reicht haben, ist ein Vortheil der Handelsverträge
der aut allen Seiten anerkannt werden müßte.
Der Vorredner unv der Antragsteller haben sich
den Nachweis der Ausführbarkeit sehr leicht ge
macht und gesagt, die Regierung solle ihn prüfen,
es werde sich schon etwas brauchbares heraus
schälen lassen. Ich fürchte, daß der Antrag
prinzipiell undurchführbar ist. Es ist auch nicht
ganz klar, wie sich Graf Kanitz die Sache denkt.
Was der Antrag will, ist lediglich eme Zoller
höhung mit gleitender Scala mit der Maßgabe,
daß täglich der Preis festgesetzt wird. Daß dabei
ein reelles Geschäft möglich wäre, glaube ich nicht.
Das Reich würde damit auch die ganze Verant
wortung für die gesammte Getreibeversorgung
Deutschlands übernehmen. Eine noch weitere
schwerere Verantwortlichkeit liegt aber darin, daß
dies Getreide auch den Preis erreicht, den der
Antrag Kanitz bezweckt. Der geringste Irrthum
des Reichsgetreidemnts, etiva die Einfuhr von
5000 Tons zu viel, würde alle Berechnungen
umstürzen. Ich bin der Ansicht, je größer die
Nothlage der Landwirthschast und je intensiver
die Erregung ist. desto mehr müssen wir uns
dafür hüten, Hoffnungen und Erwartungen zu
erwecken, von denen wir nicht wissen, ob sie zu
erfüllen sind. .. . rr
H " iar (Socdem.)', Es ware falsch,
hinter dem Antrage gar keine
id daß alles aufs beste bestellt
Ztaatsrath den Antrag abge-
iicht etwa um die
vielmehr herrscht
Abg. v. V o l l
zu glauben, daß
Agitation stände
sei, nachdem der
lehnt hat. Es handelt sich
Mache einiger weniger Schwätzer,
in der That in der Landwirthschast ein Nothsta
Die Produktionskosten sind gestiegen, desgleichen
die Verschuldung und gleichen Schritt damit
halten die Steuern und Militärlasten. Weit über
die Grenze der eigentlichen Agrarier hinaus reicht
der Nothstand. Daß null die Antragsteller Staats-
Hülse vorschlagen, ist in Deutschland nichts Neues;
wir sind an Stantshülse für alle Kapitalisten,
namentlich für die ländlichen Unteri,ehmer durch
di- Liebesgaben u. s. w. längst gewöhnt. Tw
Vertheuerung der Lebensmittel zahlt nicht da-
Ausland, sondern die Aermsten unseres eigener
Volkes. Der Effekt der Zölle war lediglich der.
daß wer damals Güter besaß, diese unter Kapi-
talisirung der Werthsteigerung verkaufte; es floß
ihin also ein Gesch nk aus den Taschen des Volke:
;u, während die allgemeine Lage der Landwirtb
schaft dieselbe blieb. Jetzt verlangen Sie nicht
nur den höchsten bisherigen Zoll von 5 Mk
sondern, sreilich in anderer Form, einen solchem
von >0 Mk., woraus sich ergiebt, daß uns diese
ganze Agitation selbst dann nicht erspart geblieben
wäre, wenn die Zölle nicht ermäßigt wären.
Jetzt schon ist der Brotkonsum seil 1879 herabge
drückt, nanieutlich wenn man ihn mit dem eng
lischen vergleicht. (Widerspruch rechts) Ebenso
wie für Getreide könnte man dasselbe für Vieh
„. s. w. verlangen. Warum sollte auch nur das
ausländische Getreide monopolisirt werden? Ata
werde schnell zur Verstaatlichung der gesammten
landwirthschaftlichen Produktion gelangen und
das sei allerdings ein sozialistischer Gedanke
Die Rechte wolle sociale Ataßregeln nur zu ihren
eignen Nutzen, nicht wie die eigentlichen Sozial
demskraten im Interesse der Allgemeinheit. Diese
Zeit ab. Den Antrag Kanitz lehi
warteten ih
ten sie ab.
