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Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten.
87ster Jahrgang.
Bei Betriebsstörungen
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung
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werden dem Blatt „Der Landwirth" sowie das
Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben.
3000 Abonnenten.
Wo. 105.
Montag, den 7. Mai
1894.
Morgen-Depeschen.
Berlin, 5. Mai. Für den Distanzmarsch
nach Friedrichsruh sind bis gestern Abend,
dem Nennungsschluß, 16 Meldungen ein-
gelaufen; 12 Meldungen sind von hiesigen
Mitgliedern des Distanzmarsch-Bereins
„Berlin-Wien" erfolgt, außerdem hat aus
Berlin sich nur noch ein Herr gemeldet,
von außerhalb sind nur drei Nennungen
erfolgt.
Glogau, 5. Mai. Die Behörden haben
Warnungstelegramme vor dem Hochwasser
in den Flußgebieten Niederschlesiens erlassen.
Alle Gewässer sind infolge der ungeheuren
Niederschläge heftig angeschwollen. In
voriger Nacht fand starker Schneefall statt.
Graz, 5. Mai. Nach den angestreng
testen Rettungsarbeiten der Rettungsmann
schaften am Lugloche ist keinerlei Resultat
erzielt worden und ist Folge dessen die
Hoffnung, die Eingeschlossenen zu retten,
völlig aufgegeben. Da das heftigste Regen
wetter herrscht, schwillt der Bach immer
höher an. Falls die Stauung des Baches
durch die Schließung der Dämme gelingen
sollte, was höchstens auf eine Viertelstunde
möglich sein könnte, wollen zwei Mitglieder
des Vereins zur Erforschung der Schöckel-
höhlen, Fröhlich und Brunelle, diese Zeit
benutzen und durch den wasserfreien Gang
in das Innere der Höhle eindringen, um
durch Dynamitsprengung einen anderen
Eingang der Höhle zu öffnen.
Rom, 5. Mai. Bei dem heute begonne
nen Verhör im Banca-Romana-Prozeß
theilte Tanlongo Näheres über die Ver
luste mit, welche die Banea Romana durch
die auf Veranlassung der Regierung ge
machten Rentenankäufe erlitten habe. Der
Finanzmiuister habe Tanlongo versprochen,
die Bank nach Annahme des Gesetzentwurfs,
betr. die Conversion, zu entschädigen. Dieser
Gesetzentwurf sei aber niemals vorgelegt
worden. Seitens der Regierung sei Tan-
longo zur Geheimhaltung dieser Renten-
Operationen verpflichtet worden. Nachdem
rin Brief, den er aus dem Gefängniß an
den Ministerpräsidenten geschrieben, unbe
antwortet geblieben, habe er die wahre
Sachlage der Staatsanwaltschaft enthüllt.
~~~ Die Mittheilungen Tanlongo's rufen
das größte Aufsehen hervor.
Undine, 5. Mai. Der Eigenthümer der
brößten Buchdruckerei Hierselbst, Vittorio
Ņotti, wurde unter dem Verdachte, falsche
öO Guldennoten fabrizirt zu haben, ver
haftet. Unter demselben Verdachte sind noch
32 andere angesehene Persönlichkeiten von
Udine und dessen Umgebung gefänglich ein
gezogen worden.
Paris, 5. Mai. Die Mutter des
Anarchisten Fönöon veröffentlicht in mehreren
hiesigen Zeitungen einen Brief, worin sie
einen vollständigen Abriß über das Leben
ihres Sohnes giebt und worin sie nachzu
weisen sucht, daß derselbe allen anarchisti
schen Bewegungen stets ferngestanden habe.
Ausland.
Außereuropäische Gebiete.
Newyork, 4. Mai. In Scotdale (Penn-
sylvanien) versuchten heute Vormittag Frauen
die Arbeiter aus den Minen zu ver
treiben. Als die Polizei drohte, die Frauen
anzugreifen, eilten die Männer den Frauen
zu Hülfe. Es kam zu einem Zusammen
stoß. Die Polizei schoß mit Revolvern
und verwundete 15 Männer und eine Frau.
Der Streik nimmt in den verschiedenen
Orten zu.
