■go Erscheint tägLich
Bezugspreis:
ş^Ueljährļich 2 Jt,—, frei ins Haus geliefert
2 Jt 15 Ķ
Tüi Auswärtige, durch die Post bezogen
2 Jt 25 9>
H- Pvstprovision re., jedoch ohne Bestellgeld.
Jnferkionsprris: pro Petitzeile 15 Ķ
Bei Betriebsstörungen
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung
dieses Blattes vorbehalten.
Als Beilagen
werden dem Blatt „Der Landwirth" sowie daS
Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben.
3300 Abonnenten.
Aeltestes und gelegenstes Klntt im Kreise Rendsburg.
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten
88ster Jahrgang.
1805
mW
iprinzenstr. 9.
er in einem
und daselbst
girte, sucht
Nanufactur-
leres bei
in Crfde.
Moraen'Depeschen
Berlin, 23. April. Wegen Betheiligung
mgm -f? Presse an den Feierlichkeiten zur Er
i|Jl Ņung des Nordostseekanals haben der
preußische Minister des iJnnern und der
Staatssekretär des Auswärtigen Amts Ein-
— - mdungen zu einer Konferenz am 23. d. M.
' hervorragende Vertreter der Presse
'rgehen lassen.
Berlin, 23. April. Der Verüben der
5m Ostermontage in der Kirche zu Teltow
in, dortigen Postgebäude vorgekommenen
Abbrüche ist in Großlichterfelde in der
Person eines 17jährigen Burschen, Namens
"dvls Tempel verhaftet worden. Er gab
er habe auch das Postamt in Groß
p-lchterfelde bestehlen wollen.
Berlin, 23. April Der erste Vize-
Präsident des Reichstages Schmidt (Bingen),
vor Beginn der Osterferien wegen eines
^àidens aus ärztliche Anordnung nach
sollanza gegangen war, ist um weiteren
Urlaub eingekommen, um sich noch einer
.Nachkur unterziehen zu können. Er wird
«a er den nächsten Sitzungen des Reichs
1 . Zes fernbleiben. Der zweite Vizepräsident
-^ Abgeordnetenhauses Dr. Gras (Elder
) ist an einer fieberhaften Luströhren-
K^^ņ^uņg erkrankt und wird daher vor
tide der Woche nicht hier zu den Sitzun
şi eintreffen.
Berlin, 23. April. Ein Gewinn von
00 000 Mk. fiel auf Nr. 177 094 in der
Mrigen Ziehung der preußischen klaffen
Lotterie.
( *8*rlia, 23. April. Der „Reichsanz/
^êlbt: „Von den „Berliner Politischen
mchnchten" und dem „Hamb. Corresp."
°erden Andeutungen verbreitet, als ob
maßgebender Stelle eine Zurück,
ilehung der Umsturrvorlage
°us den Berathungen des Reichstages in
Aussicht genommen sei. Es ist demgegen-
?per daraus hinzuweisen, daß die Ein-
jngung der Vorlage aus einem Beschluß
J 1 verbündeten Regierungen beruht. Eine
^tschljxstung des Bundesraths, durch die
JJ* frühere Beschluß rückgängig gemacht
deî»ņ würde, steht nicht in Frage. Die
, vbündeten Regierungen dürfen an der
nat alt.
:enftr. 5 72
êtr
schüft,
ligstraße.^
Delikatessen'
t mit guten
F. Rcstorss'
ie.
e Vanirli
raße.
„Wartung festhalten, daß es in den
. Ueren Berathungen des Reichstages ge
finden.
msthal.
ļ'pgen
ļ>e
wird, der durch die Kommissions-
^athungen erheblich umgestalteten Bor>
"ne Form zu verschaffen, welche den
den verbündeten Regierungen
Anbringung verfolgten Absichten
bei der
gerecht
Friedrichsruh, 23. April. Zum Empfang
der Deputation der Alten Herren der
deutschen Burschenschaften durch den Fürsten
Bismarck wird noch gemeldet, daß der
Fürst zu einem der Herren, der bei dem
rheinischen 28. Regiment gestanden, sagte:
„Der alte Wellington (der Chef des Regi'
ments) ist mir noch aus meinen Kinder
jähren erinnerlich; ich habe ihn als Schul
junge später auch in England gesehen, in
den vierziger Jahren. Er war sehr lang
lebig."
