Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

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Montag, den 21. Mai 
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Morgen-Depeschen. 
Berlin, 21. Mai. Das Staatsmini 
sterium trat heute Vormittag 10 Uhr unter 
dem Vorsitz des Ministerpräsidenten Gras 
Eulenburg zu einer Sitzung zusammen, an 
der auch der Reichskanzler Gras von Ca- 
Privi theilnahm. 
Berlin, 21. Mai. Wie der ..Reichs 
anzeiger" meldet, hat sich der Freiherr v. 
Schorlemer-Alst mit Rücksicht aus seinen 
Gesundheitszustand genöthigt gesehen, aus 
der Kommission behufs Erörterung von 
Maßregeln zur Hebung und Befestigung 
des Silberwerthes auszuscheiden. An seiner 
Stelle ist der Abg. von Schalscha in die 
Kommission berufen worden. 
Berlin, 21. Mai. Die heutige Sitzung 
des Internationalen Bergarbeiter-Kongresses 
wurde durch den belgischen Delegirten Cal- 
vaerts eröffnet. Bon den Engländern 
waren noch zwei Delegirte zurückgeblieben. 
Als Tagespräsident leitete Lamendiu die 
Verhandlungen. Calvaerts sprach sein Be 
dauern über die Abreise der Engländer 
aus; die entstandenen Mißhelligkeiten seien 
vielfach auf die Verschiedenheit der Sprachen 
zurückzuführen und könnten deshalb nicht 
ernst genommen werden. Es sei zu hoffen, 
daß die Arbeiten heute ihr Ende finden. 
— Baylay gab alsdann im Namen der 
Engländer die Erkärung ab, daß die Dele 
girten wegen dringlicher Berufsgeschäfte die 
Heimkehr antreten mußten; sie seien schon 
9 Tage von Hause abwesend gewesen. Die 
beiden zurückgebliebenen Delegirten sollten 
die Interessen der Engländer wahrnehmen. 
Alle noch wichtigen Fragen möge mau aus 
dem nächsten Kongreß erledigen. Der 
deutsche Delegirte Schröder-Dortmund äu 
ßerte sich bezüglich der in den vorherge- 
gangenen Debatten entstandenen Mißver 
ständnisse im Sinne des Belgiers Calvaerts, 
betreffs der Bestimmung des nächsten Kon 
greßortes überlasse er alles den Franzosen 
Auf Vorschlag des Delegirten Calvignac 
wurde dann einstimmig Paris als Ort des 
nächsten Kongresses gewählt. Bon den 
Deutschen wurden Schröder, Strunz und 
Möller als Delegirte für denselben auser- 
selben ausersehen. Der Präsident Lamen- 
din hob alsdann den Kongreß ohne jede 
weitere Erörterung auf. 
Athen, 20. Mai. 15000 russische Juden 
sind durch die Dampfschifffahrtsgesellschaft 
Florio Rubattiuo nach Argentinien beför 
dert worden. Die ersten 735 Auswanderer 
sind gestern bereits in Piräus in recht be- 
klagenswerthem Zustande eingetroffen. 
Graz, 21. Mai. Gegen die im Lugloch 
eingeschlossen gewesenen Höhlenforscher soll 
gerichtliche Untersuchung eingeleitet worden 
sein, weil dieselben während ihres Aufent 
haltes in der Höhle dem Schüler Heidt 
seinen Mundvorrath widerrechtlich entzogen 
haben sollen. 
Belgrad, 21. Mai. Die Regierung be 
rieth gestern über Maßregeln gegen den 
Kassationschef, wobei sich herausstellte, daß 
nicht nur radikale, sondern auch der libe 
ralen und fortschrittlichen Partei angehörige 
Richter gegen die Gültigkeit des königlichen 
Ukas stimmten. 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Chicago, 19. Mai. Der Sturm, der 
am vergangenen Donnerstag das westliche 
Ufer des Michigan-Sees heimgesucht hat, 
ist der heftigste seit Jahren gewesen, zahl 
reiche Schiffbrüche sind gemeldet worden, 
10 Personen ertranken. 
Der Gefahr, durch Silberdollars 
erdrückt zu werden, entkamen jüngst 
mit knapper Noth mehrere Beamte der 
Münze zu Philadelphia. Sie hätten den 
Auftrag, eine große Summe Geldes nach 
zuzählen, die seit Jahren in einem Ge 
wölbe des Müuzamts aufgespeichert lag. 
