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Ilenüsburger fff Wochenblatt
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Mo. 127.
Sonnabend, den 2. Juni
1894.
Morgen-Depeschen.
Berlin, 1. Juni. Die Zeitungsmeldung,
laß der Kaiser am Dienstag zu einem Be
suche des Königs von Schweden sich nach
î!ms begeben würde, ist, der „Nordd. A.
3tg." zufolge, völlig unbegründet; eine
solche Reise ist überhaupt nicht in Aus-
licht genommen.
Berlin, 1. Juni. Im Reichsjustizamt
ein Statut ausgearbeitet worden, Wel
ses die Herbeiführung einer gleichmäßigen
Behandlung der Gefangenen in den einzel
nen Bundesstaaten bezweckt. Der Entwurf
st zur Zeit der Begutachtung der Re
gierungen unterbreitet worden.
Maricndurg, 1. Juni. Ein schauerlicher
Mord ruft hier die größte Aufregung her-
dor. In einem unweit der Stadt belege
st Sumpfe wurde eine Frauenleiche ans
techt stehend mit zusammengebundenen
bänden gesunden. Am Halse der Todten
!änd man Spuren von Erdrosselung. Die
Staatsanwaltschaft hat sofort die Unter
suchung eingeleitet.
Wien, 1. Juni. Nach aus Petersburg
Aer eingegangenen Nachrichten sind die
Meldungen über das entdeckte gegen den
girren gerichtete Komplott stark übertrieben.
Weder in der Umgebung von Smolensk
lind Minen entdeckt worden, noch ist in
ssinnland eine aufrührerische Bewegung zu
verzeichnen.
Belgrad, 1. Juni. Wie das Journal
^Bidelo" aus Sofia meldet, befinden sich
^tambulolv und seine bisherigen Minister-
Kollegen in ihren Häusern in Hausarrest
Und sind unter polizeilicher Ueberwachung
zestellt. — In Belgrad glaubt man, daß
die neue bulgarische Regierung, durch die
Verhältnisse gezivungen, eine Annäherung
un Rußland versuchen wird. Diese An
näherung wird nach Ansicht politischer
Persönlichkeiten auch eine Rückwirkung auf
Serbien haben.
Rom, 1. Juni. Im Vatikan traf vom
Ausfischen Gesandten am römischen Hofe
die Nachricht ein, daß Rußland nunmehr
endgültig die Errichtung einer russischen
Delegation beim päpstlichen Stuhle be-
îchlossen habe.
Madrid, 1. Juni. Die Regierung ließ
alle fünf Grenzzollämter die strikte
Weisung ergehen, alle deutschen Produkte,
welche unter Ursprungszeugnissen anderer
Kationen die spanische Grenze passiren
sollten, sofort zu beschlagnahmen.
^ London, 1. Juni. Im Unterhause gab
êir Gray auf eine Interpellation Charles
^
Dille's die Erklärung ab, daß nur von
Seiten der französischen Regierung, nicht
auch der Deutschen, Einwendungen gegen
den zwischen England und dem Kongostaate
abgeschlossenen Vertrag erhoben worden seien.
Newyork, 1. Juni. Der deutsche Dampfer
„Augusta Viktoria" ist mit 2 Mill. Gold-
dollars nach Europa abgegangen. Morgen
sollen weitere 3 Mill, in Gold zur Expe
dition gelangen.
illllli —— HI I IIBBMBMMBHMMWHBHBMMWBMMMBBMft
di« k«Şļl!ļiml!c LMM».
Wie zu Ende der fünfziger Jahre und
wie bald nach dem Kriege mit Frankreich,
so zeigt sich gegenwärtig wieder Unsicher
heit in den höchsten Kreisen der Regierung
und ein übermüthiges Verhalten der konser
vativen Partei.
In dem Organ des Fürsten Bismarck
ist versucht worden, einen Gegensatz zwi
schen dem Reichskanzler und dem preußi
schen Ministerpräsidenten glaubhaft zu ma
chen und den Grafen Eulenburg nament
lich als Gegner des Abschlusses eines Han
delsvertrages mit Rußland hinzustellen.
