Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

in Folge 
1. Juni 
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88ster Jahrgang. 
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werden dem Blatt „Der Landnnrlh" foivie das 
Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben. 
Ņorrnctķtcil. 
Mo 100. 
Wtttîooch. öen 1 Mai 
tsm. 
Morpen Depeschen 
.Berlin, 1. Mai. Gestern Vormittag 
.0 Uhr hielt das Comikee für die Er- 
pimgsseierlichkeiten des Nord-Ostfeekanals 
P Sitzung ab, und zwar unter dem 
Absitze des Reichskanzlers Fürsten Hohen- 
p. Zu der Versammlung waren auch 
à'î Dirigenten der Kanalbaukommission, 
j 1 ' Herren Geheimer Regierungsrath 
ptoe und Geheimer Baurath Fülfcher, 
Dienen. Es wurden zunächst verschie 
be Punkte zur Ergänzung des Pro- 
pims erledigt, sodann der Kreis der 
Zuladungen festgesetzt und schließlich über 
Form der Einfahrt in den Kanal 
2 b Qttirt und über die Betheiligung der 
Hesse berathen. 
„ Berlin, 1 Mai. Der Großherzog von 
> ļfîklenburg-Strelitz wird sich bei der 
per der Eröffnung vom Nord-Ostsee-Kanal 
den Erbgroßherzvg vertreten lassen. 
Ep cs heißt, werden die meisten deutschen 
Ersten bereits einen Tag vor dem Kaiser 
'^reffen. 
Iptrlin, 1. Mai. Wie in diplomatischen 
j?ffen verlautet, wird der neu ernannte 
Ps'che Botschafter Gras Osten-Sacken im 
des Donnerstags hier erwartet, 
jpedin, 1. April. Die Kommission des 
^chstages für die Branntweinsteuer hat 
^ ihrem Vorsitzenden den Abg. Holtz 
(Sh . „ 
r- P.) und zu dessen Stellvertreter den 
. °g. Szmula (Clr.) gclvählt. 
Berlin, 30. April. Wie die „Boss. 
aus Reichstagskreisen hört, wird be 
seligt, den Reichstag vom 27. Mai 
, e öllm November zu vertagen. Erledigt 
^den soll bis dahin die Umsturzvorlage 
> wenn irgend möglich auch die Brannt- 
psteuer. Die Zuckersteuer und die Bör- 
"resormvorlage gedenkt man wenigstens 
in die Kommission zu verweisen, 
è^crliu, 1. Mai. Ter Ceremonienmeister 
v. Kotze ist von seiner Verwundung 
,pit »nieder hergestellt, daß er heute zum 
L en Mal wieder einen kleinen Spazier 
' te. mslC ^ en konnte. 
iļpieêbobeu, 1. Mai. Gustav Freytag 
Lsstern Abend 10 Uhr gestorben. 
tajP", 30. April. Der Belgrader Kor- 
pviideiit der „Köln. Zig. entwirft ein 
trostloses Bild der gegenwärtigen 
(sk Uchcn Zustände und versichert, säst das 
finite Volk rüste sich gegenwärtig zum 
Lp gegen die Krone. Der Thron 
pve von wenigen Fortschrittlern gestützt, 
jp Führer mit der Prätendentenfamil 
stehe. Ein serbischer Staatsmann habe 
dem Könige die Berufung der Radikalen 
angerathen, woraus der König geantwortet 
habe, er sehe das wohl ein, er möchte den 
Radikalen auch gern die Regierung geben, 
aber er sei überzeugt, daß sie ihn'dann 
davonsagen, — Der Korrespondent der 
„Köln.Ztg." hebt hervor, die Radikalen 
führten heute wieder den bekannten unter 
irdischen Kamps, welcher den König Milan 
bereits in die Flucht geschlagen habe. 
Laibach, 1. Mai. Heute früh 1 Uhr 
45 Minuten und 5 Uhr haben hier aber 
mals heftige Erderschütterungen stattgesun 
den, nachdem starkes unterirdisches Getöse 
voran gegangen war. Die gesammte Be 
völkerung wurde aus dem Schlafe aufge 
schreckt. An zahlreichen Häusern sind neue 
Riffe entstanden 
Wien, 1. Mai. Tie Arbeiterzeitung 
meldet, daß anläßlich der heutigen Mai 
seier in Wien und Budapest keine Abend 
blätter erscheinen, desgleichen am 2. Mai 
keine Frühzeitungen. 