Bei der Oeffnung des Gewölbes zeigte 
sich, daß die Säcke, in denen die Silber 
stücke verwahrt wurden, vermodert waren 
und auseinander fielen, sobald mau den 
Versuch machte, sie aufzuheben. Als einer 
der Beamten mit Mühe sich auf das Ge 
birge von Geld hinaufarbeitete, um die 
losen Stücke zu sammeln, platzten eine 
ganze Reihe von Säcken und plötzlich 
setzte sich die ganze Masse der Geldstücke 
in Bewegung, so daß die in dem Gewölbe 
befindlichen Leute sich nur mit Mühe 
retten konnten. Der Sturz der Geldstücke, 
die eine Summe von 2 Millionen Dollar 
ausmachten, erschütterte das ganze Gebäude. 
Spanien. 
Der Oberste Kriegsrath verurtheilte von 
den Barceloner Anarchisten 6 zum Tode 
und 4 zu lebenslänglicher Zwangsarbeit. 
Aus Barcelona wird gemeldet, daß die 
dortige hochberühmte und alte Stierfechter- 
Akademie aus Mangel an Schülern ge 
schlossen werden mußte. Die Liebhaber 
der barbarischen Stierkämpfe sind darob 
ganz aus dem Häuschen und schreien, daß 
Spanien in Verfall gerathe und daß seine 
ruhmreichen Traditionen verschwinden. Es 
wäre aber nur zu wünschen, daß auch die 
Stierfechterschulen in den anderen Städten 
der schönen Halbinsel bald das Schicksal 
der „Akademie" von Barcelona theilen 
möchten. Die Civilisation könnte dadurch 
nur gewinnen. 
Serbien. 
Belgrad, 20. Mai. Für den Serben 
thron sind zwei Prätendenten vorhanden, 
der vielgenannte Peter Karageorgie- 
witsch, der Schwiegersohn des Montene 
grinerfürsten Nikolaus, und Todoro- 
wits ch, oer Enkel des ersten Serbenfürsten 
Milosch Obrenowitsch und der Sohn 
des 1878 im Topschider Parke ermordeten 
Fürsten M ich a el Obrenowitsch. Der der 
zeit 38jährige Todorowitsch ist eine äußerst 
sympathische Persönlichkeit und lebt in 
München, soll aber neuestens nach der 
Schweiz gereist sein. Obgleich Todoro- 
wisch in Serbien ziemlich viele Anhänger 
aus legitimistischen Gründen besitzt, machte 
er selbst seine Ansprüche auf den serbischen 
Thron nie ernstlich geltend. Desto eifriger 
wühlt Peter Kara georgie witsch, so 
bald er die Umstände hierfür geeignet er 
achtet. Bei allen Krisen, die bekanntlich 
häufig eintreten, taucht die Person des 
Karageorgiewitsch auf. Da die Radikalen 
dermalen besonders erbittert sind, betreiben 
sie auch lebhafter als sonst die Agitation 
für ihn. Gleichwohl bleibt abzuwarten, 
inwieweit die jüngst entdeckte Verschwörung 
einen ernsthaften Hintergrund besitzt. 
Immerhin kann die Verschwörung seitens 
der serbischen Regierung als eine erwünschte 
Handhabe zur Anwendung außerordentlicher 
Mittel benutzt werden, darunter ist in erster 
Reihe die Sistirung der Verfassung zu ver 
stehen. Thatsächlich ist die von Milan ge 
schaffene Verfassung für Serbien allzu 
radikal; kein Staat vermag auf die Dauer 
zu existiren, der ohne Zucht und festge 
gliederte Ordnung bleibt. Nunmehr be 
steht folgendes Projekt: Der junge König 
unternimmt eine Reise ins Ausland. Mi 
lan tritt die Regierung an, sistirt 
die Verfassung und oktroyirt eine neue 
Verfassung, die er bereits entworfen 
hat. Letztere schafft das allgemeine Wahl 
recht und die Unabhängigkeit der Richter 
ab, schränkt die Preßfreiheit ein, beseitigt 
mehrere Volksrechte und vermehrt die Prä 
rogative der Krone. Ob die Radikalen der 
Ausführung dieses Projektes ruhig zusehen 
werden, ist eine offene Frage. Im Bel 
grader Königs schloß ist man indessen der 
Ueberzeugung, auf die Armee für alle Fälle 
bauen zu können. 
