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Frau Wwt- Vierteljährlich 2 Ji.—, frei ins Haus geliefert
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Nr. 81 ix
2 Ji 15 f
für Auswärtige, durch die Post bezogen
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'asch"ve kaust ^ Postprovision re., jedoch ohne Bestellgeld.
n den Unter-
Znscttionsprcis: pro Petitzellc 15 Ķ
Aeltrstes und geleserrstes Klntl im Kreise Kendsdurg.
Anzeigen für die Tagesnununer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten.
-» 88ster Jahrgang.
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werden dem Blatt „Der Landwirth" sonne das
Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegebeu.
3800 Abonnenten
wenstraße.
je» eine aix
Wo. 49.
WUl.^och den 27 Iebruar
1895.
De,
chschaft und
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per OsterX
haft gesucht
;al, Mel.
Morşisn.Depeşchen
Berlin, 26. Febr. Die offiziöse „Berl
Korresp." bezeichnet die Blättermcldung
wonach im Ministenum des Innern au'
der Grundlage des früheren Entwirr
wiederuni eine „lex Heinze" ausgearbeitet
werde, als nicht zutreffend.
Kiel, 27. Februar. In der gestrigen
Sitzung der Strafkammer wurden die
Eckernförder Stadtverordneten Neve und
Strenge von der Preßbeieidigung bezw
und Wurst
einen
Fockbek-
rdentliches
len.
Schützenhof
Ddp
hneidcrei
Koni astö
1 Mai NU ^ireiigc von oer PIeyoe I eiorgung vezw
' Prestverleumdung des Bürgermei
y sters Felgenhauer in Eckernförde frei
ION, gesprochen.
mit PserdeU ^ bkeuwird, 25. Febr. Der Fabrikarbeiter
nh .ItLilt H e 6 Don Heddesdorf wurde heute Morgen
unft ertheil ößn ben) s^ ostekUen Mattner durch einen
ratze 507.^ Reoolverschuß getödtet.
Köln, 25. Februar. Der Rosenmon
tags-Festzug ist glänzend verlaufen
Das Wetter war mild und trocken, der
Fremdenverkehr gewaltig.
Bern, 25. Febr. Notar Z o ß, gewe
jener Friedensrichter der Stadt Bern, wurde
wegen leichtsinnigen Bankerottes und Unter
schlagung von Frcs. 65 ; 000 zu 3'/., Iah
ren Zuchthaus verurtheilt.
Calais, 26. Februar. Die Fischerbarke
„Theophile" wurde gestern in der Nähe
des Leuchtthurms der Insel Wight an das
Ufer geschlagen. Sieben Personen der Be
wannung sind umgekommen.
Krnstantinopel, 26. Februar. Aus dem
Umstande, daß an den Ufern des Bos
Perus seit einigen Tagen das Meer zahl
reiche Menschenleichen auswirft, schließt
won daß es sich wahrscheinlich uni an
Cholera gestorbene Menschen handele, welche
von der Bemannung eines Schiffes ins
Ällşier geworfen wurden. Die Untersuchung
ist eingeleitet worden.
Rom, 26. Febr. Die Aerzte haben den
Papst ersucht, die Audienzen bis zum 2.
März zu suspendiren, um seine Kräfte zu
schonen für die dann in der sixtinischen
Capelle stattfindende Ceremonie, wobei der
Papst eine lange Rede an das Episeopat
halten wird. Die Gesundheit des Papstes
ist zwar nicht schlecht, erfordert aber große
y Schonung.
VUtU Newport, 23. Febr. In dem bekannten
J Amerikanischen Badeorte Hot Springs,
ktwa 75 km von Little Rock in Arkansas,
şt das ganze Geschäftsviertel durch eine
şxrsbrunst zerstört worden. Auch einige
■ lvw / v hotels sind eingeäschert und mehrere Personen
ivllen in den Flammen umgekommen sein.
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Der Reichstags-Präsident und
seine Gewalt.
Von jetzt ab kann ein Mitglied des
Reichstages, wenn es die Ordnung gröblich
verletzt, von der Sitzung ausgeschlossen
werden; d. h. der Präsident fordert den
Uebelthäter aus, den Saal zu verlassen.
