Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

Unpen auch au ben Wochemo 
Halt geschaffen wissen- 5 
stimmte diesen ?lnssnyrungcn 
Vcrsaemu 
Welenil - 
ist noch unbekannt, ob Menschen umge> 
kommen sind. In der ebenfalls überschwemm 
ten Ortschaft Tisza-Keszi sind viele Hauser 
eingestürzt. 
Wien, 17. April. Sämmtliche Ziegel- 
Arbeiter, ungefähr 3000 Mann, der 
Wieneberger Ziegelgesellschaft, soivie 250 
Ziegelarbeiter des Hernalser Werkes stl eiten 
und verlangen eine 50 pCtige Lohnerhöhung. 
Die Entscheidung der Arbeitgeber erfolgt 
heute. 
Italien 
Aus Rom meldet der„L.-A.": An Bord 
des Kriegsschiffes „Italia" sind 30 
von 800 Kadetten der Genickstarre 
erlegen; deshalb wurde die gesammte 
Mannschaft ausgeschifft. 
Inland. 
Berlin, 17. April. Es darf jetzt als 
feststehend betrachtet werden, daß der 
Kaiser, der von der Kaiserin und den vier 
ältesten Prinzen begleitet sein wird, mit 
den Gästen, deren Zahl sich auf etwa 700 
belaufen dürfte, am 19. Juni a. c. abends 
gegen 11 Uhr Hamburg wieder verlassen 
wird, da die Einfahrt in den Nord-Ost 
see-Kanal schon um 3Uhr Morgens 
stattfinden soll. An der Fahrt durch den 
Kanal nehmen ungefähr 20 Schiffe, die 
mit Ausnahme von vier Schiffen der 
deutschen und den fremden Kriegsmarinen 
angehören, theil. Die kaiserliche Familie, 
die deutschen Könige und die übrigen deut 
schen Souveräne sind auf der „Hohenzol- 
lcrn" und dem „Kaiseradler", und soweit 
sie auf diesen beiden Schiffen nicht Platz 
finden, auf dem Reichspostdampfer „Kaiser 
Wilhelm II" untergebracht, während die 
ausländischen Herrschaften zusammen mit 
den Spitzen der Reichsbehörden, dem 
Bundesrath, sowie den Ministern auf dem 
Hamburger Dampfer „Augusta Victoria" 
Wohnung nehmen. Diesen Schiffen folgen 
die Schnelldampfer „Columbia" und „Trave" 
niit den Mitgliedern des Reichstages und 
den übrigen, zur Feier hinzugezogenen 
parlamentarischen Körperschaften. Die an 
deren Schiffe, die den Kanal passiren, 
sind mit Ausnahme des vom Prinzen 
Heinrich commandirten Panzers „Wörth" 
fremde Avisos und Dachten. 
Berlin, 17. April. Der Kaiser em- 
pfing, wie schon gemeldet, am Sonnabend 
den Dompropst Schelffgen und die Dom 
capitulare Dr. Lager und Aldenkirchen 
aus Trier, die in Sachen der Kölner 
Dombau-Lotterie hierhergekommen waren. 
Der „Köln. V.-Z." wird darüber geschrie 
bene Nur dem persönlichen Eingreifen 
des Kaisers verdanken es die Domcapitu 
lare, daß die Lotterie zu Stande kam. 
Der Kaiser ließ sich von ihnen Auskunst 
geben über die Erfolge des Unternehmens 
und sprach über die neuen Kirchenbauten 
in Berlin, wobei er seiner Freude Aus 
druck gab, daß nunmehr auch der romanische 
Stil in Berlin beim Kirchenbau zur Gel- 
tung gelange. Die Domcapitulare begaben 
sich zur Kaiser Wilhelm-Gedächtniß- und 
zur Gnaìenkirche, wo sie von den betreffen 
den Baumeistern empfangen wurden. 
— Wie die „Post" mittheilt, hat der 
Kaiser Herrn v. Kotze am ersten Oster- 
seicrtage ein Blumenarrangement in Form 
eines Eies übersandt. 
