Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

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Wochenblatt 
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Wo. 122. 
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87ster Jahrgang. 
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Morgen-Depeschen. 
Berlin, 28. Mai. Oberstlieutenant von 
Höpfner, welcher als Nachfolger des 
Majors v. Wochem zum stellvertretenden 
Gouverneur von Deutfch-Ostafrika designirt 
war, wird aus gesundheitlichen Rücksichten 
diese Stellung nicht antreten. Als der nun 
mehrige Nachfolger des Majors von Wochem 
wird Oberstlieutenant v. Protha genannt 
Sprottau, 27. Mai. Die Polizeibehörde 
beschlagnahmte auf dem Schützenfestplatz 
zahlreiche Falsifikate von Thalern, 
Zwanzig, und Fünf Pfennigstücken von 
vorzüglicher Prägung. Die staatsanwalt 
liche Untersuchung ist bereits veranlaßt. 
Posen, 27. Mai. Nach amtlicher Mit 
teilung sind in der Stadt Warschau in 5 
Tagen 16 Erkrankungen und 11 Todes 
fälle, in Ochota, Kreis Warschau, in sieben 
Tagen 17 Erkrankungen und 7 Todesfälle, 
in der Grenzstadt Plozk in 2 Tagen 7 Er 
kranknngen und 4 Todesfälle an Cholera 
vorgekommen. 
Stuttgart, 27. Mai. Die Urheber des 
in Budapest preisgekrönten Brückenent 
wurfs sind der Ingenieur Julius Kubler 
in Eßlingen und Baurath Karl Weigle 
in Stuttgart. 
Wiesbaden, 28. Mai. Hier knrsiren 
Neuerdings falsche Zwei-Markstücke, 
die aus einer Legierung von Zink und Blei 
durch Guß hergestellt sind, das Bildniß 
Kaiser Wilhelm I. und die Jahreszahl 
1883 tragen. Die falschen Stücke fühlen 
sich etwas fettig an, im Klang sind sie den 
echten sehr ähnlich. 
Dresden, 28. Mai. Dem Erbauer des 
neuen Reichstagsgebäudes, Baurath Wal 
lst in Berlin, ist die durch den Tod 
des Bauraths Professor Lipsius erledigte 
Stelle eines Professors der Baukunst an 
der Akademie der bildenden Künste in 
Dresden vom 1. Oktober d. Js. ab über 
tragen worden. 
Hamburg, 25. Mai. Im Auftrag der 
österreichischen Regierung studiren augen 
blicklich zwei höhere österreichische Zoll 
beamte die hiesigen Zolleinrichtungen, spe 
ziell den Freihafen, die Zollinlandlager und 
die Zollabfertigung, und zwar behufs Be- 
rücksichtigung bei der beabsichtigten Er- 
Achtung eines Freihafens in Triest. Die 
beiden Herren haben Empfehlungen des 
Auswärtigen Amtes in Berlin und der 
General-Zolldirektor Pochhammer machte 
persönlich den Führer der österreichischen 
Kollegen, die heute auch die Anlagen Cux 
havens inspizirten. 
Halle a. S., 25. Mai. Ein Opfer 
so in es Berufes wurde der als Assistent 
am hiesigen pathologischen Institut thätige 
junge Arzt Dr. med. Sauerhering 
Er hat sich bei der Sektion eines an 
Diphtheritis verstorbenen Kindes eine Blut- 
Vergiftung zugezogen, der er in kurzer 
Zeit erlag. 
Wien, 26. Mai. Der Petersburger Be 
richterstatter der „Pol. Korr." konstatirt, 
daß das russische Kabinet fest entschlossen 
sei, sich in die Angelegenheiten Serbiens 
in keiner Weise einzumengen, als keine an 
dere Macht sich einmenge und als eine zu 
wartende Haltung ohne Gefährdung der 
russischen Interessen im Orient möglich sei. 
