Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

— Die Kunstsammlungen des Kaisers 
haben in jüngster Zeit einen werthvollen 
Zuwachs gewonnen durch den Ankauf 
eines auf Pergament gemalten Pastellbild 
nisses Jean-Etienne Liotards, das den 
Freund Friedrich des Großen, den Grafen 
Francesco Algarotti, darstellt. Wie Paul 
Seidel in dem soeben erschienenen 2. Heft 
des „Jahrbuchs der königl. preußischen 
Kunstsammlungen" ausführt, war in der 
an Werken der französischen Malerei des 
18. Jahrhunderts so reichen Sammlung 
Friedrichs des Großen Liotard bisher 
nicht vertreten, und auch von anderer 
Hand ist ein Bildniß Algarotti's in den 
königlichen Schlössern nicht vorhanden. 
Das Pastell ist so vorzüglich erhalten, wie 
es nur bei Liotard vorzukommen pflegt, 
der ein besonderes Verfahren gekannt zu 
haben scheint, um die Pastellfarben zu 
fixiren. 
Berlin, 6. Juni. Prinz Heinrich von 
Preußen soll nach Beendigung der dies 
jährigen großen Flottenübungen zum Con- 
treadmiral und Generalmajor befördert, so 
wie zum zweiten Chef des ersten Leib- 
Husaren-Regiments Nr. 1 ernannt werden. 
Berlin, 7. Juni. Für den Posten eines 
Kaiserlichen Gesandten in Rio de Janeiro 
dürfte, wie verlautet, der bisherige Gene 
ral-Konsul in Pest, Legationsrath Graf 
v. Monts, bestimmt sein, zu dessen Nach 
folger dort bereits der Legationsrath Graf 
Henckel von Donnersmarck ernannt wor 
den ist. 
Berlin, 7. Juni. Nach übereinstimmen 
den Meldungen scheint der Bundesrath 
keine Neigung zu haben, vor seiner Ver 
tagung sich über den Reichstagsbeschluß 
hinsichtlich Aufhebung des Jesuitengesetzes 
zu entscheiden. Die Vertagung des Bundes 
raths steht in kurzer Zeit bevor. 
— Der „Reichsanz." erklärt die Blatter- 
meldung, daß auf Anordnung des Kriegs 
ministeriums die aus denl aktiven Militär 
dienste scheidenden Reservisten künftig keine 
Entlassungsanzüge bekommen, für irrig. 
Es ist angeordnet, daß, ganz abgesehen 
von der Dienstzeit, jeder Mann, der 
bei der Entlassung keine Civilkleider 
besitzt oder mittellos ist, einen Entlassungs 
anzug erhält. In Fortfall kommt derselbe 
bei Leuten, die Civilkleider besitzen und 
erfahrungsmäßig die Entlassungskleider be 
nutzen, um sie möglichst bald zu verkaufen. 
Letztere Kategorie auszuschließen, ist nach 
Einführung der zweijährigen Dienstzeit bei 
den Fußtruppen auch ans wirthschaftlichen 
Rücksichten nothwendig. 
— Der spanische Ministerialrath hat nach 
der „Köln. Ztg." beschlossen, die Anwen 
dung des Maximaltarifs auf deutsche Her- 
künste auch auf Cuba und Puer 
to r i c o anszudehncn, und die betreffenden 
Befehle sind den dortigen Zollbehörden 
telegraphisch übermittelt worden. Für die 
Philippinen ist noch kein Entschluß gefaßt, 
man will erst sehen, ob unter den 27 in 
der deutschen Verordnung aufgeführten 
Waarengattungen auch solche sind, die von 
jenen Inseln kommen. Von einem Zuschlag 
zum Maximaltarif wurde vorläufig Ab 
stand genommen. Die Zollämter wurden 
angewiesen, namentlich auf deutsche Waaren, 
die sich etwa mit falschen Ursprungszeug 
nissen Eingang zu verschaffen suchen, zu 
fahnden und sie mit Zollstrafen zu belegen. 
