Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

fähre über den Oddesund ein Radfahrer 
ein, dessen rechtes Bein vollständig ver 
krüppelt ist, sodaß er sich nur mit Hülfe 
einer Krücke fortbewegen kann. Die Krücke 
nun benutzt der Fahrer, um das Pedal 
auf der rechten Seite des Rades zu treten, 
mit solcher Gewandtheit, daß er, was 
Schnellfahren anbetrifft, mit manchem an 
deren Fahrer, der im Vollbesitz seiner- 
gesunden Gliedmaßen ist, concurriren kann. 
Inland. 
Berlin, 16. Juni. Heute hat die Ver 
mählung der Tochter des Herrn Finanz- 
Ministers Miq u el mit Herrn v. Schelib a 
in der Garnisonskirche stattgefunden. Gestern 
fand im Finanzministerium eine Vorfeier 
in Gestalt eines Polterabends statt; zu 
den Gästen gehörten auch Graf Caprivi, 
fast sämmtliche preußische Minister mit ihren 
Familien, Mitglieder des Bundesraths und 
hohe Reichsbeamte, sowie sämmtliche vor 
tragende Räthe des Finanzministeriums mit 
ihren Damen. 
— Das Reichsschatzamt hat die 
Restaurirung des Juliusthurmes inSpandau, 
der bekanntlich den Kriegsschatz birgt, an 
geordnet. Das äußere Mauerwerk des 
Thurmes ist stark verwittert; die vom 
Zahn der Zeit morsch gewordenen Steine 
sollen herausgestemmt und durch neue er 
setzt werden. Betreffs der Ausführung 
dieser Arbeit ist aber ausdrücklich bestimmt 
worden, daß ein feststehendes Gerüst um 
den Thurm herum nicht aufgestellt werden 
darf, die Maurer müssen von Leitern aus 
arbeiten. Tie Umfassungsmauer selbst ist 
2'/'a Meter dick; der Schatz befindet sich 
jedoch in einer besonders gemauerten Kammer 
— Wie das Kohlensyndikat in 
Rheinland-Westfalen, zu dessen Nutzen der 
Dortmund-Rheinkanal hauptsächlich gebaut 
werden soll, dem Gemeininteresse Rechnung 
trägt, mag man aus folgenden Sätzen des 
Jahresberichts der Handelskammer zu 
Hagen pro 1893 entnehmen: „In dem 
Berichtsjahre hat das rheinisch-westfälische 
Kohlensyndikat seine Wirksamkeit begonnen; 
in dem ersten halben Jahre ging das Ge 
schäft noch fast überall in den alten, durch 
längere Abschlüsse vorgezeichueten Bahnen. 
Nach und nach nahm das Syndikat die 
Zügel selbst in die Hand und zog sie 
schärfer an; jetzt weiß die Industrie, daß 
sie nicht nur mit erhöhten Preisen, 
sondern auch mit einer straffen Hand 
habung der Geschäftsleitung zu thun hat. 
Die Preise sind um 5 bis 10 Mk., in 
Einzelfällen noch mehr pro 10000 Kilo 
erhöht und dabei können die industriellen 
Werke in manchen Fällen für Geld und 
gute Worte nicht einmal die Kohlen er 
halten, welche sie Jahre lang verwendet 
haben, an deren Gebrauch die Arbeiter ge 
wöhnt und für deren Benutzung die ge- 
sammten Feuerungen eingerichtet sind. Die 
Zuweisung bestimmter Qualitäten wird als 
unmöglich bezeichnet, weil die Kohlen theile 
weise ohne Rücksicht auf die bisherige 
Kundschaft der einzelnen Zechen verkauft 
find, und zwar vielfach an Händler, an 
welche sich die in eine Zwangslage ver 
setzten Industriellen wenden müssen. Das 
Syndikat nutzt seine Machtstellung aus, 
und dieJndustrie ist hiergegen 
machtlos. Die Großindustrie arbeitet 
mit seltenen Ausnahmen ohne Nutzen, trotz der 
ihr vom Deutschen Reiche gewährten Schutze 
zölle. Wenn es aber so weitkommensollte, daß 
sehr große und wichtige Gewerbszweige 
theils ohne jeden Unternehmergewinn, 
theils mit Schaden arbeiten, 
weil die nothwendigen Produktionsmateri 
alien nur von einer Hand zu hohem Preise 
zu erhalten sind, so ist dies ein ungesunder 
Zustand, welcher das Dasein der Industrie 
in dem Machtbereiche eines solchen Syndikats 
in Frage stellen kann . . . Auch das Kokes 
fyndikat trägt nach wie vor zur Schwächung 
der hiesigen und Kräftigung der ausländischen 
Industrie bei, indem es angeblich nothge 
drungen nach L u x e m b u r g, B e l g i e n 
und Nordfrankreich erheblich 
billiger verkauft als nach 
W e st f a l e n, dem S i e g e r l a n d e 
und Nassau. Alle Nachrichten aus den 
erwähnten Grenzgebieten berichten über 
das mächtige Aufblühen der Eisen- und 
Stahlindustrie, und aus dem Geschäftsbe- 
richte des Syndikats ersehen wir, daß der 
Kokesabsatz nach dem lothringisch-luxembur 
gischen Erzgebiete von 45,3 auf 47,5 pCt. 
