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Wo. 80.
MorgeuDepescheu
Berlin, 4. April. Ueber die Form der
Einladung aA das Reichstagsprä-
fidium erfährt der „Reichsbote", daß
zwei getrennte Einladungen zum Empfange
beim Kaiser und zur Theilnahme an dem
Hofdiuer ergangen sind; die erstere Ein-
ladung war sehr verbindlich abgefaßt, die
andere in der üblichen Fassung wie bei
sonstigen Hoffestlichkeiten gehalten und mit
der Bemerkung des Zweckes des Diners
versehen.
Benthen, 3. April. Ein äußerst heftiges
Gewitter entlud sich am Somitag-Nach-
mirtag unter starkem Schlossenfall über der
Stadt Beuthen und dem südlichen Theile
des Kreises Tarnowih. Ein Blitzstrahl
fuhr auch in die Wallfahrts-Kirche zu
Deutsch-Piekar bei Beuthen, wo gerade der
Nachmittagsgottesdienst abgehalten wurde.
Der Blitzableiter scheint nicht in Ordnung
gewesen zu sein, denn der Strahl nahm
von der Leitungsstange seinen Weg von
der Dachrinne über die Schnur der soge
nannten ewigen Lampe nach der Kirche.
Der Kaplan Sigulla, der den Gottes
dienst leitete, wurde betäubt aus der
Kirche hinausgetragen. Bon den Kirchen
besuchern wurde niemand erheblich verletzt.
Cadiz, 4 April. Durch einen festigen
Sturm wurde in der Stadt einiger
Schaden angerichtet. Eine Menge kleiner
Fahrzeuge kenterte.
Arltrstes und erlesenstes Matt im Kreise Rendsburg.
Anzeigen für die Tagesnummer werden dis 12 Uhr Mittags erdeten.
88ster Jahrgang.
Donnerstag, öen 4. April
Bei Betriebsstörungen
irgend welcher Ar! ist die regelmäßige Lieferung
dieses Blattes vorbehalten.
Als Beilagen
werden dem Blatt „Der Landwirth" sowie das
Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben.
3200 Abonnenten.
Außereuropäische Gebiete.
Newyork, 3. April. Nach einem Tele
gramm aus K i n g st v n (Jamaikas hat
auf der Höhe von Kap Maysi ein spani-
sches Kanonenboot auf den britischen
Dampfer „Ethelred" gefeuert. Als
der „Ethelred" anhielt, kamen Offiziere
des Kanonenboots an Bord und durch
suchten den Dampfer.
Ein jüdischer Schlachter in Tunis hatte
eine von ihm gefangene Ratte an der
Thür feines Ladens lebend gekreuzigt.
Weil er durch „Scherzreden" dabei einen
Menschenaufllauf verursacht hatte, wurde
er von einem französischen Polizisten fest
genommen und dem Gericht der Uzara
übergeben, da er als eingeborener Jude
Unterthan des Bey ist. Bor dem fran
zösischen Gericht wäre er wohl gelinder
weggekommen, die Uzara aber veruriheilte
ihn zu einer längeren Gefängniß st rase
V wegen Beleidigung, nicht gegen die
Hans Oesterreich.
Von Baron Schloßhof.
•1 Der Kaiser und die Kaiserin.
Wir haben in letzter Nummer das Haus,
m welchem der Kaiser und die Kaiserin von
Oesterreich wohnen, im Geiste der Leser
aufgebaut, nun wollen mir von den kaiserlichen
Herrschaften selbst erzählen. Der Kaiser von
Oesterreich, König von Ungarn, Franz Fosef I.,
'st. ş. Ņ an, 18. August geboren.
