Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

reicht haben, ist ein Vortheil der Handelsverträge 
der aut allen Seiten anerkannt werden müßte. 
Der Vorredner unv der Antragsteller haben sich 
den Nachweis der Ausführbarkeit sehr leicht ge 
macht und gesagt, die Regierung solle ihn prüfen, 
es werde sich schon etwas brauchbares heraus 
schälen lassen. Ich fürchte, daß der Antrag 
prinzipiell undurchführbar ist. Es ist auch nicht 
ganz klar, wie sich Graf Kanitz die Sache denkt. 
Was der Antrag will, ist lediglich eme Zoller 
höhung mit gleitender Scala mit der Maßgabe, 
daß täglich der Preis festgesetzt wird. Daß dabei 
ein reelles Geschäft möglich wäre, glaube ich nicht. 
Das Reich würde damit auch die ganze Verant 
wortung für die gesammte Getreibeversorgung 
Deutschlands übernehmen. Eine noch weitere 
schwerere Verantwortlichkeit liegt aber darin, daß 
dies Getreide auch den Preis erreicht, den der 
Antrag Kanitz bezweckt. Der geringste Irrthum 
des Reichsgetreidemnts, etiva die Einfuhr von 
5000 Tons zu viel, würde alle Berechnungen 
umstürzen. Ich bin der Ansicht, je größer die 
Nothlage der Landwirthschast und je intensiver 
die Erregung ist. desto mehr müssen wir uns 
dafür hüten, Hoffnungen und Erwartungen zu 
erwecken, von denen wir nicht wissen, ob sie zu 
erfüllen sind. .. . rr 
H " iar (Socdem.)', Es ware falsch, 
hinter dem Antrage gar keine 
id daß alles aufs beste bestellt 
Ztaatsrath den Antrag abge- 
iicht etwa um die 
vielmehr herrscht 
Abg. v. V o l l 
zu glauben, daß 
Agitation stände 
sei, nachdem der 
lehnt hat. Es handelt sich 
Mache einiger weniger Schwätzer, 
in der That in der Landwirthschast ein Nothsta 
Die Produktionskosten sind gestiegen, desgleichen 
die Verschuldung und gleichen Schritt damit 
halten die Steuern und Militärlasten. Weit über 
die Grenze der eigentlichen Agrarier hinaus reicht 
der Nothstand. Daß null die Antragsteller Staats- 
Hülse vorschlagen, ist in Deutschland nichts Neues; 
wir sind an Stantshülse für alle Kapitalisten, 
namentlich für die ländlichen Unteri,ehmer durch 
di- Liebesgaben u. s. w. längst gewöhnt. Tw 
Vertheuerung der Lebensmittel zahlt nicht da- 
Ausland, sondern die Aermsten unseres eigener 
Volkes. Der Effekt der Zölle war lediglich der. 
daß wer damals Güter besaß, diese unter Kapi- 
talisirung der Werthsteigerung verkaufte; es floß 
ihin also ein Gesch nk aus den Taschen des Volke: 
;u, während die allgemeine Lage der Landwirtb 
schaft dieselbe blieb. Jetzt verlangen Sie nicht 
nur den höchsten bisherigen Zoll von 5 Mk 
sondern, sreilich in anderer Form, einen solchem 
von >0 Mk., woraus sich ergiebt, daß uns diese 
ganze Agitation selbst dann nicht erspart geblieben 
wäre, wenn die Zölle nicht ermäßigt wären. 
Jetzt schon ist der Brotkonsum seil 1879 herabge 
drückt, nanieutlich wenn man ihn mit dem eng 
lischen vergleicht. (Widerspruch rechts) Ebenso 
wie für Getreide könnte man dasselbe für Vieh 
„. s. w. verlangen. Warum sollte auch nur das 
ausländische Getreide monopolisirt werden? Ata 
werde schnell zur Verstaatlichung der gesammten 
landwirthschaftlichen Produktion gelangen und 
das sei allerdings ein sozialistischer Gedanke 
Die Rechte wolle sociale Ataßregeln nur zu ihren 
eignen Nutzen, nicht wie die eigentlichen Sozial 
demskraten im Interesse der Allgemeinheit. Diese 
Zeit ab. Den Antrag Kanitz lehi 
warteten ih 
ten sie ab. 