Abg. Holtz (R.-P.) schildert
schaftlichen Nothstand;
wenn der Staat nicht
den landwirth
,, etwas geschehen
Grunde gehen solle.
WnMantu
Auşrererrrohânche Gebiete
Aus Cuba gestaltet sich die Lage für die
Spanier immer gefahrdrohender. Die Auf
stäiidifchen, die über 8000 Bewaffnete ver
fügen, sind Herren der Provinz Santiago
wo ihr Führer Maceo eine provisorische
Regierung ausrief.
Rewqork, 1. April. Aus Kai-West wird
vom 26./28. März gemeldet, daß die In
s u r g e n t e n auf Cuba mit den Regie
rungstruppen in der Provinz Santa Clara
Gefechte hatten. Die Regierungstruppen
sollen an beiden Tagen geschlagen worden
fein.
Italien
Florenz, 1. April. Unter den Trüm
mern der Häuser, die am 28. v. M. durch
einen Erdrutsch zerstört wurden, liegen
.11 Leichen, da 19 Personen verschüttet
und nur 8 gerettet wurden.
Messina. 30. März. Gestern Abend
8 Uhr fand in dem Kanal bei dem Leucht
thurm von Messina ein Zusammen
st o ß zwischen den englischen Schiffen
„Alvach" und „Brindurn" statt. Der
„Alvach" ging an der Küste in der Nähe
von Granadello in Calabrien unter und
ist wahrscheinlich ganz verloren. Die In
fassen des Schiffes sind sämmtlich gerettet
Monaco.
Mcntouc, 2. April. In der prächtigen
Hauptstraße, der Via Corsa, wüthet seit
48 Stunden ein furchtbarer Brand, der
erst in voriger Nackt lokalisirt werden
konnte. Das Hotel d'Angleterre, ein mit
dem größten Luxus ausgestattetes Haus,
sowie fünf andere Paläste wurden voll
ständig eingeäschert. Man schätzt den Ma
terialschaden auf 7 Btillionen Lire. Bei
den Löscharbeiten trugen drei Personen
derartig schwere Verletzungen davon, daß
sie denselben bald erlagen. Sechszehn
Personen sind minder schwer verwundet
— Nach einem Telegramm der „Köln
Vvlksztg " soll der Prolog zu der Fest
Vorstellung, welche zu E h r e n d e s F ü r st e n
Bismarck am Montag im Schauspiel
Hause stattfindet, vom Kaiser selbst ge
di chtet sein.
höchst zweifelhafter Eleganz und unentschiedenem
Charakter mit. Man nennt diese Freunde
der militärischen Bewegung und Musik wie
nerisch „Frischer“ (Pilger). Sie ziehen mit
und freuen sich des Konzertes, welches die
Regimentskapellc ans dem Burgplatze giebt,
das gewöhnlich aus drei Musikstücken besteht.
(Fortsetzung folgt.)
Berlin, 1. April. Im Schlosse fand
heute unter Borsitz des Kaisers eine Eon-
ßrenz statt zur Feststellung des Programms
ür die Feierlichkeiten in Verbindung mit
der Eröffnuug'des Nord-Ostsee-Canals.
An der Conferenz nahmen unter anderen
der Reichskanzler Fürst Hohenlohe, Prinz
Ferdinand von Schleswig-Holstein, Graf
Waldersee, die Minister Dr. von Boetticher
und Thielen, Dr. Stephan und Admiral
Hollmanu, sowie aus Hamburg Direktor
Ballin von der Hainburg-Amerikanischen
Packetfahrt-Aktien-Gesellschaft theil.