Fricdrichsruh, 22. April. Der Fürst
führte in seiner Ansprache an die Depu
tation der alten Herren der deutschen Bur
schenschasten bei dem bereits gemeldeten
gestrigen Empfang aus: „Die Republikaner
sind die ersten Burschenschafter kaum ge
wesen, vielleicht die Imperialisten. Sie
waren kaiserlich-national gesinnt. Ich bin,
wie ich zur Universität kam, von dem Vor'
urtheil der Corpsburschen gegen die Bur-
schenschafl geleitet gewesen. Außerdem
widerstrebte mir das persönliche Material.
Die Burschenschafter, mit denen ich in
Berührung kam, hatten nicht den gesell
schaftlichen Schliff, den ich von Berlin ge'
wohnt war, daher meine Abneigung, ob'
schon ich schon damals national-deutschen
Glauben hatte und 1832 eine Wette ein-
ging, die deutsche Einheit würde in 20
Jahren geschaffen sein. Ich war vom
Berliner Gymnasium mit ziemlich republi-
konischer Gesinnung abgegangen, hatte eine
gewisse Sympathie für Harmodius und
Aristogeiton übrig behalten und fand es
schwer verständlich, warum so viele Leute
Einem gehorchten, wenn er ihrer Geschmacks-
richtung als Herrscher nicht entsprach. Erst
als Diplomat bin ich zum Nachdenken über
die Mittel zur Herstellung der deutschen
Einheit gekommen, da leuchtete mir in
der Frankfurter Zeit ein: Wenn die preu-
zische Armee nicht für die Sache eintritt,
!o schlägt sie nicht durch. Das stärkste
Element war natürlich der König von
Preußen.
Friedrichsrnh, 23. April Gestern fan.
den hier wiederum 2 Empfänge statt. Zu-
nächst begrüßte Fürst Bismarck eine De
putation deutscher Burschenschaften, die im
Namen von 9000 alten Herren der deut
schen Burschenschaften den Fürsten beglück
wünschte und zum Ausdruck brachte, daß
alle Kräfte der Burschenschaften auf die
Erhaltung und Kräftigung des deutschen
Reichs gerichtet seien. Der Fürst entgeg-
nete, er hätte in seiner Politik dieselben
Ziele verfolgt wie sie; daß die Erfolge so
verschieden seien, läge ausschließlich in
den Verhältnissen und in den Mitteln, die
beiderseits angewandt wurden. Weiterhin
empfing der Fürst eine aus 17 Personen
bestehende Abordnung der Dessauer, die
den Auftrag hatte, die am nahen Waldes
rande zur Aufstellung gelangte Hirsch
gruppe aus Erz dem Fürsten persönlich zu
übergeben. Der Fürst führte in Erwiderung
auf die Ansprache eines Herrn aus, die
Begrüßung sei ihm deshalb so lieb, weil
das kleine Land Anhalt-Dessau, obwohl es
früher so völlig in Kleinstaaterei aufge
gangen und das eigentliche Treibhausbeet
des Partikularismus gewesen, sich dennoch
mit der Herstellung des deutschen Reiches
so willig abgefunden habe. Es mußte also
doch noch etwas Idealeres geben, was über
den Partikularismus hinausging und das
war das deutschnationale Gefühl, das überall
damals unter der Asche glühte und auf
flammte, sobald das Feuer im Heerd an-
gefacht wurde. Später kam der Altreichs-
kanzler jwieder auf das sogenannte Klebe
gesetz zu sprechen. Es sei nicht sein Kind,
sondern ein geheimräthlicher Wechselbalg.
Auf den stolzen Hirsch weisend, sagte der
Fürst, gut gelaunt, so übermüthig habe
er doch als Reichskanzler nicht ausge
sehen. Geheimrath Professor Schweninger
war immer in der unmittelbaren Nähe
des Fürsten. Das Publikum brachte en
thusiastische Hochrufe aus den Fürsten Bis
marck aus.
Leipzig, 23. April. Das sächsische Kul
tusininist erium hat den Lehrern die
Ausübung der Naturheilkunde und die
Mitgliedschaft bei Vereinen für Na
turheilkunde untersagt.
