anwesend waren. Der Kaiser schritt mit
dem Fürsten zum Salonwagen, drückte dem
Fürsten herzlich die Hand und küßte mehrere
Male beide Wangen. Nachdem der Fürst
eingestiegen war, wandte sich der Kaiser
mit einigen Worten an Herbert Bismarck
und sprach dann mit dem Fürsten, der
sich mit bloßem Haupte aus dem Salon
wagen hinauslehnte. Das Publikum
brachte dem Kaiser und dem Fürsten leb
haste Hochrufe dar; das theilweire zum
Bahnhof zugelassene Publikum stimmte das
Lied: „Deutschland, Deutschland über
Alles" an. Bei der Abfahrt ertönten
abermals lebhafte Hochrufe, worauf Fürst
Bismarck sich freundlich lächelnd und
dankend verneigte. In seiner Begleitung
waren die Grafen Herbert und Wilhelm
und Dr. Schweninger. Der Salonwagen
war mit reichen Blumenspenden angefüllt;
der Kaiser verließ unter den Hochrufen
der Menge die Bahnhofshalle.
— Das Aeußere des Fürsten Bismarck
wird von Personen, welche beim Empfange
auf dem Bahnhöfe in Berlin in nächster
Nähe zugegen waren und den Altreichs
kanzler seit seiner Verabschiedung nicht
mehr gesehen hatten, als überaus verändert
bezeichnet. Das Gesicht ist schmal und
welk, die Haltung eine unsichere geworden,
was bei dem hohen Alter und den über
standenen Krankheiten allerdings erklärlich
ist. Personen, welche den Fürsten Bismarck
während seines letzten Aufenthalts in
Kissingen gesehen haben, meinen, daß sein
Aussehen seit jener Zeit sich aber gebessert
habe.
Fricdrichsruh, 26. Jan. Der Fürst traf
verspätet um 11 Uhr sichtlich im besten
Wohlbefinden, begleitet von den Grafen
Herbert und Wilhelm sowie Dr. Schwenin
ger wieder hier ein. Der Weg vom Bahn
hos bis zum Schlosse war mit Magnesium
licht erleuchtet. Hunderte von Menschen
brachten dem Fürsten ein brausendes Hur
rah dar.
Inland.
Ausland.
Serbien.
Belgrad, 25. Jan. Aus sicherster
Quelle verlautet, daß die Ex-Königin
Natalie im Laufe des morgigen oder
übermorgigen Tages hier eintrifft. -
Paschic demissionirte heute als Gesandter
in Petersburg.
Belgrad, 25. Jan. Vor dem Palaste
spielten sich soeben größere, angeblich von
Führern der Radikalen angefachte D em on
strati on en ab. Gegen 5 Uhr zogen
etwa zweihundert Studenten, denen sich
mehrere hundert Neugierige anschlossen,
vor den Konak, und nachdem sich in der
Stadt der Ruf „Die Königin Natalie
kommt" blitzschnell verbreitet hatte, war
ein ganzer Straßentheil bald von Menschen
dicht besetzt. Die Studenten singen in der
Nähe der Fenster des Königs zu demon-
striren an mit den Rufen „Es lebe das
Volk, es lebe die Verfassung", wobei auf
einer großen Stange ein Exemplar der
Verfassung in die Höhe gehoben und ver
brannt wurde. Nach wenigen Minuten
erschien berittene Gendarmerie, welche die
Menge auseiuandertrieb, ohne auf Widern
stand zu stoßen.
Frankreich.
Paris, 26. Jan. Paris wird seit einiger
Zeit mit Taschenuhren überschwemmt,
die auf dem Wege des Schmuggels
über die französische Nordgrenze nach Frank
reich eingeführt werden, ohne daß die Zoll
beamten dies verhindern könnten. Es er
klärt sich daraus der merkwürdig niedrige
Preis für diese Gattung von Waare. Nach
dem „Gaulois" stammen diese Uhren aus
der Schweiz. Sie werden zunächst nach
Belgien exportirt, wo sie kein Eingangs
zoll trifft. Von da finden sie ihren Weg
nach Frankreich in den Westentaschen von
Reisenden und die Zollbehörde hat das
Nachsehen.