Wie aus Antwerpen mitgetheilt wird, 
werden König Leopold und Prinz 
Heinrich von Preußen am nächsten 
Sonntag in der Ausstellung erwartet. In 
„Alt-Antwerpen" findet bei dieser Gelegen 
heit ein historischer Festzug statt. 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Chicago, 28. Mai. Die französische 
Regierung strengte einen Prozeß gegen die 
Verwaltung der Weltausstellung an wegen 
Zahlung einer Schadenersatzsumme von 
500 000 Frcs. für die bei der Feuers 
brunst in der Ausstellung geschädigten 
französischen Aussteller. 
Newyork, 26. Mai. Die ausständigen 
Bergarbeiter zu F. Lasalle in Illinois griffen 
die Polizeiagenten, welche die Bergwerke be 
wachten, an. Drei Polizeiagenten wurden 
durch Revolverschüsse, mehrere durch Stcin- 
würfe verwundet. In Gripplecrec in Kolo- 
rado verübten die Bergarbeiter durch eine 
Pulverexplosion ein Attentat. Elf Bewohner 
des betroffenen Hauses sollen getödct sein. 
In verschiedenen anderen Gegenden fanden 
Zusammenstöße zwischen den Aufständigen 
und dm Polizeiagenteu statt. Erstere waren 
vielfach mit Repetiergewehren bewaffnet. ^Der 
Gouverneur von Illinois entsandte Truppen 
zur Wiederherstellung und Aufrechterhaltung 
der Ruhe und Ordnung. 
Spanien. 
Barcelona, 28. Mai. Die Polizei ver 
haftete mehrere in hohem Grade verdächtige 
Anarchisten und verbrachte dieselben an 
Bord des Kriegsschiffes „Navarino". 
»şrautrelM. 
Paris, 28. Mai. Die beiden verhafteten 
Anarchisten Gauche und Beaulien wurden 
gestern vor dem Untersuchungsrichter ver- 
nommen. Aus dem Verhör ergab sich, 
daß beide die Urheber der letzten Lütticher 
Attentate gewesen sind. Gauche gestand 
mit den berüchtigsten Anarchisten des Aus 
landes in Verbindung gestanden zu haben. 
Beaulien verweigerte jede Aufklärung über 
die Gründe, welche ihn bewogen, bereits 
im Alter von 22 Jahren sein Testament 
zu machen. 
Paris, 28. Mai. Da Peytral, Bourgeois 
und Dupuy die Uebernahme des Minister 
präsidiums abgelehnt haben, hat sich Brisson 
bereit finden lassen, die Neubildung des 
Kabinets zu übernehmen. Wie „Ganlois" 
meldet, will Carnot eine Botschaft an die 
Kammer richten, worin er die Gründe 
darlegen will, weshalb er, wenn die Ver 
suche Brissons zur Bildung des Kabinets 
ebenfalls scheitern sollten, gezwungen sei, 
ein absolutes Geschäftsministerium zu er- 
nennen. 
Serbien- 
Belgrad, 25. Mai. Die Ver ha stun- 
gen radikaler Politiker nehmen täg 
lich an Umfang zu. Im Laufe des heuti 
gen Tages wurden drei frühere Abgeord 
nete, der Erzpriester Milan Gjuric, der 
Kaufmann Maloparac aus Pozega und der 
Dr. Vukschewic aus Poscharevac, unter 
Eskorte in den hiesigen Kasematten einge 
liefert. Ferner steht die Verhaftung des 
früheren Kammerpräsidenten Demeter 
Na tic bevor. 
Italien 
In Mailand erschoß sich der Stadtkassirer 
Ghirinyelli^nach Unterschlagung von 100000 
Eine neue anachistisch - communi- 
stische Colonie nach Tolstoi'schem Muster 
in Italien. Aus Rom wird vom 3. ds. 
geschrieben: „Eine der bizarrsten Figuren 
unseres an wunderlichen Charakterköpfen 
nicht gerade armen Parlaments, der Abge 
ordnete und Millionär Fazzari, der überdies 
ein begeisterter Jünger des Grafen Leo Tolstoi 
ist, hat sich entschlossen, seine Ideale in die 
Wirklichkeit zu übertragen. Fazzari glaubt 
als echter Idealist an die Wirkung des 
guten Beispiels und ist ehrlich und hoch 
herzig genug, mit demselben seinen „Ge 
nossen" von der Anarchie voranzugehen.. 