— Bezüglich der Aff aire Ko 
scheinen bisher zwei Punkte festzustehen, 
einmal, daß ein weiteres Duell nicht 
stattfinden wird, und dann, daß Herr von 
Kotze die Absicht hat, auf dem Wege 
der Klage gegen den Ceremonieumeister 
v. Schrader vorzugehen, um die ganze 
Affaire vor das Forum der Oeffentlichkeit 
zu bringen. 
— Es steht nunmehr fest, daß voni 1 
Mai d. I. ab auf allen deutschen 
Eisenbahnen der Güterverkehr, 
ausgenommen Vieh, Eilgut und leichtver 
derbliche Güter, von diesem Zeitpunkte ab 
an Sonn- und Fe st tagen f a st ganz 
eingestellt wird, wobei indeß vorbe- 
halten ist, für die Zeiten des stärksten 
Verkehrs eine Einschränkung oder völlige 
Aufhebung der Sonntagsruhe eintreten zu 
lassen. Als Sonn- und Festtag gilt im 
allgemeinen die Zeit von Mitternacht zu 
Mitternacht, völlige Ruhe hat in der Zeit 
von Morgens 4 Uhr bis Abends 8 Uhr 
zu herrschen. Es ist Fürsorge zu treffen 
daß das Fahrpersoual die ihm gewährte 
Ruhezeit in der H e i m a t h zubringen 
kann. Als Festtage, an denen der Gütern 
verkehr ruht, gelten allgemein der Neu 
jahrstag, der zweite Ostertag, der Himmel 
biefem Zustand aber, in dem sich der 
Ankömmling befand, durfte er nicht einmal 
die alte Betty, geschweige denn seine Töchter 
herbeirufen; er mußte selbst Alles besorgen, 
zündete Licht an und verschloß dann rasch 
die Laden. Als er sich entfernen wollte, um 
ein Abendbrot herbeizuschaffen, rief der 
Trunkene sogleich: „Warum willst Du schon 
fort? Bleibe noch ein Weilchen hier, sonst 
werde ich ganz schwermüthig, Herzensbruder, 
ich kenne meine Schwäche! O, ich bin ein 
seelenguter Mensch, aber ich bin immer 
allein, allein, das ist furchtbar!" Sein 
angeheiterter Zustand ging, wie dies bei 
vielen seiner Lebensgefährten der Fall, in 
Melancholie über. 
(Fortsetzung folgt.) 
uhrtstag, der zweite Pfingsttag sowie der 
erste und zweite Weihnachtstag. Die ein- 
zelnen Bundesregierungen haben sich vor 
behalten, wegen sonstiger Festtage Bestim 
mung zu treffen. Dank den getroffenen 
Einrichtungen werden fortan in Deutsch 
land rund 70000 Eisenbahn-Beamte 
und -A r b e i t e r mehr die Sonn 
tagsruhe genießen, als dies in früheren 
Jahren der Fall war. 
— Durch Urtheil des Kgl. Ober-Ver 
waltungsgerichts vom 1. März 1895 ist 
festgestellt worden, daß in Preußen die 
Ortspolizeibehörden befugt sind, zur 
Ausführung des Jmpfgesetzes im ps pflich 
tige Kinder zwang sw eise vorführen 
zulassen, falls deren Eltern der Aufforderung, 
die Kinder an einem bestimmten Tage dem 
Jmpfarzte zuzuführen, nicht Folge geleistet 
haben. 
- Bor etwa 4000 Vertretern der deu t 
-chen Inn ungsver bän de hielt gestern 
Fürst Bismarck eine Rede, in welcher 
er zunächst sich zu der Stellung bekannte, 
daß der Landwirth gesetzlich geschützt wer 
den müsse, um gesteigerte Ansprüche be 
friedigen zu können, dann ginge es auch 
den Handwerkern gut, eine Meinung, die 
Jeder hat, es frägt sich nur, wie das ge- 
macht werden soll, ohne die Erzeugnisse 
künstlich zu vertheuern auf Kosten der 
Consumenten. Weiter sprach sich der Fürst 
über das allgemein unbeliebte Klebe» 
gesetz in hoch st schroffer Weise 
aus, welches doch unter seiner eigenen 
Reichskanzlerschaft in's Leben 
trat und von ihm sanctionirt wurde. Genau 
dieselben Einwendungen, welche ihm im 
Reichstag entgegengehalten wurden, bringt 
er jetzt selbst gegen das Gesetz vor. Sonder 
bar ! So sagte er nach dem Stenogrammm: 
Ich bin ermüdet in dem parlamentarischen 
Sande in den Bestrebungen, die ich hatte, auch 
elbst in der Richtung der Gesetzgebung, die ich 
nur mit einem Wort als „Klebegesetz" bezeichnen 
will. (Heiterkeit.) — Sie wissen Alle, welches 
Gebiet darunter verstanden ist. Da sind meine 
ersten Bestrebungen abgelehnt worden. Ich hatte 
nicht den Gedanken, daß der 17jährige Arbeiter 
bezahlen sollte, einzahlen sollte für Ergebnisse, die 
er mit 70 Jahren etwa erwarten konnte. (Bravo!) 