Berlin, 1. April. Der „Reichs anz."
schreibt im amtlichen Theil an der Spitze
der heutigen Ausgabe:
Fürst Bismarck vollendet heute sein 80.
ebensjahr. Die zahllosen Beweise auf
richtiger Liebe und Verehrung, welche ihm
aus diesem Anlaß von nah und fern, von
Hoch und Niedrig, in den letzten Wochen
zu theil geworden sind, legen Zeugniß da
von ab, daß die Dankbarkeit für seine un
sterblichen Verdienste um Deutschlands Macht
und Größe unauslöschlich in die Herzen
des deutschen Volkes eingegraben ist. Möchte
den heißen Wünschen für sein ferneres
Wohlergehen, die heute überall, wo Deutsche
zusammenwohnen, zu Gott emporsteigen
Erfüllung beschickten sein und Deutschlands
großer Sohn noch lange Jahre hindurch
die Freude haben, das von ihm im Geiste
seines glorreichen Heldenkaisers geschaffene
Werk immer mehr wachsen und sich be
festigen zu sehen!
Berlin, 29. März. Eine Privatdepesche
des „Kl. Journ “ meldet; Wie der „N
Zr. Pr." aus Paris telegraphisch gemeldet
wird, erregt die Entdeckung eines
Wiener Arztes Namens Marmorek im
Institut Pasteur großes Aufsehen. Der-
selbe entdeckte den Erreger der septischen
Krankheiten, der Blutvergiftung und fand
zugleich ein Gegengift. Das neue Heil
mittel heißt Antistreptococcin.
— Die Katastrophe der „Elbe"
soll auch in Amerika ein Nachspiel haben
Dine Frau Czerny wurde durch den Unter
gang des Schiffes besonders hart betroffen
denn an Bord des gesunkenen Dampfers
befand sich ihr Gatte mit zwei kleinen
Kindern, die der Vater aus der Heimath
(Oesterreich) über das Meer zur Mutter
brachte. Frau Czerny, welche auf Long
Island wohnt, hat gegen den Norddeutschen
Lloyd eine Klage ' auf Schadenersatz in
Höhe von 30 000 Dollars angestrengt.
Sie führt in der Klage aus, sie sei ihres
Mannes, der Stütze der Gegenwart, und
ihrer Kinder, der Stütze ihrer Zukunft
beraubt worden, und verlangt für den
Tod ihres Gemahls 20 000 Dollars und
für den Tod ihrer beiden Kinder 10 000
Dollars.
— Der Redakteur des „Vorwärts
Dr. Braun hat die Zeugnißzwangshast
angetreten, die kürzlich über ihn in einer
ein „geheimes Aktenstück" betreffenden Unter
suchung gegen „Unbekannt" verhängt wor
den ist.
— Zur Bismarckfeier lesen wir in
der „Bolksztg. folgenden heiteren Vers;
Gepanzerte Rede und Schwerterstreich
Beherrschen die Scene;
Die Göttin der Weisheit im Deutschen Reich
Heißt — Pallasch Athene.
Berlin, 30. März. Im deutschen Thea
ter wurde heute das Schauspiel „Pastor
Brose" von L'Arronge zum ersten Male
aufgeführt. Die Komödie ist in lehrhafter
Volksstückmanier mit flachem politisch-satt
rischem Aufputz gehalten und erzählt eine
Art Dorfidylle. Das Publikum war sehr
beifallsfreudig und dewonstrirte bei tenden
ziösen Spitzen gegen Agrarier und Anti
semiten.
Ein drastisches Beispiel der ge
schäftlichen Misere bietet das Haus
Kottbuser Damm Nr. 13 in Berlin. Eine
hiesige Firma übergab dieser Tage der
Post ein Schreiben mit der Adresse: „An
die Konkursmasse, Berlin, Kottbuserdamm
13." Das Schreiben gelangte bald dar
auf in die Hände der Absenderin zurück
mit dem postalischen Vermerk: „Kottbuser
Damm 13 befinden sich drei Firmen in
Konkurs. Welche von selbigen soll Em
pfängerin sein?"
