Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

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ton Wales im Marlborough-House eine 
Vorstellung gegeben, aus der er ebenfals 
unverwundet hervorging. 
Mit rauher Hand zerstört ein Londoner 
Phhsiologe den uralten holden Wahn, daß 
das Herz der Sitz der Liebe sei. Ganz 
falsch, beweist der Mann der Wissenschaft, 
die Leber ist es. Wird das eine Revo 
lution, ein geschäftiges Corrigiren in den 
Gedichtbüchern geben! Es muß also heißen: 
„Die arme Leber muß stückweis' brechen"; 
oder; „Eine Leber und eine Seele" ; oder : 
„Es schwelgt die Leber in Seligkeit." Und 
wie ungemein ergreifend, wenn uns eine 
Jungfrau in Zukunft klagt: „Meine Ruh' 
ist hin, mein' Leber schwer —' 
Dänema rk. 
Kopenhagen, 29. Mai. Auf der Rück 
reise von Gmunden wird das dänische 
Königspaar einen Besuch in Berlin 
machen. 
Kopenhagen, 29. Mai. Auf Grund 
eines Schiedsgerichtsspruches nahmen heute 
Nachmittag die streikend enSchuhm acher- 
ge selten die Arbeit wieder auf. 
Schweiz. 
Bern, 28. Mai. Der italienische Ver 
treter hat Instruktion erhalten, dem Bun 
desrath mitzutheilen, daß Italien an der 
Goldzahlung der Eingangszölle fest 
halte und das vorgeschlagene Schiedsgericht 
ablehne. 
Oesterreich. 
Wien, 29. Mai. Der Bericht, den der 
volkswirthschaftliche Ausschuß über die 
österreichisch-ungarische Handelsconvention 
erstattet hat, erkennt auf das Wärmste den 
erfreulichen Erfolg an, den die Regierung 
durch die auf dem Wege freundschaftlicher 
Verständigung erzielte Lösung der aufge 
tauchten Schwierigkeiten in Verkehr mit 
Rußland erreicht hat. In dem Berichte 
heißt es, dieser Erfolg sei um so höher 
anzuschlagen, weil den Interessen beider 
Theile gleichmäßig Rechnung getragen werde. 
Die von Seiten Rußlands erreichte Ver 
günstigung entspreche vollkommen den vom 
Abgeordnetenhaus am 9. Mai 1894 aus 
gesprochenen Erwartungen, und andererseits 
lassen die Rußland eingeräumten Con 
cessionen keinen Grun.d zu Einwendungen 
gegen die Handelsconcessionen zu. Oester- 
reich räume jetzt allen Staaten, mit denen 
es Verträge abgeschlossen habe, das Recht 
der Meistbegünstigung ein. Der Ausschuß 
empfahl die Annahme der Convention. 
In Prag dauert der beispiellose Kampf 
um die Straßentafeln fort. Einerseits 
müssen sich die Deutschen dagegen wehren, 
daß die von ihnen an ihren Häusern an 
gebrachten deutschen oder zweisprachigen 
Straßentafeln nicht vom Pöbel beschmutzt 
oder herabgerissen werden, und anderer 
seits muß die Behörde die Deutschen da 
gegen schützen, daß gegen ihren Willen mit 
offener Besitzstörung an ihren Häusern 
czechische Straßentafeln angebracht werden. 
Berlin, 29. Mai. 
Sachsen ist um 9V : 
Der König von 
Uhr hier einge 
troffen und vom Kaiser am Bahnhöfe 
pfangen worden. Beide Monarchen 
gaben sich sodann nach dem Schloß. 
— Das S y n o d a l g e s e tz ist der 
„Kreuz-Ztg." zufolge vom Kaiser voll- 
zogen; seine Publikation stehe unmitteloar 
bevor. 
