vor 10—12 Jahren, da die Damen
Guillaume Schack, Dr. Hofmann ihr Licht
in den Frauenversammlungen leuchten
ließen, hatte die jetzige Bewegung ange
nommen; in den jetzigen sozialdemokratischen
Frauenversammlungen, die, nebenbei gesagt,
zur Hälfte von Männern besucht waren,
herrschte ein Ton, der mit dem Frauen-
charaktcr in keinem Einklang stand. Jetzt
hat, wie gesagt, der Polizeipräsident einen
Strich durch diese Agitation gemacht, die
sich selbstverständlich nicht auf Berlin bc-
schränkte. Denn von der Berliner Frauen-
Agitations-Kommission waren schon Agi
tatorinnen in die Provinzen gesandt, und
im größeren Stile sollte demnächst eine
Agitation im Reich entfaltet werden, vor
läufig fehlte es freilich an der nöthigen
„Munition," aber wie es hieß, soll in
letzter Zeit solche von Freunden der Sache
in Aussicht gestellt sein.
— Der Plan, die exotischen Gerb
stofse (Quebrachoholz) durch einen hohen
Zoll zu vertheuern, berührt, wie die „Köln.
Stg." darlegt, auch die S eid enindustrie,
welche fremde Gerbmittel zum Färben
braucht. In den Krefelder, Wupperthaler
und Langenberger Seidenfärbereien werden
rund 3 800 000 Kilo Gambier, Catechu
oder auch Terra japonica genannt, ver-
wandt. Außerdem etwa 700000 Kilo
Sumach, Gallus, Dividivi und Kastanien
Extrakt. Die Gesammtmenge, die in deutschen
Seidenfärbereien überhaupt verwandt wird,
stellt sich ganz beträchtlich höher. Außer
den Seidenfärbereien werden aber auch
ganz beträchtliche Mengen von Gerbstoffen
in anderen Färbereien, so z. B. Stück-
und Baumwoll Färbereien verwandt. Die
deutschen Seidenfärbereien färben vielfach
auch für das Ausland, für England, Italien
Schweiz, Spanien nnd Oesterreich; selbst
der geringste Zoll aus die für das Färben
so wichtigen Gerbstoffe würde das Ge-
schüft vollständig lahm legen und
eine große Anzahl Arbeiter brotlos machen,
denn bei dem scharfen Wettbewerb, dcr
auf diesem Gebiet herrscht, ist das Geschäft
nur mit einem ganz außerordentlich ge
ringen Nutzen zu machen. Will man also
dieblühend gewordene deutsche Seiden
färb erei - Industrie ruiniren, so
giebt es kaum ein besseres Mittel als den
Zoll auf fremde Gerbstoffe. Zudem müssen
die deutschen Färber sich auch im Jnlande,
sranzösichen Färbern gegenüber, ihrer Haut
wehren. Der Zoll auf Gerbstoffe würde
das Geschäft noch viel schwieriger machen
und bei dem unbedingt «othwendig werden
den Preisaufschlag den Franzosen in
die Hände spielen, da die deutschen
Seidenfärber dann kaum noch in der Lage
wären, ebenso billig zu arbeiten wie die
Franzosen.
— In den Kreisen der inactiven Gene-
rale ganz Deutschlands ist der Gedanke
mit Beisall aufi enommen worden, dem
Fürsten Bismarck zu seinem achtzigsten
Geburtstage Glückwünsche darzubringen.
Es soll dies in Form einer einfachen,
aber würdig ausgestatteten Adresse ge-
schehen.
— Der Magistrat in Coburg hat
es abgelehnt, die beantragte besondere
Ehrung des Fürsten Bismarck zu dessen
80. Geburtstag seitens der Stadtgemeinde
ins Werk zu setzen.
— Gegenüber dem Artikel des „Vor
wärts", „Von der preußischen
Sparsamkeit", worin ausgeführt
wird, daß die für Bekleidungs- und Aus
rüstungsstücke durch den Etat gewährten
Preise weit höher seien als die wirklichen
Lieferungspreise, die sich bei der Beschaf
fung im großen durch die Bekleidungs
ämter erzielen ließen, erklärt der „Reichs-
anzeiger", daß die Berechnung sowie die
daran geknüpfte Forderung vollständig
alsch und unrichtig seien. Die Berechnung
leide an einer Reihe von Irrthümern und
Fehlern, wonach die Ersparnisse höher
!ein sollen, als sie thatsächlich sind. Die
Etatsstärke des preußischen Heeres, wovon
der Artikel handelt, ist um rund 68,000
Mann zu hoch genommen. Der „Reichs-
anz." schließt, es wäre gänzlich verfehlt,
den Truppen die Möglichkeit zu nehmen,
durch das System der Selbstverwaltung
auf diesem Gebiete Ersparnisse zu erzielen.