— Dieser psychologische Irrthum ist mir nicht 
passirt, sondern ich hatte das Bestreben, daß dem 
müden Arbeiter etwas Besseres und Sicheres 
als die Armenpflege, die lokale Armenpflege ge 
währt werden soll (Bravo!), daß er wie jeder 
Soldat auch im Civilleben seine sichere Staats 
pension haben sollte — mäßig, gering meinet 
halben, aber doch so, daß ihn die Schwieger 
mutter des Sohnes nicht aus dem Hause drängt, 
daß er seinen Zuschuß hat. (Bravo! Heiterkeit.) 
Dieses Bestreben wurde mir abgelehnt in den 
ersten Verhandlungen des Reichstages über dieses 
Versorgungsgesetz, und ich muß sagen, daß ich 
damit eigentlich die Lust an der Sache verlor 
und ihr ferner gerückt bin, denn ich glaubte nicht 
an die Möglichkeit, den 18jährigen Arbeiter zu 
überzeugen) daß er kür seine 70 Jahre Einzahlun 
gen nöthig hat, er wußte ja nicht, ob er so lange 
lebt (sehr richtig!) und hatte auch in seinem jugend 
lichen Alter eine bessere Verwendung für die Ein 
zahlung. (Große Heiterkeit.) Ich halte es für 
eine ungeschickte Sache in der Ausführung: für 
die Ausführung bin ich aber nicht verantwortlich: 
ich habe die Verantwortung für die Anregung 
der Idee übernommen, aber es war für mich 
unmöglich, es in allen 2b deutschen Staaten in 
der Ausführung zu beobachten, und da ist es 
denn schließlich doch den Tendenzen der Reichstags- 
Majorität anheimgefallen, so daß die Sache heut 
zutage nicht so günstig und nützlich wirkt, wie 
der alte Kaiser Wilhelm bei der ersten Anregung 
der Sache gehofft hatte. Die Gesetzgebung kann 
ja darin Modifikationen und Erleichterungen 
schaffen, sie kann namentlich die Kleberei ab 
schaffen, die die unglücklichste Erfindung ist, auf 
die man je kommen kann. Wo soll man all die 
Klebemarten deponiren und wie soll der Arbeiter, 
der in Sturm und Regen Wochen lang unter 
freiem Himmel liegt, seine Klebemarken ansheben? 
(Sehr richtig!) Das ist ja gar nicht möglich. 
Das sind eben Einschaltungen vom grünen Tisch, 
ür die ich jede Verantwortung ablehne (Zustim 
mung), und eine Besserung darin herbeizuführen, 
das ist meines Erachtens Ausgabe der Associa 
tionen, wie ich die Keime davon glaube mir ge 
genüber zu sehen, daß sie sich als Genossenschaften 
organisiren, die ihrerseits die Gesetzgebung 
richtig stellen, auf Grund dieser Richtig 
stellung Forderungen erheben fBravo!) und die 
auch ihre Abgeordneten in diesem Sinne durch 
bringen. 
Mehr als dieses hat kein Mensch gegen 
das Jnvaliditäts- und Altersversorgungs 
Gesetz je einzuwenden gehabt. 
