Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

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Wo. 15. 
Donnerstag, den 18. Januar 
1894. 
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Morgen-Depeschen. 
Hamburg, 17 Ian. Das Rektifikations 
gebäude der Herwigschen Spirituosenfabrik 
brannte gestern Abend vollständig nieder. 
7 n Maschinen und Materialien entstand 
etn vorläufig noch nicht zu übersehender, 
aber sehr bedeutender Schaden. 
Siegburg, 17. Jan. Gestern Abend 
fand in der hiesigen Geschoßfabrik eine 
heftige Gasexplosion statt. Das entstandene 
Feuer wurde bald gelöscht, sodaß ein be 
deutender Schaden nicht verursacht wurde. 
Würzburg, 17. Jan. Die Redakteure 
der „Bayrischen Landeszeitung", Anton 
»rrb Thomas Memminger, sind wegen Be 
leidigung des Reichskanzlers von Caprivi 
Angeklagt worden. Die Verhandlungen 
durften vor dem hiesigen Schwurgericht 
stattfinden. 
şiŗşĢ' 17. Jan. Die Tochter Vaillants 
ìşi von Anarchisten geraubt worben 
und hat bisher nicht wieder ermittelt wer- 
den können. „Döbats" sprechen sich hier- 
über sehr ungeduldig aus und wünschen, 
das Vaillant-Nachrichten endlich verstummen 
wöchten. 
Newyork, 16. Jan. Die Meldungen über 
dre Ereignisse in Brasilien lauten wider 
sprechend. Es heißt, in den Provinzen 
Ņahia und Pernambuco sei die öffentliche 
Meinung den Insurgenten günstig. Bei 
der Eroberung der Eugenos-Jnsel durch 
die Insurgenten wurden 40 Regierungs 
Soldaten getödtet und 60 gefangen ge 
nommen. In Riogrande haben die In 
surgenten die Stadt Nilotes verbrannt. 
Dre Insel Concelias ist von den Jnsur- 
älfsen mit 250 Mann besetzt worden. 
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Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Ncwyork, 6. Jan. Der Staat New- 
riork hat zum ersten Mal seit 70 Jahren 
lsmen Dollar Schulden, in Folge dessen 
die Steuern herabgesetzt werden können und 
nur so viel erhoben werden soll, als für 
die Staatsverwaltung nöthig ist. 
Rio de Janeiro, 16. Januar. Zwischen 
Or Schiffen der Insurgenten und den aus 
Ner Insel in der Nähe von Nictheroy 
vftirten Batterien der Regierungstruppen 
i? . vin heftiges Geschützfeuer statt. Die 
furgenten mußten sich unter schweren 
Verlusten zurückziehen. 
Man schreibt aus Chicago vom 5. Ja- 
mar: Unsere Criminalgerichts-Verhältnisse 
i “ şich.m einem schauderhaften Zu 
stände. Zwerundfünfzig des Mordes an 
Roman von B. von der Lancken. 
In der Nachmittagsstunde des zweiten 
^agcs war cs und der Besuch hatte etwas 
nachgelassen. Magclone hatte eben einem 
verglichen Prinzen ein winziges Tanagra- 
Mgiirchcn für dreihundert Mark verkauft und 
ar nun damit beschäftigt, die zur Auswahl 
..Statuetten wieder zu ordnen, 
Einnahm Op,"'d" wohlgefällig die neue 
barg, als plötzlich""-""'' ^füllten Kasse 
Schatten über den Tisch"şi lâjmalcr 
wohllautende Männerstimme we-che, 
..Guten Tag" zurief. dvr Gräfin e.nen 
bildlich' Du Ungetreuer-", antwortete 
»Schilt nur nicht gleich, ohne meine Ent- 
lchuldigung gehört zu haben, Xenia," ent( , ] 
"Oe die Stimme, „ich kam absichtlich heute 
"üb zu dieser Stunde, Weil's da wcniaer 
ist. Doch bitte " 
Mit einer leichten Verbeugung gegen Ma- 
Mvuc, die jetzt schüchtern aufsah, stellte sie 
wtzt vor: 
^ »Mein Bruder — Fräulein Magelonc 
Dyrfurt." 
