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88ster Jahrgang.
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werden dem Blatt „Der Landwirth" sow:: „u-s
Blatt „Mode u. Heini" gratis beigegeben.
ß 1200 Abümretltett.
'und irto.
Wontag, den 7. Januar
1895.
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Morgen-Depeschen
Berlin, 5. Jan, Die gestrige Sitzung
des Kronraths begann um 2 Uhr, Ur
sprünglich war die Sitzung des Staats
Ministeriums in dessen Dienstgebäude an
beraumt. Da aber der Kaiser, nachdem
er beim Reichskanzler das Frühstück einge
nommen, an der Sitzung theilnehwen
wollte, wurden die Minister in die Amts
wohnung des Reichskanzlers entboten. An
der Sitzung nahmen außer dem von
Berlin abwesenden Minister Thielen
alle Minister, ferner der Staatssekretär
des Reichsschatzamts und der des Reichs
justizamts theil. Der Kaiser verließ die
Sitzung gegen 6 Uhr, worauf die Be
rathungen unter dem Borsitz des Reichs
kanzlers noch eine Stunde fortgesetzt wurden,
Berlin, 7. Jan, In parlamentarischen
Kreisen verlautet, der Reichstagspräsident
v, Levetzow werde sein Amt niederlegen,
falls der Reichstag die Vorschläge aus Er
weiterung der Disciplinarbefugnisse des
Präsidenten ablehne,
Berlin, 7. Jan. Die „Staatsb,>Ztg.
meldete Wie aus gut unterrichteter Quelle
verlautet, beschäftigt sich der Handelsminister
Freiherr v Berlepsch neuerdings ernstlich
mit Rücktrittsgedankcn; dieselben habe»
ihren Ursprung in Meinungsverschicden
> hellen, auf die er im preußischen Staats
ministerium betreffs der Handwerkerfrage
gestoßen ist,
Berlin, 7. Jan. Zu dem 80, Geburts
tage des Fürsten Bismarck werden auch
Deutsch > Amerikaner nach Friedrichsruh
kommen. Es begiebt sich dorthin eine
Deputation von achtzig Herren, die den
Feldzug von 1870 71 mitgemacht haben
und sich lm Besitze von Kriegsehrenzeichen
befinden, UNI dem Fürsten ein Ehrenge,
schenk der Deutsch-Amerikaner zu über-
reichen,
I Berlin, 7. Jan, Der „Rcichsanz," ver-
öffentlicht eine Verordnung, wonach Di ph-
therieserum nur in Apotheken seilge-
halten oder verkauft iverden darf,
Berlin, 7, Jan, Die Nummer 1 des
„Sozialist" ist heute Abend aus richter-
lichen Beschluß confiscirt worden auf
Grund des A 166 des R.-Str.-Ges.-B,
(Gotteslästerung).
Foix, 7, Jan, Im Tors Orlu, Canton
Axeles-Thermeß, ging eine S ch n e e l a w i n e
nieder, wobei 4 Häuser und 12 Scheunen
zerstört, fünfzehn Personen gelobtet und
acht verwundet wurden. Auch Vieh wurde
zahlreich verschüttet,.
Paris, 7. Jan. Dreysuß, dessen De-
gradation heute erfolgte, lag in tiefem
Schlafe, als man ihn Morgens 6 Uhr
holen kam, um ihn nach der Ecole mili-
taire zu führen. Der Verurtheilte er
bleichte zuerst, wurde jedoch bald wieder
ruhig und legte seine Uniform an. Hierauf
wurde er zwei Gensdarmen übergeben,
welche ihn einen Train-Wagen besteigen
ließen, der von zwei Zügen Garde rèpu-
blicaine begleitet, um 8 Uhr 10 Min, bei
der Ecole militaire eintraf, Dreysuß stieg
ab und trat in das Gebäude, Auf dem
Hofe hatten sich viele Neugierige einge
funden. Um 8'/2 Uhr nahmen die Truppen
Aufstellung, Um 9 Uhr erfolgte die De
gradation. Als sich der Adjutant Dreyfus
näherte, ries Letzterer mit erhobenem Arm:
„Ich schwöre, daß ich unschuldig bin! Es
lebe Frankreich!" Die Volksmenge schrie
hieraus: „Tod dem Verräther!" Der
Adjutant vollzog alsdann die Degradation,
Als er den Degen zerbrach, rief Dreyfus
von Neuem: „Ich bin unschuldig!" Nach
erfolgter Degradation mußte Dreyfus vor
der Front der Truppen vorbeischreiten.
