Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

' 333ÄS 
auf dem Internationalen Arbeiter 
kongreß in Berlin. Für diese Sitzung 
wählten die Engländer zum Vorsitzenden 
Wilson, die Franzosen Lamendin, die 
Deutschen Struntz. Lamendin weigerte sich 
seinen Platz auf der Tribüne einzunehmen, 
worauf Wilson erklärte, daß gemäß der 
Geschäftsordnung er nunmehr den Vorsitz 
führen werde. Die Deutschen protestirten 
dagegen. — Bunte (Dortmund): „Wir 
verlangen geschäftsordnungsmäßige Ab 
stimmung!" (Beifall der Deutschen, Wider 
spruch der Engländer.) — Wilson glaubt 
sich berechtigt, den Vorsitz zu führen. 
Die Deutschen rufen: „Nein, nein! Wir 
verlangen entschieden Abstimmung! Die 
Franzosen stimmen dem lebhaft zu. Einzelne 
ergreifen das Wort zu Protesten. — Wilson 
verbietet dem Dolmetsch Ledebour, „seine 
(W.'s) Ausführungen zu interpretiren; dies 
müsse er sich als Vorsitzender selbst vor 
behalten." — Ledebour widerspricht heftig 
dieser Beschuldigung und erklärt, sein Amt 
als Dolmetsch niederzulegen, wobei er auf 
stürmischen Widerspruch der Deutschen stößt. 
— Es entsteht großer Lärm und Ledebour 
verläßt das Podium. Die Deutschen 
rufen: „Hier bei uns Platz nehmen, 
Genosse!" — Wilson aber werden allerhand 
wenig schmeichelhafte Namen zugerufen. Die 
Engländer antworten: „Geht doch hinaus!" 
— „Der englische Präsident soll die 
Beleidigung zurücknehmen! Wir verlangen 
Abstimmung, Sie konservativer Mucker!" 
repliziren die Deutschen. — Liebknecht 
erscheint jetzt auf der Tribüne und versucht, 
die Gemüther zu beruhigen. — Nun erscheint 
der oberschlesische Delegirte Waldstein und 
ruft: „Ich protestire gegen die sozial 
demokratische Einmischung ans dem Kongreß! 
Wir Bergleute Oberschlesiens halten treu 
zu Kaiser und Papst! Wir wollen unsere 
Forderungen auf gesetzlichem Wege erreichen! 
(Große Unrirhe.) Wir stimmen mit den 
Engländern überein!"—Verschiedene deutsche 
Delegirte dringen auf ihn ein und suchen 
ihn zum Schweigen zu bringen. — Waldstein 
beschwert sich, daß er nickt auf der Präzenz- 
liste stehe, und berichtet, daß ihm die 
Deutschen gestern ein Mißtrauensvotum 
ertheilt hätten. (Großer Lärm.) — Die 
Franzosen beginnen ebenfalls zu lärmen, 
und die Engländer rufen: „Ordnung! 
Ordnung!" — Wilson hebt die Sitzung 
auf 10 Minuten auf. — Die Engländer 
ziehen sich zur Berathung über die 
Präsidentenfrage zurück. — Nach Wieder 
eröffnung der Sitzung fungirt Liebnecht als 
Dolmetsch und Wilson erklärt, daß er auf 
den Vorsitz verzichte, und empfiehlt, die 
Präsidentenwahl zu wiederholen. Letzteres 
geschieht, und wird nunmehr Lamendin 
gewählt. — Der ausgewiesene Delegirte 
zum Bergarbeiter-Kongreß ist der Belgier 
Alfred Defuisseaux. Er hatte der Berliner 
Polizei selbst angezeigt, daß er in seiner 
Heimath noch 33 Jahre Gefängniß zu 
verbüßen habe und angefragt, ob er un 
gehindert nach Berlin kommen könne. 
Aufhebung der Steuer-Freiheit 
der ehemaligen Reichsunmittelbaren, 
welche bekanntlich nach dem Gesetz vom 
18. Juli 1892 festzustellen waren, sind, 
wie im „Reichsanzeiger" bekannt gegeben 
wird, nunmehr zum Gesammtbetrage von 
1 645 646 Mk. ermittelt, während 
dieser Betrag in den Motiven des betreffenden 
Gesetzentwurfs auf 2 400 000 bis 2 700000 
Mk. veranschlagt war. 