Italien.
Venedig, 26. Jan. Bei dem hier der
hafteten Vertreter der Firma Luckau &
Compagnie in Remscheidt, Hugo Sohn
aus Solingen, der nach Unterschlagung von
200,000 Mark entflohen war, sind 6000
Mark baar sowie Wechsel vorgefunden
worden.
Griechenland.
Wie aus Athen unter dem 19. d. Mts.
berichtet wird, ist daselbst der deutsche
Thierbändiger Lorenz Müller in
der Menagerie des Herrn Montenegro von
Tigern zerrissen worden. Schon während
der Probe wurde Müller, der Erste, der
seit zwei Jahren den Fuß in diesen Käfig
zu setzen gewagt hatte, von einer Tigerin
angefallen, doch ohne Schaden zu nehmen,
indem das Thier sich auf einen kräftigen
Peitschenhieb zurückzog. Während der Vor
stellung glitt Müller aus, und alle drei
Tiger stürzten sich auf ihn; er wäre voll
kommen zerrissen worden, wenn nicht der
jugendliche Sohn des Besitzers hinzugeeilt
und mit Schlägen die Bestien zurückgetrieben
hätte. Müller wurde bewußtlos davonge
tragen und starb sehr bald an den Ver
letzungen der Brust, wo die Krallen das
Fleisch heruntergeriffen hatten und bis in
die Lunge gedrungen waren.
— Wie die Minister die Begegnung
des Kaisers mit dem Fürsten Bismarck an
gesehen zu wissen wünschen, ergibt sich aus
der Berliner Korrespondenz, der Wiener
„Politischen Korrespondenz", deren Inhalt
außerdem durch das offiziöse „Wolff'sche
Telegraphenbureau" verbreitet wird. Es
handle sich um einen Ausdruck persönlicher
Gesinnung des Kaisers für seinen und
seiner Vorfahren früheren Reichskanzler.
„Die Wenigen, die auch diesen lediglich
dem persönlichen Gefühle des Kaisers ent
sprungenen Vorgang für ihre eigenen par
teipolitischen Zwecke ausnutzen möchten,
und damit die Intentionen Sr. Majestät
ebenso mißdeuten, wie sie dem Entschluß
des Fürsten Bismarck, nach Berlin zu
kommen, falsche Motive unterlegen, kommen
nicht zu Worte im Chor Derjenigen, deren
Patriotismus sich, von jeder Parteistellung
abgesehen, in rein menschlichem Empfinden
an der That ihres Kaisers freut. Zu den
Letzteren sind auch die derzeitigen vom
Kaiser gewählten obersten Rathgeber der
Krone zu zählen, denen der Kaiser seinen
Entschluß kurz nach dessen Ausführung
mitgetheilt hat."
— Wie Graf Herbert Bismarck
die neuen Vorgänge zwischen dem Kaiser
und dem Altreichskanzler beurtheilt, ergibt
sich aus der Berliner Bismarck-Korrespon
denz in der Münchener „Allg. Ztg.". Da
heißt es, daß die Huld des Kaisers die
Irrthümer des neuen Kurses nicht
aus der Welt schaffe und die Fehler der
Caprivischen Politik nicht in ihr Gegentheil
verwandele. „Fürst Bismarck wird selbst
verständlich seinem König einen von diesen
geforderten Rath nie verweigern, so
weit die Kenntniß der Dinge ihm diesen
Rath gestattet, aber dann kommt es doch
darauf an, ob dieser Rath befolgt und von
wem er und wie er ausgeführt wird.