Die Augen des Prinzen ruhten mit dem 
. we ruck staunender Ucbcrraschung ans ihr, 
. der weltgewandte Mann fand nicht cin- 
r, . Mort der Begrüßung; Gräfin 
Vera" m’ n <. un ** ^ cm crröthendcn, leicht 
Zurrten Mädchen zu Hülfe. 
fcsirsV. U i eine Fülle seltener Künst- 
Ulir^ "us, Sascha," sagte sie; „kaufe 
Dvr.s„ '°^ . Herzeirslust. Liebstes Fräulein 
1 r ut ' Zogen Sre dem Prinzen doch ein 
geklagte Gefangene befinden sich in den 
Zellen des County-Gefängnisses und warten 
infolge mangelhafter und schleppeirder 
Rechtspflege seit langer Zeit auf ihre Pro- 
zessirung. Außerdem ist das Gefängniß 
viel zu klein geworden. Bor längerer Zeit 
hat man zwar mit dem Bau eines neuen 
geräumigen Gefängnisses begonnen, aber 
der Bau kann vorläufig nicht vollendet 
werden, da es an Geld fehlt. Interessant 
ist die Zusammenstellung der Nationalität 
dieser zweiund fünfzig Gefangenen. Den 
Namen nach zu urtheilen, sind 36 davon 
Anglo-Amerikaner und Irländer, 6 sind 
Deutsche, 5 Polen, 2 Böhmen, einer ist 
Franzose, einer Schwede und einer Chinese. 
Das Eisenbahnunglück, welches sich am 
Montag-Mittag bei der Hackensack-Brücke 
der Delaware, Lackawanna und Western- 
Eisenbahn dicht bei Jcrscy-City ereignete, 
gehört zu einer der furchtbarsten Eisenbahn- 
katastrophen, welche in der letzten Zeit in 
Amerika vorgekommen sind. Es herrschte 
zur Zeit des Zusammenstoßes der beiden 
Züge ein dichter Nebel. Als der Dover- 
Eilzug der Brücke nahe kam, verringerte 
der Lokomotivführer desselben die Fahr 
geschwindigkeit, da er bei dem düstern 
Wetter die Signallichter nicht erkennen 
konnte. Ein Lokalzng von Orange-City, 
New-Jersey, folgte dicht hinter dem Eilzug. 
Der Lokalzug fuhr ziemlich schnell und 
rannte vor der Brücke in den Eilzug hinein. 
Die Lokomotive durchschnitt drei Waggons. 
Die Fahrgäste wurden nach allen Rich 
tungen fortgeschleudert. -Die Szene war 
furchtbar. Das Geschrei der Verwundeten 
und Sterbenden erfüllte die Luft. Von 
der Fahrgästen des Lokalzuges wurde Nie 
mand verletzt und so konnten diese wenigstens 
den unglücklichen Insassen des Eilzuges zu 
Hülfe eilen. Die Verwundeten wurden auf 
die Polster der Waggons gebettet, nachdem 
sie aus den Trümmern hervorgezogen wor 
den waren. Zum Glück befand sich unter 
den Fahrgästen ein Arzt. Dieser leistete 
die erste Hülfe. 
Nach einer über San Francisco ringe- 
troffenen Dampfernreldung aus Hongkong 
brach im großen Tempel zu Ningpo am 
8. Dezember während der jährlichen Thea 
tervorstellung zu Ehren der Götter Feuer 
aus. Ein Knabe hatte eine brennende 
Cigarette ans einen Strohhaufen geworfen 
Sofort Ş stand der Tempel in hellen FlaM' 
men, die auch die Treppen ergriffen, wo 
durch den vrelen auf den Galerien Anwe 
senden der Rettungsweg abgeschnitten wurde 
300 Frauen und Kinder kamen in den 
Flammen um oder wurden im Gedränge 
nach den Ausgängen erdrückt. Viele wur 
den auch durch Herabspringen aus den 
Fenstern getödtet oder schwer verletzt. 
Die Stadt Onehunga in Neuseeland hat 
eine Frau, Mrs. Dates, zum Bürger 
meister gewählt. Es ist dies der erste 
Fall gleicher Art im britischen Weltall. 