Der Etat würde durch solche Maßnahnien
zweifellos erheblich mehr belastet werden.
- EinenerbittertenKampfführen
die Berliner, wie dortigen Blättern zu
entnehmen ist, gegen das leidige Seesalz
streuen bei den starken Schneefällen. Die
Schädlichkeit des Salzstreuens, das im
Volksmunde bereits der „Stiefeltod" ge
nannt wird, wird durch die Thatsache be-
stätigt, daß nicht, wie bisher gemeldet, nur
300 Pferde erkrankt sind, sondern daß, wie
der „Fuhrhalter" in seiner letzten Nummer
mittheilt, nicht weniger als 1200 Pferde
der großen Berliner Pferdebahn-Gesellschaft
„stallahm" geworden sind. Die Thiere
sind durch das Salzstreuen derartig mitge
nommen, daß sie vorläufig keinen Dienst
verrichten können. Auch die Ober-Post
direktion ist in letzter Zeit gezwungen ge
wesen, infolge der Erkrankung ihrer Pferde
Gespanne von Privaten zu leihen.
Der Handelsverein zu Winsen a. d. Luhe
hatte in der letzten Sitzung der Handels
kammer zu Lüneburg nach Schluß der
Tagesordnung den Antrag, höheren Orts
dahin vorstellig zu werden, daß den
Lehrern auf dem Lande untersagt werde,
Musterkollektionen der Versandgeschäfte
Herzog in Berlin und Pohlich-Leipzig zu
halten und nach denselben Bestellungen an
genannte Firmen auszuführen, da hierdurch
der ansässige und mit Gewerbesteuern hoch
belastete Handelsstand empfindlich geschädigt
werde. Die Mitglieder sind nun von dcr
Handelskammer ersucht worden, in ihren
Kreisen Umfrage zu halten, ob auch ander
wärts als im Kreise Winsen solche
Zwischengeschäfte von den Lehrern gemacht
würden. Hierbei hat sich herausgestellt, daß
im Lüneburgschen leider vielfach Lehrer
Geschäfte für große Versandfirmen in der
angegebenen Weise besorgen. Die Hanvels
kammer wird nunmehr höheren Orts da
gegen vorstellig werden.
Der im Hamburger Zollkanal liegende
Dampfer „Triumph" ist vom Eise durch
schnitten worden und nach sehr kurzer Zeit
gesunken. Der an Bord befindliche Decks
mann hatte kaum so viel Zeit, sich, mit
der allernothwendigsten Kleidung versehen,
zu retten.
Der „Gasthof am See" in Eutin wurde
für 31 000 Mark an d.-n Gastwirth Finke
aus Kiel mit Uebernahme zum 15. März
d. I. verkauft.
BrovinzieSeK.
Schleswig-Holstein, 25. Februar. Zur
Agrarpolitik veröffentlicht ein Land-
Wirth im „H. C " einen längeren sehr ge-
mäßigt gehalten und sachlich geschriebenen
Artikel, welcher darin gipfelt, daß nach
welche er alle Abende in einer polirtcn Scha
tulle niit nach Hause nahm, um sie während
der Nacht im Bettstroh zu verwahren. Diese
Vorsicht war indessen nicht mehr lange Von
nöthen, da Leidlich zu dem Neubau und den
übrigen Verschönerungen des Gewölbes nur
unter der Bedingung seine Einwilligung ge
geben hatte, daß das Comptoir endlich durch
ein höchst nothwendiges Jnventarstück bereichert
werde, gegen dessen Anschaffung sich Druck
bisher immer leidenschaftlich gewehrt hatte, —
nämlich einen eisernen feuerfesten Geld- und
Documentenschrank.
Es läßt sich leicht denken, daß durch alle
diese Neugestaltungen die Mittel unserer Firma
nicht wenig erschöpft worden waren, und
während Druck im guten Vertrauen darauf,
daß der beabsichtigte Zweck gewiß erreicht
werden würde, sich mit großen Behagen in
seiner neuen Umgebung bewegte, stellte sich
bei Leidlich eine Art Katzenjammer ein, der
auch dann nicht gehoben wurde, als der eiserne
kostspielige Geldschrank anlangte: und doch
behauptet man, daß ein Glas von demselben
Getränk, von welchem man am Abend vorher
zu viel genossen hat, als Morgentrank das
beste Gegengift sei.
