Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

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Hìendsburger W Wochenblatļ 
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88ster Jahrgang. <ş 
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Mo. 127. 
Dienstag, öen 4 Juni 
1895. 
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Moeaen-Devescken. 
Essen, 4, Juni. In Bergeborbeck 
stürzle sich eine Frau in einem Anfalle 
von Schwermuth mit ihren drei 
Kindern in ein tiefes Wasser. Das 
eine zweijährige Kind wurde gerettet; das 
andere 3 '/ 2 jät)rige und das dritte sieben 
Monate alte Kind sind mit der Mutter 
ertrunken. Die Leichen konnten bald ge- 
borgen werden. 
Wien, 4. Juni. (R. T.) Die „Neue 
Freie Presse" berichtet aus Felixdorf: 
Heute morgen 9 Uhr fand in einem Neben 
gebäude der Pulverfabrik von Mayer 
& Roth eine Explosion statt. Das 
Gebäude wurde fast dem Erdboden gleich 
gemacht, sämmtliche in dem betreffenden 
Raum mit Zerkleinern des compakten 
Pulvers beschäftigten Arbeitsleute, zwei 
Männer und vier Frauen wurden in 
Stücke gerissen. 
Graz, 3. Juni. Bei dem gestern hier 
stattgehabten internationalen Rad> 
wettfahren hat sich der Meisterfahrer 
Lurion infolge eines unglücklichen Sturzes 
das Schlüsselbein gebrochen. Außerdem 
ist ein oesterreichischer Radfahrer beim 
ersten Fahren gestürzt, jedoch mit unerheb 
lichen Verletzungen davongekommen. — 
Den großen Grazer Wanderpreis erhielt 
der bekannte Meisterfahrer Hofmann aus 
München. 
Brünn, 4. Juni. Am Sonnabend 
stürzte sich die Frau eines Heizers in 
Jägerndorf mit ihrem jüngsten von 10 
Kindern in den Oppefluß, um als Leichen 
°ws Land gebracht zu werden. Die plötz 
liche Entlassung ihres Mannes aus dem 
Dienst hatte die Frau in den Tod ge 
trieben. 
Budapest, 4. Juni. Die Schweineseuche 
ist fortdauernd in der Zunahme begriffen, 
bereits acht Canitate sind verseucht. 
Die Bekämpfung des unlautereil 
Wettbewerbs. 
Die Bekämpfung des unlauteren Wett 
bewerbs ist ebenso der Sympathie aller 
anständigen Elemente sicher als die Be 
dampfung des Umsturzes — in der Theorie, 
^owie man aber zur Praxis übergehen 
will, thürmen sich leider die Schwierig 
keiten so hoch, daß an eine Ueberwindung 
derselben kaum zu denken ist. Die Regie 
rung hat den Unterschied zwischen Absicht 
und Ausführung bei der Vorlage zur Be 
kämpfung des Umsturzes sattsam kennen 
gelernt. Bei der Vorlage zur Bekämpfung 
des unlauteren Wettbewerbes ist sie schon 
vorsichtiger gewesen, hat sie nach dem ersten 
Entwürfe der Oeffentlichkeit und den sach 
verständigen und interessierten Vereinigun 
gen unterbreitet, und nach deren Vorschlä 
gen nicht unwesentlich abgeändert und 
wird sie auf weitere Schwierigkeiten gefaßt 
dem Reichstage vorlegen. Noch ehe der 
umgearbeitete Entwurf auch nur dem 
Reichstage zugegangen ist, können wir 
sagen, er wird nicht angenommen oder 
doch nur mit weiteren sehr wesentlichen 
Abänderungen angenommen werden. 
Nach dem Entwürfe zur Bekämpfung 
des unlauteren Wettbewerbs wird das 
Reklamemachen verfolgt, gleichviel ob man 
damit Erfolg gehabt hat oder nicht, frei 
lich nur, wenn die Reklame bezweckt, durch 
unrichtige Angaben den Anschein eines 
besonders günstigen Angebots hervorzurufen. 
