Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

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-?> 87ster Jahrgang. 
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Blatt „Mode u. Heim" gratis bcigcgeben. 
3000 Abonnenten. 
Wo. 110. 
Sonnabend, den 12. Mai 
1894. 
Am Montag, als am 2. 
Pşingfttage, erscheint kein 
Wochenblatt. 
Die Expedition. 
Morgen-Depeschen. 
Frankfurt a. M., 11. Mai. Nach einer 
Meldung der „Frf. Ztg." aus Belgrad er« 
läßt der radikale Zentralausschuß in seinen 
Organen ein Manifest, worin gegen den 
königl. Ukas protestirt und derselbe als 
ein Attentat gegen die Verfassung bezeichnet 
wird. Die radikale Partei erblickt in ihm 
die Vorkehrungen zu einer neuen Hofrevo 
lution und macht allen Kreisausschüssen 
zur Pflicht, öffentliche Meetings einzube 
rufen, um dem Auslande zu zeigen, daß 
das Land die neue Anordnung entschieden 
ablehnt. 
Troppau, 12. Mai. Heute früh 3 Uhr 
fand in aller Stille die Beerdigung der 
zehn erschossenen Bergleute in Polnisch- 
Ostrau statt. Der Friedhof war militärisch 
besetzt, starke Militärpatrouillen durchzogen 
die Straßen. Leidtragende Theilnehmer 
am Begräbniß wurden nicht zugelassen. 
Der Kaplan segnete die Leichen ein, und 
^ie Särge wurden von Soldaten zum 
Schachtgrabe getragen, begleitet von Gruben 
lichtträgern. Als im Laufe des Vormit 
tags die Bergleute nach der Stunde des 
Begräbnisses fragten und erfuhren, daß es 
schon vorüber sei, entstand große Auf 
regung, die sich aber bald legte. 
Lemberg, 11. Mai. Eine Bauernfrau, 
welche auf ihrem Felde Kräuter suchte, 
wurde in dem Grenzorte Wilna von der 
russischen Grenzwache erschossen. Es ist 
dies in kurzer Zeit der zweite Fall von 
Grenzverletzung. Die Bevölkerung ist 
äußerst aufgebracht. 
Paris, 11. Mai. In Pantin (Dep. 
Seine) wurden gestern abermals dreizehn 
Dhnamitpatronen bei der Brücke einge 
graben aufgefunden. 
Paris, 12. Mai. In einem der Par 
fümerieläden der Firma Guiraud, im 
Centrum der Stadt, wurde die Geschäfts 
führerin Louise Andrieux erdrosselt auf 
gefunden. Man ist der Ansicht, daß es 
sich um einen Lustmord handelt und hält 
einen Angestellten der Firma Guiraud für 
den Mörder. Derselbe ist flüchtig; er soll 
nach Deutschland entflohen sein. 
Newyork, 11. Mai. Bisher ist festge 
stellt worden, daß bei dem Erdbeben in 
Venezuela 15,000 Personen umgekommen 
sind. Die Städte Santacruz und Guyana 
sind vollständig zerstört. — Aus Buenos 
Ayres wird berichtet, daß in den fübantert 
konischen Staaten die anarchistische Bewe 
gung einen drohenden Charakter annimmt. 
Pfingsten. 
Pfingsten! — wie der liebe Klang schon 
Jede Menschenseele weitet, 
Daß ein Traum von allem Schönen 
Ueber ihr die Schwingen breitet. 
Rauschend wirbelt's durcheinander: 
Blütenzauber, Frühlingslieder, 
Maienwürze, Himmelsbläue, 
Süßer Duft von Ros' und Flieder. 
Allen Erdenglückes Gipfel 
Hat die Menschheit heut erstiegen, 
Sieht in nebelwciter Ferne 
Unter sich das Dunkel liegen. 
Sieht die Fluren, saftgeschwellet. 
Heiß im Sonnenkuß erbeben. 
Fühlet mächtig in sich selber 
Hohe Kraft und kühnes Leben. 
Einst zu Pfingsten ließ der Vater 
Seines Geistes heil'ge Stärke 
Niederströnren auf die Völker, 
Letzte Hand ani großen Werke. 