Der Gatte der Gewählten, Kapitän Dates, 
war vor einigen Jahren Bürgermeister 
desselben Ortes. Mit diesem Anrte ist ge 
wöhnlich auch das des Friedensrichters 
verbunden; man ist gespannt darauf, ob 
Mrs. Dates dieses Amt gleichfalls über 
tragen wird. Brennender noch als diese 
Frage ist aber für die Bevölkerung One- 
hungas die nach dem Titel ihres städtischen 
Oberhauptes. Soll Frau Dates „Mayor" 
oder „Mayoress" genannt werden? Die 
Meisten entscheiden sich für das erstere; sie 
ist als Bürgermeister gewählt worden, 
darum gebührt ihr die Bezeichnung als 
solcher; „Bürgermeisterin" war sie, als 
ihr Mann das Amt bekleidete. 
Aus Rom meldet das „B. T.", daß 
Fanfulla" zufolge in der Romagna 
Währung herrscht. In Monte Carlo ist 
eine wahre Panik ausgebrochen, weil im 
Casino eine Gasexplosion erfolgt ist, die 
man zuerst für ein Dynamit-Attentat 
der italienischen Anarchisten hielt. Eine 
große Anzahl Fremder ist schleunigst abge 
reist. 
England. 
Eine sehr ernste Militärrevolte 
fand Sonntagabend in Chatlam statt. Als 
ein Sappeur vom Royal-Engineer-Regiment 
von seinem Sergeanten wegen Jnsubordi- 
nation arretirt und von der Patrouille 
des Leicestershire-Jnfanterie-Regiments zur 
Wache geführt werden sollte, griffen an 
hundert Soldaten der Royal-Engineers 
und Matrosen von den Kriegsschiffen 
„Adelaide" und Edinburgh" die Patrouille 
an und befreiten den Sappeur. Ein hef 
tiger Kampf entspann sich, wobei zahlreiche 
schwere Verletzungen vorkamen. Vier 
Soldaten von den Royal-Engineers wur 
den verhaftet und ein Kriegsgericht ein 
berufen. 
London, 17. Jan. Die vom Arbeits 
bureau des Handelsamtes seit einiger Zeit 
herausgegebene „Labour Gazette" schreibt: 
„Hoffentlich wird Ende des laufenden Mo 
nats die Durchführung des achtstündigen 
Arbeitstages in den Fabriken und Werk 
statten, welche unter dem Kriegsministeriuni 
stehen, beendigt sein. Ueber 14000 Ar- 
beiter werden sofort von der Reform Nutzen 
haben. Die Arbeit wird wahrscheinlich 
um 8 Uhr Morgens beginnen. Sollten 
die Arbeiter es wünschen, so wird die 
Mittagspause etwas verlängert werden. 
Jedenfalls aber wird der Arbeitstag nicht 
später als 6 Uhr Abends an den gewöhn 
lichen Wochentagen und um 12 V* Uhr 
Mittags am Sonnabend schließen." 
Belgien. 
Amsterdam, 13. Jan. Am vorigen 
Mittwoch stießen, wie der „Nieuwe Rotier- 
damsche Courant" aus Terneuzen meldet, 
im sogenannten Kugorspolder fünf nieder 
ländische Gendarmen auf eine 18 Mann 
starke Bande belgischer Wilddiebe. Letztere 
forderten die ersteren ans, sich zu entfernen 
als sie jedoch standhielten, eröffneten die 
Wilderer das Feuer, das alsbald erwidert 
wurde. Zwei derselben stürzten getroffen 
zu Boden, wurden aber von ihren Ge 
nossen über die Grenze gebracht. Von den 
Gendarmen wurde Niemand verwundet. 
Kußlanv. 
Ueber den Hofstaat des Kaisers von 
Rußland giebt die „Now. Wr." folgende 
interessante Daten: Zum 1. Januar 1894 
besteht dieser Staat ans 1 Oberkammer- 
Herrn, 5 Oberhofmeistern, 1 Oberschenken, 
1 Ober-Jägermeister, 1 Oberhofmarschall, 
1 Obervorschneider, 1 Oberstallmeister, 
35 Hofmeistern, 17 Stallmeistern, 6 Jäger- 
meistern, 1 Director der kaiserlichen Theater. 
