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Erscheint tägtich.
Weņdsburģer M Wochenblatt
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->> 87ster Jahrgangs
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W0. 18.
Wontcrg, den 22. gcwuar.
1894.
Morgen-Depeschen.
Stendal, 22. Jan. Ein von der
Hochzeitsfeier heimfahrendes junges Ehe>
paar wurde heute früh 4 1 / 2 von dem von
Hamburg kommenden Personenzuge dicht
bei Stendal überfahren. Die Pferde wtw
den von der Maschine vollständig zerfleischt,
der Wagen die Böschung himmtergeschlew
dert. Diesem Umstande ist es zu danken,
daß das Ehepaar eben mit dem Leben
davonkam.
Hamburg, 22. Jan. Albertus Freiherr
v. Ohlendorfs ist gestern Abend auf
seinem Gute Gresse in Mecklenburg im
Alter von 60 Jahren gestorben. Der
Verstorbene war früher Mitinhaber der
bekannten Hamburger Guano-Etablissements,
welche im Jahre 1883 unter der Firma
Anglo - Continentale Guanowerke in eine
Aktiengesellschaft umgewandelt worden sind.
Der Verwaltung des Unternehmens hat
Ohlendorff bis zu seinem Tode als Präsi
dent des Aufsichtsraths angehört. Ohl en
dorff, welcher vor einer Reihe von Jahren
den Titel eines preußischen Freiherrn er
halten hatte, war auch der Haupteigen
thümer der Norddeutschen Allgemeinen
Zeitung.
Hamburg, 22. Jan. Das Segelschiff
„Zephir" des Norddeutschen Lloyd, das
an: 25. Okt. von Danzig nach dem Tyne
abgegangen und noch nicht eingangen ist,
wird als verschollen bezeichnet. Ein No
vembersturm hat muthmaßlich das Schiff
und seine Bemannung vernichtet.
London, 22. Jan. Nachrichten aus
China besagen, daß in der Umgebung
von Hongkong ein Erdbeben stattgefunden
habe. Durch dasselbe sollen mehrere Dörfer
zerstört und über 200 Menschen getödtet
worden sein.
Belgrad, 22. Jan. Die Situation ist
außerordentlich ernst. Das Kabinet Gruic
hat jede Fühlung mit dem Hofe verloren.
An letzterem herrscht eine entschieden anti
radikale Stinimung. Die Radikalen setzen
ihre ganze Hoffnung auf Paste, welcher
versuchen soll, nochmals die Differenzen
zwischen den Radikalen und dem Könige
zu beseitigen, wofür jedoch wenig Aussicht
vorhanden ist.
Brüssel, 22. Jan. In der sozialistischen
Arbeiterpartei Belgiens ist eine Spaltung
entstanden, welche nicht wieder zu beseitigen
sein dürste. Eine neue Partei ist bereits
in Bildung begriffen. Die Gründer der
selben haben an die hervorragenden Führer
der Sozialisten im Auslande Schreiben ge
richtet, in denen sie ihr Vorgehen zu recht
fertigen suchen.
Rom, 22. Jan. Die sizilianischen Ge
fängnisse sind so überfüllt, daß die Genossen
der Arbeiterverbände ohne jede nähere Un
tersuchung zu Hunderten eingesperrt werden.
300 Verhaftete wurden gestern von Par
tinico nach Girgenti transportirt. Die bis
jetzt in Haft befindlichen 15 Obmänner der
Arbeiterbünde werden einer Verschwörung
gegen den Staat beschuldigt. —- Die Zahl
der Verhafteten in Massa-Carrar beträgt
350 Personen.
Rom, 20. Jan. Infolge verschiedener,
hier cursirender, angeblich aber erfundener
Gerüchte wird auf der Sparkasse seitens
des Publikums in stürmischer Weise die
Zurückzahlung der Einlagen verlangt; alle
Beruhigungsversuche haben sich als nutzlos
erwiesen. Der römische Gemeinderath hielt
infolgedessen eine außerordentliche Sitzung
ab, in der Herzog Cetoni die Nothwendig
keit betonte, daß man der Regierung be
hufs Verhängung des Belagerungszustandes
nahe treten müsse, um die Machinationen
der Baissiers zu zerstören.