der gesummten Produktion des Ruhrgebietes 
gestiegen ist." 
In Charlottevburg ist, wie die „Voss 
Ztg." mittheilt, die Wahl des Lehrers 
Otto zum Stadtverordneten nun 
mehr bestätigt worden. Nachdem anfänglich 
die Bestätigung verweigert worden war 
halte sich Otto an den Unterrichtsminister 
gewandt, worauf unter dem 9. Juni d. I 
von der königlichen Regierung zu Potsdan, 
die Bestätigung ausgesprochen wurde. 
Kaum glaubliche Zustände fanden zwei 
Polizeibeamte in einer Wohnung in Rix- 
dorf vor, der sie einen dienstlichen Besuch 
abzustatten hatten. Beim Eintritt in die 
wäre ich zu Hause geblieben. Aber das 
wußte ich, diesen Gedanken durfte ich nicht 
aussprechen zumal da auch Herbert mitge 
nommen werden sollte. So oder so — 
die Oual mußte doch einmal enden! 
(Fortsetzung folgt.) 
aus Stube und Küche bestehende Wohnung 
wehte den Beamten ein Geruch entgegen, 
der ihnen fast den Athem benahm. Eine 
Heerde Kaninchen stob beim Erblicken der 
Fremden in alle Winkel. Das Zimmer 
wimmelte von Ameisen. In einer Ecke 
des Zimmers standen zwei Säcke, die sich 
ebenfalls bewegten; auch diese waren mit 
Ameisen gefüllt. Die Familienmitglieder 
gaben an, sie hätten die Ameisen aus dein 
Köpnicker Forst geholt, um einen Handel 
mit Ameiseneiern betreiben zu können. In 
einem Bauer an der Wand befanden sich 
zahlreiche weiße Mäuse, in einem anderen 
eine Anzahl junger Singvögel, welche Tags 
zuvor aus einem Nest ausgenommen wor 
den waren. Einen ordentlichen Schreck 
bekamen die Beamten aber, als Plötzlich 
dicht über ihren Köpfen auf einem Schranke 
eine mächtige — weiße Ratte sichtbar 
wurde. Die Leute erklärten den Beamten, 
sie seien große Thierfreunde und nur darum 
hielten sie diese „Menagerie". Geradezu 
unglaublich ist es aber, daß die ziemlich 
zahlreiche Familie in den engen Räumen 
mit all diesen Thieren zusammen haust. 
Die Beamten waren froh, als ihre Mission 
erfüllt war. 
Die Mindencr Brauerei, die Feld 
schlößchenbrauerei, welche sich der Sozial 
demokratie für den Bierkrieg, gegen die 
Braunschweiger Brauereien zur 
Verfügung stellte, hat infolge dessen für 
das Offizierkasino, die Kantinen, die ver- 
schiedenen Lokale, in welchen Beamte und 
Offiziere vorzugsweise verkehren, die Bier 
lieferung verloren. Dasselbe ist in Bezug 
auf eine Anzahl Wirthschaften der Fall, in 
welchen bürgerliches Publikum verkehrt, 
Das hervorragendste Wirthschafts-Etablisse- 
ment, die „Tonhalle", (zugleich Stadttheater) 
gehört der Brauerei, und da sich auch aus 
dieser das Publikum theilweise zurückge 
zogen hat, so hat der Wirth der Brauerei 
gekündigt. 