2 Oberceremonienmeistern; außerdem aus 
16 .Personen in der Stellung von Hof 
meistern, 1 Hofmarschall, 26 Personen in 
der Stellung von Stallmeistern, 8 Per 
sonen in der Stellung von Jägermeistern, 
9 Ceremonienmeistern und 8 Personen in 
der Stellung von Ceremonienmeistern, 
173 Perionen mit dem Range eines Kammer- 
herrn, 249 Kammerjunkern, 24 Hofärzten, 
23 Hofgeistlichen, 10 Staatsdamen, 4 
Kammersräulein und 180 „einfachen" 
Fräulein. 
Petersburg, 15. Jan. Auf eine entsetz 
liche Weise ist eine in der „Gesellschaft" 
wohlbekannte junge verheira thete 
Frau in einem Dorfe der Umgebung 
Petersburgs umgekommen. Dieselbe hatte 
sich darüber beunruhigt, daß ihr schönes 
langes Haar auszufallen begann und um 
dem Uebel zu steuern, dasselbe auf den 
Rath einer Freundin mit Pet r oleum ge 
waschen. Während sie nun eines Morgens 
Haar dasaß, zündete sie sich eine Cigarrette 
an, um den Petroleumgeruch zu vertreiben. 
Da fing das mit Petroleum getränkte Haar 
plötzlich Feuer und auch der infolge des 
Schreiens der Frau aus einem Neben 
zimmer herbeieilende Gemahl derselben war 
nicht im Stande, die Flammen zu ersticken. 
Nur die Augen, welche die Unglückliche mit 
ihren Händen bedeckt hatte, und die Füße 
blieben unverletzt. Nach 5 Tagen starb 
die Dame, nachdem sie furchtbare Schmerzen 
ausgehalten, aber bis zum letzten Augen 
blicke bei vollem Bewußtsein geblieben war. 
Odessa, 17. Januar. Bei den Stürmen 
während der letzten Tage sind auf dem 
Schwarzen Meer 10 Segelschiffe verun 
glückt, davon 2 mit der gesammten Be 
mannung. Ein griechischer Dampfer wird 
verinißt. 
Frsukreich. 
Paris, 16. Jan. Die Tochter des zum 
Tode verurtheilten Bail laut ist am vo 
rigen Sonntag von Anarchisten entführt 
worden. Heute wurde sie im Hause des 
Anarchisten Martin, Schenkwirth in der 
Rue Joquelet, in der Nähe des Börsen 
platzes, aufgefunden. Heute Nachmittag um 
4 Uhr wurde Martin verhaftet. Die Toch 
ter Vaillants, die heute, während bei Martin 
Haussuchungen vorgenommen wurden, in 
Begleitung von Vaillant's Maitresse Aus- 
flüge gemacht hatte, ist mit Frau Marchal 
nach Choisy-le-Roi zurückgekehrt. 
In Brest ist ein Walfisch an den Strand 
spült worden. Nach den Schätzungen 
von Sachverständigen soll er nicht länger 
als 36 Stunden todt sein. Das Thier 
wird mit einer Anfangssumme von 1000 
Frcs. meistbietend versteigert, das Skelett 
im Brester Museum aufbewahrt. 
Paris, 15. Jan. Eine ganze Familie, 
der 68jährige Weinagent Caubet, seine 
Frau und seine 24jährige Tochter, eine 
hochbegabte Pianistin, endete diese Nacht 
durch Selbstmord. Da ihre Verhältnisse 
sich andauernd verschlechterten und Caubet 
den Januarzins nicht bezahlen konnte, be 
schloß die Familie, trotzdem der Hausherr 
nicht drängte, den Tod zu suchen. Sie 
ließ sich gestern ein herrliches Nachtmahl 
mit Austern und Chanrpagner bereiten, dem 
alle Drei Ehre anthaten. Hierauf schickten 
sie den Dienstboten weg, verstopften alle 
Fenster- und Thürritzen und zündeten zwei 
Kohlenbecken an, nachdem sie Vorsicht halber 
auch eine Quantität Tollkirschengift genom 
men hatten. Vorher hatten sie ihre schön- 
mui v/ueem. v/mtwv | VW Ujtl. 