Die C o x e y s ch e n Arbeitslosen,
welche unter der Führung Kellys nach
Desmoines in Iowa gelangt sind, befinden
sich in verzweifelter Lage. Sie haben
nichts zu essen. Der Gouverneur wurde
aufgefordert, den Leuten einen Eisenbahn
zug zu verschaffen. Die Arbeiter der
Stadt glaubten nämlich, daß der Arbeits
markt noch mehr überschwemmt werden
würde, wenn die Coxeyschen in Desmoines
bleiben würden. Der Gouverneur erwiderte,
daß er sein Aeußerstes thun werde, um
die Arbeitslosen fortzuschaffen. In den
Städten des Westens organisiren sich fort
während neue Banden, mehr oder weniger
zahlreich.
Die Blattern wüthen gegenwärtig,
wie aus Ottawa (Kanada) vom 2. d. M.
gemeldet wird, in 18 Staaten der Union.
Die kanadische Regierung hat infolgedessen
strenge Quarantänemaßregeln beschlossen.
Alle über die kanadische Grenze gehenden
Eisenbahnfahrgäste haben sich einer ärzt
lichen Untersuchung zu unterwerfen und
werden erforderlichen Falles geimpft werden.
Griechenland.
Athen, 6. Mai. Die Erders chütt er-
ungen werden schwächer; man hofft, daß
die Erdbebenperiode ihrem Ende zuneigt.
England.
Erdbeben wurden in Wales an ver
schiedenen Orten am Mittwoch verspürt.
In Potypridd war es so heftig, daß die
Bergleute erschrocken ihr Werkzeug liegen
ließen und an die Oberfläche kamen. In
Caerphilly erzitterten die Häuser und die
Teller fielen von den Brettern. Auch in
Cardiff machten sich die Erdstöße spürbar.
Der Grafschaftsrath war gerade in Sitzung
und nicht geringer Schrecken ergriff die
Mitglieder desselben.
Italien.
Weil eine Wahrsagerin ihr Un
glück prophezeit hatte, hat sich Adelaide
Poladini, eine berühmte Schauspielerin
Italiens, bei Biarcggio in's Meer gestürzt.
Die Leiche wurde von Fischern aufgefunden.
Frankreich.
Paris, 4. Mai. Zwei neue Wechsel
des Grasen Talleyrand über
50000 Francs sind aufgetaucht. Seine
Mutter, die Prinzessin von Sagan, soll
die Absicht haben, Lebaudy vollständig zu
entschädigen unter der Bedingung, daß ihr
Sohn für geisteskrank erklärt und in eine
Heilanstalt gebracht werde, sowie daß er
alle Rechte auf das Majorat auf seinen
jüngeren Bruder abtrete.
Lille, 5. Mai. Vor dem Hause des
Ingenieurs Devernes in Bourges fand
gestern eine Dynamitexplosion statt, die
aber nur Materialschaden anrichtete. Man
glaubt, daß es sich nur um einen Racheakt
handele. Ein der That verdächtiger Gruben
arbeiter wurde verhaftet.
Vom „Affensprachforscher"
Garner erzählt Dybowski nach der „Voss.
Ztg." am Freitag in einem Vortrage in
Paris, Garner sei nie im Urwald
gewesen, habe nie einen wilden Menschen-
affen zu sehen oder zu hören bekommen,
habe keinen Phonographen bei sich gehabt
und während seines afrikanischen Aufent
halts nie die französische Missionsstation
verlassen, wo Dybowski die Einzelheiten
erfuhr. Das ist hoffentlich das Ende eines
berühmten Märchens.
Belgien.
Ein neues anarchistisches Attentat
wird aus Lüttich gemeldet: Donnerstag-
Abend 11 '/4 Uhr fand vor dem Hause
eines Doktors Renson in der Rue de la
Paix eine Dynamit-Explosion statt, durch
welche beträchtliche Verheerungen angerich
tet wurden. Doktor Renson und dessen
Frau wurden verwnndet, der untere Theil
des Gebäudes wurde erheblich beschädigt,
die Verkleidung des Hausflurs vernichtet.
In den benachbarten Häusern zersprangen
zahlreiche Fensterscheiben.