In der letzten Sitzung des Senats erklärte 
der Ministerpräsident Sagasta auf Anfrage, 
daß es mit Erhebung von Zuschlägen zu 
dem spanischen Maximaltarif gegen Deutsch 
land keine Eile habe, da der Maximaltarif 
an sich schon so hoch sei, daß nur noch 
wenige Waaren Eingang finden würden. 
Er sei auch im Verhältniß viel höher als 
der deutsche Generaltarif, ja, als der jetzige 
Ausnahmetarif. „Ich will keinen Zoll 
krieg, weder mit Deutschland, noch niit 
andern Ländern; was ich will, ist nur Ge 
genseitigkeit und die ist durch unseren Ma> 
ximaltarif gewährleistet." 
Berlin, 7. Juni. Der „Voss. Ztg." 
wird geschrieben: „Es schweben zur Zeit 
wieder Verhandlungen, ob die seit dem 
Jahre 1880 in den Schulen eingeführte 
Orthographie auch von den Staatsbehörden 
angenommen werden soll." 
— Zur Kenntniß der Gerichtsbehörden 
wird vom I u st i z m i n i st e r ein E r- 
kenntniß des Reichsgerichts 
vom 6. April d. I. gebracht, demzufolge 
das Urtheil einer Strafkammer 
deßhalb aufgehoben wurde, weil ein 
G e r i ch t s a s s e s s o r, ohne zum Hilfs- 
richtcr bestellt worden zu sein, nachdem er 
zu seiner weiteren Ausbildung in Amts- 
rracht der Verhandlung beigewohnt, auch 
bei der Berathung und Abstimmung des 
Gerichtshofs zugegen gewesen war und sich 
an dem mündlichen Meinungsaustausch der 
Richter betheiligt hatte, obwohl der Ge 
richtshof ohne ihn vorschriftsmäßig besetzt 
toar. Z 195 des Gerichtsverfassungsgesetzes 
erlaubt nur die Zulassung von Referen 
daren als den zu ihrer juristischen Aus 
bildung im Vorbereitungsdienste bei dem 
Gericht beschäftigten Personen. 
— Das Befinden von Carmen Sylva, 
der Königin von Rumänien, hat sich in 
höchst erfreulicher Weise gebessert. Unter 
der sorgfältigen Pflege ihrer Mutter, der 
uerwittweten Fürstin Wied, hat die Kö 
nigin die alte Kraft und Frische wieder 
gewonnen, so daß ihre Rückkehr nach Bu 
karest für den Herbst in sicherer Aussicht 
steht. Im Laufe des Sommers wird Kö 
nig Karl in Neuwied erwarttt und dürfte 
ein gemeinschaftlicher Besuch des Herrscher 
paares inISigmaringen stattfinden. 
— Der Cultusminister Dr. Bosse bringt 
den Bestrebungen zur Verbreitung 
der Jugend- und Volksspiele 
ein besonders reges Interesse entgegen. In 
einem an den Centralausschuß gerichteten 
Erlaß vom 28. Mai d. I. heißt es u. a.: 
„Dem am Schluß des gefälligen Schreibens 
ausgesprochenen Wunsche, es möchten von 
hier aus den preußischen Stadtverwaltun- 
gen die Förderung der Bestrebung des 
Centralausschusses besonders auch nach der 
Richtung der Anlagen von Spielplätzen 
anempfohlen werden, habe ich durch einen 
an sämmtliche Herren Oberpräsidenten ge- 
richteten Erlaß vom heutigen Tage gern 
entsprochen, da ich die Ueberzeugung theile, 
daß in den größeren Städten in dieser 
Hinsicht vieles zu wünschen und zu erreichen 
bleibt." 