— Daß ein neuer Bierboykott in 
Berlin bevorsteht, wird in einer Berliner 
Correspondenz der „Weserztg." bestritten 
Zunächst war die mehrfach besprochene 
Brauerversamnilung, in welcher die Forder 
ung der Maifeier ausgesprochen wurde, 
nur von 150 Personen besucht, von denen 
noch nicht 2 0*— 30 Brauer waren 
die Mehrzahl waren Bieragenten von 
kleinen Brauereien, die da glaubten 
wieder ein Geschäst zu machen, Leute, die 
auch bei ihren Parteigenossen wenig Achtung 
genießen; und die Redner waren die be 
kannten anarchistisch angehauchten Schreier, 
— Die Württembergische Regier 
ung soll, wie der „Schw. B." aus sonst 
gut informirten Kreisen erfahren haben 
will, entschlossen sein, im Bundesrath 
gegen das Umsturzgesetz zu stimmen. 
Minden i. W., 16. April. Das Kessel 
Haus der D r a k e s ch e n L e i m f a b r i k ist 
durch eine Benzinexplosion zerstört worden 
Ein Arbeiter wurde gelobtet, zwei ver 
wundet. 
Heidelberg, 17. April. Aufsehen erregt 
die gestern erfolgte Verhaftung des 
Hotelbesitzers zum Adler, eines gut renom- 
mirten Gasthofs. Der Mann steht im 
Verdacht, einen in der vorhergegangenen 
Nacht in seinem Hanse entstandenen Brand 
angestiftet zu haben. Glücklicher Weise 
wurde das Feuer rasch entdeckt und ge- 
löscht. 
Speier, 16. April. Wasser statt Wein 
erhielten die Weinliebhaber, die sich zu der 
in Budenhofen abgehaltenen Versteige 
rung der dem dortigen Lammwirthe Mar 
tin Lehr gepfändeten Weine eingefunden 
hatten. Als die Käufer den ersteigerten 
Rebensaft kosteten, zeigte es sich, daß das 
Zeug durchaus ungenießbar war. Ver 
schiedenen Leuten wurde es nach dem Ge 
nusse des Getränkes übel. Es stellte sich 
heraus, daß von Lehr der eigentliche Wein 
nach der Pfändung verkauft worden war. 
Die dalbleeren Fässer hatte er sodann, 
nach der „Str. P.", einfach mit Wasser 
gefüllt. Er erhielt 4 Monate Gefängniß, 
ein Küfer 2'/2 Monate Gefängniß. 
Parchim, 16. April. Zwei seither ver 
mißte Wechsel sind gestern im Direc- 
torialzimmer der Mecklenburgischen Credit 
bank gefunden worden. Es sind dies die 
in den Büchern aufgeführten aber nicht 
belegten Accepte von Ehlers L Triebsees 
über 13,000 und 17,000 Mark. Ferner 
und sich auch eine größere Anzahl anderer 
Wechsel und Blanco-Accepie. Es ist bisher 
unaufgeklärt geblieben, auf welche Weise 
die Wechsel, nach denen seit Wochen ver 
gebens gesucht worden, plötzlich auş einem 
täglich benutzten Tische freiliegend auf 
tauchen konnten. — Der Bäckermeister 
Pin gel, welcher bekanntlich ebenfalls den 
Concurs anzumelden gezwungen war, hat 
das seiner Vertrauensseligkeit zu verdanken, 
die er dem edlen „Bankdirector" und seinem 
Institute schenkte. Auf ihn sind Gefällig 
keitswechsel im Betrage von 13,000 Mark 
gezogen worden, deren Deckung ihm natür 
lich nicht möglich war. 
Oldenburg, 16. April. Die gegen den 
Abenteurer Partisch aus Wien beim 
hiesigen Landgerichte schwebende Untersu 
chung wird nunmehr wohl bald zur Haupt- 
verhandlung gelangen. Partisch befindet 
ich seit Mitte August vergangenen Jahres 
in Haft. Gegen den Verweisungsbeschluß 
des Landgerichts, der die Beschuldigung 
des gegen die Kirchengemeinde Oldenburg 
verübten Betrugs wegen Verjährung ab 
wies, hatte der Staatsanwalt Beschwerde 
erhoben, weil nach seiner Auffassung der 
Betrug bei jeder Gehaltszahlung neu be 
gangen, daher nicht verjährt sei. Das 
Oberlandesgericht ist jedoch der Auffassung 
des Landgerichts beigetreten. 
