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Bundesaesetz über die diplomatische und
consularische Vertretung der Schweiz im
Auslande mit rund 160 000 gegen 115 000
Stimmen abgelehnt.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 3. Febr. Der Advokat Dr.
Hermann R o t h z i e g e l wurde am Freitag
Nachmittag in seiner Canzlei am Rudolfs
Platz, mitten in der City, nahe dem Geld
spind in der Schreibstube liegend, erm or
det aufgefunden. Sein Schädel war zer
schmettert, die Pulsadern waren durch
schnitten und die Brust zeigte mehrere
Stiche. Rothziegel war 38 Jahre alt,
ledig und wohlhabend. Der Thäter und
das Motiv zur That sind bis jetzt noch
unbekannt. Es wird vermuthet, daß ein
versuchter Raubmord vorliegt, wobei der
Thätor durch irgend welchen Umstand ver
scheucht wurde, denn es fehlt nichts. Jedoch
ist auch ein Racheact möglich.
Ein Reservelieutenant in Uniform
ist in Wien als Paletotmarder ver
haftet worden.
Wien, 4. Febr. Ein ar ger Schwindel
ist an's Tageslicht gekommen. Die 34
jährige Beamtentochter Regina Brabetz
wurde, auf dem nicht mehr ungewöhnlichen
Wege der Kuppelei, in Wien mit einem
Herrn verheirathet, der sich pompös „Albin
Bernhard Freiherr v. Hildebrand,
königlich serbischer Seconde-Lieutenant a. D.,
Sohn des königlich serbischen Camerab
Sectionschefs Albin Freiherrn v. Hilde
brand und der Josefine Freifrau von
Traunsee" nannte. Die Eltern waren
froh, daß sie das überreife Mädchen über
haupt und noch dazu an einen Baron an
gebracht hatten. Alles andere war zunächst
Nebensache. Der Herr Baron konnte na
türlich nicht arbeiten wie andere Leute und
war nicht gewohnt sparsam zu leben wie
andere Leute. Das sahen die anderen
Leute, in diesem Falle der Schwiegervater,
ein kleiner Beamter, ein und gab dem
hochwohlgeborenen Schwiegersohn die ganzen
4000 fl. her, die er sein Leben über zu
rückgelegt hatte. Der Herr Baron war
damit bald fertig und ließ eines Tages
seine Ehehälfte sitzen, indem er unbekannt
wohin entwich. Die Frau Baronin ging,
ohne bösen Verdacht, nur in banger Be<
sorgniß, zur Wiener Polizei, um nach,
zusragen. Dort wurde herausgebracht, daß
der sogenannte Baron Hildebrand ein ein
facher Hermann Goehring ist, der wegen
Betrugs, Diebstahls u. s. w. wiederholt
abgestraft und landesverwiesen wurde. Er
hat sich auch Neumann genannt und ist
seit 1890 mit Pauline Pine vermählt.
Er ist 1865 zu Riga geboren, angeblich
Ingenieur. Mit ihm haben bei der Hei
rathsschwindelei zusammengewirkt eine ge
wisse Emilie Apping und ein „Kaufmann
Otto Hildebrand in Graz." Der Letztere
soll mit dem von russischen und deutschen
Polizei-Verwaltungen verfolgten August
Papendieck, alias Vogt oder Vockt identisch
sein. Die Grazer Polizei hat das ganze
Schwindelconsortium festgenommen.
Lux u,bürg.
Das Schloß B egg et des Deputaten
Metz-Tesch ist nach Meldung aus Luxem
bürg mit allen darin enthaltenen Kunst
schätzen, darunter werthvolle Gobelins, in
der Nacht zum Montag ein Raub der
Flammen geworden. Der Schaden
wird auf eine Million Francs geschätzt
wovon nur ein Theil durch Versicherung
gedeckt ist.
Frankreich.
Ein Fall von Hungertod wird aus
den in den Vogesen bei Urbeis gelegenen
„Hautes Huttes" gemeldet. Zwei bejahrte
Schwestern bewohnten in einiger Ent
fernung von den übrigen Gehöften ein
Häuschen. Infolge der Schneestürme war
das Häuschen völlig verschneit und die
beiden von jedem Verkehr abgeschnittenen
Schwestern mußten buchstäblich verhungern.