Belgien. 
Brüssel, 18. Mai. Die Identität eines 
in den Lütticher Dynamitanschlag 
verwickelten russischen Grasen ist nunmehr 
festgestellt. Er heißt E r n st von Un 
ger n-S t e r n b e r g, geboren in Neskin- 
technoje am 27. Februar 1867. Er stu- 
dirte in Straßburg und seit dem 2. No 
vember 1893 in Lüttich. Seine Eltern 
sind in Petersburg ansässig und noch le 
bend. Bis jetzt hat die Polizei keine Ah 
nung, wo er sich aufhält; seine Photogra- 
graphie ist au alle ausländischen Polizei 
behörden geschickt worden. Nach dem Ge- 
ständniß des deutschen Anarchisten Müller 
soll Sternberg alle Bomben selbst sabrizirt 
haben; es sind noch mehrere fertig, die 
nicht benutzt wurden, jedoch unter Anar 
chisten vertheilt sind. Die Polizei sucht 
mit großem Eifer ihrer habhaft zu werden. 
Inland. 
— Gegen den Finanzminister Dr. 
Miguel und den Direktor der Dortmunder 
Union, Moritz Ottermann in Dortmund, 
soll von dem früheren Redacteur der 
„Reichsglocke", Joachim Gehlsen, die Pri- 
vatklage wegen Beleidigung ange 
strengt werden. Bekanntlich wurde von 
den beiden Genannten bei ihrer Zeugen 
vernehmung im Prozeß gegen Plack und 
Schweinhagen Gehlsen als Verleumder 
bezeichnet. 
— Ueber den Finanzminister Miguel 
veröffentlicht der „Reichsbote" eine angeb 
lich aus Thatsachen beruhende Version, „wie 
Herr Miguel Minister geworden ist." Das 
Blatt zählt folgende verschiedene Gelegen 
heiten auf, bei denen eine Ministerkandidatur 
Miguels bereits in Frage gestanden habe: 
1884 habe Bismarck Herrn Miguel au Stelle 
des Ministers v. Puttkamer bringen wollen. 
Miguel habe aber abgelehnt. 1887 habe 
der Reichskanzler Herrn Miguel mit dem 
Portefeuille des preußischen Handels 
ministeriums betrauen wollen, sei aber in 
Folge einer Auseinandersetzung zwischen der 
„Kreuzztg." und der „Germania" wieder 
davon abgekommen. 1889 sei dann die 
Bekanntschaft Kaiser Wilhelms II. mit 
Miguel durch den Grasen Waldersee 
vermittelt worden. Waldersee und Miguel 
hätten im Herrenhause rege Fühlung ge 
nommen sich besonders in kirchlichen 
Fragen zusammengefunden. So 
habe die Idee, deren Verwirklichung 
die bekannte Walderseeversammlung von 
1887 galt, an Miguel einen kräftigen Ver 
treter gehabt. Durch Empfehlung des 
Grafen Waldersee sei Herr Miguel dann 
beim Kaiser eingeführt worden. Kurz da 
rauf habe der Kaiser ihn bei dem Kriegs 
minister mit den Worten: „Sie sind mein 
Mann" angeredet; bei der Anwesenheit des 
Kaisers in Frankfurt a. M. im Dezember 
1891 wurde dann Herr Miguel besonders 
geehrt, und ein halbes Jahr später wurde 
er dann Finanzminister. — Man darf ge 
spannt sein, ob diese Angaben ohne Er 
widerung bleiben werden. 
