Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

Berlin, 30. Dez. Zu den deutsch 
russischen Verhandlungen über den 
Handelsvertrag hält die „Freist Ztg." 
ihre Nachricht aufrecht, daß auch zwischen 
Weihnachten und Neujahr die Vcrhand 
lungen fortgesetzt sind. Es heißt, die 
Nachricht der „Times", daß Deutschland 
den Konventionaltarif nur in Bezug auf 
Roggen und Hafer, nicht auch in Bezug 
auf die anderen Cerealien zugestanden habe, 
sei unrichtig. Die deutschen Konzessionen 
bezögen sich auf alle Getreidearten, genau 
dem österreichisch - deutschen Vertrag ent 
sprechend. Dagegen sei die Nachricht rich 
tig, daß Rußland bereit sei, seinen Zoll 
tarif für deutsches Eisen Zinn, Maschinen 
und landwirthschaftliche Geräthe um 10 
bis 20 pCt. herabzusetzen. Falls Deutsch 
land bereit sei, schon vor Jnkraftreten des 
Handelsvertrages seit dem 1. August ein 
geführten Zollzufchläge abzuheben, so sei 
Aussicht vorhanden, daß Rußland nicht 
blos den status quo ante vom 1. August 
Herstellen, sondern auch weitere Konzessionen 
im Rahmen des neuen Vertrages in Kraft 
treten lassen werde. 
—IDein Landtag soll bereits in der 
bevorstehenden Tagung auch eine Vorlage 
über dieEingemeindungderVororte 
in die Stadt Berlin zugehen. 
— Gestern ist der sozialdemokratische 
„Katechismus für das arbeitende Volk" 
von Ludwig Knorr beschlagnahmt worden. 
Ueber das aus der erhabenen Bismarck- 
zeit stammende Preßwesen (richtiger 
Preßunwesen) veröffentlicht der Frankfurter 
„Generalanz." eine Denkschrift. Darin 
wird ein wahres Jammerbild entrollt über 
den Zustand der konservativen Presse 
und dieselbe in den Provinzen als völlig 
abhängig von der Regierung und den 
Landräthen geschildert. So heißt es in der 
Denkschrift: „Die Einnahmen der Verleger 
konservativer Blätter fließen nur zum kleinen 
Theil aus der Zeitung selber. Der weitaus 
größere Theil der Jahreseinnahmen geht 
ihnen aus den großen laufenden und brillant 
bezahlten Druckauftr ägen zu, die sie 
seitens der Regierung deshalb em 
pfangen, weil sie ein regierungsfreundliches 
Blatt herausgeben. Also die konservative 
Zeitung ist für den Verleger in der Haupt 
sache das Mittel, um die oft recht einträg 
lichen Druckausträge und Accidenzarbeiten 
der Regierungsbehörden zu erhalten und zu 
behalten. Es ist für solche Verleger daher 
nicht halsbrechend, wenn die Zeitung weniger 
Abonnenten behält als die unabhängigen 
Blätter; denn ihre konservative Zeitung 
braucht nicht .gerade aus eigener Kraft zu 
bestehen. Sie wird ja durch die umfang 
reichen amtlichen Druckaufträge, Accidenz 
arbeiten und Zuwendungen, im Grunde ge 
nommen, von der Regierung erhalten." 
Dieses Thema wird noch weiter ausgeführt 
und es heißt u. a.: „Es leuchtet ein, daß 
infolge der geschäftlichen Spekulation die 
Verpflichtung zur Regierungs 
freundlichkeit die konservative Provin 
zialpresse, die dazu berufen sein sollte, den 
konservativen Grundsätzen gemäß voll die 
Interessen des Bundes der Landwirthe zu 
vetreten, in den Zeiten einer den Agrar 
interessen nicht günstigen Regierungspolitik 
zu einer ziemlich fragwürdigen Stütze für 
die Landwirthe und deren Bund macht, der 
eben seine eigenen Lebensinteressen ohne 
Rücksicht auf die Regierung zu verfechten 
hat." 