Abg. Holtz (R.-P.) schildert 
schaftlichen Nothstand; 
wenn der Staat nicht 
den landwirth 
,, etwas geschehen 
Grunde gehen solle. 
WnMantu 
Auşrererrrohânche Gebiete 
Aus Cuba gestaltet sich die Lage für die 
Spanier immer gefahrdrohender. Die Auf 
stäiidifchen, die über 8000 Bewaffnete ver 
fügen, sind Herren der Provinz Santiago 
wo ihr Führer Maceo eine provisorische 
Regierung ausrief. 
Rewqork, 1. April. Aus Kai-West wird 
vom 26./28. März gemeldet, daß die In 
s u r g e n t e n auf Cuba mit den Regie 
rungstruppen in der Provinz Santa Clara 
Gefechte hatten. Die Regierungstruppen 
sollen an beiden Tagen geschlagen worden 
fein. 
Italien 
Florenz, 1. April. Unter den Trüm 
mern der Häuser, die am 28. v. M. durch 
einen Erdrutsch zerstört wurden, liegen 
.11 Leichen, da 19 Personen verschüttet 
und nur 8 gerettet wurden. 
Messina. 30. März. Gestern Abend 
8 Uhr fand in dem Kanal bei dem Leucht 
thurm von Messina ein Zusammen 
st o ß zwischen den englischen Schiffen 
„Alvach" und „Brindurn" statt. Der 
„Alvach" ging an der Küste in der Nähe 
von Granadello in Calabrien unter und 
ist wahrscheinlich ganz verloren. Die In 
fassen des Schiffes sind sämmtlich gerettet 
Monaco. 
Mcntouc, 2. April. In der prächtigen 
Hauptstraße, der Via Corsa, wüthet seit 
48 Stunden ein furchtbarer Brand, der 
erst in voriger Nackt lokalisirt werden 
konnte. Das Hotel d'Angleterre, ein mit 
dem größten Luxus ausgestattetes Haus, 
sowie fünf andere Paläste wurden voll 
ständig eingeäschert. Man schätzt den Ma 
terialschaden auf 7 Btillionen Lire. Bei 
den Löscharbeiten trugen drei Personen 
derartig schwere Verletzungen davon, daß 
sie denselben bald erlagen. Sechszehn 
Personen sind minder schwer verwundet 
— Nach einem Telegramm der „Köln 
Vvlksztg " soll der Prolog zu der Fest 
Vorstellung, welche zu E h r e n d e s F ü r st e n 
Bismarck am Montag im Schauspiel 
Hause stattfindet, vom Kaiser selbst ge 
di chtet sein. 
höchst zweifelhafter Eleganz und unentschiedenem 
Charakter mit. Man nennt diese Freunde 
der militärischen Bewegung und Musik wie 
nerisch „Frischer“ (Pilger). Sie ziehen mit 
und freuen sich des Konzertes, welches die 
Regimentskapellc ans dem Burgplatze giebt, 
das gewöhnlich aus drei Musikstücken besteht. 
(Fortsetzung folgt.) 
Berlin, 1. April. Im Schlosse fand 
heute unter Borsitz des Kaisers eine Eon- 
ßrenz statt zur Feststellung des Programms 
ür die Feierlichkeiten in Verbindung mit 
der Eröffnuug'des Nord-Ostsee-Canals. 
An der Conferenz nahmen unter anderen 
der Reichskanzler Fürst Hohenlohe, Prinz 
Ferdinand von Schleswig-Holstein, Graf 
Waldersee, die Minister Dr. von Boetticher 
und Thielen, Dr. Stephan und Admiral 
Hollmanu, sowie aus Hamburg Direktor 
Ballin von der Hainburg-Amerikanischen 
Packetfahrt-Aktien-Gesellschaft theil. 
