Meyer 
in Hoisdorf machte wahrend seines Dienstes 
dem Leben durch Erhängen ein Ende. 
Flensburg, 4. Juni. Das Schleswig- 
Holsteinische Dragoner-Reginient Nr. 13, 
welches nach dem Feldzuge von 1870/71 
in Flensburg und Hadersleben längere 
Zeit in Garnison lag und später nach 
Metz verlegt wurde, gedenkt am 16. August 
den 25jährigen Gedenktag der Schlacht 
von Vionville-Mars la Tour festlich zu 
begehen. Anmeldungen hierzu sind bis 
spätestens den l. Juli an das Regiment 
nach Metz verlegt. 
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