Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

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Bundesaesetz über die diplomatische und 
consularische Vertretung der Schweiz im 
Auslande mit rund 160 000 gegen 115 000 
Stimmen abgelehnt. 
Oesterreich-Ungarn. 
Wien, 3. Febr. Der Advokat Dr. 
Hermann R o t h z i e g e l wurde am Freitag 
Nachmittag in seiner Canzlei am Rudolfs 
Platz, mitten in der City, nahe dem Geld 
spind in der Schreibstube liegend, erm or 
det aufgefunden. Sein Schädel war zer 
schmettert, die Pulsadern waren durch 
schnitten und die Brust zeigte mehrere 
Stiche. Rothziegel war 38 Jahre alt, 
ledig und wohlhabend. Der Thäter und 
das Motiv zur That sind bis jetzt noch 
unbekannt. Es wird vermuthet, daß ein 
versuchter Raubmord vorliegt, wobei der 
Thätor durch irgend welchen Umstand ver 
scheucht wurde, denn es fehlt nichts. Jedoch 
ist auch ein Racheact möglich. 
Ein Reservelieutenant in Uniform 
ist in Wien als Paletotmarder ver 
haftet worden. 
Wien, 4. Febr. Ein ar ger Schwindel 
ist an's Tageslicht gekommen. Die 34 
jährige Beamtentochter Regina Brabetz 
wurde, auf dem nicht mehr ungewöhnlichen 
Wege der Kuppelei, in Wien mit einem 
Herrn verheirathet, der sich pompös „Albin 
Bernhard Freiherr v. Hildebrand, 
königlich serbischer Seconde-Lieutenant a. D., 
Sohn des königlich serbischen Camerab 
Sectionschefs Albin Freiherrn v. Hilde 
brand und der Josefine Freifrau von 
Traunsee" nannte. Die Eltern waren 
froh, daß sie das überreife Mädchen über 
haupt und noch dazu an einen Baron an 
gebracht hatten. Alles andere war zunächst 
Nebensache. Der Herr Baron konnte na 
türlich nicht arbeiten wie andere Leute und 
war nicht gewohnt sparsam zu leben wie 
andere Leute. Das sahen die anderen 
Leute, in diesem Falle der Schwiegervater, 
ein kleiner Beamter, ein und gab dem 
hochwohlgeborenen Schwiegersohn die ganzen 
4000 fl. her, die er sein Leben über zu 
rückgelegt hatte. Der Herr Baron war 
damit bald fertig und ließ eines Tages 
seine Ehehälfte sitzen, indem er unbekannt 
wohin entwich. Die Frau Baronin ging, 
ohne bösen Verdacht, nur in banger Be< 
sorgniß, zur Wiener Polizei, um nach, 
zusragen. Dort wurde herausgebracht, daß 
der sogenannte Baron Hildebrand ein ein 
facher Hermann Goehring ist, der wegen 
Betrugs, Diebstahls u. s. w. wiederholt 
abgestraft und landesverwiesen wurde. Er 
hat sich auch Neumann genannt und ist 
seit 1890 mit Pauline Pine vermählt. 
Er ist 1865 zu Riga geboren, angeblich 
Ingenieur. Mit ihm haben bei der Hei 
rathsschwindelei zusammengewirkt eine ge 
wisse Emilie Apping und ein „Kaufmann 
Otto Hildebrand in Graz." Der Letztere 
soll mit dem von russischen und deutschen 
Polizei-Verwaltungen verfolgten August 
Papendieck, alias Vogt oder Vockt identisch 
sein. Die Grazer Polizei hat das ganze 
Schwindelconsortium festgenommen. 
Lux u,bürg. 
Das Schloß B egg et des Deputaten 
Metz-Tesch ist nach Meldung aus Luxem 
bürg mit allen darin enthaltenen Kunst 
schätzen, darunter werthvolle Gobelins, in 
der Nacht zum Montag ein Raub der 
Flammen geworden. Der Schaden 
wird auf eine Million Francs geschätzt 
wovon nur ein Theil durch Versicherung 
gedeckt ist. 