Als er bei den Journalisten vorbeikam,
rief er: „Sagt dem ganzen Frankreich,
daß ich unschuldig bin!" woraus wiederum
heftige Rufe aus der Menge erfolgten,
Dreysus bestieg einen Zellenwagen, nach-
dem man ihm Handschellen angelegt hatte,
und wurde nach dem Civil-Gefänaniß
gebracht,
London, 7. Jan, Im Kanal herrscht
fortgesetzt furchtbarer Sturm, sodaß von
Dover keine Passagierdampfer abgegangen
sind. Man hofft den Postdampser „Em-
preß", der mit der Landungsbrücke
collidirte und auf den Strand getrieben
wurde, bald wieder flott zu machen.
Ausland.
Außereuropäische Gebiete,
Nokohama, 5. Jan, Die japanischen
Blätter publiciren ein Telegramm des
Generals Nodzu, das besagt, die in
der Richtung auf Kaicing entsandte dritte
Kolonne berichte, sie habe 4000 Chinesen
unter General Tso zwischen Kaicing und
Tansien gesehen. Eine andere nach Kokan
abgesandte Rekognoscirungsabtheilung mel-
det: Eine Anzahl Chinesen unter General
Ieh befindet sich in der Umgegend von Ko-
kan. Ein weiteres Truppenaufgebot werde
in Koka» angeworben. Es verlautet, daß
General Sung nach Haitscheng vorrückt.
Monaco.
Der Fürst von Monaco ist. wie der
„Straßb, Post" mitgetheilt wird, unter
die Erfinder gegangen. Er hat ein
Fischnetz erfunden, das sich besonders beim
Tiefseefischen sehr Vortheilhaft erwiesen
hat. Das Netz ist mit einer Glühlicht
lamve und deren Zuleitung versehen. Große
Luftkissen schützen es gegen den Druck des
Wassers, Sobald sich das Netz in der
richtigen Lage befindet, wird der Strom
geschlossen, und das Licht glüht. Der
Apparat besteht aus einer kleinen Inlandes
zenzlampe von drei Kerzen Stärke, die so
von Drahtspangen gehalten wird, daß sie
sich in der sie umhüllenden Glasflasche
nicht bewegen kann; die Flasche ist be-
schwelt. Die Verbindung zwischen Schiff,
Batterie und Lampe wird durch zwei
Drähte vermittelt. Die in beliebiger Länge
ausgerollt werden können und zum Schlie
ßen und Unterbrechen des Stromes dienen.
Ein gewisser Carton, welcher mit 2
Genossen vor kurzer Zeit in Monte Carlo
eingetroffen war, hatte daselbst einen Be-
trag von 400000 Lire an der Spielbank
verloren. In der Neujahrsnacht drangen
die aller Mittel entblößten Spieler durch
ein Küchenfenster in das prachtvolle Palais
der als Millionärin bekannten Frau
Octavia de la Galette, ermordeten diese
soioie ihr Dienstniädchen und raubten
baares Geld und Juwelen im Werthe von
200000 Lire, Es gelang, 3 Stunden
nach der That Carton zu verhaften, während
seine Complicen nicht ergriffen wurden.
Der Verhaftete, bei welchem von den ge
raubten Gegenständen nichts aufgefunden
wurde, verweigerte entschieden die Nennung
der Namen seiner Spießgesellen,
England.