— Die „Rat. Ztg." will wissen, der 
Befehl zur Rückkehr sei dem Kanzler 
L e i st durch den Regierungsrath Rose 
persönlich nach Kamerun überbracht wor 
den. Rose hat Leist dort angetroffen. 
Insgesammt 38Taschendiebe sind 
während der Pfingstfeiertage in Berlin 
und Umgegend verhaftet worden, von denen 
26 innerhalb des Weichbildes der Reichs- 
Hauptstadt dingfest gemacht wurden. Unter 
den Verhafteten befinden sich drei Personen 
unter 14 Jahren, auch ein Schulmädchen, 
welches in der Neuen Welt in der Hasen- 
haide in flagranti ertappt wurde und bis 
her über ihre Personalien beharrlich falsche 
Angaben machte. Bisher ist es noch nicht 
gelungen, den richtigen Namen der jungen 
verstockten Sünderin festzustellen 
Eine Protestversammlung Berliner 
Schriftsteller und Journalisten 
fand Mittwoch-Abend unter deni Vorsitz 
von Chefradakteur Vollrath im Klub der 
deutschen Schriftsteller - Genossenschaft aus 
Anlaß der bekannten Vorgänge in dem 
jüngst verhandelten großen Preßbeleidigungs- 
prozeß statt. Einer der Verurtheilten, 
Redakteur Wißberger, erstattete an der 
Hand stenographischer Aufzeichnungen ein 
anschauliches Referat über jene Vorgänge. 
Im Anschluß hieran wurde einstimmig fol 
gende Resolution angenommen: „Die von 
der Deutschen Schriftsteller-Genossenschaft 
am 16. Mai einberufene Versammlung von 
Berufsgenossen legt gegen den Geist der 
Mißachtung der deutschen Presse und des 
deutschen Schriststellerstandes, wie er be 
sonders in dem unter dem Vorsitz des 
Landgerichtsdirektors Brausewetter verhan 
delten Prozeß Adam und Genossen zu 
Tage getreten ist, entschieden Verwahrung 
ein. Die Versammlung vermißt jene ob- 
jektive Würdigung der Aufgabe der Presse, 
ohne die eine unparteiische Rechtsprechung 
essen der Oeffentlichkeit aufs Aeußerste ge 
fährdet erscheint." 
Hannover, 17. Mai. Der Bestand 
von weißgeborenen Pferden und 
Isabellen in Herrenhausen ^bei 
Hannover schmilzt immer mehr zusammen 
Von den weißgeborenen Pferden ist jetzt 
nur noch ein einziger Hengst vorhanden; 
er ist 1874 geboren, doch merkt man ihm 
sein Alter nicht an. Zwei andere Weiß 
geborene, etwa 14 Jahre alt, sind vor 
einigen Wochen nach Holstein überführt 
worden, wo sie in das Eigenthum eines 
dänischen Kammerherrn gekommen sind, dem 
sie der Herzog von Cumberland geschenkt 
hat. Der älteste der Weißgeborenen ist 
um Weihnachten gestorben; er erreichte ein 
Alter von 22 Jahren. Von den Isabellen 
weist der Marstall nur noch zwei auf; einer 
wurde 1877, der andere 1879 geboren. 
Vor 50 Jahren, nämlich 1844, wurden 
die Weißgeborenen und die Isabellen von 
Memsen in das neueingerichtete Gestüt nach 
Herrenhausen überführt. 
Ueber den deutsch-russischen Han 
delsvertrag äußert sich die Kaufmann- 
schüft zu Tilsit in ihrem Jahresbericht 
u. A.: „Die hiesigen Handelskreise sind 
sich wohl bewußt, daß der jetzt in Kraft 
getretene Handelsvertrag mit Rußland nicht 
augenblicklich günstig wirken und Ströme 
von Gold in unsern Grenzbezirk leiten 
wird; den Segen erblicken sie aber darin, 
daß die unerträglichen Zollplackereien ihr 
Ende erreicht haben, daß zu unsern russi 
schen Nachbarn ein freundschaftliches Ver 
hältniß entstanden und die Möglichkeit ge 
boten ist, die früheren Handelsbeziehungen 
wieder anzuknüpfen, dem Handel, Gewerbe 
und Fabrikwesen das so lange entbehrte 
Absatzgebiet zu gewähren, vor allem aber, 
daß die zehnjährige Vertragsdauer Ruhe 
und Sicherheit in alle Verhältnisse bringt, 
welche die Leistungsfähigkeit erhöhen und 
den geschäftlichen Unternehmungsgeist neu 
beleben werden. In gleicher Weise be 
grüßen wir auf das dankbarste die dem 
nächst in Kraft tretende Aufhebung des 
Identitätsnachweises für Getreide, ivelcher 
jahrelang unsern Getreidehandel lahm ge 
legt hatte und um dessen Beseitigung wir 
wiederholt petitionirten. 