Köln, 28. März. Am Vorabende des
1. April wird im rheinisch-westfäli
schen Industriegebiet eine eigenartige
Kundgebung von der Verehrung, die Bis
marck genießt, Zeugniß ablegen. Große
Freudenfeuer von Magnesiumlicht sollen
auf den höchsten Punkten und namentlich
auf den Halden des lieblichen Ruhrthals
angezündet werden. Um 9 Uhr sollen die
Ilammenzeichen emporsteigen.
Der Oberbürgermeister svrderte die Be
sitzer der Häuser mit recht hochwasserfreien
Entwässerungsleitungen zu Vorsichtsmsß-
regeln auf, damit namentlich die Funda
mente der Häuser nicht gefährdet werden.
In Trier steigt das Wasser in . besorgniß-
erregender Weise und steht bereits in den
Vorstädten. Es herrscht Regenwetter.
Aus Forst, 27. März, wird geschrieben:
Herr v. Levetzow hat in hiesiger Stadl
seine Nachahmer gesunden. In einer kürz
lich abgehaltenen Sitzung des „Gewerbe-
Vereins" wurde der vom Vorstande ein
gebrachte Antrag auf offiziellen Theilnahme
und Zuschuß zum „Bismarck-Fackelznge"
abgelehnt, und zwar mit der Begründung,
daß der Verein ein „Bildungsverein" sei
und mit politischen Demonstrationen nichts
zu thun haben wolle. Darauf legten der
erste Vorsteher, der Schriftführer und der
Dirigent der Sangesabtheilung ihre Aemter
nieder.
Am 17. Dezember v. I. annoncierte
der Gastwirth Geisenheyner in Klein-
Wittenberg im dortigen „Tageblatt" :
Nachdem mir wiederholt die Gastzimmer
fenster des Nachts mit Schmutz beworfen
wurden, ist es mir mit drei Zeugen ge
lungen, den Thäter in der Person des
Lehrers Wurm hier, welcher recht lange
Beine machte, festzunehmen, welcher hierauf
seiner Strafe nicht entgehen wird." Der
Lehrer Wurm fühlte sich durch dieses
Inserat natürlich schwer beleidigt und
kellte Strafantrag gegen Geisenheyner,
gegen den nun gestern Termin vor dem
hiesigen Schöffengericht anstand. Hier tra t
der Beklagte aber den Beweis der Wahr
heit mit so überzeugendem Erfolg an, daß
das Gericht an der Thäterschaft Wurm's
nicht zweifeln konnte und ihn daher mit
seiner Klage unter Kostenlast abwies. Der
Grund zu dem für einen Lehrer doppelt
unqualificirten Benehmen liegt nach den
unwidersprochenen Ausführungen des Ver
theidigers des Geisenheyner, Justizrath
Veite, in folgendem: Die Lehrer in Klein-
Wittenberg waren bei der Gemeinde-Ver-
tretung, zu welcher auch Geisenheyner ge-
hört, um eine Weihnachts-Gratificaiion ein
gekommen. Geisenheyner hatte mit der
Begründung gegen die Gratification ge-
sprochen, daß die Lehrer, speziell Wurm,
um die Halben Scat spielen", und es
war deshalb das Gesuch abgelehnt worden.
Mainz, 31. März. * Das „Mainzer
journal" veröffentlicht folgendes, an die
C e ntrumsfr a c ti on des deutschen
Reichstages zu Händen des Grafen
Hompesch abgegangene Telegramm: Die
Centrumsfraktion' ^ Kammer der
Stände und der Landesansschuß der hes
sischen Centrumspartci sprechen der Cen-
trumsfraktion des Reichstages Namens der
Katholiken Hessens ihren wärmsten Dank
dafür aus, daß das Centrum eine Be-
theiligung der Katholiken zu dem 80. Ge
burtstage Bismarck's einmüthig abgelehnt
hat, nachdem die gegnerischen Parteien
diese Gratulation zu einer politischen
Kundgebung zu mißbrauchen versucht haben.
Für die Cenirmnsfraktion: Wasserburg.