— Wie der bekanntlich sehr unzuverlaffrge 
Pariser Berichterstatter der „Times" er 
fahren haben will, richtete der Kaiser von 
Oesterreich ein Schreiben an den Zaren 
anläßlich der B e r l o b u n g d e s Z a r e- 
witsch. In seinen Daukesworten be- 
rührte der Zar die jüngsten Ereignisse in 
Serbien und sagte, er verabscheue alle Um- 
Wälzungen, die von oben kämen; die zu 
voreilige Emancipation der russischen Bau- 
ern seitens seines Vaters betrachte er als 
eine solche von oben kommende Umwälzung 
— Bei den diesjährigen Kaiser-manövern 
werden, die „Köln. Ztg." schreibt, die 
vierten Infanterie-Bataillone von 
zwei auf vier Kompagnieen verstärkt 
werden, so daß alle vier Bataillone der 
Infanterie-Regimenter gleichmäßig und in 
voller Friedensstärke an den Manövern 
theilnehmen werden. Die aktiven Mann 
schäften dieser vierten Bataillone werden 
auf die aufzustellenden vier Kompagnieen 
vertheilt, und demnächst werden zur Er- 
reichung der Friedens-Etatsstärke Mann 
schaften des Beurlaubtenstandes 
eingezogen, die auch an der Kaiser- 
parade sich betheiligen. 
Berlin, 29. Mai. Gerüchtweise ver 
lautet, daß eine Umgestaltung unseres 
bei dem Vater meiner Chiara auftreten, mit 
welchem Erfolg bleibt allerdings noch abzu 
warten, doch hoffe ich, daß unsere gegen 
seitige unwandelbare Liebe schließlich den Sieg 
über den stolzen Sinn des Römers behaupten 
wird." 
Noch ehe Georg von Eßlingcr eine Ant 
wort finden konnte, war der junge Mann 
bereits aus dem Zelte und dem Bereich des 
Wachtfeuers verschwunden, von den L-chatten 
der Nacht umfangen und der Freund konnte 
ihm nur ein stilles Gebet für eine glücklich 
Rückkehr von diesem gefahrvollen, nächtlichen 
Abenteuer nachsenden. — — — 
(Fortsetzung folgt.) 
offiziösen Preßwesens ernstlich geplant sei. 
Verschiedene offiziöse Fehlgriffe der jüngsten 
Zeit sollen dazu den Anstoß gegeben haben 
und der Reichskanzler Graf Caprivi soll 
sich dafür persönlich ganz besonders lebhaft 
interessiren. 
Im Herrenhause wurde heute Her 
zog Ernst Günther von Schleswig- 
Holstein, welcher zum ersten Male als 
Mitglied in das Haus eingetreten, auf die 
Verfassung vereidigt. 
- Der Belgrader Correspondent der 
Z." meldet, serbischerseits habe man 
Versuche gemacht, Oesterreich und Ruß 
land zu beeinflussen, jedoch beobach 
teten die beiden Länder, sowie die Ver 
treter aller übrigen Mächte den serbischen 
Vorgängen gegenüber fortgesetzt ein völlig 
neutrale Stellung. Auf das Geheiß des 
radikalen Centralkomitees unterzeichnen 
auch als Gegner der Dynastie bekannte 
Radikale die an den König abgehenden 
Begrüßungstelegramme, womit der Zweck 
verfolgt wird, die Aufmerksamkeit der Be 
hörden von den Betreffenden abzulenken. 
Berlin, 29. Mai. Tie „N. A. Z." 
schreibt: Heute trifft hier der Fürst bisch off 
Dr. Kohn von Olmütz mit großem Ge 
folge ein, bestehend aus 2 Domherren, 
2 Caplänen einem Ceremonarius und zahl 
reicher Dienerschaft. Der Kirchenfürst, der 
bekanntlich für einen Distrikt in Preußisch 
Oberschlesien bischöfliche Rechte ausübt, 
wird dem Vernehmen nach am Mittwoch 
vom Kaiser in besonderer Audienz empfan 
gen werden. Heute Abend findet ihm zu 
Ehren im Cultusministerium ein Mittags 
mahl statt, zu dem der österreichisch-ungari 
sche Botschafter, der Reichskanzler, die 
Minister und verschiedene Notabilitäten, 
sowie der katholische Feldpropst der Armee, 
Assmann und der Propst zu St. Hedwig, 
Prälat Jahnel eingeladen worden sind. 
Berlin, 29. Mai. Die „N. A. Z." 
schreibt: Infolge der bevorstehenden Be 
förderung des Geh. Legationsrathes von 
Kiderlen-Wächter auf einen Gesandt 
schaftsposten ist zur Hülfeleistung in die 
politische Abtheilung der Auswärtigen An 
gelegenheiten der bisherige Legationssecre- 
tär bei der königlich preußischen Gesandt 
schaft beim päpstlichen Stuhl, Dr. Mumm 
von Schwarzenstein, berufen worden. 