Berlin, 1. April. Der „Reichs anz." 
schreibt im amtlichen Theil an der Spitze 
der heutigen Ausgabe: 
Fürst Bismarck vollendet heute sein 80. 
ebensjahr. Die zahllosen Beweise auf 
richtiger Liebe und Verehrung, welche ihm 
aus diesem Anlaß von nah und fern, von 
Hoch und Niedrig, in den letzten Wochen 
zu theil geworden sind, legen Zeugniß da 
von ab, daß die Dankbarkeit für seine un 
sterblichen Verdienste um Deutschlands Macht 
und Größe unauslöschlich in die Herzen 
des deutschen Volkes eingegraben ist. Möchte 
den heißen Wünschen für sein ferneres 
Wohlergehen, die heute überall, wo Deutsche 
zusammenwohnen, zu Gott emporsteigen 
Erfüllung beschickten sein und Deutschlands 
großer Sohn noch lange Jahre hindurch 
die Freude haben, das von ihm im Geiste 
seines glorreichen Heldenkaisers geschaffene 
Werk immer mehr wachsen und sich be 
festigen zu sehen! 
Berlin, 29. März. Eine Privatdepesche 
des „Kl. Journ “ meldet; Wie der „N 
Zr. Pr." aus Paris telegraphisch gemeldet 
wird, erregt die Entdeckung eines 
Wiener Arztes Namens Marmorek im 
Institut Pasteur großes Aufsehen. Der- 
selbe entdeckte den Erreger der septischen 
Krankheiten, der Blutvergiftung und fand 
zugleich ein Gegengift. Das neue Heil 
mittel heißt Antistreptococcin. 
— Die Katastrophe der „Elbe" 
soll auch in Amerika ein Nachspiel haben 
Dine Frau Czerny wurde durch den Unter 
gang des Schiffes besonders hart betroffen 
denn an Bord des gesunkenen Dampfers 
befand sich ihr Gatte mit zwei kleinen 
Kindern, die der Vater aus der Heimath 
(Oesterreich) über das Meer zur Mutter 
brachte. Frau Czerny, welche auf Long 
Island wohnt, hat gegen den Norddeutschen 
Lloyd eine Klage ' auf Schadenersatz in 
Höhe von 30 000 Dollars angestrengt. 
Sie führt in der Klage aus, sie sei ihres 
Mannes, der Stütze der Gegenwart, und 
ihrer Kinder, der Stütze ihrer Zukunft 
beraubt worden, und verlangt für den 
Tod ihres Gemahls 20 000 Dollars und 
für den Tod ihrer beiden Kinder 10 000 
Dollars. 
— Der Redakteur des „Vorwärts 
Dr. Braun hat die Zeugnißzwangshast 
angetreten, die kürzlich über ihn in einer 
ein „geheimes Aktenstück" betreffenden Unter 
suchung gegen „Unbekannt" verhängt wor 
den ist. 
— Zur Bismarckfeier lesen wir in 
der „Bolksztg. folgenden heiteren Vers; 
Gepanzerte Rede und Schwerterstreich 
Beherrschen die Scene; 
Die Göttin der Weisheit im Deutschen Reich 
Heißt — Pallasch Athene. 
Berlin, 30. März. Im deutschen Thea 
ter wurde heute das Schauspiel „Pastor 
Brose" von L'Arronge zum ersten Male 
aufgeführt. Die Komödie ist in lehrhafter 
Volksstückmanier mit flachem politisch-satt 
rischem Aufputz gehalten und erzählt eine 
Art Dorfidylle. Das Publikum war sehr 
beifallsfreudig und dewonstrirte bei tenden 
ziösen Spitzen gegen Agrarier und Anti 
semiten. 
Ein drastisches Beispiel der ge 
schäftlichen Misere bietet das Haus 
Kottbuser Damm Nr. 13 in Berlin. Eine 
hiesige Firma übergab dieser Tage der 
Post ein Schreiben mit der Adresse: „An 
die Konkursmasse, Berlin, Kottbuserdamm 
13." Das Schreiben gelangte bald dar 
auf in die Hände der Absenderin zurück 
mit dem postalischen Vermerk: „Kottbuser 
Damm 13 befinden sich drei Firmen in 
Konkurs. Welche von selbigen soll Em 
pfängerin sein?" 