Für den Landesansschuß: Dr. Schinidt.
Hildesheim, 1. April. Bei dem gestrigen
stark besuchten Bismarck-Commers wur
den 1400 Mark gesammelt als Grundstock
zu einer Bismarckstistung, aus deren Zins
erträgniß für Kranke, Hülfsbedürftige und
arme Kinder gesorgt werden soll.
Er fängt gut an, der neue Reichs
tagsabgeordnete für Eschlvege, Herr Jskraut
Derselbe ist vom Schöffengericht zu Oeyn
hausen soeben wegen Beleidigung des
Redakteurs Schüler zu 150 Mk. verur
theilt worden.
Erfurt, 1. April. In der vergangenen
Nacht wurde hier eine Prostituirte
ermordet und beraubt. Der Mörder ist
entkommen.
Marburg, 31. März. In dem benach-
barten Kirchhain zirkulirt ein vom Land-
rath Frhr. Schenck zu Schweins
berg unterzeichneter Aufruf zur Theil
nahme an einem Bismarckkommers. In
diesem Aufruf ivird der bekannte Beschluß
des Reichstags als eine dem deutschen
Volke angethane Schmach bezeichnet. Da
entsteht doch wirklich die Frage, ob sich
ein Landrath Beleidigungen des Reichs-
tags gestatten darf. Was Iväre geschehen,
wenn derselbe Landrath etwa die Annahme
der Militärvorlage als eine Schmach be-
zeichnet hätte und wenn er vor drei Jahren
zu einem solchen Protest-Bismarck-Kommers
eingeladen hätte?
Ein ganz außerordentlich unangeneh
mes Mißgeschick ist dem Kaiscrslautercr
5 tadtanzeiger, der Lokal-Beilage der
nationalliberalen Pfälzischen Presse, wider
fahren. In seiner Nummer vom 21. ds.
veröffenilichte nämlich dieses Organ nach
stehende Mittheilung: „In der vorigen
Woche brachte das hiesige demokratische
Blatt einige unwürdige Hetzartike! gegen
den Fürsten Bismarck, die angeblich aus
Lehrerkreisen stammten. Von einem Schul-
mann geht uns nun folgendes Gedicht zu,
von dem man sagen kann: facit indignatio
versum, qualemcumque potest. Nun folgt
das schwungvolle Poi-m, ein wahrer
Schlachtgesang wider „Demagogen" und
„Römlinge". Wer beschreibt aber die
Heiterkeit, die in Kaiserslautern entstand,
als aufmerksame Leser herausfanden, daß
dieses Gedicht ein sehr geschicktes A kr o It i-
chon sei, dessen Vers-Anfangsbuchstaben,
von oben nach unten gelesen, den Satz er
geben: „N. N. (der genaue Name eines
Hauptbetheiligten am Pfälzischen Stadtan
zeiger) ist der größte Esel in Kaisers-
l au lern".
Bremen, 28. März. Boesmann's Bu
reau meldet: Auf der Werft der Aktien
gesellschaft Weser lief heute Nachmittag
6 Uhr der für die deutsche Marine erbaute
Aviso H glücklich vom Stapel. Das
Schiff wurde auf den Namen „Hela" ge-
tauit. Die Taufe vollzog Corvettencapitän
hr. von Bösenhausen.
Herr v. Kkderlen - Wächter, der
preußische Gesandte in Hamburg, ist für
vie Bismarcktage auf Urlaub ge
gangen. Das Bismarck - Hoch auf den
Hamburger Kommers hat nicht der jetzige,
sondern der frühere Gesandte, Herr von
Kusserow, ausgebracht.