Fürst Bismarck hat es seit nun bald vier
Jahren abgelehnt, und dürfte es auch fer
ner ablehnen, den Kaiser und sich selbst in
eine falsche Rolle zu bringen durch
Ertheilung von Rathschlägen, die nicht oder
nur theilweise oder unrichtig oder unge
schickt ausgeführt und ihn mit einer Ver
antwortlichkeit belasten würden, die er nicht
übernehmen kann. Mit dem bloßen Ein
tritt der Thatsache, daß Fürst Bismarck
nicht schlechter als irgend ein anderer ver
dienter hoher Beamter behandelt wird, ist
doch an sich noch keine politische Wendung
oder Wandlung verbunden. Weiterhin
wird ausgeführt, daß der politische Opti
mismus, der in Kundgebungen über die
Aussöhnung hervortrete, bis zu dieser
Stunde noch keine Berechtigung habe. „Ob
es nach zweimal vierundzwanzig Stunden
anders sein wird, kann heute kaum der
Kaiser selbst wissen." — Die „Hamburger
Nachrichten" setzen den kleinen Krieg gegen
die Regierung auch in diesen Tagen fort.
Besondere Verwahrung legen sie dagegen
ein, daß sie, und namentlich Fürst Bis
marck in den „Hamb. Nachr.", erst in
diesen Tagen den Abschluß eines Handels
Vertrags mit Rußland für eine politische
Nothwendigkeit erklärt haben.
Berlin, 26. Jan. Die „Norddeutsche
Allg. Ztg." begrüßt den Besuch des Fürsten
Bismarck, für dessen unvergleichliche Ver
dienste der Kaiser und die ganze Nation
unverändert dankbar seien. Jeder gute
Patriot blicke dankerfüllt zum Kaiser auf,
der aus hochherziger Entschließung Deutsch
land einen solchen freudigen Tag bereitete
Möge dieses Fest der Versöhnlichkeit weitere
Früchte tragen für unser ganzes politisches
Leben.
- Zum Militärdienst der Volks
schullehrer hat der Kultusminister Dr.
Bosse, wie die „Magd. Ztg." glaubt mit
theilen zu können, die Nothwendigkeit einer
anderweiten Neuordnung der Militärpflicht
der Volksschullehrer anerkannt, insbesondere
bestehe bei ihm auch kein Zweifel darüber
„daß die Allgemeinbildung eines angehen
den Volksschullehrers gründlicher sei, als
die eines 15- bis 18jährigen Jünglings,
der sich lediglich das Zeugniß zum ein
jährigen Militärdienst erworben hat."
Neuerdings seien darüber auch Verhand
lungen zwischen dem Kultus- und Kriegs-
Ministerium gepflogen worden. Der Kriegs
minister soll nicht abgeneigt sein, den
Lehrern allgeniein die ein-
jährigeDienstzeit auch unter gleich
zeitiger Gewährung des entsprechenden ein
fachen Soldes zu gewähren.
Karlsruhe, 25. Jan. Eine Anzahl her
vorragender Kaufleute und In
dustrieller, darunter der Präsident
der Handelskammer, erlassen einen Aufruf
zur Bildung eines Vereins zur Wahrung
gewerblicher und Handelsinter
essen. Der Verein wird eine Gegen
wirkung gegen die landwirthschaftlichen In
teressenvertretungen anstreben.
Sprottau, 26. Januar. Die Regierung
in Liegnitz sandte den Geheimen Medizinal
rath Dr. Philipp zur Untersuchung der
betreffs der Typhusepidemie von den
städtischen Behörden angeordneten Maß-
regeln her. Derselbe hat sich über die
zur Bekämpfung der Seuche getroffenen
Maßnahmen lobend ausgesprochen und sie
als ausreichend anerkannt. Bis heute be-
trägt die Gesammtzahl der Kranken 39.
In
der sächsischen Fabrikstadt Meerane
herrscht schon seit längerer Zeit ein nicht
unbedenklicher Wassermangel vor, unter
dem namentlich die Fabriken schwer zu
leiden haben. Die Brunnen sind größten
theils leer und der Stand des Grundwassers
sinkt beständig. Der Wassermangel ist durch
den allmählichen Rückgang aller Zuflüsse
verursacht worden und die städtischen Be
hörden werden daher baldigst an die Er
schließung neuer Quellen denken müssen.
Inzwischen wird unter Zuhülfenahme von
Sprengwagen das nöthige Wasser aus den
benachbarten Dörfern herbeigeschafft.