London, 5. Jan, Bei der schon gemel
deten Feuersbrunst, die ani Mittlvocb
Morgen in der Waschanstalt (nicht Gas-
anstatt, wie irrthümlich gedruckt) der Frau
Martin in der Edgware Road im Westen
Londons ansbrach, ist die Besitzerin neben
sieben jungen französischen Mädchen, die
in der Waschanstalt beschäftigt waren, ver
brannt, Erst gestern wurden sämmtliche
Leichen aufgefunden; sie waren bis zur
Unkenntlichkeit verkohlt.
Nach dem Genusse einer Suppe
sind im Dorse Wylde Green bei Birming
ham dieser Tage einige achtzig Per-
s 0 n e n, Erwachsene und Kinder, unter
allen Symptoinen der Vergiftung er
krankt, Die Suppe, welche die Besitzerin
des dortigen Gasthauses altem Brauch zu
folge am Neujahrsabend vertheilte, bestand
aus Erbsenmehl und Graupen, die mit
einem großen Stücke Salzfleisch gekocht
waren. Die Gastwiuhin selbst und sieben
Personen ihres Haushalts befinden sich
unter den Erkrankten, von denen eine große
Anzahl noch nicht außer Gefahr ist, wenn
auch alle glücklicherweise sich auf dem
Wege der Besserung befinden. Die Ursache
der Vergiftung hat sich bei der bisherigen
Untersuchung noch nicht feststellen lassen,
Oesterreich Ungarn
- Die Antisemiten im niederösterreichi
scheu Landtag haben am Freitag wieder
die üblichen Skandalszenen aufgeführt An
läßlich des Antrages gegen die Erhöhung
der Verpflegungsgebühr in den Wiener
Spitälern sagte, wie die „Voss, Ztg " be
richtet, der Antisemit Gregorig u, A.:
ir hoffen, daß einmal die
Judengüter von Staa tsweg en ein
gezogen werden. Die Universität ist
heute ein an einem Nothnagel hängendes
Mauscholeum, Der Rektor der Uni
versität, Professor Müllner, ein katholischer
Priester, wies die Angriffe des Vorredners
auf die Universität sowie die antisemitischen
Auslassungen sehr scharf zurück und berief
sich aus das Urtheil Dantes und des
Thomas von Aquino über die Juden,
Wenn er auch als Lehrer Spinoza be
kämpfe, so neige er sich doch vor diesem
großen Geiste und diesem edlen Menschen,
Den Mathematiker Jacobi könne man nicht
aus der Geschichte der Wissenschaft streichen,
bloß weil er Jude sei. Die Antisemiten
begleiteten diese Rede mit höhnischen Zu
rufen, Schneider rief: „Der wird Ehren-
Rabbiner." Lueger erwiderte, der
Rektor schließe die Augen vor den Zustän
den der Wiener Universität; -an der medi
zinischen Fakultät seien über die Hälfte
der Studenten Juden, und es herrsche ein
Cliquenwesen, daß Christen gar nicht auf
kommen können. Müllner: „Beweisen Sie
es!" Lueger: „Traurig, wenn ein Rektor
sich zum Vertheidiger des Judenthums
auswirft und ein katholischer Priester den
Beifall der Judenliberalen sucht!" Die
Antisemiten brachen in einen Beifallssturm
aus, in den auch die Gallerien einstimmten.
Der Landmarschall rief den Antisemiten
zu: „Benehmen Sie sich anständig!" wo-
rauf la ng anha ltender Tum ultfolgte.
Man hörte Pfuirufe und Schimpfworte,
Schließlich erhielt Lueger einen Ordnungs
ruf,
Dänemark.
Ein gutes Geschäft haben zwei Her
ren aus Weieu und ein Herr aus Esbjcrg
gemacht. Im Frühjahr 1894 kauften sie
bei Esbjerg drei Tonnen Land für 5700
Kronen, jetzt haben sie wieder das Land
an den Fabrikanten Paulsen für 30,100
Kronen verkauft
Inland.
Berlin, 5. Jan. In dem Ceremoniell
der Höfe hat sich seit Jahrhunderten ziem
lich viel geändert, und auch der Pag e,
diese poetische Figur des Mittelalters, hat
sich manche Umwandlung gefallen lassen
müssen. Ein Pagenkorps, wie es unter
den Kurfürsten und ersten Königen bestand,
giebt es am preußischen Hofe seit dem
Ende des vorigen Jahrhunderts nicht mehr.