Wien, 21. April. Die streikenden
Arbeiter in der Ziegelfabrik auf dem
Wienerberg bewarfen die arbeitenden Ver
lader mit Steinen; sie wurden von der
Polizei zerstreut. Ein Haufe Arbeitsloser
drang gestern Vormittag in die Roth-
Neusiedler Ziegelwerke ein und versuchte
die Materialien zu zerstören. Die ein-
schreitende Gendarmerie wurde mit Steinen
beworfen; ein Gendarm, der lebensgefähr
lich bedroht wurde, versetzte einem Arbeiter
einen schweren Säbelhieb auf den Kopf.
Wien, 22. April. Eine furchtbare Ex
plosion fand gestern auf der aerarischen
Fabrik für rauchloses Pulver in Blumenau
'tatt. Zwei Arbeiter sind schwer, 26 Ar
beiter leicht verwundet. Der Material
schaden ist sehr bedeutend.
Laibach, 23. April. Heute Vormittag
3 Uhr 50 Minuten fand wieder ein sehr
starker, doch kurzer Erdstoß von schütteln
der Bewegung statt. Die Häuser wurden
neuerlich beschädigt. Unter der Bevölkerung
herrscht Beunruhigung.
Paris, 23. April. Als streikende
Omnibusbedienstete heute Nachmittag gegen
4 Uhr im Quartier des Ternes einen
Omnibus anhielten, machte die Polizei von
der Waffe Gebrauch, verwundete 2 Streikende
und verhaftete 15.
Antwerpen, 23. April. Gestern Nach
mittag stürzte unter donnerähnlichem Krachen
die Cemcntbrücke ein, welche die Congo-
Ausstellung mit der Weltausstellung ver
bunden hatte. 6 Arbeiter, die bei dem
Abreißen der Brücke beschäftigt waren,
wurden tödtlich verletzt.
msthal.
Arrslêîrrd«
Oefterreich-Ungarn.
Laidach, 22. April. Die com mis
sarisch en Erhebungen führen neuer
dings zu traurigeren Ergebnissen. Eine
ungeahnt große Anzahl von Häu
fern muß abgetragen werden. Die
Geschäfte wurden aufs neue geschlossen.
Eine weitere eiugetroffene Pioniercompagnie
erweist sich als unzureichend, da sich die
Schäden durch den Regen zusehends er
weitern. Mittags hatte der Regen nach,
gelassen, Abends regnete es wieder in
Strömen. Um '/.,6 Uhr Abends wurde
ein neuer schwacher Erdstoß verspürt. Bis
jetzt sind keine Erkrankungen vorgekommen.
Serbien.
Aus Belgrad meldet die „Frkf. Ztg."
die Regierung werde der Skupschtina ein
Gesetz vorlegen, durch welches dem Ex-
könig Milan eine nicht unerhebliche
Pension bewilligt wird.
Frankreich.
Die Herzogin von U z è s ist in
Paris wieder einmal der Gegenstand des
Tagesgesprächs, wie zur Zeit, als sie Bou-
langer die drei Millionen gab und die
kleine Sidonie Vaillant, die Tochter des
anarchistischen Bombenwerfers, erziehen
lassen und ausstatten wollte. Die Künstler,
die über die Zulassung der Bildhauerwerke
zum Salon der Elysäischen Felder entschei
den, haben ihr A u g i e r - D e n k m a l
mit 24 gegen 2 Stimmen abgewiesen.
Die Herzogin, die eine Universalgenie sein
will, läßt es sich nicht daran genug sein,
die erste Herzogin des französischen'Hoch-
adcls mit Rang unmittelbar nach den
Prinzen von Geblüt, eine sehr vielfache
Millionärin, eine der besten Jagdreiterinnen
des Landes und eine eifrige Parteigängerin
der Orleans zu sein. Sie malt auch,
knetet den Thon und schreibt
Romane. Tondichtungen hat sie noch
nicht veröffentlicht, dos wird aber wohl
noch kommen, denn sie ruht nicht, bis sie
sich rühmen kan«, daß in ihrem Salon
alle Musen, alle neun! — freundschaftlich
verkehren.
Chalons-sur-Marnc, 21. April. Eine
Fcu ersbrunst, deren Entstehung unbe-
kannt ist, zerstörte diese Nacht die Tischler-
Werkstätten der Kunsthandwerk-Schule. Der
Schaden beträgt über eine Million Francs.