Teutscher Reichstag.
31. Sitzung.
Berlin, 20. Jan.
Eingegangen ist eine Interpellation des Abg
Auer (Soz.) beir. den Nothstand und die
Arbeitslosigkeit.
Darauf wird die erste Berathung des Wein
st e uer g es e tz entw urf es fortgesetzt.
Abg. Payer (südd. Volkspartei) fragt, wie
denn der Herr Direktor Aschenborn nachweisen
wolle, daß 86750 Winzer unter das Gesetz fielen
und 176000 Winzer nur für den Hausgebrauch
produziren? Die letztere Ziffer könne nur auf
Verwechslung beruhen. Herr Aschenborn scheine
die Obst- und Beerenwein-Fabrikanten mitgerech
net zu haben. Aber selbst wenn nur jene 86750
Winzer von dem Gesetz betroffen würden, so
würde damit eine Opposition schon gerechtfertigt
ein. Sachverständige Steuertechniker könnten
allein ein brauchbares Gesetz nicht herstellen; da
zu gehörten doch noch andere Dinge. Er halte
es für angebracht, die Vorlage nicht erst in der
Koinmission, sondern sofort im Plenum zur Hin
richtung zu bringen. Denn was würde bei der
Kommissionsberathung herauskommen? Sollte
sie sich nur mit der Schaumweinsteuer beschäftigen?
Der Herr Staatssekretär habe ein solches Gesetz
für ungerecht erklärt. Und was eine Steuer auf
Kunstwein betreffe, so sei die Produktion hierin
doch nicht so bedeutend, daß man ihre Besteue
rung nicht den Einzelstaaten überlassen könnte.
Daß diese Steuer auf Naturweine gefallen sei,
darüber herrschten keine Zweifel mehr. Die
Werthgrenze für die Besteuerung von „Qualitüts-
weinen" fange ja schon mit 51 Mk. an. Die Be
völkerung Süddeutschlands werde sich freuen, zu
erfahren, daß sie bisher nur „Oualitätsweine"
getrunken habe. (Heiterkeit.) Die Ueberwälzung
der Steuer auf den Winzer werde garnicht zu
unigehen sein, wenn man den Wein nicht erst
dann besteuern wolle, wenn man das Glas an
den Mund setze. Wenn viel getrunken werde,
könne man ja Rabatt gewähren (Heiterkeit) oder
auch Abonnements (Heiterkeit.) Vielleicht auch
wäre eine Reichs-Stempel-Steuer auf Wein an
gebracht, wobei die Flasche, das Glas oder der
Trinker selbst zu stempeln seien (Heiterkeit). Viel
leicht greife nian auch zum Markenkleben, wobei
der Trinker, wenn er eine Flasche getrunken, eine
Marke einzukleben habe. Er hätte dann noch
den Vortheil, am Ende eines Jahres eine Liste
seiner Thaten zu überschauen. (Große Heiterkeit.)