Nachdem eine in Eimsbüttel wohnende
Händlerin vor dem Amtsgericht in Ham
burg den Offcnbarungseid geleistet und vor
Ableistung desselben in der gesetzlich vor-
geschriebenen Weise die Erklärung abge
geben hatte, daß sie kein Vermögen besitze,
fuhr sie mit der Pferdebahn nach Eims
büttel zurück. In dem Augenblicke, als
die Händlerin dem Schaffner ihre letzten
10 Pfg. für den Fahrpreis einhändigte,
bestieg ein Gerichtsbeamter, in dessen Ge
genwart sie den Offenbarungseid geleistet
hatte, den Pferdebahnwagen, was zur
Folge hatte, daß der erstere eine Unter
suchung wegen Meineides gegen die Händ
lerin veranlaßte, weil sie das Vermögens
stück von „10 Pfg." verschwiegen hat.
Es dürfte aber wohl kaum zu erwarten
sein, daß die Staatsanwaltschaft in dieser
Sache eine Anklage erheben wird.
Friedrichsruh, 1. April. Der Haupt
punkt der heutigen Geburtstagsfeier des
Fürsten Bismarck concentrirt sich in dem
Empfange der deutschen Studenten, die aus
allen Universitätsstädten in ungeheuerer
Anzahl erschienen waren, den Fürsten zu
feiern. Der Aufmarsch währte stunden
lang und erst als Alles geordnet war,
wurde der Fürst benachrichtigt. Auf eine
Ansprache erfolgte die Erwiderung Bis
marck's in längerer Rede, die in der Er
mahnung gipfelte, daß die Jugend das
festhalten solle, was sie habe, das Reich
zu nehmen, nicht wie Einzelne es wünschen
sondern wie es ist. Die zusammengeströmte
Menschenmenge in Friedrichsruh war eine
ungeheure. — Der Fürst wurde von seiner
Umgebung ängstlich vor jeder Ueberanstren-
gung behütet und selbst die verdienstvollsten
Männer wurden vor 12 Uhr Mittags
nicht vorgelassen. Der erste Empfang wurde
den Rectoren der deutschen Universitäten
zu Theil, dann kamen Deputirte der Kunst-
Akademiker an die Reihe, welche die Büste
des Fürsten auf einem etwa einen Meter
hohen gelblichen Marmor-Obelisken, zu
dessen Füßen eine ideale Frauengestalt ruht,
die dem Fürsten einen Lorbeerzweig reicht,
überbrachte. Dieses Kunstwerk w^rde
von Kunstschülern in 12stündiger Fahrt
nach Friedrichsruh überbracht. Die in
ungeheurer Anzahl eingegangenen Geschenke
lassen sich nicht aufzählen. Briefe und
Karten wurden in großen binsengeflochtenen
Körben dutzendweise herbeigeschleppt. Bi
ll Uhr Mittags wurden bereits 500 ein
gegangene Depeschen und 1000 einge
schriebene Briefe gezählt. Vier Männer
waren damit beschäftigt, die eingegangenen
Kisten zu öffnen. „Sorgenstühle" treffen
in ganzen Mengen ein, so daß es an Platz
dafür mangelt, dazu Haufen an Shlipsen
Handschuhen, Hüten, Kragen und Mann-
schetlen, Service, goldene Bleistifte und
Petschafte, Photographien hübscher Damen,
6 Centner Reis, eine Kiste mit Enten,
eine Mütze aus Jgelfell (mit Stacheln
daran), selbst Tyras, ver Hund des Fürsten
ist nicht vergessen und hat diverse neue
Halsbänder empfangen. Daß es an wunder
baren Blumen-Arrangements nicht fehlt,
ist selbstredend, ganze Berge von Bouquets
sind eingetroffen. Auch an sinnigen Ge
schenken fehlt es nicht und kunstvolle Adressen
bilden eine Zierde des Geburtstagstisches
Der Friedrichsruher Specialkorrespondeni
der „Köln. Zig.", eine seit langen Jähret
mit dem Hause Bismarck befreundete Per
sönlichkeit, versichert bei der Besprechung
der Geburtstagsfeier, Fürst Bismarck spreche
nie von dem, was er geleistet, immer abe:
von dem, was zu vollenden ihm nicht mehr
vergönnt gewesen sei. Bezeichnend für
Bismarck's Wesen sei ein nur den Zunächst
stehenden bekannter Zug von Melancholie
Ņrov»nzielles.