Wien, 1. Mai. Die „Pol. Corr." er 
fährt aus Petersburg, daß den diesjährigen 
großen russischen Manövern zahlreiche 
fremdländische Offiziere beiwohnen iverden. 
Petersburg, 1. Mai. Das Central- 
Comitee der sibirischen Eisenbahn hat nun 
festgestellt, daß die Summe der beim Bau 
begangenen Unterschleise 15 Millionen 
Rubel beträgt. Der Leiter des Baues und 
der erste Ingenieur, Namens Adonurow, 
mußten aus dem Dienste ausscheiden. Der 
Chef des technischen Departements Smirnow 
hak Selbstmord durch Erschießen begangen. 
Brüffel, 30. April. In den heutigen 
Blättern wird eine Note der hiesigen tür- 
kischen Botschaft veröffentlicht, in weicher 
es heißt, daß die Meldungen Berliner 
Blätter betreffend die eigenthümlichen Um 
stände, unter welchen die Türkei an den 
Festlichkeiten zur Eröffnung des Nordost 
seekanals theilnehmen werde, vollständig 
erfunden seien. Seitens der türkischen Re- 
gierung sei der Kreuzer „Heybet-Numa" 
bestimmt worden, die Pforte in Kiel zu 
vertreten. 
London, 30. April. Wie die „Times" 
aus Hongkong melden, sollen die Japaner 
die fremden Schiffe von den Pescadores- 
inseln fernhalten, um die Niedermetzelung 
der chinesischen Garnison zu verheimlichen 
Paris, 30. April. Die hiesige Ausgabe 
des „Rew-Iork Herald" läßt sich aus 
Petersburg melden, daß, wenn die japanische 
Regierung sich weigere, Rußland, Deutsch 
land und Frankreich Genugthuung zu geben, 
sämmtliche japanischen Häsen blokirt würden. 
Northampton, 30 April. Die Stück- 
arbeiter derSchuhwaarenfabriken, 
etwa 2000, legten wegen der von den 
Arbeitgebern neu eingeführten Fabrik 
ordnung wiederum die Arbeit nieder. 
Der Flllschliiiilijct. 
Novelle von Ludwig Habicht. 
jp a Templeton Einzelheiten von feiner 
put nicht erfahren konnte, so entfernte er 
L ŗosch, mir betn Versprechen, Alles in 
Lpng zu setzen, am die Befreiung seines 
pvtegervalers zu bewirken. Er war wie 
handelt der unerwartete Schlag halte 
tpļôyllch aus seinem gewohnten Phlegma 
ln ^ ""t der ganzen Zähigkeit 
L Umsicht, die ihm eigen war, suchre er 
'Ziel zu erreichen. 
protz aller Mühe und Opfer gelang eS 
. nicht, zu feinem Schwiegervater sir's 
Außereuropäische Gebiete 
Aus Philadelphia wird gemeldet: In 
Ohio und Weftvirginien werden ausge 
dehnte Kohlenarbeiter-Streiks er 
wartet, da die Grubenbesitzer die Löhne 
herabzusetzen beabsichtigen. 
Washington. Mr. Crisp, der Sprecher 
des Repräsentantenhauses, hat am Sonntag 
einem Interviewer gegenüber sich für 
freie Silberprägung erklärt und 
beigefügt, diese Forderung werde an der 
Spitze der demokratischen Plattform von 
1896 stehen. 
— Die amerikanischen Kreuzer „New 
Dork" und „Columbia" liegen gegenwärtig 
in N e w - A o r k und rüsten sich zur Reise 
nach Kiel. Der Kreuzer „San Fran 
cisco" befindet sich gegenwärtig aus der 
Fahrt von Kleinasien nach Neapel, der 
Kreuzer „Marblehead" wird demnächst 
nachfolgen. 