— Es ist wiederholt vorgekoinmen, daß 
Gesuche um Beurlaubung aktiver 
M i l i t ä r p e r s o n e n zur Disposition 
des Truppentheils oft so spät bei den be 
treffenden Truppentheilen eingegangen sind, 
daß dringend befürwortete und auch be 
gründete Gesuche zurückgewiesen werden 
mußten, da es nicht mehr möglich war, 
die nach den sorgfältigsten Erwägungen 
getroffenen Borausbestimmungen der Trup 
pentheile wieder umzustoßen. Es ist daher 
neuerdings angeordnet worden, daß der 
artige Gesuche seitens der zuständigen 
Civilbehörden spätestens am 1. August 
jeden Jahres bei den betreffenden Truppen 
theilen eingereicht werden sollen. Damit 
dieser Zeitpunkt eingehalten werden könne, 
müssen daher Gesuche um Beurlaubung 
aktiver Militärpersonen bei den zuständigen 
Civilbehörden spätestens bis zum 10. Juli 
jeden Jahres angebracht werden. 
Berlin, 6. Juni. Die landwirth- 
schaftliche Ausstellung wurde heute 
Mittag durch den Prinzen Heinrich feier 
lich eröffnet. Der Eröffnung wohnten auch 
der Ministerpräsident Graf zu Eulenburg 
und die Minister von Hehden, Dr. Miguel, 
Thielen, v. Berlepsch und v. Bronsart bei. 
Prinz Heinrich hielt folgende Ansprache: 
„Im Aufträge des deutschen Kaisers und 
Königs von Preußen, Allerhöchstwelcher 
den hier in seiner Hauptstadt versammelten 
deutschen Landwirthen durch mich seinen 
Kaiserlichen Gruß und besten Wunsch ent 
bieten läßt, habe ich das Präsidium über 
die deutsche Landwirthschafts - Ausstellung 
übernommen. Es gereicht mir zur ganz 
besonderen Freude, diese großartige Ans 
tellung persönlich eröffnen zu dürfen. Aus 
allen deutschen Gauen sehen wir vereint, 
was der Fleiß des deutschen Ackerbaues, 
sowie das Fischer- und das industrielle 
Gewerbe und die Maschinenfabriken zum 
Wohle und Nutzen der deutschen Landwirth- 
schaft zu leisten im Stande gewesen sind. 
Es ist gewiß wahr, daß die deutsche Land- 
wirthschaft schwer und mit Opfern heute 
um ihre Existenz zu kämpfen hat (Beifall), 
jedoch müßte diese Ausstellung davon Zeuge 
sein, daß der deutsche Landwirth nicht 
muthlos verzagt, sondern seinen Beruf, 
jenen edlen, welcher für das deutsche Vater 
land unentbehrlich ist, bestrebt ist, zu för 
dern. Es ist die Gesellschaft der deutschen 
Landwirthe nicht ein Mittel allein für 
materiellen Verdienst und für Erreichung 
desselben, sondern sie ist eine Verbrüderung, 
ein Bündniß der deutschen Landwirthe im 
engeren Sinne (Beifall). Der Gedanke, 
daß der Fleiß eines Einzelnen, auch des 
Geringsten, dem ganzen deutschen Vater- 
lande zum Frommen nnd Nutzen gereicht, 
legt eine besondere Weihe auf diesen Wett 
bewerb. Wohl kaum ist ein anderer Be 
ruf so' angewiesen auf Frieden und ge 
sicherte Zustünde, als gerade die Landwirth 
schaft. (Bravo.) Ich meine, ein jeder 
Deutscher sei sich einig darin, daß selbst 
mit Aufbringung von Opfern dieser Frie 
den gewahrt werden möge und müsse, jeder 
Deutsche ist sich in diesem Bewußtsein einig 
nüt seinem erhabenen Herrscher, den deut 
schen verbündeten Regierungen und den 
freien Städten. Wir können diesen Ge 
fühlen nicht schöneren Ausdruck geben als 
in dem alten erprobten Rufe: Se. Maj. 
der Kaiser und König lebe hoch!" Mi 
nister v. Heyden sagte: „Wir sind nicht 
zusammengekommen, um zu klagen. Ich 
übergehe, was uns bedrückt. Was wir hier 
ausstellen, ist die Frucht banger, niühevoller 
Arbeit. Wenn wir heute die Gauen des 
geliebten deutschen Vaterlandes durchwan- 
dern, können wir mit Stolz Zeugniß da- 
von ablegen, daß vielleicht zu keiner Zeit 
die Landwirthschaft eine solche Vermehrung 
der Production und Verbesserung des Bo 
dens zu verzeichnen gehabt hat. Die Noth 
der Zeit ist unsere Lehrmeisterin gewesen. 
