Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

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jenigen Richtung, welche die Freisinnige 
Volkspartei in den Parlamenten fast tag 
täglich zu bekämpfen hat. 
Dazu kommt, daß durch die Art der 
Jnszenirung der Geburtstagsfeier von 
Seiten eines Theiles seiner Anhänger sich 
diese Feier mehr und mehr zu einer Partei- 
politischen Huldigung zuspitzt und zu be 
sonderen Parteizwecken auszunutzen gesucht 
wird. 
Nach alledem würden die Abgeordneten 
der Freisinnigen Volkspartei glauben, nicht 
blos sich mit sich selbst im Widerspruch zu 
setzen, sondern auch'weitere Volkskreise irre 
zu machen an dem Ernst und Nachdruck, 
mit welchem sie die der Politik des Fürsten 
Bismarck entgegengesetzte Ueberzeugung und 
Bestrebungen zu verwirklichen suchen, wenn 
sie sich irgendwie positiv an einer Feier 
betheiligen wollen. Andererseits kann es 
nicht in der Absicht liegen, diejenigen, die 
andere politische Ansichten und Auffassungen 
vertreten, zu hindern, diesem einen ent 
sprechenden Ausdruck zu geben. 
Berlin, 18. März. Nachdem die Stadt- 
verordnetcn-Versammlung in ihrer geheimen 
Sitzung am Donnerstag es abgelehnt hat, 
in Gemeinschaft mit dem Magistrat an den 
Fürsten Bismarck zu seinem 80. Geburts 
tage eine Adresse zu erlassen, hat das 
M a g i st r a t s-K o l l e g i u m beschlossen seiner- 
seits selbständig eine Adresse abzusenden. 
Behufs Feststellung und Redaktion dersel 
ben ist eine Konnnission von 5 Mitgliedern 
eingesetzt worden. 
Berlin, 16. März. Die Festlichkeiten 
anläßlich der Eröffnung des Nord- 
ost see-Kanals beginnen am 18. Juni 
mit dem von der Stadt Hamburg gegebenen 
Feste. Abends findet Beleuchtung der 
Elbeufer statt, darauf erfolgt die Fahrt 
durch den Kanal unter Führung des Kaiser 
schiffes „Hohenzollern". In Rendsburg 
wird Station gemacht und Paradeexerziren 
vorgenommen. Am 19. Juni erfolgt Be 
grüßung der Schiffe, die den Kanal passirt 
haben, durch die in Kiel versammelten Ge 
schwader. Daran schließt sich die Schluß- 
steinlegung durch den Kaiser und die Bun 
desfürsten, und der Empfang und die Be- 
wirthung der Fürstlichkeiten und fremd- 
herrlichen Offiziere auf der „Hohenzollern" 
und dem „König Wilhelm." 
Berlin, 16. März. Da der Vicepräsident 
v. Buol durch einen Todesfall in seiner 
Familie abberufen ist, der Vieepräsident 
Bür kl in als Reeonvalescent in Montreux 
weilt, und Präsident v. Levetzow durch 
die Theilnahnie an den Sitzungen des 
Staatsraths in Anspruch genommen ist, 
wählt der Reichstag als HülfsPräsi 
denten Spahn (Centrum.) 
Berlin, 15. März. Der „Breslauer 
Zeitung" ist dieser Tage von hier geschrie 
ben worden: „Eine Ucberraschung hat es 
bei der Ernennung des neuen Ober Prä 
sidenten von Ostpreußen gegeben: 
so viel ist als ausgemacht anzusehen. Und 
zwar scheint es diesmal der Minister von 
Köller gewesen zu sein, der hauptsächlich 
von dieser Ucberraschung betroffen wurde. 
gerade an diesem Morgen vorgenommen hatte, 
sich nicht weiter um ihn zu kümmern, waren 
ihre Gedanken doch wieder bei dem wunder 
lichen Menschen der sich einzig auf den 
Umgang mit seinem halbwüchsigen Zögling 
beschränkte und das Leben eines weltscheuen 
Einsiedlers führte, obgleich sich jeder Einzelne 
in seiner Umgebung bemühte, ihm freundlich 
zu begegnen. 