D'rum auch uns, du hohe Feier, 
Des zum Zeichen und zum Lohne 
Bliebst Du bis zum heutigen Tage 
Aller Feste schönste Krone. 
Und es blüht zur Ehr' und Preis' Dir 
Noch der Glaube allerwegen. 
Der aus Deinem Schooße sprießen 
Sieht des Himmels ew'gen Segen: 
Der einst ließ mit mächt'gen Schwingen 
Seiner Kirche Macht entfalten, 
Der wird auch in diesem Jahre 
Noch des Geistes Kraft erhalten. 
Der wird auch in dieseni Jahre 
Noch Sein Eigenthum beschirmen, 
Ob auch drohend rings und furchtbar 
Sich Geivitterwolken thürmen. 
Seine Macht zerreißt die Fahnen, 
Die da blutig sich erheben. 
Denn als heil'ger Geist den Seinen, 
Wird er stets im Herzen leben. 
(Hu Màen (fee 3rif. 
Z u Psin g st e n. 
Es ist ein charakteristisches Zeichen der 
Zeit, daß von den verschiedensten Seiten, 
und immer lauter, der Ruf nach Bildung 
ergeht, ja mit Bewunderung muß aner 
kannt werden, mit welchem Ernst und Eifer 
die Befriedigung dieses Verlangens erstrebt 
wird. Wie Großes wird — um nur 
einiges zu nennen — durch die SSoïîê 
schule wie durch die Gelehrtenschule für 
die Bildung der Jugend gethan; welche 
Kräfte werden in Bewegung gesetzt, um 
auch die nicht mehr schulpflichtige Jugend, 
Lehrlrnge, Gesellen, junge Kaufleute usw. 
für ihren Beruf fortzubilden; Lehranstalten 
für das Heranwachsende weibliche Geschlecht 
werden gegründet, die Presse, die Museen, 
die Theater wetteifern in der Aufgabe, die 
Errungenschaften von Wissenschaft und 
Kunst, die sonst nur den oberen Zehn 
tausend zu gute kamen, zum Gemeinbesitz 
und Gemeingenuß der Volksmassen zu 
machen; allwöchentlich werden Hunderte 
von Versammlungen gehalten, in welchen 
Berufene und Unberufene mit dem Wesen, 
und mehr noch mit dem Schein der Bil 
dung die Ungebildeten füttern; die Sozial 
demokratie macht ganze Kompagnien und 
Regimenter mobil, um „Bildung" in die 
Landbevölkerung hineinzutragen; sie fordert 
dringend und immer dringender den Acht 
stundentag, damit der Arbeiter zur An 
eignung von Bildung Zeit gewinne; für 
Arbeiterinnen werden Bildungsvereine ge 
schaffen und eifrige, zum Theil übereifrige 
Vertreter und Vertreterinnen des weiblichen 
Geschlechtes wollen denselben, damit es 
hinter dem männlichen Geschlechte nicht 
zurückstehe, den Zugang zu Universitäten 
und zu gelehrter Fachbildung eröffnen. 
Fast scheint es, als sollte eine lange Dürre 
der Bildungslosigkeit endlich ein Ende 
haben und die Welt durch einen Platzregen 
von Bildung bis auf die Knochen durch 
weicht werden. 
Wer das Leben und die Noth des Lebens 
kennt, der wird sich hüten, über diese Be 
strebungen, so viel Thörichtes und Unreifes 
sich in sie mischt, ohne.weiteres den Stab 
zu brechen. Die Schätze wahrer Bildung 
zu verwerfen, wäre Thorheit. Man müßte 
blind sein, wenn man nicht anerkennen 
wollte, daß im bunten Durcheinander Weizen 
und Spreu in ihnen vermischt ist. Den 
noch haben wir einige Aussetzungen. Wir 
haben bis jetzt nicht gesehen, daß in un 
serm Volke durch den übereifrigen 
Bildungseifer der Stand der Sittlichkeit, 
der Wohlfahrt und des Glückes erhöht ist. 
