Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

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der Blattes bei Beginn 
des neuen Quartals vor 
zubeugen. Die wichtigsten 
politischen Ereignisse wer 
den in demselben zur Ent 
scheidung gelangen. 
Ireitag, den 29. März 
1895. 
'MvrgkN-Depeschen 
Berlin, 28. März. Wie von parlamen 
tarischer Quelle verlautet, gedenkt der 
Reichstag am Freitag, den 5. April, in 
die Osterferien zu gehen und seine Sitzun 
gen am Mittwoch, den 24. April, wieder 
aufzunehmen. In der nächsten Woche soll 
zunächst der Antrag Kanitz berathen wer 
den, für den inan mindestens drei Tage 
in Aussicht nimmt. Sollten die verbün 
deten Regierungen ihrerseits mit bestimmten 
Erklärungen in diese Verhandlung ein 
greifen, so dürste die Berathung einen 
nock größeren Umfang annehmen. (In 
zwischen ist bereits der Antrag Kanitz aus 
die Tagesordnung der morgigen Reichs- 
tagssitzung festgesetzt worden.) 
Berlin, 28. März. Wie gemeldet wird, 
hat der Generallientenant Vogel v. Falckcn- 
stein, Commandeur der 5. Division, seinen 
Abschied eingereicht; man glaubt, daß dieses 
Gesuch mit der letzten Veränderung im 
Commando des VI. Armeekorps zusammen- 
hängt. 
Berlin, 28. März. Wie die „Nordd, 
Allg. gtg." erfährt, dürfte der nenernannte 
russische Botschafter in Berlin Graf v. d. 
Osten-Sacken im Laufe des April seinen 
Posten antreten. 
Brüssel, 29. März. Heute sand in der 
Kammer die Fortsetzung der Debatte über 
das Gemeindewahlgesetz statt. Bon der 
Belle sprach sich mit äußerst heftigen 
Worten gegen die Vorlage aus; er be 
hauptete, die Regierung wolle die Revolution, 
um zeigen zu können, wie weit ihre Macht 
gehe; er (Redner) beschwöre die Deputation, 
diesen Fehler nicht zu begehen. — Man 
glaubt, daß die Debatten über das Gemeinde 
wahlgesetz vor Anfang nächster Woche nicht 
beendigt werden. 
. Brüssel, 29. März. Sollte die Situation 
in den Kohlenbezirken sich nicht bald bessern, 
dann werden weitere 7000 Mann Reserve 
eingezogen; der diesbezügliche Befehl ist 
bereits unterzeichnet. 
Brüssel, 29. März. Der allgemeine 
Ausstand erfaßt immer weitere Kreise. 
Nun hat auch der Schneiderverein be 
schlossen, sich dem Streike anzuschließen. — 
Am 1. April soll in den Straßen Brüssels 
eine Riesendemonstration veranstaltet 
werden. 
Antwerpen, 29. März. Heute Nach- 
mittag hat die von den Handelskammern 
veranlaßte Abstimmung über die Anneclion 
des Kongostaates seitens Belgiens stattge- 
funden. 373 Mitglieder haben für die so 
fortige Uebernahme, 93 haben dagegen ge- 
stimmt. Zwei Mitglieder betheiligten sich 
nicht an der Abstinimung. Diesem Resul 
tat wird die größte Bedeutung beigemessen, 
weil man glaubt, daraus schließen zu 
dürfen, daß die Vorlage in der Kammer 
ebenfalls zur Annahme gelangen werde. 
Brünn, 28. März. Der von der hiesi 
gen technischen Verbindung „Sudetia" ge 
plante Bismarck-Commers wurde von den 
Dtaatsbehörden verboten. 
Palermo, 29. März. Bei Roccapalumba 
hat ein größerer Erdrutsch stattgefunden. 
Eine Fläche von 2 Quadratkilometer ist 
mit Geröll bedeckt. 
Luzern, 28. März. In den Alpen fällt 
eil einigen Tagen wieder viel Schnee, in 
den Niederungen herrscht Regen. 