Da fühlte sie sich plötzlich von zwei kräftigen 
Armen ungestüm umschlungen, und warme, 
jugendfrische Lippen drückten einen derben 
Kuß auf ihre Wange. Sie hatte in dem 
Attentäter sogleich ihren Bruder Kurt errathen 
und wehrte sich lachend gegen seine knaben 
haften Zärtlichkeiten. Aber er erklärte es für 
sein gutes Recht, sie zu küssen, da er von 
einer so hübschen Schwester doch schließlich 
auch etwas haben wolle, und sie hätte sich 
als der schwächere Teil trotz ihres Wider 
spruches wohl eine Wiederholung der stür- 
uiischen Liebkosung gefallen lassen müssen, 
wenn nicht Dr. Lindstrand's Stimme, die in 
diesem Augenblick einen harten, säst zornigen 
Klang hatte, den Knaben veranlaßt hätte, sie 
sofort freizugeben. Der Hauslehrer war in 
dem schmalen Scitenpfad aufgetaucht, der zu 
einem kleinen seit Langem vernachlässigten 
und darum schon merklich verfallenden Pavillon 
führte. Er hatte sich damit begnügt, den 
Nanien seines Zöglings zu rufen, weil er 
sicher war, auch ohne eine weiter: Hinzusügung 
von ihm verstanden zu werden, und nun, da 
ihni Gilda ihr Gesicht zukehrte, lüftete er 
leicht semen Hut. — 
Sie war im ersten Monient ärgerlich 
gewesen über scineganz überflüssige Einmischung 
in die harmlose geschwisterliche Neckerei und 
über den beinahe sklavischen Gehorsam, an 
den er ihren Bruder so augenscheinlich gewöhnt 
hatte. Aber als sie ihn nun ansah, war all' 
ihr Groll mit eincni Male verflogen. Die 
herben, gramvollen Linien in seine»! Gesicht 
schienen noch tiefer geworden, seitdem sie ihm 
zuletzt im Musilzimmer begegnet war, und in 
der müden Haltung seines Körpers war 
erwas, das von Neuem ihr Mitleid weckte. 
Ihr feierliches Gelöbniß vergessend, folgte sie 
abermals ohne langes Besinnen dem Antrieb, 
ihm ihre freundliche Gesinnung an den Tag 
zu legen. 
(Fortsetzung folgt.) 
Wie uns von gutunterrichteter Seite mit 
getheilt wird, erhielt der Breslauer Regie 
rungspräsident Dr. von Heydebrand und 
der Lafa eines schönen Bormittags 10 Uhr 
— es dürfte am Montag gewesen sein 
ein Telegramm des Herrn von Köller, in 
dem ihm dieser zu seiner Ernennung zum 
Oberpräsidenten von Ostpreußen gratulirte. 
Nachmittags um 3 Uhr aber traf ein zwei 
tes Telegramm des Ministers ein, in dem 
er mittheilte, daß sein Glückwünsch ein 
verfrühter gewesen sei." Dagegen erklärt 
die halbamtliche „Berliner Cvrrespondenz" 
die Meldung, daß der Minister des Innern 
o. Köller von der Ernennung des Grafen 
Wilhelm Bismarck zum Oberpräsidenten 
überrascht worden sei und daß v. Köller 
zuvor den Breslauer Regierungspräsidenten 
v. Heydebrand zu seiner Ernennung als 
Oberpräsident von Ostpreußen beglück 
wünscht habe, für erfunden. Weder das 
Staatsministerium noch v. Köller, der in 
der betreffenden Angelegenheit persönlich 
dem Kaiser Vortrag gehalten habe, seien 
durch die Ernennung des Grafen Bismarck 
irgendwie überrascht worden. 
— Auch der neue Oberpräsident 
Ostpreußens, Graf Wilhelm Bismarck steht, 
wie das Organ des Bundes tzer Land- 
Wirthe nach der „Elbing. Ztg." mittheilt, 
„auf dem Boden des Antrags Kanitz." 