Köln, 28. März. Am Vorabende des 
1. April wird im rheinisch-westfäli 
schen Industriegebiet eine eigenartige 
Kundgebung von der Verehrung, die Bis 
marck genießt, Zeugniß ablegen. Große 
Freudenfeuer von Magnesiumlicht sollen 
auf den höchsten Punkten und namentlich 
auf den Halden des lieblichen Ruhrthals 
angezündet werden. Um 9 Uhr sollen die 
Ilammenzeichen emporsteigen. 
Der Oberbürgermeister svrderte die Be 
sitzer der Häuser mit recht hochwasserfreien 
Entwässerungsleitungen zu Vorsichtsmsß- 
regeln auf, damit namentlich die Funda 
mente der Häuser nicht gefährdet werden. 
In Trier steigt das Wasser in . besorgniß- 
erregender Weise und steht bereits in den 
Vorstädten. Es herrscht Regenwetter. 
Aus Forst, 27. März, wird geschrieben: 
Herr v. Levetzow hat in hiesiger Stadl 
seine Nachahmer gesunden. In einer kürz 
lich abgehaltenen Sitzung des „Gewerbe- 
Vereins" wurde der vom Vorstande ein 
gebrachte Antrag auf offiziellen Theilnahme 
und Zuschuß zum „Bismarck-Fackelznge" 
abgelehnt, und zwar mit der Begründung, 
daß der Verein ein „Bildungsverein" sei 
und mit politischen Demonstrationen nichts 
zu thun haben wolle. Darauf legten der 
erste Vorsteher, der Schriftführer und der 
Dirigent der Sangesabtheilung ihre Aemter 
nieder. 
Am 17. Dezember v. I. annoncierte 
der Gastwirth Geisenheyner in Klein- 
Wittenberg im dortigen „Tageblatt" : 
Nachdem mir wiederholt die Gastzimmer 
fenster des Nachts mit Schmutz beworfen 
wurden, ist es mir mit drei Zeugen ge 
lungen, den Thäter in der Person des 
Lehrers Wurm hier, welcher recht lange 
Beine machte, festzunehmen, welcher hierauf 
seiner Strafe nicht entgehen wird." Der 
Lehrer Wurm fühlte sich durch dieses 
Inserat natürlich schwer beleidigt und 
kellte Strafantrag gegen Geisenheyner, 
gegen den nun gestern Termin vor dem 
hiesigen Schöffengericht anstand. Hier tra t 
der Beklagte aber den Beweis der Wahr 
heit mit so überzeugendem Erfolg an, daß 
das Gericht an der Thäterschaft Wurm's 
nicht zweifeln konnte und ihn daher mit 
seiner Klage unter Kostenlast abwies. Der 
Grund zu dem für einen Lehrer doppelt 
unqualificirten Benehmen liegt nach den 
unwidersprochenen Ausführungen des Ver 
theidigers des Geisenheyner, Justizrath 
Veite, in folgendem: Die Lehrer in Klein- 
Wittenberg waren bei der Gemeinde-Ver- 
tretung, zu welcher auch Geisenheyner ge- 
hört, um eine Weihnachts-Gratificaiion ein 
gekommen. Geisenheyner hatte mit der 
Begründung gegen die Gratification ge- 
sprochen, daß die Lehrer, speziell Wurm, 
um die Halben Scat spielen", und es 
war deshalb das Gesuch abgelehnt worden. 
Mainz, 31. März. * Das „Mainzer 
journal" veröffentlicht folgendes, an die 
C e ntrumsfr a c ti on des deutschen 
Reichstages zu Händen des Grafen 
Hompesch abgegangene Telegramm: Die 
Centrumsfraktion' ^ Kammer der 
Stände und der Landesansschuß der hes 
sischen Centrumspartci sprechen der Cen- 
trumsfraktion des Reichstages Namens der 
Katholiken Hessens ihren wärmsten Dank 
dafür aus, daß das Centrum eine Be- 
theiligung der Katholiken zu dem 80. Ge 
burtstage Bismarck's einmüthig abgelehnt 
hat, nachdem die gegnerischen Parteien 
diese Gratulation zu einer politischen 
Kundgebung zu mißbrauchen versucht haben. 
Für die Cenirmnsfraktion: Wasserburg. 