Wer sich darüber Gewißheit verschaffen 
will, der sehe in unsere Gerichtsverhand 
lungen, in die Erfahrungen unserer Armen- 
behörden, in unsere Gefängnisse und Irren- 
häuser, und er werfe einen Blick in das 
erschreckende Dunkel der Selbstmordstatistik! 
Nur zu oft müssen wir die traurige Er 
fahrung wachen, daß Gebildete, ja Fein 
gebildete in tiefe Rohheit versinken, aber 
auch die ‘ tröstliche und beschämende Er 
fahrung, daß wenig Gebildete oder Unge 
bildete eine Bildung des Herzens beweisen, 
welche sie hoch über zahllose Gebildete stellt. 
Heute, da wir Pfingsten feiern, drängen 
uns diese Thatsachen auf's Neue zu der 
Ueberzeugung, daß alle weltliche Bildung 
nur einen sehr zweifelhaften Werth hat, 
wenn ihr Ziel kein anderes ist, als den 
Genuß und die Genüsse des Lebens zu 
steigern und wenn sie gepflegt und ge 
hätschelt wird auf Kosten der religiösen, 
der christlichen Bildung. Der Geist der 
Welt, auch wenn er als Bildung einher 
schreitet, und mit dem Schein der Bildung 
wie mit einem spirituösen Getränke be 
rauscht, macht nicht reich sondern arm. 
Was in Wahrheit reich macht, ist der Geist 
Gottes, der heilige Geist, er, der alleinige 
Bürge tvahrer Bildung, der das Menschen 
herz nach dem Bilde Gottes, zu dem es 
geschaffen ist, umbildet. Diese Arbeit des 
Geistes thut wehe, wie der Meißel des 
Künstlers, der den rohen Marmorblock zu 
einem heiligen Gebilde umformt. Es ist 
aber nothwendig. Im Geiste der Zeit 
richtig handeln, heißt: Umkehr von dem 
falschen Wege, zurück auf den richtigen 
Weg wahrer Herzensbildung. 
Ausland. 
8) 
Äntzland. 
Nach einer Meldung des „Daily Chronicle" 
aus Petersburg wurde dort in voriger 
Woche eine Anzahl Studenten verhaftet. 
Sie sollen einem anarchistischen Com- 
plotte angehören, das bezweckt, Bomben 
in die Isaak-Kathedrale zu werfen. 
Die Polizei entdeckte durch Verrath die 
Mitschuldigen. 
Italien. 
Bei Mentena in der Provinz Girgenti 
auf Sizilien fond gestern ein Zusammen 
stoß zwischen Gensdarmerie und Brig anten 
statt, die 38 mit Waaren beladene Maul 
thiere wegzutreiben im Begriffe waren. 
Die Briganten flohen schließlich, zwei von 
ihnen wurden schwer verwundet. Einige 
fliehende Briganten wurden gefangen ge 
nommen und ihnen die Beute wieder ab 
gejagt. Während des Scharmützels fuhr 
gerade ein Eisenbahnzug vorüber; er hielt 
sofort an und die Reisenden schossen auf 
die fliehenden Briganten. 
England. 
Edinburg, 11. Mai. An dem Festessen 
der hiesigen Stadtgemeinde zu Ehren des 
hier weilenden deutschen Geschwaders 
werden 300 Matrosen theilnehmen. Der 
Oberbürgermeister besuchte heute das Ge- 
schwader. 
Serbien. 
Belgrad, 11. Mai. In Dobrenje sind 
unbedeutende.Ruhestörungen vorgekom 
men, die von den Gensdarmen ohne Blut 
vergießen unterdrückt werden konnten. Im 
ganzen übrigen Lande herrscht Ruhe. 
Oesterreich. 
Klauscnburg, 10. Mai. Nach der gestri 
gen Gerichtsverhandlung wurden dem Mit 
angeklagten Lucacin auf dem Hauptplatze 
von mehreren Rumänen stürmische Ova 
tionen bereitet, die von der hiesigen 
Jugend mit Zischen und Pfeifen beant- 
wortet wurden. Die Polizei vertrieb die 
Demonstranten und die Gegen-Demon 
stranten. 