aufgelöstem Isten Gewänder angezogen: Caubet 
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mal jene reizenden Miniaturen dort gleich 
neben ihnen, oder die kleine Sövrcs-Vase, 
einst im Besitz der Kaiserin Josephine. Lache 
nicht, Sascha — es ist keine Reklame, be 
glaubigt echt; ein Geschenk der Frau des 
französischcn Gesandten." 
Prinz Alexander war seiner Schwester- 
dankbar für ihre Einmischung; auch Mage- 
lone fand, während sie die gewünschten Gegen 
stände reichte, Zeit, ihre Verlegenheit zu über 
winden; neue Käufer traten herzu. So war 
der Prinz denn auf sie allein angewiesen und 
jetzt vollständig Herr der Situation, nicht 
gewillt, eine Unterhaltung mit dem reizenden 
Mädchen so rasch abzubrechen; er kaufte Base 
und Miniaturen für einen hohen Preis. 
„Darf ich Ihnen die Summe gleich ein 
händigen?" fragte er, eine Rolle Gold ans 
seiner Börse nehmend, „Sic sparen sich da 
durch die Mühe das Geld noch einmal aus- 
nchuien zu müssen. Aber richtig zählen und 
— aufpassen." 
Magclone streckte ihre klcincHand aus, Prinz 
Şgscha ließ Goldstück auf Goldstück hincin- 
Finee"' ş^şi ļ'ņ jedem berührte er ihre feinen 
Màlo^ìk' .herzig- sechzig," zählte er; 
stimmend den Ko? 2 *7?' 7 
ifr»»At iS 
„Fünfhundert!" 
„Fünfhundert," sagte Magelonc 
Da hielt er um le^m kaum rncrklichenr 
Drucke dre zrerlrchcn Madchenfinger an den 
Spitzen fest und fragte neckend: „Stimmt's 
auch?" 
Magclone sah überrascht auf und Begegnete' 
einem tiefen, seltsam leuchtenden Blick, vor 
dem sich der ihre senkte. 
„Ich denke ja," stammelte sie, ihre Hand 
zurückziehend 
»Ich auch; aber es reicht noch nicht. 
Nehmen Sie den Rest in Papiergeld." 
Er zog sein Portefeuille, legte noch einige 
Hundertmarkscheine auf den Tisch und ver 
beugte sich artig 
„Bleibst Du noch?" fragte Gräfin Bar- 
tuch. 
Ich dachte, bei Dir zu frühstücken. Es 
ist schon spät, gleich 2 Uhr." 
„Das ist ein guter Gedanke; geh doch 
immer hinüber. Gräfin Schach und Baronin 
West müssen jede Minute kommen, uns ab 
zulösen." 
„laut mieux. Au revoire.“ 
Er grüßte die Schwester; aber seine Blicke 
flogen zu Magelonc hinüber und begegneten 
den ihren. Es entging ihm auch nicht, daß 
sie seiner hohen, schlanken Gestalt folgten, 
als er durch den Saal von Tisch zu Tisch 
weiter schritt. 
Nach einer Viertelstunde kamen Gräfin 
Schach und die Baronin, Xenia und Magc 
lone konnten sich zurückziehen; am Ausgange 
trafen sie nrit dem Prinzen zusammen. 
Das Hinaus- und Hineinfahren von Berlin 
nach Steglitz und umgekehrt hatte manches 
gegen sich; Gräfin Xenia hatte Herrn und 
Frau von Velten gebeten, Magclone ihren 
Gast sein zu lasse, und so wohnte sie für 
einige Tage ritt Palais Bartuch. 
Irrt Spcisesaal erwartete Frau von Gics- 
brccht mit der kleinen Marie Rose die Ein 
tretenden. Das sechsjährige Töchtcrchen der 
ftV* »8, „ Q <1. . r' .s. . sit I* V 
cur 
lief, einen 
forte zu, die sich zu ihr hinabbengte. Marie 
Rose legte ihre weißen, runden Arme um 
den Hals des jungen Mädchens und küßte 
cs herzlich. 