— Trotz äußerer Erfolge der Regierung 
ist der Gehorsam gegen die Regierung in 
Deutschland rapide im Abnehmen begriffen. 
Gerade die konservativen Parteien machen 
jetzt gewaltige Anstrengungen, den 
Reichskanzler zu majorisiren und aus dem 
Amte zu verdrängen. Freilich gilt dieser 
Kamps nur vermeintlichen Sonderinteresscn 
des Großgrundbesitzes. Das Staatsinter 
esse dagegen, welches die Fortführung der 
Handelsvertragspolitik gebietet, drängt alle 
umsichtigen Politiker auf die Seite des 
Reichskanzlers. Das Junkerthum aber 
Mördergrube und aus dem Verlangen meiner 
Kehle kein Geheimniß." 
Sie standen am Kredenztisch und schlürften 
den perlenden Schaumwein. 
„Uebrigms, Bculwitz, Sie sind doch eine 
perfide Seele", hob Minkart wieder an, 
„wissen, wie ich in der Tinte sitze und sagen 
mir nichts von der reizenden, reichvcrgoldeten 
Nichte des Hauses. Bin doch deshalb der 
Einladung nur gefolgt, weil ich hoffte — 
Der Angeredete blickte überrascht auf und 
zuckte mit den Achseln. 
„Vergoldete Nichte? Mir unbekannt, wen 
meinen Sie?" 
„Nun, die Kleine dort mit den Schmetter 
lingen, Dyrfurt oder wie sie heißt." 
Herr von Beulwitz lachte fast laut auf. 
„Aber Minkart, das kann Ihnen nur Je 
mand erzählt haben, der die hiesigen Verhält 
nisse ebenso wenig kennt, wie Sie!" — Er 
neigte sich näher zu dem Kameraden und 
fuhr mit gedämpfter Stimme fort: „Reizen 
des Mädchen, ja — aber Geld? so viel ich 
weiß, gar keins. Nichte von VeltenS 
und man munkelt ja so wie so schon, daß 
cS auch mit ihnen nicht mehr allzu brillant 
steht, was ich übrigens nicht glaube." 
„Gar keins", wiederholte Lieutenant Min 
kart, „schade, wirklich schade. Hm, hm!" 
(Fortsetzung folgt.) 
würde sich weniger protzig und trotzig ge 
berden, wenn es nicht einen inneren Zwie 
spalts in der Regierung, insbesondere im 
preußischen Staatsministerium wahrzu 
nehmen glaubte. Auch der Erlaß des Mi 
nisters des Innern, welcher unmittelbar 
den politischen Beamten, also den Land 
räthen und Präsidenten zu verstehen gab, 
daß sie die Pflicht hätten, auch die Wirth 
schaftspolitik der Regierung zu vertreten, 
hat die Fronde der Konservativen nicht ab 
geschwächt. Solch zartes Winken hat noch 
niemals auf unser Junkerthum Eindruck 
gemacht. 
Hiernach können sich nach Neujahr eigen 
artige Situationen entwickeln, zumal die 
Konservativen dann mit Doppelorchester im 
Reichstag und im preußischen Abgeordneten 
hause dem Reichskanzler den Marsch zu 
blasen beabsichtigen. Das Abgeordneten 
haus steht nach den Neuwahlen unter der 
Botmäßigkeit der Agrarier noch unbeding 
ter als je zuvor. Das preußische Mini 
sterium hatte dem Dreiklassenwahlrecht unter 
der Einwirkung der neuen Steuergesetze 
eine Ausgestaltung geben lassen, welche das 
selbe fast nur noch Spottgeburten einer 
Volksvertretung hervorbringen läßt. 
Wie die Faust auf das Auge paßt 
die Neujahrsbetrachtung der „Kreuz- 
Zeitung". Die „Kreuzztg." jammert über 
das Schwindeln der Autorität und 
„die Auflehnung gegen die Obrig 
keit, welche sich offen hervorwage." 
Man wolle die Obrigkeit nicht als gött 
liche Institution anerkennen, sondern sehe 
sie nur als menschliche Einrichtung an. 