Die näheren Berichte über das Attentat
besagen: Als Doktor Renson mit seiner
Gemahlin und dem befreundeten Dr. Bo>
dart sein Haus betrat, bemerkte er einen
Behälter mit brennender Lunte; als Ren
son den Behälter aushob, erfolgte die Ex
plosion. Renson stürzte mit Blut über
strömt zu Boden und erlitt einen Bein
bruch sowie Verwundungen an der Brust,
auch wird der Verlust des Augenlichtes
befürchtet. Die Gemahlin Rensons wurde
am Arm verlvundet und erlitt einen heftigen
Blutverlust. Außerdem erlitt ein Passant,
dessen Persönlichkeit nicht festgestellt ist,
Verwundungen. Die Gründe des Atten
tats sind unbekannt, auch fehlt bisher jede
Spur von dem Thäter.
Lüttich, 4. Mai. Der Zustand des Dr.
Rensons ist sehr ernst. Das Befinden
der beiden anderen verletzten Personen ist
verhältnißmäßig gut. Eine große Menschen
menge bewegt sich voe dem Hause, in dem
Explosion erfolgt ist. Die Polizei ver
haftete während der Nacht 13 Anarchisten
In der Stadt herrscht lebhafte Erregung.
Man glaubt, das Attentat habe dem
Appellationsgerichts Rensons, der in einer
anderen Straße wohnt, gegolten.
Oesterreich.
Graz, 8. Mai. Der Kaiser verfügte
eine energische Hülfsaktion und beauftragte
die Behörden, weder Kosten noch Mühe zu
scheuen. Eine Kompagnie Pioniere mit
4 Offizieren ist gestern hier eingetroffen.
Einerseits glaubt man, daß die Einge
schlossenen noch leben, Baron Mundy hält
sie für verloren. Man wird eine wage-
rechte Sprengung des Felsens vornehmen.
Graz, 6. Mai. Die Rettungsarbeiten
bei der Luglochhöhle werden fortgesetzt.
Oberhalb des Schlurfes gräbt man einen
Stollen, welcher morgen fertig gestellt wird
und die Verbindung mit dem Höhlen-
Jnnern vermitteln soll.
Ein Bruder des miteingeschlossenen
17jährigen Realschülers Heid
theilt mit, daß der unglückliche Junge
Herrn Fasching auf alle erdenkliche Weise
gebeten habe, ihn doch ja auf die Expedu
tion mitzunehmen und daß er überglücklich
war, als Herr Fasching ihm. endlich die
Erlaubniß, mitzukommen, ertheilte. Heid
versah sich mit Lebensmitteln für 3 Tage,
mit Beleuchtungskörpern rc. Er malte sich
freudig alle Abenteuer aus, die ihm in
der Höhle begegnen könnten, und nahm es
für gewiß, daß er nicht unter drei Tage
in der Höhle bleiben werde. Und dabei
rechnete er unter Anderem auch schon mit
der Wassergefahr. Auch nahm er für alle
Fälle eine Pistole mit vielen Patronen mit
sich. Vor seiner Abfahrt erzählte er seinem
Bruder, daß die gesammte Expedition nur
sechs Laib Brode mit sich genommen habe.
Mehr als die Lebensmittel lag den Herren
eine kalligraphische ausgeführte Entdeckungs
urkunde am Herzen, die sie in einer Blech
kapsel mit sich nahmen.
Graz, 5. Mai. 21 Arbeiter, welche an
den Ausschreitungen anläßlich der Maifeier
theilgenommen hatten, wurden theils zu
Kerker, theils zu Arreststrafen verurtheilt.
Eine schlimme Säbel-Affäre
hat sich jüngst in Galizien zugetragen, im
Orte P r z c m y s k. Ein Artillerie-
Hauptmann gerieth mit seinem Pferde
auf das Trottoir, wodurch die Passanten
unsanft bei Seite gestoßen wurden. Auf
die Vorstellungen eines Passanten, des
Bauunternehmers Mager zog der Haupt
mann den Säbel, mit dem er auf den
wehrlosen Spaziergänger so lange loshieb,
bis derselbe blutüberströmt zusammenfiel.
Wie der „Dziennik Polski" berichtet, be
zweifeln die Aerzte die Möglichkeit, Mager,
der mit vier klaffenden Wunden nach Hause
gebracht wurde, am Leben erhalten zu
können.
Inland.