Ein besonderer Bierführer wird 
'ür die Sozialdemokratie bei ihrem Volks 
fest in Friedrichshagen an diesem Sonntag 
ausgegeben werden müssen. Der „Vor 
wärts" enthält so viel Warnungen vor 
boykottirten Bierwirthschaften in Friedrichs 
hagen und Umgegend, baß es den „Ge 
nossen" sehr schwer fallen muß, sich ledig 
lich nach dem Gedächtniß durchzufinden. 
Dazu kommt, daß, wie man dem „Vor 
wärts" entnimmt, in einzelnen Lokalen per 
Plakat Bier angezeigt ist, welches aus einer 
boykottirten Brauerei stamnien soll. 
In einer neuerdings erschienenen biblio 
graphischen Arbeit von Dr. Joh. Fickel 
wird auf die seltsame Thatsache hingewie 
sn, daß der Allerweltsvogel Spatz in 
verschiedenen Orten des sächsischen Vogt- 
landes überhaupt nicht vorkommt. Es sind 
dies angeblich die Orte: Kottenhaide, 
Gettengrün bei Adorf, Brotenfeld bei 
Schöneck, Stangengrün bei Reichenbach, 
bwie Vogelgrün und Schnarrtanne. Im 
Anschlüsse an diese Notiz, die neuerdings 
die Runde durch die sächsische Presse macht, 
wird aus Zittau gemeldet, daß in den 
Gebirgsdörfern Oybin und Hain in der 
sächsischen Oberlausitz der Sperling ebenfalls 
iehlt. Auf welche Ursachen diese Thatsache 
zurückzuführen ist, konnte bisher noch nicht 
festgestellt werden. 
Aus Angermünde berichten die „B. N. N." 
Eine Typhusepidemie unter der 
civilen und militärischen Bevölkerung ist 
aufgetreten. Professor Dr. Pfuhl und ein 
Oberstabsarzt aus Berlin sind angekommen, 
um die Ursache zu ergründen und die er- 
iorderlichen Maßregeln zu treffen. 
Bunzlau, 16. Juni. Unter den Zöglingen 
der hiesigen königlichen Schulanstalten 
sind ganz plötzlich Massenerkrankungen 
ausgebrochen. Die Ursache ist noch nicht 
festgestellt. Die Erscheinungen sind ruhr- 
artig. Die Zahl der Erkrankten ist ziem 
lich groß. 
Ein „schwerer" D i e b st a h l ist in 
Köpenick verübt worden. Von einem Neu 
bau ist eine Anzahl eiserner Träger im 
Gewicht von drei Centnern gestohlen worden. 
Frankfurt, 15. Juni. Einen frecheren 
D i e b st a h l hat wohl selten Jemand ver 
übt als jüngst der Schreiner Johann Adam 
Förster, der heute vor der Strafkammer 
des Landgerichts stand. Er stahl nämlich 
dem Schutzmann, der ihn zur Ruhe verwies, 
die Uhr aus der Tasche. 
Ani Mittwoch früh wurde am Bcnrad 
zwischen Krefeld und St. Tönis, in der 
Nähe des Mörterhofes, ein Mädchen von 
11 Jahren von einem Scheusal überfallen 
und ihm der Leib aufgeschlitzt. Das Kiud 
schwebt in Lebensgefahr. Die polizeiliche 
Untersuchung wurde sofort eingeleitet. Der 
Thäter flüchtete in ein Roggenfeld. Das 
Kind wollte in Begleitung eines andern 
Mädchens die Schule in St. Tönis be 
suchen und ging zu diesem Zwecke durch 
ein Roggenfeld. Das andere Kind wurde 
auch überfallen, es konnte aber flüchten 
und das Entsetzliche melden. Man ist dem 
Verbrecher auf der Spur. Es soll ein 
vor Kurzem aus dem Zuchthause entlasse 
ner Sträfling sein, der eine 10jährige Haft 
abgebüßt hat. 