Die Gesetzgeber glauben durch die Forde 
rung, die unrichtigen Angaben müßten 
„zur Irreführung geeignet" und „auf 
Täuschung berechnet" sein, wenn Verfol 
gung eintreten soll, scherzhafte und harm 
lose Uebertreibungen im Reklamewesen, 
die als solche von jedermann leicht zu er 
kennen sind, ausgeschlossen zu haben. Da 
wird aber doch Herr „Jedermann" gar 
zu sehr überschätzt, während man ihn 
sonst für so dumm hält, daß man ihn auf 
Schritt und Tritt bevormunden zu müssen 
glaubt. Ist die Reklame, daß jemand 
sechs Millionen Cigarren auf Lager hat, 
eine scherzhafte oder reklamenhafte Ueber 
treibung? Die 10 oder 15 tausend Schlaf- 
rocke der „Goldenen 110" sind manchen 
Abgeordneten schon längst ein Dorn im 
Auge. Und wenn „sechs Millionen" Cigar 
ren keine harmlose und scherzhafte, sondern 
eine vcrfolgbare Uebertreibung, ist man 
auch der Verfolgung ausgesetzt, wenn man 
in einem Plakate oder Cirkulare mittheilr, 
daß von der berühmten Sorte Stinkadores 
zu drei Pfennig das Stück „nur noch 
sechs Kisten" übrig sind? Ein wahres 
Glück ist es, daß im Gegensatze zum ersten 
der neue Entwurf nichts mehr weiß von 
einer zivilrechtlichen Verantwortlichkeit für 
alle im geschäftlichen Verkehr gemachten 
unrichtigen Angaben; der vorsichtigste und 
solideste Geschäftsmann selbst käme dann 
aus den chikanösen Prozessen nicht heraus, 
schwebte wenigstens stets in Gefahr und 
alle Kunden schwebten gleichfalls in der 
Gefahr lästiger Zeugenvernehmungen. Auch 
so wird es noch schlimm genug sein, und 
die Gefahr in solche Prozesse verwickelt 
zu werden, ist deßhalb nicht zu unter 
schätzen, weil jeder, auch der mit Frei 
sprechung endende Prozeß mit unangeneh 
men Scherereien und Zeitverlusten sowie 
mindestens während der Dauer mit der 
Gefahr, daß irgend etwas sitzen bleibt 
und infolgedessen mit Verlust verknüpft ist. 
Und wird das Gesetz viel nützen? Kaum. 
Die Fassung der Reklamen wird nur eine 
kunstvollere werden. Der Schwindelaus' 
Verkäufer wird nach wie vor seinen Aus 
verkauf „wegen Aufgebung des Geschäfts" 
ankündigen können, denn es ist nicht ge 
sagt, wann er das Geschäft aufgeben will, 
noch ist es strafbar, die angebliche Absicht 
auszugeben. 
Wir begnügen uns, schreiben die „E 
N.", für heute mit dem die Reklame be 
treffenden Theil der geplanten Vorlage, 
der allerdings ein besonders schwacher 
Theil ist. Die hier erwähnten Bedenken 
find nur ein geringer Bruchtheil der in 
den interessierten Kreisen gehegten. Der 
den Verrath von Geschäftsgeheimnissen be 
treffende Theil wird auch noch langer Er 
örterungen und wesentlicher Abänderungen 
bedürfen, soll durch das neue Gesetz nicht 
bei nur kleinlichem Nutzen unermeßlicher, 
tief einschneidender Schaden angerichtet 
werden. 
M-UslAND. 
Außereuropäische Gebiete. 
Eines der kolossalen Flöße, durch 
welche in Ottawa in Canada die Säge 
mühlen ihre Holzstämme stromabwärts 
schicken, wurde am Donnerstag die Cyan- 
dieresälle des Ottawaflusses hinabgerissen 
und zertrümmert. 33 Floßknechte wurden 
die Stromschnellen hinabgeschleudert und 
ertranken. 
Es dürfte nicht allgemein bekannt sein, 
daß in dem Staate Pcnnsylvanien eine 
Colonie nach den bekannten sozialistischen 
B e l l a m y' s ch e n G r u n d s ä tz e II gegründet 
worden ist. Die Kolonie besteht jetzt drei 
Jahre und ist eine Produktivgenossenschaft. 