Frankreich. 
Ein Fall von Hungertod wird aus 
den in den Vogesen bei Urbeis gelegenen 
„Hautes Huttes" gemeldet. Zwei bejahrte 
Schwestern bewohnten in einiger Ent 
fernung von den übrigen Gehöften ein 
Häuschen. Infolge der Schneestürme war 
das Häuschen völlig verschneit und die 
beiden von jedem Verkehr abgeschnittenen 
Schwestern mußten buchstäblich verhungern. 
Erst am Mittwoch gelang es einem Nach 
bar den meterhohen Schnee zu beseitigeu 
und in die Wohnung einzudringen. Die 
eine der Schwestern lag todt im Bett, die 
andere bewußtlos daneben. Durch rasche 
Zuführung von Nahrungsmitteln gelang 
es, die Bewußtlose wieder zur Besinnung 
zu bringen. Ihrer Dnrstellung zufolge 
war ihre Schwester seit 2'/ 2 Tagen todt. 
Inland. 
Berlin, 4. Febr. Die „Post" meldet: 
Graf Herbert Bismarck wurde vom 
Kaiser zur Abstattung einer persönlichen 
Meldung empfangen. 
— Die „ Um stürz commission " des 
Reichstages berieth heute über § 112 
(Aufreizung der Angehörigen der Armee 
und Marine zum Ungehorsam u. s. w.) 
Im Lause der Debatte erklärte General- 
lieutenant Spitz, den Bestrebungen, die 
Manneszucht in der Armee zu untergraben, 
müsse entgegengetreten werden, von welcher 
Seite sie auch immer kämen. Es sei nicht 
, I leugnen, daß dabei in erster Linie mit 
d I! Socialdemokraten zu rechnen sei. Seit 
dem deren Bestrebungen international, 
Amberg kein Freund, sein immer rasches 
Handeln hatte ihm zu dem Platze verholfen, 
den er heute in der Welt einnahm. 
(Fortsetzung folgt.) 
va terlandslos, den Thron gefährdend und 
vie Manneszucht der Armee untergrabend 
geworden, unterliege es keinem Zweifel, 
daß die Socialdemokraten, sobald sie das 
Gefühl hinreichender Macht hätten, einen 
Umsturz versuchen würden. Abg. Beb 
(Soc.) erklärt, nach den Ausführungen von 
Spitz sei es klar, daß es 'sich thatsächlich 
um ein Ausnahmegesetz gegen die Social 
demokratie handle. Spitz habe betont, der 
Zweck des § 112 sei, Vorbeugungen gegen 
solche Handlungen zu treffen, was beson- 
ders im Interesse der Armee nothwendig 
sei. Generalauditeur I s f e n b a ch bestreitet, 
daß der Begriff des Umsturzes der beste 
henden Staatsordnung unserer Strafgesetz 
gebung neu sei, und weist auf das Socialisten 
gesetz hin und die damalige Verhandlung 
in der Reichstagscommission. Die (Ver 
uche, Soldaten socialdemokratische 0 * auf 
reizende Blätter in die Hänve zu spielen 
eien sehr zahlreich. 