Die Erfahrung des Einzelnen ist Gemein 
gut Aller geworden. Durch genossenschaft- 
lichen Zusammenschluß ist die Wirksamkeit 
des Einzelnen gestärkt worden. Es muß 
aber die Düngerverschwendung aufhören. 
Was nutzt uns der fremde Dünger, wenn 
wir das Werthvollste, das wir haben, nicht 
gehörig pflegen? Wenn wir die Hand aufs 
Herz legen, so müssen wir zugeben, daß 
sehr viel gesündigt worden ist. Jahraus, 
jahrein verjüngt sich die deutsche Volks 
kraft in der Stadt wie auf dem Lande, 
uno wenn das Gedeihen der Stände zum 
Nutzen und Frommen des Vaterlandes 
diene, so ist besonders die Landwirthschaft 
unentbehrlich. Deshalb ist mein Wunsch: 
Gott segne, Gott schütze, Gott erhalte die 
deutsche . Landwirthschaft, das unentbehr 
lichste Fundament des Staates. Die deut 
sche Landwirthschaft lebe hoch." — Ober- 
Bürgermeister Zelle sprach den Willkommen 
der Stadt Berlin aus und brachte den 
Mitgliedern der deutschen Land Wirthschafts 
Gesellschaft ein Hoch. — Zum Schluffe 
ließ Graf Arnim-Criewen den Prinzen 
Heinrich hochleben. — Als die jubelnden 
Hochrufe verklungen waren, erklärte Prinz 
Heinrich die Ausstellung eröffnet. Hierauf 
begann der übliche Rundgang durch die 
Ausstellung. 
— Der Kampf, der zwischen den Ber 
liner Brauereien und der boykotttollen So 
zialdemokratie entstanden ist, gewinnt immer 
mehr an Ausdehnung. Während nach 
einem lateinischen Sprichwort immer, wenn 
Zwei sich streiten, ein Dritter den Vor 
theil daraus zieht, liegt hier die Sache 
umgekehrt: am meisten werden bei dem 
Kampf der Sozialdemokratie gegen die 
Brauereien die G a st w i r t h e oder we 
nigstens ein nicht unbedeutender Theil der 
selben geschädigt. Und so kann es denn 
nicht überraschen, wenn sich diese zu einer 
Saal sperre gegenüber den Sozial 
demokraten entschlossen haben. Ueber diese 
neueste Phase berichtet das „B. T.": 
Auch die Saalinhaber Berlins und der 
Umgegend haben sich nunmehr, veranlaßt 
durch den unerhörten Terrorismus, welchen 
die Sozialdemokraten gegen sie ausüben, 
dem Widerstände der vereinigten Brauereien 
Berlins und Umgegend gegen den Bier- 
bohkott angeschlossen. Am Dienstag fand 
in dem Boltzschen Restaurant, Alte Jakob 
straße, eine Besprechung von 252 persön 
lich eingeladenen Saalbesitzern statt, die 
bis nach 8 Uhr Abends währte. Der 
selben wohnten auch fünf Herren vom 
Vorstande des Vereins der Berliner 
Brauereibesitzer und Direktoren bei. In der 
Konferenz wurden die seit Jahren laut ge 
wordenen Klagen über den Terrorismus 
der Sozialgemokraten gegenüber den Saal 
inhabern vorgebracht. Es herrschte die 
einstimmige Ansicht, daß es so nicht weiter 
gehen könne. iJhren Ausdruck fanv die 
Konferenz in der mit allen gegen 3 Stim 
men angenommenen Resolution: 
„Die am 5. Juni bei Boltz, Alte 
Jakobstraße 75, versammelten Saalbesitzer 
Berlins und Umgegend, welche durch 
schriftliche Einladung legitiinirt sind, er 
klären sich solidarisch mit den Maß 
nahmen des Vereins der Brauereien 
Berlins und Umgegend und verpflichten 
sich, bei einer Konventionalstrafe von 
3000 Ji in jedem einzelnen Falle und 
Ausscheiden ans dem Ring, ihre Säle 
zu keiner sozialistischen und anarchistischen 
Versammlung herzugeben, falls der Boy 
kott gegen die Brauereien und Gast 
wirthe nicht bis zum 15. Juni aufge 
hoben ist oder sich wiederholt. Zur 
Durchführung dieser Maßregel wird eine 
Kommission, bestehend aus neun Herren, 
ernannt, welche behufs Organisirung der 
Saalbesitzer weitere Schritte, zu ergreifen 
hat. Ferner verpflichtet sich der Vor 
stand des Vereins der Brauereien von 
Berlin und Umgegend Namens seiner 
Brauereien bei einer Konventionalstrafe 
von 10,000 Ji für jeden einzelnen Fall, 
an keinen Wirth Bier zu liefern, welcher 
derartige Versammlungen abhalten läßt" 
(siehe auch unser Telegramm in vor. 