Zu Schöningen im Herzsgthum Braun 
schweig erkrankten plötzlich die vier Jahre 
alten Zwillingssöhne des Schuhwaaren 
Händlers F. an Vergiftungserschei 
nungen. Es stellte sich heraus, daß die 
Kinder Schoten des Goldregens gegessen 
hatten. Das eine Kind ist bereits ge 
storben, bei dem andern ist wenig Hoff- 
nung auf Erhaltung des Lebens. 
Posen, 16. Juni. Der „Posener Zei 
tung" ging von dem hiesigen Generalkom 
mando folgende Mittheilung zu: In der 
Kaserne des Grenadier-Regiments in Lieg 
nitz sind in der letzten Zeit mehrfach Fälle 
von fieberhaftem Darmkatarrh 
vorgekommen. Im ganzen sind zur Zeit 
56 zum Theil auch in Bürgerquartieren 
liegende Soldaten erkrankt. Bei 10 Sol 
daten ist Typhus hinzugekommen. Der 
kommandirende General hat sofort an Ort 
und Stelle die sofortige Verlegung des 
Bataillons von Liegnitz ins Barackenlager 
angeordnet. Die Untersuchungen über die 
Ursachen werden in kürzester Zeit beendet 
und die Behörden daher in der Lage sein, 
einer weiteren Ausdehnung der Erkrank 
ungen vorzubeugen, deren Verlauf ein gün- 
'tiger zu werden verspricht. 
Siegen, 16. Juni. Im Prozeß des 
Siege ner Bankvereins gegen 
Brüggemann und Genossen wurde heute 
das Urtheil gefällt. Brüggemann wurde 
wegen Benachteiligung des Bankvereins, 
Verschleierung und Betruges zu 5 Jahren 
Gefängniß, 16,000 Jl Geldstrafe und 3 
Jahren Ehrverlust, Koelsen wegen derselben 
Strafthaten, ausgenommen Betrug, zu 2 
Jahren 6 Monaten Gefängniß und 9000 </H 
Geldstrafe, Kröger wegen beabsichtigter Be 
nachtheiligung des Bankvereins zu 1 Jahr 
Gefängniß und 3000 Jl Geldstrafe und 
Franz wegen Beihülfe zur Verschleierung 
und Bankerott zu 2 Jahren Gefängniß 
und 1500 Jl Geldstrafe verurtheilt. 
Elberfeld, 14. Juni. Eine Diebes- 
und Räuberbande, in ihrer Art wohl 
einzig, stand heute vorder hiesige» Straf- 
kammer. Die Angeklagten waren vier 
Burschen im Alter von 17 Jahren. Wahr 
scheinlich haben ihnen die bekannten Schund- 
und Schauerromane die Köpfe verdreht, 
und wer weiß es, ob sie es nicht eines 
Tages zu Mord und Todtschlag gebracht 
hätten, wenn man ihnen nicht noch bei 
Zeiten das Handwerk gelegt hätte. Schon 
lange hatte die Polizei auf sie gefahndet, 
allein sie hausten in einer Höhle der von 
Barmen nach Schwelm zu sich hinziehenden 
Gebirgskette, wo sie Niemand vermuthete. 
Sie hatten alle einen Eid abgelegt, daß 
sie sich nicht verrathen wollten; der Ver- 
räther sollte mit dem Tode bestraft werden. 