Jetzt werden die Pagen zu den großen
Hoffestlichkeiten aus dem Cadettenkorps ent
nommen, und wenn im Königsschloß die
Lichter ausgelöscht sind, kehren sie wieder
in ihre Kaserne nach Lichterfelde zurück.
Die Ehre, Page zu werden, ist ein Vor
recht ver Söhne des Adels, Man
unterscheidet zwischen Leib- und Hofpagen,
von denen die ersteren zum persönlichen
Dienst bestimmt sind, während die letzteren
zu Spalierbildungen und zum Vortritt be
nutzt werden. Die Familienmitglieder des
preußischen Hofes wählen ihre Leibpageu
selbst, der Kaiser gewöhnlich Söhne ihm
bekannter, verdienter Offiziere oder höbe.er
Staatsbeamten, während die Kaiserin Trä-
ger der vornehmsten aristrokatischen Namen
zu ihrem Dienste heranzieht. Die Leib-
Pagen des Kaisers sind gegenwärtig: Bodo
von Petersdorff und Hans von Stuckradt,
die Leibpagen der Kaiserin Magnus Frei
herr von Mirbach und Adolf von Brau-
chitsch. Die Kaiserin Friedrich hat die
Cadetlen Hans Waldemar Herwarth von
Bittenfeld und Konstantin Werner von
Zeppelin, zu ihren Leibpagen erwählt. Die
Kostüme, rother Muskelierrock mit Silber-
litzen, weiße Weste, Spitzenjabot, weiße
Kniehosen, seidene Strümpfe, Lackschuhe,
Federhut und Degen, werden für die Leib-
lagen auf Rechnung der einzelnen Fürst-
ichkciten, für die Hofpagen von der Kai-
-erlichen Hoskammer geliefert. Zu tollen
Pagenstreichen, wie sie einmal eines sprüch-
wörtlich gewordenen Rufes sich erfreuten,
ist wenig Zeit und Gelegenheit mehr, wenn
auch die Lust dazu noch oft vorhanden sein
mag. So erkühnte sich vor einigen Jahren
Akk Detkctiv.
Roman von I. F. Molloy und K. Dietrich,
Vierundvierzigstes Kapitel.
Die Entscheidung.
Am Nachmittag des folgenden Tages, dem
Freitag-Nachmittag, dem Gillwaldt mit so
froher Erwartung entgegensah, verließ Fräulein
Orlowsky ihr Atelier erst recht spät, etwa
gegen sechs Uhr. Gillwaldt, der sich längst
seiner Verkleidung als alter Gutsbesitzer ent
ledigt und fline Alltagscrscheiuung wieder
angenommen hatte, sah şix aus der Hausthür
herauskommen und überzeugte sich, ihr behut
sam folgend, daß die dazu bestimmten Kriminal
beamten sie in der unteren Halle des Zoolo
gischen Garten-Bahnhofes ans seinen Wink
sofort erkannten, sich ihr anschlössen und mit
ihr in dasselbe Coupö des Stadtbahuzuges
stiegen, der sie vernmlhlich nach ihrer Wohnung
nahe dem Bahnhof Bellevue führte.
Dann kehrte er in Bcglellung des Wacht
meisters Wagner nach dem Atelier zurück,
machte dem Hausverwalter und Portier die
erforderlichen Eröffnungen, welche auch den
gewünschten Erfolg hatten, und begab sich
darauf mit Wagner unverzüglich in das Atelier
von Fräulein Orlowsky. Während seiner
Besuche mit seiner angeblichen Enkelin hatte
er den Raum und dessen Ausstattung aus
das sorgfältigste gemustert und besonders
einen großen, alterthümlichen Schrank von
acht Fuß Höhe mit Doppelthüren, ivelcher
die eine Wand ganz ausfüllten. Diesen
Schrank hatte er als den am bestell geeigneten
Versteck gewählt, von wo aus er der Unter-
edung mit Harold Tonati zuzuhören gedachte,
»nd so untersuchte er jetzt vor allem diesen
Schrank.