— Ein Ingenieur im kaiserlichen 
Patentamt, namens Fiedler, hat sein 
Amt als Mitglied der Steuereinschätzungs 
Kommission niedergelegt habe, weil er 
nicht länger unter einem Stadtverordncten- 
Kollegium stehen wolle, welches dem Fürsten 
Bismarck eine Gratulation verweigert. 
Berlin, 17. März. Bei den Interessenten 
sind Nachrichten eingetroffen, wonach seit 
der letzten Sitzung der Centrumsfraetion 
die Ablehnung der Tabakfabrikat 
steuer bestimmt zu erwarten sei Die 
Nachrichten stützen sich aus Aeußerungen 
des Abgeordneten Fritzen. 
— Schneller und auch mit größerer 
Mehrheit, als man allgemein angenommen 
hatte, ist in der Commission die grundsätz- 
liche Entscheidung über die Tabakfabri 
kat st e u e r erfolgt: § 4, der Kern der 
ganzen Vorlage, da er das Prinzip des 
Gesetzes, die Einführung einer vom Werthe 
der Fabrikate nach bestimmten Prozent 
sätzen zu entrichtenden Steuer enthält, ist 
gestern Abend, wie bereits telegraphisch 
gemeldet worden ist, mit 17 gegen 11 
Stimmen abgelehnt worden. Damit ist 
auch die Weiterberathuug aller auf die 
Jnlandsfabrikatsteuer bezüglichen Paragra- 
phen des Entwurfes hinfällig geworden. 
Nicht dasselbe aber ist der Fall mit den 
Bestimmungen über die Zollerhebung von 
importirtem Tabak und Tabakfabrikaten, 
wobei bekanntlich eine namentlich von 
südwestdeutschen Tabakpflanzern ausgehende 
Agitation für namhafte Erhöhung des 
Zolles weit über die Sätze der Regierungs 
vorlage hinaus in Betracht kommt. Diesen 
Theil ihrer Ausgabe soll die Commission, 
wie es heißt, erst nach mehrtägiger Pause 
in Angriff nehmen. Daß übrigens, auch 
wenn das Plenum des Reichstags der Ab 
lehnung der Vorlage zustimmt, was nach 
dem Vorgänge in der Commission sehr 
wahrscheinlich ist, die vielgeplagte Tabak 
industrie nicht zur Ruhe kommen wird, 
hat gestern in der Commission, über deren 
Verlauf unter den Telegrammen ein Be- 
richt mitgetheilt wird, der Staatssecretär 
des Reichsschatzamtes ausdrücklich erklärt: 
die Vorlage werde wieder und wieder er 
scheinen, so oft sie auch abgelehnt werde. 
Die Interessenten werden darauf antworten: 
Abwarten und das Pulver trocken halten! 
—Ein kleiner Beitrag zur D o p p e l w ä h- 
rung. Käme nach dem Wunsche der Bi- 
metallisten die Doppelwährung mit der 
großen Steigerung der Umlanfsinittel zur 
Geltung, so würde für alle Consumenten 
eine Vertheuerung der täglichen 
Lebensbedürfnisse und für diejenigen, 
welche an ein bestimmtes Einkomnien ge 
bunden sind, die Nothwendigkeit von Ein 
schränkungen mit ihrer Cvnseguenz ein 
treten. Sehr schlimm würde es dcnjeni- 
gen ergehen, welche ihr Einkommen aus 
zinsbar angelegten Geldern beziehen. Denn 
die Verniehrung der Umlaufsmittel (des 
Geldes) muß auch eine Herabsetzung des 
Leihwerthes (der Zinsen) unmittelbar zur 
Folge haben. Geringeren Einnahmen wür 
den größere Ausgaben gegenüberstehen. 
Wenn heute schon viele erwerbsunfähige 
Personen außer den Zinsen auch noch von 
ihrem Kapital verbrauchen müssen, um Ne 
Ernährung und Erziehung der Kinder zu 
ermöglichen — wie soll das erst unter der 
Doppelwährung werden? 