— Die „D. Tabak-Ztg." weist nach 
daß die Erhöhung des Eingangszolles am 
Tabakfabrikate im Vergleich mit der 
vorigen Vorlage nur diejenigen Tabak 
konsumenten, die ausländische Fabrikate 
rauchen entlastet. Eine Cigarre zum 
Fakturenwerth von 150 Mk. kostet nach 
dem früheren Entwurf mit Zoll und Fak 
turen-Steuer 233 Mk., nach der neuen 
Vorlage aber nur 206,25 Mk. Die Ci 
garre stellt sich also, da eine Erhebung 
des Steuerzuschlags bei fremden Fabrikaten 
nicht mehr stattfinden soll, um rund 27 Mk 
billiger, ganz abgesehen von den Spesen 
vor der Besteuerung, auf der noch 33 >/ 3 
H. Steuern ruhen sollten. 
Es giebt in Frankreich 19 Tabakfabriken 
mit 18 000 Arbeitern, in Italien 18 Fa 
briken, in Oesterreich-Ungarn 38 Fabriken 
mit 36 700 Arbeitern, in Spanien 8 Fa 
briken mit 18 000 Arbeitern, in Groß 
brikannien 430 Fabriken mit 13 000 Ar 
beitern. In Deutschland dagegen be 
trägt nach dieser Statistik die Zahl der 
Fabriken rund 15 000 mit 136 000 
Arbeitern. Diese Ziffer stimmt einiger 
maßen mit den Berechnungen der Reichs 
regierung überein. Die Zahl der voll 
beschäftigten Arbeiter in den Tabakfabriken 
wird in der Tabaksteuer-Vorlage cur 
112 167, einschließlich der Hausarbeiter 
auf 134 849 angegeben. Dazu kommen 
noch 3483 in den Strafanstalten mit der 
Tabak-Fabrikation beschäftigte Personen. 
— Ter jüngst erfolgte Zusammenschluß 
der antisemitischen Abgeordneten 
'cheint sich mehr zu lockern. Nachdem 
Ahlwardt, wie bekannt, aus der Parte, 
ausgeschlossen worden, hat nunmehr Böcke l 
seinen freiwilligen Austritt erklärt. Als 
Gründe nennt er den Ausschluß Ahlwardts 
sowie die „freiheitsfeindliche Haltung der 
Fraktion zur Umsturzvorlage". 
— Im Ministerium für Handel und 
Gewerbe werden gegenwärtig die Frage 
bogen über die Stichprobezählung 
ausgearbeitet, die zum Zwecke der Ge 
winnung einer Uebersicht über die Ver 
mehrung des Handwerks in seinen verschie 
denen Abstufungen veranstaltet werden soll. 
— Der Fall Stumm gewinnt immer 
weitere Ausdehnung. Jetzt hat auch Prof. 
Schm oller zu Gunsten seines Kollegen 
Wagner eingegriffen und den Prof, von 
Kaufmann, den Eideshelfer des Herrn von 
Stumm und der „Post", in einer Weise 
abgetrumpft, wie es bisher einem „Ge 
lehrten" noch nicht passirt ist. 
— Wie in gut unterrichteten Univcrsi 
tätskreisen erzählt wird, soll Professor 
Schm oller aus Anlaß seiner Veröffent 
lichungen über die wissenschaftliche Be 
fähigung des Prof. v. Kaufmann von 
diesem gefordert worden sein. Die For 
derung sei jedoch abgelehnt worden. 
Die gestrige Studentenversamm 
lung in Berlin nahm nach folgende von 
Gerlach vorgeschlagene Resolution mit 
allen gegen 8 Stimmen an: Die Versamm 
lung erklärt: 1. Wir iveisen die in der 
Reichstagssitzung vom 9. Januar und auch 
in der Presse gegen die akademische 
Freiheit gerichteten, auf völliger Un 
kenntniß der Verhältnisse beruhenden An 
griffe entschieden zurück. 2. Wir bedauern, 
daß Se. Magnificenz, der Herr Rektor 
P f l e i d e r e r, die Genehmigung zur 
Neugrüudung eines Studentenvereins, der 
ich ausschließlich mit s o z i a l w i s s e n 
Köstlichen Fragen beschäftigen 
will, ohne Grund versagt hat. — Der 
Passus der v. Gerlachschcn Resolution 
lautet: In Erkenntniß dessen, daß es 
Recht und Pflicht der akademischen Jugend 
", sich durch eingehende Beschäftigung mit 
r sozialen Frage auf ihren staats 
bürgerlichen Beruf vorzubereiten, beauf 
tragen wir einen Ausschuß von fünf Per- 
one», Schritte zu thun, um die Neugrün 
dung einer sozialwissenschaftlichen 
Studenten-Vereinigung auf breitester 
Grundlage herbeizuführen. 