„Magclone macht Dir in Marie Rose's 
Herzen ernstlich den Platz streitig; so neu die 
Freundschaft noch ist, so fest ist sic schon," 
sagte die Gräfin 
„Es ist eins der bmeidcnswerthestcn Vor 
rechte des kleinen Volkes, seine Bewunderung 
und seine Neigungen unverhohlen zeigen und 
sogar bethätigen zu dürfen," crwiedrte der 
Prinz mit einem flüchtigen, aber vielsagenden 
Blick Magclone streifend. 
„Du hast diesen Vorzug auch einmal ge 
nossen, wie wir Alle," scherzte Xenia. 
„Freilich, freilich, aber, wie daS in den 
Jahren immer der Fall ist, ohne rechtes Be 
wußtsein. Ils sollt passè ces jours de fête 
oder Besser de l eufauce,“ parodirte Prinz 
Sascha rmd zerlegte ein Stück Trüffel-Pastete 
auf seinem Teller. — 
Zwischen ihm und Magclone saß das 
kleine Mädchen; es hatte sich diesen Platz 
durchaus nicht nehmen lassen wollen und 
fast mit Thränen in den großen lieben Kin- 
dcraugen darum gebeten. 
Mama, ich möchte doch so gerne neben 
Onkel Sascha und Lona sitzen — weil ich 
Beiden so ganz gleich gut bin. 
So war es . geschehen, und daraus ergaben 
sich für den Prinzen und Magclone viele 
Arrknüpfungspunkte zur Ilntcrhaltung, d 
Marie Rose sic immer in ein Gespräch ver 
wickelte, sich bald an diesen, bald an jenen 
mit einer Frage wandte. Man >vnr sehr 
hcitcry lachte und scherzte, und das junge 
l reizendes, bewegliches Geschöpfchen, Mädchen kam sich vor, wie in eine neue 
Jubetschrei ausstoßend, auf Mage--Welt entrückt, im Vergleich zu dem kleinen 
Heim in Steglitz und in der PotSdamcr- 
straße. 
Der prächtige Raum, die mit Delikatessen 
reich besetzte Tafel, der funkelnde, feurige 
Wein in den schön geschliffenen Gläsern, die 
galonirten Diener, die unhörbar ihres Amtes 
walteten, und die sorglosen, lebenslustigen 
Menschen, mit denen sie zu Tische saß, alles 
das wirkte fast wohlthuend auf ihr für 
Aeußerlichkeiten so empfängliches Gemüth. 
Nur Frau von Giesbrecht mit ihrer steifen 
Gestalt und ihrem süßsauren verkümmerten 
Gesicht kam ihr vor, wie eine unliebsame Er 
innerung an das, was sic so gern vergaß: 
an menschliche Sorge und an Entbehren. 
Sobald sic den strengen grauen Augen be 
gegnete, wandte sie ihr Köpfchen zur Seite, 
und sobald die dünnen, scharfgeschwungencn 
Lippen sich öffneten, hatte sic ein Gefühl, 
als müsse sic sich die Ohren zuhalten. 
Nach Bent Frühstück hatte man noch eine 
Stunde Zeit, che man wieder nach dem 
Bazar hinüber ging. Gräfin Xenia zog sich 
in ihr Boudoir zurück, Frau von Giesbrecht 
nahm die „Kreuzzeitung" und suchte eine 
bequeme Sophaccke auf. 
„Schlafen, Gnädigste?" fragte der Prinz 
mit leichter Ironie. 
^ „Sie wissen, Prinz, daß ich niemals am 
Tage schlafe," antwortete sie int Tone der 
Entrüstung. 
„Pardon, ich vergesse so leicht." 
-„Was — Andere Betrifft," cntgegnctc sie. 
scharf. i 
Er sah sie mit vergnügtem Lächesn. .cm 
bis ihr langer Oberkörper hinter der Zeitung 
verschwunden war. 
(Fortsetzung folgt.) 
Krscheint tägLich.
	        
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