Sie hat eine Krämerei, einen Schlächter 
läden und eine Cigarrensabrik. Jetzt sind 
mehrere Häuser im Ban begriffen. Die 
Bauleute erhalten Certifikate von der Ge 
nossenschaft. Diese können sie gegen irgend 
ein von der Genossenschaft erzeugtes Pro 
dukt einwechseln. Bis jetzt ist die Colonie 
gediehen. 
Rußland. 
Petersburg, 31. Mai. In einem Hause 
der Polarnaje-Straße wurde gestern von 
der Polizei ein großes Lager von falschen 
Zehnrubelscheinen entdeckt. Die täuschend 
nachgeahmten Falsifikate sollen aus Deutsch 
land eingeführt worden sein. Vier Per 
sonen wurden verhaftet. 
England. 
London, 1. Juni. Die „Times" er 
fahren, dem Hause Rothschild sei die Aus 
gabe einer 4 Vrprocentigen chilenischen An 
leihe von 2 000 000 Pfd. übertragen wor- 
den. Die Anleihe wird nach Pfingsten 
zum Preise von 93 '/ 2 zur Ausgabe ge 
langen. 
Spanien 
Ein fur chtbares Verbrechen wurde 
in Barcelona verübt. Ein hübsches, 
junges Mädchen, Francisca Querol, das 
längere Zeit ein Liebesverhältniß mit einem 
gewissen Juan Parra unterhalten hatte, 
wurde von dessen Mutter, die gern einen 
zwischen beiden entstandenen Zwist beilegen 
wollte, zu einem Besuch aufgefordert. 
Sie kam und wurde von Juan empfangen, 
der sie bat, von der Heirath mit einem 
andern abzustehen und die frühern Be 
ziehungen zu ihm wiederherzustellen. 
Francisca verweigerte dies rundweg, 
worauf der erbitterte junge Mann ihr mit 
den Worten: „Du sollst Dich mit keinem 
andern verheirathen!" ein großes Messer 
in die Brust stieß. Auf das Hilfegeschrei 
des Mädchens eilte die Mutter des Parra 
herbei, der in dem Glauben, sie wolle das 
Mädchen gegen ihn vertheidigen, völlig 
außer sich gerieth und der alten Frau 
mehrere lebensgefährliche Wunden beibrachte. 
In diesem Augenblick kam seine Schwester 
hinzu, die er nun ebenfalls mit Messer 
stichen empfing, bis auf die Straße ver 
folgte und dort vollends tödtete. Im Be 
griff zu entfliehen, wurde er von herbei 
eilenden Polizisten verhaftet. 
Im Löwenkäfig im Park zu Barce 
lona ereignete sich dieser Tage ein Vorfall, 
der leicht schlimme Folgen hätte haben 
können. Einer der Zuschauer, ein anständig 
gekleideter Herr, trat plötzlich dicht an das 
Gitter heran und versuchte die Löwin zu 
streicheln. Diese faßte aber die Sache 
falsch auf und schlug ihre Tatze in den 
Arm des Mannes. Einem hinzuspringen, 
den Sicherheitsbeamten gelang es, nicht 
ohne daß ihm auch die Hand aufgerissen 
wurde, die Aufmerksamkeit des Thieres 
von seinem Opfer abzulenken und dieses 
aus seinen Krall r-n zu befreien. Währen 
der Herr verbunden wurde, äußerte er: 
„Na, das war mal ein schöner Schrecken. 
Ich wollte meinem Großvater die Hand 
schütteln und bin meiner Schwiegermutter 
in die Hände gefallen." Jetzt erst merkte 
man, daß man es mit einem Geistesge 
störten zu thun hatte. 
Oesterreich-Ungarn. 
In der österreichisch-ungarischen Schweine 
mast- und Contumazanstalt Steinbruch 
herrscht eine verheerende Schweine 
seuche, deren Wesen noch unergründet ist, 
Die Staatsregierung entsandte den Rector 
der thierärztlichen Hochschule, Professor 
Schutz, zur Erforschung. Die Gefahr einer 
Einschleppung in Deutschland erscheine aus 
geschlossen, nachdem die Vergünstigung für 
die oberschlesischen Städte, Schweine aus 
Oesterreich - Ungarn einzuführen, infolge 
der vorgekommenen Einschleppung der 
Kleuenseuche zurückgezogen und die Mast 
anstalt Steinbruch selbst aber von der 
österreichischen Regierung gegen Schweine 
ausfuhr gesperrt ist. Die preußische Re 
gierung erachtet trotzdem eine völlige Grenz 
sperre gegen die Einfuhr von Schweinen 
aus Oesterreich-Ungarn für unentbehrlich 
und leitete Verhandlungen mit den übrigen 
Bundesstaaten ein. 