Erst am Mittwoch gelang es einem Nach
bar den meterhohen Schnee zu beseitigeu
und in die Wohnung einzudringen. Die
eine der Schwestern lag todt im Bett, die
andere bewußtlos daneben. Durch rasche
Zuführung von Nahrungsmitteln gelang
es, die Bewußtlose wieder zur Besinnung
zu bringen. Ihrer Dnrstellung zufolge
war ihre Schwester seit 2'/ 2 Tagen todt.
Inland.
Berlin, 4. Febr. Die „Post" meldet:
Graf Herbert Bismarck wurde vom
Kaiser zur Abstattung einer persönlichen
Meldung empfangen.
— Die „ Um stürz commission " des
Reichstages berieth heute über § 112
(Aufreizung der Angehörigen der Armee
und Marine zum Ungehorsam u. s. w.)
Im Lause der Debatte erklärte General-
lieutenant Spitz, den Bestrebungen, die
Manneszucht in der Armee zu untergraben,
müsse entgegengetreten werden, von welcher
Seite sie auch immer kämen. Es sei nicht
, I leugnen, daß dabei in erster Linie mit
d I! Socialdemokraten zu rechnen sei. Seit
dem deren Bestrebungen international,
Amberg kein Freund, sein immer rasches
Handeln hatte ihm zu dem Platze verholfen,
den er heute in der Welt einnahm.
(Fortsetzung folgt.)
va terlandslos, den Thron gefährdend und
vie Manneszucht der Armee untergrabend
geworden, unterliege es keinem Zweifel,
daß die Socialdemokraten, sobald sie das
Gefühl hinreichender Macht hätten, einen
Umsturz versuchen würden. Abg. Beb
(Soc.) erklärt, nach den Ausführungen von
Spitz sei es klar, daß es 'sich thatsächlich
um ein Ausnahmegesetz gegen die Social
demokratie handle. Spitz habe betont, der
Zweck des § 112 sei, Vorbeugungen gegen
solche Handlungen zu treffen, was beson-
ders im Interesse der Armee nothwendig
sei. Generalauditeur I s f e n b a ch bestreitet,
daß der Begriff des Umsturzes der beste
henden Staatsordnung unserer Strafgesetz
gebung neu sei, und weist auf das Socialisten
gesetz hin und die damalige Verhandlung
in der Reichstagscommission. Die (Ver
uche, Soldaten socialdemokratische 0 * auf
reizende Blätter in die Hänve zu spielen
eien sehr zahlreich.
— Die „D. Tabak-Ztg." weist nach
daß die Erhöhung des Eingangszolles am
Tabakfabrikate im Vergleich mit der
vorigen Vorlage nur diejenigen Tabak
konsumenten, die ausländische Fabrikate
rauchen entlastet. Eine Cigarre zum
Fakturenwerth von 150 Mk. kostet nach
dem früheren Entwurf mit Zoll und Fak
turen-Steuer 233 Mk., nach der neuen
Vorlage aber nur 206,25 Mk. Die Ci
garre stellt sich also, da eine Erhebung
des Steuerzuschlags bei fremden Fabrikaten
nicht mehr stattfinden soll, um rund 27 Mk
billiger, ganz abgesehen von den Spesen
vor der Besteuerung, auf der noch 33 >/ 3
H. Steuern ruhen sollten.
Es giebt in Frankreich 19 Tabakfabriken
mit 18 000 Arbeitern, in Italien 18 Fa
briken, in Oesterreich-Ungarn 38 Fabriken
mit 36 700 Arbeitern, in Spanien 8 Fa
briken mit 18 000 Arbeitern, in Groß
brikannien 430 Fabriken mit 13 000 Ar
beitern. In Deutschland dagegen be
trägt nach dieser Statistik die Zahl der
Fabriken rund 15 000 mit 136 000
Arbeitern. Diese Ziffer stimmt einiger
maßen mit den Berechnungen der Reichs
regierung überein. Die Zahl der voll
beschäftigten Arbeiter in den Tabakfabriken
wird in der Tabaksteuer-Vorlage cur
112 167, einschließlich der Hausarbeiter
auf 134 849 angegeben. Dazu kommen
noch 3483 in den Strafanstalten mit der
Tabak-Fabrikation beschäftigte Personen.
