Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

der Polizeibeamte mit 
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j ffir Ausivänigc, durch die Post bezogen 
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Montag, den 
Mai 
1896. 
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Berlin, 11. Mai. Nachdem K 112 der 
Umsturzvorlage in der Kommissionssassung, 
ivwie in der Regierungssast'ung abgelehnt, 
verzichtete das Haus auf die Weiterbe- 
talhung der gcsainmten Vorlage. Die 
ganze Umsturzvorlage wurde dann para> 
graphenweise debattelos abgelehnt. Sodann 
wurde die Sitzung geschlossen. 
Frredrichsrnh, 11. Mai. Bei dem heute 
Dcittag stattgefundenen Empfang der West- 
laten durch den Fürsten Bismarck hielt 
ber Fürst eine äußerst humoristische Rede, 
>n welcher er namentlich die oft bewiesene 
Tapferkeit und die Kampflust der Westfalen 
hervorhob und sie als Musterbild germani- 
icher Männlichkeit hinstellte. Der Fürst 
zählte mehrere Einzelfälle auf, welche 
icine Ansicht von der Tüchtigkeit der West 
falen besonders zum Ausdruck brachten 
und schloß dann mit den Worten: „In 
aer Nähe betrachtet, kann ich nur ver 
lieren, ich bin zu alt/' Auf den Zuruf: 
„Noch 20 Jahre, Durchlaucht!" antwortete 
der Fürst: „Ja, nach meinem Tode bin 
lch bereit, noch als Geist herumzugehen. 
Ich bin sehr neugierig, wie es wird!" 
8u einem Kriege von Gravelotte äußerte 
der Fürst: „Da wäre ich auch beinahe 
angeschossen worden." 
Neustadt a d. H., 12. Mai. Ein jun 
ger Mann, einzigster Sohn sehr reicher 
Und angesehener Leute unserer Stadt, er 
schoß sich im Garten seiner Eltern, weil 
rs ihm untersagt war, seinem leidenschaft 
lichen Hang zum Spiel nachzugehen und 
die Eltern es müde waren, noch weiter 
?ine Spielschulden zu bezahlen. 
München, II. Mai. Redakteur Rost 
dom Freien Landesboten wurde heute vom 
hiesigen Amtsgericht wegen Verübung 
groben Unfugs, begangen in zwei Artikeln 
über den Fuchsmühl-Prozeß, zu 60 Mark 
Geldstrafe verurtheilt. 
Weimar, 11. Mai. Bei der Reichs- 
:°gsstichwahl ist nach den neuesten Feststel- 
wogen der konservative Kandidat Reich- 
Wuth mit über 100 Stimmen Mehrheit 
liegen den sozialdemokratischen Kandidaten 
Zaubert gewählt worden. 
Miskolcz, 12. Mai. Hier herrscht großes 
Aussehen über die Vergiftung der Familie 
^-udwig Faye. Der Vater und der 
Uteste Sohn sind bereits gestorben, die 
Cutter und zwei Töchter befinden sich in 
Kößter Lebensgefahr. Die Aerzte haben 
sie Hoffnung, dieselben zu retten, aufge- 
Men. Man vermuthet ein Verbrechen. 
Budapest, 12. Mai. Gestern Nachmit 
tag hat ein dreistündiger Ministerrath 
stattgefunden; Abends begaben sieb der 
Ministerpräsident Banffy und der Minister 
Josica nach Wien. Die Situation hat 
sich bisher nicht geändert. Vor Schluß 
der Delegationen dürfte wohl kaum ein 
Personenwechsel im Ministerium stattfinden. 
Brünn, 12. Mai. Seit einiger Zeit 
ist in dem Dorfe Lukawetz nach jedem statt- 
gesundenen Tanzvergnügen Feuer ausge- 
brochen, ohne daß man sich diese auf 
fallende Thatsache erklären konnte. Auch 
vorgestern, an welchem Tage die Veteranen 
ein Fest abhielten, brannte es, und es ge 
lang endlich, den Brandstifter zu entdecken 
Es ist ein Feuerwehrmann, welcher 
die Wache hatte und das Feuer jedesmal 
selbst anlegte, um die Brandprämic zu er 
halten. 