Ludwigshasen, 26. Jan. Der Stadtrath
beschloß heute Abend die Errichtung eines
Wasserwerks mit einer vorläufigen
Maximal-Leistung von 3750 Kubikmeter-
pro Tag, die durch Erweiterung des Be
triebs auf 7500 Kubikmeter erhöht werden
kann. Die Leitung wird mit Grundwasser
aus der Nähe von Mutterstadt versorgt;
sie erhält eine Länge von 15 Kilometer.
Die durch ein Anlehen aufzubringenden
Baukosten belaufen sich auf 1200000 J(.
Hamburg, 27. Jan. Es wird berichtet
und auf Nachfrage von den Herren Director
Ch. Maurice und Hofrath Pollini als
richtig bestätigt, daß der Erstere per 1.
September ds. Js. das Thalia-Theater an
Herrn Hofrath Pollini verkauft hat, jedoch
für längere Zeit in finanzieller und künst-
lerischer Beziehung an deni Unternehmen
betheiligt bleibt. Das Thalia > Theater
wird in gleicher Weise, wie bisher, unter-
völlig selbstständiger Leitung geführt werden.
Provinzielles.
Altona, 25. Jan. In der Nähe der
Weidmannsstraße befindet sich ein großer
Tümpel, der mit Schmutz, Schlamm und
Abfällen gefüllt ist. Gestern bemerkte man
nun etwas aus dem Schlamm herausragen,
welches einem menschlichen Bein ähnlich
sah. Bei näherer Untersuchung entdeckte
man, daß sich die Annahme als wahr
herausstellte und zog eine männliche Leiche
aus dem Wasser. Der Todte war schon
stark in Verwesung übergegangen, das Ge
sicht total unkenntlich, von. dem einen Arm
fehlte vie Hand, der Stumpf war mit einem
Gummipflock zugebunden. Eins feinet*
Stiefel lag neben ihm, ein Pfeifenkopf
und eine Schwannndose, verziert mit einem
Hirsch, führte die Leiche bei sich. Zwecks
Recognoscirung ist der Todte in der
Leichenhalle aufgebahrt worden.
Wegen unrechtmäßigen Tragens eines
Ordens (des'eisernen Kreuzes von 1870,71)
ist der langjährige Vorsitzende eines
Altonaer militärischen Vereins aus dem
selben ausgeschlossen.
Neumünster, 25. Jan. Bei Nacht und
Nebel ein lebendes, fettes Schwein zu
stehlen, das ist doch wohl etwas stark und
doch ist dies gestern Abend versucht worden.
Als ein hiesiger Einwohner, im Haart
wohnhaft, von einem Krankenbesuch spät
heim kam, hörte er, daß das Schwein im
Stall schrecklich schrie. Um nach der Ur
sache zu sehen, begab er sich sofort nach
dem Stall und konnte zu seinem nicht ge
ringen Schreck wahrnehmen, wie ein Mann
eifrigst bemüht war, das Schwein aus
dem Stall zu ziehen. Durch die Hülfe
rufe und das Erscheinen des Mannes
wurde der „Schweineliebhaber" stutzig
und ergriff schleunigst die Flucht. Leider
hat man den Dieb in der Dunkelheit nicht
zu erkennen vermocht. (S. C.)
Kiel, 25. Jan. Eine aufsehenerregende
Verhandlung gegen den Redakteur der
sozialistischen „Schlesw.-Holst. Volksztg."