Wie der „Post" aus Thorn gemeldet 
Ivird, ist die S p i o n e n a f f a i r e des 
Realgymnasiasten Schuolz noch keineswegs 
aufgeklärt. Jetzt hat das Reichsgericht 
Untersuchung gegen den verhafteten Schüler 
verfügt und Landgerichts-Direktor Wünsche 
in Thorn ist zum Untersuchungsrichter er 
nannt. Heute Nachmittag findet am dor 
tigen Landgericht die erste Verhandlung 
statt, zu der alle betheiligten Zeugen, mei 
stens Mitschüler des Schuolz, geladen sind. 
Mehrere Erdstöße wurden am Montag 
und Dienstag im Kreise Düren verspürt. 
Der erste Stoß erfolgte Montag-Abend 
gegen 7 2 7 Uhr. Stärker als dieser war 
der zweite, der um 8 Uhr Abends beobachtet 
wurde. Er verlief in horizontaler Richtung 
von Norden nach Süden, war von einem 
kurzen Brausen begleitet und machte die 
Häuser erzittern und die Fenster erklirren 
Eine dritte, aus zwei sekundenlangen 
Stößen bestehenden Erschütterung trat am 
Dienstag früh 3 Uhr 37 Minuten ein. 
Bei einem Brande in Winingen a. d. 
Mosel wurden am Dienstag in wenigen 
Stunden acht Gehöfte eingeäschert. 
Nach einer der „Voss. Ztg." aus Mainz 
zugegangenen Drahtnachricht wurden dort 
zwei feingekleidete Franzosen ver 
haftet, die die Festungswerke aufnahmen 
Beide verweigerten jeden Aufschluß über 
ihre Persönlichkeiten 
Mit zusamntengebundenenFüßen, 
welche durch einen Stein beschwert waren, 
ist am Mittwoch der 64jährige Postschaffner 
Sauer aus Mainz als Leiche im Rhein 
gefunden worden. Man nimmt allgemein 
an, daß der Beamte, der in geregelten 
Verhältnissen lebte, einem Verbrechen zum 
Opfer gefallen ist. 
Braunschweig, 17. Mai. Heute Vor 
mittag begannen unter dem Vorsitze des 
Wirklichen Geheimraths Dr. Spieß die 
Verhandlungen des Vereins deutscher 
Stra saust alts beamten. 
In Gersdorf ereignete sich, wie man 
der „Magd. Ztg. aus Leipzig schreibt, 
am 14. ds. ein sehr betrübender Uuglücks- 
sall. Der auf dem Liebig'schen Gute be 
dienstete 18 Jahre alte Knecht Wagner 
hatte im Jauchenloche zu thun und fiel 
dort, von Gasen betäubt, um. Der in der 
Nähe befindliche Gutsherr Liebig, der den 
Unfall bemerkte, wollte dem Verunglückten 
Hülfe leisten, wurde hierbei aber von dem 
gleichen Schicksal wie Wagner ereilt. Da 
eilte der 21jährige Stuhlbauer Wagner 
zur Hülfeleistung herbei; kaum hatte er 
aber die Leiter zum Unglücksort betreten, 
so fiel er auch, von Gasen betäubt, hinab. 
Ein Vierter, Vater von sechs Kindern, 
der die Rettung der Verunglückten eben 
falls versuchen wollte, entging nur dadurch 
dem sicheren Tode, der die ersten drei er- 
eilte, daß man ihn an ein Seil gebunden 
hatte und an diesem herauszog. 
Dessau, 17. Mai. Kürzlich erschoß, 
wie der „Köln. Ztg." berichtet wird, im 
Hause, Franzstraße 17 Hierselbst, der Kauf 
mann C a s p a r i l den Referendar a. D. 