Für den Landesansschuß: Dr. Schinidt. 
Hildesheim, 1. April. Bei dem gestrigen 
stark besuchten Bismarck-Commers wur 
den 1400 Mark gesammelt als Grundstock 
zu einer Bismarckstistung, aus deren Zins 
erträgniß für Kranke, Hülfsbedürftige und 
arme Kinder gesorgt werden soll. 
Er fängt gut an, der neue Reichs 
tagsabgeordnete für Eschlvege, Herr Jskraut 
Derselbe ist vom Schöffengericht zu Oeyn 
hausen soeben wegen Beleidigung des 
Redakteurs Schüler zu 150 Mk. verur 
theilt worden. 
Erfurt, 1. April. In der vergangenen 
Nacht wurde hier eine Prostituirte 
ermordet und beraubt. Der Mörder ist 
entkommen. 
Marburg, 31. März. In dem benach- 
barten Kirchhain zirkulirt ein vom Land- 
rath Frhr. Schenck zu Schweins 
berg unterzeichneter Aufruf zur Theil 
nahme an einem Bismarckkommers. In 
diesem Aufruf ivird der bekannte Beschluß 
des Reichstags als eine dem deutschen 
Volke angethane Schmach bezeichnet. Da 
entsteht doch wirklich die Frage, ob sich 
ein Landrath Beleidigungen des Reichs- 
tags gestatten darf. Was Iväre geschehen, 
wenn derselbe Landrath etwa die Annahme 
der Militärvorlage als eine Schmach be- 
zeichnet hätte und wenn er vor drei Jahren 
zu einem solchen Protest-Bismarck-Kommers 
eingeladen hätte? 
Ein ganz außerordentlich unangeneh 
mes Mißgeschick ist dem Kaiscrslautercr 
5 tadtanzeiger, der Lokal-Beilage der 
nationalliberalen Pfälzischen Presse, wider 
fahren. In seiner Nummer vom 21. ds. 
veröffenilichte nämlich dieses Organ nach 
stehende Mittheilung: „In der vorigen 
Woche brachte das hiesige demokratische 
Blatt einige unwürdige Hetzartike! gegen 
den Fürsten Bismarck, die angeblich aus 
Lehrerkreisen stammten. Von einem Schul- 
mann geht uns nun folgendes Gedicht zu, 
von dem man sagen kann: facit indignatio 
versum, qualemcumque potest. Nun folgt 
das schwungvolle Poi-m, ein wahrer 
Schlachtgesang wider „Demagogen" und 
„Römlinge". Wer beschreibt aber die 
Heiterkeit, die in Kaiserslautern entstand, 
als aufmerksame Leser herausfanden, daß 
dieses Gedicht ein sehr geschicktes A kr o It i- 
chon sei, dessen Vers-Anfangsbuchstaben, 
von oben nach unten gelesen, den Satz er 
geben: „N. N. (der genaue Name eines 
Hauptbetheiligten am Pfälzischen Stadtan 
zeiger) ist der größte Esel in Kaisers- 
l au lern". 
Bremen, 28. März. Boesmann's Bu 
reau meldet: Auf der Werft der Aktien 
gesellschaft Weser lief heute Nachmittag 
6 Uhr der für die deutsche Marine erbaute 
Aviso H glücklich vom Stapel. Das 
Schiff wurde auf den Namen „Hela" ge- 
tauit. Die Taufe vollzog Corvettencapitän 
hr. von Bösenhausen. 
Herr v. Kkderlen - Wächter, der 
preußische Gesandte in Hamburg, ist für 
vie Bismarcktage auf Urlaub ge 
gangen. Das Bismarck - Hoch auf den 
Hamburger Kommers hat nicht der jetzige, 
sondern der frühere Gesandte, Herr von 
Kusserow, ausgebracht. 
