Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

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88steŗ Jahrgang. 
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3800 Abonnenten. 
Mo. 41. 
Montag, den 18 Iebŗuar 
1895. 
Morflen-Depeschen. 
Berlin. 16. Febr. Die auf heute Vor 
mittag angesetzte Audienz einer Abordnung 
des Bundes der Landwirthe brim Kaiser 
wurde abgesagt, weil der Kaiser leicht an 
Influenza erkrankt ist. Auf den Rath der 
Aerzte muß der Kaiser mehrere Tage das 
Zimmer hüten. 
Berlin. 16. Febr. Die Absage der Au 
dienz der Abordnung des Bundes der 
Landwirthe beim Kaiser erfolgte im letzten 
Augenblick., als bereits die Wagen vorge 
fahren waren, welche die Herren zum 
Schlosse bringen sollten, durch eine Mit- 
theiluug des Landwirthschaftsministers, daß 
aus Grund eines Telegrammes des Ober 
hofmarschallamts die Audienz auf unbe 
stimmte Zeit verschoben werden müsse. 
Saarbrücken, 18. Febr. Der Wacht- 
P o st e n vor der neuen Jnfanteriekaserne 
Hierselbst wurde gegen Mitternacht von 
einem Wolfe im Nacken angepackt; doch 
verscheuchte er das Raubthier. Der Sol- 
dat ist unverletzt. 
Budapest, 16. Febr. Seit heute früh 
herrscht hier wieder ein kolossaler Schnee 
sturm. Die Bahnzüge verkehren nur in 
beschränkter Zahl. In manchen Gegenden 
ist jeder Verkehr unmöglich. In Temes- 
var schneit es feit 3 Tagen; dort herrschen 
12 Grad Kälte. 
Brüssel, 16. Febr. Heute Mittag wur 
den hier große rothe Plakate an die Mauern 
geschlagen, in denen die sozialistische Partei 
gegen die Militäraushebung, die in den 
Anschlägen „Blutlotterie" genannt wird, 
protestirt und die Bevölkerung auffordert, 
die Stimmzettel dazu zu benutzen, die Ab 
schaffung der Armee zu verlangen, die 
jährlich 60 Millionen koste. 
Deutscher Reichstag. 
39. Sitzung. 
Berlin. 16. Februar. 
Die Beratbung des Währungs-Antrages F.r i eb 
be rg und Genossen wird fortgesetzt. 
Abg. Siegle (nl): Durch Annahme des An 
trages wird nach außen hin ein falscher Eindruck 
Zweckt. Schon aus diesem Grunde kann ich als 
Überzeugter Anhänger der Goldwährung den An 
trag nicht annehmen. Nach meiner Ueberzeugung 
renkt auch England gar nicht daran, sich an einer 
^Eingehenden internationalen Vereinbarung zu 
Abg. Leuschner (R.-P): Herr Schönlank be- 
weist, wenn er im Interesse der Arbeiter den 
-ounetaUismus bekämpft, damit nur. daß die So 
zialdemokratie für die Arbeiter nicht sorgt. Was 
"ützt Ihnen den, die Goldwährung; wenn die 
Arbeiter brotlos werden, weil die Geschäfte alle 
bUlnirt werd»n. 
Abg, Richter (frs. Vp.): Ich kann der Re 
gierung nur dafür danken, daß sie diese Gelegen 
heit benutzt hat, um uns zu der Goldwährung 
zu verhelfen. Abgesehen davon, daß wir das 
Silber überhaupt als geeigneten Maßstab für die 
Werthbemessung nicht halten, wollen wir auch 
nur deshalb nicht, weil das Uebe, gangsstadium 
von dem eineil zu dem anderen Maßstab zu den 
größten Ungerechtigkeiten führen muß. Der An 
trag ist erschöpft, wenn die Einladungen ergangen 
sind. Der Herr Reichskanzler hat eine Erklärung 
verlesen ganz im Thronredenstil. Der Sinn der 
selben war: Bis jetzt haben wir darüber noch 
keine Ansicht, wir werden daher die Meinungen 
austausche.!!" — Wir haben überhaupt jetzt einen 
Reichskanzler, der sehr lernbegierig ist (Heiter 
keit.) Aber eine Regierung ist doch keine politi 
sche Akademie, vielmehr muß sie doch feste Ueber 
Zeugungen haben, die sie sich vorher gebildet hat. 