Paris, 28. März. Nachdem der Finanz, 
minister den Arbeitern der Zündholzfabriken 
die geforderten Lohnerhöhungen verweigert 
hatte, versammelten sich gestern die Arbeiter 
und beschlossen nach langen Debatten mit 
197 gegen 187 Stimmen, den Ausstand 
zu erklären. Die Arbeiter sämmtlicher 
Zündholzfabriken wurden sofort telephonisch 
benachrichtigt und aufgefordert, die Arbeit 
einzustellen. 
Paris, 29. März. Der in dem Pasteur- 
chen Institut thätige Arzt Alexander 
Marnorek, ein geborner Wiener, hat die 
Ursachen des Wundfiebers, des Wochen- 
bettfiebers und des Rothlaufs entdeckt; 
ferner ist es ihm gelungen, das erforder 
liche Mittel zu finden, durch welches diese 
Krankheiten verhindert oder im ersten 
Stadium unterdrückt werden können. Die 
bisher mit dem Mittel vorgenommenen 
Versuche verliefen äußerst günstig. 
Cincinnati, 28. März. Sechs Räuber 
griffen einen Eisenbahnzug der Cin 
cinnati Railway bei Southern Greenwood, 
im Staate Kentucky an. Der Bahnhof- 
vorstand war vorher gewarnt worden und 
daher der Zug mit starker Bedeckung ver 
sehen. Zwei der Räuber wurden gelobtet, 
einer wurde schwer verwundet, die Anderen 
flohen. 
Milwaukee, 28. März. Gestern brach 
ein Großfeuer hier aus. 20 Geschäfts 
häuser wurden vollständig eingeäschert. 
Der Schaden übersteigt 1 Million Dollars 
Washington, 28. März. Das Küsten 
vertheidiguiigsschiff, „Monte Rep" ist wegen 
den Unruhen in Peru von San Francisco 
nach Callao beordert worden. 
Außereuropäische (ctebicte 
Die Aufständischen von Cuba haben 
die spanischen Truppen bei Camochuelos 
geschlagen. Der Anführer der unterlegenen 
Abtheilung wird vor ein Kreisgericht ge 
stellt werden. Der Ministerpräsident Ca- 
novas hatte gestern eine Unterredung mit 
deni Marschall Martinez Campos. Dieser 
hat den Posten des Generalgouverneurs 
von Cuba angenommen und wird sich in 
Anbetracht des Ernstes der Lage bereits 
am 2. April einschiffen. 
Laut Nachrichten vom 27. März be 
richtet die columbische Regierung, daß am 
15. d. M. eine Abtheilung Regierungs- 
trnppen etwa 2500 Aufständischere 
Ensiso geschlagen und diesen Ort ein- 
genommen hat. Der Berlust^er Regierungs 
truppen betrug etlva 700, der der Ans- 
ständischen etwa 1200 Mann. 
Baltimore, 28. März. Der von Santiago 
kommende hier eingetrofiene englischeDampser 
„Laurestina" bericht, daß am 18. d. M. 
die Schildwache eines spanischen Forts 
einen zu dem Dampfer „Laurestina" ge- 
hörenden Matrosen, der nicht spanisch 
konnte und deshalb den Haftbefehl der 
Schildwache nicht verstand und davonlief, 
erschossen hat Der Commandeur des 
Forts verweigert die Auslieferung des Er- 
schossenen. Der Bapitän der „Laurestina" 
hat bei der englischen Regierung Beschwerde 
eingereicht. 
Siuionosaki, 28. März. Das Befinden 
Li Hung Tschaug's ist fortdauernd 
günstig. Zu Besorgnissen giebt dasselbe 
keinerlei Anlaß. Der Präfekt und der 
Ches der Polizei sind ihrer Stellungen 
enthoben. 
Ächwriz. 
Zürich, 27. März. Im Jura ist ein 
allgemeiner Streik der Uhrenarbcitcr 
ausgebrochcn. Bisher haben 2000 Mann 
die Arbeit niedergelegt. 