— Ter jüngst erfolgte Zusammenschluß
der antisemitischen Abgeordneten
'cheint sich mehr zu lockern. Nachdem
Ahlwardt, wie bekannt, aus der Parte,
ausgeschlossen worden, hat nunmehr Böcke l
seinen freiwilligen Austritt erklärt. Als
Gründe nennt er den Ausschluß Ahlwardts
sowie die „freiheitsfeindliche Haltung der
Fraktion zur Umsturzvorlage".
— Im Ministerium für Handel und
Gewerbe werden gegenwärtig die Frage
bogen über die Stichprobezählung
ausgearbeitet, die zum Zwecke der Ge
winnung einer Uebersicht über die Ver
mehrung des Handwerks in seinen verschie
denen Abstufungen veranstaltet werden soll.
— Der Fall Stumm gewinnt immer
weitere Ausdehnung. Jetzt hat auch Prof.
Schm oller zu Gunsten seines Kollegen
Wagner eingegriffen und den Prof, von
Kaufmann, den Eideshelfer des Herrn von
Stumm und der „Post", in einer Weise
abgetrumpft, wie es bisher einem „Ge
lehrten" noch nicht passirt ist.
— Wie in gut unterrichteten Univcrsi
tätskreisen erzählt wird, soll Professor
Schm oller aus Anlaß seiner Veröffent
lichungen über die wissenschaftliche Be
fähigung des Prof. v. Kaufmann von
diesem gefordert worden sein. Die For
derung sei jedoch abgelehnt worden.
Die gestrige Studentenversamm
lung in Berlin nahm nach folgende von
Gerlach vorgeschlagene Resolution mit
allen gegen 8 Stimmen an: Die Versamm
lung erklärt: 1. Wir iveisen die in der
Reichstagssitzung vom 9. Januar und auch
in der Presse gegen die akademische
Freiheit gerichteten, auf völliger Un
kenntniß der Verhältnisse beruhenden An
griffe entschieden zurück. 2. Wir bedauern,
daß Se. Magnificenz, der Herr Rektor
P f l e i d e r e r, die Genehmigung zur
Neugrüudung eines Studentenvereins, der
ich ausschließlich mit s o z i a l w i s s e n
Köstlichen Fragen beschäftigen
will, ohne Grund versagt hat. — Der
Passus der v. Gerlachschcn Resolution
lautet: In Erkenntniß dessen, daß es
Recht und Pflicht der akademischen Jugend
", sich durch eingehende Beschäftigung mit
r sozialen Frage auf ihren staats
bürgerlichen Beruf vorzubereiten, beauf
tragen wir einen Ausschuß von fünf Per-
one», Schritte zu thun, um die Neugrün
dung einer sozialwissenschaftlichen
Studenten-Vereinigung auf breitester
Grundlage herbeizuführen.
150 Studirende sind wegen
Nichtannahme von Vorlesungen in den
Büchern der Universität gestrichen worden.
denselben sind 8 Studirende der
Theologie, 20 studiren Rechtswissenschaften,
40 Medizin und 73 Philosophie.
Die Litewka wird auch bei den
Pionieren und der der Fuß-Artillerie ein
geführt.
Jede n e u e S t e u e r, so schreibt
die „Köln. Volksztg.", ist in einer Zeit
wie die jetzige eine Reichs-Kalamität
Wenn alles sich einschränken muß
muß auch das Deutsche Reich sich
einschränken. Wenn aber ein kleines
Defizit bleiben sollte, so ist es viel erträg
licher, diesen kleinen Fehlbetrag durch Ma
trikular-Umlagen zu decken, wie eine neue
Reichs-Steuer zu schaffen.
Berlin, 4. Febr. In der hier heute
abgehaltenen außerordentlichen General
versammlung des Centralvereins der
deutschen Lederindustrie wurde gegen
5 Stimmen beschlossen, mit allen Mitteln
gegen jede Zollerhöhung auf exotische Gerb
stoffe überhaupt, wie auf Quebracho ins
besondere zu agitiren. Der Vorsitzende kon
tatirte, daß die gegen den Zoll abgegebe
nen Stimmen bereits die Majorität der
Gesammtmitgliederzahl des Vereins aus-
machen.
