Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

< 'x > ļiVV, 
eê seine düstere, traurige Geschichte? 
rührte cs von einer Krankheit her? 
wübeleien quälten mich plötzlich mit 
Gewalt, daß ich mir die Lippen fast 
-nß — ich war ganz aus dem Gleich- 
stpfrmttrtpvt . i rrv . o r 1 
Iìàburger 
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-» 87ster Jahrgang. 
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Wo. 137. 
Donnerstag, den 14. Juni 
1894. 
in Kost 
orweg. 
mim. 
m Küche 
Treppe. 
Imstande« 
ich. 
aben. 
Morgen-Depeschen. 
Ottensen, 14. Juni. Bei der gestrigen 
Reichstags-Ersatzwahl im 6. Wahlkreise 
wurden folgende Stimmen abgegeben: 
Kopsch (freis.) 4816 Stimmen 
Mohr (nationallib.) 5819 „ 
Raabsantisemit.) 2345 „ 
v. Elm (social.) 12104 
Es fehlen nur noch 6 kleinere Orte, deren 
Stimmenergebnisse an denn Gesammt-Re- 
sultat nichts zu ändern vermögen. Bei 
der letzten Wahl erhielten: 
H änel (freis.) 6223 Stimmen 
Graf Moltke (cons.) 6326 „ 
Lieberman n (antis.) 718 „ 
Molkenbuhr (soc.) 13097 „ 
Das Ergebniß ist also eine Abnahme 
der freisinnigen, nationallib..conservative!! 
wie sozialistischen und eine auffallende Zu 
nahme der antisemitischen Stimmen. Letztere 
Partei hatte neben der nationalliberalen 
Partei die regste Agitation entfaltet. 
Während das Agitations-Comits für Mohr 
eine große Anzahl von Equipagen zur 
Verfügung hatte, die säumigen Wähler 
heranzuholen, agitirten die Antisemiten in 
geradezu unheimlicher Weise.DieZunahme der 
Stimmen ist weniger gegen die Juden ge- 
richtet, als dem Umstande zuzuschreiben, 
daß sich unter den Flügeln der Antise- 
Berlin, 14. Juni. Die nächste SSoIîê 
zählung wird am 1. Dezember 1895 statt 
finden. Abgesehen davon, daß von der 
Volkszählung die Vertheilung derMatrikular- 
beitrüge abhängig ist, hat diese gerade jetzt, 
in der Zeit der volkswirthschaftlichen Re 
formen, eine erhöhte Bedeutung. 
Bern, 14. Juni. Aus allen Cantonen 
der Schweiz treffen ungünstige Witterungs 
berichte ein. In Schwyz und in der Ge- 
gend von Le Lien herrscht stärkster Schnee 
fall. Die ganze Umgebung von Inter 
leisen gleicht einer Winterlandschaft. Die 
Schneedecke ist 10 Centimeter hoch. 
Brüssel, 14. Juni. In hiesigen Hos 
und offiziellen Kreisen hat der Artikel der 
,,Köln. Ztg.", in dem erklärt wird, daß 
der Kongostaat seine Neutralität aufgegeben 
habe und selbst für die Folgen seiner 
Politik verantwortlich sei, große Unruhe 
und Besorgniß hervorgerufen. Es herrscht 
die Annahme, daß der Artikel direkt vom 
deutschen Reichskanzleramt inspirirt sei. 
Rom, 14. Juni. Nach einer Meldung 
des „Matino" bestehen zwischen Crispi 
und dem König gespannte Beziehungen, 
auf welche man auch die lange Dauer der 
jetzigen Krisis zurückführt. 
Rom, 14. Juni. Entgegen den kürzlich 
verbreiteten Meldungen verlautet, daß die 
russische Regierung das für die katholischen 
mrg. 
leister, 
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straße. 
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witen diejenigen gebildeten Elemente sam- un.yiti.uui} uu» [ut uie luiijunmitu 
»lelu, welche im Grunde ihres Herzens Priester bestehende Verbot, ohne besondere 
eigentlich socialistisch gesinnt sind, das kaiserliche Genehmigung ad limina zu er- 
hstiCil S rtVtt st «'s? şSnvt 11-,.... V sXt ,1 l V. ..I X 4- Ï . f. . 