So wahr an sich diese Anschauung der 
„Kreuzzeitung" auch ist, so wenig findet 
das Blatt Neigung in dem Kreise seiner 
eigenen Hintermänner diejenigen zu 
üchen, die sich bis jetzt öffentlich am meisten 
gegen die Autorität der Regierung aufge 
lehnt haben. Vielmehr stellt sie die Führer 
der agrarischen Freunde in trostreiche und 
ermuthigende Parallele mit Elias, Amos, 
Paulus und in höchster Steigerung mit 
dem Gottessöhne Jesus Christus selbst, 
indem sie schreibt: „Christen werden es auch 
zu tragen wissen, wenn sie als Zerstörer und 
Unruhestifter verklagt werden. Das haben 
die Gottesmänner, welche das Wohl der 
Obrigkeit und des Volkes auf betendem 
Herzen trugen, oft erfahren müssen. So 
hörte es ein Elia: „Bist du's, der Israel 
verwirret?" So ward der Prophet Amos 
von dem Priester Amazia verklagt: „Der 
Amos macht einen Aufruhr wider Dich im 
Lande Israel; das Land kann sein Wort 
nicht leiden." So war der Herr selbst als 
Empörer angeklagt und verurtheilt und 
seine Jünger haben das gleiche Schicksal 
erlitten!" Die Konservative Korre 
spondenz sagt in einer Betrachtung zum 
Jahreswechsel: „Jede Lockerung der staat 
lichen, monarchischen und kirchlichen Auto 
rität kommt der Umsturzbewegung zu Gute. 
Mit der Untergrabung der landräthlichen 
Autorität beginnt blos ein Feldzug." Auf 
diese großartige Leistung erwidert die 
„Nordd. Allg. Zeitung": „Es ist 
eine eigenthümliche Logik, von der Unter 
grabung der landräthlichen Autorität zu 
sprechen und gleichzeitig kein Wort für die 
Diatriben zu finden, mit denen mündlich 
und schriftlich in sonst konservativ gewe 
senen Kreisen gegen die Autorität der ober 
sten Räthe der Krone selbst zu Felde ge 
zogen wird. Etwas mehr Aufrichtigkeit 
gegen sich und gegen Andere würde die 
„Konservative Correspondenz" vor derarti 
gen Wendungen bewahren, mit denen sie 
die lockernde Arbeit betreibt, welche sie an 
deren Parteien zum Vorwurf macht." 
— DieLoosederköniglich preußischen 
Klaffenlotterie werden gegenwärtig 
stark ausgeboten. Für die schon am 
3. Januar beginnende Ziehung sind darnach 
noch jetzt Loose zu haben. Finanzminister 
Miguel hat bei der fortgesetzten Ver 
mehrung offenbar die Spielleidenschaft des 
deutschen Volkes überschätzt. 
- In jüngster Zeit brachten verschiedene 
Zeitungen eine Bemerkung aus einem Vor 
trage Rud. Falb's, nach welchem 1899 die 
Erde mit dem Kern eines Kometen zu 
sammentreffen und erstere in Gefahr sein 
wird, untergehen zu können, oder man doch 
mindestens einen außerordentlich starken 
Sternschnuppenfall beobachten wird. Daß 
der genannte Sternschnuppenfall eintreten 
wird, wollen wir nicht blos zugeben, son 
dern er wird auch wirklich eintreten; aber 
von einem Erduntergange kann bei dem 
jenigen, der die Natur, Beschaffenheit, 
Dichtigkeit, Bahnen, Bestand der Schweife 
und Kerne der Kometen kennt, keine Rede 
sein. Die Erde soll untergehen! Wohin 
soll sie denn gehen? Sie kann nur, wenn 
sie in ihrer Achsendrehung und in ihrem 
Bahnlauf um die Sonne gehemmt wird, 
mit dem Monde karamboliren. Die Trüm 
mer beider Körper würden dann auf die 
Sonne sausen und von dieser sofort in ein 
glühendes Gas verwandelt werden. Ehe 
aber der Mond auf die Erde stürzte, wäre 
schon alles menschliche, thierische und pflanz 
liche Leben durch innere Erdrevolutionen, 
die sofort in fürchterlichstem Maßstabe ein 
treten, sobald die Drehung um sich selbst 
aufhört, vollständig vernichtet. — Unsere 
Erde wird auf ihrer Bahn um die Sonne 
ungefähr am 13. November 1899 durch 
den Kopf eines uns unsichtbaren Kometen 
schräg unter einem Winkel von 17,75 GradjFestungshof tritt eine besondere Wache in 
VtitM C* r\ t Oft? ..-if. - t .i CT- f ’-i î _ * • i zr- .. r j * c j > 
gehen, wie sie dies schon 1866 gethan hat. 