- Die hiesigen Blätter berichten von
ernsten Nachspielen, welche die E r s ch i e-
jung eines Arbeiters am Pul
v e r s ch u p p e n bei Tegel gehabt hat
Als am Donnerstag ein aus einem Unter
offizier und 23 Mann bestehendes Com
mando des Garde-Füsilier-Regiments die
Wache am Pulverschuppcn ablösen wollte,
mhr ein Müllkutscher, dessen Persönlichkeit
nicht festgestellt worden ist, absichtlich im
Trabe an den Schießständen der Jungfern
Haide in das Commando hinein. Die da
durch gefährdete Mannschaft wurde darüber
o erregt, daß sie den Kutscher dafür züch
tigte. Das Gewehr eines Soldaten ist
dabei zerbrochen. Bei weitem ernster ist
aber ein Vorgang, der sich in der Nacht
zum Freitag in der Umgebung des Pulver
chuppens abspielte. Als der Offizier der
Ronde die Wache controliren wollte, wurde
er auf dem Wege dorthin von vier zweifel
haften Gestalten, die Stöcke bei sich führ
ten, hart bedrängt. Es gelang ihm, die
Wache zu erreichen und diese unter Ge
wehr treten zu lassen. Die Nacht hindurch
hat nicht bloß der Posten, sondern die ge-
ammte Wachtmannschaft ihre Gewehre ge
laden gehalten. Infolge dieses Vorkomm
nisses ist am Freitag Mittag befohlen wor
den, daß die Wache an dem Pulvcrschuppen
vorläufig auf 40 Mann verstärkt werden
oll und daß an jeden dorthin comman-
dirten Soldaten 15 scharfe Patronen ver
ausgabt werden. Die vorbezeichneten vier
Personen sind aus Anordnung des Offiziers
durch abgeschickte Patrouillen verfolgt wor-
den, aber nicht mehr aufzufinden gewesen.
Die Polizei entdeckte Sonnabend im
Keller des Hauses Wallnertheaterstraße eine
eheime Patronenfabrik. Es
wurden 14 Centner Pulver, eine große
Menge leere und gefüllte Patronenhülsen
beschlagnahmt. Die Arbeiter wurden zur
Polizei sistirt, jedoch später wieder ent
lassen. Gegenüber abenteuerlichen Gerüch
ten constatirt die „Post", daß lediglich
ine schwere Uebertretung der Polizeivor-
chriften über den Gebrauch von Spreng
mitteln vorliegt, ohne politischen Beige
chmack. Die Waffenfabrik von Hanck ver
theilte die für eine Hamburger Exportfirma
übernommene große Patronenlieferung an
vier Büchsenmacher, die ohne Polizeierlaub
niß heimlich arbeiteten. Auch die übrigen
Werkstätten sind entdeckt tvorden.
— Der thatendurstige Gutsbesitzer im
Fürstenthum Lippe, welcher, wie ge
meldet, mit einem „frischen fröhlichen
rieg" der gegenwärtigen traurigen Lage
der Landwirthschaft abhelfen will, ist, wie
man schreibt, Reserve-Lieutenant und in
einen äußeren Verhältnissen sehr gut ge
tcllt.
Ueber eine schauervolle Familien
tragödie, welche sich in der Nacht zum
Sonntag in dem bei Spandau gelegenen
Vorwerk Amalienhof abgespielt hat, ist
uns Folgendes berichtet worden: Zu den
durchweg sehr armen Einwohnern dieser
Kolonie gehörten der Arbeiter Kcttke und
dessen Ehefrau Antonie geb. Schwarz.
Der Mann war seit einiger Zeit ohne
Beschäftigung, und es war bei ihm bittere
Noth eingekehrt; die Leute lebten seit
Wochen fast nur von Kartoffeln und
Hundefleisch. Die Verzweiflung wegen
seiner traurigen Lage veranlaßte den
Mann, sich dem Trunk zu ergeben; dem
Alkohol opferte er das wenige Geld, wel
ches er durch Gelegenheitsarbeit erlangte
Kam er alsdann betrunken nach Hause, so
mißhandelte er die hungernde Frau. So
geschah es auch in der Nacht zum Sonn
tag. Der Mann spie die Frau auf ihrem
dürftigen Lager an, ergriff ein Brett
und schlug damit wie ein Unsinniger auf
die Aermste los. Die Frau ertrug die
Qualen eine Weile, dann aber sprang sie
auf, packte ein Messer und stürzte sich
auf ihren Peiniger. Im Handgemenge
bohrte sie ihm das Messer tief
in die Brust ein, worauf der Getroffene
zu Boden sank und nach wenigen Minuten
starb. Dieser fürchterliche Ausgang gab
der Frau ihre volle Besinnung wieder;
sie kleidete sich an, wobei sie in Ermange
lung anderer Fußbekleidung die Stiefeln
ihres Mannes benutzte, und verließ die
Stätte des Schreckens. Bis zum Morgen
irrte sie ziellos umher; dann aber stellte
re sich der Behörde in Spandau und
wurde soiort in Untersuchungshaft genom
men. Die Mörderin ist 40 Jahre alt.