Leidlich fühlte sich unter all den neu an
geschafften Gegenständen so unheimlich, wie
ein von Gewissensbissen gequälter Mörder in
den Kleidern des Erschlagenen Wenn er
durch das Gewölbe ging, so vermied er, sich
umzublicken und hätte sich am liebsten die
Augen verbunden; selbst seinen Geldschrank
schloß er nur mit zagender Hand auf und zu.
Die schwere eiserne Thüre, die ehernen Wände,
die riesigen Schlösser schienen ihn, wenn er
seine geringe Barschaft hineinlegte vorwurfs
voll anzublicken, wie ein junges Weib, das
er geheirathet nnd dadurch uuglücklich gemacht
hatte.
Leidlich wurde tiefsinnig, melancholisch;
er hatte des Nachts schreckliche Träume. Er
arbeitete jetzt mit verdoppelter Ausdauer, in
dem er sich die überflüssigsten Arbeiten auf
bürdete; er schrieb jetzt noch einmal so lange
Briefe, als früher. Er zog vor der Nach
barin den Hut jetzt täglich zwei Mal ab und
schwenkte ihn tiefer als je vorher und schaute
zu ihr hinauf mit dem Blicke jener gehetzten
weißen Hündin, die zitternd zu den Füßen
der Braut von Messina lag.
Mit Spannung hingen Leidlich's Augen
jetzt oft an den Lippen des Barbiers, der die
Aussprüche des alten Rentiers über die neuen
Einrichtungen rapportirte. Sie lauteten in
der That äußerst günstig, aber was konnte
unsrer heiraihslustigen Firma die bloße gute
Meinung des Nachbars nützen, der ohnehin
nach einigen Tagen, da die Sache bei ihm
sehr bald den Reiz der Neuheit verlor, gar
nicht mehr darüber sprach !!
(Fortsetzung folgt.)
Häuslichkeit.
Wenn ich ein junges Mädchen wär',
Mein erstes wäre das:
Ich nähme Strickbaumwolle her
Und strickt ohn' Unterlaß.
Ich ließe das Pianospiel,
Das nur ist Ohrentrug,
Geklimpert wird ja viel zu viel,
Gestrickt doch nie genug.
Wenn ich ein junges Mädchen wär'.
Mein zweites wäre das:
Ich kontrollierte etwas mehr
Die Wäscherin am Faß
Ich stellte, wenn die Waschzeit ist,
Romanlektüre ein;
Mit spannenden Romanen liest
Man nicht die Wäsche rein.
Wenn ich ein junges Mädchen wär',
Mein Liebstes wäre das:
Ich ging zur Köchin in die Lehr'
Und kochte selber was!
Der Hausfrau ziemt es sicherlich.
Wenn sie gut kochen kann.
Und könnt' ich dies, bekäme ich
Auch sicher einen Mann.
einem Dafürhalten ein tüchtiger, fleißiger
Landmann, der sich sein Inventarium an-
chaffen kann, zu gleicher Zeit mit seiner
Frau, welche tüchtig und sparsam ist, die
Zinsen event, die Pacht, welche erforderlich
ind, aus seinem Grundbesitz herauszuwirth-
schaften in der Lage sein muß. Dieses ist
aber bei den jetzigen Verhältnissen nicht
möglich, das würde erst eintreten können,
wenn der Grund und Boden ein Drit
tel seines Werthes einbüßte; als
dann wäre bei uns in unseren Marschen
ein großer Theil der Bauern bankerott.
Es kann keine Rede davon sein, daß
es im Interesse der Bevölkerung und des
Staates überhaupt liegt, mit verschränkten
Armen zuzusehen, wie solche das Wohl
der Gesammtheit schwer treffende Dinge
ich vorbereiten.
Eine Versammlung von Landwirthen in
Angeln hat beschlossen, den Reichstags
abgeordneten Jebsen zu verpflichten, für
den Antrag Kanitz einzutreten.
<j Von der Eider, 22 Febr. Nach der
soeben veröffentlichten Geschäftsübersicht
der Stapelholmer Spar- und Leihkasse zu
Süderstapel über die Zeit vom 1. Januar
1894 bis ult. Dezember 1894 balanciren
Aktiva und Passiva der Kasse in der
Summe von 1088 452,66 Mk. Die Casse
schuldet 961 529,09 Mk., somit beträgt
das Vermögen derselben 126 923,57 Mk
Dasselbe ist im letzten Jahre um 5195,26 Mk.
gestiegen. Die Verwaltungskosten betrugen
pro 1894 5567,93 Mk An Hülfsbedürftige
und andere gemeinnützigen Zwecken wurden
1323,50 Mk verausgabt, der Brutto
gewinn stellte sich somit auf 12 086,69 Mk.