— Das Zustandekommen des San b< 
wirthschaftskammer-Gesetzes 
erscheint, wie die „Kreuzztg." schreibt, nun 
mehr gesichert. Die Konservativen haben 
sich, nachdem die wiederholten Versuche, 
sich mit dem Centrum zu verständigen, 
als endgültig gescheitert angesehen werden 
mußten, nunmehr mit den Freikonservativen 
und einer größeren Anzahl von National 
liberalen auf einen ‘ gemeinsamen Antrag 
geeinigt, der die Errichtung von Land 
wirthschaftskammern von königlicher Ver 
ordnung nach Anhörung der Provinzial- 
Landtage abhängig macht. Als Wahlkörper 
ist zunächst der Kreistag bestimmt. Auch 
die „Nat.-Ztg." bestätigt mit dem Ausdruck 
des Bedauerns, daß die Mehrheit der 
natioualliberalen Fraktion sich bereit erklärt 
hak, den Grundsatz der fakultativen Er 
richtung der Landwirthschaftskammern auf 
zugeben. 
Berlin, 16. Mai. Wir lesen in hiesigen 
Blättern: Der Polizeihauptmann 
Feist, welcher die Ueberwachung der Ar- 
beitslosen-Versammluug am Friedrichshain 
geleitet hat und im bekannten Prozesse 
gegen die angeklagten Redecteure als Haupt 
zeuge aufgetreten ist, hat die Versetzung 
aus dem bisher innegehabten Bezirk (VIII.) 
nach dem ersten Bezirk als Nachfolger des 
jetzigen Polizei-Obersten Krause erhalten. 
In osfiziellen Kreisen wird diese Versetzung 
als Auszeichnung betrachtet. 
Berlin, 19. Mai. In Angelegenheit 
des Ausstandes der Berliner Brauerei- 
Böttcher wurden gestern Abend in ver 
schiedenen Stadttheilen neun, von etwa 
25 000 Personen besuchte Versammlungen 
abgehalten, worin die Maßnahmen der 
Berliner Brauereien zur Aussperrung der 
organisirten Brauerei-Arbeiter von sozial 
demokratischen Rednern besprochen wurden. 
Eine Resolution wurde angenommen, wo- 
nach der Boykott so lange aufrechterhalten 
bleiben soll, bis die Brauereien die ent- 
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Historischer Roman von Gustav Lange. 
Die Sänfte und die dieselbe begleitenden 
Personen waren inzwischen in der Mitte der 
«trade suora am Ende ihres Zieles angekommen. 
Ein weites Gebäude, mehr einer kleinen Burg, 
als dem Hause in einer Stadt ähnlich, schien 
in dieser Nacht der Anziehungspunkt alles 
Lebens m diesem Theile Roms zu sein. Nicht 
nur, daß aus dem Innern desselben heller 
-ichterglauz durch die hohen Fenster strahlte 
und rauschende Musik ertönte, deren Klänge 
weithin hörbar, auch vor demselben brannten 
auf großen Pfannen mächtige Pechbrände, die 
'hr rothes, fast unheimliches Licht, von einem 
dichten, qualmenden Dunstkreis umgeben, über 
dem Platz ergossen und eine Menge Volkes 
beleuchteten, die den Eingang nmdrängten, um 
d'e ankommenden Gäste zu sehen; die vier 
Hellebardiere mit ihren bärtigen Gesichtern 
hatten Mühe, den Eingang frei zu halten und 
Mußten manchen Maledctto, Barlodo ^ ober 
Etenallaccio uugerächt aus dem Munde einiger 
Şchreier aus der Menge hinnehmen. 
, Der ältere Ritter, der Marchese di Drago 
ns, öffnete die Thür der von ihren Trägern 
3 auf die Steinflieseu niedergelassenen 
häufte, während all die herannahenden Mm- 
u>eu vor dem geehrten Nobile zurückwichen 
7'd als jetzt die Tochter desselben, die gepriesene 
^h'ara der Sänfte entstieg und in den Schein 
, Es Lichterglanzes trat, ertönteein lautes „Ah!" 
Z' Verwunderung. Und Chiara durfte diese 
Huldigung hinnehmen; sie war wirklich eine 
Schönheit und glich im ersten Augenblick in 
grellen Beleuchtung eher einer feenhaften 
ffcheinung, denn alle Liebreize vereinigten sich 
in dieser Junogestalt und hätte es nicht erst 
des weißen Atlaskleides mit Purpur verbräumt 
und der veilchenfarbigen Steine in den glän 
zenden, üppigen Haar und Ohren und auf 
dem Busen bedurft, sie ivürde auch in einem 
ärmlichen Gewände Bewunderung und in jeder 
Männerbrust den Wunsch des Besitzeus er 
weckt haben. 