— Kanzler Leist, der, wie bekannt, 
während des Ausstandes der Kameruner 
Schutztruppe den Gouverneur vertrat 
und auf Grund des Berichtes des Regie 
rungsrathes Rose von seinem Posten ab 
berufen worden ist, um sich über sein Ver 
halten zu verantworten, hat sich gestern 
im Auswärtigen Amt gemeldet. An 
scheinend steht nunmehr die Einleitung des 
Disziplinarverfahrens gegen denselben bevor. 
Berlin, 28. Mai. Zugleich mit der 
Mittheilung über die Einführung der Zu 
schlagszölle hat die deutsche Regie 
rung der spanischen eröffnet, daß sie 
sich nach Verlauf der gegenwärtigen Ta- 
gung dS Cortes an den Handelsvertrag 
nicht weiter gebunden erachte, und wenn 
bis dahin eine Genehmigung desselben nicht 
erfolgt sei, den Versuch einer handels 
politischen Verständigung mit Spanien für 
gescheitert ansehen werde. Der Bundes 
rath hat beschlossen, daß, ebenso wie beim 
Zollkrieg mit Rußland, solche Waaren 
spanischer Herkunft, deren Einfuhr nachge 
wiesener Maßen auf Grund von Verträgen 
erfolgt, die vor der Verkündigung der 
Verordnung abgeschlossen worden sind, aus 
Billigkeitsgründen zu den Sätzen des all 
gemeinen Zolltarifs eingelassen werden 
können. 
— Aus agrarischen Kreisen ist neuer 
dings mit besonderer Lebhaftigkeit über die 
Miß stände, welche in Folge der Fabri 
kation und des Vertriebes von Marga 
rine auf dem Buttermarkt herrschen, 
geklagt und um Verschärfung der Bestim 
mungen des Gesetzes vom 12. Juli 1887 
über den Verkehr mit Ersatzmitteln für 
Butter gebeten worden, damit die Natur 
butterproduktion vor der unlauteren Kon 
kurrenz mit Margarine-Erzeugnissen wirk- 
-amer geschützt werde und das Publikum 
vor den immer mehr überhand nehmenden 
Butterverfälschungen besser bewahrt bleibe. 
Vor Kurzem hat nunmehr der Reichskanz 
ler für den Umfang des ganzen Reichsge 
bietes Erhebungen über den gegenwärtigen 
Stand der Margarinefabrikation und deren 
Einfluß auf den Handel mit Naturbutter 
owie über die bisher in den einzelnen 
Bundesstaaten gemachten Wahrnehmungen 
über die Wirksamkeit und etwaige Abände- 
rungs- oder Ergänzungsbedürftigkeit des 
gedachten Gesetzes eingeleitet, auch die 
Bundesregierungen um Aeußerung über die 
Ausführbarkeit und Zweckmäßigkeit der von 
den Vertretern der Landwirthschaft befür 
worteten Verschärfungsmaßregeln ersucht. 
Auf Grund des eingegangenen Materials 
werden, wie der „Reichsanz." mittheilt, die 
erhobenen Beschwerden geprüft und die 
zur Beseitigung obwaltender Mißbräuche 
etwa veranlaßten weiteren Maßnahmen in 
Erwägung gezogen werden. 
— Auf Veranlassung des Finanzministers 
werden jetzt von den Steuerbehörden 
Gutachten darüber eingefordert, in wie 
weit es sich empfehle, die Einrichtung der 
berittenen Steueraufseher fallen zu lassen. 
Es besteht die Absicht, das Fahrrad 
auch für die Steueraufseher nutzbar 
zu machen. Die Hauptsteuerämter haben 
bis zum Juli an die Provinzialst euerdirek 
tionen Bericht zu erstatten. 