Aus Guadelejara in Mexiko wird ein 
Ansbruch des Vulkans Colima 
gemeldet. Die Einwohner des Thales 
fliehen. Lava und Asche vernichteten die 
Säten und richteten viel Schaden an. 
Rio de Janeiro, 30. April. Ein Trupp 
old a ten griff die Polizei-Mannschaft 
an, wobei einige Leute venvundet wurden. 
Die Ordnung wurde bald wiederhergestellt 
— Aus Managua erfährt die 
„World": Infolge des unter den Eilige 
borenen bemerkten aufrührerischen Geistes 
wird in San Juan del Sur ein Au s- 
i a n d befürchtet, falls die Engländer 
landen. 
Futschan, 30. April Gerüchtweise ver 
lautet, daß die mit der Abtretung For- 
m o s a s an Japan unzufriedene Bevölke 
rung der Insel den Besitz der aus derselben 
befindlichen Bergwerke re. der englischen 
Regierung angeboten hätte, wenn diese sie 
vor der Annexion durch Japan behüten 
wollte. 
England. 
London, 30. April. Der mit der Fest 
stellung der Todesursache bei den mit der 
„Elbe" Verunglückten betraute Leichenbe 
schauer hat den Antrag der Eigenthümer 
der „Crathie" aus fernere Vertagung der 
Untersuchung abgewiesen. 
— Der Liverpooler Dampfer „Marie" 
ist aus der Fahrt von Danzig nach Runcorn 
i t M a n n u n d M a u s in der Big 
m 
bury-Bai an der Küste von Süd-Devonshire 
untergegangen. Das Schiff hatte 
eine Besatzung von 13 Mann. Die Ursache 
des Unglücks ist noch nicht festgestellt. 
Wahrscheinlich ist die „Marie" mit einem 
andern Schiffe im Nebel zusammengestoßen. 
Dieses dürfte auch untergegangen sein. 
Montenegro. 
Cettinjc, 30. April. Bei dem letzten 
Zusammenstoße der Truppen mit den Alba 
nesen wurden 15 Soldaten getödtet. Die 
Albanesen wurden in die Berge getrieben. 
Mehrere Häuser wurden zerstört. 
àftlauo. 
— Aus Petersburg verlautet, daß 
die sür Ende August und Ansang Sep 
tember in Aussicht genommenen Manöver 
in Gegenivart des Zaren w a h r s ch e i n- 
l i ch aufgeschoben werden, da man Ende 
August in der Zarensamilie einem srendigem 
Ereignisse entgegensehe. 
Odessa, 30. April. Der Dampfer „Kotze 
bue" der russischen Dampsschiffsahrts-Ge- 
sellschast, der sich ohne Passagiere aus der 
Fahrt von Sewastopol nach Odessa befand, 
eollidirte 12 Werst von Tarchankut mit 
dem russischen Kriegsschiff „Penneraklia", 
das von Nikolajew nach Sebastopol ging. 
Der „Kotzebue" erhielt einen Stoß in die 
Seite und ging sofort unter. Die „Penne 
raklia", obgleich selbst erheblich beschädigt, 
rettete 37 Personen der Besatzung des 
„Kotzebue", während 3 davon und 2 zu 
fällig aus dem „Kotzebue" befindliche Pas 
sagiere ertranken. Die Collission ist aus 
die Nichtbeachtung der Regel: „Rechts zn 
fahren" zurückzuführen. 
Eine Räuberbande im Dorse Po- 
louka im russischen Gouvernement Grodno 
hat die aus vier Mitgliedern bestehende 
Wirthssamilie Frisch mann ermordet. 
Die Leichen wurden aus einem Hausen 
liegeiid gesunden und waren angebrannt. 
Frankreich 
Epinal, 30. April. Wie den aussühr- 
lichen bisherigen Berichten über das furcht 
bare Unglück zu entnehmen ist, wurde die 
Katastrophe durch den Leichtsinn der 
Kanalbau-Verwaltung veranlaßt. Diese 
Annahme findet auch neuerdings wiederum 
ihre traurige Bestätigung. Ueber die gegen- 
wärtige Situation liegen dem „Lok.-Änz 
lgniß zu dringen, aber 
er erfuhr 
àşiens jetzt ganz genau, welche Verdachts 
gegen Waxmaim vorlagen. 