(Beifall.) ' 
Abg. Friedberg (nl.): Es handelt sich hier 
darmn, mit den Valuta-Differenzen ein Hinderniß 
für den Weltverkehr aus deni Wege zu räumen. 
Die Regelung der Währungs-Verhältnisse ist da 
nach also nicht nur von agrarischer, sandeln auch 
von handelswirthschaftlicher Bedeutung. Ohne 
England geht die Sache freilich nicht, aber es ist 
nicht anzunehmen, daß es sich einer Vereinbarung 
widersetzen wird, denn auch England hat unter 
den gegenwärtigen Zuständen mit Schwierigkeiten 
zu kämpfen. 
Staatssekretär Graf Posadowsky: Es ist 
nicht zu bezweifeln, daß der schwindende Werth 
des Silbers große Unzutrüglichkeiten mit sich 
bringt. Auch für unseren Export nach Silber- 
landern. Ebenso jetzt für unseren Silberbergbau. 
Die Existenz der in di sein Bergbau beschäftigten 
Arbeiter ist schwer gefährdet. Auch liegt die'Ge 
fahr einer Nachprägung unserer Silbermünzen 
für uns vor. Es ist doch nicht zu leugnen, daß 
die Bewegung eine tiefgehende ist. Auch die 
Monometallisten erkennen doch das Vorhandensein 
von Uebelständen an. Und da kann man doch 
wenigstens den Versuch machen, ob sich vielleicht 
der Silberpreis heben läßt. Ich resümire mich 
dahin: Die Früge ist von hoher Bedeutung, eilt 
großer Theil der Landwirthschaft verspricht sich 
Vortheil von dem Versuch einer Conferenz, uns 
bei der Vertretung, da diese Frage hier seitens 
einer überwiegenden Majorität des Reichstages 
gefunden hat, war es doch Pflicht des Reichs 
kanzlers, eine wohlwollende Prüfung zuzusagen. 
(Beifall.) ° 1 a 
Ein Schlußantrag wird jetzt angenommen; 
nach einem Schlußworte des Abg. v. Kardorff 
sieht sich der Schatzsekretär Graf Posadowsky noch 
zu folgender Bemerkung veranlaßt: Herr von 
Kardorfs hat im Laus seiner Rede angedeutet, 
daß die Geheimen Räthe eine andere Politik in 
der Währungsfrage verfolgten, als der Herr- 
Reichskanzler, und dadurch dessen Maßnahmen 
durchkreuzten. Dem muß ich entgegentreten. Die 
Herren Geheimen Räthe haben nur der ihnen 
gegebenen Direktive zu folgen. — Die Debatte ist 
somit wiedereröffnet. 
Abg. Meyer-Halle (frs. Vp) wendet sich 
gegen d-e Friedberg'schen Ausführungen. Er und 
seine Freunde seien, darin habe Friedberg ganz 
Recht, im Allgemeinen für internationale Ver 
träge, aber nicht für Münzverträge weil er nicht 
wolle, daß durch diese unser Geld verschlechlert 
werde. 
Damit ist die Debatte wiederum geschlossen und 
nach einem abermaligen kurzer Schlußwort des 
Abg. v. Kardorff wird der Antrag Fried 
berg und Genossen mit großer Mehrheit ange 
nommen. Dafür stimmte die gesammte Rechte, 
das Centrum, die Nationalliberalen. 