Ich« nebst 
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raße 420. 
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Zimmern. 
irbeck. 
heißt, in dem Sinne als zu den Unzu 
sriedencn und Malcontcnten zählen, sich 
^ber anstandshalber den Socialisten nicht 
Anschließen können. Darf man doch ruhig 
Antisemit sein und unter diesem Fittich 
den Beistand des Reiches unterwühlen, 
»hne nach „oben" anzustoßen. 
Stendal, 13. Juni. Für die bevorste 
hende Reichstags-Ersatzwahl im 
Bezirke Stendal-Osterburg ist der „Freis. 
8tg." zufolge als Kandidat der freisinnigen 
^vlkspartei der Sekretär der Bielefelder 
Handelskammer Herr Otto Fisch beck auf 
stellt worden. Herr Fischbeck, der dem 
Wahlkreise entstammt, kandidirte auch bei 
°kr vorjährigen Reichstagswahl. 
Berlin, 14. Juni. Heute Mittag gegen 
^ Uhr stürzten auf dem Neubau des 
^eichspostamts-Gebäudes an der Ecke der 
Leipziger- und Mauerstraße mehrere eiserne 
^raģebalken aus dem zweiten in das erste 
Stockwerk, auf dessen Gerüst mehrere Ar 
beiter beschäftigt waren. Einer der Letzteren 
^Nrde sofort gelobtet, drei wurden schwer, 
"kei leicht verletzt. 
scheinen, nicht aufgehoben habe. 
Neapel, 14. Juni. Die „Agenzia Stefans 
meldet aus Vico Equense, daß Nicotera 
heute Mittag verstorben ist 
Madrid, 14. Juni. Wie aus Tanger 
gemeldet wird, hat der Onkel des jungen 
Sultans Ansprüche auf den marokkonischen 
Thron erhoben. Alan befürchtet einen 
Bürgerkrieg. 
Madrid, 14. Juni. Der Kriegsminister 
hat alle auf Urlaub weilenden Offiziere 
und Soldaten, welche dem II. Armeekorps 
in Andalusien angehören, einberufen. 
Wien, 14. Juni. Aus authentischer 
Quelle wird berichtet, die bevorstehende 
Reise der Prinzessin Clementina von Coburg 
nach Petersburg habe den Zweck, die An 
erkennung des Prinzen Ferdinand als 
Fürsten von Bulgarien zu bewirken »nd 
dem Zaren zu diesem Behufe eine Militär- 
Convention mit Rußland anzubieten. 
Belgrad, 14. Juni. In Hofkreisen wird 
behauptet, Exkönig Milan werde in dem 
Streite zwischen der Regierung und der 
liberalen Partei für letztere Stellung neh- 
men. König Alexander wird nach seiner 
Rückkehr von Konstantinopel nach Nisch 
reisen, wo er sich einige Wochen aufhalten 
wird. 
Bukarest, 14. Juni. Die Ernennung 
des Generals Barozzi zum Kriegsminister 
wird allgemein als eine sehr bemerkens 
werthe Befestigung des gegenwärtigen Re 
gierungssystems angesehen. 
Granada, 14. Juni. Gestern fand hier 
ein heftiges Erdbeben statt, welches mehrere 
Kirchen zerstörte und zahlreiche Häuser so 
stark erschütterte, daß ganze Stockwerke 
einstürzten und die übrigen Räume in den 
betreffenden Gebäuden unbewohnbar wurden. 
Die Polizei ließ sofort Räumungsarbeiten 
vornehmen. Die Katastrophe rief unter 
der Bevölkerung eine ungeheure Panik 
hervor. Die Zahl der Opfer konnte noch 
nicht festgestellt werden. 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Ncwyork, 12. Juni. Präsident Cleve 
land hat nun die Bill wegen Herstellung 
einer Brücke zwischen New-York und New- 
Jersey unterzeichnet. Die Kosten dieses 
Riesenwerkes werden auf 40 Mill. Doll. 
(168 Mill. Mk.) veranschlagt. Der Hudson 
oll in der Nähe der 69. Straße über 
mannt und die Brücke 2100 Fuß lang 
werden, etwa 600 Fuß länger als die 
Brooklyn-Brücke. Eine frühere Bill wurde 
vom Präsidenten nicht bestätigt, weil nach 
dem damaligen Plane zwei Piers in den 
Fluß hineingebaut werden sollten, wodurch 
die Schifffahrt gehindert worden wäre. 