Ströbel fand vor der hies. Strafkammer
statt. Die „Volksztg." hatte nach den
Aussagen von Augenzeugen berichtet, daß
auf dem Panzer „Kaiser Wilhelm" ein
Soldat in der Weise bestraft worden
sei, daß er mit gereckten Armen auf
gehängt wurde, sodaß er nur mit den
Zehen den Boden berührte. Der Komman
dant des Schiffes von Prittwitz kühlte sich
durch diese Schilderung beleidigt; der Staats
anwalt erhob Anklage. Die Anklageschrift
stellte fest, daß das Aufhängen, das eine
Verschärfung der Arreststrafe sei, zulässig
wäre. Es bestehe aber in dem schmerz
losen Befestigen der gereckten Hände, wobei
der Bestrafte mit der ganzen Fußsohle den
Boden berühren könne. Die Marine-Unter
offiziere des Panzerschiffes bekundeten eid
lich, daß der in der „Volksztg." geschil
derte Strafakt nicht vorgekommen sei. Ein
Schiffszimmermann erklärte unter seinem
Eide, er habe während seiner Beschäftigung
auf dem „König Wilhelm" gesehen, daß
ein Mariner an einem Querholz mit ge
reckten Armen derart aufgehängt worden
sei, daß er nur mit den Zehen den Boden
berührte. Ein anderer Zeuge hatte einen
ähnlichen Strafakt beobachtet. Der Kom
mandant, Kapitän z. S. von Prittwitz, der
kommissarisch vernommen worden ist, be
kundete, daß er die reglementsmäßige Strafe
angeordnet, der Ausführung aber nicht bei
gewohnt habe. Die Darstellung der „Volks
zeitung" sei falsch, da der Bestrafte andern
falls den Beschwerdeweg beschritten
hätte. Der Staatsanwalt beantragte einen
Monat Gefängniß. Der Vertheidiger,
Graf Reventlow, betonte, daß das
Beschwerderecht völlig illusorisch
sei und die schändlichen Soldatenmißhand-
lungen nicht einzudämmen vermöge. Es
sei deshalb Recht und Pflicht der Preffe,
diese Lücke auszufüllen und für die Miß
handelten einzutreten. Diese Aeußerungen
führten zu einer heftigen Auseinandersetzung
zwischen dem Staatsanwalt und dem Ver
theidiger. Das Gericht erkannte auf einen
Monat Gefängniß, da der Wahrheitsbeweis
nicht erbracht sei.
Garding, 23. Jan. Der „Bund der
Landwirthe" ließ heute Nachmittag im
Lokale der Frau Nootbaar eine Versamm-
lnng abhalten. Bei der Eröffnung der
selben durch Herrn Kaufmann-Dammkoog
waren ca. 50 Zuhörer anwesend. Herr
Kaufmann hielt einen längeren Vortrag,
der sehr maßvoll und ruhig gehalten
wurde; derselbe schloß mit einem Hoch auf
Se. Majestät den Kaiser. Eine Debatte
fand nach dem Vortrage nicht statt; laut
los ohne jede Kundgebung hatte man die
Ausführungen des Redners gehört; lautlos
entfernten sich die Anwesenden aus dem
Versammlungslokal; auf der ausgelegten
Liste zeichnete sich aber auch kein einziger
als Mitglied ein. Herr Kaufmann hatte
vollkommen Recht, wenn er später sein
Unternehnien hier als „unfruchtbar" be
zeichnete. — Ebensowenig, wie die Sozial
demokraten trotz aller Agitation hier Er
folge bei den Arbeitern erzielen können,
ebensowenig wird der „Bund der Land
Wirthe" bei unserer freien selbstständigen
Bauernschaft auf Erfolg rechnen können.
— Nach Schluß der Versammlung konnte
man auch den Herrn Landrath Fritsche
bemerken, der in der Versammlung nicht
zugegen war. (Fs N.)
Die Bahnhofsrestauration in Lütjcnburg
wurde mit Uebernahme zum 1. März d. I.
für 1400 Mk. Jahrespacht dem Gastwirth
Struck jun. aus Eutin übertragen,
hatten sich um die Stelle nicht weniger
als 40 Personen beworben.
t Owschlag, 26. Jan. Der Gastwlrth
Cl. Sierck in Norby hat in den letzten
Tagen seinen Besitz mit einer kleinen Wiese
an Fritz Hagen für 18 200 Mk. verkauft.
Zum 1. März erfolgt schon der Antritt.