Graz, 9. Mai. Treffend ist die Auf 
fassung des Wiener „Vaterland" zur Höhlen 
forscher - Affaire, welches schreibt: 
„Lebendig begraben! Das ist ein grauen 
hafter Begriff, den nian sich ganz zu er 
fassen fürchtet. Und die Männer, deren 
Plaisir im Herumkriechen unter der Erde 
bestand, dachten nicht daran, sich vor einer 
so fürchterlichen Eventualität sicher zu 
stellen. Mit einem unfaßbaren Leichtsinne 
verläßt der eine sein junges Weib, unter 
dessen Herzen bereits ein zweites Leben 
ruht; der Andere seine Frau mit sieben 
Kindern und mit der Aussicht, am 1. Mai 
— delogirt zu werden. Dann nehmen sie 
noch ein fünfzehnjähriges Bürschchen mit 
sich, in dessen Kopf Jules Verne herum 
geht. Bon einer für so ernste Forschungs- 
Partien unumgänglich nöthigen Ausrüstung 
keine Spur. Eine Capuze aus Wachslein- 
ivand über dem Kopfe und ein eben solches 
Schultermäntelchen über der gewöhnlichen 
Kleidung, ein paar Seile um den Leib 
und eine -r- Millykerze in der Hand, so 
tritt man bei uns Forschungen in das 
Erdinnere an, die dann schließlich zu einer 
Reise in jenes unbekannte Land werden, 
von dem es keine Rückkehr gibt! Und um 
sich auf dieselbe würdig vorzubereiten, läßt 
man die Kirche von Semriach, die so wun 
derlieb zwischen den Bergen eingebettet 
liegt und zur Andacht ladet, am Sonntag 
beiseite und steigt schon Samstag in die 
Felsenschlünde — man wird eben Gottes 
dienst in der Natur halten! Hätten sich 
aber die „Forscher" erst Sonntag nach 
dem Gottesdienste auf den Weg gemacht, 
so würden sie in Folge des gerade in der 
Nacht von Samstag auf Sonntag einge 
tretenen Hochwassers die Höhlen-Oeffnung 
als unpassirbar angetroffen haben, und sie 
wären gerettet gewesen! Eine Reminiscenz 
Rost, itr Herzbrecher. 
mer mit 
bei 
ße 23. 
Cine lustige Geschichte von Marie Uhse. 
, „Nun ja, daß meine Tochter mit Ihnen 
Unverstanden ist, das glaube ich gern. Der 
artiges schmeichelt solch einem jungen Dinge 
natürlich nicht wenig, da spricht ja die liebe 
Eitelkeit mit. Wir Alten denken aber doch 
anders über diesen Punkt' und überlegen auch 
das Fernerliegende. Sie sind noch Anfänger, 
nicht wahr, es soll dies Ihr erstes Werk 
geben?“ ^ ber Oesimtlichkeit übet* 
„Mein erstes Werk? _ der Oeffentlich- 
fett? — ja aber selbstverständlich " 
„Nun also, schm Sie, was bietet mir 
Gewähr. daß dieses Werk auch gelingen wird? 
daß Sie damit nicht herben Tadel oder gar 
den Spott herausfordern; und mit dem 
Ihren würde auch mein Name, der meiner 
Tochter in Mitleidenschaft gezogen. J^, 
hätten Sie schon irgend welche Proben Ihrer 
Leistungsfähigkeit abgelegt. Aber so — 
Herr Steinecke war seiner Absicht den Bitten 
den kurzweg abzuweisen unlreu geworden; 
das unbeschreiblich klägliche Gesicht des vor 
ìhm Stehenden, hatte ihn wider Willen ge 
zwungen seine Ablehnung eingehend zu mo- 
iviren. — 
. Herr Rose stand wie gelähnit da. Zer 
schellt alle seine Hoffnung! — es war un 
denkbar. Alles hatte er ja nicht verstanden, 
was der erträumte Schwiegervater zu ihm 
gesprochen, die vornehmen Leute drückten sich 
doch so ganz anders aus, als er es gewöhnt 
war -— nur das Eine war ihm klar: Herr 
steineckc wünschte Proben seiner Leistungs- 
tahigkeit — als was? — doch sicherlich als 
-eschäftsniann zu schm und hieran klammerte 
er sich mit der Todesangst eines Ertrinken 
den. Seine Tüchtigkeit als Commis ward 
ihm ja durch verschiedene glänzende Zeug 
nisse bestätigt. 