S 'n d.esiun Sommer vierundsechzig
Jahre alt werden Die Wiener sagen, „man
sehe de n Kaiser feme Iah« nichr an." Das
s 'st '" bcr Ģ b i r r t an - Wenige Männer
d,Ģen Alters ^besitzen dessen jugendliche
oErscheinung, jene Milche, welche sich besonders
x in der Art zu gehen, zu stehen, zu reiten
tzund im Wagen gerade und aufrecht, aber
w-doch in einer Haltung zu sitzen, die der
^Weichheit der kleineren Bewegungen nicht
kv-'ntbehrr, kundgiebt. Zwar ist die hohe,
schtarkc Stirn kahl, das ganz kurz gehaltene
xlpaupthaar und der üppige Schnurr- und
^Backenbart weiß, aber von Weitem macht
ftpr Xïnifpr Sr.. — * ' ' *
christliche, sondern gegen die muselmanische
Religion, da dieselbe Jesus Christus nach
Mohamed als größten Propheten Gottes
verehrt.
Italien.
Rom, 3. April. Heute stürzte in Monte
Puleiano, Provinz Siena, der Südtheil
der alten Festung ein. Mehrere Häuser
wurden beschädigt, eins zerstört. Ein Kind
wurde getödtet, drei Personen verwundet,
zwei vermißt.
Venedig, 3. April. In der hiesigen
Barfüßer-Kirche fand in voriger Nacht ein
Einbruch von unbekannten Dieben statt,
welche Hostien-Kapsel stahlen. Die Thäter
sind noch nicht ermittelt.
Monaco.
Aus Monte Carlo wird der „unerhörte"
Vorfall berichtet, daß die Spielbank 12000
von ihr gewonnene Franks wieder zurück-
gezahlt hat. Der Verlierer war der Poli
zeikommissar Jouffroy aus Nizza, der das
Geld unterschlagen und sich nach dem Ver-
lust erschossen hatte. Der Gemeinderath
von Nizza hätte das verlorene Geld neu
bewilligen müssen, und das wäre nicht
ohne fatale Debatten abgegangen. So hat
die Spielbank die 12000 Frks. zurückge-
geben, und Alles ist in schönster Ordnung.
Frankreich.
In Limoges in Frankreich befindet sich,
so berichten mehrere Blätter, die sozial
demokratisch geleitete und sozial
demokratisch betriebene Genossen-
s charts bä ckerei seit drei Tagen im
Streik, ver durch die Maßregelung eines
Arbeiters von Seiten der sozialdemokratischen
Geschäftsleitung provozirt worden ist. Der
Betreffende hatte sich bei Ausführung einer
Nebenarbeit von einem anderen helfen
lassen, für welches Vergehen gegen die
Betriebsordnung er unverzüglich aus der
Arbeit gejagt wurde. Die Kameraden,
denen diese Strafe außer allem Verhältniß
zu der begangenen Zuwiderhandlung schien,
protestirten und da das nichts half, legten
12 Arbeiter von 15, lauter „zielbewußte
Genossen," die Arbeit nieder. Ohne sich
auch nur im mindesten auf Verhandlungen
mit den Streikenden einzulassen, stellte die
Betriebsleitung sogleich 12 andere Arbeiter
— also Streikbrecher — ein.
Paris, 3. April. Eine Frau, Namens
Richard, gegen die heute Vormittag von
dem. Zuchtp olizeigericht wegen
Beleidigung eines Gerichtsbeaniten ver
handelt werden sollte, feuerte bei Beginn
der Vernehmung auf den Vorsitzenden des
Gerichtshofes, Levrier, einen blinden Re
volverschuß ab. Die Sitzung wurde unter
großer Aufregung aufgehoben, die Frau
sofort verhaftet.
England.
London, 3. April. Der „Standard"
meldet, der Vicekönig Li-Hung-Schang werde
vom Mikado die Begnadigung des Jndi-
vidiums verlangen, welches das Attentat
auf ihn verübte.
London, 3. April. Wegen einer vom
krassesten Aberglauben zeugenden Hexen
verbrennung, die mit dem Tode der
„Hexe" endete, sind gestern in Clonmel,
Grafschaft Tipperary, ein irischer Bauer,
Namens Cleary, sein Schwiegervater und
sieben andere Leute vor Gericht gekommen.