Eine Kommission soll jedoch noch erst ent 
scheiden, ob es rathsam ist, eine Spannung 
von mehr als 2100 Fuß Länge Herzu 
tellen und falls die Entscheidung gegen 
dieses Projekt ausfällt, soll die Erbauung 
eines Piers gestattet sein. 
Der Thronwechsel in Marokko scheint 
ich, dem „B. T." zufolge, nicht in Ruhe 
und Friedlichkeit vollziehen zu sollen. Zwi- 
schen den Anhängern und den Gegnern des 
zum Sultan ausgerufenen Prinzen Abdul 
Aziz ist bereits in mehreren marokkanischen 
Gebieten ein blutiger Bürger 
krieg ausgebrochen. Die Insurrection 
beginnt sich auch in das Landesinnere fort 
zupflanzen. Die marokkanischen Behörden 
erwarten das Eingreifen des Marschalls 
Martinez Campos, der in den nächsten 
Tagen, mit Instruktionen versehen, aus 
Madrid erwartet wird. Die Berber haben 
die Erntearbeiten im Stich gelassen und 
halten religiöse Zeremonien und Waffen- 
Übungen ab, um einer etwaigen Invasion 
der französischen Fremdenlegion begegnen 
zu können. In den marokkanischen Ge 
wässern werden in Kürze englische und 
spanische Kriegsschiffe eintreffen. In Ma 
drid, wo das chauvinistische Feuer leicht 
lodert, verlangt fast die gesammte Presse 
energisch, daß die Regierung die Rechte 
Spaniens an Marokko mit allen Mitteln 
geltend mache. Die Anrechte Spaniens 
beständen darin, daß jetzt die erste Rate 
der Entschädigungssumme fällig geworden 
ist, die der Sultan wegen der Vorgänge 
in Melilla zu zahlen hat. — Marschall 
Martinez Campos, welcher gestern Abend 
in später Stunde in Madrid eintraf, legte 
in einem sofort abgehaltenen Ministerrathe 
seine Pläne und Ansichten bezüglich Ma 
rokkos dar. — Die spanische Regierung 
beabsichtigt, die Vertreter der Großmächte 
zu einer internationalen Konferenz nach 
Madrid zu berufen, um Konflikten in Ma 
rokko vorzubeugen. — Da der Sultan von 
Marokko kurz vor seinem Hinscheiden von 
heftigem, andauerndem Erbrechen befallen 
war, gewinnt die Annahme immer mehr 
an Wahrscheinlichkeit, daß er vergiftet 
worden ist. 
Tanger, 13. Juni. Abdul Asis mar- 
schirt mit seinen Truppen nach Fez. — 
Aus der Umgegend werden zahlreiche Dieb- 
stähle und Raubanfälle gemeldet. Der Be 
amte der französischen Briefpost wurde an 
gefallen, verwundet und die Korrespondenz 
geraubt. Der Gouverneur hat eine Ver 
ordnung erlassen, worin er die Kabylen 
auffordert, zu den bevorstehenden Festtagen 
in Waffen zu erscheinen. Die Maßregel 
flößt Beunruhigung ein. Das einzige 
Kriegsschiff, das anwesend ist, ist ein spani- 
scher Kreuzer. Man erwartet bald Kriegs- 
schiffe der übrigen Mächte. 
Spanien. 
Gibraltar, 13. Juni. Das englische 
Kanonenboot „Bramble" ist heute Vor 
mittag nach Tanger in See gegangen. 
Madrid, 13. Juni. Der spanische Ge 
sandte in Tanger telegraphirt: Das diplo 
matische Korps rieth, Kriegsschiffe nach der 
Küste von Marokko nicht zu entsenden, sie 
dagegen in den Häfen von Oran, Cadix 
und Gibraltar bereitzuhalten. 
Madrid, 13. Juni. Der Kommandant 
von Melilla hatte eine Zusammenkunft mit 
Mulei Araaf, der dabei erklärte, die Ka 
bylen befänden sich in Ruhe. 