Ein kleiner See in einer Ausdehnung 
von etwa 36 Joch hat sich in der Orts- 
gcmeinde Pobersch bei Marburg (Steier 
mark) vor einigen Tagen in der Thalmulde 
gebildet. Dieselbe Erscheinung wurde schon 
zwei Mal beobachtet, und zwar anfangs 
der siebziger und anfangs der achtziger 
Jahre, wobei das Wasser das erste Mal 
nach zwei Jahren, das zweite Mal nach 
sechs Monaten ablief. Die Entstehung des 
Sees sowie auch mehrere Erdrutschungen, 
die gleichzeitig bei Kohlberg erfolgten, wer 
den theils mit dem letzten Erdbeben, theils 
mit den jüngsten Schneefällen, denen be- 
deurende Gewitterregen folgten, in Zu 
sammenhang gebracht. 
Wien, 31. Mai. Im dieswöchentlichen 
Heft der Wiener Literalurzeitung „Neue 
Revue" finden wir folgende amüsante 
Notiz: „Königin Natalie, welche vor 
einigen Jahren Serbien verlassen mußte, 
ist vor einigen Tagen wieder dahin zurück 
gekehrt und war bei diesem Anlasse Gegen 
stand höchst patriotischer Kundgebung seitens 
des begeisterten Volkes. Der Präsident 
der Skupschtina richtete eine schwungvolle 
Begrüßungsrede an die Königin, in welcher 
er ausführte, es habe sich Vieles unp 
«I 
Der Krmycilge. 
Skr. 5. 
Erzählung aus der Schleswig-Holsteinischen 
Verbrecherwelt vergangener Tage. 
Von Ulrich Ohlerich. 
„Ja, es ist so," rief die arme Frau, aufs 
Neue in Thränen ausbrechend. Ich kann es 
ņicht, so lief ich nach den schrcckcnvollen Ent 
hüllungen dieser letzten Stunde empfinde, daß 
ich cs eigentlich sollte und mußte. Aber wenn 
ich auch von der Wahrheit Deiner Worte 
überzeugt bin und nicht an eine Verwechselung 
glaube, so ist mein Mann doch in Wirklich 
keit ein anderer Mensch, als der, den Du im 
Sinne hast. Ich allein kenne 'seine wahre 
Grundnatur, Du und Deine Genossen nur 
das, was Ihr in ihm gesehen habt und 
Ebenfalls nur das, was unglückliche Lebens- 
Verhältnisse, Leichtsinn und böse Beispiele 
ņwcilig aus ihm gemacht haben. — Wie 
^kte er n,ìeh, mich und sein Kind, so lieb 
M E ' n Zuruf von mir würde ihn auf seinem 
Şge umkehren lassen. Oh, wenn ich ihn 
könnte! — Ja, könnte ich es nicht, 
şşnn ich nur wollte? Wo suche ich ihn? 
gmir, wo ich ihn finde." Sie war auf- 
offprungen und stand mit zitternden Gliedern 
„ ,, şieb erglüh enden Augen vor ihrem über- 
rasAen Vetter. * 
Mohr zögerte einen Augenblick mit der 
e - ft’ort. Im nächsten Augenblick ließ ihn 
f, Şggezogcner gellender Pfiff von außen 
şftig zusammenzucken. 
ftti'f* e Mahnung meiner guten Freunde," 
ttchte er zwischen dm Zähnen hervor. 
"nch gehen, ich darf sie nicht auf's 
äußerste treiben." 
»Ich lasse Dich nicht," — sie faßte ihn 
am Arm und hielt denselben mit krampfhaft 
festem Griff gepackt — „ehe Du mir gesagt 
hast, wo ich meinen unglücklichen Mann 
suchen muß. Nenne mir seinen Aufenthalt, 
ich flehe Dich an — es ist mir voller Ernst; 
morgen früh werde ich auf bent, Wege sein, 
ihn mir zu holen." 