Trieft, 12. Mai. Unter der hiesigen 
Bevölkerung herrscht große Unruhe und 
Aufregung, weil seit gestern wiederholt leichte 
Erderschütterungen wahrgenommen sind. 
Budapest, 11. Mai. Die Ortschaft 
Veszka im Neutraer Komitat ist niederge- 
brannt. Acht Wohngebäude und zahlreiche 
andere Häuser sind zerstört. Eine Person 
kam in den Flammen um, viele Andere 
trugen schwere Verletzungen davon. 
Laibach, 11. Mai. Heute früh fand 
wiederum ein Erdstoß statt. Viele Ein- 
wohner verlassen die Stadt. 
Paris, 12. Mai. Die Ermordung 
Gloesers, des Unterdirektors der hiesigen 
Bangue ruffe, durch eine Engländerin, 
Namens Helene Bonkley, hat in Finanz 
kreisen großes Aufsehen hervorgerufen. 
Die Mörderin, welche erst 20 Jahre alt 
ist, war jahrelang die Geliebte des Ge 
töteten und hat die That begangen, weil 
Gloeser das Verhältniß nach Entrichtung 
einer Entschädigungssumme von 12,000 
Francs lösen wollte. 
Paris, 12. Mai. Die collectivistischen 
Dissidenten haben daraus verzichtet, mäh 
rend der Festlichkeiten in Kiel anläßlich 
der Eröffnung des Nordostseekanals durch 
Bebel und Liebknecht Vorträge abhalten 
zu lassen. 
Paris, 12. Mai. Soviel bisher die 
Untersuchung über die Eruiordnng des 
Abbs de Broglie durch die 40jährige Mo 
distin Amelot ergeben hat, ist die That 
in einem Anfall von Verfolgungswahnsinn 
vollbracht worden. Der 61jährige Abbe 
hat keinerlei Beziehungen zur Mörderin 
unterhalten. (S. unter Paris.) 
Deutscher Reichstag. 
, 10. Sitzung. 
Die zweite Berathung der Umsturzvorlage 
wird fortgesetzt 
Nach tz 112 wird bestrwt, wer einen Ange 
hörigen des deutschen Heeres oder der Marine 
auffordert oder anreizt, dem Beichte des Obern 
nicht Gehorsam zu leisten, wer insbesondere eine 
zun: Beurlaubtenstante gehörige Person auf 
fordert, der Einberufung zum Dienste nicht zu 
folgen. 
Im zweite» Abschnitt des Connnissionsbeschlusses 
wird Derjenige, der in der Absicht die mili- 
tärische Zucht und Ordnung zu untergraben, 
gegenüber iinem Angehörigen des aktiven Heeres 
oder der aktiven Marine das Heer oder die 
Marine oder die Einrichtungen derselben ver 
ächtlich macht oder zur Verletzung der auf die 
Verwendung der bewaffneten Macht im Frieden 
oder Krieg auffordert oder anreizt, mit Ge 
fängniß bis zu drei Jahren bestraft. 
Abg. Haust mann (Südd. Volksp.): Derselbe 
Geist, der gestern mit dem § 111 abgelehnt wor 
den ist, waltet mich in dem § 112. Hoffentlich 
war diese gestrige erste Breschclegnng vorbe 
deutend auch für diesen Paragraphen. Was den 
§ 112 anlangt, so ist auch er mindestens ebenso 
gefährlich wie § 111. Die Art, wie er mit 
Strafen bedroht und wie er begründet ist, ist 
außerordentlich charakteristisch. Wir könnten ja 
dem Beispiele des Herrn Koller folgen und 
den Regierngen sagen: Um Ihre Gründe kümmern 
wir uns überhaupt nicht. Wir thun das aber 
nicht, weil wir das für nnconstitutionell halten. 