Folgt der Feind der Ordnung mit einer
gehorsamen Unterwerfung, die doch gerade
bei Ordnungsfeinden nicht häufig ist,
dieser Aufforderung, so ist die Sache
gut. Der Frevel ist dann in der Weise,
die wir Alle aus unseren Schuljahren
kennen, gebüßt; der ungezogene Volksver
treter steht vor der Thür, oder vielmehr
er läßt sich im Foyer nieder, oder er pro
menirt in der Wandelhalle, zerstreut sich
im luxuriösen Lesezimmer, nimmt eine
Mahlzeit im Eßsaal ein, wohnt, wenn er
Humor hat, von einer Loge aus der ihm
verschlossenen Sitzung bei, oder revidirt die
Toilettenräume nach verlorenen Briefen
einer politischen Gegner. Er gibt sich
also den gewöhnlichen Beschäftigungen
eines Volksvertreters außerhalb des Si
jungssaales hin, und seine im Sitzungs
aale zurückgebliebenen Richter werden
milde über den Sünder denken, der sich
elbst bezwang und willig Buße that, und
der damit den Reichstag und seinen Präsi
deuten einer schweren Verlegenheit überhob
Die Sache verläuft aber ganz anders, so
bald der Feind der Ordnung sich der Aus
weisung nicht fügt und womöglich gar,
unterstützt von seinen Freunden, die Örd-
nung weiter verletzt. Gewalt will der
Präsident, wie er in der Kommission er
klärt hat, dann nicht anwenden.; der Renk
tente soll nicht, wie es im englischen und
ranzvsischen Parlamente geschieht, durch
)ie Diener des Hauses entfernt werden
andern es soll dann der Klügere nachgeben:
ber Präsident schließt die Sitzung und der
Uebelkhäter behauptet das Feld. So steht
die scharfe Waffe aus, die eine große, aus
der Rechten, dem Centrum und den Ratio-
nallibcralen bestehende Mehrheit dem Prä-
identen und sich selbst am vorigen Sonn
abend verliehen hat. Es ist eine sehr ge-
ährliche Waffe für den, der sie handhabt,
er kann sich leicht damit kn die Finger
chneiden. Wenn sich aber einmal ein
Fall ergeben sollte, der zur Anwendung
des neuen Disziplinarmittels führt, dann
t jetzt schon darauf zu wetten, daß er
nicht durch Folgsamkeit des Störers glatt
abläuft, sondern daß dieser sich widersetzt,
und daß dadurch mehr Lärm, Konflikt und
Blamage entsteht, als je zuvor. Ein ein
ziger böswilliger, unzurechnungsfähiger oder
schamloser Mensch kann den ganzen Reichs-
tag tyrannisiren, wenn dieser sich mit ihm
auf einen Kampf einläßt: wer vom Platze
weichen soll, ohne daß Gewalt gebraucht
wird. Wäre der Reichstag auf den thörich
ten Gedanken gekommen, seinerzeit Herrn
Ahlwardt mit seinem Aktenskandal von der
Sitzung auszuschließen, dann wäre die
Sache nie zu Ende gelangt, Ahlwardt
wäre Sieger geblieben, er würde mit den
Akten heute »och Hausiren. Statt dessen
hat man ihn angehört, hat den Skandal
austoben lassen, hat ihm geantwortet, hat
ihm Dinge gesagt, die sonst nie ein Prä-
sident dulden würde, die aber nothwendig
waren; das war eine harte, widerwärtige
Aufgabe, besonders auch für den Präsiden
ten, aber es hat geholfen; für den Reichs
tag war Ahlwardt von da ab ein todter
Mann. Das Parlament ist der Ort, wo
die schroffsten Gegensätze, Ueberzeugungen
die Begeisterung und Leidenschaft wecken
mit einander streiten, da kann es nicht zu
gehen, wie im Salon Rede und Gegen,
eede sind die Mittel zum Austrag und
schließlich entscheidet die Abstimmung. Jedes
andere Artikel ist vom Uebel.