B e r k h a n ; darauf begab sich der Mörder 
Nähe der Galgenbrücke einen Selbstmord 
versuch. Die Schußverletzung, die er sich 
zufügte, war indessen nicht tödtlich; er 
wurde ins Krankenhaus gebracht 
Zwei Förster sind in der Umgegend 
von Marburg verhaftet worden, welche 
unter dem schweren Verdachte stehen, fort 
gesetzt Wilddieberei betrieben zu 
haben. Die beiden Förster waren in zwei 
Dörfern in der Gegend von Homberg 
(Station der Berlin-Koblenzer Bahn) in 
Amt und Würden und sollen die gewerbs 
mäßige Wilddieberei schon längere Zeit 
ausgeführt haben, wie die gegen sie ge 
richtete Anzeige behauptet. Das erbeutete 
Wild verkauften sie zu hohen Preisen nach 
außerhalb. 
Eine gruselige Geschichte hat sick 
jüngst in einem größeren Elbdorfe in der 
Nähe von Schandau Nachts abgespielt. 
„Das is meine, das is deine", ertönte es 
mit Grabesstimme aus dem sogenannten 
Beinhause auf dem dortigen Kirchhofe. 
Der vorübergehende Nachtwächter steht 
starr vor Entsetzen. Seine Zähne klappern 
fast so laut, wie es aus dem Beinhause 
schallt, wo bei jedem Rufe ein Geräusch 
ertönt, als ob Knochen auf einen Haufeu 
geworfen würden. — „Herr Jemersch, de 
Dhoden dheelen ihre Knuchen", murmelt 
der biedere Nachtrath vor sich hin und 
läuft, bis er nicht mehr laufen kann. Da 
kommt gerade der Herr Gemeindevorstand 
mit dem Gemeindeschreiber von einer 
Sitzung aus dem Gasthofe. „Herr Vurschtaud, 
in der Beenkammer dheelen de Dhoden 
ihre Knuchen," schreit ihnen der geängstete 
Nachtwächter entgegen. Kopfschütteln ob 
der seltsamen Mär! Dann marschiren alle 
Drei nebst zwei handfesten Knechten nach 
dem gespenstischen Beinhause. Richtig, wie 
sie leise heranschleichen, dasselbe Geräusch 
mit dem gleichtönigen, geisterhaften ; „Meine, 
Deine!" — „Alle guten Geister!" stam 
meln die angstbleichen Lippen und sogleich 
flüchten sich die Honoratioren hinter die 
breiten Rücken der Knechte. Diese aber, 
etwas skeptischer als ihre Herren, meinten: 
Wir missen do ärscht emol ub'n nei 
gucken." Oben war ein Gitterfenster, da 
hinauf stieg der Eine auf des Andern 
chultern. Während die anderen drei 
jeden Augenblick meinten, eine Knochen 
faust herauslangen und dem Vorwitzigen 
den Hals umdrehen zu sehen, brüllte der 
Knecht ins Fenster hinein: Ihr Hallunken 
bande, wer wär'n Eich glei dheelen helfen!" 
Wie sich dann herausstellte, waren es drei 
Vagabunden, die dem „Vurschtand" die 
gebackenen Birnen vom Boden gestohlen 
hatten und diese hier in Ruhe unter sich 
theilten. Daher das klapoernde Geräusch 
und das vermeintliche Knochenvertheilen. 
Tie falschen Geister wurden einstweilen in 
das Spritzenhaus gebannt. 
In dem neuesten Bericht der Vereinigten 
Chininfabriken zu Feuerbach bei Stuttgart 
ivird bemerkt, daß der Markt auch in 
diesem Jahre wieder mit allerlei neuen 
Medizin - Heilmitteln überschwemmt 
war, doch seien die Aerzte dieser Hochfluth 
von neuen Arzeneien einigermaßen über 
drüssig geworden, sodaß sie sich wenigstens 
in der regelmäßigen Praxis nur schwer zu 
ihrer Anwendung entschlössen, es hätten 
daher die meisten dieser Neuheiten nur ein 
kurzes Dasein gefristet. 
Hamburg, 17. Mai. Vom Hafen kamen 
in der letzten Zeit vielfach werthvolle Hunde 
abhanden, ohne daß man über deren Ver 
bleib etwas zu erfahren im Stande war. 