Der Mörder des am 17. April 1892 
Hamburg ermordeten Dienstmäd- 
lN 
chen Emma Sophie Ch ristine Gies 
eld ist entdeckt. Seiner Zeit hatte es 
ich nach langem Forschen als unmöglich 
erwiesen, den Mörder der am 25. Juli 
1867 zu Lübeck geborenen Giesseld zu ent 
decken, so daß die Nachforschungen einge 
teilt werden mußten. Herr Criminalpolizei- 
Jnspektor-Engel in Altona vermuthete dieser 
Tage auf Grund verschiedener verdächtiger 
Anzeichen, daß der in Uetersen wegen 
Mordes in Haft befindliche Dienstknecht 
itt der Thäter auch jenes Verbrechens 
ei. Dem genannten Beamten, dessen Um- 
icht die Entdeckung so manches schweren 
Verbrechers zu danken ist, war aus jener 
Affaire im Gedächtniß geblieben, daß bei 
der durch Ertvürgen getödteten Giesseld 
ein blauer Tuchlappen gefunden worden 
war. Dieser konnte zu einer Uniform der 
blauen Wandsbcker Husaren gehört haben. 
Bei diesen hatte Witt gedient. Ferner 
war zu Sprache gekomnien, daß Witt wäh 
rend seiner Militärzeit außergewöhnlich 
viel in der Gesellschaft von Mädchen ge 
sehen worden war, und zwar vorwiegend 
in der Gegend der Ritterstraße, wo da 
mats der Mord passirte. Witt war in 
seiner Schwadron seines sittenlosen Lebens 
wegen bekannt. Ferner war in dem völlig 
zerbrochenen Schirm der Giesseld und an 
dem Jacket der Emordetcn Haar gefunden 
worden, das damals für Pferdehaar ;ge 
halten worden war. Herr Inspektor Engel 
ließ, nachdem in ihm jener Verdacht auf 
gestiegen, die Unisormstücke des Witt jher- 
beischaffen, und konstatirte, daß in den 
Attila ein Stück eingesetzt worden war, 
und daß der fragliche Tuchfetzen von einer 
Husaren-Uniform herrühre Heute früh 
fuhr Herr Inspektor Engel nach Uetersen 
und ließ sich den Mörder zum Verhör 
vorführen. Ohne Umschweife erklärte ihm 
der Beamte, daß er, Witt, nicht nur der 
Mörder der Näherin Cordes, sondern auch 
derjenige des Dienstmädchens Giesseld sei 
Witt gab sofort zu, der Thäter 
zu sein, gestand auch, daß er damals die 
Absicht gehabe, ein Sittenverbrechen zu 
begehen, daß sich sein Opfer aber mit einer 
so nachdrücklichen Heftigkeit gewehrt und 
auch geschrieen habe, daß ihm die Aus 
führung des geplanten Verbrechens nicht 
gelang. Um nicht entdeckt zu werden, habe 
er das durch ihn auf eine an der Ritter 
straße in Hamm belegene Weide geschleppte 
Mädchen erwürgt und sei dann zurück in 
die Kaserne geeilt. — Im Jahre. 1892 
war auf die Ergreifung des Mörders eine 
Belohnung von 500 Mk. ausgesetzt wor 
den, doch wollte es der Hamburger Cri- 
minalpolizei trotz eifrigster Nachforschungen 
nicht gelingen, das Dunkel der Affaire zu 
lichten. Verschiedene in Verdacht gerathene 
Personen, die damals in Haft gerielhen 
mußten wieder einlassen werden, weil sick 
ihre Schuldlosigkeit ergab. 
In Hamburg hat sich ein Handtuch- 
Verleihgeschäft etablirt; dasselbe liefert 
-einen Abonnenten nach Bedarf reine 
Handtücher. Dieselben werden in Folge 
dessen in vielen Hausständen nicht mehr 
gekauft. 
Ein Kaufmann, Namens Gröbener, aus 
Lüneburg, erschoß sich in einem Ho 
tel an der Alster. Der Körper wurde der 
Leichenhalle überliefert. 
Hamburg, 17. April. Wegen Unter- 
chlagung von 10,000 Mark und Urkunden- 
älschnng wurde am 10. d. Mts. Morgens 
der Vorsitzende des „Rothenburg- 
orter Turn - Vereins" ver 
haftet. Der Verhaftete war beauftragt, 
das Vereinsvermögen in Höhe von 10,000 
Mark bei einer Bank niederzulegen; er 
that dies jedoch nicht, sondern verwandte 
das Geld in seinem Geschäft. Als dieses 
von dem Vorstand des Vereins entdeckt 
wurde, cedirte der Vorsitzende demselben 
als Deckung eine ausstehende Forderung 
von 5000 Mk. und verschrieb für die 
anderen 5000 Mk. eine Anzahl Maschinen. 