Er hat deshalb beschlossen, sich seines 
Capitals zu entäußern und damit eine 
Colonie der „Freien und Gleichen", und 
zwar an der Küste der Bai von Squilazzia, 
ins Leben zu rufen. Eine ganz ähnliche 
Colonie rein anachistisch < communistischen 
Characters ist von dem Schwiegersohn 
Elisöe Röclus', dem Ingenieur Register, in 
Algerien begründet; es ist deshalb keinesfalls 
ausgeschlossen, daß auch die „freie Gemeinde" 
Fazzari's prosperirt. Es dürste nur davon 
abhängen, ob sich der italienische Exmillionär 
als ebenso praktischer Organisator und Leiter 
erweist, wie der außerordentlich begabte und 
energische französische Colonisator. Die 
neue italienische „Gemeinde" behält einen 
(katholisch-)christlichen Charakter bei, läßt 
die christlich-moderne Ehe und Familie als 
solche bestehen und trägt überdies den 
Stempel des russisch-Tolstoi'schen Charakters. 
Nichts desto weniger verkörpert sie aber 
modern anarchistisch-commumsstsches Wesen; 
wieder ein Beweis, wie bei unseren modernen 
Anarchisten sich confuse Phantasterei mit 
wirthschaftlich reactionären Ideen mischt, 
eine Erscheinung, die gerade bei den russischen 
Anarchisten am krassesten hervortritt. Auch 
die eitle Schauspielerei der Anarchisten zeigt 
sich bei Fazzari; seine Visitenkarten tragen 
unter den schlichten Namen nicht wie bis 
her die Worte „Mitglied des Abgeordneten 
hauses," sondern die bürgerlichB ezeichnung: 
„Ackermann und Fischer." 
Die „Gebote" der neuen „Freigemeine" 
unterdrücken jedes individuelle Eigenthum, 
verbieten schlechthin jede Lecktüre, verbannen 
unnachsichtig und ausnahmslos jedes Buch, 
jede Zeitung, jeden Brief bis zur tele 
graphischen Depesche aus der Colonie. 
ämmtliche Arbeiten werden gemeinsam 
verrichtet, bleiben aber auf das nothwendigste 
Maß beschränkt; Ackerbau, Viehzucht und 
Fischfang bleiben die Hauptbeschäftigung. 
Die Familien leben indes nach altem Vor 
bilde jede für sich. Es giebt keinerlei Be 
hörde, keine Autorität, keine Gemeinde- 
Organisation. Nur kommen die Colonisten 
einmal jährlich zusammen, um einen Be 
rather zu wählen, und zwar in geheimer 
Wahl. Ebensowenig giebt es ein Straf 
gesetz und nur eine einzige „Strafe", die 
des Ausschlusses aus der Gemeinde, der nur 
durch Stimmeneinheit aller Bürger und 
Bürgerinnen verhängt werden kann. Auch 
keine geistliche Autorität im eigentlichen 
Sinne wird geduldet, jedoch liest jeden 
Sonntag ein katholischer Geistlicher die 
Messe, wobei er sogleich die wesentlichsten, 
die Gemeinde berührenden Staatsgesetze er 
läutert. Alles steht mit der Sonne auf 
und geht mit ihr zu Bett. Das Brennen 
von Lampen und Lichten jeder Art ist ver 
boten. Die Mahlzeiten und deren Zu 
sammensetzung sind ebenso genau vorge 
schrieben wie die Arbeitszeit. Das Mittag 
1894. 
essen besteht aus Suppe, Fisch, Fleisch 
und Gemüse. Man beabsichtigt also 
nicht schlecht zu leben; Wein, Bier, 
Spirituosen aber sind verpönt, ausge 
nommen solche Weine, die in der Colonie 
selbst gezogen und gekeltert sind. — Herr 
Fazzari ist Schutzzöllner. — Beide Ge- 
schlechter tragen dieselbe Kleidung, wie sie 
auch in jeder Beziehung gleiche Rechte ge 
nießen. Im Falle eines Angriffskrieges 
haben die Männer den Dienst in der ak 
tiven Armee zu verweigern; nur wenn das 
Vaterland angegriffen wird, soll die Co 
lonie „nach bestem Können" an der Landes 
vertheidigung theilnehmen. Und wie um 
diese wunderlich - konfuse Verquickung reak 
tionärster Grnndanschauungen und anarchi 
stisch kommunistischer Jdealisterei durch ein 
höchstes Pradoxon zu krönen, hat der Mil 
lionär, Ackerbauer und Fischer in einem 
Schreiben an Leo XIII. seine freie Ge 
meinde unter den Schutz des Papstes ge 
stellt und dessen Segen zu seinem Unter 
nehmen erbeten. 