Es ist dies der sogenannte November 
schwarm, der die Sonne in einer sehr lang 
gestreckten Ellipse innerhalb 33,25 Jahren 
einmal umkreist. Der Kern dieses Kometen 
ist so wenig dicht, daß er weder ein Hem 
mungsmittel für die Achsendrehung, noch 
für den Bahnlauf der Erde um die Sonne 
bildet. Wir werden dann am Tage weiter 
nichts beobachten können, als einen gelblich, 
etwas dampfig gefärbten Himmel. Sobald 
die Dunkelheit eintritt, wird man die Stein 
chen, welche in dieser kosmischen Wolke 
schweben, auf die Erde niedersausen sehen. 
Beim Durchfliegen der Körperchen durch 
unsere Erdluft erhitzen sie sich infolge der 
Reibung an derselben bis zum Glühend 
werden, zerplatzen dann und fallen in kleinen 
Stücken auf die Erde. Es kommen unter 
diesen Meteoren oder Sternschnuppen höchst 
selten Stücke von einem bis vier Zentnern 
Schwere vor. Unsere Erde wird 1899 
ruhig durch den Kern des genannten Ko 
meten gehen, ungestört innerhalb 24 Stun 
den um sich selbst und innerhalb eines 
Jahres um die Sonne rollen und dasznoch 
Tausende von Jahren. Also das Publi- 
kum kann ruhig weiter schlafen, effen, trinken, 
tanzen und fröhlich sein! Es wird sich in 
der Nacht vom 31. Dezember 1899 zum 
1. Januar 1900 noch ebenso vergnügt zu 
rufen können: „Prosit Neujahr!" 
— Der badische Finanzminister 
Buchenberger hat im badischen Land 
tage wörtlich zugegeben: „In dem von 
einem Decernenten des preußischen Finanz 
ministeriums herrührenden ersten Tabak- 
'teuer-Entwurf sei allerdings aus Bor- 
ichtsgründen ein Rückgang von 20 pCt. 
angenommen worden. 
Aus Lübbenau schreibt man der „Franks. 
Oder Ztg.": Lübbenau hat jetzt auch 
einen Spuk von Resau; nur ist der 
Knabe Wolter noch nicht entdeckt. Im 
benachbarten, von der Stadt nur zwei 
Kilometer entfernten Klöden spukt es seit 
drei Wochen. Das Vieh in den Ställen 
des Wirthes Droas wird von einer Un 
gnade, wie der Besitzer die Erscheinung 
nennt, heimgesucht. Das Unwesen nahm 
cn den Rindviehställen seinen Anfangt 
Nicht nur vom Besitzer und seinem 18jährigen 
Sohne, sondern auch von verschiedenen 
Nachbarn wurde dem Schreiber dieses an 
Ort und Stelle mitgetheilt, daß trotz sorg 
fältigster Befestigung des Rindviehs mit 
doppelten Ketten dasselbe doch immer wieder 
nach wenigen Minuten frei war und zum 
Stalle hinauslief. Als schließlich die Thür 
verriegelt wurde, sprang dieselbe, ohne daß 
Jemand in der Nähe bemerkt wurde, von 
selber wieder auf. Die freigewordenen 
Thiere geberdeten sich ängstlich und wollten 
nicht wieder in den Stall. Meist begann 
der Spuk in der Nacht um 12 Uhr; doch 
in mehreren Fällen trieb er auch am 
lichten Tage sein Spiel, wie am Freitag 
der vergangenen Woche. Mehrere Personen 
waren unaufhörlich beschäftigt, das Vieh 
immer wieder anzubinden. Während dies 
geschah, thürmte sich vor dem Stalle aller 
lei Wirthschaftsgeräth, wie Schippen, Spaten, 
Besen, Düngergabeln, Heugabeln u. s. w. 