Erstaut und mitleidig sah Mohr auf das 
zuckende Antlitz des jungen Weibes herab. 
„Ein schwieriger Gang, fast unmöglich 
für eine Frau Deiner Art," bemerkte er. 
„Um so schwieriger, als ich in der That keine 
Ahnung habe, wo Dein Mann sich augen 
blicklich aufhalten mag. Das Einzige, was 
ich für Dich thun kann, ist, Dir Jemanden 
nahmhaft zu machen, bei welchem Du sicher 
Näheres über ihn erfährst oder, was gar 
nicht undenkbar ist, ihn am Ende selbst in 
Person antriffst. Der Kaufmann und Haus 
besitzer Detlef Frahm in F. ist dieser Jemand 
— melde Dich bei ihm, verlange ihn unter 
vier Augen zu sprechen, nenne Dich Friedrich 
Eisenhut's Frau, zeige ihn, falls er alsdann 
noch sich unwissend stellen sollte, diesen Ring 
vor und Du wirst erfahren, was er in 
Wirklichkeit über Deinen Mann weiß." 
„Ich habe den gleichen Ring bei meinem 
Mann gesehen," entgcgnete Frau Eiscnhut 
zusamnicnschauernd. 
Mohr nickte. „Eine weitere Bestätigung 
meiner Vermuthung also — natürlich besitzt 
er diesen Ring, wie Jeder von uns, als 
Erkennungszeichen. — Noch Eins, vielleicht 
die Hauptsache, — so klug wirst Du gewiß 
ein, Frahm nicht zu offenbaren, wie die 
Dinge zwischen Dir und Deinem Manne 
sichen?" 
Frau Eisenhut neigte stumm den Kopf. 
„Ohne Zweifel wird draußen gleich noch 
mals gepfiffen, wenn ich jetzt nicht allen 
Ernstes gehe," sagte Mohr, sich der Thür 
nähernd. „Ich wünsche Dir guten Erfolg 
armes Kind, und" — sich vor den Kop' 
schlagend machte er Kehrt, riß sich den Rock 
auf und eine Brieftasche hervor, welcher er 
ein zusammengefaltetes Papier entnahm. 
„Bitte, verwahre mir dies Papier gut," 
stieß er hastig heraus, „eS ist werthvoll, be 
säßen die wüthenden Kerle da draußen diesen 
Fetzen, so brauchten sie mich nicht weiter und 
eben darum darf er nicht in ihre Hände 
gelangen. Mein Leben ist für sie unantast 
bar, solange ich das Geheimniß des neuen 
Verstecks unseres Schatzes nicht von mir ge 
geben habe. Das Papier enthält eine 
genaue Zeichnung der Ocrrlichkeit, wo der 
selbe im großen Walde bei 1 verborgen liegt; 
ich habe sie angefertigt für den Fall, daß ich 
längere Zeit an seiner Hebung verhindert 
sein sollte — die Situation könnte sich ja 
inzwischen durch allerlei Umstände erheblich 
verändern und mir dadurch selbst das 
Wiederauffindm erschwert werden. — Ver 
wahre das Papier sorgfältig, hörst Du?" 
setzte Mohr ungeduldigen Tones hinzu, als 
er bemerkte, daß seine Worte an dem Ohr 
seiner in trübes Sinnen sich verlierenden 
Konsine vorübergeglitten waren, ohne Ver 
ständniß zu erwecken. — Im nächsten Augen 
blick hatte er die Thür hinter sich geschlossen. 
-i- * 
Am folgenden Morgen übergab Frau 
Eisenhnt ihr Kind einer jungen Nachbarin 
in Pflege, auf einige Tage, wie sie sagte, ihr 
Mann habe sic brieflich zum sofortigen Kommen 
ansgefordert, sie werde viel unterwegs sein 
und könne ihr Kind den Gefahren längerer 
Touren zur Winterszeit nicht aussetzen. 