150 Studirende sind wegen 
Nichtannahme von Vorlesungen in den 
Büchern der Universität gestrichen worden. 
denselben sind 8 Studirende der 
Theologie, 20 studiren Rechtswissenschaften, 
40 Medizin und 73 Philosophie. 
Die Litewka wird auch bei den 
Pionieren und der der Fuß-Artillerie ein 
geführt. 
Jede n e u e S t e u e r, so schreibt 
die „Köln. Volksztg.", ist in einer Zeit 
wie die jetzige eine Reichs-Kalamität 
Wenn alles sich einschränken muß 
muß auch das Deutsche Reich sich 
einschränken. Wenn aber ein kleines 
Defizit bleiben sollte, so ist es viel erträg 
licher, diesen kleinen Fehlbetrag durch Ma 
trikular-Umlagen zu decken, wie eine neue 
Reichs-Steuer zu schaffen. 
Berlin, 4. Febr. In der hier heute 
abgehaltenen außerordentlichen General 
versammlung des Centralvereins der 
deutschen Lederindustrie wurde gegen 
5 Stimmen beschlossen, mit allen Mitteln 
gegen jede Zollerhöhung auf exotische Gerb 
stoffe überhaupt, wie auf Quebracho ins 
besondere zu agitiren. Der Vorsitzende kon 
tatirte, daß die gegen den Zoll abgegebe 
nen Stimmen bereits die Majorität der 
Gesammtmitgliederzahl des Vereins aus- 
machen. 
- Die hiesigen Blätter berichten von 
ernsten Nachspielen, welche die E r s ch i e- 
jung eines Arbeiters am Pul 
v e r s ch u p p e n bei Tegel gehabt hat 
Als am Donnerstag ein aus einem Unter 
offizier und 23 Mann bestehendes Com 
mando des Garde-Füsilier-Regiments die 
Wache am Pulverschuppcn ablösen wollte, 
mhr ein Müllkutscher, dessen Persönlichkeit 
nicht festgestellt worden ist, absichtlich im 
Trabe an den Schießständen der Jungfern 
Haide in das Commando hinein. Die da 
durch gefährdete Mannschaft wurde darüber 
o erregt, daß sie den Kutscher dafür züch 
tigte. Das Gewehr eines Soldaten ist 
dabei zerbrochen. Bei weitem ernster ist 
aber ein Vorgang, der sich in der Nacht 
zum Freitag in der Umgebung des Pulver 
chuppens abspielte. Als der Offizier der 
Ronde die Wache controliren wollte, wurde 
er auf dem Wege dorthin von vier zweifel 
haften Gestalten, die Stöcke bei sich führ 
ten, hart bedrängt. Es gelang ihm, die 
Wache zu erreichen und diese unter Ge 
wehr treten zu lassen. Die Nacht hindurch 
hat nicht bloß der Posten, sondern die ge- 
ammte Wachtmannschaft ihre Gewehre ge 
laden gehalten. Infolge dieses Vorkomm 
nisses ist am Freitag Mittag befohlen wor 
den, daß die Wache an dem Pulvcrschuppen 
vorläufig auf 40 Mann verstärkt werden 
oll und daß an jeden dorthin comman- 
dirten Soldaten 15 scharfe Patronen ver 
ausgabt werden. Die vorbezeichneten vier 
Personen sind aus Anordnung des Offiziers 
durch abgeschickte Patrouillen verfolgt wor- 
den, aber nicht mehr aufzufinden gewesen. 