Griechenland. 
Athen, 26. Mai. Seit vorgestern wer 
den in Atalanti wieder heftige Erdstöße 
verspürt. 
Belgien. 
Brüssel, 28. Mai. Der König von 
Rumänien und Prinz Leopold von Preußen 
wurden am Nordbahnhof vom König, dem 
Grafen von Flandern und den Vertretern 
der Behörden empfangen. Auf dem Wege 
zum Schlosse bildeten Truppen Spalier. 
Das zahlreich in den Straßen versammelte 
Publikum brachte den hohen Gästen leb 
hafte Ovationen dar. 
Oesterreich. 
Wien, 28. Mai. Ministerpräsident 
Wekerle wurde heute Vormittag 11 Uhr 
vom Kaiser in Audienz empfangen, welche 
eine Zeitdauer von 27 2 ©tunöen umfaßte. 
Wie verlautet, sollen die Aussichten auf 
eige befriedigende Lösung der kritischen 
Situation günstige sein. Heute Abend 
reist Wekerle nach Budapest zurück; er wird 
jedoch bereits am Montag wieder in Wien 
weilen. Am Mittwoch soll die definitive 
Entscheidung erfolgen. 
Wien. 28. Mai. Die „Pol. Korr." 
meldet aus Petersburg, daß von der 
Univertät Marsch au 20 polnische Studenten 
relegiert worden seien, es wird jedoch be 
zweifelt, daß die Universität, wie die 
Blätter melden, geschlossen wird. 
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Historischer Roman von Gustav Lange. 
Die Reihe war nun an mir, meinen Preis 
zu fordern, aber indem ich noch wählte, schoß 
mir plötzlich ein Gedanke durch das Hirn. 
— Meine Helmkette lösend und die Stahl 
haube vom Kopfe nehmend, trat ich zu dem 
übrigen . Reitertrupp, der von Ferne das 
Schauspiel des Kampfes beobachtet. Ich trat 
an den Zelter der Dame und, mich ehrerbietig 
bkrneigmd, sprach ich: 
„Hohe Signora, Ihr wäret Zeugin unseres 
durch die Gunst des Schicksals für mich 
glücklich geendeten Kampfes und ich bin jetzt 
berechtigt, den Kampfpreis zu fordern, aber 
sch verzichte auf das reichste Kleinod, welches 
ich von dem edlen Herrn mir wählen könnte 
ünd erbitte mir nur die eine Gunst von Euch, 
Welche mir höhere Freude bringen wird, als 
Perle und Diamant. Oft wurden mir von 
Ehrenden Sängern und Kriegsleuten die 
sstauen Eurer Stadt gepriesen, aber »och nie 
hi mir das Glück zu Theil geworden, das 
Antlitz einer Tochter dieser ersten Stadt der 
^rdc von Angesicht zu schauen; darum erfüllt 
seinen Wunsch, wenn Euch kein heiliges 
Gelübde bindet und laßt für die Dauer eines 
Augenblickes den Schleier fallen. Ich bin 
Wieden mit diesem Kampfpreis und Euer 
Wg steht offen." 
. „Thor, der Du warst," rief jetzt der Eß- 
b»gcr und schlug mit der Faust erzürnt auf 
.'n Tisch. „Du hättest den Fuchs nehmen 
Wen, es war gewiß neapolitanisches Blut, 
^in alter Gaul hat doch Galle und Spath 
vn der Winterkampagne. Wenn das Frauen- 
Mtitnei- nun den Schleier hob und eine ver 
trocknete Großmutter oder eine häßliche, alte 
Jungfer glotzte Dich an? — Es wäre Deiner 
Neugierde gewiß Recht geschehen!" 