Ich unterschreibe alles das, was gestern Herr 
Gröber darüber gesagt hat und constatire, daß 
Herr v. Köller auf alle Angriffe kein Wort der 
Erwiderung gefunden hat. (Zustimmung.) Zur 
Versöhnung des Nordens und des Südens dienen 
solche Vorgänge nicht. Indessen will ich mich 
dem Kriegsminister anschließen, der in derartigen 
Füllen auf mildernde Umstände plädirt (Heiter 
keit), tim so mehr, als Minister v. Köller als 
der wichtigste Vorkämpfer der Opposition gegen 
die Vorlage sich erwiesen hat. (Sehr gut.) Die 
dem 8 112 betgegebenen Motive begründen der 
artige Bestimmungen ganz und gär nicht. Die 
Zahl der bezüglichen Aeußerungen, die unter 
diesen Paragraphen fallen würden, war in den 
letzten Jahrzehnteu ganz gering, sogar Wirths 
hausäußerungen wurden herangezogen. Zwei 
Zeitungsäußerungen waren anarchistische und zwei 
stud auf Grund des bestehenden Gesetzes mit 
zwei Jahren abgeurtheilt worden. Die beige 
legten Gedichte sind so holprig und langweilig, 
daß ich mir nicht denken kann, daß sie "gewirkt 
haben. Dann kommt allerdings ein sehr langes 
Gedicht Freiligraths. Es ist unerhört, daß die 
Vorlage mit Gedichten von einem Dichter, der 
vor 1848 geschrieben hat, begründet wird. Durch 
den Paragraphen, der von der Verächtlichmachung 
der Einrichtungen von Heer und Marine spricht, 
wird ein ganz neues Delict geschaffen damit, daß 
der Begriff auf leblose Dinge ausgedehnt wird. 
Auch was man berechtigte Kritik nennt, kann 
hierunter einbezogen werden. Es wird also jede 
Kritik unter Strafe gestellt, auch wenn sie ob 
jektiv vollständig richtig ist. Es ist unerhört, daß 
die Verächtlichmachung auch bestraft werden soll, 
wenn der, der die Kritik übt, von ihrer Be 
rechtigung durchdrungen ist. lind welche Aus 
führungen können unter diesem Paragraphen sub- 
sumirt werden! Wenn wir sagen, das Institut 
der Regierungsofsiziere sei ein Unding, wenn wir 
sagen, der Dunkelarrest sei eine menschenunwürdige 
Streue, wenn ivir sagen, die Offizierskasinos seien 
eine Brutstätte der Ueberhebung über das Bürger- 
thum und Schuld an den Auswüchsen, die nist 
dem kurzen Name n „Der olle, ehrliche Seemann" 
bezeichnet worden, so haben wir Einrichtungen 
des Heeres verächtlich gemacht und können mit 
Gefängniß bis zu 3 Jahren bestraft werden. 
Der Paragraph bedeutet die Unterbindung jeder 
freien Meinungsäußerung in Bezug auf das 
ganze Heerwesen, für das wir jährlich eine halb 
Milliarde aufwenden. Es ist ein Manlkorbgesetz 
jeder rechtmäßigen Kritik. Ich lehne daher diesen 
Paragraphen ab, und ich bin der Hoffnung, daß 
auch die anderen Parteien zu der Einsicht ge 
kommen sind, daß man sich auf verkehrtem Wege 
befindet. Wer Strafparagraphen zur politischen 
Verfolgung säet, wird politischen Haß ernten. 
Im Interesse des Ansehens der Justiz inuß auch 
der Justizminister diesen Paragraphen zurück 
weisen. 
Fassung zu geben, eine Fassung, die nicht m 
solcher Schärfe trifft, als die Militärverwaltung 
ins Auge gefaßt bat, die allerdings auf der 
anderen Seite einiges offerirk, was wir gar 
nicht gefordert haben. Von meinem Stand 
punkte kann ich nur sagen, ich stehe auf dem 
Boden des g 112 nach der Militärvorlage (große 
Heiterkeit) — verzeihen Sie, nach der Re 
gierungsvorlage. Ich bin auch gar nicht in der 
Lage, etwas anderes vertreten zu können Denn 
die verbündeten Reg elungen haben keine Ge 
legenheit gehabt, sich über die Fassung der 
Commission schlüssig zu machen. 