Die Polizei entdeckte Sonnabend im 
Keller des Hauses Wallnertheaterstraße eine 
eheime Patronenfabrik. Es 
wurden 14 Centner Pulver, eine große 
Menge leere und gefüllte Patronenhülsen 
beschlagnahmt. Die Arbeiter wurden zur 
Polizei sistirt, jedoch später wieder ent 
lassen. Gegenüber abenteuerlichen Gerüch 
ten constatirt die „Post", daß lediglich 
ine schwere Uebertretung der Polizeivor- 
chriften über den Gebrauch von Spreng 
mitteln vorliegt, ohne politischen Beige 
chmack. Die Waffenfabrik von Hanck ver 
theilte die für eine Hamburger Exportfirma 
übernommene große Patronenlieferung an 
vier Büchsenmacher, die ohne Polizeierlaub 
niß heimlich arbeiteten. Auch die übrigen 
Werkstätten sind entdeckt tvorden. 
— Der thatendurstige Gutsbesitzer im 
Fürstenthum Lippe, welcher, wie ge 
meldet, mit einem „frischen fröhlichen 
rieg" der gegenwärtigen traurigen Lage 
der Landwirthschaft abhelfen will, ist, wie 
man schreibt, Reserve-Lieutenant und in 
einen äußeren Verhältnissen sehr gut ge 
tcllt. 
Ueber eine schauervolle Familien 
tragödie, welche sich in der Nacht zum 
Sonntag in dem bei Spandau gelegenen 
Vorwerk Amalienhof abgespielt hat, ist 
uns Folgendes berichtet worden: Zu den 
durchweg sehr armen Einwohnern dieser 
Kolonie gehörten der Arbeiter Kcttke und 
dessen Ehefrau Antonie geb. Schwarz. 
Der Mann war seit einiger Zeit ohne 
Beschäftigung, und es war bei ihm bittere 
Noth eingekehrt; die Leute lebten seit 
Wochen fast nur von Kartoffeln und 
Hundefleisch. Die Verzweiflung wegen 
seiner traurigen Lage veranlaßte den 
Mann, sich dem Trunk zu ergeben; dem 
Alkohol opferte er das wenige Geld, wel 
ches er durch Gelegenheitsarbeit erlangte 
Kam er alsdann betrunken nach Hause, so 
mißhandelte er die hungernde Frau. So 
geschah es auch in der Nacht zum Sonn 
tag. Der Mann spie die Frau auf ihrem 
dürftigen Lager an, ergriff ein Brett 
und schlug damit wie ein Unsinniger auf 
die Aermste los. Die Frau ertrug die 
Qualen eine Weile, dann aber sprang sie 
auf, packte ein Messer und stürzte sich 
auf ihren Peiniger. Im Handgemenge 
bohrte sie ihm das Messer tief 
in die Brust ein, worauf der Getroffene 
zu Boden sank und nach wenigen Minuten 
starb. Dieser fürchterliche Ausgang gab 
der Frau ihre volle Besinnung wieder; 
sie kleidete sich an, wobei sie in Ermange 
lung anderer Fußbekleidung die Stiefeln 
ihres Mannes benutzte, und verließ die 
Stätte des Schreckens. Bis zum Morgen 
irrte sie ziellos umher; dann aber stellte 
re sich der Behörde in Spandau und 
wurde soiort in Untersuchungshaft genom 
men. Die Mörderin ist 40 Jahre alt. 
In einer Versammlung der Vertrauens 
männer der konservativen Partei des Krei 
ses Lyck machte Landrath von der Grü 
ben die Mittheilung, daß er auf die 
Kandidatur zur Reichstagswahl ver- 
zrchte und sämmtliche Parteigenossen 
bitte, ihre Stimmen auf den Oberpräsiden 
ten Grafen zu Stolberg zu vereinigen 
Freisinniger Kandidat ist bekanntlich Herr 
Dannaus Hohenstein in Westpreußen. 
Posen, 4. Febr. Gestern brach in der 
Stärkefabrik zu Tremessen Feuer aus, die 
Fabrik ist vollständig niedergebrannt. 60 
Wagen Stärke sind mit verbrannt. Der 
Schaden beträgt 400 000 Ji, wovon nur 
100 000 Ji versichert sind. Das Feuer 
entstand dadurch, daß ein Arbeiter die 
Laterne auf dem Trockenboden umwarf. 