— Um die Weber zu veranlassen, ihre 
Söhne anderen Berufsartcn zuzu 
führen und dadurch das Elend derselben 
im Gebiete des Eulengebirges zu mildern, 
hat der Staat Gelder zu Prämien für 
Weber ausgeworfen, die nachweisen, daß 
ihr Sohn einen anderen Beruf ergreift. 
Berlin, 17. März. In selbstmörde 
rischer Absicht sind zwei Knaben 
Freitag Mittag am Lützowufer, nahe der 
Lichtenstein-Brücke, insWasser gesprun 
gen und ertrunken. Ein Schlosser war 
Zeuge des Vorganges und verursachte die 
Anstellung von Rettungsversuchen, die 
leider erfolglos blieben. Die Knaben be 
fanden sich im Alter von 12 bis 14 Jahren. 
Ein bedenkliches Zeichen der Zeit bot 
eine vor dem Amtsgericht in Charlotten 
bnrg kürzlich stattgehabte Subhastation 
eines in der Nürnberger Straße Hierselbst 
belegenen Grundstücks. Der Zuschlag wurde 
ertheilt mit 295 000 Mk., wovon die erste 
und ein Theil der zweiten Hypothek be 
glichen werden konnte, während alle übrigen 
Gläubiger mit zusammen wenig unter 
92000 Mk. ausfielen. Ein Malermeister 
verlor allein über 6300 Mk.! — Und 
solche gerichtliche Verkäufe, durch die vor 
zugsweise die Handwerker geschädigt werden, 
finden fast täglich statt. 
Ueber „Bauernlegen" in der Um 
gebung von Marburg wird der Frkf. Z. 
von dort geschrieben: In seiner Reichs 
tagsrede über Judeneinwanderung hat der 
hiesige Maler, der einstige Genosse Böckels, 
der Abgeordnete B i n d e w a l d u. A. 
Folgendes geäußert: 
„Ich kenne ein Dorf in der Nähe 
von Marburg, wo ein Jude die ganzen 
freien Bauern enteignet hat. Diese 
Leute sind in Abhängigkeit von diesem 
getauften Juden gekommen, und an der- 
selben Stelle, wo freie und selbstständige 
Leute existirten, da erscheint jetzt ein 
Anderer, und dieser gehört unserem 
Volk nicht an." 
Die eine aufgekaufte Besitzung, Ranis ch> 
Holzhausen, gehört dem Freiherrn 
v. Stumm, Bruder des Königs Stumm, 
dem ehemaligen Gesandten in Madrid. 
Die andere ist das Dorf Schön st a dt, 
das sich Herr v. Lucius aufgekauft hat; 
weiter gibt es allerdings nur noch zwei 
selbständige Bauern, den Bürgermeister 
und den Wirth, in dem Dorfe. Wir 
wollen uns obige „Jude n" einmal näher 
ansehen. 
Häufig und niit Vorliebe nehmen Pro 
vinzialstädte ihre Bürgermeister -und 
Stadträthe jetzt aus dem Kreise der hies. 
geprüften Magistratssekretäre. 
So ist jetzt die Stelle des besoldeten 
Stadtraths und Kämmerers in Graudenz, 
um welche 85 Personen, darunter Bürger 
meister und Assessoren sich beworben hatten, 
mit dem Magistratssekretär Paul Tetten 
born besetzt worden. 
In Tiegenhof ist der Stadtkämmerer 
Ruhm wegen Unterschlagung amtlicher 
Gelder verhaftet worden. Der Fall erregt 
großes Aufsehen, da Ruhm für vermögend 
und in geregelten Verhältnissen lebend galt. 
Die der Stadt veruntreute Summe betrügt 
etwa 27 000 Mark. 
Ein schrecklicher Unglücksfall trug sich 
am Donnerstag um 4 Uhr Nachmittags in 
Wiehe im Kreise Eckartsberga zu. Der 
Schornsteinfegermeister Kunst ist 
mit seinem 15jährigen Sohne beim 
Reinigen einer deutschen Esse in dersel 
ben erstickt. Eine Erklärung dafür, wie 
das möglich war, fehlt noch. 