— In der gestrigen Sitzung der Agrar- 
commission hob Minister v. Heyden dem 
Reichsanz. zufolge in seiner Eröffnungs 
anspräche hervor, daß die Conferenz nicht 
vom Staatsministerium, sondern von ihm 
zu seiner Information über die Berathungs 
gegenstände berufen fei. Der Finanzminister 
sei um Betheiligung gebeten worden, weil 
die Creditfrage voraussichtlich im Vorder 
gründe stehen werde. Die Aus wähl sei ge 
troffen worden, ohne politische und con- 
fessionelle Rücksichten zu nehmen, wobei 
naturgemäß die Landestheile hauptsächlich 
berücksichtigt wurden, wo die Nebelstände 
besonders hervorgetreten seien. Das ohne 
sein Zuthun veröffentlichte Arbeitsprogramm 
stellt die interne Instruction dar, wonach 
die Vorarbeiten für die zu erörternde 
Agrarreform auszuführen seien. Das Ar 
beitsprogramm sei den Eonferenz-Theilneh- 
mern mitgetheilt worden,, um sie im In 
teresse der Conzentrirung der Discussion 
mit den Vorarbeiten bekannt zu machen. 
Laufe der Debatte führte der Geh. 
Regierungsrath Thiel aus, die Steigerung 
der Gutswerthe-wirke ausschließlich für die 
Gegenwart, während dauernde Hülfe gegen 
die Mißstünde in dem Steigen der Grund- 
werthe und dem gleichzeitigen Fallen oder 
wenigstens dem Stehenbleiben der Jmmobi- 
liarkaufpreise zu erblicken sei in der Be 
schränkung der Vererbung, und Verschuld- 
barkeit des Grundbesitzes, sowie die dazu 
anzustrebenden gesetzgeberischen Maßnahmen. 
Der Finanzminister hob hervor, daß. bei 
den steigenden Bodenpreisen und Reiner- 
trägnissen die erträglich gewesene Schulden 
last seit etwa zehn Jahren bei den stabilen 
oder liegenden Gutswerthen zu. unverkenn 
baren Mißständen geführt habe. Es frage 
sich, ob dem gegenüber eine absolute Ver 
schuldungsfreiheit einzuengen sei. Es han 
dele sich übrigens nicht darum,, durch einen 
solchen gesetzgeberischen Act Abhülfe zu 
schaffen, vielmehr müßten die Ursachen der 
Krisis bekämpft und in längerer Wirkung 
durch gesetzgeberische und Verwaltungsmaß 
nahmen eine Reform ausgeführt werden,, 
welche nicht das Interesse der Einzelnen, 
sondern das Staatswohl fördern. Staats 
minister Graf Zedlitz sieht den Hauptgrund 
in der allzu großen Entfernung der Pro- 
duktionsstellen vom Aufgabeorte der Pro 
dukte. Ferner müßte da wo, wie im Osten 
ein Grundbesitz-Kategoriengesetz sehr hervor 
rage, ein Mittel gefunden werden, dieselben 
einer theilweise fallenden Kategorie zuzu 
führen. 
Der durch die Explosion in Berlin im 
Gasbehälterschuppen der Militär-Luftschiffer- 
todt. Die Feuerwehr betrachtete nunmehr 
ihre Aufgabe für gelöst und rückte ab. 
Seinen Abschied vom Leben hat ern 
Selbstmörder, dessen Leiche am Sonn- 
tag Vormittag auf Westend bei Berlin 
gefunden wurde, auf seine Manschetten 
niedergeschrieben. Auf der einen stand: 
„O Welt, verzeihe meinen Schritt;: denn 
es ist rabenfinster. Ich habe ausgelitten. 
Forschet nicht nach meiner Identität, denn 
es wäre erfolglos." Auf der anderen 
Manschette fand man die Worte: „Lebe 
wohl, geliebte E." — Der Lebensmüde 
dürfte etwa 30 Jahre alt gewesen fein> 
er hatte dunkelblondes Haar und helleren 
Schnurrbart. 
Gera, 29. Mai. Der verstorbene K af 
ir er des städtischen Hospitals hat ein 
Defizit von mehreren tausend Mark hin 
terlassen. 
Liegnitz, 29. Mai. Durch einen Schuß 
aus einem Revolver tödtete ein hiesiger 
lbjähriger Lehrling seinen gleichaltrigen 
Freund. — In Hermsdorf bei Sagan 
wurde der Fabrikbesitzer Fuckner von Wil 
derern angeschossen und tödtlich verletzt. 