Inland.
Berlin, 22. April. In diplomatischen
Kreisen hält man nach wie vor an der
Annahme fest, daß neben dem Friedens-
vertrag ein Schutz- und Trutzbündniß
zwischen China und Japan bestehe.
— Würde die U m st u r z v o r l a g e
in ihrer jetzigen Fassung Gesetz, so ist, wie
die „Berliner Politischen Nachrichten"
hervorheben, „die Befürchtung nicht abzu-
weisen, daß der überwiegende Theil der
gebildeten Kreise Deutschlands dadurch in
das gegnerische Lager getrieben und so in
die Phalanx der staatserhaltendeu
Elemente zum Kampfe für Religion,
Sitte und Ordnung ein Keil getrieben
wird. Täuscht nicht alles, so rührt diese
Kundgebung von derselben Stelle her, wie
die Artikel in dem „Hamburger Corresp.",
nämlich von dem Abg. Freihr. v. Zedlitz.
Der letztgenannte aber vermittelt dergleichen
Artikel in die offiziöse Presse nur dann,
wenn er sich eines Rückhalts bei der preu-
ßischen Regierung, insbesondere bei dem
Finanzminister Miguel sicher weiß.
. • Umsturzdiplomaten nennt
die „Korrespondenz für Centrnmsblätter"
die verschiedenen Offiziösen, welche
jetzt über die Haltung der Regierung gegen
über der Umsturzvorlage in dem „Hamb.
Corresp." und in der „Rordd Allg. Ztg."
orakeln. Des langen offiziösen Geredes
kurzer Sinn sei: „dem Centrum muß
Alles entzogen werden, was es in dieser
Session erstrebt und angebahnt hat; das
Jesuitengesetz soll bestehen bleiben und aus
der Umsturzvorlage die Centrumsperlen
herausgebrochen werden. Ob die Regie
rung glaubt, daß sie das erreichen könne,
im Kronwerk'
Wochenbl. .
Der Falschmiriyer.
Wasserleitung'
> Bodenrauin
hilstrasiep.
chnnilg » ie ?
Î, enthalten"
. Bequemlich'
Michels
niethen: ,
:&en und eiin
KebenräuineN
-izung <1. E0
str. 806..
:«te
Batists. 23.
miethen
681 ļ>
r.
aste 11G
öl. Wohnn^
nmer,
artenlaiid. -
:, Bild etstoß
Nr. 41'
Ute.
fmiihleiş
Nr.
Novelle von Ludwig Habicht.
Waö konnte es für sie Schöneres geben,
cv diese Stunden, in denen beide am
I U 9 C J fnßcn, sic mit glühenden Wangen das
. Nnäckig eingeübte Stück vortrug und nun
d 5 freundliches Nicken beobachtete, sein
s..ņwnàndes Wort hörte, mit dem er ihre
»,> !^^°?fchritte bewunderte. Dann wurden
b î e Ģàchte vorgenommen, er las sic ehr
. mit seiner klangvollen, sonoren Stimme:
L wiegte Mi seme Seele aus den weichen
"iklodien mit der Goethe'schcn Sprache und
andächtig lauschte sie darauf! Und
Äschen hindurch trug er irgend ein klassisches
Musikstück vor oder erging sich in Phanlasien,
Harriet einen noch größeren Genuß
Jettete. Musik und Poesie führten die
Liebenden in ihr unvergängliches
^°uberland . . .
I«ni\ ^ saß dann in ihrem Schaukelstuhl
jjj dkrtiefte sich in das Lesen eines Romanes;
ļ>a„?îkbcndkn schienen für sie so wenig vor-
îfjjJ n ’ wie sie in Wirklichkeit für diese.