Durch die Erdsenkungen in Eisleben 
sind soviel Brüche der Gas- und Wasser 
röhren entstanden, daß es in der Ober 
stadt Gas überhaupt nicht mehr 
gibt. In den Straßen haben die Gas- 
Internen durch Oellanipen ersetzt werden 
müssen und in den Häusern mit Gasein- 
richtung kommt die Petroleumlampe wieder 
in Gebrauch. Das aus den gebrochenen 
Wasserleitungsröhren entweichende Wasser 
füllt vielfach die Keller. 
Witten, 16. März. Die Zeche Boni- 
facius kündigte 200 Arbeitern. 
Parchim, 16. März. Zum Concurs 
der m ecklen b urgischen Cred itb an k 
in Parchim fand gestern Nachmittag eine 
Gläubigerversammlung statt, in welcher 
der Rechtsanwalt Dr. Tiedemann über den 
Stand der Angelegenheit Bericht erstattete 
aus Grund der mit Hülfe eines aus 
Schwerin berufenen Bücherrevisors vorge 
nommenen Revision. Nach dem Bericht 
wurden die vier Verhafteten, Banktzirektor 
Ehlers, Kaufmann Triebsees, Kaufmann 
Klähn und Kaufmann Walter Ehlers, dem 
Gericht vorgeführt. Gegen den ersteren 
ivurde auf Grund des Verhörs der Haft 
befehl erlassen, die übrigen wurden aus 
freien Fuß gesetzt, und zwar der Kauf 
mann Klähn auf Grund der Aussage, er 
sei nicht im Concurs, höbe denselben auch 
nicht beantragt, habe auch keine Gläubiger. 
Dieser Erklärung gegenüber berichtete der 
„Mecklenb. Ztg." zufolge der Rechtsanwalt 
Dr. Tiedemann, daß er heute einen Wechsel 
des Klähn über 1790 Mk. habe ecdiren 
lassen. Demnächst Ivürde der Landgerichts 
rath Büchner hier eintreffen und die Vor 
untersuchung über den Bankdirektvr Ehlers 
und auch vielleicht über die übrigen Be- 
theiligtcn einleiten. Der Rechtsanwalt 
bemerkte, daß bekannte Berliner 
Schwindeleien die reinenKindereien 
gegen die hier verübten Schwinde 
leien seien. Festgestellt morden sei 
gleich am ersten Tage bei der Untersuchung, 
daß die Bank von der Firma I. C. 
Klähn & Co. die Summe von 100000 Mk. 
zu fordern habe, die Summe habe sich bei 
weiteren Ermittelungen auf 480000 Mk. 
erhöht. Dagegen habe die Firma I. 
C. Klähn & Co. wiederum bei der Bank 
ein Guthaben von 280000 Mk. Inhaber 
der Firma seien der Bankdirector Ehlers, 
Christian Klähn und Fr. Triebsecs, trotz 
dem behaupte Klähn, niemand etwas zu 
schulden. Es liege nun vor ans dein 
fahre 1879 ein Wechsel, unterschrieben 
von den drei Genannten, im Betrage von 
60000 Mk., dann weitere Wechsel über 
30000 Mk und 10 000 Mk. Diese drei 
Wechsel seien Sichtwechsel und zwar auf 
8 Tage, sie seien jedoch nie präsentirt 
worden. Der Dr. Tiedemann erklärte es 
als eine große Sorglosigkeit, Unverschämt- 
heit und Frechheit, diese Wechsel als Gut 
haben der Bank aufzuführen. Ferner 
habe sich ein Wechselblankett vorgefunden, 
unterschrieben vom Bankdirektor Ehlers, 
gerichtet an ihn selbst, des Inhalts: Wir 
ermächtigen die Bank jederzeit an den E 
auf diesen Wechsel die Summe von 
145000 Mk. zu zahlen. Das Conto 
„pro Diverse" sei nur mit der Kleinigkeit 
von 57 000 Mk. belastet. Das Wechsel- 
Conto führe 48 000 Mk. Bei der Krise 
habe man in der Bank alles in der größten 
Unordnung gefunden, so groß, daß er be 
haupte, in seinem Papier korb herrsche 
bessere Ordnung als im Kassenschrank 
der Bank. Tie Wechsel seien meistentheils 
verjährt. Zwei von der Firma Ehlers & 
Triebsees ausgestellte Wechsel seien gar 
nicht aufzufinden. Sie lauteten auf 
13 000 und 17 000 Mk. Ein Depotbuch 
sei nicht vorhanden. Vielleicht sei es bei 
dem Brande der Kornmühle mit den 
Büchern der Firma I. C. Klähn verbrannt. 