Italien 
Rom, 13. Juni. Wie die Morgenblätter 
bestätigen, übernimmt Boselli das Finanz 
ministerium, Sonnino das Schatzporte 
feuille und Damiani das Portefeuille für 
Handel und Ackerbau. — Die „Riforma" 
theilt mit, der König würde die Demission 
des Kabinets ablehnen, und letzteres sich 
morgen mit einigen Veränderungen dem 
Parlamente vorstellen. 
Rom, 13. Juni. Der „Esercito" erklärt 
es für vollständig unrichtig, daß auf an 
geblichem Wunsche des Königs im Quirinal 
eine Versammlung von Generälen stattge 
funden habe, die dem König über die Mei 
nung der Armee, bezüglich der geplanten 
Reduktion des Kriegsbudgets Aufklärung 
geben sollte. 
şşraņkreiâ,. 
Paris, 13. Juni. Aus Buenos - Aires 
wird gemeldet, Paris werde die Ausfuhr 
von gemünztem Silber verbieten. 
Holland. 
Haag. 13. Juni. Radjah von Lombok 
hat auf das Ultimatum der Regierung 
von Niederländisch.Indien nicht geantwortet, 
infolgedessen befahl der Gouverneur eine 
Expedition nach Lombok zu senden. 
Belgien. 
Brüssel, 13. Juni. Das „Journal de 
Bruxelles" meldet aus Brügge, daß die Po- 
lizei dort ein Individuum ' verhaftet hat, 
von dem man annehme, daß es der an 
gebliche Baron Sternberg sei, der sich an 
den Attentaten in Lüttich betheiligte. 
England. 
London, 13. Juni. Nach einer Mel 
dung aus Shanghai entsendet die japanische 
Regierung beträchtliche Streitkräfte nach 
Korea, um ihre dortigen Interessen zu 
vertreten. Einem Gerücht zufolge traf der 
König von Korea Anstalten, nach Japan 
zu entfliehen. 
Oesterreich. 
Wien, 13. Juni. Der ehemalige serbi- 
che Gesandte in Petersburg Nicola Paschitsch 
wurde hier auf der Durchreise interviewt. 
Aus seinen keineswegs sensationellen Aeuße- 
rungen ist immerhin Folgendes hervorzu 
heben : Der gegenwärtige Zustand Serbiens 
ei unhaltbar. Die Behauptung, daß die 
Radikalen eine antidynastische Verschwörung 
angezettelt hätten, sei eine ungerechte Ber- 
dächiigung. Rußland habe den serbischen 
Staatsstreich schlecht aufgenommen. Stam- 
bulows Entlassung sei durch das Bestreben 
des Fürsten Ferdinand nach Anerkennung 
durch die Mächte hervorgerufen. Paschitsch 
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Novelle von Magda Fuß. 
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Wenn sie interessant war, so war sic doch 
.°n kurzer Dauer. Ein Paar mal sah ich 
^ noch auf und nieder wandern — dann 
j, ar Er plötzlich verschwunden. -— Ich zürnte 
9m. — Warum war er an mich heran 
getreten, um mir meine Freude an der schönen 
bahrt zu stören? Jetzt ertappte ich mich 
vrtwahrcnd dabei, daß meine Augen ihn 
'Dann war^ ich wieder böse ans 
f f'rf Thörin! Warum mußte 
ch Ihn so schroff abweisen! Warum war ich 
Acht aus seine Worte eingegangen? — Wer 
Ä ob mir in seiner Unterhaltung für den 
Aest der Dampferfahrt nicht noch viel Jn- 
.kessantes geworden wäre. Ich wollte doch 
gern einen Menschen, einen begeisterungs- 
ffhigcn Menschen kennen lernen, der noch 
'imstande wäre, trotz aller realistischen Prosa, 
sich an sein Leben hängen mochte, an 
^ Äbealen im Leben festzuhalten! Und 
An? Bei der ersten Aussicht, die sich mir 
U busier Hinsicht eröffnete, schlage ich mir 
h„ b 5 ite Thür vor der Nase zu! 
lasse). 
weiße Haar "über seiner 
Öl ™ ter şàgehen-, Was ging mich der 
'Wo cm b lu 9 Mill) De 
„ann, den ich Mi Leben nicht wicder 
würde, und sein weißes Haar an? 