Nachdem eine in Eimsbüttel wohnende 
Händlerin vor dem Amtsgericht in Ham 
burg den Offcnbarungseid geleistet und vor 
Ableistung desselben in der gesetzlich vor- 
geschriebenen Weise die Erklärung abge 
geben hatte, daß sie kein Vermögen besitze, 
fuhr sie mit der Pferdebahn nach Eims 
büttel zurück. In dem Augenblicke, als 
die Händlerin dem Schaffner ihre letzten 
10 Pfg. für den Fahrpreis einhändigte, 
bestieg ein Gerichtsbeamter, in dessen Ge 
genwart sie den Offenbarungseid geleistet 
hatte, den Pferdebahnwagen, was zur 
Folge hatte, daß der erstere eine Unter 
suchung wegen Meineides gegen die Händ 
lerin veranlaßte, weil sie das Vermögens 
stück von „10 Pfg." verschwiegen hat. 
Es dürfte aber wohl kaum zu erwarten 
sein, daß die Staatsanwaltschaft in dieser 
Sache eine Anklage erheben wird. 
Friedrichsruh, 1. April. Der Haupt 
punkt der heutigen Geburtstagsfeier des 
Fürsten Bismarck concentrirt sich in dem 
Empfange der deutschen Studenten, die aus 
allen Universitätsstädten in ungeheuerer 
Anzahl erschienen waren, den Fürsten zu 
feiern. Der Aufmarsch währte stunden 
lang und erst als Alles geordnet war, 
wurde der Fürst benachrichtigt. Auf eine 
Ansprache erfolgte die Erwiderung Bis 
marck's in längerer Rede, die in der Er 
mahnung gipfelte, daß die Jugend das 
festhalten solle, was sie habe, das Reich 
zu nehmen, nicht wie Einzelne es wünschen 
sondern wie es ist. Die zusammengeströmte 
Menschenmenge in Friedrichsruh war eine 
ungeheure. — Der Fürst wurde von seiner 
Umgebung ängstlich vor jeder Ueberanstren- 
gung behütet und selbst die verdienstvollsten 
Männer wurden vor 12 Uhr Mittags 
nicht vorgelassen. Der erste Empfang wurde 
den Rectoren der deutschen Universitäten 
zu Theil, dann kamen Deputirte der Kunst- 
Akademiker an die Reihe, welche die Büste 
des Fürsten auf einem etwa einen Meter 
hohen gelblichen Marmor-Obelisken, zu 
dessen Füßen eine ideale Frauengestalt ruht, 
die dem Fürsten einen Lorbeerzweig reicht, 
überbrachte. Dieses Kunstwerk w^rde 
von Kunstschülern in 12stündiger Fahrt 
nach Friedrichsruh überbracht. Die in 
ungeheurer Anzahl eingegangenen Geschenke 
lassen sich nicht aufzählen. Briefe und 
Karten wurden in großen binsengeflochtenen 
Körben dutzendweise herbeigeschleppt. Bi 
ll Uhr Mittags wurden bereits 500 ein 
gegangene Depeschen und 1000 einge 
schriebene Briefe gezählt. Vier Männer 
waren damit beschäftigt, die eingegangenen 
Kisten zu öffnen. „Sorgenstühle" treffen 
in ganzen Mengen ein, so daß es an Platz 
dafür mangelt, dazu Haufen an Shlipsen 
Handschuhen, Hüten, Kragen und Mann- 
schetlen, Service, goldene Bleistifte und 
Petschafte, Photographien hübscher Damen, 
6 Centner Reis, eine Kiste mit Enten, 
eine Mütze aus Jgelfell (mit Stacheln 
daran), selbst Tyras, ver Hund des Fürsten 
ist nicht vergessen und hat diverse neue 
Halsbänder empfangen. Daß es an wunder 
baren Blumen-Arrangements nicht fehlt, 
ist selbstredend, ganze Berge von Bouquets 
sind eingetroffen. Auch an sinnigen Ge 
schenken fehlt es nicht und kunstvolle Adressen 
bilden eine Zierde des Geburtstagstisches 
Der Friedrichsruher Specialkorrespondeni 
der „Köln. Zig.", eine seit langen Jähret 
mit dem Hause Bismarck befreundete Per 
sönlichkeit, versichert bei der Besprechung 
der Geburtstagsfeier, Fürst Bismarck spreche 
nie von dem, was er geleistet, immer abe: 
von dem, was zu vollenden ihm nicht mehr 
vergönnt gewesen sei. Bezeichnend für 
Bismarck's Wesen sei ein nur den Zunächst 
stehenden bekannter Zug von Melancholie 
Ņrov»nzielles. 