Eine Au s st e l l u n g der Provinz
Schleswig-Holstein, verbunden mit
Sonder-Ausstellungen und einer inter
nationalen Schifffahrts-Ausstellung, wird
bekanntlich in Kiel 1896 stattfinden. Der
Vorstand der Ausstellung versendet eine
Aufforderung zur Zeichnung eines Garantie-
fonds. Wir haben bereits mehrfach über
die bereits eingegangenen Summen referirt
und recapituliren nur noch, daß bis jetzt
634 300 .M gezeichnet sind.
Kiel, 1. April. Prinz He inrich spendete
heute 500 Mark für die seitens der städ
tischen Kollegien beschlossene Errichtung
eines Kieler Bi smarckthurmes.
Kiel, 30. März. In der gestrigen
Sitzung der städtischen Collegiei
gedachte der Oberbürgermeister Fuß in
einer Ansprache des bevorstehenden 80
Geburtstages des Fürsten Bismarck
und bat die Mitglieder, sich zum Ausdrucke
des Dankes für die gewaltige That des
nationalen Helden von den Plätzen zu er
heben. Dies geschah. — Ferner ivar ein
Antrag des Dr. Nenber und 15 anderer
Stadtverordneten eingegangen, daß die
städtischen Collegien für einen „zur Er
innerung an den 80. Geburtstag des Für
sten Bismarck" zu erbauenden Thurm
10000 zur Verfügung stellen möchten.
Der Tynriii soll bei Düsternbrook, 30 m
hoch, auf einem 29 m hohen schönen Aus
sichtspunkte errichtet werden; 10000 JL
sind schon privatim in wenigen Tagen ge
zeichnet. Der Stadtverordnetenvorsteher
Niepa und drei andere freisinnige Stabt-
verordnete stimmten dem Antrage, da schon
eine Zweidrittelmehrheit im Voraus für
den Antrag Nenber gesichert sei und da
ferner „nach der Erklärung der Antrag
steller und nach der Zusammensetzung der
Kollegien die Absicht und der Schein einer
politischen Demonstration ausgeschlossen sei",
zu unter der Hauptbedingung, daß der für
sie nicht annehmbare Wortlaut („Geburts
tag des Fürsten Bismarck") abgeändert
werde dahin, daß es heiße: „zur Erinne
rung an die großen Verdienste des Fürsten
Bismarck um die nationale Einigung und
die Wiederherstellung des Reiches." —•
In dieser Fassung wurde der Antrag mit
allen Stimmen gegen die des sozialdemo
kratischen Stadtverordneten Heinzel ange
nommen.
A Husum, 31. März. Schon seit
längerer Zeit wird hier die Anlage einer
Wasserleitung geplant. Jetzt erscheint die
Ausführung dieses Projekts so gut wie
gesichert. Es wird beabsichtigt, in der
Nähe des Viehmarktes, wo durch frühere
Bohrversuche das Vorhandensein genügenSer
Wassermengen festgestellt ist, einen Wind-
motor zu errichten, der das Wasser durch
eine Röhre nach dem höchsten Punkte des
Kamps in ein großes Bassin hinauftreibt.
Von dort wird es durch eine Röhre zurück
nach der Stadt geleitet. Zunächst ist hauvt-
sächlich die Wasserversorgung der Neu-
stabt ins Auge gefaßt worden, wo der
Wasserverbrauch in Folge der Viehmärkte
ein ganz kolossaler ist. Die Gesammtkosten
der Anlage sind auf 47 000 Mk. veran
schlagt, die jährlichen Ausgaben einschließ-
lich Verzinsung des Kapitals mit 3'/ 2 pCi.
und 1 pCi. Amortisation auf ca. 2600 Mk.
In einer gestern von der Kämmereikvm-
mission einberufenen Versammlung wurden
sofort 1100 Mk. Jahresbeiträge gezeichnet.