; Stuben, 
ße 504 
Kriegsminister Bro n sart v. S che! le n dor s: 
Nachdem ich bereits in der ersten Lesung unter 
Hinweis ans die Moüvc zur Einbringung dieser 
Vorlage den Standpunkt der Militärverwaltung 
zu 8 112 kurz und, wie ich glaube, klar und 
deutlich dargelegt habe, nachdem in der Com 
mission von Vertretern meines Ressorts jede 
wünschenswerthe Auskunft crlheill worden ist, 
sollte ich meinen, daß der Gegenstaud nahezu 
erschöpft ist. Neues hat auch der Herr Vorredner 
nicht vorgebracht, neu war auch nicht seine Be 
mängelung des zur Begründung der Vorlage 
erbrachten Materials. Daß von der socialdemo 
kratischen und vielleicht auch von anderer Seite 
dieses Freiligrath'sche Gedicht als ein ganz herr 
liches Kunstwerk betrachtet wird, will ich gar 
nicht bezweifeln. In meinen Augen ist'cs 
gleichwerthig mit anderen Erzeugnissen einer 
hirnverbrannten Phantasie, die als Flugblätter 
in die Kasernen gebracht, Schaden stiften können, 
dessen Tragweite gar nicht zu übersehen ist. 
Ob der Verfasser eines solchen Gedichtes ein 
Dichter, ein hervorragender Gelehrter oder irgend 
ein beliebiger absurder litterarischer Schmierfink 
ist, ist in Bezug auf die Wirkung dieses Ge 
dichtes ganz unerheblich. (Sehr richtig, rechts.1 
Ich erblicke in der Armee das größestc und 
festeste Werk, das sich der Verwirklichung Ihrer 
Pläne entgegensetzt, gleich einer Mauer, von 
Erz und Stein (Lachen bei den Sozialdemokralcn), 
die nicht niederznrcmicn ist, weder mit den 
Köpfen ihrer sämmtlichen Genossen noch aus 
irgend eine andere Weise, und nicdergcbrvchcn 
werden muß sie, che es ihnen gelingt, auch nur 
einen einzigen Punkt ihres Programms zu ver 
wirklichen, z, B. die Proklamirung der Republik, 
denn nur ein ebrloses und treuloses Heer ver 
räth seinen König und Herrn. Deshalb sehen 
ivir seit geraumer Zeit anarchistische und sozial 
demokratische Agitatoren energisch an der Arbeit, 
an diesem Bollwerk, dieser 'Mauer zu graben^ 
zu bohren und zu stochern. Diesen Bohrvcr- 
suchen, diesen Versuchen zu stochern wollen wir 
begegnen und wir erblicken eine wirksame Hand 
habe dazu in dem § 112 der Regierungsvorlage 
In der Commissionsvorlage ist allerdings per 
sucht worden, diesem Paragraphen eine andere 
Abg. Bebel (Soz.-Dem.): Der Minister hat 
wieder eine Reihe vrovocntorischer Bemerkungen 
gegen die Soziajdemokratie geschleudert, und in 
der Commission ist von Seiten der Regierungs- 
Vertreter so gegen uns polemisirt worden, daß 
cs gerechtfertigt ist, wenn ich etwas näher darauf 
eingehe. Unserer Partei wirft man vor, sie 
wolle die Armee auf ihre Seite bringen, um ein 
wirksames Werkzeug, das in einem gegebenen 
Augenblicke, Bestrebungen entgegenzutreten be 
stimmt sein würde, seiner Wirksamkeit zu be 
rauben. Was in der Commission zur Begründung 
dieser Behauptung gesagt ist, beweist, daß der 
betreffende Commissar eine ganz falsche Auffassung 
von den Bestrebungen der Sozialdemokraten hat. 