Trotzdem gelangte die Sache zur Kenntniß 
ver Behörde und leitete diese eine Unter- 
uchung ein. Dieselbe ergab, daß die dem 
Verein cedirte Forderung von 5000 Mk. 
eine vollständig dubiose ist. Außerdem sollen 
die darauf bezüglichen, bent Vorstande vor- 
gezeigten Schriftstücke von dem Verhafteten 
gefälschtem. 
Brovinzielles. 
Altona, 14. April. Bor den Schranken 
der hiesigen Strafkammer stand gestern 
der P 0 liz eiser ge a nt Heinsen. Er 
hatte einen Klempnermeister öffentlich be 
leidigt, dann widerrechtlich verhaftet und 
schließlich mit dem Säbel mißhandelt. Dem 
Antrag des Staatsanwalts entsprechend, 
verurtheilte das Gericht den Beamten zu 
einer Gefängnißstrafe von neun Monaten 
und sprach ihm für die Dauer von zwei 
Jahren die Befugniß ab, ein öffentliches 
Amt zu bekleiden. 
Kiel, 17 April. Längs dem Nord- 
Ostsee-Kanal wird in nächster Zeit eine 
regelmäßige Dampfs chiffahrtsver- 
b in dung eingerichtet werden. Der Ver 
kehr der auf die ganze Strecke von Holtenau 
nach Brunsbüttelerhafen ausgedehnt werden 
ckll, wird von der Dampfschiffahrtsgesellschaft 
unterhalten, die bisher eine Verbindung 
auf dem Wasserwege zwischen Kiel und 
Rendsburg herstellte. Bei zahlreichen am 
Kanal gelegenen Ortschaften sollen Halte 
stellen eingerichtet werden. Eine solche 
Schiffahrtsverbindung ist um so wünschens- 
werther, als der Bau einer Eisenbahn in 
der Richtung des Nord-Ostsee-Kanals sich 
verzögert. 
Kiel, 15. April. An der internationalen 
Flottenrevue am 20. Juni d. Js. ge 
legentlich der Feierlichkeiten zur Eröffnung 
des Nordostseekanals werden sich, wie der 
„Post" geschrieben wird, 28 Schiffe der 
deutschen Marine mit 364 Offizieren und 
9407 Mann betheiligen. Außerdem werden 
13 andere seefahrende Nationen mir unge 
fähr 50 Kriegsschiffen, mit 12 Admiralen, 
750 Offizieren und 16,000 Mann Be- 
-atzung ihre Flaggen ans der Kieler Föhrde 
entfalten. 
Nachdem die Prozesse der in Konkurs 
befindlichen Tönninger Dampffchifffahrts 
gesellschaft ihre Erledigung gefunden haben, 
dürste in nächster Zeit die Schlußabrech 
nung zu erwarten sein. Es läßt sich schon 
jetzt leider übersehen, daß für die Aktionäre 
nichts übrig bleibt und daß das ganze 
Aktienkapital von 1 163 700 Jl verloren ist 
Neumünster, 17. April. Am Montag, 
den 22. April, gelangen die großen Lager- 
bestände sowie das gesammte Material, 
darunter 8000 Liter Lagerbier, 11 Wagen, 
6 Pferde, 168 Lagerfässer rc. der hiesigen 
Brauerei zur Linde öffentlich meist 
bietend zur Versteigerung. 
Wie verlautet, hat der Kaiser bestimmt, 
daß zwei Kompagnien des Pläner Kadetten 
korps an der Flottenschanbei der Einweihung 
des Nordostseekanals anläßlich der Kanal- 
eröffnung theitnehmen sollen, und zwar 
werden die ca. 200 Kadetten auf den Ka- 
detten-Schulschiffen untergebracht werden 
X Itzehoe, 17. April. Dem heutigen 
Frühlings-Ochsenmarkt ivaren gegen 800 
Stück Vieh zugetrieben. Der Handel ist 
schleppend. Bezahlt wurden für gute 3 
jährige Ochsen 295—300 Mk. pr. Stück, 
für 102jährige Ochsen 210—245. Fehre 
Kühe bedangen 250—260 Mk. 