Das Lob, welches dem Ministerpräsidenten
gespendet wird, mag ihm kaum Genugthu
ung gewähren bei der Erinnerung an die
brüske Manier, in welcher Bismarck ihn
am 19. Februar 1881 durch den Geh.
Rath Rommel in die frische Luft von
Nassau hat befördern lassen.
Graf Eulenburg gehört der konservativen
Partei an, aber wir haben ihn immer als
einsichtigen und maßvollen Politiker befun
den —• als solcher hat er sich schon in der
Konfliktszeit vortheilhaft von seinen Partei
genossen unterschieden. Man hat freilich
andere Schlüsse aus der Schonung gezogen,
welche der Minister den seinem Ressort des
Innern unterstehenden Beamten bei ihrer Be-
theiligung an der Agitation des Bundes
der Landwirthe angedeihen läßt. Von an-
derer Seite ist diese Passivität durch Schlaff,
heit, Mangel an Entschließung, Rücksicht
nahme auf die konservative Parteistellung
der gegen die Politik des Reichskanzlers
zum Kampfe rufenden Landräthe und der
den Landräthen freundlich zunickenden Re
gierungspräsidenten erklärt worden. Auch
diese Meinung halten wir nicht für zu
treffend. Wir sehen nur große Unsicherheit
und Mangel an Zielbewußtheit walten in
den Kreisen, in welchen Festigkeit und Klar-
heit am meisten noth thut, und die Ursache
liegt darin, daß wir nur scheinbar eine
konstitutionelle Regierung haben.
Der Reichskanzler und die preußischen
Minister wissen heute nicht, was morgen
sein wird, die Krone spricht das entscheidende
Wort. Wie sie es überraschend in der
Schulgesetzsrage gesprochen hat, so kann es
in irgend einer anderen Frage geschehen.
Die Minister haben keinen festen Boden
unter den Füßen, so erklärt es sich, daß
die Mäuse auf den Tischen tanzen dürfen.
Daß der Finanzmimster Miguel, als er
den Schulgesetzentwurf unterschrieb, des Fi-
asko's sicher war, unterliegt für uns keinem
Zweifel; ob Menschenkenntniß oder ein
vernommenes vertrauliches Wort ihm diese
Voraussicht gegeben, wird er nicht erzählen.
In einem konstitutionellen Staate hat
nicht blos der Monarch sich genau über
die Anschauungen und Absicht der von ihm
berufenen Minister zu unterrichten, sondern
die Minister müssen in gleichem Maaße
über den Standpunkt und die Pläne des
Staatsoberhauptes informirt sein. Sie
müssen von diesem fordern, daß alle poli
tischen Fragen grundsätzlich und nicht unter
Einwirkung von Empfindungen, sympathi
schen Anwandlungen, wie sie den Polen
gegenüber die frühere Staatspolitik de
kanntermaßen gänzlich in ihr Gegentheil
verkehrt haben, behandelt werden. Wie
der König keine Minister beruft, welche
nicht mit seinen Intentionen übereinstim
men, so dürfen diese kein Portefeuille an
nehmen oder behalten, wenn sie nicht ge
wiß sind, daß der Monarch ihre Politik
billigen wird.
Ein solches Verhältniß scheint aber gegen
wärtig nicht gegeben zu sein. Graf Ca-
privi ist unsicher, Graf Eulenburg ist un
sicher, die mit dem Bunde der Landwirthe
befreundeten Verwaltungsbeamten sind auch
unsicher, aber sie simuliren Sicherheit, weil
viele von ihnen zu dem Adel gehören.