Alle Großhändler würden unfehlbar sich in Klein
händler verwandeln, wenn der Entwurf Gesetz
werden sollte, und nur diejenigen, die ein so
großes Lager hätten, daß sie unmöglich die ganze
Steuer auf einmal bezahlen können, würden
ferner Großhändler bleiben. So würde die Auf
saugung des Kleinbetriebs durch den Großbetrieb
die Folge dieses Gesetzes sein und dadurch eine
Ueberwälzung der Steuer, wenn nicht ganz, so
doch zum Theil auf den Produzenten bewirkt
werden. Wer den Winzer kenne, wisse, daß er
meist nur ganz kurze Zeit sein Produkt halten
könne. Deshalb sei er jedem Preisdruck ausge
setzt. Man übersehe bei den Regierungen, wie
wirthschaftlich schwach der Winzer sei. Es gebe
keinen lnndwirthschaftllichen Betrieb, der so ver
schuldet sei als der Weinbau — ihm stehe in der
Verschuldung nur der norddeutsche Großgrund
besitz gleich. Kein landwirthschnfticher Betrieb
habe ja auch so viel mit Feinden in der Natur
zu kämpfen wie der Weinbau. Welchen Eindruck
müsse es niachen, wenn die Landesregierungen
den Winzern Steuernachläffe gewährten und die
Reichsregierung ihnen dann wieder mit starker
Hand den letzten Rock auszöge! Das Argument,
in Württemberg sei man nur der Steuer zu-
rieden, sei nicht wahr, denn dort werde die
Steuer stark angegriffen. Ebenso falsch sei es,
daß Württemberg, das die höchsten Steuern habe,
auch die höchsten Preise erziele. Setze man die
Grenze aus 50 Mk. fest, so würden die deutschen
Winzer Weine unter diesem Preise produziren.
Bisher sei das Bestreben dahin gegangen, die
Weine zu veredeln, und man könne eine Be
steuerung nicht rationell nennen, die eine solche
Veredelung verhindere. Die kleinen Produzenten
müßten durch ein etwaiges Weingesetz recht hart
betroffen werden, weil sie meistens auch Brannt
weinbrenner seien. Im Jahre 1870 sei man bei
Begründung der Reichsverfassung übereingekom
men, daß gerade für diesen Fall "ausdrücklich von
norddeutscher Seite eine Garantie dahin gegeben
werde, das Reich werde nie eine Reichsweinsteuer
erheben. Man hätte doch auf die Einbringung
der Vorlage verzichten sollen, nachdem die süd
deutschen Staaten, mit Ausnahme von Bayern,
sich dagegen erklärt hätten. Er sei überzeugt,
daß es dem Vaterlands- und Einheitsgefühl des
deutschen Volkes gelingen werde, über alle diese
Dinge wegzukommen, nur solle man es den Süd
deutschen nicht zu schwer machen. Redner müsse
es für über die Maaßen kurzsichtig halten, daß
die verbündeten Regierungen den Unzufriedenen
im Reiche einen Stoff von solcher Schwere in
die Hand geben.
Württembergischer Ministerpräsident v. Mitt-
nacht: Im Jahre 1870 seien von den württem-
bergischen und norddeutschen Bevollmächtigten Er
klärungen über eine etwaige zukünftige Besteue
rung des Weines von Bundeswegen erfolgt. Einer
der damaligen württcmbergischen Bevollmächtigten
habe infolge einer Anregung des damaligen würt-
tembergischen Finanzminister im November 1870
Folgendes erklärt: Sowohl für den Staatshaus
halt Württembergs, als für das Interesse seiner
Bevölkerung würde es von empfindlichem Nach
theil sein, wenn der Bund in der Anwendung
des Artikels 4, Ziffer 2 die Aufhebung eines in
Württemberg seit Jahrhunderten bestehenden Zu
standes unternehmen würde, um inländischen Wein
von Bundeswegen zu besteuern. Der Württem
bergische Bevollmächtigte sei deshalb angewiesen
worden, zu beantragen, daß entweder der Wein
von den durch den Bund zu besteuernden Gegen
ständen ausgenommen, oder seine Besteuerung
von der Zustimmung Württembergs abhängig ge
macht werde. Die norddeutschen Bundesbevoll-
mächtigten hätten darauf erklärt, sie seien nicht
in der Lage, darauf einzugehen, aber die Eigenart
des Weins biete ihrer Ansicht nach eine Gewähr,
daß der Bund in Bezug auf ihn von seinem
Rechte keinen Gebrauch machen werde. Es habe
sich nach den Erfahrungen in Norddeutschland
herausgestellt, daß eine auf den Wein gelegte
Steuer namentlich in Bezug auf das finanzielle
Resultat nur da erfolgreich sein werde, wo die
ganze Bevölkerung Wein trinke. Diese Erklärun
gen seien vom württembergischen Bevollmächtigten
als beruhigend angesehen worden. Der Nord
deutsche Bundesrath habe dann später die Erklä
rungen seines Kommissars bestätigt. Ein Son
derrecht habe Württemberg nicht verlangt. Jetzt
nach 23 Jahren könne diesen Erklärungen keine
Bedeutung mehr beigelegt werden, trotzdem hielte
die württembergische Regierung an ihren Bedenken
gegen die Weinsteuer fest und habe im Interesse
der Abwendung einer Schädigung von den Wein
bauern im Bundesrath gegen die Weinsteuer ge.