Aus den bisherigen Zeugenaussagen erhellt,
daß Cleary's Frau seit Längerem an der
Influenza erkrankt war. Ihre Umgebung
aber glaubte, sie sei vom Teufel besessen,
und um diesen auszutreiben, zwangen ihr
eigener Gatte und Vater nebst anderen
Männern, sie zuerst einen von einem
Wunderdoktor der Umgegend gebrauten
Kräutertrank einzunehmen. Nachdem dann
verschiedene Zauberformeln angestimmt, riß
man die Aermfte aus dem Belt, hielt sie
eine Zeit lang über HaS Küchenfeuer und
brannte sie mit einem glühenden Schüreisen.
Durch die von ihren Brandwunden verur-
sachten Schmerzen halb wahnsinnig gewor
den, stürzte die Gewartete des Nachts aus
dem Hause aus die unwirthsamen Moore
hinaus und erst nach mehrtägigem Suchen
wurde ihre Leiche von der Polizei in einem
Graben vorgefunden.
Norwegen.
Durch einen Brand wurde in der Nacht
zu Montag das auf dem Holmenkollen,
dem in der Nähe Christianias belegenen und
vielen Fremden wohlbekannten großartigen
Aussichtspunkt, befindliche Touristenhotel
zerstört. Gegenwärtig wohnten in dem
Gebäude nur Dr. Holm nebst Kindern und
Personal, die sich schleunigst retten mußten.
Für den nächsten Tag war der Besuch des
Kronprinzen angekündigt, und man ver-
muthet. daß das Feuer durch ein Mädchen
verursacht wurde, das die Zimmer in Ord-
imng bringen sollte. Außer dem Touristen
hotel befinden sich auf dem Holmenkollen
noch die Sportsstube, die Villa des Dr.
Holm und ein Sanatorium, in dem Fremde
aller Nationen wohnen.
OäerrefH-Ungarn.
Budapest, 2. April. Der tirheber des
nächtlichen D yn am it-A tten t ats gegen
das Hentzi-Denkmal ist bereits verhaftet;
er heißt Adorjan Szeles und war Redak
teur des Hetzblättchens „Olvasd", welches
unter radikaler Maske die Geschäfte der
klerikalen Opposition besorgte. Zwei weitere
Journalisten stehen im Verdacht der Mit
schuld.
Wien, 2. April. Cardinal Schönborn
ist heute hier angekommen. Er soll vom
Verlaufe seiner letzten Audienz beim Papste
sehr befriedigt sein und die Gewißheit haben,
daß die österreichischen Bischöfe im Kampfe
gegen den Antisemitismus sich
auf den Papst stützen können.
Inland.
— Der Kaiser ist gestern Abend nach
dem Diner beim Staatssekretär der Marine
nach Kiel gefahren, wo er heute früh acht
Uhr eingetroffen ist. Seine Rückkehr nach
Berlin wird erst für Montag erwartet.
Wenn auch die Reise dem Stapellauf eines
Schiffes in erster Linie gilt, so soll sie
auch, wie man uns aus Berlin schreibt,
den Zweck haben, die Dispositionen über
die Manöver bei Kiel anläßlich der Eröff
nung des Nord-Ostsee-Canals zum
Abschluß zu bringen. Der Kaiser hat sich
in den letzten Tagen unausgesetzt mit den
Feierlichkeiten zur Eröffnung des Nord-
Ostsee-Canals beschäftigt, Admiral Knorr
und Vieeadmiral Hollmann haben ein ganz
genaues Programm aufgestellt, das in allen
Einzelheiten durchberathen wurde und in
der Conserenz am Montag, an der bekannt
lich der eonimandirende General des schles-
wig-holsteinischen Armeeeorps, Graf Wälder-
see, Oberpräsident Steinmann und Direktor
Ballin von der Hamburg-Amerika-Linie
theilnahmen, gutgeheißen wurde. Zu den
Feierlichkeiten dürfte auch, wie es heißt,
ver Reichstag eine Einladung erhalten.