Auf der Tageso dnung steht ferner der Bericht 
der Geschäftsordnungs-Commission über den An 
trag Arl betr. Disziplinargewalt des Präsiden 
ten In der Commission ist ein Beschluß nicht 
zu Stande gekommen. Hierzu liegt der bereits 
bekannte Antrag Roere n und Genossen vor, 
wonach die Ausschließung eines Mitgliedes für 
eine Sitzung zulässig sein soll. Eine etwaige Ab 
stimmung soll jedoch wiederholt werden müssen, 
wenn die Stimme des ausgeschlossenen Mitgliedes 
hätte ausschlaggebend sein können. 
Abg. Traeger referirt über die Verhandlun 
gen der Commission, dabei betonend, daß dem 
Präsidenlen persönlich von allen Seiten das 
vollste Vertrauen ausgesprochen worden sei. 
Abg. Roeren (Ctr.): Dieser ganzen Ange 
legenheit ist in der Presse eine Bedeutung beige 
messen worden, welche sie gar nicht besitzt. Keines 
falls darf diese Disziplinarsrage verknüpft wer 
den mit der Frage der Jinmunität der Abgeord 
neten oder speziell mit der Frage der Straf 
verfolgung des Abgeordneîen Liebknecht. Es 
handelt sich nur darum, eine Lücke in der Ge 
schäftsordnung auszufüllen. Ich bitte Sie, meinen 
Antrag anzunehmen, umsomehr, als ich glaube, 
daß er auch den Wünschen des Herrn Präsidenten 
entgegenkommt. 
Abg. Sing e r (Soz.-Dem.), den Antrag Roeren 
bekämpfend, führt aus, der Zusammenhang der 
ganzen Sache mit dem Falle Liebknecht sei nicht 
aus der Welt zu schaffen und die Presse habe 
ein durchaus richtiges und feines Gefühl dafür 
gehabt, daß es verschüfter Disziplinar-Bestim- 
mungen nicht bedürfe. Viel eher liege Anlaß 
vor, dem Präsidenten größere Rechte zu geben 
zum Schutze der Mitglieder des Hauses gegen 
über Angriffen vom Bundesrathstische aus. 
Er erinnere nur an das neuliche Auftreten des 
mecklenburgischen Bevollmächtigten. 
Mecklenburgischer Bevollmächtigter v Oertzen: 
Was hat denn Herrn Singer an meinem Auf 
treten auszusetzen? Ich brauche Ihre Immunität 
ich handle und spreche nur nach meinem Auftrag 
und nach meinem Gewissen. 
Präsident v. Levetzow: Ich will auf die 
Rede des Herrn Singer nicht weiter eingehen. 
Nur das muß ich ausdrücklich in Abrede stellen, 
daß mein Munich nach schärferen Disziplinar- 
bestlnllnungen durch einen gewissen staatsanwalt- 
schaftlichen Antrag veranlaßt worden sei. Den 
jetzt vorliegenden Antrag Roeren halte ich für 
zweckmäßig. Durch Annahme desselben entheben 
Sie mich der Erwägung, ob nicht zwischen der 
Auffassung des Reichstages und der meinigen 
eine Differenz besteht, die mich dahin führ-n 
könnte, den mir von Ihnen anvertrauten Pochn 
niederzulegen. Auf die Vorschläge betreffs der 
Beschlußunfühigkeitsziffer will ich nicht eingehen, 
da sie hiermit nicht in näherem Zusammenhange 
stehen. 
Abg. P i e s ch e l (natbl.) spricht sich für den 
Antrag Roeren aus. 
Abg. L e n z m a n n (Frs. Vg.) giebt Namens 
einer Partei die Erklärung ab, dieselbe könne 
trotz ihrer Verehrung für den Präsidenten di-sen 
Schritt nicht mitmachen, denn derselbe habe Con- 
sequenzen, die sich vielleicht bei ganz anderen Ge 
legenheiten geltend machen dürsten. 
EUsland. 
Junge Anfänger. 
Außereuropäische Gebiete. 