„Beinahe hätte der Ritter, den ich aus 
den Sattel gehoben, mir den Spaß verdorben 
und zwar ganz in Deinem Sinne; denn 
nachdem dieser seinen Gaul wieder eingefangen 
kain er hastig auf ilns zu und als er nicine 
Kampfpreisfordernng vernommen, rief er zornig 
nur an ihn hätte ich Anspruch, sein Streit- 
roß, ja seine Silberrüstung könne ich fordern, 
die Signora jedoch müsse ich nnbeleidigt 
lassen; ja, er drohte sogar, einen ernstlichen 
Kampf mit mir beginnen zw wollen, wenn 
ich nicht von meinem Verlangen abstände. 
Da erschien der Gegenstand unseres Strei 
tes selbst als Vermittlerin und eine sanfte, 
zarte Stimme tönte unter dem dichten Schleier 
hervor: „Es thut Euch wohl wehe Giulio 
daß dem deutschen Ritter mein Antlitz wer 
ther erscheint, als Euer Roß und Waffen 
putz, aber wie kann beleidigen was schmeichelt 
und da ich zu der Gcgenparthei des dcut- 
chen Ritters gehöre, so nehme ich keinen 
Anstand, Euch stolzen Männern gegenüber 
den Ruf zu behaupten, uns aus dieser Lage 
befreit zu haben und dem Fremdling einen 
Possen zu spielen mit meinem Alltagsgesichte. 
Wahrlich, ein wohlfeilerer Turnierpreis ist 
wohl noch nirgends gezahlt worden und hat 
ich ein Sieger mit solch zweifelhaften Dank 
begnügt. Darum geschehe der Wille des 
Fremdlings." Sie hob nach diesen Worten 
den Schleier und und ich stand 
einen Augenblick starr wie ein Marmorbild." 
„War es eine rothäugige Hexe?" fragte 
der Eßlinger gespannt." 
„Nein, cs war kein Weib, es war ein 
Engelsgesicht, welches mir entgegenstrahlte," 
entgegnete Heribert pathetisch, die Hand aufs 
Herz drückend und wie verklärt den Blick gen 
Himmel richtend. „Noch nie hat mir aus 
einem Weiberantlitz ein solcher Himmel ent 
gegengestrahlt und die Seele so deutlich aus 
den Augen gesprochen, nie die Unschuld und 
Geistesgröße zugleich ähnlich mir entgegenge 
leuchtet, Dieser Gedanke ließ alles um mich 
her vergessen, nur in den Anblick des Ma 
donnabildes versunken, aber es war wie eine 
Sprache der Seele, die sich in unseren 
Blicken kundgab, denn auch ihr Blick ruhte 
unverwandt aus mir, es war, als befänden 
wir uns in einer anderen Welt, wo der 
Austausch der Gefühle und Empfindungen sich 
durch den Blick der Augen doknmentirt. 
Als der neidische Ritter den Befehl zum 
Aufbruch gegeben und die Römer die Straße 
dahintrabten, war cs mir, als habe ich wachend 
geträumt und sei nun in die rauhe Wirk 
lichkeit zurückversetzt; aber den Blick, den sie 
noch einmal zurückwarf, als schon der Staub 
der Straße sie einzuhüllen begann und ehe sie 
den Schleier wieder fallen ließ, gab mir die 
die Gewißheit, daß cs kein Traum gewesen. 
Mit magischer Gewalt zog mich dieser letzter 
Blick der seelenvollen Augen nach sich und 
mit donnernder Stimme gebot ich den mich 
begleitenden Knechten Marsch und verfolgte 
die Römer, soweit es meine Dienstpflicht er 
laubte, sodaß die römischen Reiter sich in 
Galopp setzten, da sie wohl glauben mochten, 
ich folgte ihnen aus feindlichen oder anderen 
Absichten nach. 