„Ach, Herr Steineckc, wenn Sie mir nur 
gestatten wollten, Ihnen meine Zeugnisse vor 
zulegen." 
„Ähre Zeugnisse, was sollen mir die, 
junger Mann. 
„Die können mir vielleicht beweisen, daß 
Sie ein tüchtiger Schüler gewesen, was Sic 
aber als selbstständig schaffender Künstler — 
Herr Rose fiel ihm, ganz von seiner Idee 
erfüllt und darum wenig auf die Gegenrede 
achtend, ins Wort: — Oder vielleicht eine 
Erkundigung bei meinem jetzigen Chef, Herrn 
Sülze? 
„Bei Ihrem jetzigen Chef? Ja, wer ist 
denn das? 
„ August Sülze ist die Firm a, Materialwaarm- 
Geschäst, Ecke der Auenstraße." 
„August Sülze, Materialwaarm — ja zum 
Donnerwetter, Herr wer sind Sie denn?" 
Ich, wer ich bin?" 
Nun ja, und was wollen Sie denn?" 
Was ich will, ja aber — das gnädige 
Fraulern sagte doch — heirathm. —" 
Stoßweise kam dies Alles aus RoseT 
Munde, so völlig verblüfft war er von dm 
plötzlichen Fragen seines Gegenübers 
„Heirathm wollen Sie? Ja aber was soll 
ich denn dabei thun? Wm wollen Sie denn 
heirathm?" 
„Wen? Nun doch das gnädige Fräulein. 
Sic sagte mir doch, Sic würden gewiß ein 
willigen." 
„Wer sagte das, meine Tochter und zu 
Ihnen, zu Ihnen? Ja wann sagte sie 
Ihnen denn das, Herr ich glaube Sie träumen " 
„Ach Gott, Herr Steineckc," stieß der Ge- 
ängstigte hervor, „ich hatte doch gestern die 
Ehre, mit dm Damen im neuen Schützen- 
hause ein seliges Stündchen zu verbringen —" 
„Sie mit meinen Damm?, gestern und im 
neuen Schützmhausc? Herr sind Sic denn — 
Verrückt wollte er sagen, aber das Wort 
stockte ihm ini Munde. Verrückt, das war 
das rechte und der vor ihm Stehende mußte 
cs thatsächlich sein. Dafür sprach die ganze 
absonderliche, äußerliche Erscheinung; dafür 
sprach das verwirrte, unsichere Gebühren. Wo 
hatte er nur seine Augen gehabt, daß er dies 
nicht gleich erkannt, daß er diesen armen, be- 
jammcrnswerthen Menschen für Ernst ge 
nommen. 
Nun aber galt cs auf der Hut zu sein; 
dm Unglücklichen nicht etwa durch Widerspruch 
reizen, sondern ihn auf möglichst unauffällige 
Weise aus dem Hanse zu schaffen; das war 
die Hauptsache! 
Acußerlich völlig unbefangen, wenn ihm 
auch das Herz ziemlich unruhig pochte, ge 
brauchte Steinecke nur die Vorsicht in die Nähe 
des Klingelzuges zu treten, um erforderlichen 
Falls schnell Hülfe herbeirufen zu können. 
Dann begann er in dem gewohnten Tone, 
während der fieberhaft erregte Rose ihn be 
gierig lauschend anstarrte: „Also Sie waren 
gestern mit meinen Damm zusammen ini 
Schützenhause?" 
Eifrig nickte Herr Rose seine Bestätigung, 
zu Worte aber kam er nicht mehr, denn dei 
chte Herr fuhr gleich fort: „Und Sie erbitten 
die Hand meiner Tochter?" erneutes, noch 
heftigeres Nicken, wobei der zu neuer Hoff 
nung Erweckte die Hand betheuernd ans's 
Herz preßte. „Nun, ich sage nicht nein; 
aber Sie werden selbst einsehen, daß vorher 
noch manches zu regeln ist, nicht wahr?" 