Nummer. D. R.) 
Die drei gegen diese Resolution stim 
wenden Saalbesitzer erklärten, daß schon 
eingegangene Verpflichtungen ihnen nicht 
gestatten, für die Resolution zu stimmen, 
daß sie aber nach Lösung dieser Verpflicht 
ungen sofort dem gefaßten Beschlusse bei 
treten werden. Der Besprechung wohnten 
die hauptsächlich in Betracht kommenden 
aalbesitzer Berlins und sämmtlicher Vor 
orte, auch aus Charlottenburg und Span 
dau bei. Die gewählte Kommission wird 
nunmehr auch mit verschiedenen nicht an 
wesend gewesenen Saalbesitzern Rücksprache 
nehmen, und sie hat die Ueberzeugung, daß 
sämmtliche Saalbesitzer, auch die kleinsten 
in den Arbeitervierteln, die ja am meisten 
unter deni Druck des Boykotts bezw. unter 
dem Terrorismus der Sozialdeniokraten zu 
leiden haben, in ihrem eigensten Interesse 
der „Gegen-Boykottvereinigung" beitreten 
werden. 
Der sozialdemokratische Stadtverordnete 
und Gastwirth Zubeil dürfte mit seiner 
Ansprache in Rixdorf, daß ein Gegenboy 
kott sämmtlicher Saalbesitzer Berlins und 
Umgegend ein „schwerer Schlag" für die 
sozialdemokratische Agitation sei, wohl Recht 
behalten. 
Berlin, 6. Juni. Die Silber-Com 
mission hat heute Nachmittag ihre Be 
rathungen geschlossen. Zunächst wurde, wie 
gemeldet, die Specialdiscussion über den 
Antrag Arendt wegen der Silber-Certificate 
durchgeführt. Der Vorsitzende, Staatssecre- 
tär Posadowsky, faßte in einem Schluß- 
resumä das Ergebniß der Verhandlungen 
zusammen. Ihm wurde alsdann für seine 
unermüdliche Arbeit der Dank der Com- 
Mission ausgesprochen und die Verhandlung 
alsdann geschlossen. 
— Der Maurer Gustav Heinroth, der 
im Schönholzer Forst durch einen Gen 
darmen aufgegriffen wurde, weil das Sig 
nalement des Mörders der Kranken 
schwester Helene Schweichel auf ihn zu 
passen schien, ist seitens des zuständigen 
Amtsgerichts II dem Untersuchungsrichter 
überwiesen worden. Die Konfrontationen 
mit den Zeugen werden demnächst von 
Neuem beginnen. 
Potsdam, 6. Juni. Die Generalärzte 
Prof. Dr. v. Bergmann und Prof. Dr. 
Leuthold entfernten heute Vormittag den 
Verband von der Wunde des Kaisers, die 
vernarbt und nur noch mit einem kleinen 
Pflaster besetzt ist. 