Gravenstein, 16. April. Ueber die ver 
heerende Feuersbrunst, welche am 12. 
April das benachbarte adelige Gul 
Grüngrift heimsuchte und sämmtliche 
Viehställe in Asche legte, erfahren die 
„Flensb. Nachr.", daß das Feuer um 
4 Uhr morgens zum Ausbruch kam. Der 
Brand entstand dadurch, daß ein Kuh- 
knecht, der im Kuhhause beschäftigt war, 
seine Laterne aus in der Nähe befindliches 
Stroh setzte, wobei sie umfiel und infolge 
dessen^cxplodirte. Die Flamme theilte sich 
dem Stroh sofort mit. Das Feuer nahm 
einen so rapiden Fortgang, daß binnen 
kurzem mehrere Ställe in Flammen standen 
An ein Retten de« Viehes war nicht mehr 
zu denken, und fast alle Milchkühe, ca 
130 Stück, sollen verbrannt sein, wogegen 
das Jungvieh, die Pferde und die Schweine 
gereuet sind. Das Herrenhaus blieb un 
versehrt. 
Ein Parteitag der Deutsch-frei' 
sinnigen Partei in Schleswig' 
H 0 l st e i n ist auf Sonntag, den 21. April 
1895, Nachmittags 2 3 / 4 Uhr, nach Neu- 
münster (Bahnhosshotel) mit folgender 
Tagesordnung einberufene 1. Vortrag des 
Reichstagsabgeordneten Dr Barth über 
die politische Lage. 2. Beschlußfassung über 
eine Resolution gegen die Umsturzvor 
lage. Referent Geh. Reg. Rath Professor 
Dr. Karsten. 3. Beschlußfassung über eine 
Resolution zum Schutze der Goldwäh 
rung. Referent Reichstagsabgeordneter 
Frese, Bremen. 4. Beschlußfassung über 
eine Resolution gegen den Antrag Kanitz. 
Referent Reichstagsabgeordneter L 0 re n ze n, 
Büdelsdorf. 
Anläßlich des Jahrestages der Schlacht 
bei Bau, am 9. April, hat der Kieler 
Männer-Turnverein von 1844 der Flens 
burger Turnerschaft einen herrlichen Kranz 
übersandt, welcher von dieser am Denkmal 
der gefallenen Turner niedergelegt ivorden 
ist. Die Bekränzung des Denkmals seitens 
der Flensburger Turnerschaft fand am 
Charfreitag statt, während der Flensburger 
Männerturnverein schon am Donnerstag 
das Denkmal bekränzte. 
Man schreibt aus Neustadt! Mit Er 
staunen bemerkten an einem Morgen die 
Bewohner der Umgegend Cismars, daß 
während der Nacht die am Klostersee 
stehende Wassermühle plötzlich verschwunden 
sei. Beim Sturm in der Nacht hatte die 
Mühle sich in Brand gelaufen und war 
niedergebrannt. 
Die Konveniualin des adeligen Klosters 
Preetz, Adolfine v. Ahlefeld, feierte Char 
freitag ihren 100. Geburtstag. 
R Hohenwestcdt, |16. April. Die Mit 
glieder der GenossenschastsmeiereiinHeinken- 
borstel trafen in ihrer letzten Versammlung 
die Vereinbarung, daß dieselben in ihren 
Haushaltungen keine Margarine ver 
brauchen wollten. Eine Uebertretung der 
Vereinbarung wird mit 20 Mk. in jedem 
Falle bestraft. So hört man hin und her, 
daß allerorts von den Meiereigenossen 
schaften. der Margarine entgegen gearbeitet 
wird. Noch wirksamer würde der Beschluß 
sein, den Margarinefabriken keine Milch 
zu verkaufen; dvch da lockt zu sehr der 
hohe Milchpreis. 