Als Inhalt des Depots wurde nur ein 
amerikanisches Papier gefunden. Früher 
habe die Bank in Verbindung mit dem 
Bankhause Bleichröder gestanden. Der 
Geschäftsverkehr wurde von diesem vor 
Jahren wegen Mangels an Vertrauen auf 
gekündigt. Die Creditbank hat nun versucht 
mit der Nationalbank anzuknüpfen, wurde 
aber von dieser wegen ihrer „Schweine 
wirthschaft ausgeblasen." Darauf trat die 
Bank mil der Genossenschaftsbank Sörgel, 
Parisius & Co. und mit der Dresdner 
Bank in geschäftlichen Verkehr. Bei diesen 
Banken wurden die Werthpapiere hinter 
legt, die den Gläubigern gehörten. Von 
diesen seien nur diejenigen Papiere unbe 
rührt, von denen die Besitzer vorsichtiger 
weise Coupons und Talons abgelöst hatten. 
Unter den Lombard-Gläubigern figuriren 
die Firma „I. C. Klähn in Liquid." mit 
5000 Mk. eine Firma, von der bisher 
niemand eine Ahnung gehabt habe; ferner 
die Firma „I. C. Klähn & Co." mit 
100000 Mk. gegen Bürgschaft von Ehlers, 
Klähn und Triebsees. Die gesammten 
Lombardschulden der Bank belaufen sich 
aus 123 365 Mk. Der Verkehr der Firma 
Ehlers & Triebsees mit der Bank müsse 
sehr vertraulich gewesen sein, sodaß der 
Bankdirektor Ehlers an dem Morgen, 
an welchem sich der Cassirer erhängt, dem 
Cassenschrank für die genannte Firma noch 
2000 Mk. entnehmen konnte. S» ver- 
traulich war der Verkehr, daß die ge 
nannten Personen gegenseitig auf ein 
ander Wechsel zogen, welche nun das 
Vermögen der Bank bilden. Die bisher 
unbekannte Firma Ehlers & Dörwaldt 
schuldet der Bank 20 000 Mk. (Besitzer 
einer gemeinschaftlichen Ziegelei in Wendisch- 
Warnvw). Nach den Büchern sollen vor 
handen sein: Spareinlagen 71 804 Mark, 
Contocorrenteinlagen 132 715 Mk., Depo 
siten 258 636 Mk., im ganzen also 
463 156 Mk. Dem gegenüber sei ein 
Casienbestand von 2800 Mk. vorhanden. 
Neue Geldmittel seien nur aus den Nach 
zahlungen der Actionäre zu beschaffen. 
Die Actien seien zum großen Theil mit 
10 pCt. oder 84 720 Mk eingezahlt 
Das Gesammtactiencapital betrage 300000 
Mk. Es seien demnach noch 215 280 Mk. 
nachzuzahlen. Bon dieser Summe haben 
eingezahlt der Bankdirektor Ehlers 87 000 
Mk., Wilhelm Ehlers 27 600 Mk., Martin 
Bohn 87000 Mk. Jnwieiveit der Aus- 
sichtsrath haftbar gemacht werden könne, 
müsse der Gang der Untersuchung ergeben. 