Posen, 6. Juni. Wie das „Pos. Tgbl." 
erfährt, hat sich der Bezirkseisenbahnrath 
in Breslau einstimmig zu Gunsten der 
Staffeltarife ausgesprochen. 
Die Cholera in Mhslowitz ist, wie 
der „Bresl. Ztg." von zuständiger Stelle 
geschrieben wird, als erloschen zu be 
trachten, zumal da die Untersuchungen im 
hygienischen Institut der Universität Breslau 
ergeben, daß der Przemsafluß keine Cholera 
bacillen enthält, also nicht verseucht ist. 
Eine bodenlose Brutalität hat, wie die 
„Potsd. Nachr." melden, zur Einleitung 
eines strafrechtlichen Verfahrens wider den 
Eigenthümer R. in Lankwitz und dessen 
erwachsenen Sohn geführt. Vater und 
Sohn befanden sich am letzten Sonntag 
Abend im Wirthshause des Dorfes, wo 
sie mit anderen Gästen Streit ansingen 
und deshalb an die frische Luft gesetzt 
wurden. In ihrer Wuth liefen sie nach 
Hause, bewaffneten sich dort mit je einer 
Sense und postirten sich nun hinter einem 
Gebüsch an der Straße, um auf das Heim 
gehen der übrigen Gäste zu warten. Als 
diese nichtsahnend des Weges kamen, fielen 
die beiden R. aus dem Hinterhalte über 
die Gegner her und hieben mit den Sensen 
blind darauf los. Wenn ihnen die ge 
fährlichen Waffen auch bald entrissen wur 
den, so erlitten doch mehrere der Ange 
griffenen mehr oder minder erhebliche Ver 
letzungen. Am schlimmsten kam der Kutscher 
Watermann davon, dem durch einen Sensen 
hieb die rechte Hand fast glatt vom Arme 
getrennt wurde. Der Verletzte wurde 
noch in derselben Nacht nach der königlichen 
chirurgischen Klinik in Berlin gebracht. 
Danzig, 5. Juni. Bei einem unter Symp 
tomen der Cholera erkrankten russischen 
(Flissacken) Flößer, welcher in der Cholera 
baracke internirt ist, wurde heute im hie 
sigen bakteriologischen Institut asiatische 
Cholera festgestellt. 
Magdeburg, 6. Juni. Der Bürger 
meister Dr. Schild von Wittenberg ist den 
Verletzungen, die er sich auf dein 
hiesigen Friedhofe beigebracht hatte, e r - 
legen. 
Breslau, 6. Juni. Die „Brest. Ztg." 
erfährt, daß beabsichtigt wird, die Kohlen 
gruben der Kramstaschen Gewerkschaft bei 
Zalenze in Oberschlesien wieder in Betrieb 
zu setzen. 
Eisleben, 6. Juni. Die Erdsenknng en 
dauern hier ununterbrochen fort, und es 
werden durch dieselben zahlreiche Brüche 
der Gas- und Wasserleitungsröhren herbei 
geführt. Ein Haus in der Sangerhäuser- 
straße ist bereits so stark beschädigt, daß 
es alsbald geräumt werden muß. 
Wie große Reinerträge übrigens auch 
heute noch von einsichtigen Landwirthen 
aus ihren Gütern herausgezogen werden 
können, beweist folgende Mittheilung des 
Br. Tagebl. Die etwa 660 Hektar um 
fassende Kammerdomäne Hessen ist 
kürzlich wieder neu zur Verpachtung, und 
zwar auf 20 Jahre gestellt worden. 
Während der Pachtpreis jetzt 57,000 Mk 
jährlich betrug, hatte die Kammer für die 
Neuverpachtung ein Pachtgeldininimum von 
83 000 Mk. festgesetzt. Der bisherige 
langjährige, um die Entwickelung der Land 
wirthschaft im Herzogthuine sehr verdiente 
Pächter, Amtsrath v. Schwartz, bot dieses 
Pachtminimum, und es ist ihm, da er 
auch Einzigbietender blieb, der , Zuschlag 
ertheilt worden. Aus dieser Mittheilung 
ergiebt sich weiter, daß die Behauptung, 
mit der Landwirthschaft gehe es von Jahr 
zu Jahr mehr bergab, in dieser Allge 
meinheit nicht zutrifft. In dem 
vorliegenden Falle ist der Ertrag der 
Domäne bedeutend gestiegen. 