Wir hatten stets, eine bessere Ordnung der ge 
sellschaftlichen Zustände im Auge In der Coin- 
mission ist eine meiner Reden, die ich in Wien 
gehalten, citirt worden. Ich habe dantals aus 
geführt, auf dem Wege der Gewalt ließe sich 
unser Ziel nicht erreichen; es müßte im Gegen 
theil durch politische Aufklärung propagirt werden, 
also das Gegentheil dessen, was man uns nach 
sagt, habe ich in Wien geäußert. Dagegen ist 
notorisch, daß seit Jahr und Tag in Offizicrs- 
krciscn Gegenstand der Unterhaltung ist, was zu 
geschehen habe, wenn die Armee einmal vor die 
Sozialdemokraten gestellt sein werde. Da wäre 
cs doch Wahnsinn, wenn nicht die Führer der 
Sozialdemokratie die Massen von Allem zmück- 
hielten, was zu dem führen muß, was man auf 
der Gegenseite wünscht. Wenn auf der anderen 
Seite der Staatsstreich, der Bruch der Verfassung, 
des Vertrages mit dem Volke betrieben wird, so 
ist auch die andere Seite ihrer Pflichten ledig, 
und dann tragen die Verantwortung die, die 
solche Zustände herbeigeführt haben. Man beruft 
sich ouf „Die Freiheit", „Die Autonome" tc,, 
die schon zum Zweck der Verlängerung des 
Sozialistengesetzes ihre Dienste gethan haben;, 
um derartige Druckschriften zu verfolgen, braucht 
man die Vorlage nicht, Wenn man die Ver 
breiter ertappte, würde man sie außerordentlich 
schwer bestrafen können auf Grund der bestehen 
den Gesetze. Dagegen werden die Gedichte Freilig- 
raths, mcht nttr das, aus das man sich berusen 
hat, sondern auch viele schönere von demselben 
Dichter in der Volksausgabe von Cotta in Tausenden 
von Exemplaren unbeanstandet im Volke verbreitet. 
Würden Sic auf einem Blatt Papier gedruckt in 
den Kasernen verbreitet, würden die Verbreiter 
schon jetzt als Hochverräther schweren Strafen 
unterliegen. Selbst auf Material, das offenbar 
dazu bestimmt ist, die Sozialdemokratie zu ver 
höhnen. beruft sich die Regierung. Das bekundet 
doch ein solches Maß von Leichtfertigkeit und 
Gemisienlosigkeit, daß man den Beamten, der das 
als belastend angeführt hat und den Reichstag 
mit Unwahrheit hintergeht, wegen Unbrauchbar- 
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Der Falschmünzer. 
Novelle von Ludwig Habicht. 
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Nr. 73. 
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Kirche 18- 
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Zimmern 
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m Reut hos: 
L „Bemühe Dicht nicht," spotcte Templeton, 
(M den Weg vertretend. 
». „Meine Herren, ich verzichte auf Ihre 
Gastfreundschaft," lallte Jean. 
L „Ich werde mich auch hüten, solchen 
Schurken länger als es nöthig ist, unter 
seinem Dache zu beherbergen," ries Templeton; 
klingelte und sein Tiger erschien, „Sind 
°'e Polizeibeamten bereits eingetroffen?" 
- „Lie warten schon unten," war die 
"dtwort. 
„Ich lasse sie bitten." 
iļ. $ean starrte in sprachloser Vewirrung auf 
F beiden Freunde, sein Kopf begann sich 
.drehen, in seinen! Hirn arbeitete Angst 
î^d Trunkenheit um die Wette, ihm jede 
Borstellung zu rauben. Als er von 
Polizeibeamten hörte, sah er sich noch 
t t "sal instinktartig nach Rettung um; hätte 
jk ntd)t an seinen Füßen die furchtbarsten 
^ngcwichtc gehabt, würde er versucht haben, 
? en ^ ei kommen, um hinabzuspringen; 
^ ßeblich war sein Mühen, bei den ersten 
Kitten schon begann er zn stolpern und 
wieder zu Boden. 
k 5^ die Polizeibeamten jetzt eintraten, schien 
'He A smiting verloren zu haben; er halte 
trugen geschlossen und regte sich nicht 
„ķ'? Beaniter gab ihm einen Fußtritt. 
6 ^ltie - C àlPäudcr sind unhöflich," lallte Jean, 
w Mindesten seine Lage zu verändern. 