Aber trotz des Eidschiours prahlte einer 
eines Tages, die Polizei erfuhr es und 
hob das Nest aus. Das war aber noch 
mit großen Schwierigkeiten verknüpft, denn 
der Eingang zur Höhle war so eng, daß 
die Beamten auf allen Vieren hineinkriechen 
mußten. Aber es gelang, mit Kerzen in 
der Hand drangen sie in die Höhle ein 
und fanden Folgendes: Au den Wänden 
hingen etwa 20 Säbel und Säbelklingen, 
ferner Säbelkoppeln, Säbeltaschen und 
Tornister. Davor lagen zwei blinkende 
Schwerter, ein Todtenschädel und eine 
Menge Dynamitpatronen. An einer an 
deren Stelle stand eine Elektrisirmaschine, 
ein Elektromagnet, ein Mikroskop, ein Fern 
rohr und eine Dunkelkammer, endlich in 
einer Ecke in wüstem Chaos Diebswerkzeug, 
Dynamit und leere und gefüllte Wein- und 
Liqueurflaschen. Außerdem fanden sich meh 
rere Lampen vor, die die phantastischen 
gen zur Beleuchtung ihres Schlupf 
winkels benützt hatten. Sämmtliche Gegen- 
iände hatten sie meist mittels Einbruchs 
gestohlen, den Wein einem Wirth, die 
Waffen einer Militäreffektenhandlung, die 
Elektrisirmaschine, das Fernrohr, Mikros 
kop rc. aus einer städtischen Schule und 
das Dynamit aus einem im Walde befind 
lichen Dhnamitlager. Sie hatien sich nun 
heute wegen acht schwerer Diebstähle und 
Dynamitverbrechens zu verantworten. Die 
Strafkammer verurtheilte sie, mildernde 
Umstände annehmend, zu Gefängnißstrafen 
von 1, 2, 3 und 4 Jahren. 
Ein theures Bad hat sich dieser 
Tage in Mainz ein P s p a g e i verschafft. 
Die Hausfrau hatte zur Feier des Namens 
tagestages eines Familienmitgliedes eine 
Erdbeerbowle bereitet und auf den Tisch 
des Zimmers gesetzt, in dem sich der Vogel 
frei bewegte. Als sie nun nach dem Bra 
ten in der Küche sah, benutzte „Jakob" die 
Gelegenheit, sich ein Bad in der großen 
Terrine zu verschaffen, und plätscherte zum 
Entsetzen der Hausfrau bei ihrer Rückkehr 
noch vergnügt in der improvisirten Bade 
wanne. Das köstliche Naß mußte selbst 
verständlich fortgegossen werden. 
Hannover, 14. Juni. Hier hat ein 
Ha »sein stürz stattgefunden. Gestern 
Nachmittag, als die Maurer ihre Vesper 
beendet und sich rüsteten, den Bau wieder 
zu besteigen, stürzte mit mächtigem Getöse 
die größere Hälfte des Baues und zwar 
die von den andern Häusern abgewande 
Straßenecke, bis unten hin ein, daß Bau 
gerüst mit sich reißend. Die Arbeiter hatten, 
weil sie zuvor noch eine begonnene Arbeit 
vollenden wollten, später als sonst gevespert; 
einzig diesem glücklichen Umstand ist die 
Rettung ihres Lebens zu danken. Es 
waren 9 Maurergesellen und 6 Kalk- und 
Steinträger an dem Bau beschäftigt. 
Hamburg, 16 Juni. Die Verhandlun 
gen zwischen Hamburg und Preußen wegen 
Erbauung eines Central-Bahnhofes dürften 
demnächst auf Grund einer neuen Vorlage 
wieder aufgenommen werden. Wie ver 
lautet, würde hierbei der Verkauf d ejr 
VerbindungsbahnanPreußen 
eine Basis der neuen Unterhandlungen sein. 
Die Kosten des Hamburger Central-Bahn 
hofes wurden früher auf 34 Millionen 
Mark berechnet. Nach neueren Mittheilungen 
aus Berlin wird jedenfalls der Hamburger 
Central-Bahnhof mit einem entsprechenden 
Kostenbeträge in dem nächstjährigen preußi 
schen Etat erscheinen. 
Eine neue Aktiengesellschaft unter dem 
Namen „Wilhelmsburger Terraingesell- 
schaft" wird demnächst mit 3 Millionen 
Mark ins Leben treten. Wilhelmsburg 
ist eine Elbinsel zwischen Hamburg und 
Harburg, es soll das erworbene Terrain 
zu Fabriketablissements dienen. 
BroviuztellLS. 