Nun wird gesagt: die Ausweisung solle
ich nicht gegen Meinungen oder die
reie Rede richten, sie solle nur grobe
Verletzungen der Ordnung treffen. Den
Anstoß aber hat das Sitzenbleiben einiger
Sozialdemokraten beim Hoch auf des Kaiser
gegeben. Man mag darüber denken, wie
man will, schreibt die „Frkf. Ztg." jeden
fills war dieses Sitzenbleiben der Aus
druck einer Ueberzeugung, eine politische
Kundgebung. Man mag sie tadeln, hart
verurtheilen, die Form als unpassend rügen
die Sitzenden, wie es von der Rechten ge
chehen ist, lärmend beschimpfen; das Alles
ann mehr oder weniger wirksam sein und
t Geschmacksache — das einzige Unwirk-
ame wäre der Ausschluß aus der Sitzung.
Das bedeutet und beweist gar nichts,
höchstens eine Verbeugung nach Oben und
hat die Folge, daß die üblichen Kund
gebungen der Treue und Ergebenheit von
jetzt ab als durch Strafe der Ausschlie-
zung erzwungen erscheinen. Und wenn
einmal alle 45 Sozialdemokraten sitze»
bleiben? Schließt man dann die ganze
Zartei aus? Das wäre die künstliche Glo-
ificirung antimonarchischer Gesinnung, die
man bisher aus Klugheit und in Wär-
digung jeder Ueberzeugung ignorirt hat.
Außer diesem Sitzenbleiben und dem
Fall Ahlwardt sind noch gewisse Zwischen
rufe, wie „frivol" — „unwürdig" —
„erlogen", für die Nothwendigkeit schärferer
Disciplinarmittel angeführt worden. Wer
zweifelt, daß dagegen der Ordnungsru'
genügt? Nach zweimaligem Ordnungsru'
kann jetzt schon einem Redner das Wort
entzogen werden; das ist also auch eine
Art Ausschließung, und von diesem schärf
sten Mittel ist in 27 Jahren nur einmal
und zwar gegen Bebel Gebrauch gemacht
worden, und am nächsten Tage entschied
dann der Reichstag als Appellinstanz für
für Bebel gegen den Präsidenten. Es ist
nur zu wünschen, daß er es nie anwendet;
es ist von ihm auch kein Mißbrauch zu
befürchten. Ein späterer Präsident aber
der eine politische Mehrheit hinter sich hat,
kann dieses Mittel gegen die Redefreiheit
mißbrauchen und es weiter ausbilden. Als
erster Schritt auf einem bedenklichen Wege
und als kleines Ueberprodukt des Geistes,
der den „Umsturz" mit Polizeimaßregeln
bekämpfen will, ist der Beschluß des Reichs
tages zu bedauern.
Ausland.
Außereuropäische Gebiete
Für Ostasrika scheint eine Wiederholung der
Heuschreckennoth zu drohen. Missionar Greiner
cfjrcibt darüber Ende Dezember aus Kissarawe:
„Schon wieder droht die Heuschreckennoth den
Bewohnern Usaramos furchtbar zu werden
Von Kisaki bis Kissarawe haben die Heu-
chrecken die entsetzlichsten Verwüstungen an
gerichtet und Alles aufgefressen. Sogar von
zehn Tagereisen kommen die Leute, um Arbeit
zu suchen."
In New-Iork ist dieser Tage die
Prinzessin Pauline gestorben, jenes
kleinste Geschöpf unter den Zwergen. In
Berlin ist sie durch mehrfache Ausstellung
in Castans Panopticum vielen Tausende»
bekannt geworden. Die Kleine stammt
aus Belgien, wurde 18 Jahre alt und
konnte bequem auf der flachen Hand eines
Mannes stehen. Sie hatte einige Lieder
und Tänze einstudirt, war stets in liebens-
würdiger Laune und nickt wenig stolz auf
dre Beachtung, welche ihr überall, besonders
von den Damen, deren Liebling sie war,
geschenkt wurde. Ihre gesammte Familie
wird von dem Verlust stark betroffen: sie
var die Ernährerin derselben. In New-
Aork erhielt sie für sechs Monate
20000 .M
Junge Attfimger.
Novelle von Gustav Höcker.
enstratze 4.