auf, die zuvor in verschiedenen Räumen, 
ja sogar auf dem Boden gelagert hatten. 
Niemand hatte von dem schnellen Herbei 
schaffen dieser Sachen etwas gesehen. Nach 
diesem schlimmen Tage erhielt das Rind 
vieh Ruhe. Jetzt begann es in den 
Schweineställen zu toben. Die Ställe 
konnten noch so fest verschlossen und ver 
nagelt werden, sobald der Besitzer den 
Rücken wandte, sprangen sie auf, und die 
Schweine kamen auf den Hof gerannt. 
Auch Nachbarleute haben die Ställe ver 
nageln helfen, doch auch ihre Arbeit war 
umsonst. Jetzt ist die „Ungnade" unter 
den Pferden. Gestern wollte der Besitzer 
die auf unaufgeklärte Weise frei gewordenen 
Thiere dadurch beruhigen, daß er sie vor 
einen Wagen zu spannen versuchte. Doch 
verschwanden ihm bei dieser Thätigkeit 
gleichsam unter den Händen Theile des 
Geschirrs, die nach langem Suchen nachher 
in der Abortgrube gefunden wurden. 
Sowohl der Sohn, wie auch die Frau 
und die Magd wachten wiederholt in den 
Nächten auf dem Hofe. Da sahen sie 
einmal ein sehr großes Schwein über den 
Hof jagen, das, als es verfolgt wurde, 
über einen schmalen Steg, der über einen 
Graben führte, lief und dann verschwand. 
Ein ander Mal neckte sie eine Katze. Als 
der Sohn mit der Flinte nach ihr schießen 
wollte, versagte das Gewehr. In einer 
anderen Nacht kam ein Mensch auf den 
Hof, den sie nicht kannten. Als er sich 
beobachtet sah, rannte er an das Hofthor 
und ward nun nirgends mehr gesehen. 
Noch viele andere Dinge erzählen die 
Leute zu Klöden. Doch meint der Besitzer, 
daß jetzt nach dreiwöchigem Wüthen die 
Ungnade im Abnehmen begriffen sei, da 
nur noch vereinzelt ihr Auftreten bemerk 
bar ist. Selbstverständlich ist die ganze 
Umgegend in Aufregung und Spannung 
versetzt. 
Glatz, 1. Jan. Auf höheren Befehl 
wurden die Wachen bei den wegen Spionage 
verurtheilten und hier internirten franzö 
sischen Offizieren verstärkt. Jeglicher Ver 
kehr mit der Außenwelt ist verboten. Bei 
dem täglichen zweistündigen Promeniren im 
mögliche 
Thätigkeit. Sonst wird alle 
Rücksicht genommen. 
In den letzten Wochen waren bei ^den 
Postbehörden in Hannover zahlreiche Au 
zeigen über das Verschwinden von Briefen 
eingegangen, die dort aufgegeben, aber 
an ihre Bestimmungsorte nicht gelangt 
waren. Längere Beobachtungen durch die 
Kriminalpolizei haben nunmehr zur Ent 
deckung einer vollständig organisirten Diebes 
bande geführt, welche planmäßig allabend 
lich Briefkasten verschiedener Stadttheile 
ausgeplündert hat Die Thäter, sämmtlich 
noch in jugendlichem Alter stehend und 
ausnahmslos in Geschäften der Stadt als 
Laufburschen angestellt, haben die Brief 
kasten theils mittels Nachschlüssels geöffnet 
und geleert, theils - haben sie die Briefe 
durch die Einwurfsöffnung herausgezogen. 