* Kreis Rendsburg, 26. Januar. In
Lütjenwestedt wurde der Lehrer Reuß
aus Esch mit großer Majorität für die
Hauptlehrerstelle daselbst erwählt. — In
Mörel wurde Lehrer Glindemann, bisher
in Nordschleswig angestellt, mit 37 Stim
men gewählt gegen 13, welche auf Lehrer
Freese entfielen.
'■ X Rendsburg, 27. Jan. In Anlaß der
Feier des Geburtstages Sr. Majestät des
Kaisers hat die Stadt reichen Flaggen
schmuck angelegt. Gestern Abend fand der
übliche Zapfenstreich und heute Morgen
Reveille statt. In den Volksschulen wurden
meistens in den einzelnen Klassen ent
sprechende Festakte abgehalten und nur in
der Neuwerker Mädchenschule fand eine ge
meinsame Feier durch Gesang und Dekla-
niationen statt; die Ansprache hielt Herr-
Lehrer Jensen. In der Aula des Gym
nasiums hielt Herr Professor Hunrath
die Festrede mit dem Thema: „Ueber den
Einfluß der Gymnasialbildung auf den
Prinzen Wilhelm (jetzigen Kaiser Wil
helm II.)". In der höheren Töchterschule
wurden Deklamationen in Kostüm sowie
gesangliche Vortrüge gehalten. Die Fest
rede hielt Herr Lehrer Siebel „Ueber
Friedrich den Großen und seine Gemahlin."
In der Neuwerker Kirche wurde Militär
gottesdienst abgehalten, bei welchem Herr
Pastor Dr. Trepte die Festrede hielt.
Die Parade mußte des ungünstigen Wetters
wegen ausfallen, dagegen wurde der übliche
Kanonensalut abgegeben.
X Rendsburg, 27. Jan. In der gestrigen
Sitzung unserer städtischen Collegien wurde zu
nächst das Protokoll über die letzte Cassenrevision
vorgelegt und wurden Einwendungen gegen das
selbe nicht, erhoben.
2. Der Vorsitzende theilte mit, daß die Stadt
rechnung pro 1892/93 abgeschlossen sei und die
Wahl einer Commission zur Revision derselben
vorgenommen werden müsse. Die Commission
wird bestehen aus dem Herrn Senator Paap, den
Herren Stadtverordneten Tams und Wolff und
Kaufleuten E. Glien und H. Jacob.
3. Von der Landcommission befürwortete Vor
nahmen von Aenderungen in den Pachtverhält
nissen und Pachtübertragungen städtischer Parzellen
wurden genehmigt.
4. Zur Vorlage gelangte ein Plan und Kosten
anschlag für die Abtragung eines Theiles des
Hauptwalles, Planirung des Terrains vor dem
Neuthore und Bewilligung der entstehenden Kosten.
Der Vorsitzende hob hervor, daß die Aufstellung
eines Bebauungsplanes für dieses nunmehr in . grf,t a 4,
den Besitz der Stadt übergegangene Terrain früher ® Ï Cttt
von den Collegien beschlossen worden sei. Be
züglich des rechts von der Königstraße belegenen
Terrains seien die Verhandlungen noch nicht zum
Abschlüsse gelangt. Es empfehle sich nicht, schon
jetzt die Straßenlinie definitiv festzulegen, da man
noch nicht wissen könne, in welcher Weise dre
Anlage eines Bahnhofes für die projectirte Bahn
nach Hohenwestedt ausgeführt werde und deshalb
leicht später wieder Aenderungen tn dem m -
bauungsplane vorgenommen werden müßten.
Nach dem jetzt vorliegenden Plan nebst Kosten
anschlag soll zunächst nur der eigentliche Wall
abgetragen werden, die Planirung der sog. Kunter-
schaft aber noch verschoben werden. Da die Erd
bewegung von 25,000 Cbm. aus 50 Pfg. pr. Cbm.
veranschlagt worden ist, würden die erforderlich
werdenden Kosten ca. 13000 Mk. Betragen.