In Schleswig-Holstein existiren nach 
einem Aufsatz des Geh. Regierungsraths 
Frhrn. von Fircks in der „Zeitschrift des 
Königl. preuß. Statistischen Bureaus" 34 
Bäder und Trinkquellen. Von diesen sind 
3 Mineralbäder. 
sZEin rasender Insasse des Segeberger 
städtischen Gefängnisses, welcher dort eine 
Gefängnißstrafe verbüßt, hatte Donnerstag 
in seiner Zelle den Ofen zertrümmert und 
mit den Eisenstncken ein großes Loch in 
die Wand gebrochen. Drei stämmige Po 
lizisten waren nicht im Stande, den wü 
thenden Menschen zu bewältigen, auch dann 
noch nicht, als ein hinzueilender Schlachter 
mit kunstgerechtem Handgriff ihn an der 
Gurgel faßte. Derselbe kam erst zur Be 
sinnung und konnte gefesselt werden, als 
der kalte Wasserstrahl aus einer requirirten 
Handspritze eine Zeit lang auf ihn applizirt 
wurde. Jedenfalls wird der wüthende 
Mensch wegen Sachbeschädigung noch eine 
lange Nachstrafe zu gewärtigen haben. 
Der Name Schmidt ist ja kein sehr 
seltener; aber eine Seltenheit oder ein 
merkwürdiges Zusammentreffen dürfte es 
doch sein, daß in einem Geschäft zu Ncu- 
münstcr und zwar in dem Barbiergeschäft 
von W. Schmidt an der Kieler Brücke, der 
Prinzipal, der Gehilfe und der Lehrling 
nicht allein denselben Familiennamen, sondern 
auch denselben Vornahmen führen, — alle 
Drei heißen Wilhelm Schmidt! 
? Kiel, 16. Juni. In der gestrigen 
Sitzung der Strafkammer stand der 
Fall Dr. Rüger-Elberfeld zur Verhand 
lung. Der Chemiker Dr. Rüger hatte in 
öffentlichen Vorträgen über Christenthum 
und Sozialismus, wie es in der Anklage 
schrift hieß, Gott gelästert durch beschim 
pfende Ausdrücke und dadurch öffentliches 
Aergerniß gegeben und die evangelisch! 
wie die katholische Confession und deren Ein 
richtuugen beschimpft. Der Angeklagte, 
welcher aus der Haft vorgeführt Ivurde, 
ist bereits ivegen ähnlicher Vergehen ver 
schiedentlich vorbestraft; er ist zu den Vor 
trägen über „Christenthum und Sozialis 
mus" angeregt worden durch Freidenker 
und Sozialdemokraten. Dr. Rüger bestritt 
die Gotteslästerung und Beschimpfung der 
Kirche und versuchte darzuthun, daß er die 
Vorträge in ganz gleichem Wortlaut schon 
verschiedenen Städten Mittel- und 
Norddeutschlands gehalten habe. Infolge 
dieser Vorträge ist der Angeklagte indessen 
bereits wegen Gotteslästerung bestraft loor 
den. Der Physikus Dr. Joens gab sein 
ärztliches Gutachten dahin ab, daß Dr. 
Rüger an paralytischem Wahnsinn und 
Größenwahn leide und zwar sei die Geistes 
erkrankung schon seit Jahren nachweisbar. 
Auf Grund dieses Gutachtens beschloß das 
Gericht Einstellung des Verfahrens gegen 
Dr. Rüger und sofortige Entlassung des 
Angeklagten aus der Haft. Die Staats 
kasse hat sämmtliche Gerichtskosten zu tragen. 