^Ot * Schelk nicht." er ist wirklich total 
Während Doktor Willibald sich beim 
Eintritt in die Wohnung mit Jean beschäftigte, 
hatte Templeton heimlich seinen Tiger nach 
Polizeibcamļcn geschickt und diese waren mit 
der ihnen nachgerühmten Pünktlichkeit er 
schienen. 
„Hier stelle ich Ihnen einen entsprungenen 
Galeerensträfling vor," wandte sich Templeton 
zu den Beamten, „und der Andere unten 
ist sein würdiger Genosse." 
Wirklich zeigten sich auf der Schultcr 
Jean's bei näherer Untersuchung die ein 
gebrannten Buchstaben T. F. 
Templeton gab über das Verbrechen der 
Beiden noch weitere Auskunft uud nun 
machten sich die Polizcibeamten an die 
schwierige Aufgabe, die völlig Besinnungs 
losen fortzuschaffen. Auch Müller war aus 
seinem Rausche nicht herauszubringen; als 
er endlich mit Mühe und Noth in den 
Wagen geschleppt worden war, lallte er noch 
einmal: „Ein Glas Grog!" ohne deshalb 
die Augen zn öffnen. Die beiden verwandten 
Seelen hatten völlig Zeit, im Gefängniß 
ihren Rausch auszuschlafen. — 
Kaum rollte der Wagen mit den beiden 
Gefangenen an dem bereits erwachten Morgen 
hinaus, da sank Templeton mit einem Jubel 
schrei, wie er an dem ernsten, schweigsamen 
Engländer etwas Außerordentliches war, deni 
Doktor in die Arme. „O, wie danke ich 
Ihnen, mein theurer Freund!" rief er voll 
tiefer Empfindung. 
„Wir hatten ja Beide das gleiche Interesse, 
den armen Waxmann zu retten. 
Templeton machte ein verwundertes Gesicht. 
Trotzdem er Gelegenheit genug gehabt, die 
aufkeimende Liebe Harriet's und des Doktors 
zu beobachten, hatte er diesen Verkehr für 
einen rein freundschaftlichen angesehen. Erst 
jetzt tauchte in ihm die Ahnung auf, sein 
Freund könnte wohl doch sein Herz verloren 
haben. „Sie lieben meine Schwägerin?" 
fragte er nach einigem Nachdenken. 
„Ist Ihnen dies wirklich entgangen, liebcr 
Templeton?" fragte dieser zurück. „Ach, das 
beweist nur, wie lief und innig Ihre Liebe 
zn Mary ist, das Sic darüber Alles ver 
gessen und übersehen." 
„Sie haben Recht," sagte Templeton 
langsam. „Nach dem heutigen Tage kann 
ich Ihnen völlig mein Herz öffnen," er legte 
dabei die Hand auf die Schultern des 
Doktors und fuhr nach einigen raschen 
Athemzügen fort: 
„Ich habe, wie Sie, an die Schuld 
Waxmanns nicht geglaubt; nun warf aber 
doch der weitere Verlauf der Untersuchung 
einen argen Flecken auf ihn — mein künftiger 
Schwiegervater ein Verbrecher! cs war mir 
entsetzlich, unmöglich! — ich wollte Mary 
entsagen und konnte es nicht. Der Muskel 
hier war stärker als ich!" und er wies auf 
sein Herz. 
„Das ist brav! Was braucht uns dieser 
Jugendstreich zu irren!" meinte Willibald. 
„Nein, es ist mir noch heute nicht gleich 
gültig," entgegnctc Templeton. „Sie kennen 
nicht genug unsere Gesetze der Gesellschaft. 
Indem ich der Tochter eines solchen Mannes 
die Hand reiche, sind mir die besseren Kreise 
ebenfalls verschlossen. Ich habe mir das 
Alles gesagt und bereits meinen Entschluß 
gefaßt. Wir werden nach unserer Hochzeits 
reise uns in Deutschland, vielleicht am Rhein 
niederlassen." 
„Könnte ich Sic dorthin begleiten!" seufzte 
der Doktor. 