Frankreich. 
Paris. Die Reden des Kaisers 
und des F ü r st e n B i s m a r ck veranlassen, 
wie der „Voss. Ztg." gemeldet wird, die 
hiesigen Blätter zu Betrachtungen, die größlcn- 
thcils in deutschen Zeitungen nicht wiederzu 
geben sind. Selbst gemäßigtere Blätter er 
klären, daß alles G e l ä n d c, das die 
Verständigung zwischen beiden Ländern seit 
Jahren gewonnen hatte, mit eine m 
S ch l a g e w i c d c r v e r l o r c n worden sei. 
Paris, 28. März. Wie der „Gaulois" 
mittheilt, beschäftigt sich die Regierung ge- 
genwärtig mit der Prüfung eines Projektes 
zur Verbesserung und Vergrößerung, sowie 
Verstärkung der Garnisonen in Süd- und 
Südwestfrankreich. In dieser Angelegen 
heit sollen, sobald das neue, spanische Mi- 
nisterium einigermaßen Fuß gefaßt hat. 
zwischen Frankreich und Spanien Ber- 
Handlungen gepflogen werden, da sie rein 
diplomatischer Natur ist und in gewissen 
Punkten beide Länder intcrcssirt. 
Aus Paris wird dem „L-A." geichrie- 
ben, daß im Wartesaal des Nordbahnhofes 
der amerikanische Buchmacher O'Brien 
auf einen englischen Collegen sechs Re- 
volvcrschnsse abfeuerte. Im Ver 
hör erklärte der Mörder, daß er sich an 
seinem Collegen wegen einer Gcldaffäre 
habe rächen wollen. 
Die Madagaskar-Soldaten scheinen sehr 
kampflustig zu sein, denn sie beginnen die 
Feindseligkeiten schon in Frankreich. Nach 
Meldungen aus Lyon kam es gestern in 
einem Restaurant in Salhonay zwischen 
Soldaten des 121. Jnfanterie-Regiments 
">'d den Gästen zu einer blutigen Rauferei, 
wobei der Wirth einen Bajonettstich in die 
Brust und 2 der Kämpfenden schwere Ver- 
letzungen erhielten. Die Milikärbehörde 
hat im Verein mit der Polizei von Salhonay 
eine strenge Untersuchung eingeleitet. 
Paris, 28. März. Eine Versammlung 
von 700 Arbeitern der staatlichen Zünd 
holzfabriken von Pantin und Aubervilliers 
beschloß mit einer Mehrheit von 100 
13) 
Ohne Liebe. 
Novelle von Lothar Brenkendorff. 
Unterdessen trugen vier Gutsarbeitcr aus 
einer Bahre einen von Decken verhüllten reg 
losen Gegenstand in's Schloß, den sic nach 
langem Suchen unter den Trümmerschutt 
des zerstörten Pavillons gesunden. Hätten 
die Männer nicht gewußt, daß der Tote nur 
der Hofmeister sein könne und wäre nicht 
überdies seine Kleidung zum Theil erhalten 
geblieben, so würden sie gewiß Mühe gehabt 
haben, in dem gräßlich zugerichteten Köiper 
den unglücklichen Doktor Lindstrand zu er 
kennen. Sein Schädel war zerschmettert und 
sein geschwärztes Gesicht war zu eine form 
losen Masse verwandelt. Wie fürchterlich 
auch immer den Entsetzten sein Ende erscheinen 
mochte: das eine doch war gewiß, daß er 
selber kaum noch etwas davon empfunden 
haben konnte. Der Augenblick, in welchem 
die Explosion erfolgt war, mußte auch der 
letzte seines Lebens gewesen sein. Er hatte 
die voraussichtliche Wirkung einer solchen 
Katastrophe vollkommen richtig beurteilt, als 
cr Gilda bei ihrem ersten Ansuche im 
Pavillon versichert hatte, daß man garnicht 
erst Zeit haben würde, eine» Schmerz oder 
Schreck zu empfinden. 