Die Konservativen befeinden heute Ca-
privi und loben Eulenburg, wie sie im
März vorigen Jahres Caprivi gefeiert und
Eulenburg ausgezischt haben. Gegenwärtig
ist das vor zwanzig Jahren gesprochene
Wort des Fürsten Bismarck, daß die deut
sche Aristokratie der geistigen Veranlagung
und des patriotischen Thatendranges ent
behre, welche die englische nobility und
gentry auszeichnen, so zutreffend, wie da
mals.
Werfen wir einen Blick in jene Zeit zu-
rück. Der eiserne Staatsmann klagte 1872,
wie oftmals vorher und später, über Frik
tionen. Seine Kollegen ließen ihn im
Stich, die Konservativen revoltirtcn, mit
den Ultramontanen im Bunde. Das Schul
aussichtsgesetz und die Kreisordnung waren
schwere Geburten. Graf Fritz Eulenburg
war Minister des Innern, Graf Botho,
der jetzige Minister, war Abgeordneter.
Bismarck und der Kultusminister Falk
kämpften an der Seite von Virchow und
Hoverbeck gegen die Branchitsch und Rauch
haupt, Windthorst und Mallinkrodt.
Als die Konservativen am 26. November
1872 der Regierung vorhielten, daß sie
ihr früher große Dienste geleistet hätten,
antwortete Graf Eulenburg, sie möchten
nicht vergessen, was alles die Regierung
für sie gethan habe, worauf Vir
chow, mit Rücksicht auf den allzu selbst
bewußten Ton der Junker darlegte, welcher
Unterschied bestehe zwischen den Feudal
herren vergangener Zeiten und den Spi
ritusfabrikanten von heute. Graf Eulen-
bnrg hatte große Lust, die widerspenstigen
Landräthe zu zügeln, aber sein Arm wurde
gelähmt, er durfte ihnen nur die matte
Alternative stellen, entweder auf ihr Amt
oder auf ihr Mandat zu verzichten. Das
war inkorrekt, denn einestheils darf kein
Abgeordneter wegen seiner parlamentarischen
Thätigkeit zur Rechenschaft gezogen werden,
anderntheils dursten Landräthe, welche
offene Gegner der Politik waren, nicht
deshalb im Amte gelassen werden, weil sie
dem Mandat entsagten, denn daß sie nicht
die geeigneten Organe waren zur Durch
führung von Einrichtungen, welchen sie
feindlich gegenüber standen, lag auf der
Hand.
Fürst Bismarck hat mit dem autokrati-
schen Empfinden Wilhelm l. zu kämpfen
gehabt. Im Jahre 1872 entstand eine
Krisis, weil Bismarck das Herrenhaus,
welches mit den Landräthen an einem
Strick zog, reformiren wollte. Der König
war dem Plane abgeneigt, Eulenburg,
Selchow, Jtzenplitz waren mit ihm der
Ansicht, daß ein Schub von zwei Dutzend
„Zuverlässigen" genüge. So sind denn
24 Mann, Generäle u. s. w., eingeschoben
worden. Man nannte sie die Geharnisch
ten. Bismarck aber legte, wie im vorigen
Jahre Caprivi, das Präsidium im preußi
schen Ministerrathe nieder. Die Friktionen
haben darum nicht aufgehört. Man darf
für sie nicht den Souveränitätsdrang Bis
marck's allein verantwortlich machen, sie
sind im System begründet.
Die konstitutionelle Einrichtung verlangt
einen verantwortlichen Führer der Ge
schäfte, der sich nicht blos als Werkzeug
der Krone fühlt und am wenigsten sein
Handeln abhängig macht von künftigen
Entschließungen derselben. Ist dies der
Fall, so schlottert der Staatswagen wie
ein steuerloses Schiff.
Der wahrscheinlich nicht zu vermeidende
europäische Krieg bringt einst nicht bloß
eine Entscheidung zwischen Deutschland und
und Frankreich, Rußland und Oesterreich,
Italien und dem Papstthum, sondern auch
zwischen Monarchie und Republik. Zu
dieser Enscheiduug ist die Rüstung mit
Kanonen weniger bedeutungsvoll, als die
mit moralischen Momenten.