Ein verw egener H o t e l d i e b wurde 
dieser Tage in Krimmitschau in der Person 
eines Schlossergesellen aus Werdau ver 
haftet. ķ Dieser hatte sich in die Schlafstube 
des Besitzers eingeschlichen, war dort unters 
Bett gekrochen und als der Hotelwirth fest 
schlief, hatte er aus dessen Hosen die Geld 
schrankschlüssel entwendet, den Geldschrank 
ausgeschlossen und daraus etwa 400 Mark 
gestohlen, den Bemühungen der Polizei ge 
lang es, den Dieb bereits am folgenden 
Tage zu verhaften, doch hat er sich im 
Amtsgerichtsgefängniß erhängt. 
Zwei polnische Arbeiter erschlugen auf 
einem Werke bei Witten am Donnerstag 
einen Brbeitsgenossen und hängten ihr Opfer, 
um den Verdacht von sich abzulenken, an 
einen Pfosten auf. Die Thäter sind ver 
haftet. 
Köln, 29. Mai. Die „Köln. Ztg." 
meldet aus Sofia: Gerüchtweise ver 
lautet,. daß das Cabinet Stambulow 
seine Entlassung eingereicht habe. 
Fürst Ferdinand habe sie angenommen und 
Grekow mit der Neubildung des Cabinets 
beauftragt. 
Der mit 6000 Mark durchgegangene 
Handlungsgehilfe Rapp ist in Stettin 
verh-after worden. In seinem Besitz be 
fanden sich nur noch 120 Mk., 5880 Mk. 
hat Rapp seinen Angaben zufolge in den 
wenigen Tagen durchgebracht. 
Der Stellenvermittelungsschwin 
del nimmt in Hamburg in bedenklicher 
Weise überhand. Ein Küper, welcher sich 
gleichzeitig mit Stellenvermittelung besaßt, 
sagte einem Zimmergesellen mit Bestimmt- 
Abtheilung dem Militärfiskus verursachte heit eine Kassirerstelle zu und ließ sich vou 
direkte Schaden ist von den Sachverständi 
gen auf 170000 Mark geschätzl worden. 
Es wird übrigens beabsichtigt, den Uebnngs- 
platz der Luftschifferabtheilung nicht an 
seiner jetzigen Stelle in nächster Nähe von 
Kasernen zu belassen, sondern in eine Ge 
gend zu verlegen, wo bewohnte Gebäude 
nicht in der Nähe sind und eine vollständige 
Jsolirung sich ermöglichen läßt. 
Der Einsturz des Hauses in 
der Kochstraße, in Berlin, bei dem 
von 26 gerade beschäftigten Arbeitern 3: ge- 
tödtet und 3 verwundet worden sind, ist 
dadurch entstanden, daß man auf ein altes 
Vorderhaus ein viertes Stockwerk aussetzte 
und gleichzeitig unten Läden ausbrach. Ein 
Theil des neuen Stockwerks war bereits 
aufgeführt, als plötzlich heute Vormittag 
die Wandung im dritten Stock der linken 
Hausseite zusammenbrach. Die Decken 
waren nicht im Stande, die Wucht der 
stürzenden Massen auszuhalten, und alle 
drei brachen durch, und Steine, Balken, 
Bretter, Mörtel stürzten mit einem furcht 
barem Knall in das Erdgeschoß. Die ganze 
Straße war durch dicke Staubwolken in 
Finsterniß gehüllt, uuddie erschreckt zusammen 
laufenden Anwohner glaubten zunächst au 
eine Explosion. Als sich der Staub nach 
etwa 10 Minuten verzogen hatte, konnte 
man erst den Anfall in seinem ganzen 
Umfange übersehen. Die neu aufgeführte 
Rückwand des Vorderhauses, die eine Ver 
bindung zum Seitenflügel herstellt, war ein 
gestürzt, weil das darunter befindliche alte 
Mauerwerk, das ohnehin augenscheinlich 
morsch war, mitgerissen, und das ganze 
bildet einen Trümmerhaufen. Mit 
den Trümmern stürzten 6 Arbeiter herab 
Die sofort herbeigceilte Feuerwehr machte 
unter Leitung des Branddirektors Giersberg 
sich an die Rettung der verunglückten 
Arbeiter. Drei der verschütteten Leute 
konnten verhältnißmäßig schnell aus den 
Trümmern hervorgeholt werden. Der 
Maurer Spielberg und der Arbeiter Stroh 
wald hatten Verletzungen an den Beinen 
erlitten, dem Arbeiter Kreklov war die 
Schulter verrenkt und der Kopf verletzt. 