Sie haben sich hauptsächlich an solche 
Kasten herangemacht, welche in der Ge 
schäftsgegend der Stadt liegen und deshalb 
gewöhnlich hoch gefüllt waren. - Die 
Plünderungen sind meistens in den frühen 
Abendstunden vorgenommen. Die Briese 
wurden geöffnet, ob der Inhalt keinen 
Geldeswerth hatte; auf alle Fälle wurden 
die Marken genommen. Diese klebten die 
Diebe dann auf diejenigen Briefe, die sie 
von ihren Gefchäftsherren zur Besorgung 
erhielten, während sie das empfangene 
Portogeld in ihre Tasche wandern ließen. 
Fünf der Thäter sind festgenommen. 
Am heiligen Abend brannte auf dem 
Dominium Szczytnik bei Schwarzenau im 
Kreise Gnesen, der Schafstall nieder. Dem 
Feuer sind gegen 900 Schafe zum Opfer 
gefallen. Die Entstehungsursache ist noch 
nicht aufgeklärt. . 
Kulm, 31. Dec. Der Rittergutsbesitzer 
und Hauptmann a. D. Strecker aus 
Radmannsdorf hat sich auf freiem Felde 
in den Klintschtaner Bergen erschossen. 
Er war nach Graudenz gefahren, hatte 
dort einen Arzt besucht, und sich dann einen 
Revolver gekauft. Auf der Heimfahrt sprang 
er aus dem Wagen und machte seinem 
Leben abseits vom Wege ein Ende. St. 
litt an einer schweren Nierenkrankheit, er 
soll auch in letzter Zeit besonders die fixe 
Idee gehabt haben, daß er vor dem Ruin 
stehe — dabei lebte er in den besten Ver- 
hältnissen. 
— Mit dem Schlasstellenwesen be< 
chäfligt sich eine Regierungs - Verordnung, 
welche dieser Tage erlassen worden ist. 
Nach derselben dürfen Schlafräume mit 
den eigenen Wohn- und Schlafräumen des 
Quartiergebers und dessen HauSangebürimm 
nicht in offener Verbindung st-ben. 
vorhandene Verbindungsthüre 
schlossen zu halten. Jeder 
muß trocken, gedielt, mit einer' T' 
Qualm auf den umliegenden und gegen 
überliegenden Dächern aus und sandten 
mächtige Wasserstrahlen in den brennenden 
Speicher. Verluste an Menschenleben sind, 
soweit die Informationen reichen, nicht zu 
beklagen. Die in der Nähe befindlichen 
Wohnungen, die wegen der Enge der 
Straße in großer Gefahr schwebten, sind 
sämmtlich geräumt. 
27 pCt der in Hamburg geborenen Kin 
der sind nicht getauft, 16 pCt. der Ehe 
leute nicht getraut. Von 400000 mün 
digen Gemeindegliedern sind nur 47000 
zum Abendmahl gekommen. Diese Ham- 
burger thäten besser, sich der Lehre des 
Konfucius zuzuwenden, dann wären sie doch 
etwas. 
Provinzielles. 
X. Altoua, 31. Dezbr. Wie wir nun 
mehr erfahren, ist die Entlassung von 140 
Arbeitern in der Mohr'schen Magarine- 
fabrik in Bahrenfeld darauf zurückzuführen, 
daß dies alljährlich nach Beendigung des 
Weihnachtsgeschäfts geschieht, es sind dies 
auch nur 110 Mann, darunter 40 Hülfs- 
arbeiter, die für kurze Zeit angestellt ge 
wesen waren. 
Altona, 31. Dezbr. Die „Hirsch- und 
Krankenhaus-Apotheke" ist von dem bis 
herigen Besitzer, Herrn Apotheker Paul 
Jach, für 450000 an Apotheker Warnen in 
Leipzig verkauft worden. 