Berlin, 29. März. In der Berliner
Ressource fand heute Abend eine von
Menzel, Anton v. Werner, Skarbina,
Knaus, Dahn, Pätel, Jensen, Wilmowski,
Freiherrn von Lipperheide, Rodenberg,
Spielhagen und anderen einberufene Ver
sammlung von Künstlern und Schrift-
stellern unter Leitung von Julius Wolfs
statt, um gegen die in der Um stürz vor-
läge geplante Vernichtung der geistigen
Freiheit Pro.est einzulegen. Professor
Hans Delbrück unterzog zunächst die auch
in der „Frankfurter Zeitung" veröffent
lichte Erklärung Hans v. Hopfens einer
vernichtenden Kritik unv ivandte sich dann
^wuuiuuu lvcitz, Û0CI von oueuuu lUUUJI
aer Kaiser den Eindruck, als habe man es
j^mit einem vorzeitig grau gewordenen jungen
(jjDianne zu thun. Das bewirkte die körperliche
he^bung von Jugend auf. Vorerst die
gp.nilitärifdie Laufbahn, denn man kann vom
Kaiser sagen, daß er dieselbe vom
Lieutenant an bis empor zum höchsten Range
durchgemacht hat; sodann der Aufenthalt in
! freier Luft, im Sommer in Schönbrunn und
Ischl und im Frühjahr und Herbst die Jagd
m den Alpen Niederösterreichs, Ober-
österreichs und Steiermarks, wo der Kaiser,
leidenschaftlicher Jäger, dem Waidwerke
is oblag und noch obliegt.
Der Kaiser ist einer der ausgezeichnetsten
Hochlandschützen in Oesterreich. Sellen hat
Jemand die Strapazen der Jagd so leicht
ertragen, wie er. Wenn ihm gemeldet wurde,
daß der Hahn balze, oder der Hirsch rufe,
und er einigermaßen über den kommenden
Tag verfügen konnte, fuhr er mit den geladenen
Gästen, zu denen fast immer der Großherzog
von Toskana und in neuester Zeit der
Schwiegersohn des Kaisers, Prinz Leopold
von Bayern, gehören, des Abends zur Eisen
bahn, dann auf derselben über den Semmering
nach Müzzuschlag, und während der Fahrt
schlief der Kaiser, in eine», Lehnstuhle sitzend,
so gut und fest, als ob er sich ans weichen
Eiderdaunen, die übrigens niemals sein Fall
waren, wiegte. Um zwei Uhr morgens wurde
die bereit gehaltene Equipage bestiegen und
um vier Uhr bereits stand der Kaiser auf
der Höhe, wo der Hahn verhört worden war,
den nun der kaiserliche Jägersmann mit
Glück ansprang. Um sechs Uhr wurde bereits
die Rückfahrt angetreten, gegen Mittag war
die kaiserliche Burg in Wien erreicht, und
fotc-rt, nach raschem Umkleiden und zu sich
genommenem Mahle, widmete sich der Kaiser
wnDer den Staatsgeschäften.
... waren die kurzen Ausflüge. Die
anger dauernden Jagdgenüsse sielen in den
vom Kaiser als „Urlaubszeit" bezeichneten
Monat August, wo er in der Nähe Jschl's
oder m der Steiermark die überschüssigen
Hirsche und Gomsböcke erlegte. An den
anderen oagden, welche so zahlreich in der
Nähe von Wien, im Marchfelde und in
anderen Gauen vorhanden sind, hat der
Kaiser selten teilgenommen, und auch der
Tiergarten, bei Schönbrunn, in Lainz, wo
hauptsächlich Säue sich eines kurzen, aber
1805.
gegen die Paragraphen 111» und 130
der Vorlage. Gerade das so sensitive
Künstlergemüth dürfe nicht stets vom Straf
recht bedroht werden. Redner schlägt fol
gende Petition an den Reichstag vor; Die
Versammlung beehrt sich an hohen Reichs-
tag die Bitte zu richten; Die dem Reichs-
tage vorliegende sogenannte Umsturzvorlage
enthält in genannten Paragraphen Bestim
mungen, die geeignet sind, die freie Bethä
tigung der Wissenschaft einzuschränken.