* le . waren schwer genug und er konnte 
jļi "'cht verhehlen, daß die Sache weit 
\ Psir stand, als er gehofft. — Wenn 
'ļsix^şşirer der Bank bei seiner Aussage 
Vfe, ö"N!i war der Unglückliche gciviß 
^ gslos verloren. Zufällig erinnerte er 
ļ'P ® û 6 sein Vater mit diesem Manne 
ih, şgewesen und ohne Zögern suchte 
ì stu î- Als er den Kassirer mittheilte, 
%io persönliche Interesse er bei dieser 
iqj e , n . Angelegenheit habe, blickte ihn der 
Bieh e „^î aï?c mitleidig an und sagte warnend: 
[[iß ņ Sie sich rasch von diesem Menschen 
»•ip ist ein Schurke, so wahr — " 
WTT Şie nicht," unterbrach ihn 
, wn lebhaft, wenn sie diesen Ehrenmann 
'eden^^şi^annt hätten, wie ich, dann 
~ te auch wissen, daß er eines 
Verbrechens ganz unfähig ist. 
' lunger Freund, Ihnen fehlt dcr 
rechtc Blick," meinte der Kassirer mit der 
Ueberlegenheit des Alters. „Ich sage Ihnen, 
der Mann ist falsch »vie seine -Guineen." 
„Und könne» Sie sich nicht dennoch geirrt 
haben?" warf Templeton ein. 
„Junger Mann," entgegntte der Andere 
verletzt, „ich will Ihnen dies verzeihen, weil 
Ihr seliger Vater mein Freund war, aber 
behaupte» Sie niemals wieder, daß sich bei 
alte Smith geirrt habe," und er nahm eine 
sehr hochmüthige Miene an. 
Es war unmöglich, die Ueberzeugung des 
alten Mannes zu erschüttern, er wurde zuletzt 
ungeduldig, und zeigte ganz unzweideutig, 
daß ihm eine fernere Unterhaltung mit dem 
Sohne seines verstorbenen Freundes lästig sei 
Templeton mußte sich entfernen. 
Sein Herz war zu voll, er mußte wenigstens 
Jemand haben, dem er sich mittheilen konnte, 
und er eill^ zu Dr. Willibald. Auch dieser 
zeigte sich von der furchtbaren Nachricht tief 
erschüttert, dennoch entgegnete er aus voller 
Ueberzeugungj ,,Trotz alledem kann ich an die 
Mild des Herrn Waxniann nicht glauben." 
Templeton drückte ihm dankbar dafür die 
Hand. „Es freut mich, daß Sie ebenfalls 
an dem Eharakier meines Schwiegervaters 
nicht irre werden." 
Willibald legre die Hand über die Augen, 
als suche er sich das Bild dieses Diannes' 
noch einmal zu vergegenwärtigen, dann sagte 
er nachdenklich: „Ost schien es mir. als ob 
auf seiner Stirn eine frühere Schuld geschrieben 
sei, aber das liegt längst hinter ihm und 
jedenfalls hat er einen tüchtigen Läuterungs- 
prozcß durchgemacht und jetzt' ist seine Secle 
vicl zu hoch und rein, und nimmermehr eines 
iolchen Verbrechens fähig." 
ch verstehe mich nicht auf Ihre Aus- 
folgende Nachrichten vor: Die im Aviere- 
thal vernichtete Fischbrutanstalt war das 
größte derartige Institut Frankreichs; ihre 
Gebäude sind bis aus die Fundamente ver 
schwunden, ihre Teiche mit Sand nnd 
Schlamm ausgefüllt. Der Direktor, dessen 
Familie und fünf Beamtenfamilien sind 
umgekommen; nur ein Knecht ist gerettet 
worden. Die durch die Katastrophe'schwer 
cvmpromittirten Baumeister des. Dammes 
heißen Toux und Cohn. Ein Wächter des 
Reservoirs, der vor einiger Zeit, als der 
Damm Risse bekam, die Bewohner des 
Thales ermahnte, aus ihrer Hut zu sein, 
wurde abgesetzt. Der ausgelaufene See 
hatte drei Kilometer Länge und erhielt am 
Tage der Katastrophe gegen 8 Millionen 
Cndikmeter Wasser, von denen über drei 
Viertel ausliesen. Die Zeit, die dies in 
Anspruch »ahm, betrug etwa 20 Minuten. 