Ausland.
Rußland.
Petersburg, 31. Mai. Der günstige
Eindruck, den der Abschluß des Handels
vertrages zwischen Rußland und
Oesterreich-Ungarn in allen politischen
und kommerziellen Kreisen hervorrief, spie
gelt sich in den Aeußerungen der Presse
wieder. Die Befriedigung, die man über
die Vereinbarung empfindet, hat eine
doppelte Quelle. Zunächst ist man sich
über die wirthschaftlichen Vortheile klar,
welche der neue Vertrag für Rußland mit
sicb bringt, des weiteren weiß man aber
auch jenen mittelbaren Nutzen zu würdigen,
welcher sich mit diesem Vertrage für die
beiden Reiche in politischer Beziehung ver
knüpfen dürfte. Durch die handelspolitische
Verständigung zwischen Petersburg und
Wien wurde der Boden für eine allgemeine
Annäherung zwischen den beiden Staaten
geebnet, auf welchem die Möglichkeit ge
boten wird, sich in gegebenen Füllen gegen-
über gewissen Eventualitäten auf der Bal>
kanhalbinsel ins Einvernehmen zu setzen
und zu verhüten, daß die in Serbien und
Bulgarien auftretenden Ereignisse einen be
denklichen Umfang annehmen und auf den
europäischen Frieden bedrohlich zurückwirken.
St. Petersburg, 1. Juni. Die Gouver
nements Plodsk und Radom sind vom
Minister des Innern für ch o l e r a ver
dächtig erklärt worden. Der Eingang
von Provenienzen aus China und Japan
und den russischen Häfen des Stillen Oceans
und des Schwarzen Meeres sind als
choleraverdächtig verboten worden. — Heute
Vormittag fand hier der Stapellauf eines
neuen, 8800 Tonnen fassenden Panzer-
schiffes statt.
Lockn uS Mijrllje.
Historischer Roman von Gustav Lange.
VI.
Die Lage Heribert von Dalbergs war in
ļj e ï That eine verzweifelte, unglücklicher hätte
!>e ihm eine hämische Schicksalstücke gar nicht
bereiten können. Nicht allein, daß er nach
den Aeußerungen der Männer dem Tode ver
fallen war, welche martervolle Pein und welch
tiit entehrender Tod stand ihm, dem deutschen
älter bevor. —- Aber wie wenn man glühend
Eisen ins Master taucht und es dadurch er
härtet, so wirkte dieser jähe Wechsel des Schick
sals auch ans Heribert, auf seinen Leib und
Teele. Starr, wie ohne Leben, ohne einen
bedanken sich willenlos in alles ergebend
schleppten ihn die Männer, die ihn so hinter-
l ftig gefangen genommen, mit sich. Erst als
^un, einen weiten Bogen beschreibend, durch
''ne Pforte und dann durch mehrere Thüren
%itt, Stimmen laut wurden und man ihn
kalte Steinfließen legte, kehrte allniählig
J e Besinnung zurück, begann er den ganzen
^°rgang mit klaren Gedanken zu erfassen.
»Bindet den Gefangenen los und stellt ihn
^stecht," befahl jetzt eine senore Männer-
"sbmc, bei deren Klang Heribert unwillkürlich
chammenschrecktc, war ihm dieselbe doch nur
wohl bekannt. Er fühlte, wie man vor-
'chtig die Fesseln löste, ihn aller Waffen be-
sog bte unb bie Nebelkappe ihm vom Haupte
>. „ --Hüte Dich, irgend ein Glied zu regen
jj.';'-' mein Messer fährt Dir durch das Ge-
h ^ und erspart Dir einen zweiten Versuch,"
hi^şchtc ihn eine rauhe Männerstimme dicht
er ihm an und als erstich verächtlich nach
. Zimmer
irkt 64.
zuge.
lasse).