Die benachtheiligten Personen wandten sich 
an die Criminalpolizei, deren Organe Er 
hebungen anstellten. Jetzt ist es gelungen, 
Licht in die Sache zu bringen. Ein Heizer 
von einem englischen Wochendampfer ist 
der Missethäter, der an der Wasserkante 
unerlaubter Weise dem Frohn Concurrenz 
gemacht hat. Der Mann fing hier Hunde 
ein, die er in England verkaufte. In seiner 
Koje fand man zwei Thiere; das eine ge- 
hört einem in St. Pauli wohnenden Gast- 
Wirth. Der Heizer ist in Haft genommen. 
Es gehört Wohl zu den Seltenheiten, 
daß hinter einen Schüler ein Steck 
brief erlassen ist. Ein solcher wird von 
der Staatsanwaltschaft in Hamburg hinter 
einen noch schulpflichtigen Knaben von 13 V 2 
gestern 159 Rinder aus New York nach 
Hamburg. Ein vierter Viehdampfer in 
dieser Saison wird heute erwartet. Die 
gutgenährten Thiere finden einen schnellen 
Absatz und gehen zu einem Theile auch 
nach dem Jnlande. 
Friedrichsruh, 15. Mai. Die Gymnasial 
schüler aus Hadersleben trafen hier 
am ersten Pfingsttage ein. Fürst Bismarck 
wurde nicht sichtbar, da derselbe wegen 
seiner Gesichtsschmerzen die gewohnten 
Mittagsspaziergänge schon seit einigen 
Tagen unterbrochen hat. Enttäuscht be 
gaben sich die Haderslebener in den Sachsen 
wald. Da holte Oberförster Lange sie ein 
und theilte ihnen mit, daß der Fürst sie 
doch empfangen werde. Voller Freude 
kehrten sie zurück und bald erschien auch 
der Fürst. Derselbe erwiderte die kurze 
Ansprache des Oberlehrers Duncker mit 
längerer Rede. Er betonte, daß er in den 
letzten Tagen wegen seines leidenden Zu 
standes Fremde nicht habe empfangen 
können. Als er gehört, daß Haderslebener, 
Muß-Preußen, da seien, da habe er es 
nicht über's Herz bringen können, sie ver 
geblich fortziehen zu lassen. 
BrvvmzieLes 
Schleswig-Holstein, 18. Mai. (F. N.) 
Das statistische Bureau des Bundes 
derLand Wirthe erläßt folgende Anf 
orderung: „Gelegentlich der Verhand 
lungen im Reichstage über den Antrag des 
Grafen Kanitz, betr. Verstaatlichung des 
Getreide-Imports, äußerte der Abgeordnete 
v. Benningsen — und diese Ansicht wird 
ja auch von der Reichsregierung getheilt 
Zähren erlassen. 
Ein unheimlicher Anblick bot sich gestern 
den Passanten einer Koppel in der Nähe 
Hamburgs. Dort lag nämlich mitten auf 
der Straße eine vollständig entkleidete weib 
liche Leiche. Dieselbe wurde nach dem 
Kurhause gebracht. 
An eine Explosion glaubten Mon 
tag-Nacht die Bewohner eines Hauses in 
der Kieler-Straße in Hamburg als sie 1 >/„ 
Uhr von einem Donnergepolter, dem ein 
klägliches Hülfegeschrei folgte, aus dem 
~ chlafe gestört wurden. Alles eilte, mei 
stens halbbekleidet, aus der Etage auf die 
Treppe, wo man auf einem Treppenabsatz 
einen im Hause wohnenden Musikus in 
einers tragi-komischen Lage fand. Derselbe 
war mit seinem Baß auf dem Rücken von 
Altenwärder, wo er Musik gemacht hatte, 
heimgekehrt und mit diesem die Treppe 
hinabgestürzt und dabei durch den Resonanz 
boden in die Baßgeige gefallen, in welcher 
er festsaß. Die Nachbarn befreiten den 
Gefangenen, der keinen erheblichen Schaden 
erlitten hatte. 