In einer Versammlung der Vertrauens
männer der konservativen Partei des Krei
ses Lyck machte Landrath von der Grü
ben die Mittheilung, daß er auf die
Kandidatur zur Reichstagswahl ver-
zrchte und sämmtliche Parteigenossen
bitte, ihre Stimmen auf den Oberpräsiden
ten Grafen zu Stolberg zu vereinigen
Freisinniger Kandidat ist bekanntlich Herr
Dannaus Hohenstein in Westpreußen.
Posen, 4. Febr. Gestern brach in der
Stärkefabrik zu Tremessen Feuer aus, die
Fabrik ist vollständig niedergebrannt. 60
Wagen Stärke sind mit verbrannt. Der
Schaden beträgt 400 000 Ji, wovon nur
100 000 Ji versichert sind. Das Feuer
entstand dadurch, daß ein Arbeiter die
Laterne auf dem Trockenboden umwarf.
Im Kreise Neustadt wurden mehrere
Schulen geschlossen, weil kein
Brennstoff zu beschaffen ist. Die
Patronats Verhältnisse waren neu geregelt
worden. Die Gemeinden weigern sich
nun, die Lieferung des Heizungsmaterials
zu übernehmen.
Greifswald, 3. Februar. Ein Stromer
bettelte beim Gastwirth Meyer in Reinken
Hagen um einen Schnaps. Als er ob
chläglich beschicken wurde, schlich er sich
in den Stall, schlitzte einem Schwein den
Bauch auf und schnitt einem andern bei
ebendigem Leibe die beiden Schin
ken aus. Infolge des Geschreis der Thiere
kamen Leute herbei, die den Unhold fest
nahmen und ins Gefängniß nach Stral-
und ablieferten. Was ist nun besser, Jn-
haftirung dieses Mannes in warmer Zelle
mit ausreichender Zehrung auf Kosten der
Steuerzahler oder tüchtig etwas auf wen
Pelz und 4 Wochen Zwangsarbeit?
Breêlau, 2. Febr. Chinesische Agen
ten versuchen, wie verlautet, gediente
deutsche Unteroffiziere für den chine-
jschen Kriegsdienst anzuwerben. Un-
ere Behörden wurden angewiesen, der Re
gierung sofort mitzutheilen, wenn solche
Werbungen beobachtet werden.
In Marburg hat sich ein „Freiheitlicher
Diskutirklub" gebildet, der sich zur Ausgabe
teilt, seinen Mitgliedern durch Borträge
und Besprechungen Gelegenheit zu geben,
ich über öffentliche Tagesfragen aufzu
klären und agitatorische Kräfte heranzu
bilden für die Verbreitung freiheitlicher
Ideen in Hessen. Vorsitzender ist der
Kandidat der Freisinnigen Volkspartei in
Eschivege - Schmalkalden, Herr Professor
Dr. Stengel.
Dresden, 3. Febr. Einen Hochstapler
und Hotel schwindler hat die hiesige
Kriminalpolizei in der Person eines
Mannes festgenommen, der sich „Lieutnant
Federico Safrig, Adjutant des Präsidenten
ver Vereinigten Staaten Venezuelas aus
Carracas nannte und in einem hiesigen
vornehmen Hotel wohnte, ohne seine Rech
nung zu bezahlen. Die Polizei nimmt
an, daß er sich unter verschiedenen Namen
flit Jahr und Tag in den großen deutschen
Städten als Hochstapler und Hotelschwind
ler herumgetrieben hat. Bis jetzt konnte
ermittelt werden, daß er von München
und Stuttgart aus steckbrieflich wegen
Betrügereien verfolgt wird. Er ist etwa
27 Jahre, schlank, mit vollem Gesicht und
blondem Schnurrbärtchen
Von einem eigenartigen Unglück ist die
18 Jahre alte Tochter des Geschirrführers
Karl Amme in Hcttstcdt betroffen worden.