Tschifu, 16. Febr. Sämmtliche in chi 
nesischen Diensten stehende Ausländer 
in Weihaiwei wurden von den Japanern 
freigegeben, niit alleiniger Ausnahme des 
Amerikaners Howie, welcher mit seinem 
Genossen Brown Anfangs November in 
Kobe verhaftet und bald darauf wieder 
freigelassen worden war. Howie hatte 
seiner Zeit angegeben, er hätte den Chi 
nesen einen von ihm selbst erfundenen 
Sprengstoff verkauft, durch den die japa 
nische Flotte in die Lust gesprengt werden 
sollte. 
Aus New-Aork wird berichtet: 
Süd-Georgien ist ein noch nicht dagewesener 
Schneesall vorgekommen; in Montana sind 
2500 Schafe umgekommen. 
England. 
Wir stehen auf der Höhe, des Winters, 
und dieser ist diesmal in England sehr 
scharf. Da wird die Noth in den ar 
beitenden Klassen selbst in dem reichsten 
Lande der Welt um so fühlbarer. Die 
Noth ist nicht nur in der Hauptstadt, 
in London, sehr groß, sondern erstreckt 
sich auch über alle Grafschaften ohne Aus 
nähme. Am Mittwoch begab sich eine 
Abordnung der Arbeikslosen in Birmingham 
zum Bürgermeister und bat ihn, eine 
Sammlung zu veranstalten. Es wären 
15 000 Arbeiter in Birmingham außer 
Arbeit. Es hungerten deshalb, Frauen 
und Kinder eingerechnet, 40 000 Menschen 
in der Stadt. Seit 1878 sei die Noth 
nicht so groß gewsen. — In Leeds und 
in Liverpool halten die Arbeitslosen Ver- 
sammlungen vor dem Stadthaus ab. — 
Im Londoner Stadtdistrikt West Ham, den 
Keir-Hardie im Parlament vertritt, treten 
die Arbeitslosen schon höchst drohend vor 
dem Gemeinderath auf. Man solle ihnen 
Arbeit oder Unterstützung geben, sonst 
könne sich Verschiedenes ereignen. 
Oesterreich-Ungarn. 
Szegcdiil, 15. Febr. Die Tochter der 
hiesigen Menageriebesitzerin K u p e tz k i 
will gegen den Willen ihrer verwittweten 
Mutter einen Thier bündiger hei- 
rathen und verlangt die Herausgabe des 
väterlichen Erbtheiles, das aus Löwen, 
Tigern und anderen Thieren besteht. 
Heute erschien nun die behördliche Kom 
mission in der Menagerie, um die Aus- 
folgung der Erbschaft an die Tochter durch 
zuführen. Als die Kommission eintrat, 
riß Frau Kupetzki die Thüren der Käfige 
auf und rief den Amtsorganen zu, sie 
möchten doch von der Verlassenschaft Be 
sitz ergreifen. Entsetzt wichen die Beamten 
zurück und veranlaßten die Frau, die 
Thüren wieder zu schließen. Gegen die 
Menageriebesitzerin wurde die Anzeige 
erstattet. 
Gegen das Duell haben sich die 
Ultramontanen des Tiroler Landtages mit 
großer Entschiedenheit ausgesprochen: „Wir 
können es uns nicht versagen, den nach 
göttlichen und menschlichen Gesetzen ver 
pönten Duellunfug zu ermähnen, der sich 
noch immer gegen Vernunft, Religion und 
Gesetz fortzubestehen erdreistet, bis zu dem 
Grade, daß der Offizier, der sich der 
Tyrannei dieses Duellzivanges nach Ge 
wissen und Gesetz entziehen will, sogar 
hierzu durch Vorurtheil und falsche Ehr- 
begriffe fürmlich gezwungen wird." 
Arco, 15. Febr. Großes Aufsehen er 
regt das Verschwinden eines Vertreters 
der Prager Tuchffrma Loew, Herrn 
G o p p o l d, der ein Gasthaus mit Mädchen- 
Bedienung besuchte und nicht zurückkehrte. 