V. Fockbek, 18. April. In die durch 
Beförderung des Lehrers Herrn Franken 
berg nach Elmshorn vakant gewordene 
zweite Lehrerstelle hieselbst, ist Herr 
Schmidt aus Kiel, der Ostern seinen Senn- 
narkursus in Eckernförde absolvierte, interi 
mistisch eingetreten. 
s\ Rendsburg, 18. April. Der heultge 
Tag ist der 21. Gedenktag der ruhmreiche» 
Schlacht bei Düppel, woselbst deutsche 
Tapferkeit das als uneinnehmbar scheinende 
Bollwerk der Dänen mit stürmender Hand 
an sich riß. Durch die Einnahme der Be 
festigungen bei Düppel wurde der Ans 
gang des ganzen Krieges entschieden. 
MreMchMliuig des PmiMl- 
WWunMiilmtiils sül Ştzlesmg-Siilfm. 
Husum, 16. April. 
Die heute im Schützenhoj tagende Versammlung 
war ungemein stark besucht. Als Vertreter der 
Regierung war Regierungsrath Möller erschienen. 
Mch Eröffnung ver Versammlung durch de» 
Vorsitzenden, Haupilehrer Tank-Neumünster, 
nahm zunächst' Bürgermeister Gurlitt-HujuM 
das Wort und begrüßte die Erschienenen auf» 
Wärmste Namens der Stadt. Rcgierungsrath 
Möller überbrachte deu Gruß der Königlichen 
Staat-regierung und bclonie das lebhafte Inter 
esse, welches dieselbe den Bestrebungen des Ver 
eins entgegenbringe. Die polnischen und 
sociale» Zustände unserer Zeit machten es immer 
dringender noihwendig, auf die Stärkung dc» 
Milletstandes Bedacht zu nehmen. In diese» 
Bestreben werde der Verein von der Regierung 
fteiö lebhaft unterstützt werden. Nachdem der 
Vorsitzende den beiden Vorrednern den Aal» 
ausgesprochen hatte, hielt zunächst Gewcrvejchn - 
direkter Ahrens-Kiet einen Vortrag über das 
Lehrlingsheim. Referent sühne “8, a|ļ die 
Lösung dieser Frage eene sehr Rdeutsame ge 
worden sei, nachdem das aus Lutte und her 
kommen beruhende Verhältniß zwischen Meister, 
Gehülfen und Lehrlinge meistens nicht mehr 
bestehe. Die Arbeitsbedingungen würden geregelt 
durch Angebot und Nachfrage und in er|ie» 
Sinic daraus Bedacht genommen, den größt 
möglichsten Vortheil zu erzielen. Durch die 
Lohnkämpfe der letzten Jahre werde die be 
stehende Kluft fortwährend erweitert. Referci» 
stellt hieraus folgende Thesen aus und begründet 
dieselben eingehend: 
1. Lehrlingshcime sind da nothwendig, w» 
eine größere Zahl von ^Lehrlingen j»( 
Kost und Wohnung selbst sorge zu trage» 
hat, weil diese Veranstaltungen gecigne 
sind, die Lehrlinge vor Verirrungen^ K 
bewahren und ans dem Wege guter o»“ 
zu erhalt, n. 
2. Lehrlingshcime haben unter geeignet- 
Lcitunq ihren Besuchern eilten angenehme» 
Aufenthalt und Belehrung zu bieten 
3 Die Einrichlung, Unterhaltung und W 
' aufsichtigung der Lonntngsyetme liegt ŗ 
In,iungsaus,chasten ob, öic nach Lage 
Verhältnisse Sic private und kommun»' 
Mitwirkung Hern»zuziehen haben. 
Referent betont zum Schlüsse, day die C 
richtul,g von Lchrlingsheimen geeignet sei, 
destruktiven Tendenzen, bie dahin gingen,. " 
Lehrlinge der Socialdemokratie in die Arme t 
treiben, entgegen zu wirken. An den ungem . 
beifällig aufgenommenen Vortrag knupstc . 
eine sehr lebhafte Debatte. Bunzen-Ftensb 
will die Innungen nicht weiter belastet w>l> j,, 
sondern die Einrichtung und Unterhaltung 
erster Linie den Großindustriellen ubermn f 
wissen, welche das größte Interesse ai . 
Sache hätten Lucks-Reudsbmg mill , ļijp 
son magst)-.-i mc emgerlchlet, sondern^ 0 c u^ ~ ^ ^ 
zu. B- 
bestehei 
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