„Was hindert Sic daran? Ah, ich vergaß, 
daß Sic ein Verbannter sind." 
„Run, mir soll es ganz gleichgültig sein, 
was die gute Gesellschaft von mir hält und 
denkt, ich werde dennoch Harriet als Gattin 
heimführen," entgcgnete Willibald. 
Templeton mochte ihm seine Illusionen nicht 
zerstören, sonst würde er gesagt haben: Sic 
kennen unser Alt-England nicht. 
„Sie werden unter dem vor aller Welt 
vernichteten Rufe des Schwiegervaters zu 
leiden haben, dessen Rcspektability für immer 
dahin, denn wir sind das aristokratischste 
Volk der Welt, und unsere erste Frage, wenn 
wir uns nach Jemand erkundigen, bleibt 
immer dieselbe: „Ist er auch von guter 
Familie?" 
Da Templeton schwieg, fuhr Willibald in 
seinen Träumereien fort, sich ein glückliches 
Hcimwesen auszumalen. Endlich Hieß sich 
auch der nüchterne Engländer mit fortreißen, 
und jetzt umgaukelten Beide die süßesten 
Zukunftsbilder. 
Der Morgen war völlig angebrochen und 
ein matter, gedämpfter Sonnenschein ruhte 
über den fernen Straßen, während die hohen 
Ulmen deS weiten stillen Platzes, in blauen 
Dust getaucht, sich leise träumerisch hin und 
her wiegten, als wollten Sie den beiden 
Glücklichen noch von schöneren Stunden 
erzählen. Ueber dem grünen, im Morgen- 
schein versunkenen Platze dänimertc jder 
Morgen wcißlichblau, die Vögel jubilirten 
und ein kühler Windhauch berührte die 
erhitzten Stirnen. 
Mitten in allen Träumereien und Zukunfts 
plänen jauchzte immer wieder der Gedanke 
auf, daß ein Unschuldiger im letzten Augen 
blick gerettet und der schwarze, mit teuflischer 
Klugheit ausgeführte Anschlag dennoch endlich 
vernichtet worden. 
Das Erwachen Müller's war ebenso spät 
wie unangenehm. Er fühlte sich mehrmals 
an den furchtbar hämmernden Kopf, eh' er 
begreifen konnte, wo er sich befand, und 
glaubte anfangs, daß er noch betrunken sei; 
erst nachdem er herzhaft auf den Tisch 
geschlagen, nach einem Glase Grog geschrieen 
und eine rauhe Stimnie von draußen Ruhe 
gebot, begannen sich seine Vorstellungen zu 
klären und er kani zu der Erkenntniß, daß 
er im Gefängniß sitze. Wie und warum er 
hierher gekommen, war ihm freilich ein 
großes Räthsel und er giübeltc vergeblich 
darüber nach, wodurch er sich wieder einmal 
das Quartier hinter vergitterten Fenstern 
verdient. 
Wahrscheinlich habe ich mit Jemand Streit 
bekommen und ihn arg zerschlagen, beruhigte 
er sich. Sich an den Gcfängnißwärtcr zu 
wenden, der ihn bald daraus mit verdrossener 
Miene das Frühstück brachte, hielt er für 
überflüssig, er wußte aus Erfahrung, wie 
wenig diese Schlüsselbewahrer geneigt, irgend 
eine Auskunft zu ertheilen und er konnte es 
ja abwarten. Die Sache mußte sich im 
Laufe des Tages aufhellen. 
Als jedoch eine Stunde nach der andern 
verging und er noch immer nicht zuni Verhör 
abgerufen wurde, verließ ihn seine Ruhe. 
„Ich muß etwas Bedeutenderes verbrochen 
haben, dachte cr und versank in eine trübe 
Stimmung. „Ob ich nur Jemand erschlagen 
habe; aber das kann inir unmöglich hoch 
angerechnet werden, denn ich war sinnlos 
betrunken. Es ist zwar zweifelhaft, ob diese 
heillosen englischen Gesetze hierin eine Aus 
nahme machen." Forts, folgt.
	        
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