Das Steigen der Mosel um mehrere Meter 
wurde noch in Naney beobachtet und 
muß auch in Metz, ja selbst in Trier be- 
merkbar gewesen sein. Man glaubt, daß 
viele Leichen bis in die Mosel mit fort 
geschwemmt sind. 
Aus Paris wird von gestern Abend ge- 
meldet: Tie Regierung läßt jetzt erklären, 
daß an der Katastrophe die starke Winter- 
kälte schuld sei. Die Ausbauchung des 
Dammes durch Wasserdruck habe nur 30 
Centimeter betragen und sei seit Jahren 
nicht stärker geworden. Es hätten regel 
mäßige Inspektionen des Dammes statt- 
gesunden und kein bedenkliches Anzeichen 
ergeben. Noch eine halbe Stunde vor Ein 
tritt des Durchbruchs sei ein Dammwächier 
Ronde gegangen, ohne Verdächtiges zu be- 
merken. Der Caml de l’Est wird für 6 
Monate außer Betrieb gesetzt, was für die 
großen Industrieanlagen der Gegend, in diesich 
nach Annektirung Elsaß-Lothringens durch 
Deutschland der größte Theil der dortigen 
Industrie zurückgezogen, enorme Verluste 
bedeutet. Der Minister des Innern, der 
heute in Epinal war, vertheilte dort 50000 
Francs als vorläufige Unterstützung. Die 
Regierung wird mehrere Millionen Credite 
fordern. Alle Zeilungen haben Subserip- 
îionen eröffnet. Die Zahl der Todten be- 
trägt nach den letzten Feststellungen 150. 
Entgegen der Regierungsbehauptung, daß 
exceptionelle Winterkälte die Katastrophe 
verschuldet, erklärt der „Temps", die Ber- 
antwortung treffe den Erbauer des Dammes. 
Das Reservoir von Bouzey sei das zweit 
größte Frankreichs gewesen, aber nach ganz 
veralteten Prinzipien hergestellt. Der 
einandersctzungen," meinte Templeton, „um 
so viel weiß ich, daß mein Schwiegervarer 
kein Falschmünzer ist." 
„Und wie haben Fräulein Mary — 
Harriet die Schreckenskunde aufgenommen,' 
fragte Willibald. 
„O die Unglücklichen! und zwei Tage vor 
der Hochzeit ist es ein wahrhaft nieder 
trächtiger Streich des Schicksals." 
„Ich muß zu Harriet eilen, die Aermste 
wird in Verzweiflung sein," rief der Doktor. 
„Ach, ich vergaß, Harriet will Sie nicht 
mehr sehen, die Schmach ist zu groß." 
„Ich begreife ihren Wunsch und doch kann 
:ch ihn nicht erfüllen," entgegnete Willibald; 
„jetzt wäre es jämmerlich, wenn ich mich 
zurückziehen wollte, wo das Unglück über sie 
hereingebrochen." 
Aber sie hat mich ausdrücklich damit 
beauftragt," warf Templeton ein. 
„Kommen Sie, verehrter Freund, Harriet 
wird mich nicht von ihrer Schwelle weisen," 
erklärte der Doktor und Templeton erstaunte 
über seine Zuversicht — er hätte nicht ge 
wagt, dem Wunsche seiner energischen kleinen 
Schwägerin zu trotzen und zu seiner noch 
größeren Ueberraschuiig — wies Harriet 
wirklich nicht Willibatd zurück; sie eilte ihm 
vieluiehr mit einem schmerzlichen Ausruf ent 
gegen und er schloß sie zärtlich in seine 
Arme. „Meine theure Harriet," rief er von 
tausend Empfindungen überwältigt und 
Thränen drangen unanshaltsam aus seinen 
Augen. 