Ein origineller Haushandel, der jüngst
in Neukirchcn abgeschlossen ist, macht von
sich reden. X. verkauft an P. sein Haus
nach der Zahl der darin enthaltenen Fen
sterscheiben und zwar dergestalt, daß für
die erste Scheibe ein Roggenkorn und für
jede folgende immer die doppelte Anzahl
zu erlegen ist. Da die Zahl dcr Fenster
scheiben in dem betreffenden Hause 50 ist,
so ergiebt die Berechnung, daß allein für
die letzte Scheibe 562,949,953,421,312
Körner zu zahlen wären. Da nun 100
Körner ungefähr 5 Gramm wiegen, so er
giebt eine fortschreitende Berechnung des
Gewichts obiger Zahlenreihe Körner, daß
fast 3 Millionen Tonnen Roggen, a Tonne
200 Pfd. gerechnet, für diese eine Scheibe
zu liefern wären. — Was wohl der Käufer
für ein Gesicht bei der Ausrechnung ge
macht hat oder machen wird?
Ein erfreuliches Testament hat ein kürz
lich in Oldesloe verstorbener Badewärter
hinterlassen, indem er verschiedenen mit
ihm in der Badeanstalt thätig gewesenen
Frauen je 600 Mk. vermachte. Der Rest
seines Vermögens, etwa 10 000 Mk., und
eine Landparzelle, fällt an die Stadt mit
der Bestimmung, daß die Zinsen des Ver
mögens jährlich zu Weihnachten an fünf
verschämte Arme vertheilt werden sollen.
Ein interessanter Fall aus dem Thier-
leben wird von einem adligen Gute aus
Ostholstciii mitgetheilt: Auf einem Teiche
daselbst brütete ein Schwanenweibchen auf
vier Eiern. Da von der Gutsherrschast
eine Vermehrung der Schwanenfamilie
nicht gewünscht wurde, wurden der Frau
Schwan die vier Eier aus ihrem Neste
weggenommen und ihr dafür zwanzig
Enteneier untergeschoben, was sie sich auch
ruhig gefallen ließ. Als der Herr Schwan
aber die Fülle der Eier in dem Neste be
merkt hatte, warf er alle Eier bis auf
vier Stück hinaus. Die Frau Schwan
brütete nun weiter. Nachdem nun die
zurückgelaffeuen vier Eier ausgebrütet
waren und sich vier kleine Enten dem
Schwanenpaare zeigten, war dasselbe
darüber offenbar erstaunt. Es stieß die
kleinen Dinger hin und her und umkreiste
unruhig das Nest. Das Ende davon war
daß der männliche Schwan, der diese
Nachkommenschaft offenbar als die seinige
nicht anerkennen wollte, dieselbe — todt biß.
Das Sängersest in Elmshorn ist vom
Festausschuß auf den 27. und 28. Juli
festgesetzt worden.
Die Flensburger Aktienbrauerei-Gesell
schaft vertheilt für das letzte Jahr 3 Pro
zent Dividende.
r. Rendsburg, 24. Febr. Anschließend
an unsere jüngste Correspondenz anläßlich
der Rede des Herrn Reichstagsabgeordneten
Lorenzcn zu den verschiedenen vorge
brachten Mängeln beim Bau des Nord
Ostsee-Kanals 'im Interesse der Anwohner
und der darauf erfolgten Antwort des
Herrn Staatssecretärs v. Bötticher geben
wir in Nachfolgenden, den stenographischen
Bericht des Reichstages zu allgemeiner
Kenntnißuahme wieder:
Abg. Lorc nzen: Meine Herren, ich werde
mich so knrz wie möglich fassen; ich habe aber
versprechen müssen, bei der zweiten Lesung auf
einige Mängel aufmerksam zu macken, die bei
dem Kanalbau vorgekommen sind.
Meine Herrc , als wir beim ersten Expro-
prialionsverfahren aufgcsordert wurden, die An
sprüche geltend zu machen, die eventuell vor
kommen könnten, Hai die Biideisdorser Kommune
nur für das Versagen des Brunnenwassers An-
prüchc erhoben, welche damals voll und giltig
von Herrn Geheimrath Löwe anerkannt wurden.