Das Mädchen hatte seit länger als einem
Vierteljahr einen bohrenden stechenden
schmerz. Allmählich nahm das Augenlicht
immer mehr ab, bis es schließlich ganz
schwand. Am 6. d. Mts. begab sich die
Patientin nach der Augenklinik in Halle.
Dort ergab sich nach mehrfacher Unter
uchung, daß das Mädchen einen Wurm
im Auge hatte, der die hinteren Theile
der Augenhöhlung bereits völlig zerfressen
hatte. Das Auge mußte, da seine Sehkraft
unwiederbringlich verloren war, entfernt
werden. Durch eine Operation wurde
alsdann ein großer „Hundewurm" heraus
geholt, der dem Mädchen, das als Kind
viel mit einem Hunde gespielt hat, durcy
die Nase eingedrungen ist. Wäre die
Patientin nicht jetzt in der Augenklinik
von dem Eindringling befreit, so würde
ie nach Ausspruch des Professors, in
längstens einem halben Jahre anstatt des
einen Auges ihr Leben eingebüßt haben,
da sich der Wurm alsbald mit aller
Sicherheit bis zum Gehirn durchgebohrt
haben würde. Dieser traurige Vorfall
mahnt wieder zur größten Vorsicht im
Spielen mit Hunden.
Zur Lage in Eisleben. Von dem ge
fährdeten Schmidtschen Hause in der
Sangerhäuser Straße 28 sind die mit
Einsturz drohenden Theile der Vorder-
Pont entfernt und die entstandenen
Oeffnungen mit Mauersteinen ausgefüllt
worden. Gas- und Wasser-Leitunasröhren
werden nach wie vor von den unterirdischen
Gewalten beschädigt; Erdstöße und Boden
schwankungen bilden fortgesetzt eine be-
drohliche Mahnung. Daß das gefährdete
Gebiet sich immer mehr ausdehnt, kann
man u. A. auch ermessen, daß im Garten
der nahen Königlichen Domäne Wimmel
burg sich am Ufer der Bösen Sieben ein
tarker Erdfall gebildet hat. Man hat
alsbald mit der Zufüllung dieser Oeffnung
begonnen.
Ein neuer Erdstoß und zwar ein
recht heftiger, wurde am Donnerstag wieder
in Eisleben verspürt. Das Senkungsge
biet vergrößert sich immer mehr, die bisher
unberührte Nußbreite mit ihren Neben
straßen zeigt auch Senkungscrscheinungen-
Jn Weimar hat das Gesammt-
Staatsministerium sich bereits dahin
schlüssig gemacht, den Bundesraths-Bevoll-
mächtigten für das Großherzogthum da
hin zu instruiren, daß er gegen den
Antrag Kanitz zu stimmen habe, falls
dieser wirklich im Reichstage eine Majori
tät erhalten sollte.
In dem gothaischen Dörfchen Burgtonna
beginnt es jetzt, ähnlich wie in Eisleben,
unterirdisch zu tosen. Erst vor Kurzem
hat sich in einem Hause ein ganz plötzlicher
und unerklärlicher Einsturz ereignet, und
nun droht auch das gegenüberliegende
Haus in die Tiefe zu stürzen. Dieses
Haus ist von Baksteinen erbaut und die
Wände zeigen Risse, durch die man die
Arme stecken kann. Die Bewohner sind
aus dem gefährlichen Hause schnell ausge
zogen. ķ Daß unter dem Hause hohle
Gänge sich befinden, hatte bisher Niemand
geahnt. Jedenfalls ist ein Theil des
Ortes und auch der ganze neue Gottes-
acker ^ unterhöhlt; schon einmal, in den
ünfziger Jahren, ist eine Fläche von 2ö
Quadratmetern eingestürzt.
In Offenbach a. Main erschoß sich heute
der Redakteur des Offenbacher General
anzeigers. Das Motiv der That ist un
bekannt.