Man vermuthet, daß an demselben ein 
Verbrechen verübt wurde. 
Dänemark. 
Eine gefährliche Feuersbrnnst 
wüthete am Donnerstag in Kopenhagen. 
In einer großen Fahrradfabrik >oar ein 
Arbeiter so unvorsichtig geivesen, ein bren- 
nendes Zündholz in die Nähe eines mit 
Naphtha gefüllten Glasbehälters zu brin 
gen. Die Strohhülle des Behälters fing 
Feuer. Als der Mann, um des Feuers 
Herr zu werden, den brennenden Behälter 
aus der Werkstatt auf den Flur rollte, 
-prang der Behälter, ein Feuerstrom drang 
in die Werkstätte und floß alle Treppen 
hinab. Wunderbarerweise gelang es dem 
Manne und seinen Kameraden sich durch 
die Flammen zur aufwärts führenden 
Treppe zu retten, wo sie bei der Ankunft 
der Feuerwehr in äußerster Gefahr, halb 
erstickt gefunden und über die Rettnngs« 
{eitern in Sicherheit gebracht wurden. 
Eine große Zahl fertiger Räder und 
Massen von Gunimiringen verbrannten. 
Kopenhagen, 12. Febr. Großes Auf- 
seben erregt hier die V e r h a f t u n g einer 
den besseren Kreisen angehörenden Frau, 
die seit vielen Jahren kleine Kinder 
in Pflege nahm. In der letzten Zeit 
starben fünf der Kinder, und es hat sich 
Novelle von Gustav Höcker. 
(Nachdruck verboten.) 
1. 
Eine neue Firma. 
. Druck und Leidlich, zwei Freunde, und 
'îît Jahren an ein und demselben Comtoir 
äls Commis thätig, sind eben mit den Vor- 
ereilungen zur Gründung einer eigenen Firma 
ffchnftigt. Beibe haben das abhängige Leben 
wtt, und stehen überdies in dem Alter, wo 
^ Zeit wird, eine stelbstständige Stellung in 
der Welt einzunehmen, und dies ist das Ziel 
«ries jeden strebsamen Menschen, vor Allem 
seder das ein-s Mercurjüngers, wie die 
äglich überhand nehmenden neuen Firmen 
beweisen. 
Vermögen, wenigstens was man Vermögen 
ņenncn könnte, hat Keiner von den Beiden, 
über Zeder verfügt über eine Reihe lang- 
lahriger Erfahrungen und einflußrcichcr 
Connexivnen. Leidlich besitzt einige hundert 
whaler, die er in dein Unternehmen anlegen 
^d, Druck dagegen schießt seine praktische 
C^lchjjstsgcnicmdtheit a i§ Capital ein, die dem 
ņlehr theoretisch gebildeten, hinter Strazzen 
aufgewachsenen Leidlich abgeht. 
Cs giebt so allerhand kaufmännische Exi- 
' mzen, die keinen Capitakaufwand erfordern, 
Udtige Handlanger- und Eckcnsteherpostcn im 
großen Wcltverkchr 
Unscre Freunde werden ein „Commissions- 
und Speditionsgeschäft" gründen und daniit 
rrnc Tabaksniederlage verbinden. Druck hat 
Nämlich einen auswärtigen Tabaksfabrikanten 
;um Freunde, der dem zukünftigen Handlungs- 
Wuse ein kleines Commissiouslaqcr anver 
trauen wird. 
Je nach dm verschiedenen Richtungen hin, 
in welchen jeder der unternehmenden jungen 
Leute sein Etablissement vorstehen wird, 
treffen beide Theile jetzt ihre Vorbereitungen. 
Der praktische Druck macht kleine Reisen, 
um Geschäftsverbindungen anzubahnen, Agen 
turen zu erwerben und dergleichen mehr. 