Wenn man ihm einen Wunsch an das 
Schicksal freigestellt hätte, so hätte er sich in 
der That nichts Besseres wünschen können 
als einen solchen Tod. 
Zu ihrem Erstaunen hatten die Männer 
unter den Trümmern auch den vielfach 
zerrissenen Körper des großen Hundes 
gesunden. Er hatte unmittelbar neben der 
Stiche des Hauslehrers gelegen und war 
sofort als der Neufundländer Sultan 
rekognosziert worden. Das Thier hatte 
niemals irgend welche Zuneigung für den 
Doktor an den Tag gelegt. Man begriff 
nicht, durch welchen Zufall eS gerade heute 
Abend in den Pavillon gekonimen sei. Nur 
eine merkwürdige Regung von Neugier konnte 
cS dahin geführt haben und alle bedauerten, 
daß das treue und gutmüthige Thier diese 
unzeitige Regung so theuer hatte bezahlen 
müssen. 
Der Arzt, der zuerst im Hcrrenhause 
eintraf, machte ein bedenkliches Gesicht, 
während er das schöne sunge Schloßfräulein 
untersuchte. Auf Herrn von Hohenbruck's 
dringende Fragen gab cr unumwunden zu, 
daß es ihnl vorläufig unmöglich sei, die 
Krankheit zu erkennen und irgend etwas 
über ihren mnthmaßlichen Verlaus voraus 
zu sagen. Am Ehesten ließe sich noch eine 
starke Erschütterung des Nervensystems an 
nehmen, deren Folgen im glücklichsten Falle 
rasch _ und spurlos vorübergehen, unter 
gewissen Umstünden aber auch eine recht 
langwierige Behandlung nöthig machen könnten. 
Jedenfalls verließ er in dieser Nacht das 
Schloß nicht mehr und als gegen Morgen 
auch der erfahrene, grauhaarige Krcisphysikus 
eintraf, dessen man nicht früher harte -habhaft 
werden können, gab cs ein langes Konsilium 
zwischen den beiden Herren. Ihre ernsten 
Mienen weissagten dem in tausend Acngstcn 
harrenden Vater wenig Gutes, und die aus 
weichenden, sehr allgemein und vieldeutig 
gehaltenen Antworten, die cr ans seine 
bangen Fragen erhielt, konnten wahrlich sehr 
wenig dazu beitragen, seine Befürchtungen zu 
zerstreuen. 
Bis in den hellen Tag hinein dauerte 
Gilda's tiefe Bcivußtlosigkeit an. Dann 
schlug sie zur namenlosen Freude ihrer Um 
gebung die Angen wieder auf. Aber diese 
Augen waren fast ohne Glanz, und die 
bleichen Lippen, die noch gestern so frisch und 
rosig gewesen waren, öffneten sich nicht zum 
Sprechen, auf wie hundertfältige Art man 
auch versuchte, die Teilnahme der Kranken 
zu wecken. Der Kreisphysikus bestätigte hin 
sichtlich der Natur des Leidens jetzt durchaus 
dic Vermuthung seines jüngeren Kollegen und 
hielt es für sehr wahrscheinlich, daß eine 
heftige Gemütserregung, vielleicht ein furcht 
barer Schreck, die traurige Wirkung hervor 
gebracht haben könnte; Absolute Ruhe und 
ein vollständiges Fernhalten aller Einflüsse, 
die ein Erinnern an jene Ursache der Er 
krankung wachzurufen vermochten, waren seiner 
Ansicht nach vor der Hand die einzigen Heil 
mittel, von denen man sich einen günstigen 
Erfolg versprechen durfte. Und da es kaum 
zweifelhaft war, daß jene verhärignißvolle 
seelische Erregung in irgend welchem nahen 
Zusammenhange mit der Erplosion im Pavillon 
gestanden, so wurde es für Gilda's Umgebung 
vor Allem ein unverbrüchliches Gesetz, daß 
das junge Mädchen durch nichts an diese 
Katastrophe gemahnt werden dürfe. Sic 
selber besann sich offenbar jetzt auf nichts 
von dem, was mit ihr vorgegangen war, 
bevor sic das Bewußtsein verloren hatte. 