Der Kirchenbau in Pinnrberg wird im 
Frühjahr 1894 in Angriff genommen. Der 
Forstfiskus hat einen Bauplatz an der 
Bahnhofsstraße angewiesen. Der Riß ist 
bekanntlich früher schon von dem Architekten 
Grothoff in Hamburg angefertigt. 
Elmshorn, 30. Dec. Vor einigen Tagen 
starb in einer Arbeiterfamilie in der Um 
gegend von Segeberg plötzlich ein neun 
jähriges Mädchen. Die auf Veranlassung 
des Gerichts vorgenommene Section der 
Leiche ergab als Todesursache innere Ver 
blutung, die infolge von äußerlichen Ge 
waltsamkeiten eingetreten. Der Körper des - - 
Kindes wies an verschiedenen Stellen Spu 
ren von Mißhandlung auf. Die 32jährige 
Stiefmutter des Kindes ist in Untersuch 
ungshaft genommen. Sie will die Verle 
tzungen auf Mißhandlungen zurückführen, 
welche dem Kinde beim Spielen von an 
deren Kindern zugefügt sein sollen. 
— Krempe, 31. Dezbr. Die im Trep 
tower Park in Berlin vom 6.—11. Juni 
stattfindende Wander-Ausstellung der „deut 
schen Landwirthschafts-Gesellschaft" wird 
von dem „Verband der Pferdezuchtvereine 
in den holsteinischen Marschen" mit 80 
Pferde beschickt werden, worunter sich 16 
EtwaIHengste befinden. Zur Zeit ist man mit 
ver-1 der Auswahl der auszustellenden Th: re 
ik von sciten der Landwir h. 
chließbar und mindestens mit eine n Fenster 
an der Außenseite des Hauses versehen sein. 
Kellerräume dürfen überhaupt nicht als 
Schlafstellen vermiethet werden. Der 
Schlafraum muß für jede Person minde 
stens 10 cbm Luftraum enthalten. Nach 
diesen grundsätzlichen Bestimmungen folgen 
noch genaue Vorschriften über die Lager- 
stätte, Bettwäsche, Wascheinrichtung usw. 
Wie wir allerdings erwähnen müssen, 
ist diese treffliche Verordnung erlassen 
worden — — im Fürstenthum Reust 
ü. Linie . . . 
Mannheim, 34. Dez. Der Unbekannte, 
der vor etwa 14 Tagen im Walde zwischen 
Schwetzingen und Walldorf den Sohn des 
Heuhändlers Ries aus Mingolsheim meuch 
lings überfiel, tödtlich verletzte und feiner 
Baarschaft von 117 Mark beraubte, wurde 
durch einen Beamten der Kriminalpolizei 
hier verhaftet. Der Straßenräuber hatte 
bei einem übelbeleumdeten Frauenzimmer 
Unterschlupf gefunden; er leistete bei seiner 
Verhaftung thätlichen Widerstand, indem 
er von seinem Messer gegen den Kriminal 
beamten Gebrauch machen wollte. Erst als 
der Beamte seinen Revolver zog, ließ der 
Arrestant von seinem Vorhaben ab. 
Hamburg, 29. Dez. Nachdem im C en- 
tral-Schlachthof unter den Schweinen 
die Maul- und Klauenseuche festgestellt 
worden, ist der Schlachtzwang für alle an 
den Markt kommenden Rinder, Kälber und 
Schweine angerordet. Bis zur Seuchenfrei- 
Erklärung ist der Versandt solchen Viehes 
nach auswärts untersagt. 