stimmt. Gegen die Schaum- und Kunstweinsteuer
habe sie nichts einzuwenden.
Abg. Roeren (Centr.) empfiehlt der Regie
rung, die Vorlage zurückzuziehen. Es sei un
gerecht, den Winzern eine von Allen zu tragende
Last allein aufzulegen.
Abg. v. Kardorsf (Reichsp.) beantragt mit
Rücksicht auf die überraschende Erklärung des
württembergischen Ministerpräsidenten, die eine
traurige Perspektive auf die Zustände innerhalb
der verbündetenRegierungen und im Vaterlande
eröffneten, die Vertagung der Berathung, da alle
Parteien dazu Stellung nehmen müßten. (Bewe
gung im Hause.)
Abg. Rrckert (freist Ver.) schließt sich dern An
trage an, da aus den Erklärungen nes Ministers
Mittnacht hervorgehe, daß die verbündeten Re
gierungen Württemberg ihr Versprechen nicht ge
halten hätten. Redner giebt der Regierung bei
der Aussichtslosigkeit der Vorlage anheim, sie zu
rückzuziehen.
Ministerpräsident Frhr! v. Mittnacht betont,
er habe gerade das Gegentheil von dem gesagt,
was der Vorredner annehme.
Abg. Gröber (Centr.) widerspricht den: An
trage, da es sehr häufig vorkomme, daß eine Re
gierung im Bundesrath überstimmt werde.
Abg. H ammach er (ntlb.) unterstützt den Ver
tagungsantrag. um dem Reichskanzler Gelegenheit
zu geben, sich auszusprechen.
Abg. Richter (freist Vp.) meint, wenn die Re
gierung die Vertagung nicht wünsche, habe das
Haus keine Veranlassung, sich im Interesse des
Bundesraths einzumischen. Der württembergische
Ministerpräsident habe nur von seinem verfassungs
mäßigen Rechte Gebrauch gemacht.
Abg. v. Kardorsf (Reichsp.): Nicht ich, son
dern der Abg. Richter war es, der die Regierung
aufgefordert hat, den Gesetzentwurf zurückzuziehen.
Es ist charakteristisch, daß Centrum, Sozialdemo
kratie und Freisinn solche partikularistische Bestre
bungen begrüßen. (Lachen links.) In Abwesen
heit des Reichskanzlers sollte nicht weiter ver
handelt werden. (Lachen.)
Abg. Richter: Die schärfste Fronde gegen die
Reichsregierung geht doch gegenwärtig nicht von
dieser Seite, sondern von der ves Herrn v. Kar-
dorfs aus und zwar nicht in Vertretung des
allgemeinen Interesses, sondern eines
vermeintlichen Sonderinteresses (sehr
richtig! links). Wenn übrigens Herr v. Kardorsf
mit mir den Wunsch theilt, daß der Entwurf zu
rückgezogen wird, so wird vielleicht dieser Wunsch
seinen Eindruck bei der Regierung nicht verfehlen.