Letzterer hat ausdrücklich die Frage an unseren
Ortsvorsteher gestellt, wieviel Brunnen wohl
in Betracht kommen könnten, woraus der Orts
Vorsteher erwiderte, daß sei ihm nicht gut mög-
lick. Herr G.heimrath Löwe mochte aber gerne
eine bestimmte Zahl haben; ob vielleicht die Zahl
100 genüge. Daraus erklärte der Ortsvorsteher,
darauf wolle er es ankommen lassen. Als der
Kanalspiegel gesenkt wurde, schwand auch so
fort das Wasser. Wir glaubten, als wir er
fuhren, daß an verschiedenen Orten Brunnen
gebohrt würden, daß es nur einer Anzeige be
dürfe, damit dies auch bei uns geschehe. Wir
wandten uns an das betreffende Bauamt in
Rendsburg und erwarteten, daß uns diese
Brunnen, die sich nicht einmal auf 100, sondern
ca 40 beliefen, ebenfalls gebohrt würden. Wir
erhielten darauf die Antwort von dem Bauamt,
die ich im Original hier habe, worin uns gesagt
wurde, daß wir nach dem Gesetz vom 11. Juli
1874 keine Ansprüche daraus hätten. Inzwischen
batten wir schon erfahren, daß andere Petenten
eben solchen Bescheid erhalten hätten, wunderten
uns aber, daß in anderen Kommunen, nament
lich in unserer Nachbargemeinde Borgstcdt, die
unmittelbar an uns grenzt, 26 Brunnen gebohrt
worden waren, die Ì7 Besitzern gehörten, von
denen nur einer zum kleinen Theil enteignet
war. Wir wandten uns deshalb mit derselben
Petr ion an unseren verehrten Herrn Minister
von Boetticher. Wir mußten uns wundern,
daß wir auch da einen abschlägig n Bescheid er-
hielien, und zwar unter anderer Motivirurg
Es ist darin nämlich gesagt, daß man Billigkeits-
rückslchtcn nicht nehmen könne. Wir hatten ge
sagt, es läge in der Billigkeit, gleichmäßig be
handelt zu werden. Ich habe nämlich stets das
Prinzip gehabt, zu bitten, weil ich erfahrungs
mäßig weiß: ein gutes Wort findet auck eine
gute Statt. Ich babe auch in meinem Leben
schon viel durch Bitten erreicht und bin auch
ganz gern dazu bereit, wenn ich es für andere
Leute thun kann. Ich sprach ausdrücklich von
Billigkeit. Der Herr Minister von Bvetticher
erklärtc, cs thäte ihm leid, Billigkeitsrücksichten
hier nicht eintreten lassen zu können,
abgesehen davon, daß cs nicht feststeht, ob
der Rückgang des Wassers durch die Sen'ung
des Wass-rspiegels oder durch die Wasser-
anlage der Stadt Rendsburg erfolgt ist.
In einer persönlichen Unterredung hatte näm
lich der Herr Baurath Goerz dasselbe gesagt,
woraus ich erwidert habe, wir hätten allerdings
von dieser Vereinbarung gehört, welche Rends
burg mit der Kanalkommission abgeschlossen,
könnten aber nicht glauben, daß die Stadi
Rendsburg, die nach unserer Ueberzeugung so
wie so nur ein Butte, brod für ihren Wasser
verlust bekommen habe, nun auch noch verpflicktet
sein solle, alle anderen Kommunen, die an dcr
Eider lägen, mit Wasser zu versorgen. Wir
hielten Rendsburg nur verpflichtet, den Distrikt,
weicher unterm Stadtgebiet läge, zu entschädigen
Dazu kommt, daß diese Brunnen nicht alle an
der sogenannten Obereider, sondern di,ekt ain
Kanal, am Audorfcr See liegen.
Wie dem auch sei, der Fall ist io, daß wir
uns die Entscheidung nickt eiklären können
In dem Dorfe Krummwisch und dem Hofe
Möglin steht die Sache ganz ebenw, und
können wir nicht annehmen, daß die L-tadt
Rendsburg auch dort iür Wasser zu sorgen ver
pflichtet sei. Hoffentlich erklärt uns Herr von
Boetticher, ob die Herren in der Kanalkominiision
aus eigener Machtvollkommenheit in Borgstcdt
die Brünnen gebohrt haben, oder worauf das
beruht. Hätte man uns gleich, als wir An
sprüche erhoben, gesagt: ja, Kinder, die Sache ist
so, (Heiterkeit) wir versprachen es allerdings,
Herr von Boetticher in der Kommission und die
Herren beim Expropriationsverfahren ebenfalls,
aber die Obcrrechenkammer kommt mit Notaten,
das Gesetz vom II. August 1874 verbietet uns
dergleichen, — so hätt.n wir zwar geglaubt, erste
Aufgabe der Regierung wäre die sofortige Aende
rung des Expropriationsgesetzes, um Wort halten
zu können; wir finden diese Vorausbelastung
nicht schön, aber wir hätten uns darin gesunden.