— Der „Oberh. Anzeiger" schreibt:
Dieser Tage hatten wir aus unserem
Redaktionsburau einen Besuch aus dem
Taunus, nämlich den Besuch eines acht
Monate alten männlichen Hirsches in Be
gleitung seines Führers. Das Thier wurde
ehr jung eingefangen und mit der Flasche
großgezogen. Das Thier ist viel stärker als
'eine gleichalterigen wilden Kameraden
und folgt seinem Herrn auf Ruf und Pfiff
wie ein Hund. Im Speisesaal des Hotels
wlgte der Hirsch seinem Herrn, wohin dieser
ging, dabei leicht und graziös über Stühle
und Tische setzend, anstatt um die Hinder-
nisse herumzugehen. Der Führer war zu
Fuß von der Haselhecke heruntergekommen,
das Thier getreu hinter ihm her. Daß die
Schuljugend für bie nöhtige Begleitung in
der Stadt sorgte, versteht sich von selbst.
Aschaffenburg, z30. Jan. Der Redak
teur der nationalliberalen „Aschaffenburger
Zeitung" wurde nach dem heute verkünde
ten Urtheil in dem bekannten „Veteranen-
Prozeffe" wegen Osfiziers-Beleidigung zu
25 Mark Geldstrafe und z">- T' igunc der
Kosten beider Instanzen verurthei.lt.
Bon der Staatsanwaltschaft in Stutt
gart wird den Behörden mitgetheilt, daß
von dort ein Kaufmannslehrling auf An
halten seiner Mutter wegen Diebstahls
verfolgt werde. Er hat derselben 23,000
Mark in Staatsobligationen mit den dazu
gehörigen Coupons und Talons und außer
dem 16,000 Mark baar gestohlen und
befindet sich in Begleitung einer Frauens
person. Man vermuthet, daß das saubere
Paar beabsichtigt, über Hamburg nach
Amerika durchzugehen.
— Wir haben bereits mitgetheilt, daß
die Württembergischen Landtags-
wählen eine schwere Niederlage für die
„Deutsche Partei", unter welchem Namen
sich die Regierungspartei verbirgt, erlitten
hat. Der „Beobachter" schreibt: „Groß
und schön sind die Erfolge der Volkspartei,
groß und niederschmetternd die Lage der
deutschen und Landespartei. Mit einem
imposanten Linksmarsch hat sich die würt-
tembergische Bevölkerung gegen die Politik
des letzten Landtags und für die Volks-
thümliche Reformpolitik ausgesprochen. Es
gilt, das am 1. Febr. glänzend begonnene
Werk am Stichwahltag glänzend zu Ende
zu führen." —Daß die Wahlen in Würt
temberg so ausfallen würden, wie cs ge
schehen, hat übrigens keinen Kenner der
wlitischcn Verhältnisse Süddeutschlands
überrascht.
Ungeheuere Schneemassen lagern
gegenwärtig tm Schwarzwaldc. Auf der
Escheck ist der Schnee so hoch, daß nur die
Kronen der größeren Bäume hervorragen,
und man die Telegraphenleitungen ganz
bequem mit der Hand fassen kann. Am
Dienstag betrug die Kälte an verschiedenen
Orten des Schwarzwaldes 26 Grad <•
Reaumur. Der Bahnverkehr zwischen
Todtnau-Zell und Furtivangen - Hammer-
eisenbach vermochte noch nicht wieder auf-
genommen zu werden. Viele Schwarzwald-
häuser sind theils vollständig, theils bis
zum Dach eingeschneit, so daß der Ver
kehr durch die Dachfenster bewerkstelligt
iverden muß.
Wie aus Nürnberg gemeldet wird, wurde
die sozialdemokratische „Fränkische Tages
post", das Organ Grillenbergers, polizei
lich beschlagnahmt und der Redakteur
des Blattes wegen Vergehens gegen die
Religion in Untersuchungshaft genommen.
Nadbruch, 3. Febr. Der „Wunder-
oktor" Ast kuriert jetzt lustig weiter,
nur mit dem Unterschiede, daß er selbst
keine Medizin mehr verabfolgt, sondern die
Leute an die Apotheke weist, die seine
Mittel verabfolgt. Der Zuzug von Kranken
hat in den letzten Tagen wieder erheblich
zugenommen.
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Nacht
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