? Kiel, 17. Juni. Heute Nachmittag 
Uhr nahm das e r st e Konzert des 
S ch l e s w i g-H o l st e i n i s ch e n M u 
s i k f e st e s seinen Anfang. Zur Auf 
sührung gelangte das Mendelssohn'sche 
Oratorium „Elia s". Der geräumige 
ebenso reich als geschmackvoll dekorirte Fest- 
saal, auf dessen Podium die ca. 500 mit- 
wirkenden Sänger und Sängerinnen, das 
Orchester und die Solisten plazirt waren, 
vermochten kaum die Fülle die Konzert 
besucher zu fassen, welche andachtsvollen 
weihevollen Klängen der genialen Ton 
schöpfung lauschten. Der Dirigent des 
Musikfestes, Prof. H. Stange, wurde mit 
reichem Beifallsgrüßen empfangen, als er 
die Dirigentcnkanzel betrat. Dann ein 
Moment erwartungsvoller Stille und nach 
einem kurzen Sologesang des „Elias" setzte 
die Ouvertüre ein und nun reihte sich 
Nummer an Nummer des herrlichen Mu 
sikwerks und immer begeisterter wurde das 
Auditorium, bis es zum Schluß der mehr 
als dreistündigen Aufführung nicht enden 
wollenden Beifall spendete. Bei dem Chor 
erwies sich das numerische Uebergewicht 
des Soprans keinesfalls als den Gesammt- 
erfolg beeinträchtigend, es wurde von 
sämmtlichen Stimmen eine solche Tonfülle 
entwickelt, daß die Ensemblesätze völlig aus 
geglichen zum Ausdruck gelangten. Das 
aus 77 ersten Künstlern zusammengesetzte 
Orchester bot ein Bild der ausgezeichnetsten 
Abrundung und die Solisten reihten sich 
würdig ein. Der Beifall des Publikums 
galt in erster Linie dem Vertreter der 
Titelparthie, Herrn Messchaerdt aus Amster 
dam, welcher eine volle, ausgiebige Baß 
timme sein eigen nennt und eine fein nu- 
ancirte Vortragsweise mit meisterhafter Ge- 
ammtcharakterisirung verbindet. Frau 
Joachim aus München entzückte nicht 
minder durch ihr herrliches Altorgan; sie 
mng die Parthie des Engels und der Kö 
nigin mit vollendeter Meisterschaft. Frl. 
Lei sing er aus Berlin, welche die Rollen 
der Wittwe und des Knaben durchführte, 
wirkte weniger durch Fülle des Tons und 
sympathische Klangfarbe ihrer Stimme als 
durch die treffliche geistige Durchdringung 
ihrer Aufgabe. Herr Gust. Wulff-Straßburg 
>ang die erste Tenorpartie (Obadja) mit an 
sprechender seelenvoller Lyrik, van der 
Smissen-Altona den König Ahab mit vec- 
ständnißinnigem Vortrage. In kleineren 
Partien wirkten Frau Johannsen aus Preetz, 
der Opernsänger Gillmeister aus Hannover, 
'owie Frau Jenny von Senden aus Altona 
zur Zufriedenheit der Hörer. Reicher, nicht 
endenwollender Beisall wurde dem Dirigen 
ten sowie den sämmtlichen Mitwirkenden 
zn Theil. Prinz und Prinzessin 
Heinrich, der Oberpräsident v. Stein 
mann Excellenz wohnten dem Konzert von 
Anfang bis zum Ende bei. 
7L Friedrichstadt, 17. Juni. Die hiesige 
städtische Spar- und Leihkasse erzielte nach 
der in der vorgestrigen Sitzung unserer 
Stadtvertretung abgelegten Rechnung iw 
Jahre 1893 einen Reinertrag v. 8804,83 M., 
gegen 13347,68 Mk. im Vorjahre. Es 
wurden aus den letztjährigen UeberschüsseN 
bewilligt für die hiesige Privat-Mädchen- 
schule 600 Mk., für die gewerkt. Fort 
bildungsschule 600 Mk., für Lehrmittel 
für Kinder unbemittelter Eltern 200 Mk., 
für die Turnerfeuerwehr 75 Mk., für die 
freiwillige Feuerwehr 50 Mk., für den 
Stipendienfond 300 Mk., für die Klein 
kinderschule 100 Mk., für die Stiftung für 
die Wittwen und Waisen der Kampfgenossen 
von 1870/71 50 Mk., für die Innung 
bezw. für eine zu errichtende Herberge zur 
Heimath 200 Mk., für die Kochanstalt 
300 Mk., für den Kriegerverein 100 Alk., 
für den Haidekulturverein 60 Mk., für 
Alters- und Jnvaliditätsrenten 800 Mk- 
für die israelitische Gemeinde 150 Mk., 
für Verschönerungen 600 Mk. 