Ich darf speziell von der Gemeinde Büdelsdorf
sprechen - wir haben schon so viel voraus leisten
müssen 5 848 und 1864. Ich darf behaupten:
kein Dorf im Deutschen Reich hat so viel voraus
geleistet; z. B. ich mit meinem kleinen Besitz von
,50 Hektaren hatte 1864 eine eintägige (Sin-
quartirung von 5800 Mann und in eine Nachbaren
dem gleich. Fragen Sie, bitte, den Herrn General
lieutenant von Hahnke, den ich damals die Ehre
hatte als Hauvtmann längere Z-it im Quartier
zu haben. Der kann Ihnen davon erzählen.
Wir trugen diese drückenden Lasten gern, weil
wir ungestraft singen konnten: Deutschland,
Deutschland über Alles. (Bravo!) Wenn es nur
gleichmäßig vertheilt worden wäre! Aber warum
den Nachbarleuten Brunnen bohren und anderen
nicht? Ich habe hier die Namen der Seute in
Bargstedt, denen die Brunnen unentgeltlich ge
bohrt sind. (Zurufe.)
Nun, meine Herren, ich will mrch kurz fassen
Ein zweiter Punkt, den ich nicht unerwähnt lassen
darf, betrifft die mangelhafte Einrichtung der
Fähre in Nobiskrug. Vor zwei Jahren hatte
der Pastor Bischofs das Unglück, zu Tode zu
kommen. Man hoffte damals, die Regierung
werde möglichst ein Auge zudrücken, da nach
unserer Ueberzeugung ganz unzweifelhaft durch
eine grobe Fahrlässigkeit der Fährknechte das Un
glück passirt war, und wenigstens der Wittwe für
ihre Lebenszeit das Gehalt des Mannes auszu
zählen. Der Mann war ja nicht wiederzube
schaffen; aber nach unserer Ueberzeugung mußte
doch die Frau mit den unmündigen Kindern so
viel als möglich entschädigt werden. Das ist
bisher nicht geschehen und die Frau hat daher
Klage eingereicht; und, wenn wir bestimmt er
warten können, daß zu ihren Gunsten entschieden
wird, nachdem sich herausgestellt hat, daß der
Herr Pastor nicht, wie man es darzustellen ver
suchte, schon todt gewesen sei, bevor er in die
Fähre hineinfuhr — es haben sich nämlich, als
dies in der Presse bekannt wurde, zwei Leute ge
meldet, welche, zufällig bei der Fähre stehend,
da sie mit hinüberwollten, gesehen haben, daß der
Pastor, als er in die Fähre hineinfuhr, noch aus
dem Wagen hinausgesehen hat; daher ist es
zweifelhaft, daß die Sache zu Gunsten der Fr
Pastor entschieden werden wird, aber ich gt -
daß es der Würde des Reichs nicht en sp ch,
wenn die Sache erst durch einen Ruhtersp ch g
^°Ferner^haben wir geglaubt, daß, ime der Herr
Staatssekretär damals uns versprach, bessere
Schußvorrichtunqen bei der Fähre getroffen wurden
Statt dessen ist eine Polizeiordnung erla sen, die
von jedem, der ein Verständniß dasur hat, für
unausführbar gehalten werden muß. Es sind
doch hier, nainentlich unter den Großgrund
besitzern, auch Herren, die wissen, was Fuhrwerk
ist. Es isi nämlich eine Polizeiordnung erlassen,
wonach man erstens, bevor man in die Fähre
hineinfährt, absteigen mutz. Das Fuhrwerk muß
in die Fähre hineingeführt werden. Es sollen
sämmtliche Pferde vorher abgespannt iverden rc.