Bor dem Nhmphcnburgcr Schloß bei 
München verwundete am 4. ds. Abends ein 
angeblicher Amerikaner die kontrollirenden 
Gensdarmen durch drei Messerstiche sehr 
schwer. Der Thäter ivurde vom Publikum 
festgehalten und trotz heftigster Gegenwehr 
von herbeigeeilten Gensdarmen verhaftet. 
Straßburg, 6. Juni. Einen ganz un 
gewöhnlichen Aufschwung hat dem „H. C." 
zufolge die Lothringische Bergwerks 
industrie in den letzten zwei Jahrzehnten 
genommen. Die Eiicnerzgewinnung hat 
sich nämlich seit 1869 versechsfacht; sie ist 
von 590 000 auf 3,6 Millionen Tonnen 
angewachsen und beträgt gegenwärtig nicht 
weniger als 40 pCt.der Gesammtproduction. 
Wernigerode, 6. Juni. Aus Rohrs 
heim wird folgende Blutthat gemel 
det. Der Amtsdiener Oelmann begab sich 
zu dem Halbspänner Nolte, um diesem ein 
amtliches Schreiben zu überreichen. Kaum 
hatte er die Schwelle überschritten, so 
sprang Nolte mit einem Beile auf ihn 
zu und versetzte ihm mit der scharfen Seite 
einen starken Hieb gegen den Kopf, 
daß dieser sicher gespalten wäre, wenn 
nicht der dicke Lederschirm der Dienstmütze 
den oberen Theil der Stirn geschützt hätte. 
Das Beil drang über der Nase in den 
Schädel, doch soll eine Lebensgefahr nicht 
vorhanden sein. 
Hamburg, 6. Juni. Durch eine bei der 
Polizeibehörde eingelaufene anonyme De 
nunziation wurde, wie der „H. C." mit 
theilt, eine Händlerin der Hehlerei verdäch 
tigt. Die angestellten Recherchen ergaben, 
daß diese Händlerin in der Geibelstraße 
ein großes Lager von gestohlenen Sachen 
hielt, die hauptsächlich von den in letzter 
Zeit hier ausgeführten großen Einbruchs- 
diebstählen herrühren. Diese Sachen wollte 
die Händlerin nach ihrer Angabe recht 
mäßig erworben und bezahlt haben. Es 
wurde jedoch ermittelt, daß sie mit einem 
Kellner und mit einem von hier ausge 
wiesenen Individuum, sowie mit einer in 
der Verbrecherwelt unter dem Spitznamen 
„Seppel" bekannten Persönlichkeit, die alle 
drei als gefährliche Einbrecher bekannt sind, 
täglich geschäftliche Beziehungen gehabt hat. 
Sie räumte nunmehr auch ein, die bei ihr 
vorgefundenen Sachen von den Dreien ge 
kauft zu haben. Daraufhin wurde sie 
wegen Hehlerei und eine Ehefrau wegen 
Beihülfe zu diesem Verbrechen festgenommen. 
Von der Criminalpolizei wurde festgestellt, 
daß die drei Beschuldigten in letzter Zeit 
durch Einbruch gestohlen haben: in der 
Nacht zum 15. Februar am Gänsemarkt 
Nr. 12 Wäsche im Werthe von 1500 Ji, 
in der Nacht zum 31. Mai einem Kauf 
mann am Heiligengeistkirchhof Bürsten- 
waaren im Werthe von 200 Ji, in der 
Nacht zum 6. April einem Kaufmann am 
Neuenwall Seidenwaaren im Werthe vou 
2000 Ji, am 21. Mai Nachmittags einem 
Hausmakler am Rödingsmarkt fünf Bände 
Brockhaus - Conversations - Lexikon, am 7. 