Eine Au s st e l l u n g der Provinz 
Schleswig-Holstein, verbunden mit 
Sonder-Ausstellungen und einer inter 
nationalen Schifffahrts-Ausstellung, wird 
bekanntlich in Kiel 1896 stattfinden. Der 
Vorstand der Ausstellung versendet eine 
Aufforderung zur Zeichnung eines Garantie- 
fonds. Wir haben bereits mehrfach über 
die bereits eingegangenen Summen referirt 
und recapituliren nur noch, daß bis jetzt 
634 300 .M gezeichnet sind. 
Kiel, 1. April. Prinz He inrich spendete 
heute 500 Mark für die seitens der städ 
tischen Kollegien beschlossene Errichtung 
eines Kieler Bi smarckthurmes. 
Kiel, 30. März. In der gestrigen 
Sitzung der städtischen Collegiei 
gedachte der Oberbürgermeister Fuß in 
einer Ansprache des bevorstehenden 80 
Geburtstages des Fürsten Bismarck 
und bat die Mitglieder, sich zum Ausdrucke 
des Dankes für die gewaltige That des 
nationalen Helden von den Plätzen zu er 
heben. Dies geschah. — Ferner ivar ein 
Antrag des Dr. Nenber und 15 anderer 
Stadtverordneten eingegangen, daß die 
städtischen Collegien für einen „zur Er 
innerung an den 80. Geburtstag des Für 
sten Bismarck" zu erbauenden Thurm 
10000 zur Verfügung stellen möchten. 
Der Tynriii soll bei Düsternbrook, 30 m 
hoch, auf einem 29 m hohen schönen Aus 
sichtspunkte errichtet werden; 10000 JL 
sind schon privatim in wenigen Tagen ge 
zeichnet. Der Stadtverordnetenvorsteher 
Niepa und drei andere freisinnige Stabt- 
verordnete stimmten dem Antrage, da schon 
eine Zweidrittelmehrheit im Voraus für 
den Antrag Nenber gesichert sei und da 
ferner „nach der Erklärung der Antrag 
steller und nach der Zusammensetzung der 
Kollegien die Absicht und der Schein einer 
politischen Demonstration ausgeschlossen sei", 
zu unter der Hauptbedingung, daß der für 
sie nicht annehmbare Wortlaut („Geburts 
tag des Fürsten Bismarck") abgeändert 
werde dahin, daß es heiße: „zur Erinne 
rung an die großen Verdienste des Fürsten 
Bismarck um die nationale Einigung und 
die Wiederherstellung des Reiches." —• 
In dieser Fassung wurde der Antrag mit 
allen Stimmen gegen die des sozialdemo 
kratischen Stadtverordneten Heinzel ange 
nommen. 
A Husum, 31. März. Schon seit 
längerer Zeit wird hier die Anlage einer 
Wasserleitung geplant. Jetzt erscheint die 
Ausführung dieses Projekts so gut wie 
gesichert. Es wird beabsichtigt, in der 
Nähe des Viehmarktes, wo durch frühere 
Bohrversuche das Vorhandensein genügenSer 
Wassermengen festgestellt ist, einen Wind- 
motor zu errichten, der das Wasser durch 
eine Röhre nach dem höchsten Punkte des 
Kamps in ein großes Bassin hinauftreibt. 
Von dort wird es durch eine Röhre zurück 
nach der Stadt geleitet. Zunächst ist hauvt- 
sächlich die Wasserversorgung der Neu- 
stabt ins Auge gefaßt worden, wo der 
Wasserverbrauch in Folge der Viehmärkte 
ein ganz kolossaler ist. Die Gesammtkosten 
der Anlage sind auf 47 000 Mk. veran 
schlagt, die jährlichen Ausgaben einschließ- 
lich Verzinsung des Kapitals mit 3'/ 2 pCi. 
und 1 pCi. Amortisation auf ca. 2600 Mk. 
In einer gestern von der Kämmereikvm- 
mission einberufenen Versammlung wurden 
sofort 1100 Mk. Jahresbeiträge gezeichnet. 