(J t j 'hre Stunden hatte sic rasch aufgegeben,
frtlü 0tmte ihr diese Versündigung an ihrem
gw' m Talent, wie er es nannte, nicht vcr-
ļlj-.ņ und glaubte darin eine jener uncr-
«chen Mädchenlaunen zu endccken, die
^ zuwider waren. Wie wenig kannte Dr.
twtz all' seiner Philosphic ein
tief °Ņherz und noch dazu das der stillen,
ftiw ei l? ,ïo ïï encn Mary! Sic hatte mit dem
Stfu.,. Spürsinn, der ihr eigen war, heraus-
fü t j en, daß sich der Musiklehrcr sehr lebhaft
V lt )u interessiren begann: — vielleicht
nur die begabte Schülerin, die ihn
anzog, — aber sie mochte kein Spiel mit
den Herzen eines Mannes treiben, der ihr
die vollste Achtung abzwang, und sic zog
sich leise und vorsichtig ganz zurück. Vielleicht
war noch ein anderer Beweggrund zu diesem
Entschluß vorhanden gewesen — die Rücksicht
ans ihre Schwester. Sic hatte wohl die
Anwandlung von Laune und Eifersucht bemerkt)
die Harriet heimsuchte, sobald diese bemerkte,
daß Willibald sie vorzog und sich ihr aus
schließlich zuwandte. Harriet fand dann den
Musiklehrer ganz abscheulich, wollte keine
Stunden mehr nehmen, und beruhigte sich
erst dann, wenn Mary den an die jüngste
Schwester gerichteten Worten Willibald's einen
tieferen und schöneren Sinn unterlegte, oder
die Kleine damit tröstete, daß verschlossene
Naturen, zu denen auch der Musiklehrer ge
höre, sich immer am gleichgültigsten gegen
Diejenigen zeigten, die ihr lebhaftestes In
teresse erregt, und Harriet war bereits viel
3 U „ trostbedürftig, um nicht diesen Zuspruch
gläubig hinzunehmen.
Metzt war Mary nicht mehr gefährlich,
mcht einmal ihr Spiel, ihr hübsches Talent
begeisterte den Doktor; er hatte nur noch
Şwj und Verständniß für Harriet und diese
w şich m ihrer Alleinherrschaft unendlich
glücklich. Sie würde ihn schon geliebt haben,
weil er endlich Augen für sie und nicht fü.
ihre Schwester hatte; denn wie sie auch Mary
liebte, hierin war sic doch nichts weiter als
ein verzogenes Kind, das gewöhnt war, wo
sie erschien, Alle, selbst ihre Schwester, in
den Schalten zu stellen. Man hatte ihr
schon als unreifsten Backfisch sehr gehuldigt,
ihre vielversprechende Schönheit bewundert und
jetzt, wo ihr Herz zum ersten Mal sich zu
regen begann, da wollte sie auch allein be
sitzen. Ihr Stolz fühlte sich um so , geschmei
chelter, daß sich Willibald ihr so rasch zu
gewandt, trotzdem ihn anfänglich das Talent
der Schwester bestochen. Wie viel sie dem
vorsichtigen Zurücktreten Mary's zu danken
hatte, daran dachte sie nicht, sie sah nur
ihren Sieg und feierte damit einen noch
höheren Triumph, als sie Willibald tief und
ihn wahrhaft liebte.
Jn ihrer verschlossenen Weise traf Mary
überhaupt weit leichter das Unglück, mißver
standen zu werden; sic hielt mit ihren inner
sten Gedanken zurück, und da es nicht jeder
manns Sache ist, diese zu errathen, so waren
diese Urtheile unvermeidlich. Nur Mr.
Templeton hatte seine Braut völlig erkannt,
ihn konnte nichts mehr irre machen. Die
beiden Liebenden sprachen nicht viel mit ein
ander und doch verstanden sie sich bis auf
den innersten Grund ihrer Seelen! Es war
die gleiche ruhige Gcmüthsstimmung, dieselbe
Tonart, aus der sich Alles bei ihnen ab
spielte, die ihr Verhältniß ungetrübt erhielt.
dkiemals kam es zwischen ihnen zu jenen
kleinen Reibungen und Mißverständnissen,
durch die sich ein liebend Paar erst zum
wahren Frieden zu kämpfen meint. Jn ihren
Herzen herrschte die schönste Harmonie; ein
Blicks ein flüchtig Wort, und das innerste
Empfinden lag vor ihnen gegenseitig entsiegelt.