Im Kreise Neustadt wurden mehrere 
Schulen geschlossen, weil kein 
Brennstoff zu beschaffen ist. Die 
Patronats Verhältnisse waren neu geregelt 
worden. Die Gemeinden weigern sich 
nun, die Lieferung des Heizungsmaterials 
zu übernehmen. 
Greifswald, 3. Februar. Ein Stromer 
bettelte beim Gastwirth Meyer in Reinken 
Hagen um einen Schnaps. Als er ob 
chläglich beschicken wurde, schlich er sich 
in den Stall, schlitzte einem Schwein den 
Bauch auf und schnitt einem andern bei 
ebendigem Leibe die beiden Schin 
ken aus. Infolge des Geschreis der Thiere 
kamen Leute herbei, die den Unhold fest 
nahmen und ins Gefängniß nach Stral- 
und ablieferten. Was ist nun besser, Jn- 
haftirung dieses Mannes in warmer Zelle 
mit ausreichender Zehrung auf Kosten der 
Steuerzahler oder tüchtig etwas auf wen 
Pelz und 4 Wochen Zwangsarbeit? 
Breêlau, 2. Febr. Chinesische Agen 
ten versuchen, wie verlautet, gediente 
deutsche Unteroffiziere für den chine- 
jschen Kriegsdienst anzuwerben. Un- 
ere Behörden wurden angewiesen, der Re 
gierung sofort mitzutheilen, wenn solche 
Werbungen beobachtet werden. 
In Marburg hat sich ein „Freiheitlicher 
Diskutirklub" gebildet, der sich zur Ausgabe 
teilt, seinen Mitgliedern durch Borträge 
und Besprechungen Gelegenheit zu geben, 
ich über öffentliche Tagesfragen aufzu 
klären und agitatorische Kräfte heranzu 
bilden für die Verbreitung freiheitlicher 
Ideen in Hessen. Vorsitzender ist der 
Kandidat der Freisinnigen Volkspartei in 
Eschivege - Schmalkalden, Herr Professor 
Dr. Stengel. 
Dresden, 3. Febr. Einen Hochstapler 
und Hotel schwindler hat die hiesige 
Kriminalpolizei in der Person eines 
Mannes festgenommen, der sich „Lieutnant 
Federico Safrig, Adjutant des Präsidenten 
ver Vereinigten Staaten Venezuelas aus 
Carracas nannte und in einem hiesigen 
vornehmen Hotel wohnte, ohne seine Rech 
nung zu bezahlen. Die Polizei nimmt 
an, daß er sich unter verschiedenen Namen 
flit Jahr und Tag in den großen deutschen 
Städten als Hochstapler und Hotelschwind 
ler herumgetrieben hat. Bis jetzt konnte 
ermittelt werden, daß er von München 
und Stuttgart aus steckbrieflich wegen 
Betrügereien verfolgt wird. Er ist etwa 
27 Jahre, schlank, mit vollem Gesicht und 
blondem Schnurrbärtchen 
Von einem eigenartigen Unglück ist die 
18 Jahre alte Tochter des Geschirrführers 
Karl Amme in Hcttstcdt betroffen worden. 
Das Mädchen hatte seit länger als einem 
Vierteljahr einen bohrenden stechenden 
schmerz. Allmählich nahm das Augenlicht 
immer mehr ab, bis es schließlich ganz 
schwand. Am 6. d. Mts. begab sich die 
Patientin nach der Augenklinik in Halle. 