Ich bestellte mir, als ich sah, wie die 
klebrigen fast Alle wieder vom Schauen zum 
Essen übergegangen waren, ein ordentliches 
Mittagessen nnd heftete Augen und Gedanken 
gewaltsam auf meine äußere Umgebung. Das 
würde -—- das mußte helfen. 
Der Rest der so schönen, unvergeßlich 
schönen Rhcinfahrt verlief nach diesem einen, 
kleinen Intermezzo für mich ruhig und ein 
förmig wie alle übrigen Reisen bisher. Meine 
poetische Stimmung war herabgcsunken Der 
süße Hauch verklungener Sagen und Märchen, 
der wie ein verklärender Zauber die Gipfel 
der Biege und die alten Burgruinen vor 
meinem staunenden Auge eingehüllt, war 
abgefallen, verflogen! Nur einmal noch wallte 
cs heiß in meinem Herzen auf und ich wurde 
von Begeisterung hingerissen. Das war, als 
plötzlich zur linken Seite bei einer Wendung 
des Dampfers die Germania vom Niederwald 
wie aus dem Felsen gezaubert hervortrat und 
riesengroß und sicgesstolz die deutsche Kaiser- 
rone in ihrer ausgestreckten Rechten haltend 
'..b'k Linke auf das Schwert gestützt — 
weit hlneiiychaute in die Lande als treue, 
siegesfrohe Wacht am Rhein! - O, wem 
nn deutsches Herz in der Brust schlägt, und 
K Ä rf mir genossen der 
wird verstehen, was ich empfand' — — 
Man ist seit jenen Tagen aus dem Jahre 
1870 und 71 so sehr an das Lied von der 
Wacht am Rhein gewöhnt, man hat es wohl 
tausendmal van den Leierkasten von Thür 
zu Thür, von den plärrenden Stimmen der 
Gassenbuben ableiern hören, daß man sich 
dadurch die Schönheit, die markige Sprache 
desselben unbewußt hat rauben und verleiden 
lassen. — Als ich aber die Germania mit 
eigenen Augen gesehen, da hatte ich mir das 
liebe, alte Lied wiedergewonnen und werde 
es niir auch wohl nie wieder rauben lassen. 
Süße, alte Weise: Lieb' Vaterland, magst 
ruhig sein! — O du glückliches, schönes, 
gesegnetes Rheinland! Kein Wunder, daß cs 
in Deinen Gauen mit den grünen Weinbergen 
und üppigen Thälern frohe, leichtherzige, 
lebensheitere Menschen giebt! — 
Meine Fahrt war zu Ende. Roch wenige 
Minuten, und wir landeten in Rüdesheim. 
Als der Dampfer angelegt hatte, strömte 
natürlich Alles in unruhiger Hast dem Lande 
z». Jeder wollte der Erste sein. Mir allein 
war nichts darum zu thun. Langsam, mit 
leichtem Weh im Herzen, schritt ich mit meinem 
wenigen Handgepäck der Landungsbrücke zu. 
Noch einmal wanderten meine Augen durch 
den ganzen Schiffsraum. Ich musterte die 
Zurückbleibenden, die weiter bis Mainz fuhren 
— w o war der Eine geblieben, zu dem meine 
Gedanken immer wieder in unbewachten Augen 
blicken zurückgewandert waren? Da, es durch 
fuhr mich vom Kopf bis zu den Füßen wie 
ein elektrischer Strom — da stand er plötz 
lich ganz nahe der Landungsbrücke, an das 
Schiffsgcländer nnd ließ mit undurchdringlichem 
Ernst auf seinen Zügen die Davonhastenden 
an sich vorüber gehen. Als ich in seine Nähe 
kam, traf mich sein Blick. Und ich? Ich 
konnte nicht anders, ich neigte ein ganz klein 
wenig mein Haupt zum Gruß — auf Nimmer 
wiedersehen. Ich glaube alle Farbe war aus 
meinem Gesicht gewichen, mein Herz klopfte 
hörbar und ich hatte den heftigen, fast schmer 
zenden Wunsch, er möchte nichts Schlechtes 
von mir denken. Er zog den Hut mit tiefer, 
ehrfurchtsvoller Verbeugung, die mir fast über 
trieben vorkam, nnd ich sah noch einmal über 
seiner Stirn die Stelle, wo das weiße Haar 
leuchtete. Hätte er nur nicht den Hut vom 
Kopf genommen! Gut, daß mich die Vorwärts 
drängenden mit sich fort, aus der gefährlichen 
Nähe jenes ftcmden Mannes zogen. Gut, 
daß er meine albernen Thränen nicht sah! 