Druck fand auf diesen Reisen mannigfache 
Gelegenheit, seine Menschenkenntniß zu erwei 
tern A er hätte sie, wie mancher gelehrte Tou- 
ist die seinigen, „empfindsame" Reise nennen 
können. Wer nie selbstständig war, wer mit 
der Well nur immer für fremdes Interesse 
verkehrte, der kennt sie erst halb. 
Druck warb für die künftige Firma um 
Credit. . Er suchte seine zahlreichen Freunde 
auf, mit denen er in den früheren Jahren 
g-zeck,t und gearbeitet, gelebt und geliebt hatte. 
Sic waren inzwischen selbstständig und 
wohlhabend geworden, sie freuten sich herz 
lich, daß er kam, der alte, ergötzliche Spaß 
macher, wünschten ihm Glück zu seinem 
Unternehmen, luden ihn zu Tische und ver 
säumten seinetwegen wohl auch ihre Ge 
schäfte. Aber dem neuen Etablissement ihre 
Kundschaft zuzuwenden oder Commissions- 
läger anzuvertrauen, — das konnten sic nicht 
versprechen. „Wenn Du nur einen Tag 
früher gekommen wärest," hieß es hier, „wenn 
Du für Dich allein wärst und nicht einen 
mir wildfremden Menschen zum Associe 
hättest," entschuldigte sich ein Anderer, und 
ein Dritter zeigte nach dem trüben Gewölk 
am politischen Horizont, — den er bei der 
artigen Gelegenheiten schon seit zehn Jahren 
als Vogelscheuche benutzte und wahrscheinlich 
noch lange wird benutzen können. 
Auf seiner Reise besuchte Druck auch einen 
alten Schulkameraden; nicht zu geschäftliche» 
Zwecken, sondern nur, um ihn nach langen 
Jahren der Trennung wiederzusehen. 
Der Mann war Handelsgärtner, und es 
wurde ihm gar sauer, sich und seine zahlreiche 
Familie zu ernähren, und dabei die Schulden 
abzutragen, die noch auf dem kleinen Grund 
stücke lasteten. Seine Freude über das Wie 
dersehen war unaussprechlich, und als er 
hörte, daß Druck sich in nächster Zeit eta- 
blircn werde, jubelte er laut auf. 
In seiner Einfalt glaubte er, ein Kauf 
mann sei schon ein „gemachter Mann", so 
bald er sich nur ctabtirc, und sein Freund 
Druck stand jetzt nahe vor einem durch jahre 
lange Mühen erreichten Ziele. 
Als er freilich erfuhr, daß jetzt erst die 
schwersten Sorgen des Lebens für Druck be 
gannen würden und welche bitteren Erfahrungen 
dieser bereits habe machen müssen, da schüt 
telte er traurig das Haupt, und war so von 
herzlichem Mitleid erfüllt, daß er in dieser 
Stunde kauni wagte, den. Freunde eine an 
genehme Uebcrraschung zu bereiten, mit der er 
sonst, wenn Jemand ihn besuchte, nie lange 
hinter dem Berge zu hatten vermochte. 
Nächst Weib und Kindern nämlich war 
noch ein Drittes vorhanden, daß des armen 
Gärtners Lebensglück ausmachte. Seine holde 
Gönnerin, die Mutter Natur, hatte ein Fleck 
chen Erde in seinem Garten auserschen, der 
Tummelplatz einer ihrer lieblichsten Laune zu 
sein; es war eine Ausnahme von der Regel 
und deshalb ein kleines Wunderwerk, und der 
Gärtner war dazu gekommen, wie mancher 
Andere zun, Genie. Auf einem der Beete 
wuchs nämlich eine Riesen-Nelke. Auf einem 
förmlichen Busche staudenartiger Blätter, mir 
leisem Silberscheine überhaucht, als hätte die 
Nacht dort aus Vergeßlichkeit dm Mondschein 
zurückgelassen, schwankte, groß wie Sonnen 
rosen, ein Nelkmflor, von dem tiefglühenden 
Roth der Feuernclke, bis zum schnecgleichen 
Weiß, das vor Zartheit an hundert Punkten 
leise zu erröthen scheint. 