Die Revision der Bücher habe ergeben, 
daß alle ausgestellten Bilanzen unrichtig 
waren. Es solle vom Concursverwalter 
beantragt werden, daß der Nachlaß des 
kürzlich verstorbenen Bruders des Bank- 
direktors mit Beschlag belegt werde. Nach 
iveiterer Mittheilung seien die Bücher der 
Firma I. C. Klähn, welche nach Klähn's 
Aussage verbrannt sein sollten, diesen 
Morgen gefunden tvorden. Weiter ist 
noch mitzutheilen, daß über das Vermögen 
des Rentners Martin Bohn sowie des 
Kaufmanns Klähn der Concurs eröffnet 
worden ist. 
Ans Thüringen, 15. März. In Groß- 
machsung verspotteten vor einigen Tagen 
mehrere'Burschen abends den in seiner 
Schmiede arbeitenden Sckmiedemeister Rost, 
der sich die Hänseleien nachdrücklich verbat. 
Da die Burschen jedoch mit Spöttereien 
nicht nachließen, holte der zornig gewordene 
Schmiedemeister sein Jagdgewehr und gab 
auf einige vorübergehende Leute, glaubend, 
es seien dies die erwähnten Burschen' 
Feuer. Schwer verletzt brach ein junger 
Mann, der Sohn des Maurers König, 
zusammen; er wird trotz aller angewandten 
ärztlichen Kunst nicht am Leben zu er 
halten sein. Rost ist ganz fassungslos 
und hat selbst seine Unthat deni Gericht 
angezeigt. 
Fricdrichsruh, 14. März. Gestern Nach- 
mittag 5 Uhr trafen vom Ulanen-Regi- 
ment ans Militsch in Oberschlesien ein 
Rittmeister, ein Premier- und zivei Second- 
ueuleuants hier ein. Tie Herren halten, 
wie die „Bgdf. Ztg." meldet, einen Du 
stanzrirt von ihrer Garnison lnach Frie- 
drichsruh unternommen. Die Strecke, welche 
etwas über 80 Meilen lang ist, wurde in 
4'/, Tagen zurückgelegt. Theilweise war 
der Weg so schlecht, daß die Herren ab 
steigen und ihre Pferde am Zügel führen 
mußten. Heute Mittag 12 Uhr wurden 
die vier Offiziere »om Fürsten Bismarck 
empfangen und zum Diner eingeladen. 
Der Fürst erkundigte sich eingehend nach 
dem Ergebniß des Distanzrittes und dein 
Befinden der Pferde, welche sich sehr gut 
gehalten haben und auch nicht besonders 
ermattet aussahen. Nachdem die Offiziere 
sich vom Fürsten verabschiedet, bestiegen sie 
ihre Pferde und ritten über Bergedvrt 
nach Hamburg. Von Hamburg fuhren die 
Herren per Bahn wieder nach ihrer Gar 
nison zurück. 
Provinzielle«. 
Die kaiserliche Werstverwaltung zu Kiel 
hat die vor einiger Zeit bewirkten Ar 
beiterkündigungen ganz plötzlich wieder 
rückgängig gemacht. Wie die „Rhein- 
Westf.'Ztg." zuverlässig erfahren haben 
will, ist dies auf eine unmittelbare An 
weisung des Kaisers an das Reichsmarine 
amt geschehen. Der Kaiser hat dabei den 
Wunsch ausgesprochen, daß überhaupt in 
den staatlichen Werkstätten während der 
den Arbeitsuchenden ungünstigen Jahreszeit 
Arbeiterentlassungen thunlichst vermieden 
werden möchten. Eine dahingehende An 
weisung ist auch an das preußische Kriegs 
ministerium gerichtet worden. 
Altona, 14. März. In der bekannten 
Affaire des Majors des Infanterie-Re 
giments Gras Bose (1. Thürinschen Jn- 
fanterie-Regiments Nr. 31) v. Schultze- 
Kl ost erf eld e, der auf einem Wagen ver 
Wandsbecker Dampsbahn von einem Civi 
listen insnlirt wurde, in Folge dessen von 
seiner Waffe Gebrauch machte und den 
selben schwer verwundet hat, das Kreisge 
richt ein auf Freisprechung lautendes 
Urtheil abgegeben. Das Gericht hat in 
den Gründen ausgesprochen, daß nach 
Lage der Sache von einem Mißbrauch der 
Waffe keine Rede sein könne. — Die An 
gelegenheit ist bekanntlich auch kürzlich iw 
Reichstag Gegenstand der Erörterung ge 
wesen. 