Großgrundbesitzer Nutzen zögen, während 
Bauern und kleine Grundbesitzer das von 
ihnen gebaute Getreide lediglich im Haus 
halte oder als Viehfutter verwendeten. Um 
dieser zweifellos auf Unkenntniß der that- 
schlichen Verhältnisse beruhenden Behaupt 
ung entgegenzutreten, bitten wir, daß kleinere 
unserer Mitglieder, welche weniger als 10 
Hektar Aecker haben, uns unter Angabe der 
Größe ihres Acker-Areals und der Boden- 
Qualität mittheilen, wie viel Centner Ge- 
treide sie im Durchschnitt der letzten fünf 
Jahre zum Verkauf gebracht haben." —• 
Auch wir sind der Ansicht, daß die Be 
hauptung v. Benningsen's nicht auf Un 
kenntniß der thatsächlichen Verhältnisse be 
ruht. So viel Interesse deshalb auch die 
vom Bunde der Landwirthe beabsichtigte 
Enquete verdient, so bemerken wir doch 
vorher, daß dieselbe nur Werth haben 
kann, wenn sie ein Bild giebt von den 
Verhältnissen, wie sie durchschnitt 
lich bei Kleingrundbesitzern herrschen, also 
nicht etwa nur bei Kleingrundbesitzern in 
Gegenden, wo viel Getreidebau betrieben 
wird, auch nicht etwa nur bei Mitgliedern 
des Bundes; ferner fehlt in der Statistik 
eine Rubrik dafür, wie viel Centner Ge 
treide (oder Mehl u. s. w.) gekauft 
worden ist. Namentlich für unsere Ge 
gend, wo die Landwirthe, vornehmlich die 
Kleiugrundbcsitzer, ihr größtes Augenmerk 
auf Viehhaltung, also Milchwirthschaft und 
Schweinezucht, legen, dürfte die Behauptung 
von Benningsens durchaus den thatsächlichen 
Verhältnissen entsprechen. 
Der Landesausschuß der deutsch frei 
sinnigen Partei in Schleswig-Holstein 
war am Dienstag zu einer mehrstündigen 
Berathung unter der Leitung des Geheimen 
Medizinalraths Professor Dr. Hensen in 
Neumünster versammelt. 
Mit Ausnahme des Geheimen Justizraths 
Professor Dr. Hänel waren sämmtliche Mitglieder 
des Ausschusses erschienen. Anwesend waren 
Vollmacht Kriegsmann-Marne,HofbesitzerAndresen- 
Dreilandenkoog (Eiderstedt), Hauptlehrer Lucks- 
Rendsburg, Fabrikant Locht-Neumünster, Rechts 
anwalt Löwenthal-Altona, Hofbesitzer H. Rohwer- 
Oldenhüiten, Dr. de la Motte-Thaarstedt, Stadt 
rath Meier-Segeberg, die Reichstagsabgeordneten 
Lorenzen und Thomsen, sowie die mit der Ge- 
schäftsführgng betrauten Mitglieder, Geheimrath 
lich das Stubenmädchen schreckensbleich der 
mit ihrem weiblichen Generalstab in der 
Kellerküche versammelten Hausfrau die 
Meldung erstattete, es habe sich ein fremder 
Mann in das Haus geschlichen, und halte 
sich in einem der Fremdenzimmer versteckt. 
In corpore zog man nach oben und suchte 
die Fremdenzinimer ab, konnte aber keinen 
Einschleicher entdecken, und das Mädchen 
wurde ob seiner Einbildung von der Haus 
frau gehörig ausgezankt. Nach einer 
halben Stunde kam das Mädchen wieder 
und meldete zitternd, der fremde Mann 
habe sich in dem Mädchenzimmer versteckt, 
sie habe ihn ganz deutlich unter dem Bette 
liegen sehen. Auf diese Meldung hin be 
waffnete sich die ganze weibliche Macht 
des Hauses mit Leuwagen, Besen und 
Feuerhaken, ein gerade anwesender Be 
kannter wurde als Vertreter des auf einein 
Geschäftsgänge begriffenen Gastwirths mit 
einem alten Kavalleriesäbel bewaffnet. Mit 
allen militärischen Sicherheitsmaßregeln 
wurden sodann die Treppen erstiegen. Als 
die, die Spitze bildende Leuwagen bewaff 
nete Scheuerfrau die Kammer betrat, stieß 
re plötzlich einen durchdringenden Schrei 
aus. „Unnert Bett liggt de Kerl, dor 
kiken de Been rut" rief sie und wandte 
sich schleunigst zur Flucht, gefolgt von der 
ganzen Gesellschaft, die eiligst die Treppe 
hinabstürzte. Das Erscheinen des Wirthes 
machte der Noth ein Ende; man pilgerte 
abermals in die verdächtige Kammer, ein 
herzhafter Griff unter das Bett, unter dem 
man unzweifelhaft die Füße des Eindring 
lings hervorragen sah — und was erwischte 
daß aus dem Körnerverkaufe nur'bie man? ® in ^ aar Stiefeletten, die aller- 
Hensen, 
Ahlmann und Niepa. Stach ein 
leitender Rede des Vorsitzenden, der die auf die 
Sammlung aller freisinnigen Elemente der Pro 
vinz gerichteten Bestrebungen der Partei hervor 
hob und mit eindringlichen Worten die Noth 
wendigkeit einer energischen Thätigkeit betonte, 
wurde, wie wir der „K. Zig." entnehmen, die 
Lage der Partei in der Provinz und in den ein 
zelnen Kreisen eingehend erörtert und dabei die 
jenigen Maßnahmen in Betracht gezogen, welche 
geeignet sind, die Parteigenossen in lebendige 
Fühlung mit einander zu bringen und zu halten. 