Die Thür öffnend, fand er darin einige
leere Nahmen, andere mit ausgespannter, noch
unbenutzter Leinwand, und mehrere unvollendete
Gemälde. Oben war ein großes Ouerbrctt,
auf dem Oelkannen sowie verschiedenes
Gerümpel und Malutensilien lagen, Nach
Entfernung dieses Brettes würde Gillwaldt
und sein Begleiter ausreichenden Raum haben,
um in dem etwa vier Fuß tiefen Schrank
stehen zu können, ohne sich bücken zu brauchen.
Von außen steckte der Schlüssel in der Thür,
aber von innen ließ sich der Schrank nicht
verschließen. Gillwaldt überzeugte sich jedoch,
daß die Riegel, welche den einen Thürflügel
von innen festhielten, ausreichend stark und
widerstandsfähig waren, so daß er in dem
zweiten Thürflügel nur einige starke Nägel
von innen einzuschlagen, daran ein Ende
kräftiger Schnur sicher befestigen und die
Enden derselben straff in seiner Hand zu
halten brauchte, um auch das Oeffnen dieses
zweiten Thürflügels von außen, nachdem er
vorher den Schlüssel herausgezogen, sicher
zu sein, Falls die Malerin, wie kaum
wahrscheinlich, während der Unterredung mit
ihrem Freunde etwas aus dem Schrank
herausnehmen wollte, würde sic dann denken,
yc hätte den Schlüssel verlegt und sich weiter
nicht darum bekümmern.
Nach Beseitigung des Brettes und
Befestigung der Schnur trat Gillwaldt in
den Schrank, um sich zu überzeugen, ob die
Vorrichtung auchseincn Erwartungen entspräche,
Er fand, daß alles befriedigend funktionirle, und
wandte sich dann zur gründlichen Untersuchung
des übrigen Raumes in der Hoffnung,
vielleicht noch irgend welche weiteren Beweis-
momente gegen den würdigen Stößer und
vielleicht sogar den Schmuck der Frau von
Focrster zu finden.
Zuerst wandte er sich zu einem großen
Schreibtisch mit einer Reihe Schubladen auf
jeder Seite. Dieselben waren sämmtlich fest
verschlossen, aber Gillwaldts reiche Anzahl
von Dietrichen hatte sic bald ohne Mühe
geöffnet. Die erste Schublade enthielt eine
größere Anzahl Photographien, die Gillwaldt
deshalb intereffirten, weil eine davon die
des ermordeten Karl von Foerster, eine
andere die des Sängers Douati war, und
etwa ein Dutzend einen hageren, weibisch
aussehenden jungen Mann in verschiedenen
Kostümen darstellte, der zweifellos Reginald
Ltößer sein mußte. Das waren gewiß die
Photographien, nach denen der Diener in
Donatis Wohnung vergebens gesucht hatte.
Die zweite Schublade enthielt ein Bündel
Briefe von dem Sänger Donali, worin der
selbe seinem Freunde mittheilte, daß er ihn
seinem Wunsche gemäß an bekannten Orten
und zu bestimmten Stunden treffen würde.
Der älteste dieser Briefe war vom 19, Oktober
des vorigen Jahres datiert und enthielt die
Mittheilung, daß er ihn nach elf Uhr abends
im Seepark an der Kreuzung des großen
Weges und der Lichtensteinallee treffen wollte.
Der neueste, vom gestrigen Tage datiert, ent
hielt die Mittheilung, daß Schreiber desselben
am Freitag-Abend etwa gegen halb zwölf
Uhr sich in, Atelier einfinden würde,
„Der brave Mensch hat keine Ahnung, wer
ihn hier empfangen wird," murmelte Gillwaldt
mit einem befriedigten Lächeln vor sich hin.
Die weitere Durchsuchung der Schubladen
förderte nichts von Wichtigkeit zu Tage.
