Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

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ZweitesMlatt. 
Aeildsàrger Wochenblatt. 
N«. 5» 7. 
Sonnabend, den 27. April 
Gin Duell. 
Keine erfundene Geschichte. Van Bruno Braun*) 
Er war ein schneidiger Lieutenant in 
einem der flottesten Kavallerieregimenter 
Preußens. Die Damen, von den jüngsten 
bis zu den ältesten heirathsfähigen Jahr- 
gangen, bewunderten ihn, die Kanieraden 
erklärten ihn für einen „famosen Kerl", 
nur sein Herr Vater seufzte zuweilen, 
wenn er für „den Jungen" gar zu tief 
in den so wie so nicht allzu vollen Beutel 
greisen mußte. Aber der Stolz auf den 
Sohn, der allzeit „Ehre im Leibe" hatte, 
behielt doch die Oberhand. Mochte er 
dumme Streiche machen — „Jugend muß 
austoben"; mochte er im Vorübergehen 
lachend manche Mädchenblume knicken — 
„Jugend hat keine Tugend", mochte er 
um jedes schiefen Blickes wegen aufbrausen 
und zur Pistole greifen — „das haben 
wir zu unserer Zeit auch so gemacht." 
Als guter Schütze war er bekannt und 
gefürchtet; er schoß vas Aß aus der Karte 
wie keiner. Einmal kam es um einer 
geringfügigen Ursache willen zum Duell, 
wie die „Ehre" es forderte. Es war nicht 
der erste Gegner, dem unser Held gegen 
überstand : er wußte, daß er mit ihm — 
der eine oder andere mit leicht verbundenem 
Kopf oder Arm — bei einem Glase Sekt 
Versöhnung feiern würde. Doch diesmal 
sollte es anders kommen. Die Kugel pfiff 
durch die Luft — lautlos brach der Geg 
ner zusammen. Das war nicht möglich 
— nicht möglich I Er hatte ihm ja nur 
den Aermel streifen wollen, und nun saß 
das tödtliche Geschoß im Herzen! Ver 
zweifelt beugte er sich über den Sterben 
den ; die brechenden Augen sah er auf sich 
gerichtet und plötzlich war es ihm, als 
sähe er die alten Elten neben dem einzigen 
Sohne stehen, ihn, seinen Mörder, ver 
fluchend. Das Alles war das Werk 
weniger Sekunden. „Rettet, rettet ihn," 
rief er noch dem herbeieilenden Arzt ent 
gegen, dann brach auch er zusammen. 
Als die Thore der Festung sich hinter 
ihm schlossen, kam er erst zu klarem Be 
wußtsein des Fürchterlichen, was hinter 
ihm lag. Er besann sich, daß die Kame 
raden ihn freundlich und liebevoll be- 
handelt hatten, nicht, wie man einen Ver 
brecher zu behandeln pflegt. Er hatte 
sogar von irgend einem gehört, daß die 
schöne Else, der er bisher feurig aber er 
folglos den Hof gemacht hatte, nun von 
Bewunderung für seine tragische Helden- 
große erfüllt war. Seltsam, es rührte 
ihn nicht, ja sein Herz schlug nicht einmal 
schneller im Gedanken an den Sieg über 
die spröde Schöne. 
Nach einiger Zeit wurde er begnadigt. 
Er wußte, daß es so üblich war, aber er 
konnte sich nicht recht freuen. In dem 
neuen Regiment, in das er versetzt worden 
war, empfing man ihn mit offenen Armen. 
So bald schon hatte er sich eine gesell 
schaftlich und dienstlich geachtete Stellung 
geschaffen, und die Freude am Leben 
stellte sich bei ihm wieder ein. Nur nach 
einer Richtung hin hatte er sich sehr ver- 
ändert: er ging allem Streit aus dem 
Wege, ja es konnte Vorkommen, daß er 
vom Liebesmahl aufstand und heim ging, 
wenn der Wein die Köpfe der Kameraden 
zu sehr zu erhitzen schien. 
Jahre vergingen; er heirathete und 
wurde glücklicher Familienvater. Da wollte 
es das Unglück, das ihn ein Kamerad be 
leidigte, „tödtlich" beleidigte, wie man sagte. 
Man wartete ein, zwei Tage — der Herr 
Rittmeister, dieser vollendete Ehrenmann, 
von dessen Duell-Affairen man sich aben 
teuerliche Geschichten erzählte, forderte den 
Beleidiger nicht. Endlich ging ein guter 
Freund zu ihm, um vorsichtig zu „son- 
diren". „Ich schlage mich nicht," war die 
einzige Antwort, die er bekam, und er 
blieb dabei. Unter seinen Kameraden aber, 
*) Aus der Wochenschrift „Ethische Kultur", 
herausgegeben von Dr. G. v. Gizycki. 
so lieb sie ihn hatten, herrschte nur eine 
Meinung: Es verträgt sich nicht mit der 
Ehre eines Offiziers, daß er eine Beleidi- 
gung auf sich sitzen läßt. 