Vielleicht auch wurde sic durch ihre hoch 
gradige körperliche Schwäche gehindert, ein 
vor ihrer Seele auftauchendes Bild festzuhalten 
oder eine bestimmte Gedankcnreihe zu ver 
folgen. Ihr Zustand war nicht viel mehr 
als ein beständiges Hindämmern, und bei der 
Teilnahmlosigkeit, die sie allen äußeren Ein 
drücken gegenüber zeigte, war cs während ber 
Stimmen einen allgemeinen Streik Die 
Ausständigen haben sich an alle anderen 
Fabriken gewandt mit der Aufforderung 
sich demselben anzuschließen. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 28. März. Die Königin 
lerdet fortdauernd an neuralgischen Schmer- 
zen infolge einer Zahnerkrankunq. Das 
Allgemeinbefinden ist jedoch gut. Die 
Königin macht täglich Spazierfahrten und 
nimmt an der täglichen Tafel theil 
Kopenhagen, 26. März. Es ist noch 
nicht aufgeklart, warum der Chef der drit- 
ten Abtheilung der Polizei, Polizei- 
komllsar Korn sich erschossen hat. 
Er war gestern Morgen wie gewöhnlich 
îein Bureau gekommen und man hat 
nichts Auffälliges in seinem Benehmen be- 
merkt. Eine Stunde später hörte man 
einen starken Knall, man eilte in das Zim- 
mer des Kommissars und fand denselben 
todt auf seinem Sopha liegen. Den Re 
volver hielt er noch in der Hand. Korn 
war seit 25 Jahren im Dienste der Polizei 
thätig; er galt für einen sehr tüchtigen 
und energischen Beamten und war bei 
Allen sehr beliebt. Bor einigen Tagen 
war der Chef der geheimen Polizei ge- 
Horben, und Korn, der Leiter der Gesund- 
hetts. und Sittenpolizei war, tollte' den 
Posten des Chefs der geheimen Polizei 
übernehmen. Er hat es jedoch vorgezogen 
noch vorher seinem Dasein ein Ende zu 
machen. 0 
Tàrreich-Ungarn, 
àdŞst 28. März. In Teva ist der 
Marosfluß stark gestiegen. Tief gelegene 
stadttheile find überschwemmt. Die Ge- 
Myr ist groß. — I» Agram ist die Save 
bedeutend gestiegen. In den Vororten 
ü nb SI)cile der unteren Stadt steht 
das Wasser über einen Meter hoch j» den 
Wohnhäusern. Von den Ortschaften jenieits 
Save sind nur die Dächer sichtbar. 
Der Schaden ist unberechenbar. 
_ Budapest, 28. März. Graf Julius 
sz apart) und acht oppositionelle Abge 
ordnete, die der Wahlpräsident in Neutra 
Gustav Tarnoczy, in seiner Erklärung 
„leige Verlanmder" genannt hatte, haben 
obwohl die Partei feststellte, die Erklärung 
Tarnoczy s könnte niemand beleidigen 
diesen fordern lassen. Bisher sind 27 
abgeordnete in die Angelegenheit verwickelt 
28 März. Da die hiesige 
Staatsbehörde die Feftvorstellnng zu Ehren 
des Fürsten Bismarck aus Besoraniß 
vor sozialdemokratischen Gegendemonstrati- 
crstcn Tage zumeist kaum mit Sicherheit zu 
entscheiden, ob sie schlummere oder wache. 