kehrt vom
und hat
Uhr nach
deni Sprecher umwandte, sah er den Blick
seines Todtfcindes aus der Eisbude Nicasios
grimmig auf sich ruhen und er bereute, ihn
damals so großmüthig behandelt, ihm nicht
eine bessere Lexion gegeben zu haben; halb
geblendet von dem hellen Lichterglanze, der
ihn umgab, sah er jetzt um sich. Eine weite,
prunkvoll geschmückte Halle umgab ihn, deren
blendend weiße Marmorsäulen, worauf sic
ruhte, den hellen Glanz der vielen Kerzen
zurückwarfen und seineni Auge einen leichten
stechenden Schmerz verursachten und er un
willkürlich die Hand zum Schutze über die
selben legen mußte. Vor ihm auf einem mit
Scidcndecken belegten Divan, über welchem
ein großes Banner von Silberstoff mit einem
Drachenköpfe in der Mitte hing, saß der
Marchese di Dragonito, während mehrere be
waffnete jüngere Edelleute rechts und links
neben dem Familienoberhaupt standen, dessen
charaktervolles Gesicht Zorn und Neugierde
zugleich ausdrückte und dessen funkelnde Augen
unter den buschigen Braunen hervor fest auf
dem deutschen Ritter hafteten.
„Das ist kein Bandit, Toro!" rief jetzt
einer der jungen Edelleute aus, in welchem
Heribert jenen Ritter erkannte, nnt dem er
sich vor Tortona im Kampfspicl gemessen
und den er damals voni Pferde geworfen.
„Bei dem Schilde des Mars, das ist jener
deutsche Hauptmann, der bei unserem Verlassen
von Tortona vor dem Thore mich frevelhafter
Weise zum Zweikampfe herausforderte und
ich mich durch den Umstand, daß die deut
schen Herren vor Tortona waren und auch
in seiner Begleitung bewaffnete Knechte sich
befanden, gezwungen sah, diese kecke Heraus
forderung anzunehmen. Er hat schon damals
mir und unserem Geschlecht einen Schimpf
angethan, um dessen willen er den Tod ver
dient und heute wagt er es als Spion i
unser Haus einzudringen, um zu erforschen,
was wir Römer gegen seinen übermüthigen
König unternehmen werden. Darum sprecht
das Urtheil schnell, verehrter Dhm, in den
Tod mit ihm."
Der Marchese kümmerte sich nicht weiter
um den Sprecher. Sein finsterer Blick maß
den Gefangenen voni Scheitel bls zur Sohle.
„Junger Fremdling," sprach er dann mit
Ernst. „Eure Außenseite, Gesicht und Tracht
passen nicht zu dem Wege, auf welchem man
Euch ertappt, darum 'sprecht, welches ist Euer
Stand und Ramc?"
Heribert legte die Hand auf den Mund
und schüttelte mit dem Haupt.
„Ihr wollt schweigen;" fragte der Marchese
weiter. „Nun ich würde wohl ein Gleiches
thun, wenn ich hier an Eurer Stelle stände,
denn wenn Euer Geschlecht ein edles, so
würden die Angehörigen desselben sich wohl
nicht geehrt fühlen, einen der ihrigen als
Spion zu wissen. Aber sagt, Namenloser,
was wolltet ihr innerhalb der Mauern
meines Palastes und welcher meiner Unter
thanen hat den Berräthcr gespielt und dann
wie kam der Ring aus dem Familienschatz
der Dragonitos an Eure Hand?"
Heribert schwieg abermals und schug die
Augen zu Boden, aber da sprang der Römer
heftig von seinem Sessel empor und trat
einige Schritte näher an ihn heran und seine
Augen funkelten unheimlich.
„Junger Mensch," rief er mit vor Zorn
bebender Stimm. „Wandelt die Güte und
das freundliche Gefühl das Eure adlige Gestalt
einen Augenblick in mir erweckt, durch Hals
starrigkeit nicht zu Eurem Verderben um.