„Aber Monden liegen zwischen jener Zeit 
und heute," warf der Eßlinger dazwischen, 
Du bist mir seitdem nicht aus den Augen 
gekommen, Du warst dabei, als Tortona in 
Trümmern fiel, Du feiertest die lombardische 
Krönung zu Pavia und daS Fest der grünen 
Maien zu Bologna mit. Ich habe aber in 
dieser ganzen Zeit keine Veränderung an Dir 
bemerkt, als daß Du mit düsterem Auge mehr 
in den Becher starrtest, als Du ihn zum 
Mund geführt und daß Du Deinen Sessel 
an die Abendtafel gerückt und davon gingst, 
wenn unsere Junker sich von ihren Abenteuern 
erzählten; ich glaubte, die Sehnsucht nach der 
lieben Heiniath habe Dich ergriffen und ver 
mied es darum, Dich über Dein schwer- 
müthigcs Wesen zu befragen, hoffte ich doch, 
die Zeit mit ihrer wohlthätigen Macht, Schmer 
zen zu heilen, würde auch Dich wieder um 
wandeln." 
„Ich würde es auch jetzt noch nicht über 
mich gewonnen haben, das von mir so sorg- 
am gehütete Geheimniß preiszugeben," sagte 
Heribert mit dumpfer Stimme. „Aber seit 
dieser Nacht ist ein heimliches Grauen über 
mich gekommen, welches ich fast mit einer 
Todesahnung vergleichen möchte und vor 
einem Ende soll ein jeder guter Christ sein 
Haus bestellen; er soll alle Pflichten gegen 
Freund und Feind in Ordnung bringen; dies 
habe ich, soweit möglich gethan, es bleibt 
mir nur noch übrig, Dir di- letzte Erklärung 
zu gehen. 
Du wirst Dich noch des schönen Gärtner- 
mädchen's erinnern, welches in den acht Tagen, 
die wir hier vor Rom liegen, jeden Morgen 
ins Lager kam und uns mit ihren süßen 
Früchten erfreute. Durch sie hatte ich erfahren, 
daß die schöne Signora, die vor Tortona 
mir gegenüber den Schleier gelüftet, glücklich 
in ihrer Vaterstadt Rom angekommen und 
das Gärtnermädchen war cs auch, welche die 
Vermittlerin zwischen uns spielte, denn ich 
muß Dir gestehen, daß auch ich der Signora 
nicht gleichgültig geblieben und das Gärtner- 
mädchen in ihrem Aufträge in das Lager 
gekommen, um sich nach mir zu erkundigen, 
da mein Name, den ich damals vor Beginn 
des Turniers zwischen mir und den römischen 
Ritter genannt, ihrem Gedächtniß nicht ent 
schwunden. So erhielt ich jeden Morgen 
mit den schönen wohlschmeckenden Paradies 
äpfeln die Ladung zu dm nächtlichen Zu 
sammenkünften. Von dem Gärtnermädchcn 
erfuhr ich jenen Weg durch die gebrochene 
Mauer, von dem ich Dir schon erzählt und 
von ihr geleitet fand ich auch den Weg durch 
ein dunkles Labyrinth zu der Geliebten und 
noch immer ist sie die getreue Noastaube, 
die in die Stadt und zurück für mich den 
grünen Zweig der Hoffnung trägt." 
„Und Deine- Zärtliche heißt? fragte der 
Eßlinger." 
„Kaum wage ich es Dir mitzutheilen," 
nhr Dalberg fort. „Sie ist eine der Ersten 
und Edelsten in jener Stadt vor uns, deren 
gewaltige, stolze Zinnen und Thürme dort die 
ersten Strahlen der aufgehenden Sonne beleuch 
ten. Heil und Segen würde dem Geschlechte 
derer von Dalberg wiederfahren, wenn,' was 
mir schier eine Unmöglichkeit dünkt und ich 
kaum in klaren Gedanken fassen kann, sie 
meinem Geschlechte eine neue Stammutter 
werden würde. Aber ich glaube, ihre Liebe 
ist nur das Kind eines Augenblickes gewesen 
und Fortuna, die zuweilen aus ihren herr 
lichen Augen inir entgegenwinkt, nur ein 
satteres, in Nebel zerrinnendes Phantasie 
gebilde gewesen. Ihr Name ist Chiara di 
Dragonito und ihr Vater der Oberste der 
römischen Heerschaaren. Nun kennst Du 
Alles, 'weißt Alles, was mich bewegt, bewahre 
aber in Deinem Herzen, was ich Dir meinem
	        
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