Nach den von den Delegirten und den Vertrauens 
männern aus allen Theilen der Provinz erstatteten 
Berichten erhellt, daß der Verband der Partei 
ein gefestigter ist und daß bei den Freisinnigen 
aller Richtungen die Ueberzeugung mehr und 
mehr erstarkt, daß^ in Schleswig-Holstein nur 
durch ein geschlagenes Zusammengehen aller 
Freisinnigen der Jnterestenpolitik mit Erfolg ent 
gegengetreten werden kann. Deshalb ist auch 
das Bestreben darauf gerichtet, die alten Organi 
sationen der deutsch-freisinnigen Partei zu er 
halten und zu verbessern. Sticht im Gegensatze 
zu einer freisinnigen Fraktion, sondern in deni 
Gesammtinteresse der Gesammtheit der freisinnigen 
Partei wollen die Freisinnigen Schleswig-Holsteins 
für eine Wiederbelebung und Erstarkung des 
liberalen Gedankens und für Verbesserungen in 
Gesetzgebung und Verwaltung zu Gunsten des 
Bürger- und Bauernthums kämpfen. 
Zu eingehenden Verhandlungen führte 
die Berathung über die Stellungnahme 
zur Wahl im sechsten Kreise. Der Landes- 
ausschuß kam übereinstimmend zu der An 
sicht, daß nach Lage der Dinge alle frei 
sinnigen Männer dem freisinnigen Kandi 
daten ihre Stimme geben müssen. 
Große Aufregung herrschte kürzlich in 
einem Altvnaer Gasthof. Es wurde großes 
dings nur der Köchin zugehörten, die aber 
durch ihre respektable Größe sehr leicht 
den Verdacht wecken konnten, daß sie einem 
männlichen Einlogierer gehörten. Eine 
herzhafte Heiterkeit bildete den Schluß der 
aufregenden Scene. 
Der Bau einer Kirche in Blankenese 
ist einen bedeutenden Schritt weiter ge 
kommen. Es ist von Herrn Dr. Godeffroy 
ein an der Bahnhofstraße gelegener Bau 
platz der Gemeinde kostenfrei zur Verfügung 
gestellt worden. Infolgedessen sind bereits 
ca. 100000 Mark von verschiedenen hoch 
herzigen Gebern für die Kirche zusammen 
gebracht. In einer Versammlung des 
Kirchenkollegiums, in der auch der Land 
rath Herr Dr. Scheiff - Pinneberg theil- 
nahm, ward beschlossen, die Geschenke mit 
Dank zu acceptiren und alsbald den Kirchen- 
bau vornehmen zu lassen. Die Schenkun 
gen für die Kirche seien, wie der Landrath 
versicherte, noch nicht abgeschlossen; es sei 
Aussicht vorhanden, daß noch eine größere 
Summe eingehen werde. 
— Neumünster, 17. Mai. Am 10. Juni 
wird Hierselbst im Vereinshaus eine Ver 
sammlung der Vertreter der schlesw.-holst. 
Jünglings- und Männervereine stattfinden, 
welche folgende Tagesordnung ausweist: 
1. Biblische Ansprache von Pastor Riewerts 
Neumünster. 2. Halte dich keusch! An 
spräche von Lehrer Asmussen-Flensburg. 