Lvvgsam, ganz langsam nur begannen ihre 
Kräfte sich zu heben, und noch wiederholt, 
wenn ihr Vater und die sie behandelnden 
Aerzte bereits in neu erwachender Hoffnung 
erleichtert aufgcathmet hatten, stellten sich 
eigenthümliche Rückfälle in die frühere Stumpf 
heit ein, die dann nur um so beängstigender 
wirkten. Auch als man sich endlich überzeugt 
halten durste, daß eine Gefahr für ihr Leben 
nicht mehr verhandln sei, geschah cs vorerst 
nur »och selten, daß sie auf eine an sie 
gerichtete Frage Antwort gab und beinahe 
immer sprach sic ans eigenem Antrieb zu 
den Personen, die sich in ihrer Nähe befanden. 
Solange sein Urlaub währte, war Edwin 
von Rochow täglich dreimal herüber gekommen 
um »ach Gilda's Befinden zu fragen. Wenn 
Herr von Hohenbruck noch im Ungewissen 
darüber gewesen wäre, was der Sohn des 
alten Freundes für sein Töchtcrchcn empfand, 
so hätte das Benehmen des jungen Mannes 
ihm nun wohl den letzten Zweifel nehmen 
müssen. Nur ein Liebender konnte von so 
heißer, quälender Angst um das Leben eines 
teuren Wesens gefoltert werde» — nur ein 
Liebender konnte so vollständig und rückhaltlos 
aufgehen in diesem einzigen, alles Andere 
weit zurückdrängenden Gedanken. Und als 
dann die Tage der schrecklichsten Furcht vorüber 
waren, als er die ersten wirklich günstigen 
Nachrichten erhielt, da bemühte cr sich so 
wenig, seine jubelnde Freude zu verbergen, 
daß Hohenbruck ihn voll tiefer Bewegung 
umarmte, und daß sie sich verstanden, ohne 
daß cs einer weiteren Erklärung zwischen 
ihnen bedurft hätte. 
Das geliebte Mädchen aber sah der junge 
Offizier vor inner Abreise nicht mehr. Sein 
Urlaub war abgelaust», lange bevor man 
daran denken durfte, einen Besucher zu Gilda 
zu führen. Nur seine Grüße konnte er ihr 
in Gestalt duftiger Blüten senden, und sie 
mußte diese Blumensprache wohl früher 
verstehen, als sic die tönende Sprache ihrer 
Umgebung verstand, denn ein holdes Lächeln 
3/,"t oftmals über ihr tiefernstes, blasses 
Gesichlchen, wenn beim Erwachen ihr Blick 
auf einen von Edwin gesandten Blumenstrauß 
siel und verstohlen drückte sie dann wohl 
"ne der Blüten an ihre Lippen. 
Tief im Spätherbst war's, und im Parke 
trieb bereits der Wind mit den welken 
Blattern sem ungcberdiges Spiel, als Herr 
von Hohenbruck und sein Töchterchcn, von 
vielen Koffern und Kisten gefolgt das 
Herrenhaus verließen. Mit th'ränenden 
Augen hatte die körperlich jetzt vollständig 
genesene Gilda ihren Vater gebeten, sie von 
diesem Orte hinwcgzuführcn, an dem sie nie 
wieder fröhlich werden könnte, und cr der 
mchts auf der Well so sehr liebte, als sie 
hatte nicht einen Augenblick gezögert, ihren 
Wunsch zu erfüllen. Bon der eigentlichen 
Ursache . ihrer räthselhaftcn Krankheit war 
anch ber diesem Gespräch nicht die Rede 
gewesen, aber ein paar Stunden vor der 
Abreise war Gilda, ohne daß irgend jemand 
im Herrcnhause etwas davon ahnte, nach 
dem kleinen Dorfkirchhofc hinüber gegangen 
wo die sterblichen Ueberreste des unglücklichen 
Hofmeisters in der kühlen Erde ruhten. Es 
war ihr nicht schwer geworden, den Hügel 
zu finden, den Herr von Hohenbruck mit 
einem, einfachen Denkstein von polirtcm 
Granit hatte versehen lassen und lange war 
sie mutterseelmallk!» in schivermüthigeni
	        
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