Sie schlug mit der Hand leicht den Schleier 
vom Gesicht und warf einett Blick aus den 
feurigen Gluthaugen über die noch immer in 
Bewunderung sie anstarrende Menge, als 
plötzlich ein leichtes, aber deutlich bemerkbares 
Lächeln ihre Lippen umspielte, der sonst auf 
ihren Zügen haftende, ruhige Ernst einen 
Moment schwand und es fast schien, als hätte 
sie nach einer bestimmten Richtung hin das 
Haupt leicht wie zum Gruß geneigt, dann er 
griff sie rasch ihres Vaters Hand und schritt 
in den prächtigen Palast des Coute Martcllö, 
wo ein rauschender Musiktusch und ein lautes 
„Viva!" sie schon in der Vorhalle empfing. 
Auch die begleitenden Cavaliere folgten ihnen 
und nur zwei derselben blieben unter dem 
Portale stehen und warfen suchende, fast feind 
liche Blicke rings in den Volksgruppen umher, 
obschon man ihnen ansah, das sie nicht das 
fanden, was sic suchten. 
„Hast Du es bemerkt, Selva?" fragte hastig 
der stattlichste von Beiden, indem seine schwarzen 
Augen noch immer umher forschten, obgleich 
das flackernde Licht der Pechpfanne ihn blendete. 
„Bei Gott! was war das? Wie kam die 
sonst so kalt und fast unnahbar erscheinende 
Signora zu dieser plötzlichen Bewegung und 
dem Lächeln? Ich fühle jetzt noch das Blut 
mir heißer durch die Adern wallen, wenn ich 
an den Blick denke, den sie dorthin warf." 
„Ich habe schon seit mehreren Tagen eine 
Veränderung au Signora Chiara wahr 
genommen," antwortete der andere, dessen 
schlanker, fast zierlicher Wuchs gegen die hohe 
ritterliche Gestalt seines Begleiters abstach, 
„doch die Frauengesichter ändern sich ja manch 
mal, gleich betn Wetter oft in einer Stunde. 
Du solltest das ja wissen, Tafona, der Du 
das Herz so mancher Schönen erobert und die 
Frauengunst Dir stets hold geblieben." 
„Hast Du vergessen, von wem wir reden?" 
fiel unwillig der erstere ein. „Signora di 
Dragonito paßt nicht in einen Vergleich mit 
anderen ihres Standes. Stets hast Du sie 
kalt, stolz, unnahbar gesehen und nie ist einer 
von uns allen so glücklich gewesen, auch nur 
ein freundliches Wort oder Lächeln für all' 
die dargebrachten Huldigungen von ihr zu 
empfangen. Sie stand unter uns, als wäre 
sie aus Marmor gehauen, ein Meisterstück von 
Phidias und ich glaube, wenn alle edlen 
Jünglinge Noms, ja ganz Italien zu ihren 
Füßen gelegen, um ihre Gunst werbend, würde 
sich keine Muskel ihres Antlitzes bewegt haben 
und ihre Züge wären dieselben geblieben. Aber 
seit einer Woche scheint ein anderer Geist über 
sie gekommen zu sein, was mir durchaus nicht 
entgangen und das ist es gerade, was mich 
wild macht, denn als ihr Vetter und der 
Günstling ihres Vaters glaube ich das meiste 
Anrecht auf sie zu haben und wehe dem 
Sterblichen, der es gewagt haben sollte, sein 
Auge zu ihr zu erheben oder gar, von ihr 
bevorzugt würde, für uns beide gebe es keinen 
Raum mehr hier auf dieser Erde." 
„Du glaubst also wirklich?" fragte heftig 
der andere, Signor Sclva. „Es ist unmöglich; 
eher rückt mir der Vesuv zur Engelsburg." 