Soweit hatte sich noch keine Spur des
Brillantschmuckes gefunden, aber Gillwaldts
Arbeit hatte eben erst begonnen, und er fühlte
sich durchaus hoffnungsfrcudig. So unter
suchte er denn mit seinem Begleiter auf das
sorgfältigste alle Gegenstände, Winkel und
Ecken des Zimmers, bis er sich schließlich
zu einem großen Divan wandte, den er sich
unwillkürlich als das verheißungsvollste Objekt
bis zuletzt aufgespart hatte. Derselbe erwies
sich aber als ganz unbeweglich. Wahrscheinlich
war er von innen her mit eisernen Haken
und Schrauben im Fußboden befestigt. Bei
näherem Zusehen zeigte sich, daß der eigent
liche Divan etwa dreiviertel Fuß weit von
der Wand entfernt stand, während dieser
Zwischenraum durch eine in ihrem oberen
Theil reich drapierte Rückwand angefüllt war.
Diese war weder am Boden, noch an der
Wand befestigt und ließ sich nach einigen
Versuchen ohne Mühe herausheben, so daß
dann der eigentliche Divan frei dastand.
Dieser hatte so viel inneren Raum, daß
Gillwaldt fest überzeugt war, derselbe müßte
zu irgend welchen Zwecken benutzt sein, und
der obere Theil sich irgendwie abheben lassen,
51111t Inhalt gelangen zu können. Auch
um
der ganze untere Theil war mit Stoff über
zogen, derart, daß zwei Einschnitte in der
Längsrichtung deutlich vortraten. Der obere
dieser Einschnitte bezeichnete höchst wahr
scheinlich die Verbindung zwischen Unter- oder
Obertheil, aber vergebens versuchte Gillwaldt
den Sitz empor zu heben oder irgend ein
Vcrbindnngs- oder Verschließungsmittel, sei
eS Haspen, Schlüssellöcher oder sonst etwas
derartiges zu entdecken. Alle seine Bemühungen
waren vergeblich. Schließlich fuhr er langsam
mit dm Fingerspitzen drückend aus das sorg
fältigste den ganzen oberen Ausschnitt entlang,
bis er endlich an eine Stelle kam, wo er
deutlich ein metallisches Klirren, wie von dem
Auslösen einer Feder, hörte, 'Nochmals
drückte er stark auf diese Stelle, hörte dasselbe
Geräusch noch deutlicher, stemmte sich gleich
zeitig gegen den Rand des Divans, und
langsam hob sich die ganze Sitzfläche, bis
jic gegen die Wand gelehnt hoch aufgerichtet
dastand und den Jnnenraum den Blicken
Gillwaldts und Wagners freigab. Das erste,
was dieselben sahen, waren drei starke Sperrt
Hölzer zu beiden Seiten und in der Mitte
des Divans, die sie unverzüglich aufrichteten,
um damit den Obertheil vor dem Wieder-
herunterfallen zu sichern. Dann wandte sich
ihre Aufmerksamkeit dem Inhalt zu. Das
Tageslicht war jetzt beinahe völlig verschwunden
und tiefes Dunkel erfüllte den Rauni, aber
Gillwaldt war viel zu vorsichtig, eine der
vorhandenen Lampen anzuzünden, damit nicht
etwa die Künstlerin nachher bei ihrer Rück
kehr aus der Wärme der Zimmerluft oder
einer Spur von Lampendunst oder der etwa
noch vorhandenen Erhitzung des Cylinders
auf den Argwohn gebracht werden könnte,
daß jemand die Lampe in ihrer Abwesenheit
gebrannt hätte. Er zündete nur eine Blend
laterne an, die er mit gebracht hatte,
und deren Licht kräftig genug war, um dabei
die weitere Untersuchung vornehmen zu können.
Bei ihrem Schein erblickte er in dem Jnnciii
des Divans zwei Handkoffer mit den auf
gemalten Buchstaben 11. 8., eine schwarze
Reisetasche, mehrere Herrenanzüge, Hüte,
ocken und Stiefel, wohl ein halbes Dutzend,
Spazierstücke und eine leere Flasche mit der
Aufschrift: „Chloroform" auf dem Etikett,
aber weiter nichts.
Auch in den Handkoffern und in der