^ Kropp, 17. Juni Vom schönste» 
Wetter begünstigt, wurde hier heute das 
Jahresfest der Anstalten abgehalten, z» 
dem nicht nur die Gemeindegehörigen i» 
großer Zahl erschienen, sondern von Nah 
und Fern Theilnehmer hier eingetroffen 
waren. Die Festrede in der mit Blume» 
und Laub aufs Schönste geschmückten Kirchk 
hielt diesmal Herr Pastor Paulsen selbst- 
Rach derselben fand die Abordnung vo» 
4 Predigerkandidaten statt, welche in de» 
Anstalten für Amerika ausgebildet waren- 
Zur Nachfeier hatten sich am Nachmittage 
wieder zahlreiche Theilnehmer im Pastorat 
garten eingefunden und wurden hier vo» 
verschiedenen Geistlichen Ansprachen ge 
halten und unter Begleitung des Posaune»' 
chors Choräle und Lieder gesungen. I» 
einer Zwischenpause trugen mehrere Zog 
linge des Waisenhauses kleine Gedichte 
vor. Mit einem am Abend in einer» 
hiesigen Wirthshause abgehaltenen Liebes 
mahl, bei dem noch verschiedene Ansprache» 
gehalten wurden, fand das diesjährige Fest 
sein Ende. Wer Kropp nach langen Jahre» 
wiedersieht, wundert sich über die zahl 
reichen hübschen und geschmackvollen Bau 
ten, die dort aufgeführt sind und hctt de» 
Ort sein Aufblühen lediglich dem Herr» 
Pastor Paulsen zu verdanken, dessen An 
stalten allein eine Kolonie ausmachen. Da» 
durch dieselben viel Segen gestiftet wird, 
steht außer Zweifel und daraus erklärt D 
auch die Unterstützung, welche dem Kropp»» 
Unternehmen selbst aus fremden Erdtheile» 
zu Theil wird. 
Kropp, 12. Juni. Der frühere Sķ 
Benkwitz aus Brekendorf, welcher de» 
Schreibtisch im Pastorat erbrochen hat, ff> 
ergriffen und zu 3 >/- Jahren Zuchthaus 
verurtheitt worden. Es stellte sich heraus, 
daß Benkwitz eben erst aus dem Zuchthaus 
in Celle kam, als er hier den Einbruch 
verübte. Er war anfangs ein redliche» 
Mensch, ist aber in der Großstadt Ha»»' 
burg untergegangen und von Stufe $ 
Stufe gesunken. — Die große Anerkennung- 
die der General-Superintendent Dr. Kafkas 
am 5. Juni bei Gelegenheit der Kirchrst' 
Synode in so ehrender Weise über d>» 
Kropper Gemeinde aussprach, hat, 
schreibt die „Kropper Wochenschau", »' 
freudiges Echo in derselben gefunden, »>» 
somehr, als die Gemeinde sonst ja nicst 
gerade in bezug auf Lob verwöhnt ist. 
— Bordesholm, 17. Juni. Die ¥ 
gestern stattgehabte Kreis-LehreroersaminluE 
des Kreises Kiel war von ca. 60 Lehr»»^ 
besucht. Den ersten Vortrag hielt 
Lehrer Struwe aus Kiel über „Zuge", 
und Volksspiele". Referent führte 
gendes aus: Das Spiel fördert die körp»s 
liche und geistige Entwickelung der Jug»^ 
und ist eine dem kindlichen Gemüth t»»v 
zusagende Leibesübung, als das Turn» 
Darum ist es Pflicht der Lehrer, aus ö 
Spiel der Jugend großes Gewicht zu leg 
und den Kindern täglich Anleitung in 
Ausführung der Spiele zu ä*» 
Versammlung war mit dem Refer 
einverstanden. Nach den »n der De 
zum Ausdruck gekommenen Mtttheltu ö 
sind an ei 
außer der 
angesetzt, 
ten Maßc 
werden, a: 
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ten, das ( 
binden, dl 
betheiligt' 
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Personen 
geboten, 
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Nortorfe: 
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Morgen 
so klärte 
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Tag ver 
Rendsbu 
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