November vorigen Jahres einem Uhr 
macher in der Grindelallee 48 Uhren im 
Werthe von 1500 Ji, ferner haben sie 
einen bisher noch nicht aufgeklärten Ein 
bruch in Wandsbeck auf dem Kerbholz. 
Der größere Theil der Waaren ist 
bisher noch nicht verwerthet worden. 
Ferner ist noch ermittelt, daß die Ein 
brecher auf der Caffamacherreihe ein großes 
Lager errichtet haben; auch wurden in 
einer am Balentinskamp belegenen, von 
den Einbrechern gemietheten Wohnung eine 
große Anzahl Möbel vorgefunden. End 
lich ist jetzt noch in Altona ein weiteres 
Lager entdeckt und dort ein großer Vor 
rath von Galanteriewaaren vorgefunden 
worden. Der Kellner, Namens Ballhausen, 
wurde in seiner Wohnung in Altona er 
mittelt und zur Haft gebracht. Außerdem 
wurde dort auch der „Seppel" betroffen 
und verhaftet, während der Dritte, der 
von hier Ausgewiesene, noch fehlt. Eine 
yorgenommene Haussuchung förderte außer 
einer Parthie Waaren im Werthe von 
1000 Mk. eine große Anzahl Einbrecher 
werkzeuge zu Tage. Die in den ver- 
schiedenen Lägern beschlagnahmten Waaren 
repräsentiren einen Werth von nicht 
weniger als 15—20 000 Mk. 
Hamburg, 6. Juni. Die Strafkammer 
zu Altona verurtheilte den Rechtsanwalt 
v. Alten-Wentorf wegen Unterschlagung 
im Amte zu 4'/ 2 Monaten Gefängniß. 
Im Laufe dieser Woche werden nicht 
weniger als 26 Zwangsverkäufe 
von Grundstücken bei den Amtsgerichten 
in Hamburg stattfinden. Es treten darunter 
einige recht seltsame Erscheinungen zu Tage. 
So ist beispielweise ein unbebauter Platz 
eines längst ausgerückten Baulöwen als 
solcher mit 60000 JL Hypotheken beschwert. 
Ein Grundstück in Barmbeck, das einen 
Feuerkassenwcrthvon 69 859 ^repräsentirt, 
trägt eine Schuldlast von 115 000 JL; 
ein anderes, kleineres Grundstück an der 
Süderstraße ist bei einem Feuerkassenwerth 
von 35 750 Ji gar mit 92 705 JL 
Hypotheken belastet! 
®ie schon oft gerügte Unsitte, glimmen 
des Feuer mit Petroleum anzufachen, hat 
jüngst in Barmen wieder ein Menschen 
leben gefordert. Die 12 Jahre alte Tochter 
eines Postschaffners goß Petroleum in das 
Herdfeuer, die Flammen schlugen plötzlich 
empor, die Petroleumkanne explodirte und 
der brennende Inhalt steckte die Kleider 
des Mädchens in Brand. Obschon der 
Vater der Unvorsichtigen sofort hinzueilte 
und die Flammen erstickte, hatte die Kleine 
doch schon so schwere Brandwunden erlit 
ten, daß sie bald nachher starb. 
BrovtK-uerlrs. 
Der mit den Rechten einer juristischen 
Person ausgestattete Verein „Arbeiterbund" 
in Neumünster erbaut in dem laufenden 
Sommer zwei Doppelwohnhäuser. Bon 
der Alters- und Invaliditäts-Versicherungs 
anstalt in Schleswig-Holstein sind die Gelder 
zu einem billigen Zinsfuß hergeliehen. 
Kelliiighusen, 7. Juni. Wie verlautet, 
beabsichtigt die Kirchenbehörde auch von 
dem großen Kirchspiel Kellinghusen einen 
Theil abzuzweigen und in Hennstedk eine 
Kirche zu bauen. Für den Fall, daß dieser 
Plan vei 
tvohl der 
werden, i 
toar in 
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