Wir bitten, die fragliche Vorlage nicht an
zunehmen. Zweiter Referent war Kammer
gerichtsrath Wichen, Vorsitzender des
Vereins Berliner Presse, der besonders
betonte, daß ein Richter in seinem Urtheil
nicht zugleich Kunstkritiker sein könne, zu
mal die Grenzen der Aesthetik fließend
und keineswegs durch sogenannte klassische
Dramen fixirt seien. Nach kurzer Debatte
wurde die Petition einstimmig von eirea
500 versanimelten Künstlern und Schrift
stellern, worunter auch viele Damen, an
genommen.
— Dem morgen zusammentretenden
deutschen Handelstage unterbreitet
der „Nat.-Ztg." zufolge der Ausschuß einen
Antrag, wonach Handel lind Industrie je
der Erschütterung unserer wohlgeordneten
deutschen Goldwährung eine fundamentale
Schädigung des gesammten deutschen Wirth-
fchaftslebens erblicken muffen. Der Han-
delstag vertraue daher fest aus die Er
klärung des Reichskanzlers im Reichstage,
daß die verbündeten Regierungen keinerlei
Verhandlungen in Aussicht nehmen, die
den Grundlagen der deutschen Reichswäh-
rnng präjudiziren.
— Finanzminister Miguel scheint ge
neigt, auch die von den M a j o r a t s h e r r e n
und Rittergutsbesitzern im Herren-
haufe verlangten Liebesgaben bewilligen
und aus die Rückzahlung der Entschädigungs»
gelber für Aufhebung der Grundsteuer
freiheit verzichten zu wollen. Die Haltung
der „Nationalzeitung" und der „Nat. Lib.
Korr." läßt darauf schließen. Vorgeschützt
werden in diesen Blättern angebliche Un-
zuträglichkeiten, welche sich für kleinere
Besitzer in Holstein und für kleine Städte
ergeben hätten. . Alle diese Verhältnisse
waren vor zwei Jahren ebenso bekannt
wie heute. In jedem Falle handelt es sich
hierbei nur um minimale Beträge Die
Hauptsache sind die Enlschädigungsgelder,
welche den Fideikommißherren und den
Rittergutsbesitzern in den östlichen Provinzen
Preußens im Jahr 1861 im Betrage von
vergnüglichen Daseins unter alten Eichen er-
sreuen, hat ihn nie angezogen, während aus
wärtige Fürsten, wenn sie sich zu Gast in
Wien befanden, den meilenlang umfriedeten
Wildpark, welcher reich an Schwarzivild ist,
mit Eifer heimsuchten.
Die bevorzugten Jagdgründe des Kc......
befinden sich in den Alpenländern. Der
Kaiser besitzt mehrere Jagdschlösser in
denselben, so in der Nähe Ischl am Lang-
bathsee und am Offensee. Dann hat der
Kaiser ein Jagdschloß in Mürzsteg, am
Fuße der Schneealpe und in Radi»er, dort,
wo das Innerberger Eisen zn Tage tritt,
der berühmte Erzberg, welcher abgegraben
wird, als ob er ein ganz gewöhnlicher
Erdhügel wäre. Da zwischen den grauen,
nackten, gezackten Kalkwänden, den ab
geschundenen Riesen der Alpenwett, wechselt
der mächtige Hirsch, mit zurückgelegtem
Geweihe von Zeit zu Zeit in die weite
Welt stierend, und da springt von einer
Zinke zur anderen das flüchtige Gemswild,
das bald auf einem Felsenplateai! horchend
stehen bleibt und kaum zn äsen wagt, bald,
wenn der Führer der Schaar einen Pfiff
ausjtößt, dahinsaujt, wobei es vorkommen
kann, daß das edle Wild, mitten im Sprunge
durch das Herz geschossen, in den Abgrund
fällt und dort erst nach langem Suchen
gefunden wird. Das ist das Wild, welches
der Kaiser mit Borliebe jagt und daß er
mit sicherem Blicke und fester Hand als
glücklicher Schütze erlegt. Befreit von
Geschäften, wenn auch nie von Sorgen, —
welcher Monarch könnte ganz und gar der
Last, die auf ihm ruht, vergessen? —
chreitet er, wie ein Jüngling, die steile
Wand empor, aus voller Brust die reine
Luft der Höhe athmend.