Die Führe kann 4 Zweispänner oder 2 Vier
spännerwagen aufnehmen. Wenn also 2 Vier
spännerfuhrwerke hineinfahren, ist es nach meiner
Ueberzeugung viel gefährlicher, wenn die Pferde
ausgespannt werden, als wenn sie im Geschirr
bleiben. Ich begreife auch nicht, warum nicht,
was nach unserer Ueberzeugung so leicht sich hätte
ausführen lassen, eine Barriere von 2 Stangen
in 1'/, Meter Höhe um die Fähre herum gezogen!
ist, sodaß es für die Pferde absolut unmöglich
wäre, etwa bei Pfeifen der Dampfschiffe, aus der
Fähre herauszukommen. Meine Herren, ich habe
mich am 2. Februar auf Ersuchen verschiedener
Herren aus dem Landdistrikte dorthin begeben,
um zu sehen, wie die Sache dort gehandhabt
wird. Es hielten dort 10 Wagen, die Hinüber
etzen wollten; es war aber nur eine Fähre im
Betrieb. Auf Befragen beim Fahrwärter erklärte
mir der Herr, daß die Uhr schon zwei vorbei sei;
es cxistirte die Bestimmung, wonach nach 2 Uhr
nur eine Fähre in Gang sein solle. Ich sagte
dem Mann, daß er doch wiffe, daß die Wagen
zur Stadt geiahreu seien, und müsse er doch be
rechnen können, daß an diesen kurzen Tagen die
Beförderung mit einer Fähre nicht möglich sei.
Ich fragte den Mann weiter, ob er nicht Personal
genug habe. Er erklärte, daß könne er bekommen,
die wären nur 100 Schritt davon; aber er hätte
geglaubt, es wäre die Bestimmung einmal so,
und er dürfe nicht anders handeln. Das ist doch
ein großer Mangel. Es sind an Markttagen
165 Wagen hinüber zu fördern. Nun dan kt
jede Uebersahrt zehn Almuten und die Rückfahrt
ebenfalls zehn Minuten. Da ist doch leicht zu
berechnen, wann die letzten Wagen zur Stadt
kommen können, wenn in der Weise verfahren
wird, und hat dies kolossale Nachtheile sowohl
für die Stadt wie für die Landdistrikte, so daß
die Dörfer und Güter, die von der Stadt Kiel
meinetwegen drei Viertelmeilen weiter entfernt
sind, dennoch es vorziehen, nach Kiel zu fahren,
statt sich der Unannehmlichkeit mit der Fähre
auszusetzen.
Es hat mir neulich ein Herr Amtsvorsteher
und Provinziallandtagsabgeordneter erzählt, wie
es ihm ergangen ist bei der Uebersahrt mit der
Fähre^ Er läßt sich aus der Stadi durch Frau
und Kind vom Kutscher holen; wie der Landtag
zeschlossen, und wie er nach dcr Fähre kommt,
ährt gerade ein Wagen hinein. Er bemüht sich,
schnell vom Wagen zu kommen; in demselben
Moment, wo er herankommt, fährt die Fähre
mit dem einen Wagen ab. Es war Abends 9
Uhr bei 15 Grad Kälte! Der Herr mußte nun
30 Minuten warten, bis die Fähre passirt hat.
Dieser Herr hat 1870 auf dem Felde der Ehren
sein ein Auge ausschießen taffen und hat gewiß
große Ursache, das andere Auge so gut wie mög
lich zu schonen. Ich möchte nun fragen, ob man
nicht glaubt, daß solchem Herrn die Galle übet-
laufen muß, wenn er überhaupt noch eine hat,
nach dieser Behandlung! Er kann nicht behaup
ten, da» das absichtlich geschehen ist; aber die
Leute, die da angestellt werden, müssen derartig
sein, daß dergleichen nicht vorkominen kann.
Meine Herren, ich will damit schließen. Ich
habe m;ch verpflichtet gehalten, das hier in zweiter
Lesung vorzubringen, und der Zweck ist haupt
sächlich der, den Herrn Staatsnnnister dringend
zu bitten, cs womöglich jetzt schon dahin einzu
richten, daß auf jeder Seite des Kanals eine
Fähre stationirt ist mit Wärterbuden. Diese
Nothwenvigkeit könnte ich sehr leicht nachweisen.
Wenn z. B. einmal ein Arzt des Nachts geholt
werden muß, so ist es nicht böser Wille, wenn
die Leute dastehen müssen und eine Stunde lang
rufen und schreien; es ist eine bekannte Sache,
daß wir oft bei Westwind schlechtes Wetter haben.
Außerdem ist also die Sache auch gefahrbringend.