Am andern Morgen kam er wieder, und
er sich im Geheimen mit dem Projecte
>rug, den Leutchen nach und »ach die Wunder-
flume abzuschwatzen, so kam er täglich. Auch
Aufenthalt in diesem Gewölbe;
' bewohuâ„stĶ ° ^- r bcquemtr als aus seinen
die
Leute vorüberpassiren sehen;
ui sind' zşruck war ein sehr gesprächiger und gcmüth-
Maun der „ich. nur den Alten aa
lt und bestenehm unterhielt sonder» auch an dessen
tr S 1. Maaßen Gefallen fand und sich darüber halb
"fort lachen wollte. Es wurde ihm endlich
Stub-E», Bedürfniß, leben Morgen nach dem
frühstück im Laden ein halbes Stündchen zu
'rrplaudcrn, er wurde der „Hausfreund" der
st Küche flNgen Firma, der „Cicisbeo" der Riesen-Nelke.
teste 59. şr fand gefallen daran, zuzusehen, wen»
i> 1895: „ruck verkaufte, an der Leiter auf- und
.. ,w.j. —ş, an der 1'ener au,- uno «li
eben, Küche Wetterte, einpackte und andere Geschäfte vcr-
örderstrabe^.tchtetc, und begönnerte die Firma, indem er
» humoristischer Weise den Käufern die Güte
. a Waaren anpiies und sic zu häufigem
I ß p lach 1 c b c t f on ui t c n einlud, als wäre er am Geschäft
II StkllUetll^tthciligt.
raste 13^ Biele hielten auch wirklich den dicken impo-
Herrn, der mit großem Behagen sich
ihm MobweX»!, dem Sessel wiegte, für den Principal.
ähl-nstra^Ņuch verschmähte Mohreuhaupt nicht, mit
î ^s"gen hübschen Dienstmädchen, die in den
Zimmer kamen, seine Späße zu machen und sie
iS. K "nd wann in die Wangen zu kneife».
astadtstr^. Cs gmg Alles so gut, daß Leidlich zuletzt
/rinüthig wurde und den Alten häufig zum
wen hielt.
Der Rentier sprach gern in Sentenzen,
wie: „Das Leben ist ein köstliches Gut. -
Die Liebe ist eine Zauberin. — Durch Aus
dauer gelangt man zum Ziele. — Die Wei
ber sind launisch wie Aprilwetter u. s. w."
Er pflegte diese Aussprüche mit einer Salbung
zu thun, als enthielten sie die tiefsten Lebens
wahrheiten. Leidlich hörte ihn dann stets
sehr aufmerksam an und schob diese Aussprüche
den größten Philosophen unter. Sagte z. B.
der Rentier: „Es ist schwer, ein Mensch zu
sein," so rief Leidlich seufzend: „Ja, es ist
sehr wahr, — diesen Ausspruch hat Sokrates
gethan."
Zuweilen freilich geschah eS auch, daß der
Rentier seinen Nachbar darauf mit miß
trauischen Blicken von der Seite ansah und
zur Antwort gab:"
„Und wenn ihn Purzpichler gethan hätte,
er ijt doch wahr! Was gehen mich Eure
Stubengelehrten an; ich bin so klug und so
alt, daß ich das Alles selbst sagen kann."
Auch konnte sich Leidlich nicht enthalten,
dem Rentier gelegentlich den „Tabakskrane",
£! e "Ņ-à'" und die „Schacherjuden" unter
>e Rase zu reiben, womit dieser einst gegen
Unternehmen bezeichnet hatte.
-- .^Şucherweise aber konnte Mohrcnhaupt
lc, rnck,t mehr darauf besinnen und Leidlich's
Anspielungen blieben ihm daher unverständlich.
Ueberhaupt war das Gedächtniß des Alten
şş!.'ch stamps geworden, ähnlich wie sein
Gehör. Obwohl er die Firma täglich vor
Augen hatte, so war cs doch nur ein Zufall
wenn er sie richtig, nänilich „Leidlich und
Druck," nannte, in den meisten Fällen aber
figte er zu Leidlich's Aergerniß bald: „Druck
ind Leidlich," bald „Druck und Compagnie"
und dann wieder „Leidlich und Compagnie."
Auch die Namen der beiden Associes selbst
-Htalteu.