(Heiterkeit.) Es bedarf aber dazu keiner Verta
gung. Wir sind gern bereit, den Entschluß der
Zurückziehung auch brieflich oder als Drucksache
entgegenzunehmen (Heiterkeit.) Fürst Bismarck,
eine größere Autorität für den Abg. v. Kardorsf
als ich, hat unlängst einem Interviewer in be
glaubigter Weise ausgesprochen, zu bedauern wäre
es, daß Mitglieder des Bundesraths ihren Stand
punkt nicht frank und frei aussprächen. Nun es
geschehen, ist es den Jüngern des Fürsten Bis
marck auch nicht recht. (Große Heiterkeit.)
Abg. Dr. Lieber (Centr.): Ich wundere mich,
daß Herr o. Kardorsf erst heute dahinter kommt,
daß d»e Centrumspartci sich auf dem Boden der
Reichsverfassung bewegt und eine förderälistische
Partei ist. Wir würden den Rahmen "unserer
Partei verlassen, wenn wir uns auf den Boden
des Herrn v. Kardorsf stellten. Mag Abg. von
Kardorsf doch nicht päpstlicher sein als der Papst.
Wenn Staatssekretär v. Posndowsky selbst- keine
Vertagung für nöthig gefunden hat, so mag. sich
auch Herr v. Kardorsf dabei beruhigen.
Abg. Singer (Soz.) widerspricht der Verta
gung, da es ja kein Geheimniß gewesen sei, daß
Württemberg ein Gegner der Weinsteuer sei.
Staatssekretär Graf Posadowsky erwidert
deni Abg. Richter, die Reichsregierung habe keinen
Anlaß, einen Vertagungsantrag zu stellen. Die
württembergische Regierung sei von Anfang an
durchaus loyal verfahren und habe keinen Zweifel
gelassen, daß sie Gegnerin der Vorlage sei. Sie
habe dabei nur von ihrem verfassungsmäßigen
Rechte Gebrauch gemacht. Einstimmigkeit könne
doch nicht bei allen Beschlüssen des BundeSrathS
herrschen.
Ausland.
Außereuropäische Gebiete.
Die Verhandlungen mit der Firma
Krupp-Essen wegen Erwerbs des zur
Weltausstellung nach Chicago gesandten
Riesengefchützes als Nationaleigenthum
Nordamerikas sind resultatlos verlaufen.
Das Riesengeschütz wird mit einem Ham
burger Dampfer zurückbesördert.
Magelone.
Roman von B. von der Lancken.
Einen Moment zögerte sie, näher zu treten,
ein Gefühl dankbarer Kindespflicht und heiß
verlangender Lebensgenuß kämpften in ihr.
Konnte sie wirklich mit leichtem Herzen fröhlich
lein in einem Kreis fremder Menschen, während
derjenige, den sie wie ein Vater liebte, der
von ihrer Kindheit an so treu die Stelle
mws solchen bei ihr vertreten hatte, unter
Schmerzen vielleicht langsam seinem Tode
entgegen,.echte? Aber wie lange konnte das
noch dauern — Monde — Jabre — und
während all' der snlo» c ,r
■ , 9- \ * oUte sie nur entsagen,
setzt ans Rücksicht für den Kranken und Väter
als Rolfs Gatten und aus Rücksicht auf die
«„şit*! Mn sie
l ,e hatte ein Recht auf die Freuden des
Lebens, ebenso gut wie Andere.
Rasch entschlossen trat sie näher.
Der Kranke schlug die Augen auf.
, „Mein Liebling," sagte er matt und streckte
chv die abgemagerte Hand entgegen.
»Onkel Karl Friedrich,' flüsterte sic, sich
hbcr ihn beugend, „sie" — die Namen wollten
shv nicht über die Lippen ■— „bitten so sehr,
'"I soll mitfahren, morgen soll getanzt werden
M übcrworgen komme ich wieder. Darf
--Macht es Dir Freude, Kleinstes?"