Im Anschlüsse hieran betonte der Vorsitzende,
daß durch die Ausführung dieser Arbeit den
Arbeitern Gelegenheit zum Verdienst gegeben
werde, wenn man hier auch von einer Arbeits
losigkeit wohl eigentlich nicht reden könne. Stark
zugenommen habe indeß die Vagabondage und
jeden Augenblick müßten Transporte von
Gefangenen nach Nortorf, Schleswig oder
Flensburg ausgeführt werden. Er müsse be
dauern, daß die hiesige Vcrpflegungsstation auf
gehoben worden sei.
Nachdem noch Herr Senator Rohwer bemerkt,
hatte, daß noch ca. 10 000 Cbm. Erde abgetragen l
werden müßten konnte ein Wunsch des Herr»
Wolff, auf Festsetzung des Preises für die in
Folge der Abtragung entstehenden Bauplätze
nicht erfüllt werden, weil ein öffentlicher Verkauf
stattfinden muß. Die Vorlage wurde hieraus
einstimmig genehmigt.
6. Die Vorlage der Gaskommission auf
Herstellung besserer Straßenbeleuchtung durch
Anbringung größerer Brenner wurde angenom-
men. und entstehende Kosten bewilligt. Es sollen
zunächst die Hauptstraßen und Plätze mehr Licht
erhalten.
7. Für die Unterhaltung der gewerblichen
Fortbildungsschule des Arbeitervereins hatten
die Kollegien für die Zeit vom 1. Avril 1893
bis dahin 1896 einen um 200 Mk. erhöhten
Zuschuß unter der Bedingung bewilligt, daß der
Staat den Zuschuß entsprechend erhöhe. Statt
dessen ist aber der Staatszuschuß um 202 M
ermäßigt worden, weil die betreffenden Fond-
erschöpft waren. Die Kollegien beschlossen ,die
bewilligten 700 Mk. trotzdem fortzuzahlen.
8. Von dem Vorsteher der Dohrn'schen Schule,
Herrn Kühl, lag ein vom Herrn Hauptpastor
Hess und dem Kuratorium der Schule unter
stützter Antrag auf Einrichtung einer neuen
Klasse und Anstellung eines neuen Lehrers mit
einem Anfangsgehalt von 1200 Mk. vor. Für
die zu bildende neue Klasse wird gleichzeitig die
Hebung eines Schulgeldes von 48 Mk. in
Vorschlag gebracht. In der Begründung des
Antrages hob der Vorsitzende hervor, daß es sich
nur um eine vorläufige Aushülfe handle, da die
zur Verfügung steherden Räume die Schüler
absolut nicht fassen könnten. Im Uebrigen könne
man noch nicht wissen, wie die Regierung
in Zukunft über dicseSchulcentschcidcN
werde. Für später würde sich eine Herabsetzung
des Schulgeloes event, empfehlen. Herr Mohr
bemerkt, daß man durch die Herabsetzung des
Schulgeldes die Volksschulen zu reinen Armen-
schulen stempeln werde und auch Herr Pfahle!
hält die Herabsetzung des Schulgeldes für
außerordentlich bedenklich. Die provisorische
Einrichtung der neuen Klasse und die Anstellung
eines 4. Lehrers wird genehmigt.
9. Die Auszahlung einer nach Abschluß des
Rechnungsjahres eingegangenen Rechnung wird
genehmigt.
10. Der Herr Vorsitzende macht Mittheilung
über einen Prozeß zwischen zwei hiesigen Ein-
wohnern wegen Fischereiangelegenheiten. Dir
Stadt ist an der Sache insofern betheiligt, als
eine irrthümliche Ansicht über die Grenzlinir
zwischen dem fiskalischen und dem städtischen ©e’ 1
wässer bestanden hat. Es wurde daher beschlösse»/
in den Prozeß, der in der Berufungsinstanz liegt
und arts dem hiesigen Amtsgerichte zu Ungunste»
des städtischen Pächters entschieden ist, mit ein
zutreten.
11. Ein Antrag des katholischen Pfarrers Stock-
hofs, den für 1893 aus der Stadtkasse gezahlte»
Zuschuß zur Unterhaltung der katholischen Schutz
im Betrag von 300 JU auch für 1894 und ferner!