Dort ergab sich nach mehrfacher Unter 
uchung, daß das Mädchen einen Wurm 
im Auge hatte, der die hinteren Theile 
der Augenhöhlung bereits völlig zerfressen 
hatte. Das Auge mußte, da seine Sehkraft 
unwiederbringlich verloren war, entfernt 
werden. Durch eine Operation wurde 
alsdann ein großer „Hundewurm" heraus 
geholt, der dem Mädchen, das als Kind 
viel mit einem Hunde gespielt hat, durcy 
die Nase eingedrungen ist. Wäre die 
Patientin nicht jetzt in der Augenklinik 
von dem Eindringling befreit, so würde 
ie nach Ausspruch des Professors, in 
längstens einem halben Jahre anstatt des 
einen Auges ihr Leben eingebüßt haben, 
da sich der Wurm alsbald mit aller 
Sicherheit bis zum Gehirn durchgebohrt 
haben würde. Dieser traurige Vorfall 
mahnt wieder zur größten Vorsicht im 
Spielen mit Hunden. 
Zur Lage in Eisleben. Von dem ge 
fährdeten Schmidtschen Hause in der 
Sangerhäuser Straße 28 sind die mit 
Einsturz drohenden Theile der Vorder- 
Pont entfernt und die entstandenen 
Oeffnungen mit Mauersteinen ausgefüllt 
worden. Gas- und Wasser-Leitunasröhren 
werden nach wie vor von den unterirdischen 
Gewalten beschädigt; Erdstöße und Boden 
schwankungen bilden fortgesetzt eine be- 
drohliche Mahnung. Daß das gefährdete 
Gebiet sich immer mehr ausdehnt, kann 
man u. A. auch ermessen, daß im Garten 
der nahen Königlichen Domäne Wimmel 
burg sich am Ufer der Bösen Sieben ein 
tarker Erdfall gebildet hat. Man hat 
alsbald mit der Zufüllung dieser Oeffnung 
begonnen. 
Ein neuer Erdstoß und zwar ein 
recht heftiger, wurde am Donnerstag wieder 
in Eisleben verspürt. Das Senkungsge 
biet vergrößert sich immer mehr, die bisher 
unberührte Nußbreite mit ihren Neben 
straßen zeigt auch Senkungscrscheinungen- 
Jn Weimar hat das Gesammt- 
Staatsministerium sich bereits dahin 
schlüssig gemacht, den Bundesraths-Bevoll- 
mächtigten für das Großherzogthum da 
hin zu instruiren, daß er gegen den 
Antrag Kanitz zu stimmen habe, falls 
dieser wirklich im Reichstage eine Majori 
tät erhalten sollte. 
In dem gothaischen Dörfchen Burgtonna 
beginnt es jetzt, ähnlich wie in Eisleben, 
unterirdisch zu tosen. Erst vor Kurzem 
hat sich in einem Hause ein ganz plötzlicher 
und unerklärlicher Einsturz ereignet, und 
nun droht auch das gegenüberliegende 
Haus in die Tiefe zu stürzen. Dieses 
Haus ist von Baksteinen erbaut und die 
Wände zeigen Risse, durch die man die 
Arme stecken kann. Die Bewohner sind 
aus dem gefährlichen Hause schnell ausge 
zogen. ķ Daß unter dem Hause hohle 
Gänge sich befinden, hatte bisher Niemand 
geahnt. Jedenfalls ist ein Theil des 
Ortes und auch der ganze neue Gottes- 
acker ^ unterhöhlt; schon einmal, in den 
ünfziger Jahren, ist eine Fläche von 2ö 
Quadratmetern eingestürzt. 
In Offenbach a. Main erschoß sich heute 
der Redakteur des Offenbacher General 
anzeigers. Das Motiv der That ist un 
bekannt. 
— Der „Oberh. Anzeiger" schreibt: 
Dieser Tage hatten wir aus unserem 
Redaktionsburau einen Besuch aus dem 
Taunus, nämlich den Besuch eines acht 
Monate alten männlichen Hirsches in Be 
gleitung seines Führers. Das Thier wurde 
ehr jung eingefangen und mit der Flasche 
großgezogen. Das Thier ist viel stärker als 
'eine gleichalterigen wilden Kameraden 
und folgt seinem Herrn auf Ruf und Pfiff 
wie ein Hund. Im Speisesaal des Hotels 
wlgte der Hirsch seinem Herrn, wohin dieser 
ging, dabei leicht und graziös über Stühle 
und Tische setzend, anstatt um die Hinder- 
nisse herumzugehen. Der Führer war zu 
Fuß von der Haselhecke heruntergekommen, 
das Thier getreu hinter ihm her. Daß die 
Schuljugend für bie nöhtige Begleitung in 
der Stadt sorgte, versteht sich von selbst. 