»Eigentlich ja, Onkel. Aber wird Rolf
Zcht zanken?" Karl Friedrich schwieg einen
Augenblick.
» ''^>ch glaube nicht; Du kannst jetzt nicht
,'chv an ihn schreiben. Thue cs in "Berlin,
steht er's nicht gerne, daß Du Dich an
'U Tanzfest bcthciligst, nun so bietet meine
Krankheit immer einen Vorwand, Dich schon
morgen im Laufe des Tages zurück zu rufen."
„Aber Du, Onkel Karl Friedrich? wer
wird Dir vorlesen und Schach mit Dir
spielen?"
„Um mich sorge Dich nicht, mein Kind
Wer ein so langes, aussichtsloses Kranken
lager hat, darf seine Pfleger nicht überbürden.
Ich werde schon fertig werden, bringst ja
dann manch' Neues mit zum Plaudern. —
Da liegt meine Börse, Lona, nimm Dir
noch 10 Mark — so und nun laus! Sage
auch Deiner schönen Gräfin, ich ließe ihr die
Hand küssen, dem Prinzen sprich mein Be
dauern aus, daß ich ihn nicht persönlich be
grüßen kann."
„Du bestes Onkelchen."
Sie schlang ihre Arme um seinen Hals
und lehnte ihren Kopf an seine Wange.
„Mein süßes kleines Töchterchcn, leb'
wohl."
In der Thüre wandte sie sich noch einmal
un. und nickte ihm zu.
Rose Marie jubelte, als Lona mit Onkel
Sascha in den Schlitten stieg. Wie die
Windsbraut sauste das leichte elegante Gefährt
lC Chaussee von Steglitz nach Berlin entlang;
. lsiĶn Himmel strahlte die Wintersonne
aus die schneebedeckte Landschaft, das harmonisch
a 'ge, umnte Geläut der Schlittenglocken tönte
durch die stille, scharfe Luft, Schaumflocken
flogen von den Gebisse» der prachtvollen
reichgesch.rrten Rappen, weich und wärmend
chmiegte şifl) bte kostbare Decke von Blaufuchs
um Magclonen s Gestalt.
Der Prinz erzähle von einem Schlittenfest,
das er vor einem Jahr am Petersburger Hofe
mitgemacht hatte.
„Das wäre etwas für Sie, Fräulein
Dyrfurt," rief er; „möchten Sie dergleichen
nicht kennen lernen?"
„Und wenn ich's möchte, Durchlaucht, was
würden mich solche unerfüllbaren Wünsche
nützen?"
„Unerfüllbar?"
Erzeugte sich etwas zu ihr und dämpfte
seine Stimme.
„Wer jung und schön ist," flüsterte er,
„dein gehört die Welt, gnädiges Fräulein."
Magelone crröthete; ein herber Zug legte
sich um ihren Mund und sic machte eine
fast verächtlich abwehrende Bewegung mit
dem Kopf. Der Prinz hatte so seine eigenen
Gedanken; das Mädchen intcressirte ihn sehr.
Am Abend waren keine Gäste im Palais
Bartuch, selbst Fran von Gicsbrecht fehlte
beim Thee, mit dessen Bereitung Magelone
beschäftigt war.
Sascha Edelsberg saß dicht neben ihr und
sah zu, wie ihre kleinen weißen Hände alles
so zierlich und geschickt anfaßten. Xenia war
im Musikzimmer, die Thüren standen ans,
sie probirte mit heller Stimme einige neue
Lieder.
„Gnädiges Fräulein," sagte der Prin,
plötzlich, „reiten Sie?"
„So etwas. Als wir auf dem Gute
waren, habe ich's in den zwei letzten Som
mern manchmal gethan."
„Möchten Sic es nicht einmal wieder
versuchen?"
»O ja."
So wollen wir morgen Vormittag mit
Xenia im Thiergarten spazieren reite». Ich
habe ein lammfrommes Damenpferd, einen
allerliebsten milchweißen Araber."