Steineckc fragte dies in einem so sanftmüthigen 
Tone, wie ihn die Situation nur irgend 
zuließ. 
_ „Gewiß, o gewiß, Herr Steineckc, ich 
will Sic nicht drängen, wenngleich jede 
Stunde, die — — — — — —" 
„Nun, dann schlage ich vor," unterbrach 
ihn sein Gegenüber, „Sie gehen jetzt ruhig 
nach Hause, aber dircckl nach Hause, Herr 
Nose; ich folge Ihnen dann sofort, erkundige 
mich bei Ihrem Chef nach Ihnen, Sie legen 
mir Ihre Zeugnisse vor und dann wollen 
wir weiter sehen." 
„O Gott, Herr Steineckc, Sie machen 
mich zum Seligsten aller Sterblichen," jubelte 
der Glückliche, stürzte zu dem plötzlich so 
Umgewandelten hin und wäre ihm im Ueber 
maß des Entzückens am Liebsten um dm 
Hals gefallen, wenn er sich ihm nicht ent 
zogen und noch einmal, zur Ruhe und Selbst 
beherrschung mahnend, auf die Thür gezeigt 
hätte. 
Und Herr Rose ging wirklich. 
Mit einem Seufzer der Erleichterung sah 
Steineckc die Thür hinter ihm ins Schloß 
fallen; dann aber schellte er hastig nach dem 
Diener und beauftragte dem eilfertig Herein- 
tretmden: „folgen Sie dem Herrn, der mich 
eben verließ, möglichst unauffällig. So lange 
er ruhig seines Weges geht, lassen Sie ihn 
gewähren; zeigt er aber ein absonderliches 
Gebühren, dann machen Sie den ersten, besten 
Schutzmann auf ihn aufmerksam; es ist 
nämlich ein Geisteskranker. Er gab sich für 
einen Commis der Materialwaarm-Handlung 
Sülze aus, schm Sie, ob er dahin geht und 
bringen mir dann ungesäumt Nachricht." 
Der Diener eilte fort und Herr Steineckc 
setzte sich nieder, um an den ihm befreundeten 
Polizei-Arzt einige Zeilen zu richten, die 
diesen veranlassen sollten nach dem Unglück 
lichen zu sehen. — 
Herr Rose schritt unterdeß hocherhobmen 
Hauptes, die Brust von Jubelhymnen har 
monisch durchwogt, seiner Wohnung zu; 
nicht rechts nicht links blickend, nur das eine 
Ziel im Auge: Gehorsam für die Befehle 
des Schwiegerpapas; seines Schwicgcrpapas, 
des Millionärs Steinecke. — 
Auf seinem Zimmer angelangt, legte er 
Hut und Handschuhe beiseite, das Festgewand 
aber behielt er an, der „Schwiegerpapa" 
mußte ja bald kommen und sollte ihn würdig 
geschmückt finden. Nachdem er seine Zeug 
nisse hervorgeholt und auf dem Tische aus 
gebreitet hatte, setzte er sich selbst davor und 
wartete auf den wonnigen Moment, der ihm 
binnen Kurzem lachen mußte. Dabei schweiften 
seine Augen unaufhörlich durch das Zimmer, 
Alles sorgsam musternd, ob der Schauplatz 
auch würdig war für dm bevorstehenden, 
großen Akt. Würdig? — nein, das war 
er nicht; dazu war er allzu ärmlich ausge 
stattet. Der Knicker, der Sülze, wendete 
eben gar nichts an das Wohlempfindm seines 
Commis! Aber das Stübchen war wenig 
stens sauber und ausgeräumt und nianch 
zierlich Ausstattungsstück, eine überaus sarben- 
prächtige Lithographie, Photographie-Album, 
„die Kunst den Frauen zu gefallen" in leuch 
tend Roth gebunden n. s. w. zeugten von 
dem eleganten Geschmack seines Bewohners. 
(Fortsetzung folgt.) 
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