Aschaffenburg, z30. Jan. Der Redak 
teur der nationalliberalen „Aschaffenburger 
Zeitung" wurde nach dem heute verkünde 
ten Urtheil in dem bekannten „Veteranen- 
Prozeffe" wegen Osfiziers-Beleidigung zu 
25 Mark Geldstrafe und z">- T' igunc der 
Kosten beider Instanzen verurthei.lt. 
Bon der Staatsanwaltschaft in Stutt 
gart wird den Behörden mitgetheilt, daß 
von dort ein Kaufmannslehrling auf An 
halten seiner Mutter wegen Diebstahls 
verfolgt werde. Er hat derselben 23,000 
Mark in Staatsobligationen mit den dazu 
gehörigen Coupons und Talons und außer 
dem 16,000 Mark baar gestohlen und 
befindet sich in Begleitung einer Frauens 
person. Man vermuthet, daß das saubere 
Paar beabsichtigt, über Hamburg nach 
Amerika durchzugehen. 
— Wir haben bereits mitgetheilt, daß 
die Württembergischen Landtags- 
wählen eine schwere Niederlage für die 
„Deutsche Partei", unter welchem Namen 
sich die Regierungspartei verbirgt, erlitten 
hat. Der „Beobachter" schreibt: „Groß 
und schön sind die Erfolge der Volkspartei, 
groß und niederschmetternd die Lage der 
deutschen und Landespartei. Mit einem 
imposanten Linksmarsch hat sich die würt- 
tembergische Bevölkerung gegen die Politik 
des letzten Landtags und für die Volks- 
thümliche Reformpolitik ausgesprochen. Es 
gilt, das am 1. Febr. glänzend begonnene 
Werk am Stichwahltag glänzend zu Ende 
zu führen." —Daß die Wahlen in Würt 
temberg so ausfallen würden, wie cs ge 
schehen, hat übrigens keinen Kenner der 
wlitischcn Verhältnisse Süddeutschlands 
überrascht. 
Ungeheuere Schneemassen lagern 
gegenwärtig tm Schwarzwaldc. Auf der 
Escheck ist der Schnee so hoch, daß nur die 
Kronen der größeren Bäume hervorragen, 
und man die Telegraphenleitungen ganz 
bequem mit der Hand fassen kann. Am 
Dienstag betrug die Kälte an verschiedenen 
Orten des Schwarzwaldes 26 Grad <• 
Reaumur. Der Bahnverkehr zwischen 
Todtnau-Zell und Furtivangen - Hammer- 
eisenbach vermochte noch nicht wieder auf- 
genommen zu werden. Viele Schwarzwald- 
häuser sind theils vollständig, theils bis 
zum Dach eingeschneit, so daß der Ver 
kehr durch die Dachfenster bewerkstelligt 
iverden muß. 
Wie aus Nürnberg gemeldet wird, wurde 
die sozialdemokratische „Fränkische Tages 
post", das Organ Grillenbergers, polizei 
lich beschlagnahmt und der Redakteur 
des Blattes wegen Vergehens gegen die 
Religion in Untersuchungshaft genommen. 
Nadbruch, 3. Febr. Der „Wunder- 
oktor" Ast kuriert jetzt lustig weiter, 
nur mit dem Unterschiede, daß er selbst 
keine Medizin mehr verabfolgt, sondern die 
Leute an die Apotheke weist, die seine 
Mittel verabfolgt. Der Zuzug von Kranken 
hat in den letzten Tagen wieder erheblich 
zugenommen. 
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