Hamburg, 30. Dec. Ein bedeutendes 
Feuer kam in der Nacht vom Sonnabend 
auf Sonntag gegen 12 Uhr auf der Herr 
lichkeit Nr. 66 zum Ausbruch. Dort be 
findet sich der Speicher der Firma Fick & 
H olle in dem große Vorräthe von Bor 
sten, Bürsten, Fibre, Besen, Leder und 
Häute lagerten. In weiter Umgebung der 
Brandstätte entwickelte sich gleich beim 
Ausbruch des Feuers ein so bedeutender 
Qualm, daß man überall Feuer suchte, 
selbst in den Häusern am Altenwall und 
Rathhausmarkt verspürte man starken 
Brandgeruch. Drei Züge rückten nachein 
ander auf die Brandstelle und griffen das 
Feuer mit 4 Dampfspritzen an. Trotzdem 
gelang es nicht den Speicher zu retten, 
denn das Feuer, das vom Keller bis zum 
Gibel sicb durcharbeitete, sand in den Lager 
beständen große Nahrung. Der Schaden 
ist ein totaler. Gegen 2 Uhr gelang es 
der Feuerwehr, ein Umsichgreifen zu ver 
hüten. Trotz der überaus schwierigen Stel 
lungen hielt die Mannschaft in dem dichten 
-chlafraun!jbeschäftigt. Di 
ichüc ver-!schafts>G-fi- i 
teuuna 
den Prämien betragen 21,825 Olk., v-n 
welcher Summe 4250 Mk. auf (Lie Hena -te 
entfallen. Die Zahl der Preise beträgt 
für Hengste 20, für Stuten 85. Außer 
den vorstehenden von obengenannter Ge 
sellschaft gestifteten Preisen stehen erfah 
rungsgemäß von Vereinen und Privaten 
noch weitere Geld- und Ehrenpreise in be 
deutendem Umfange in Aussicht mehr, als 
dies bisher der Fall gewesen, da der Ort 
der nächstjährigen Ausstellung derselben 
eine ganz besondere Bedeutung verleiht. 
Eine Vorschau der Verbands-Kollektion 
wird am Sonntag den 3. Juni in Elms 
horn stattfinden. Von dort werden die 
Pferde am folgenden Tage nach Berlin 
abgehen. Alle mit dem ersten Preise ge 
krönten Pferde sollen photographirt werden. 
Der Besitzer der Pferde erhält ein Bild, 
wofür er 9 Mark zu zahlen hat. Die 
Wärter erhalten eine sehr kleidsame Tracht: 
marineblaues Jacket mit Gürtel, hellgrau 
engschließendes Beinkleid und marineblaue 
gestreifte Mütze. Gürtel und Besatz der 
Mütze zeigen die Landesfarben. 
Flensburg, 29. De. Infolge von Lohn- 
differenzen, die Duburger Brauerei und 
den Brauern derselben ausgebrochen sind, 
hat die „Gewerkschafts - Kommission" der 
Arbeiterschaft Flensburgs heute Morgen 
Flugblätter vertheilen lassen, durch welche 
zum Boykott der Brauerei aufgefordert 
wird. 
1 Brunsbüttel, 1. Jan. An der Voll 
endung der großen Schleuse am westlichen 
Ende des Kanals wird nach wie vor rüstig 
gearbeitet und das Werk schreitet dement 
sprechend seiner Vollendung mehr und mehr 
entgegen. Doch treten hin und wieder 
auch gewichtige Hindernisse in den Weg. 
Große Schwierigkeiten bereitet das Stopfen 
einer starken Quelle, die in der aufgebrochen 
ist. Bedeutende Mengen von Zement sind 
bereits zu diesem Zwecke verwandt worden, 
aber ohne Erfolg. Auch hat man in der 
Nähe der Schleuse viele tiefe Bohrlöcher 
gemacht, um die Quelle von der Schleuse 
abzuleiten. Aber auch hierdurch erzielte 
man bislang nicht den gewünschten Erfolg. 
Auch die im Sommer gesunkene Quai- 
mauer erfordert noch erhebliche Arbeit nud 
Mühewaltung. 
z. Süderdithmarschen, 31. Dez. Die 
Mäuseplage scheint sich jetzt zur Freuve 
aller Landbesitzer erheblich zu vermindern. 
Mehr noch als die Anwendung des Gift 
hafers, von dem große Quantitäten ver 
braucht worden sind, hat die große Näffe 
des Bodens zur Verminderung der Plage 
beigetragen. Ueber den Werth des Gift-
	        
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