Rom, 26. Feb. In dem Dokumenten-
prozeß wurde beschlossen, dem Antrage der
Angeklagten gemäß die Untersuchung durch
Vernehmung Giolitti's zu vervoll-
ständigen und Letzteren zur verantwort-
lichen Vernehmung vorzuladen. Der
Staatsanwalt hatte diesen Antrag be
kämpft. indem er ausführte, daß die' von
Giolitti der Kammer vorgelegten Papiere
sich zwar auf die Banka Rvmana beziehen,
aber ohne Einfluß auf den Prozeß Tan-
longo waren, auch nur in Abschriften be-
standen. Angenommen aber, Giolirti be
säße noch andere Dokumente, so könnten
auch diese nur von seinen Untergebenen
unterschlagen sein. Schließlich bekämpfte
der Staatsanwalt die Ausdehnung der
Anklage auf Giolitti, weil dieser jedenfalls
für Vergehen, die er als Minister verübt,
nach der Verfassung nur von der Kammer
angeklagt und gegen ihn nur vom Senat
als Staatsgerichtshof verhandelt werden
könne. Die dazu erforderlichen Schritte
fiien auch erfolgt, konnten jedoch wegen
der Vertagung der Kammer und des da
rauf folgenden Schluffes der Session keine
Folge haben. Der Beschluß des Anklage-
senats macht auf das Publikum großen
Eindruck.
Rom, 26. Febr. Ein junger Graf hat
eine Spielschulden in seinem Klub mit
einem werthlosen Chek bezahlt und sich
obendrein noch 10000 Frcs. darauf aus
der Klubkaffe herausgeben lassen. Der
fimose Graf war s. Zt. Botschaftssekretär
bei der italienischen Botschaft in Berlin,
ist inzwischen aber abgesetzt. Auch dort
waren über den gräflichen Diplomaten
allerlei nicht ganz saubere Gerüchte im
Schwange. Sie wurden aber offiziös de-
montirt, zu Deutsch: Man belog das Pub-
likum.
Frankreich.
Paris, 26. Febr. Das Comitee der
,8oeiöG nationale des beaux arts“ hat be-
chlosieu, sich an der diesjährigen Berti-
ner Kunstausstellung zu betheiliqeu.
Äutziand.
Petersburg, 26. Febr. Der „Grasch-
damn" hört, ein russisches Geschwader
werde der Eröffnung des Nord-Ost fee-
Kanals beiwohnen.
Schweiz.
Der bekannte Antrag Kanitz hat be
reits eine Nachahmung in der Schweiz ge-
funden. Nach einer neuen Bestimmuilg
der Bundesverfassung kann man nämlich
verwechselte er fortwährend: wenn er mit
Druck sprach, so redete er ihn mit Herr
„Leidlich" an und diesen umgekehrt. —
Mittlerweile setzten beide Associes natürlich
auch ihr stummes Verhältniß zu Fräulein
Mathilde eifrig fort.
Ş Seitdem der Papa zu den Nachbarn in
nähere persönliche Beziehungen getreten war,
zog die Tochter den Schleier der Befangenheit
allmählich von ihrem Fenster weg. Sie flüch
tete sich nicht mehr vor Druck und tauschte
niit ihm mitunter wohl auch ein Lächeln.
Auch hatte sie in Begleitung ihres Vaters
dem stkachbarladen einen Besuch gemacht, uni
die Riesen-Nelke in der Nähe zu sehen.
Leidlich triumpyirte, denn alle Fragen in
Betreff der Blume hatte sie au ihn gerichtet,
ja sie hatte Druck kaum eines Blickes gewür
digt, und Leidlich hatte genau beobachtet, wie
sie sogar absichtlich vermieden hatte, Jenen a»-
Zusehen.
Daß Druck ebenfalls um die Gunst der
Nachbarin buhlte, konnte er ihm nicht ver
wehren, doch hielt Leidlich es für seine Pflicht,
seinen Associe durch hingeworfene Aeußerungen
vor der bitteren Enttäuschung verschmähter
Liebe zu warnen. Als er einst Drucken in
den, Augcnbkickc überraschte, wo dieser ein
Kußhändchcn hinüber warf, nahm er sich im
Stillen heimlich vor, ihn nie zu seinem
Hausfreunde zu machen.
Indem eines Tages Truck's Blicke suchend
nach dem Nachbarfenster schweiften und mit
großem Wohlgefallen nach dem weißen Ant
litz, daß sich hinter den Scheiben zeigte, aus
ruhten, schüttelte Mathilde plötzlich den Kopf.