Ich kann Euch wohl zum Sprechen zwingen
und durch einen martervollen Tod Euren
Namen austilgen aus der Liste der Lebendigen,
ohne daß außer mir, meinen Vettern, Vasallen
und Leibknechten auch nur einer eine Ahnung
davon hat. Aber aus Achtung für Euren
Rang und Jugend gewähre ich eine Bedenkzeit
bis die Sonne wieder leuchtet. Laßt diese
Frist nicht verstreichen, sonst, ich schwöre Euch
bei meinem Wappen, seid Ihr der erste
Deutsche, der den Hochmuth seines Königs
mit dem Leben büßt und auf den Mauern
des unbezwinglichen Roms hängen soll. Führt
ihn hinab in den schwarzen Thurm!" setzte
er sich zornig abwendend hinzu; doch zuvor
entreißt ihm den Ring.
„So sehr sich auch Heribert mit ganzer
Kraft dagegen sträubte, das liebe Kleinod,
welches ihm Chiara in den ersten Stunden
ihres Zusammenseins als ewiges Zeichen ihrer
Liebe geschcnft, wurde ihm gewaltsam entrissen
und ohnmächtig sank er zu Boden.
Erst in der tiefen Dunkelheit, auf kaltem
feuchten Boden liegend, kam Heribert wieder
zur vollen Besinnung. Welche Empfindungen
wurden in ihm wach, als die schrecklichen
Traumbilder die während der tiefen Ohnmacht
seinen Geist nmgankclt, zur entsetzlichsten
Gewißheit wurden. Krampfhaft griff er nach
dem Herzen und mit den Nägeln seiner
Finger begann er verzweifelt in seinem eigenen
Fleische zu wühlen. Erst nach und nach kam
stille Ergebenheit über ihn und heiße Gebete
aus tiefstem Herzen, so innig und wahrhaft
gläubig, wie sic wohl noch nie im Leben
über seine Lippen gekommen, sandte er gen
Himmel. Etwas getröstet und von Zuversicht
erfüllt, daß sein Schicksal sich doch vielleicht
noch zum Guten wenden würde, lehnte er
das Lockenhaupt ermüdet gegen die kalte
Wand und versank in ruhiges Sinnen, während
seine Lippen nnr noch leise Chiaras Namen
flüsterten. — —
Während der Vorgang von der Gefangen-
nahnie Heriberts und seine Einkerkerung sich
abspielte, hatte die schöne Chiara nicht viel
weniger den scharfen Dornenkranz des Lebens
gefühlt. Auf der Terrasse des Palastes hielt
sie in ihrem flüchtigen Lauf nachdem sie
den Geliebten verlassen, inne. Sie hatte in
der Richtung, in welcher derselbe den Garten
verlassen mußte, verdächtiges Geräusch und
sogar Stimmen vernommen nnd sie fürchtete
deshalb, ihre Znsammcnkimft mit dem deut
schen Ritter sei verrathen worden und diesem
vielleicht selbst ein Unglück zugestoßen.
Schon wollte sie wieder zurückkehren, um
sich Gewißheit zu verschaffen, als sie ihres
Vaters befehlende Stimnie im Hause vernahm.
Die Klugheit mahnte sie, den letzten Vorsatz
nicht auszuführen und so eilte sie durch eine
kleine Seitenthür hinauf in ihr Zimmer.
Kaum war sie dort angekommen und hatte
sich , mit pochenden Herzen und erhitzten
Gesicht auf einen Sessel gesetzt, als ihr Vater
eintrat. Einen kurzen forschenden Blick richtete
er auf die Tochter, dann befahl er kurz mit
rauher Stimme, sie solle ihre Dienerinnen
zu sich rufen, um mit ihm das Nachtmahl
einzunehmen. „Kurz ist die Nacht, bald
tagt der Morgen und wir bedürfen Stärkung
für das Werk der Rache," setzte er hinzu
und verließ dann das Zimmer.
Zum ersten Male fiel es Chiara schwer
auf das Herz, daß sie ihren Baker hinter
gangen, daß sie in der Trunkenheit der Liebe,