Jahre zu leisten, wurde mit der Modifikativ»
angenommen, den Zuschuß zunächst nur für 1891
zu bewilligen.
12. Der Vorsitzende theilt den Kollegien ei»
Schreiben der Garnison-Verwaltung, betreffend
eine Einladung zur Theilnahme an der in Anlas
des Geburtstages Sr. Maj. des Kaisers statt-
findenden Parade, mit, so wie eine gleiche Ein-
ladung von Herrn Direktor Dr. Wallichs zw
Theilnahme an dem im Gpmnasium stattfindende»
Festakt.
13. Ein Antrag des im vorigen Jahre an des
höheren Mädchenschule angestellten Herrn Lehrers
Siebel, um Anrechnung von auswärtigen Dienst
jähren und Erhöhung seines Gehaltes, wurde i»
geheimer Sitzung berathen.
X. Rendsburg, 27. Jan. Am Dienstag
den 30. d. Mts. bringt uns Herr Direktor
Peters wieder einen neuen Gast, und zwar
Herrn Ludwig Max, das langjährige Mit
glied der Thalia-Bühne in Hamburg, wo
er durch seine Darstellungskunst und Erre-
gung der Lachmuskeln die Herzen der Zu
hörer im Fluge gewonnen hat, so daß ma»
ihn woht als den beliebtesten Schauspieler
von Hamburg bezeichnen kann; den Ren
dant „Lemke" in „Der Bureaukrat," welche
Rolle er zu seinen allerbesten zählt und
dabei die Lachmuskeln in steter Thätigkeit
hält, wird uns Herr Max zum Beste»
geben. Hoffen wir, daß der Kassenerfolg
hinter des dem Resemann'schen Gastspiels
nicht zurückbleibt.
X Rendsburg, 27. Jan. Wie wir er'
ahren, wird unsere Stadt demnächst uw
Ine Fabrikanlage reicher werden, da i»
er früheren Lohgerberei des Hrn. Brandt
kine Pappefabrik eingerichtet werden soll-
X Rendsburg, 27. Jan. In der Kron
prinzenstraße entstand gestern Abend kurz
nach 7 Uhr ein gewaltiger Menschenauflauf-
Derselbe wurde veranlaßt durch eine arge
Schlägerei, die sich zwischen mehreren Ar
beitern entspann. ^ beider spielte das Messer
hierbei wieder eine bedeutende Rolle n»d
soll ein Arbeiter recht arge Verletzungen
davon getragen haben.
X Rendsburg, 27. Jan. Der heutige
Wochenmarkt war von Landleuten nur
schwach gesucht. Für Ferkel wurden die
üblichen Preise von 10—15 JL bezahlt
geringer. Kartoffeln
wurden mit 4 Ji die Tonne bezahlt. Weiße
und graue waren schon für 3—3,50 Jk
zu haben. Butter kostete 1,15—1,20 J
das Pfd., Eier pr. Stieg 1,60 M Hühner
waren knapp und kosteten pr. Stück 1,50
bis 1,80 Jf, Enten 3—4 Jt Geräucherte
Waaren waren reichlich am Markt. Spesļ
wurde mit 80—90 Pfg., Mettwurst mit
80 Pfg. bis 1 bezahlt. Torf kostete
wie immer 4—5 Ji pr. 1000 Soden.
von A
Getreidebericht.
Hamburg, den 25. Januar.
Preise pr. 1000 Kg.
Weizen,ruhig, 128—I33psd. Holstein. 138-144-^
128—133pfd. Mecklenb. 138-144 „
La Plata 113—117 t
Roggen, ruh., 123—128pfd. Holstein. 128—132 „
123-128pfd. Mecklenb. 130-135 „
117—125psd. Türkisch. 87- 95
Gerste, fest. Holsteinische u. Meckl. 135—150 n
Ungarische u. Mährische 160—204 »
Rumänische u. Bulgar. 84-110,-
Lafer,behaupt.Elber u. West-Lolsteiner 160—166
Ost-Holst. u. Mecklenb. 162-175 „
Böhmischer
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