Ein Vierter, der Maurer Fridrich Sautzt, 
war bereits todt, als er um 11 Uhr heraus 
geschaft werden konnte. Der Kopf war ihm 
vollkommen zertrümmert. Die weiteren 
Rettungsarbeiten wurden durch die morsche 
Beschaffenheit des Baues sehr erschwert 
Die Feuerwehr mußte mit großer Vorsicht 
zu Werke gehen, da schon um 10^ Uhr 
ein kleiner Nachsturz erfolgte. Erst um 
Uhr gelang es, die noch verschütteten beiden 
Arbeiter aufzufinden. Sie waren bereits 
demselben als zu stellende Kaution ein 
Sparkassenbuch der Magdeburger städtischen 
Sparkasse Nr. 60216 auf 1001 Mark 
lautend, geben, sowie den Militärpaß des 
Zimmermanns. Mit beiden Theilen ist 
nun der Küper und Stellenvermittler ver 
schwuuden. Man ist auf der Suche nach ihm. 
Hamburg, 29. Mai. Der vielfach com- 
mentirte Erlaß des Grafen Waldersee, nach 
welchem es den Militärkapellen verboten 
war, in dem bestrenommirten Concerthause 
Hornhardt in St.. Pauli zu spielen, ist 
durch den Kriegsminister aufgehoben worden. 
Das Bier der Hamburger „Löwen- 
Brauerei" hat auf der internationalen 
Ausstellung für Volksernährung und Armee 
Verpflegung in Wien die höchste Auszeich 
nung, das Ehrendiplom und die gol 
dene Medaille erhalten. Dem Brau 
meister, Herrn Direktor Palm, ist das Mit- 
arbeiterdiplom mit goldener Medaille für 
hervorragende Leistung verliehen worden.. 
BrsviwLtäsÄ. 
Ausstellung in Kiel 1894 vom-4. 
bis 19. August. Seit der letzten Woche 
kommen besonders viele Anmeldungen und 
Anfragen aus Oesterreich und Ungarn, so 
werden u. A. österreichische Heeresausrü 
stungen auf der Kieler Ausstellung ver- 
treten sein. Die projektirten Maffenspei- 
jungen erwecken schon jetzt das Interesse 
der militairischen Kreise. Die Plcwierungs- 
arbeiten auf dem äußeren Theil des Aus 
stellungsterrains am Viehburger Gehege 
werden in der nächsten Woche beginnen. 
Oldesloe, 29. Mai. Die hies. Schläch 
termeister haben sich der Polizeibehörde 
gegenüber verpflichtet, sämmtliche von ihnen 
geschlachteten Schweine auf Trichinen 
untersuchen zu lassen und nur solche 
Schweine-Fleischwaaren zu verkaufen, die 
aus dem Fleische der als trichinenfrei be 
fundenen Schweine bereitet sind. Wenn 
einem dieser Schlachter nachgewiesen wird, 
daß er der eingegangenen Verpflichtung 
zuwidergehandelt hat, so verfällt er, abge 
sehen von der öffentlichen Bekanntmachung 
seines Namens und von anderen gesetzlich 
verwirkten Strafen, in eine Geldstrafe von 
240 Mark. 
X Süderdithmarschen, 28. Mai. An 
läßlich der vielen Bränden die an ver 
schiedenen Stellen unseres Kreises wieder 
holt vorkommen, neigt man sich hin und 
wieder der Ansicht, daß absichtliche Brand 
stiftung vorliegt. Schon seit längerer Zeit 
halten sich in der hiesigen Gegend mehrere 
Geheimpolizisten auf, und es sind auch be 
reits verschiedene Verhaftungen vorgenommen 
worden. 