„Gift sei mir der Wein, den ich heute 
Abend trinken werde!" rief Tafona, mit vor 
Zorn fast erstickter Stimme, „wenn nicht ein 
Männergesicht Schuld war an dem freundlichen 
Lächeln und Kopfschütteln Chiaras und wenn 
das Volk sich dort unten nicht so ungestüm 
drängte, so wäre cs vielleicht möglich, ihn aus 
der Menge herauszufinden, aber bei dem 
heiligen àeuz, ich finde ihn noch, denn einer 
der Unsrigen ist es nicht, sonst würde er sich 
nicht dort in dem Mmschmgcwühle verborgen 
haben; vielleicht so ein schmachtendes Milch 
gesicht, die Laute im Arm, mit einer Mädchen 
stimme und frommen Augen." 
„Aber meine Verehrten!" rief plötzlich eine 
kreischende Stimme hinter den beiden jungen 
Männern, daß diese sich unangenehm berührt 
umwandten und ein kleines, schwarzgekleidetes 
Männchen mit gekrümmtem Rücken vor ihnen 
stand, „haben Sie denn alle Pflichten ver 
gessen? Die Signora wartet oben an der 
Saalthür und kaun nicht eintreten ohne ihre 
Begleiter, während dessen beschaut Ihr hier 
den Pöbel und sprecht vielleicht von den 
geheimen Geschäften der heutigen Mitternacht, 
wozu das Cabinetchen drinneu im Palaste besser 
geeignet, denn wie leicht könnten hier Deutsche 
in dem Volksgedränge den Horcher spielen." 
„Freund Gobba hat immer Recht," lachte 
Tafano laut auf und bemühte sich den ihn 
eben noch beherrschenden Zorn niederzukämpfen. 
„Dafür ist er aber auch ein halber Gelehr 
ter und ein halber Priester, hat zwei Kardi 
näle zu Vormündern und würde nach der 
dreifachen Krone ringen dürfen, wenn nicht 
durch der Amme Versehen seine rechte Schulter 
etwas hügeliger geworden, als die linke. 
Ja, Freund, wir riefen dm deutschen Auer 
ochsen eben unsere Herausforderung zu und 
nun wögen sie aus ihrem Lager gegen uns 
aufbrechen." 
Dann ergriff er Selva's Arm und schritt 
eilig in den Palast, indeß der kleine Gobba, 
dm verbildeten Rücken wie vor Unwillen noch 
mehr krümmend, mit Kopfschütteln und einer 
Mitlcidsmiene, die auf Geduld hindeutete 
und zugleich auch einen gewissen Grad von 
Selbstbewußtsein verrieth, das ihn den beiden 
Rittern geistig gewachsen fühlen ließ, wenn 
sie auch seines Gebrechens spotteten, nach 
trippelte. — — 
Tafano hatte vorhin mit seiner Aeußerung 
in Bezug auf Chiara Recht gehabt und da 
durch einen Beweis von dem Scharfblick und 
Scharfsinn der Italiener geliefert, besonders 
wenn Eifersucht und Liebe die Triebfeder 
ihres Thuns bildet. 
Derselbe Nachtwandler, der kurz vorher 
hinter der Säule verborgen gewesen und dann 
flüchtig der schönen Chiara dm Handkuß ge 
raubt, befand sich jetzt hier wieder unter der 
Volksmenge und hatte sich, wie um weniger 
bemerkt zu werden, hinter zwei römischen 
Frauen, postirt, deren leiblicher Umfang ihn 
vollständig verdeckte, das Barett mit dem 
weithin sichtbaren Falkenfittig hatte er vom 
Haupte genommen und verbarg es unter dem 
weiten Mantel. Die beiden Römerinnen 
fühlten sich gedrängt durch diesen Hinter 
nachbar, dessen unruhige Bewegungen ihnen 
unbequem wurden und schon wandten sie sich 
nach rückwärts, um in der, dm Südländern 
eigenen leidenschaftlichen Weise die Schale 
des Zornes über diesen Störer auszugießen, 
als sie aber in dessen edles Antlitz blicken, 
das von einem lichtbraunen, langgclocktm 
Haar umrahmt wurde und ein blonder, 
jugmdweicher Bart zierte, seine großen, blauen 
Augen fast wie bittend dm ihrigen begeg 
neten; stießen sie ein: „Heiliger Christ!"
	        
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