Dazu kommt, daß die Leute auch nach der
Kirche dorthin eingepfarrt sind, so daß an einem
Sonntag sowie bei Konfirmation und Ernte
dankfest mitunter 40, 50 Wagen dort hinüber
wollen, und da ist es nach unserer Ueberzeugung
nothwendig, daß auf jeder Seite eine Fähre
stationirt ist.
Dann möchten wir noch bitten, ivomöglich ein
Gitter um die Fähre herum anzubringen, damit
das Aussteigen überflüssig werde, und seinerzeit
vafür zu sorgen, weil den Herren die Landstraße
genommen, denselben das Beste zu gäbe», was
man hat.
Bei Holtenau ist eine Pontonbrücke, nach eng
lischem System gebaut, die sehr gut funktionirèn
soll. Die möchten wir uns auch erbitten. Ich
hoffe, kerne Fehlbitte zu thun, im Austrage der
Petenten, welche darüber auch eine Petition ein
gereicht haben.
Präsident: Das Wort hat der Herr Be
vollmächtigte zuni Bundesrath, Staatsminister
und Vicepräsident des Königlich preußische»
Staatsministeriums, Staatssekretär des Inner»
Dr. von Boetticher.
Bevollmächtigter zum Bundesrath, Staats-
Minister und Vicepräsident des Königlich preußische»
Staatsministeriums Staatssekretär des Inner»
Dr. von Boetticher: Ich eigne mir de»
Satz an, daß ein gutes Wort auch eine gute
Statt findet, und ich will meinerseits alles thun,
was zur Abhilfe begründeter Klagen geschehe»
muß. Die Klagen aber, die der Herr Vorredn r
vorgetragen hat, habe ich trotz der sorgfältigsten
Prüfung, die ich ihnen habe angedeihen lasst»,
und ungeachtet meines lebhaften Interesses für
die Provinz Schleswig-Holstein nicht durchweg
für berechtigt ansehen können. .
WaS zunächst die Brunnensache anlangt, so yt
festgestellt, daß die Brunnen in ^uoelsdors
darunter gelitten haben, daß die Stadt Rends
burg in Folge der Anlage des NordostseekanalS
eine veränderte Wasserversorgung eingerichtet hat.
Also der Schaden, der den Besitzern in Budels-
dorf erwachsen ist, ist durch vie Stadt Rendsburg
verursacht; und da diese aus Reichssonds ent
schädigt worden ist für d-e Veränderung ihrer
Wasserversorgung, so hatte die Kanalkommission
vollständig Recht, wenn sie ben t)r gegen
über erhobenen Anspruch ablehnle; den»
andernfalls würde sie und eventuell ich vom
Rechnungshof verantwortlich gemacht sein für die
Leistung von Zahlungen, zu denen de: Reichs
fiskus nicht verpstichtet ist. Solche Zahlungen
dürfen wir nicht leisten, sind wenn der Herr
Vorredner sich beruht auf das Verhältniß der
Nachbargemeinde, so war dort durch sachver
ständiges Gutachten festgestellt, daß die Ver
siegung des Brunnens veranlaßt sei durch den
Bau deS NordostseekanalS. Hier mußte die Ent
schädigungspflicht anerkannt werden, wahrend sie
bei Büdelsdorf nicht begründet war.
Was den Pastor Bischofs anlangt, so ist der
Unglücksfall za überaus b-klagenswerlh. Ich
hätte gern das Meinige getnan, um den Hinier-
bliebenen eine Unterstützung zu erivirke», bi»
daran aber dadurch gehmvert worden, daß gegen
den Relchsfiskus ein Prozeß angestrengt worden
ist uiid es mir so unmöglich gemacht ivurde,
während der Dauer des Prozesses (sehr richtig!»
irgend eine Unterstützung zu gewähren. Wer
der Hinterbliebenen Wittwe gerathen hat, de»
Rechtsweg zu beschrelten, mag die Verantwortung
dafür tragen, daß sie jetzt bis zur rechtskräftige»
Entscheidung des Prozesses warten muß. Wen»
sie gewartet hätte auf den Bescheid auf die i»
ihre»! Interesse angebrachte Jmmediatvorstellung,
so würde sie wahrscheinlich schon jetzt empfange»
haben, was sie billigerweise verlangen kann.
Was die Verbesserung der Einrichtungen a»
der Nobiskruger Fähre anlangt, so bin _ ich selbst
an Ort und Stelle gewesen an einem sehr ver
kehrsreichen Markttage. Ich habe gesehen, w’ e
sich der Verkehr gestaltet; uno ich habe bei de>»
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