Der Bund ihrer Herzen war damit auf 
immer geschlossen. — Was Beide bisher 
nicht anszusprechen gewagt, das drängte sich 
in diesem Augenblick über ihre Lippen. — 
~ie wußten und sagten es sich jetzt, daß ihre 
Herzen für Zeit und Ewigkeit einander ge 
höre» würden. Und gerade der Schmerz, 
die Sorge führte ihre Seelen inniger zusammen 
-— mochte nun Alles über ihnen zusamnien- 
brechen — eines blieb ihnen sicher — ihre 
Liebe. . . 
Selbst das Furchtbarste wird leichter er 
tragen, wenn wir ein Herz besitzen, das in 
schöner Selbstlosigkeit unsere Schmerzen mit 
aufnimmt und gleichsam verzehrt. — Auch 
die beiden Schwestern fühlten die ganze 
Herzenserquickung, die solch warmer inniger 
Theilnahme liegt und ihre tiefe Gebrochenheit 
machte einer ruhigen Stimmung Platz. Be 
sonders war es Harriet, die mit jugendlicher 
Hoffnungslust den Trostgründen des Geliebten 
ein nur zu williges Ohr lieh. Bald mußte 
sich die Unschuld des Vaters glänzend heraus 
stellen und dann kam eist nach solchen Stür 
men das rechte Glück. — 
Vorläufig sorgte Templeton dafür, daß 
eine weitläufige Verwandte von ihm in das 
Hans zog, uni den allein sichenden Diädchcn 
wenigstens einen Halt zu geben und sie vor 
Verleumdung zu schützen. 
In Angst und Unruhe, zwischen Hoffen 
und Verzweifeln, zogen die Tage dahin. — 
Die Stunde der Entscheidung rückte immer 
näher und trotz all' ihrer Bemühungen war 
es ihnen nicht gelungen, dm Vater zu sprechen. 
Erst am Tage des Schwurgerichts sollten sie 
ihn wiedersehen. . . . 
Sowohl Willibald wic Templeton waren 
dagegen, daß die Schwestern dem Termine 
beiwohnen sollten: aber Beide waren diesmal 
allen liebevollen Einreden unzugänglich und 
die Freunde mußte sich ihrem nnbeugsamen 
Willen fügen, obgleich sic das Schlimmste 
fürchteten. 
Der seltsame Fall hatte allgemeines Auf 
sehen erregt. Es war doch zu merkwürdig, 
ein bisher angesehener, als wohlhabend gel 
lender Diann stand wegen Falschmünzerei 
vor den Schranken des Gerichts: kein Wunder 
dap sich ein zahlreiches Puklikuni eingefunden.' 
Es hegte Niemand an der Schuld Wax- 
manns den mindesten Zweifel; aber man 
sah doch der Verhandlung mit geößter 
Spannung entgegen. Es hat immer etwas 
Änftegerides, wenn ein Verbrecher mit allein 
Aufwand von List und Schlauheit den Armen 
der strafenden Gerechtigkeit zu entschlüpfen 
sucht nnd der Richter mit großer Umsicht 
auch das verborgenste Hinterpförtchen zuzu 
schlagen weiß. Der Saal war deshalb zum 
Erdrücken voll — auf einer der hintersten 
Bänke hatte Templeton für die jungen Mäd 
chen ein Plätzchen erobert. — Willibald 
saß an der Seite Harriets, er mußte ihren 
Muth bewundern, sie hatte nicht einmal den 
Schleier über das Antlitz gezogen. — Die 
Hände lagen ruhig in ihrem Schooß, starr 
und unbeweglich saß sie da, ihre dunklen 
Augen erwartungsvoll auf die Thür richtend, 
in der endlich ihr Vater erscheinen mußte. 
Mary glich mehr einem Marmorbilde, als 
einer Lebenden. 
Eine Menge Nachbaren waren erschienen; 
nißn erkannte die jungen Mädchen und nun 
ging ein Flüstern durch den Saal. „Die 
Töchter des Falschmünzers" — und" die 
Aermste» wurden der Gegenstand allgemeinster 
Aufmerksamkeit. Aller Augen richteten sich 
auf sie, mit Lorgnetten und Opernguckern 
wurden sie beobachtet und eine Menge häß 
licher Urtheile über sic gefällt. Sie beachteten 
es nicht ihre Herzen schlugen nur der 
nächsten Sekunde entgegen.
	        
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