Schleswig, 15. März. Ende Februar 
und Anfang März hat ein bisher unbe 
kannter Mensch auf den Namen des Herr» 
Kaufmanns Neidhardt Hierselbst in Han 
nover Schwindeleien verübt. Er erschien 
bei den dortigen bekannten Firmen Eduard 
Kleefeld, Chocoladen- und Cacao-Fabrik, 
C. Sprengel & Co., Biscuit-Fabrik, Edu 
ard Bade, Havanna-Haus als Kaufmann 
Neidhardt aus Schleswig, der auf der 
Rückreise von Braunschweig nach Schles 
wig begriffen, in Hannover die Gelegenheit 
benutzen wolle, um Bestellungen zu machen. 
Der Schwindler wurde als guter Kunde 
überall freundlich aufgenommen, machte 
Bestellungen, und ersuchte dann um ei» 
Darlehn, weil er bei der Reise etwas zu 
kurz gekommen sei. Sprengel & Co. gaben 
auch gerne und arglos 40 Mk. Als die 
bestellten Waaren hier bei Herrn Neidhardt 
eintrafen, wurde der Schwindel aufgeklärt- 
aber der Schwindler war inzwischen ver 
duftet, anscheinend nach Hamburg, von 
wo aus in den letzten Tagen ähnliche 
Schwindeleien auf den Namen eines Flens 
burger Kaufmanns gemeldet worden. Nach 
den Mittheilungen aus Hannover ist der 
Schwindler ein schlanker Mensch mit dunk 
lem Haar, gesunder Gesichtsfarbe, Mitte 
der Dreißiger und spricht den holsteinischen 
Dialekt. Er schien mit dem Geschäft des 
Herrn Neidhardt Bescheid zu wissen und 
wußte sich ein sehr vertrauenerweckendes 
Ansehen zu geben, das durch gute Kleidung 
noch gehoben wurde, (s- N.) 
Schleswig, 15. März. Zu der Lehrlings' 
frage und der Fortbildung derselben nimmt 
in der „Bäcker- und Conditor-Zeilung" ein 
hiesiger Bäckermeister das Wort und führt 
dort aus, daß dem Lehrmeister eine sehr 
schwierige Aufgabe erwächst. Ist der Lehr 
meister mit dem besten Willen bemüht- 
seine Psticht zu erfüllen, so sagen die Herren- 
die von oben auf das Handwerk herab 
sehen, daß die Kräfte des Lehrlings aus 
genutzt werden. Da wundert es Biele denn, 
daß solche Herren nicht aus demselben 
Grunde sagen, wir müßten unser Militär 
schonen und pflegen, statt eS auf die Höhr 
der Leistungsfähigkeit und Tüchtigkeit hin 
auf zu schulen. Die praktische Ausbildung 
ist die richtige, feste Grundlage, woran! 
das Handwerk ruht. Aus der praktischen 
Ausbildung heraus erwächst die Leistungs 
fähigkeit. In der Leistungsfähigkeit liegt 
die Existenz und die Zukunft des Hand' 
werks.' In der Leistungsfähigkeit hat das 
Bäckerhandwerk sich vor Allen bewährt 
gegenüber den Maschinen und FabrikeN- 
Dies beruht auf einem gesunden, geschulten 
Gesellenstand und der Disziplin, die ans 
der Einrichtung und Ausbildung hervor 
geht und Meister und Gesellen einigt unb 
zusammenhält. 
-V Neumünster, 16. März. Die städtische" 
Collegien haben in ihrer letzten Sitzung 
die Einführung eines neuen Gehalts 
regulativs für die Volksschullehrer ş 
nebmigt. Das Ansangsgehalt beträgt 
1200 Mk. und steigt in 3jahrigen Perioden 
jedesmal um 200 Mk. brs 2400 Mk. u» 
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