Von der anhaltenden Dürre der letzten Wochen- 
verbunden mit dem kalten Nordostwind und Nacht 
frösten, haben die Saaten, Weiden und Wiesen 
so enorm gelitten, daß die Aussichten auf eine 
auch nur einigermaßen gute Ernte immer mehr 
schwinden und die Befürchtungen, welche von 
einzelnen Seiten schon im April ausgesprochen 
worden, daß dies Jahr noch schlechter wie 1893 
für den Landmann ausfallen würde, scheinen sich 
leider zu erfüllen. Zwar ist der Roggen bei der» 
-schönen Wetter im April gut gewachsen und be 
rechtigt zu einigen Hoffnungen, wenigstens was 
-Stroh anbetrifft, aber das Sommerkorn wird 
selbst bei anhaltendem Regen nur kurz bleibe» 
und- wenig Stroh liefern, wie auch die Heuernte 
nur eine sehr mäßige werden kann. Es ist des 
halb leider schon heute mit einer gewissen Sicher 
heit vorauszusehen, daß ein Nothstand in der 
Uebevwinterung des Viehstandes eintreten mutz 
und speziell wird der Mangel an Streu sich fühl 
bar machen. Alles Stroh wird der Landman» 
nothwendig gebrauchen, um sein Vieh zu ernähre» 
und zur Streu wird nichts übrig bleiben. Kan» 
das Vieh- aber nicht genügend Streu erhalten, st 
leidet es an Kälte und fällt, selbst bei hinreichen 
der Nahrung, zusehends ab. Auch bekommt der 
Landmann keinen Dung und so spinnt sich das 
Unglück von einem Jahr zum andern hinein. 
Unter solchen Unrständen ist es für unsere Ge 
gend als- ein glückliches Ereigniß zu betrachte», 
daß das Torfwerk Westennoor in diesem Früh 
jahr etablirt und heute bereits in Betrieb ist, 
denn es ist dem Sandmann Gelegenheit geböte», 
seinen Bedarf an Streu durch Ankauf von Torf- 
streu bequem zu- decken, sodaß er fern sämmtliches 
Stroh zum Futtern verwenden kann 
Bei der Bedeutung dieser Sache glauben wir, 
uns den Dank unserer geehrten Leser zu ver 
dienen,. wenn wir über den Artikel Torfstre» 
einige Mittheilungen machen. 
Der Törfstreu wird erzielt aus den oberste» 
Schichten der Hochmoore, aus dem sogen, rothe» 
Torf,.einer Masse, welche von dem eigentliche» 
Brenntorf sehr abzweigt, ja so zu sagen in der 
Mitte von grünem, Mdos und der schwarzen Tors 
masse steht und erst in weiterer Entwickelung sich 
zu Brenntorf gestalten kann. Diese Masse ist 
stark faserig, sie wirk! wie ein Schwamm, inbet» 
sie in der Lage ist, große Mengen von Feuchtig 
keit aufzunehmen und festzuhalten und in dieser 
Eigenschaft liegt ihr großer Werth- als Streu.^ 
Nachdem die in Soden ausgenommene Masst- 
vollständig getrocknet und mittelst Maschinen gc- 
fasert ist, ivird sie über ein Schüttelsieb geleitet, 
wobei-der Mull, welcher für Latrinen Verwendung 
findet, sich absondert. Der Törfstreu, eine nun 
mehr weiche faserige Masse, welche spezifisch un 
gemein leicht ist, totrb vermittelst Dampfpresst» 
zu Ballen von ca. ISO- Kilogramm zusammen 
gepreßt, welche durch Leisten und Drähte gehalte», 
jeden Transport aushalten können. Werden i»k 
Drähte abgenommen, so- ist- die Masse- mit leichtck 
Mühe zu lockern und giebt ein weiches xt» 5 
warmes Lager für das Vieh. 
Bei- Pferden ivird durch den ganzen Stand ei» 
10 bis 15 Ctm. dickes Lager gemacht. Die festes 
Exkremente, sowie diejenigen Streustücke, bie gst»? 
naß geworden sind, werden täglich entfernt u»" 
dagegen 3 bis 4:Pfund frischer Torfstreu nachA 
streut-und das Lager durchgearbeitet. Nach» 
bis Wochen wird das ganze Lager erneuert. Ä»! 
diese Weise haben die Pferde immer ein weiches- 
elastisches, geruchfreies, reinliches und trockenes 
Lager,- auf dem ihre Hufe die natürliche TrG- 
sähigkeit behalten, und auf das sie sich jederzeit 
gerne -legen. Der Verbrauch beträgt bei dem 
zeichneten Verfahren per Tag und- Pferd im ga»' 
zen etwa 5-Pfund. 