Einen Tag nach ihrer Abreise gab es im 
Dorfe Allarm — es war eingebrochen und 
gestohlen worden, ein Fall, der sich seit 
Menschengedcnken dort nicht ereignet hatte 
und daher die Einwohner noch mehr ver 
wunderte als aufregte. Die Verwunderung 
wurde dadurch noch erheblich verstärkt, daß 
der Einbruch nicht etwa gegen einen der 
wohlhabenderenOrtseingesessenen verübt worden 
war, im Gegentheil, der oder die Einbrecher 
hatten sich eins der ärmlichsten Häuser im 
Dorfe ausgesucht, das Haus des Landarbeiters 
Christoph Schweiger. Weder dieser selbst 
noch seine Frau sind zuhause, ein ge 
treuer Nachbar wird sich diesen Umstand zu 
nutze gemacht haben, wahrscheinlich nur wegen 
einiger Nahrungsmittel — so erklärte man 
die Sache. Der Wirth im àuge „Zum 
lustigen Besenbinder" wurde gefragt, ob Fremde 
bei ihm gewesen seien. „Nur ein Einziger," 
gab er zur Auskunft, „ein reisender Handels 
mann, aber von so nettem höflichen Wesen, 
wie ich selten einen gesehen habe, der hat' 
lcher nicht gethan. Wie hieß er noch? Ahrens, 
glaube ich — richtig, Jantje Ahrens, so 
nannte er sich." 
Was Eisenhut in der ans seine Flucht 
aus dein eigenen Hanse folgenden Stunde 
Alles durch's wirre Hirn gefahren, war ihm 
in der nächsten kaum halbwegs mehr er 
innerlich. Vielleicht hatte in raschester Auf 
einanderfolge der eine Gedanke den anderen 
derart gejagt, daß keiner in seinem Gedächt- 
geblieben war, mit Ausnahme der einzigen: 
„Auf Nimmerwiedersehen von Weib und 
Kind getrennt!" Wahrscheinlicher aber hatte 
Ich neben diesem Gedanken, der alle seine 
Hoffnungen auf ein von alter Schuld ent 
lastetes und von neuer nicht beschwertes 
Leben in naher Zukunft, auf ein menschen 
würdiges Dasein voll zweckbewußter Thätigkeff 
inmitten eines glücklichen Familienkreises, nti* 
einem Mal in's Grab versenkte, ein anderer 
Gedanke, der jmen zu bekämpfen, die be 
grabenen süßen Träume wieder ins Leben 
zu rufen die Macht besessen hätte, überhaupt 
nicht herauszubilden vermocht, ohne daß 
darum der Grad des innerlichen Aufruhrs 
ein minderer gewesen wäre. Welcher Gedanke 
in der Welt sollte helfen, an dem Schwer 
gewicht der Thatsache, ans welcher jener 
erstere sich erhoben hatte, auch nur rütteln 
können? Keiner — Eisenhut stand der un 
erbittlichen Nothwendigkeit abschiedloser, ewiger 
Trennung, auch nachdem er infolge geistiger 
und körperlicher Erschöpfung ruhiger geworden, 
gerade so hülslos gegenüber wie vorhin, als 
er, halb von Sinnen, in die dunkle Nacht 
hinausstürmte und längere Zeit in tollem 
Kreislauf auf den aufgeweichten Dorssfeldern 
herumgeirrt war, ohne in seiner rasenden 
Hast auf Weg und Steg zu achten. Was 
sich jetzt, nachdem sein Blut allmählich 
ruhiger pulsirte, seinem niedergedrückten Geiste 
aufdrängte, waren lediglich quälende Grübeleien, 
welche die Größe des Unheils, daß seine 
befleckte Vergangenheit fast mit gleicher 
Schwere über dm Häuptern seiner schuld 
losen Angehörigen wie über seinem eigenen 
schuldigen Haupte vereint hatte, nach allen 
Richtungen zu ermessen suchten und sich nicht 
verscheuchen ließen, obwohl jede Fiber seines 
Herzens unter ihrem Wühlen erbebte. — 
Was war er fortan für We>b und Kind? 
Nichts für das Eine, vielleicht nicht einmal 
ein Name, — für das Andere aber, — ja, 
ohne Zweifel für alle Zeit ein Abgrund von 
Niedertracht und Verworfenheit, eine schwach-
	        
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