Lona's Augen leuchteten vor Vergnügen,
aber die verschiedensten Gedanken kreuzten sich
abzu-
in ihrem Kopf; — blitzschnell erwog sie die
„Für" unb „Wider" des Vorschlages.
„Durchlaucht sind sehr gütig; indessen ich
glaube — ich fürchte — ich möchte cs doch
lieber nichl thun."
„Mein Gott, warum denn nicht? Fühlen
Sie sich nicht sicher? Gut, so reiten Sie
erst mal in der Bahn."
Er stand auf, ohne ihre Antwort
warten, und trat in die Thür des Musikzim-
merS.
„Xenia!"
Die Gräfin wandte sich halb zu ihm um.
„Xenia, Fräulein Dyrfurt reitet; sic möch
te die schöne Kunst morgen einmal bei mir
in der Bahn ausüben, wann paßt cs Dir?
„Sie reitet?" rief Gräfin Bartuch, „wie
charmant und das erfährt man so gelegent
lich. Ich bin morgen den ganzen Vor
mittag frei; wir werden also um 12 Uhr
dort sein."
„Aber, theuerste Frau Gräfin," rief Lona
dazwischen, „ich habe ja kein Reitkleid."
„DaS schadet nicht; ich habe vier — eins
davon macht Marie Ferner für Sic passend,"
gab Xenia lachend zurück. Marie Ferner
war ihre langjährige gut geschulte Kammer
frau. „Kommen Sie, wir wollen gleich
Anprobe halten; es ist noch nicht so spät
und sie ist so geschickt. Süperbe, daß Sic
reiten, Elfchen, süperbe."
Mit diesen Worten sprang sie auf, legte
den Arm um Lona's Schulter und wollte
die nur sanft Widerstrebende fortziehen.
„Halt, meine Damen," rief Prinz Alepan-
ihnen den Weg vertretend, „muß ich
mich nun schon eine Stunde ohne Ihre
liebenswürdige Gesellschaft zufrieden geben,
so lassen Sie doch wenigstens mein armes
„Ich" nicht verhungern und verdursten.
Eine Tasse Thee, gnädiges Fräulein ■—- bitte
schön."
Er faltete mit komischer Geberde die Hände
und hob sie gegen Magelone auf.
„Erhören Sic dies kindliche Flehen,
Magelone", lachte Gräfin Bartuch; das
junge Mädchen trat an den Samovar,
füllte eine der großen, runden Tassen mit.
dem duftenden Pecco und reichte Sie dem
Prinzen; dann gingen sic und ließen ihn
mit seinem Thee und einem zierlichen Butter-
brod auf dem Teller allein.
In der Garderobe der Gräfin fand sich
ein tiefgrünes Tnchkleid, noch aus Gräfin
Xenia's Mädchentagen, und die Französin
versprach, mit Hülfe ihres geschickten Mh-
mädchens bis zum nächsten Tage Mittags
12 Uhr cm „Kostüm" für „Mademoiselle
Dyrfurt" 31t fertigen, tout comme il saut."
(Fortsetzung folgt.)
Sans ott, der berühmte Kardinal,
hatte während einer Reise im Gasthofe zu
Lyon Langeweile. „Ist kein Fremder hier,
welcher mit mir spielen kann?" fragte er.
— Man sagte ihm, eben sei der berühmte
Dichter Boileau eingetroffen. Janson ließ
chn höflich einladen und Boileau erschien.
Während der Mahlzeit sagte der Kardinal:
„Aber pfui, Boileau, Sie haben einen
albernen Nanien! Lieber wollte ich doch
Hoi viii (trink Wein) als Hoi leau (trink
Wasser) heißen." — „Wie war doch Ihr
Name?" fragte Boileau. — „Janson." —
»Ist es möglich!" rief der Dichter heftig;
-lean son (Hans Kleie!) Da heiße ich doch
Ivahrhaftig lieber (lean taring (Hans Mehl!)"