Die fehlende Summe wird voraussichtlich
leicht zu erbringen sein, besonders, da sich
auch die Stadt, welche die Anlage für
die Reinigung des Viehhofs und für
Feuerlöschwerke benutzen will, mit einem
namhaften Beitrag betheiligen wirkn
d. Fockbek, 2. April. Das Aufforsten von
Oed- und Haideländereien in unserer Ge
markung wird in erfreulicher Weise fortgesetzt
und mit regem Eifer gehandhabt. Die Herren
Hufner K. Stolley, H. Kühl und H. Pahl
bepflanzen augenblicklich zwischen Fockbei und
Lohe ein Areal von ca. 35 Hektar. Die
Pflanzen liefert der Haidekulturverein, sowie
derselbe auch einen zur Bearbeitung des Bodens
geeigneten Untergrundspflug umsonst zur
Benutzung stellt.
—n. Jevenstedt, 1. April. Der 80.
Geburtstag des Fürsten v. Bismarck wurde
gestern Abend durch einen Kommers beim
Gastwirth Thode hies. gefeiert. — Be-
reits vor einigen Tagen sind die Störche
hier eingekehrt. Als Frühlingsboten haben
wir sie freudig begrüßt. ,
V Rendsburg, 2. April. Die kürzlich
verbreitete Nachricht, daß die in Anlaß der
Eröffnung des Nordostsee-Kanals hier ge-
plante Kaiserparadc nicht stattfinden werde,
scheint sich nicht zu bewähren. Vor einigen
Tagen war nämlich der Chef des General-
stabes des XU. Armeekorps, Oberst von
Prittwitz aus Altona hier anwesend und
nahm in Begleitung von Offizieren der
hiesigen Garnison und Mitgliedern des
Bauamtes eine Besichtigung des Exerzier-
Platzes vor und ist die Anordnung ge-
troffen worden, einen Theil desselben zu
planiren und mit Grassamen zu besäen.
Auch soll der Platz dem Vernehmen nach
von jetzt ab von der Artillerie nicht be-
iahren werden dürfen. Wie im klebrigen
verlautet, wird Se. Majestät der Kaiser
mit Gefolge gegen Abend von Brunsbüttel
hier eintreffen. Das, Geschwader wird im
Audorfer See vor Anker gehen und die
Nacht über dort verbleiben. Am andern
Bürgen sollen sich die hohen und höchsten
Herrschaften aus kleineren Fahrzeugen zu
rück begeben und zwischen der Eisenbahn-
brücke und dem Schützenhof landen, wo-
selbst ein entsprechender Anlegeplatz herge
stellt werden dürste. Daß über den ganzen
Aufenthalt bei unserer Stadt schließlich
nicht noch andere Bestimmungen getroffen
werden, ist nicht ausgeschlossen, doch scheint
die Abhaltung einer Parade doch ziemlich
sicher zu sein.
* Rendsburg, 2. April. Zu dem ge-
stern Abend im Apollvsaal veranstalteten
Bismarck-Commers hatten sich Theilnehmer
in recht grogcr Zahl Angefunden. Beson
ders stark war da» Militär vertreten. Der
große Saal tvar mit Pflanzen und Fahnen
sehr geschmackvoll ansgesiaitel. Als Bor
sitzender des Comites begrüßte Herr Bürger
meister v. Litienstern die Erschienenen und
eröffnete den Commers mit dem Wunsche,
daß derselbe einen guten Verlaus nehmen
möge. Als erster Festredner nahm Herr
Generalmajor v. H e i m b u r g das Wort,
feierte den Fürsten Bismarck als den Mit
begründer des deulschen Reiches und schloß
mit einem kräftig aufgenommenen Hoch
auf Se. Majestät den Kaiser, der mit
starkem Arm das Reich schütze. Als die
Musik d;e Kaiserhymne tnloixirte, wurde
das ganze Lied von der Festversammiung