Inzwischen hatte sich der Rittmeister bei 
seinem Komniaudeur gemeldet, um seine 
Angelegenheit dem Ehrenrathe des Re 
giments zur Entscheidung vorzulegen. Auch 
den wohlmeinenden Worten seines Vorge 
setzten gegenüber blieb er unerschütterlich. 
„Ich kenne den Ehrenkodex meines Stan- 
des, ich weiß, was mir bevorsteht, aber 
ich schlage mich nicht," wiederholte er. 
Wenige Tage darauf reichte er seinen 
schied ein. 
Zunächst versuchte er, sein kleines Gut 
zu bewirthschaften, aber die Nachbarn zogen 
sich von ihm zurück, so daß seine Stellung 
unhaltbar wnrde. Auch war der Ertrag 
zu gering, als daß er seine Familie davon 
hätte ernähren können. Nach langem Su 
chen fand er endlich eine Anstellung; sie 
war freilich nicht „standesgemäß", aber er 
hatte ja so wie so die Brücke zwischen sich 
und seinem Stande zerbrochen. — Nach 
vielen Jahren — seine Kinder waren schon 
erwachsen — sollte er alten Freunden aus 
seiner Soldatenzeit begegnen. Er hatte 
sich darauf gefreut, denn in der großen 
Welt, in der er lebte, war die Wunde 
vernarbt, und er hatte gelernt, über den 
engen Gesichtskreis zu lächeln, in dem auch 
er einst gefangen gewesen war. Heiter ge- 
stimmt, wie lange nicht, trat er in die Ge 
sellschaftsräume, in welchem das Wieder 
sehen stattfinden sollte. Aben seine alten 
„Freunde" kamen nicht. „Es thut uns 
sehr leid," so hatten sie zu dem Gastgeber 
gesagt, „aber wir können uns dem nicht 
aussetzen, Herrn von *** zu begegnen, 
dessen Bekanntschaft wir durchaus verleug- 
uen müßten." 
Vermischtes. 
— Ueber leuchtende Schminke be 
richtet M. A. Villon in der Zeitschrift 
„La Nature": Das Neueste auf dem Ge 
biete der Kosmetik sind leuchtende Schminken. 
Sie bestehen wesentlich aus den gewöhn 
lichen Schminkmassen: Reispuder, pulveri- 
sirtem Bimsstein, Kreide, Zinkweiß re., zu 
denen man leuchtende aus Schwefel 
calcium, Zink und Baryum oder Strontium 
zusetzt. Bleiweiß- und Wismnthschminke 
darf man nicht benutzen, denn diese gehen 
mit dem Schwefel eine schwarze Verbindung 
ein. Die schönste leuchtende Schminke 
wird ausZinkblende (Schwefelzink)hergestellt. 
Dieser Stoff leuchtet im Dunkeln schön 
grünlich-weiß und hat in der Dämmerung 
oder bei schwacher künstlicher Beleuchtung 
einen eigenartig magischen Schimmer. Er 
verleiht der Haut einen besonderen Glanz, 
der ihre Schönheit und Feinheit wesentlich 
erhöht. Leider ist der grünlich-weiße 
Farbenton unangenehm, da er an eine ge 
wisse Leichenfarbe erinnert, aber das kann 
man durch einen Zusatz von Lithium und 
Alkanaroth oder Carmin ncutralisiren. Es 
mag hier ein Rezept zur Herstellung einer 
leuchtenden Schminke folgen: Fein pulvert- 
sirter Bimsstein 100 Theile, leuchtende 
Zinkblende 200 Theile, Lithiumcarbonat 
25 Theile und Carmin 2 Theile. Zum 
Schluß noch ein paar Worte über die 
Aluminiunischminke. Ein sehr feines 
Aluminiumpulvcr wird gegenwärtig in den 
Handel gebracht und findet bei gepreßten 
Arbeiten, in der Buchbinderei und Malerei 
rc. mancherlei Verwendung. Vor Kurzem 
habe ich in einer Schaustellung sogenannte 
Silbermenschen gesehen, die allerlei gym- 
nastische Künste producirten und die mit 
Aluminiumpulver eingepudert waren, das 
auf der Haut ausgezeichnet haftete. Bei 
weißer und farbiger Beleuchtung zeigten 
sich die Leute in wundervollem Metall 
glanz. 
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