Doch wir eilen, als wollten wir mit dem
Kaiser den Berg besteigen, und sollen doch
ruhig seinem Leben folgen. Vier Jahre noch,
und der Kaiser wird Oesterreich st
Jahre lang regiert haben. Das ist eine
lange Zeit und war nicht immer eine leichte
Zeit. Die Familie des Regenten, die aus
so vielen Mitgliedern besteht, als eS
Unterthanen giebt, ist recht zahlreich und
macht besonders in Oesterreich, wo die
Völker und Völkerschaften groß und klein,
mit ihren besonderen Anliegen, verbrieften
und unverbrieften, wahren und eingebildeten
Rechten, Anforderungen an den Herrscher
stellen, die oft einander schnurstracks entgegen
lauft.», dem Kaiser eiivas heiß. Schon die
Jugend Kaiser Franz Josefs ließ sich
türmisch ş an. Die Eindrücke, die der
Jüngling in sich aufnehmen mußte, waren
keine freudigen, und das Bild big beweglichen
Bottes, das heute murrt, während es Tages
vorher mit Jubel grüßte, ist aus dem
Gedächtniß des Kaisers, der eS in sich
aufgenommen, kaum verwischt worden. Seine
Mutter, die Erzherzogin Sofie, bekanntlich
eine bayrische Prinzessin und Schwester des
Königs Ludwigs, war eine politische Frau.
Sie lebte mit ihrem Gemahl, Erzherzog
Karl, in der Wiener Hofburg, in der nächsten
Nähe des Kaisers Ferdinand des Gütigen.
Im Sturmjahre dankte Kaiser Ferdinand
ab, und ihm folgte in der Abdankung zugleich
Erzherzog Franz Karl, welcher seinen
Ansprüchen auf den Thron' zu Gunsten
eines Sohnes Franz Josefs entsagte. Einige
Monate vor der Thronbesteigung des Kaisers
nhr der Prinz eines Tages im offenen
Wagen durch die Straßen von Wien, und
aus hunderttausenden von Kehlen scholl de;
Mutter und dem ältesten Sohne der Jubelru
der enthusiasmirten Menge entgegen. Abei
es währte kaum einige Tage, so schlug dal
politische Wetter um, und dieselbe Menge,
welche gejubelt hatte, veranlaßte nun der
Hof, Wien zu verlassen, um in der Fernc
Schutz und Ruhe zu finden. Wer das in
seiner Jugend erlebt hat, in dessen Gedächtniß
bleibt es eingegraben für alle Zeiten. Und
doch muß man sagen: nie hat ein Herrscher,
dessen Wiege in einem absolutistischen Staate
gestanden, so sehr die Pflichten eines
konstitutionellen Monarchen zn erfüllen
verstanden, als Kaiser Franz Josef. Er hat
in sich die Wandlung vollzogen, die gethan
werden mußte, um den Staat glücklich zu
nachen, ihn zur Ruhe und Eintracht zu
Ähren. Er hat die Mission standhaft weiter
geführt, trotzdem er der stärkste und mächtigste
Mann in Oesterreich ist, mächtiger als irgend
eine der Parteien. Der Kaiser verdankt seine
Macht dem dynastische» Gefühle, nicht nur
des Hochadels, welcher ihm blindlings ergeben
ist, sondern auch jenem der Völker, welche
gewöhnt sind, zun. Throne emporzublicken.
Die politische Einsicht tagt ihnen, daß es
in Oesterreich der Monarch sei, welcher
bindet, was die Völker scheidet. DaS hat
sich vielfach deutlich im parlamenlarischen
Leben herausstellt. Bei Bildung verschiedener
Kabinette war eS der Kaiser, der mit
sicherem Blicke jenen Mann als Leiter des
Ministeriums bezeichnete, welcher für den
Augenblick der allein Richtige gewesen ist.
So in neuester Zeit bei der Wahl des
jungen Fürsten Windischgrätz, des aus
erkorenen Koalitions-Ministers, der versuchen
wird, ob die gemäßigten Parteien mit