Gut, daß dieser Unsinn ein Ende hatte! — 
Der Zauber der Rheinnixen hatte keine Wir 
kung inchr für mich. Als ich den Boden 
von Rüdesheim betreten hatte, stand ich wie 
der auf dem sicheren Lande der Wirklichkeit 
und mußte Augen und Ohren aufsperren, um 
einen Gepäckträger zu erwischen, der mich zu 
einer Droschke führen konnte, die mich nach 
der Peterscn'schen Wohnung, den Schauplatz 
meiner künftigen erziehlichen Thätigkeit, so bald 
als möglich bringen sollte. 
* -i- 
Wie gut war es doch für mich und mein 
selbstquälerisches Gemüth, daß ich jetzt wieder 
eine so liebe, mich ganz in Anspruch nehmende 
Thätigkeit hatte! Die kurze Zeit meiner Reise 
von Sch .... bis hierher hatte es mir 
wieder recht gezeigt, daß cs für mich und 
mein Leben kein doles tar niente geben durfte. 
Die dummen Gedanken, das schmerzende Sehnen 
nach jenem — „Ich weiß nicht, was" — 
waren, Gott sei Dank, wieder ganz in den 
Hintergrund getreten. 
Nur ab und zu in den einsamen Stunden 
vor dem Schlafengehen spukten noch immer 
thörichte Träume, lockende Bilder, ernste Augen 
und vor allem •— ein weißer Haarstrcifen, 
über einer hohen Männerstirn in meinen wirren 
Gedanken herum. Dann hörte ich wieder 
eine Stimme das Wort „Rheingold" flüstern, 
und mit meiner Fassung war es fürs Erste 
vorbei. — Aber das ging vorüber, sobald 
die klare Morgcnsonne in mein Zimmer schien. 
Dann klopfte cs gewöhnlich um halb 8 Uhr 
mit leichter Hand an meine Thür, und eine 
weiche Kinderstimme rief: „Fräulein Susy, 
Sie möchten zum Frühstück kommen!" Und 
ich öffnete meinem Liebling die Thür, und 
meine Seele trank sich gesund an seinem An 
blick. Der kleine Herbert war 6 Jahre alt 
und hatte vor meiner Ankunft noch keinen 
Unterricht erhalten. Ich sollte dieses kostbare 
Material, den klaren Verstand und das reiche 
Gemüth des Knaben bilden, entwickeln, bessern, 
schützen und behüten vor dem Gift schädlicher 
Einflüsse jedweder Art. Beide Eltern hatten 
ihr Kleinod vertrauensvoll in meine Hände 
gelegt und mir damit ihr Bestes gegeben. 
Ich war mir der schweren Verantwortung 
und der großen Auszeichnung zugleich wohl 
bewußt und bat Gott täglich um den rechten 
Ernst und die rechte Milde zu meiner hei 
ligen Mission. Nach zwei Jahren — so 
rechneten die Eltern — sollte Herbert auf 
die Vorschule des Gymnasiums kommen. 
Ich aber dachte schon jetzt mit Grauen an 
diese Zeit. Dann würde ich wieder einmal 
überflüssig werden und mußte weiter ziehen! 
Von Land zu Land, heimathlos und ohne 
Ruhe! Aber fort mit diesen traurigen Zukunfts 
gedanken. Noch war ja die Gegenwart schön! 
Wenn meine Unterrichtsstunden beendet 
waren, blieb mir vor Tisch noch eine 
chöne Stunde übrig. Dann widmete ich 
mich ganz meiner geliebten Musik. — Pe 
tersens bewohnten ihr eigenes geräumiges 
Haus — man konnte es eigentlich eher 
eine Villa nennen ■— herrlich am Ufer des 
Rheines gelegen, mit schönen, wohlgepfleg- 
:en Gartenanlagen. Der Flügel befand 
sch im Salon in demjenigen Theil des 
Grfcheint täaixcfy 
Wochenblatt. 
Bei Betriebsstörungen 
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes vorbehalten.
	        
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