Die fehlende Summe wird voraussichtlich 
leicht zu erbringen sein, besonders, da sich 
auch die Stadt, welche die Anlage für 
die Reinigung des Viehhofs und für 
Feuerlöschwerke benutzen will, mit einem 
namhaften Beitrag betheiligen wirkn 
d. Fockbek, 2. April. Das Aufforsten von 
Oed- und Haideländereien in unserer Ge 
markung wird in erfreulicher Weise fortgesetzt 
und mit regem Eifer gehandhabt. Die Herren 
Hufner K. Stolley, H. Kühl und H. Pahl 
bepflanzen augenblicklich zwischen Fockbei und 
Lohe ein Areal von ca. 35 Hektar. Die 
Pflanzen liefert der Haidekulturverein, sowie 
derselbe auch einen zur Bearbeitung des Bodens 
geeigneten Untergrundspflug umsonst zur 
Benutzung stellt. 
—n. Jevenstedt, 1. April. Der 80. 
Geburtstag des Fürsten v. Bismarck wurde 
gestern Abend durch einen Kommers beim 
Gastwirth Thode hies. gefeiert. — Be- 
reits vor einigen Tagen sind die Störche 
hier eingekehrt. Als Frühlingsboten haben 
wir sie freudig begrüßt. , 
V Rendsburg, 2. April. Die kürzlich 
verbreitete Nachricht, daß die in Anlaß der 
Eröffnung des Nordostsee-Kanals hier ge- 
plante Kaiserparadc nicht stattfinden werde, 
scheint sich nicht zu bewähren. Vor einigen 
Tagen war nämlich der Chef des General- 
stabes des XU. Armeekorps, Oberst von 
Prittwitz aus Altona hier anwesend und 
nahm in Begleitung von Offizieren der 
hiesigen Garnison und Mitgliedern des 
Bauamtes eine Besichtigung des Exerzier- 
Platzes vor und ist die Anordnung ge- 
troffen worden, einen Theil desselben zu 
planiren und mit Grassamen zu besäen. 
Auch soll der Platz dem Vernehmen nach 
von jetzt ab von der Artillerie nicht be- 
iahren werden dürfen. Wie im klebrigen 
verlautet, wird Se. Majestät der Kaiser 
mit Gefolge gegen Abend von Brunsbüttel 
hier eintreffen. Das, Geschwader wird im 
Audorfer See vor Anker gehen und die 
Nacht über dort verbleiben. Am andern 
Bürgen sollen sich die hohen und höchsten 
Herrschaften aus kleineren Fahrzeugen zu 
rück begeben und zwischen der Eisenbahn- 
brücke und dem Schützenhof landen, wo- 
selbst ein entsprechender Anlegeplatz herge 
stellt werden dürste. Daß über den ganzen 
Aufenthalt bei unserer Stadt schließlich 
nicht noch andere Bestimmungen getroffen 
werden, ist nicht ausgeschlossen, doch scheint 
die Abhaltung einer Parade doch ziemlich 
sicher zu sein. 
* Rendsburg, 2. April. Zu dem ge- 
stern Abend im Apollvsaal veranstalteten 
Bismarck-Commers hatten sich Theilnehmer 
in recht grogcr Zahl Angefunden. Beson 
ders stark war da» Militär vertreten. Der 
große Saal tvar mit Pflanzen und Fahnen 
sehr geschmackvoll ansgesiaitel. Als Bor 
sitzender des Comites begrüßte Herr Bürger 
meister v. Litienstern die Erschienenen und 
eröffnete den Commers mit dem Wunsche, 
daß derselbe einen guten Verlaus nehmen 
möge. Als erster Festredner nahm Herr 
Generalmajor v. H e i m b u r g das Wort, 
feierte den Fürsten Bismarck als den Mit 
begründer des deulschen Reiches und schloß 
mit einem kräftig aufgenommenen Hoch 
auf Se. Majestät den Kaiser, der mit 
starkem Arm das Reich schütze. Als die 
Musik d;e Kaiserhymne tnloixirte, wurde 
das ganze Lied von der Festversammiung
	        
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