Bei- Rindvieh muß. etwas mehr- Torfstreu, be 
sonders hinten oder auch nur in den Jauchrini»» 
angewandt- werden, pro Tag und Kopf 5’/*-'* 
Pfund. Den Hinteren Stand- mistet man st" 1 
besten täglich aus. 
Bei- Schweinen, werden pro- Stück zunächst & 
Pfund Torfstreu eingestreut, alsdann streut in»" 
täglich:, ein halbes Pfund nach.. Alle- 4 Wacht? 
etwa wird das Lager erneuert. Vom Troge in»? 
die Streu entfernt, bleiben. Es ergiebt solchsj 
Verfahren für einen Landmann, welcher 20 Stil» 
Rindvieh, 4 Pferde und durchschnittlich 8 Schwei'»' 
hält, eine Ausgabe von: 
20x6x200= 24000 ®, 
4x5X300= 6000 ® „ an ... 
8x3x365= 2000 ® ~ ^30- al.33/» 
fürSchafe,Hühner, 1 - yi£ - 
Gänse rc. = 1000 
Es ist dabei berücksichtigt, daß das Rindvieh I" 
und die Pferde 65 Tage auf der Weide gehe» ^ 
Dagegen bekommt er außer den festen Effre 
menten mindestens 2800 Centner Dung, welche 
einen Werth von ca. 800 Mk. repräsentirt. . 
Der Torfftreu bildet ein Surrogat, welches b»' 
Stroh mit vielseitigen Vortheilen ersetzt, denn 
1. Ist das Aufsaugevermögen größer. 
Wuldstreu saugt das Einfache. 
Sägemehl das Doppelte, 
Stroh das Dreifache, ,, 
Torfstreu dagegen das Zehn- bis Fü»'' 
zehnfache des eigentlichen Gwichts auf. 
2. Ist er billiger. 
Angenommen ein Landmann, welcher ķ 
Pfund Stroh iin Jahre verbraucht, »*1 
kauft solchen zum Preis vou 3 Mark x 
Centner, welcher Preis unter heutigen Vck 
haltvissen als gering zu bezeichnen ist-?., 
im vergangenen Jahre 5 Mk. und daşş' 
bezahlt worden, so erzielt solches 300» “ 
Er kauft dagegen 300 Centner 
Torfstreu, ivelche gleiches Auf- 
saugsvermögen und gleichen 
Düngeriverth haben als 1000 
Centner Stroh. 
à 1.33V3 
4C)0j g 
2600 * 
so würde dadurch ein Gewinn von j 
zu verzeichnen fein, wovon der Fuhrt" 
in Abzug zu bringen ist. 
3. Ist der Dung weitaus besser. 
In Folge der geringen und langst»^ 
Aufsaugefähigkeit des Strohes, geht 
größte Theil des Harns verloren und ķ 
rade solcher enthält die besten Duķ^j 
Der Torfstreu saugt solchen begierig .ji 
und hält ihn fest, sodaß der Harn »' x-r 
fester Forin aus das Land gebracht -jjl 
den kann. Da der Torfstreu an ķ je 
sich schon ein gutes Dttngmittel 
darf mau annehmen, daß man in ^ dfl 
bei Einstreu von 100 Kg. Torfst"» ^ 
Kg. Dünger herausbekommt, room»- , ( it 
Kosten des Ankaufs ca. doppelt aufge" 
werden. 
4. Beseitigt derselbe den schlechten Gern ^ 
vielen Ställen und vertreibt die lästigen 
Durch das sofortige Aufsaugen aller y 
flösse wird deren lästiger Geruch v ' ^ 
men beseitigt und mit demjelben e j# 
auch die von ihm angelockten p: Xw, 
Welcher Nutzen dadurch für das -ü> • JJ 
finden und das Gedeihen der Thler- A»» 
wird, bedarf nicht einer näheren Erott^ 
' die Rinnen und ^aucyep 
zu 
tri 
zo- 
kö: 
5. Wer 
abgeholte 
D 
ge 
te 
ve 
T 
ui 
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