Auch in Herrn Müller wurden durch das
Benehmen Mary's die irrthümlichsten Vor
stellungen geweckt. Ihr Bemühen, den scharfen
Spott der Schwester durch größere Freund
lichkeit wieder gut zu machen, nahm er für
ganz was Anderes. Er glaubte darin eine
keimende Herzcnsneignng für seine eioene
interessante Persönlichkeit zu entdecken. Wenn
er auch gestehen mußte, über die erste Jugend
hinaus zu sein, so sagte ihm doch sein Spiegel,!wünschte, dann durste er sicher nichts Auge
daß er noch immer ein staltlickier Mann sei. nebmes doom, n-niii-trm iimnni. ».
daß er noch immer ein stattlicher Mann sei,
der wohl die Liebe eines jungen Mädchens
erregen könne. Und war er nicht ein an
genehmer, lustiger Gesellschafter, der mehr
von der Welt gesehen, als die Störche und
tagelang die amüsantesten Geschichten auf
decken konnte? Hatte sich nicht sogar ein
Othello mit seinem Erzählcrtalcnt eine DeS-
dcmona erplaudert? und Mary war nichts
weiter als die Tochter eines schlichten Kauf
manns und noch dazu seines theuren Freundes,
der unter allen Umständen nicht „nein" sagen
konnte und durfte. Wenn er seine Schnurren
und Abenteuer zum Besten gab, dann hörte
Mary stets aufmerksam zu und das sonst so
ernste Mädchen hatte oft dafür ein beifälliges
Lächeln. Jemehr er sie sah, jemehr gefiel
ihm das stille, blonde Kind und zuletzt mußte
er sich gestehen, daß er rasend in sic verliebt
sei. Er wagte ihr jetzt beim Abschiede die
Hand zu drücken und sie duldete es.
Wenn er sie ansah, dann schlug sic ihre
blauen, milden Augen nicht nieder — kein
Zweifel, sie liebte ihn, obgleich sie es in ihrer
englisch ruhigen Weise zu verstehen gab. —
Müller war kein Freund von langem Zögern
und Schwanken; was ihm durch dm Sinn
schwirrte, daß mußte rasch ausgeführt werden
und als er eines Tageö wieder das hübsche
Kind nicht genug bewundern gekonnt und sic
seinen Händedruck mit einem freundlichen
Lächeln erwidert, da konnte er nicht länger
zaudern und er sagte am Abend seinem
Freunde: „Es wäre mir lieb, wenn Du
heut mich in meine Klause begleiten wolltest,
ich habe Dir etwas wichtiges mitzutheilen."
Waxmanns Gesicht verfinsterte sich etwas;
wenn Müller eine geheime Unterredung
nehmes davon erwarten, dennoch suchte er
sich zu beherrschen, und als er in das kleine
Gartenhaus trat, war sein Antlitz wieder so
kalt und ruhig wie immer.
Fcvdor wollte doch erst, um sich zu sammeln,
mit hastigen Schritten daß Zimmer durch-
stürmen, da ihn aber die Kleinheit des Ge
maches daran hinderte, warf er sich in den
Lehnsessel, daß es knackte, schlug die Arme
über die Brust, und die Beine weit von sich
streckend,^ begann er nach kräftigem Räuspern:
„Ja, Herzensbruder, cs ist eine wichtige
Sache, die ich mit Dir zu besprechen habe:
ich könnte freilich erst eine lange Einleitung
machen und Dir weitläufig auseinander setzen,
wie das Alles gekoinincn und ivaruiii mich's
noch einmal so gewaltig packt, wie mich's
als zwanzigjährigen Burschen nicht geschüttelt;
— aber ich bin nun auch schon in England,
ich weiß time is rnonev — also grad' heraus
mit der Sprache — cs hilft nichts,
wir lieben einmal einander und Du mußt
mir Deine Mary zur Frau geben."
Waxmann war in, Zimmer stehen
geblieben, er hatte die rechte Hand etwas
auf die Stuhllehne gestützt und hörte auf
die wunderliche Einleitung mit gleichgültiger
Miene; auch als Feodor geendigt und seine
großen Augen forschend ans ihn richtete,
veränderte sich sein Antlitz nicht im Mindesten.
„Jean sagte mir, daß er Dir täglich zwei
Flaschen bringen muß, Du solltest Dich doch
mit einer Flasche begnügen, war seine ruhige
Antwort.
„Zum Henker, glaubst Du, ich bin
betrunken?" lachte Müller, „ich war niemals
nüchterner als heut. Es wäre mir freilich
nicht zu verargen, wenn ich mich alle Tage