. Schon mannigfach war der seltenen Pflanze 
in den Zeitungen gedacht worden; es verging 
fast keine Woche, wo nicht Durchreisende 
kamen, um das Wunder in Augenschein zu 
nehmen, und einzelne wohlhabende Bluuien- 
frenndc hatten dem armen Gärtner schon nam 
hafte Summen geboten. Aber btt Riesen- 
Nelke war ihm nicht für Geld feil, er be 
trachtete sie als ein Sinnbild seines Berufs, 
als ein Geschenk der gütigen Natur, wie ihm 
das Leben Weib und Kind geschenkt hatte. 
„Ja! man sollte warhaftig nicht mehr an 
Freundschaft glauben," rief der ehrliche Gärt 
ner, als Druck seine Erzählung von der Treu 
losigkeit seiner Freunde beendet hatte, „wenn 
ich Dir nur helfen könnte, wenn ich im Stande 
wäre, zu Deinem Glücke Etwas beizutragen 
cs sollte gewiß geschehen. „Ritze mir eine 
Ader," fügte cr hinzu indem er den Hemd 
ärmel in die Höhe streifte und dem ehemaligen 
Schulkameraden den kräftigen Arm entgegen 
hielt, „wenn Dir mein Blut nützen kann, — 
Du sollst cs haben." 
„Ich weiß! — ich weiß!" entgegnete 
Druck, den Freund auf die Schulter klopfend. 
Druck mußte bei seinem Freunde über 
Nacht bleiben. Als er am nächsten Morgen 
Abschied nehmen wollte, sagte der Gärtner- 
treuherzig zu ihm: 
„Du weißt, ich bin ein armer Teufel und 
kann für Dich nichts thun, aber Eins mußt 
Du von mir annehmen. S'ist nicht viel und 
Du wirst mich auslachen, aber thu' mir's 
zu Gefallen — nimm die Riesen-Nelke mit 
und schmücke damit Dein Geschäfts-Local aus." 
Frau und Kinder standen dabei, als der 
Gärtner so sprach. In aller Augen spielte 
der Ausdruck der reinsten Freude, der Gärt 
ner hatte seine beiden Hände treuherzig aus 
Druck's Schultern gelegt. 
Hätte er ihm Geld angeboten, — Tau 
sende, — Druck wäre davon nicht so gerührt 
worden, als von diesem gutgemeinten kind 
lichen Anerbieten. — Er konnte die Riesen- 
Nelke nicht brauchen, und gerade darin lag 
der eigenthümliche Werth des Opfers. Hat 
doch die wahre Liebe oder Freundschaft oft 
nichts Anderes zu verschenken als Blumen! 
Druck dachte mit einem wehmüthigen 
Lächeln an seine übrigen Freunde. 
, Er lehnte das großmüthige Opfer ab, und 
wie ernst cs dem Gärtner damit gewesen war, 
bewies die tiefe Niedergeschlagenheit, mit 
welcher dieser von Druck endlich schied. 
Inzwischen kaust Leidlich daheim Stahl 
federn und Papierproben ein, bestellt Hand 
lungsbücher, läuft bei allen Graveurs der 
Stadt herum und laßt sich Proben zu Pet 
schaft und Stempel vorlegen, um Beides zu 
letzt doch noch von einem Auswärtigen an 
fertigen zu lassen; gehl in alle Auktionen, 
wo Pulte, Tafeln und andere Bureau-Uten- 
silien zur Versteigerung kommen; täfelte Rech- 
nungs- und Wechsclformulare aus; besieht 
sich lithographirte Schriftproben zu geschmack 
vollen Empsthlungskartcn; entwirft das Cir- 
kulair, an dem er täglich etwas ändert, und 
übt sich ein kühn vwschlungenene Unterschrift 
ein, die ebenso schwer nachzumachen als zu 
lesen ist. 
Das Circulair übrigens mußte eines Tages 
endlich der Gegenstand einer delikaten Unter-
	        
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