Er bemerkte genau, daß ihre Augen dabei
auf ihn gerichtet waren, daß sie schelmisch
blinzelten, daß sich dazu uni ihren Mund ein
liebliches Lächeln verbreitete, kurz es war die
liebenswürdigste Verneigung, die durch Mie-
ncnspiel jemals ausgedrückt worden ist, und
Druck durfte keinen Augenblick zweifeln, daß
das Zeichen ihm selbst gelte, obwohl er sich
bewußt war, der Nachbarin niemals, weder
iliit Worten, noch durch Zeichen, eine Frage
vorgelegt zu haben. Er wußte nicht, welche
Bedeutung er dicseni stummen, räthselhaften
Vorgänge unterlegen sollte und war darüber
ganz untröstlich.
Mit verlegenen Blicken prüfte er seine
ganze nächste Umgebung und es schien, als
wollte er von der Wölbung der Ladenthüre
bis herab zur Schwelle jedes Atom fragen:
was hat sie gesagt?
Er vergegenwärtigte sich mit ängstlicher
Genauigkeit ^ bis zum Kleinsten herab alle
Umstände, die dem räthselhaften Kopfschütteln
vorangegangen waren. Er rief sich ins Ge
dächtniß zurück, daß kurz vorher ein Wagen
mit weißem Sand vorübergefahren, daß fast
gleichzeitig der gelbrvckige Briefträger ins
Gewölbe getreten, von Leidlich abgefertigt und
dann hinüber in das Haus des Reuters
gegangen war, wie dies fast täglich geschah.
Er hatte dem Briefsräger wieder aus dem
Hause treten und dann eben am Fenster die
Nachbarin erscheinen und den Kopf schütteln
sehen. Druck hielt eine förmliche Criminal-
untersuchung, aber sie ergab Irichts.
Da sich in Mathildens Benehmen, die den
ag über noch häufig an's Fenster trat, über
dies nichts zeigte, das auch nur den gering-
stcn Anknüpfungspunkt an jenes verneinende
Zeichen dargeboten hätte, so beruhigte sich
Druck. 1
Nach einigen Tagen hatte er den kleinen
Vorgang fast gänzlich wieder vergessen, denn.
scho I, wurde sein Interesse von einem ande r
Gegenstände in Ansruch genommen.
Unter den ausgesuchten seltenen Blumen
welche vor den Fenstern des Rentiers standen
war die plötzliche Hinzukunft eines gewöhn
lichen Rosenstocks eine ausfallende Erscheinung
Und einen solchen gewahrte Druck eines Tages
— zu seiner Verwunderung; aber auch der
Rentier schreu verwundert, und offenbar fragte
er jetzt eben die Tochter, wo dieser Rosenstock
hergekommen sei, und offenbar brachte diese
M'age Mathilden in Verlegenheit, denn ihr
Antlitz glühte auf einige Augenblicke in dunk
lerem Roth noch als die Rose. Dann be
wegten sich ihre süßen Lippen in holder
Beredsamkeit auf und nieder, indem sie dem
Papa etwas höchst Glaubwürdiges zu erzählen
schienen, und als der Alte von Fenster ver
schwunden war, hob sie den Rosenstock enipor
als preßte sie ihn an ihr Herz und sog den
Duft der Knospen ein, so langsam-träumerisch
so tief athmend, daß Druck ihren Busen aus-
imd nicdcrwogen sah.
Sie schien den Rosciytvck mit besonderer
Vorliebe zu pflegen, und so oft sie daran
noch, was täglich mehrere Male geschah warf
sie einen Blick auf Druck herab und lächelte
und der Blick und das Lächeln galten ihm
und standen doch auch gleichzeitig in Bezie
hung zu dem Rosenstocke. Das' konnte dem
charf beobachtenden Druck nicht entgehen aber
cs war ein neues Räthsel für ihn. Und er
gericth immer tiefer in dies Räthsel hinein
ohne nur eins davon lösen zu können, und
ihre Zahl häufte sich wie unbezahlte Rech
nungen, — denn noch waren Druck's Ge-
danken mit dem Geheimniß des Rosenstocks
beschäftigt, da sandte die Nachbarin eines
-vages Plötzlich wieder ein lang anhaltendes