3. Bericht über den Fortgang der Vereins 
sache von Pastor Voigt. Abends ist ge 
selliges Beisammensein mit Ansprachen und 
Deklamationen. — Einen Beweis von dem 
großartigen Verkehr der hies. Eisenbahn 
station liefert die Thatsache, daß im letzten 
Rechnungsjahre die Einnahme aus dem 
Personen- und Güterverkehr über 1 Mill. 
Mark betrug. — Zu den vielen militäri 
schen Vereinen unserer Stadt ist ein neuer 
Verein hinzugekommen, der sich „Verein 
ehemaliger 31ger" nennt. — Der hiesige 
landwirthschastliche Verein für Mittelhol 
stein hat sich gegen die Einführung von 
Landwirthschaftskammern erklärt und eine 
daraufbezügliche mit zahlreichen Unter 
schriften versehene Petition an das Haus 
der Abgeordneten eingesandt. — 24 Mit 
glieder der freiw. Feuerwehr in Großen- 
aspe erhielten die Ehrendenkmünze für 
10jährige der Wehr geleistete Dienste - 
Das Bergwerksunternehmen „Fahrenkrug 
bei Segeberg ging gegen eine Vergütung 
von 100000 Mk., zahlbar an den Eigen 
thümer Herrn Ingenieur Scheidler hiers 
an eine englische Gesellschaft über. — I» 
der Nähe des hiesigen Bahnhofs wird eine 
Stearinfabrik in größerem Umfange einge 
richtet werden. 
ş Aus der Provinz, 15. Mai. Am 
1. Juli feiert die katholische Gemeinde in 
Altona das Fest ihres 300jährigen Be 
stehens. Der Abgeordnete Dr. Lieber wird 
nach dort kommen, um die Festrede zu 
halten. Ş — Das Gustav Adolfs-Fest des 
schleswig- holsteinischen Hautvereins wird 
in diesem Jahre in Angeln gefeiert werden 
und zwar soll die Vorfeier in Sörup und 
die Hauptfeier in Süderbrarup stattfinden- 
? Kiel, 17. Mai. Heute Vormittag traf 
Per Extrazug, aus Plön kommend, dü 
Geographische Gesellschaft zU 
Greifswald, Professoren und Studirende 
der genannten Universität, unter Führung 
des Professors Dr. Credner hier ein zuw 
Empfange der Fremden, welche in Stär^ 
von ca. 150 Personen, gestern das östliche 
Holstein besucht hatten, waren Professoren 
und Studirende der hiesigen University 
am Bahnhöfe anwesend und bildeten 
dann die Führer durch Düsternbrook, bt ' 
Besichtigung der Werften, Kriegsschiffe usw 
Um die Mittagsstunde bestiegen die Greişi' 
Morgļ 
unsere: 
käse 
Thiere 
so gr, 
kann i 
sarnnre 
zahlt 
hübschi 
Garter 
in 1'/, 
.. Die 
ist für! 
an das 
pachtet 
Her: 
auf der 
Erfolg 
preis 
750 L 
Ochsen 
1. für 
für S: 
*9i 
Frhr. 
dorr L 
Belass: 
bei de 
unter 
von H 
Mann 
Jnf.-R 
Nr. 8! 
tent, I 
Jnf.-R 
Holstei 
Haupt- 
(Holste 
Charge 
des ©I 
vom 9- 
der Cļ 
Richt 
von H 
des Re 
X. 9 
zur fes 
p hisck 
Dampf 
Mitgli- 
bei Ho 
würdig 
genomi 
hiesiger 
verkehr 
um A 
wtgege 
Bahnh 
chem d 
gestellt 
Empfa: 
und är 
Merses, 
mitglie' 
v.Cap 
Stadtv 
Speck 
des B 
Verkehr 
Stadt 
Weise. 
tens ein 
Verein 
für der 
Mers I 
aus Re 
Profess 
Herrn 
erivider 
pacitäte 
Dr. Le 
fvgen. 
Schul 
Nitz, s 
sowie a 
aus W 
geograp 
Vereint 
auch G 
kanten, 
Haltung 
vielseitig 
Gäste h 
der Zus 
Unseren 
Und das 
drücken 
Ziel de 
Grünen: 
R> 
wandtni 
hat, da 
einen t: 
größerer 
ein reist 
tvehleidi 
d- I. 
übliche 
gab ihn 
den sei 
borgen 
?uch se 
könne. 
S w 
Derne ! 
Sd-Psanl
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.