— Herrn Miqu el wird in der „Frank
furter Ztg.", einem Blatt, welches für
denselben aus der Oberbürgermeisterzeit sich
eine gewisse Vorliebe bewahrt hat, beim
Schluß der parlamentarischen Session fol
gendes Zeugniß ausgestellt: „Die Erfahrun-
gen, die Herr Miguel mit seinen Plänen
machte, waren durchaus geeignet, das Ver
trauen auf seinen Stern zu erschüttern.
Er umschmeichelte das Centrum in be
rückendster Weise, dessen Organe trotzdem
nicht müde wurden, gerade ihm in kalter
Feindschaft zu begegnen; mit seiner eigenen
Partei gerieth er in Zwistigkeiten, die durch
die Einbringung der Synodalordnung ge
wiß nicht überbrückt worden, und die An
lehnung an die Agrarier, deren heiße Liebe
er allerdings errang, wird durch die letzten
Entwickelungen geradezu kompromittirend
für ihn. Der Exkurs auf das Reichsgebiet
ist also für Herrn Miguel in jeder Be
ziehung ungünstig verlaufen; er befand sich
in einem verhängnißvollen Irrthum über
die Popularität „seiner" Finanzreform und
hat sein Ziel, die opulente Versorgung der
Reichskassen unter gleichzeitiger Speisung
der Einzelstaaten, total verfehlt. Es ist
ihm weder gelungen, die idealen Volks-
3)
lose, kr Herzbrcher.
Eine lustige Geschichte von Marie Uhse
(Nachdruck verboten.)
Während dieser geistreichen Plauderei war
bas Packet Warmbrunner Gebäck fertig gestellt,
bas Fräulein legte, noch einmal seufzend, ihre
20 Pfennig hin, die Rose daneben und ver-
şşnindet, mit einem sonnigen Lächeln seine
liefe Neigung erwidernd, aus dem Geschäfte.
Nun will Rose sich die Frauen wenden,
te m eifrigstem Klatsch begriffen, die Augen
der Straffe zugewendet, dastehen und ganz den
Zweck ihres Hierseins vergessen zu haben
scheinen, als er die eine zur anderen sagen
Hort: „Was meinen Sie woll? Die Mitgift
die die einmal ihrem Erwählten mitbringt'
Davon könnten wir Beide, mit Mann und
Binder woll satt werden!
' , Herr Rose stutzt: „Kennen Sie vielleicht
bie Dame, die da eben ging?
„Nu, was sollen wir nicht. Das ist ja
dem Millionär Steinecke seine Einzige. Die
Einzige, Herr Rose, was meinen Sie wohl,
beeisen Sie zu, wenn sie will!"
, Herrn Rose schwindelte, nur soviel Ueber-
Aung gewann er noch, daß er dem Lehr-
^»8 winken konnte, dann lehnte er halb be-
am Faß mit der Schmierseife.
Was hatte er vernommen! Sie, die
Hchde, Süße, die ihm so unzweideutig Be-
b'fise von ihrer Zuneigung gegeben, sie, das
Ochste Mädchen aus der Stadt; ach, nicht
ņ»r das reichste, auch ans der vornehmsten
Emilie! Denn nicht die Million allein
war's, die ihn so auf den Gipfel der Selig
st versetzte, auch die Vornehmheit war's.
^Ļas dem vergötterten Rose so oft schon
stillen Kummer bereitet hatte, was „wie ein
Geier ihm am Herzen fraß", war das Eine
nur, daß er sich aus den Kreisen des „Tivoli"
nicht emporschwingen konnte in die lichteren
Ballsäle der „oberen Zehntausend", daß der
Ruf seiner hinreißenden Unwiderstehlichkeit
noch nicht bis hierher gedrungen war. Wie
auch sollte er; in den kleinen, unansehnlichen
und ziemlich schmutzigen Laden verirrte sich
nur selten das feinbeschuhte Füßchen einer
vornehmen Dame; hatten sich doch selbst die
„besseren" Dienstmädchen erst hier gewöhnt,
seitdem er dort seine übermächtige Anziehungs
kraft ausübte —■ ein Umstand, den Herr
Sülze sehr wohl zu schätzen wußte und
darum auch seinem lächerlich eitlen und oft
zerstreuten Commis Mancherlei durch die
Finger sah. — Und nun war das Undenk
bare dennoch geschehen; eine feine Dame,
nein die feinste und reichste der ganzen Stadt,
war bis zu ihm, in das „tiefste Dunkel
seiner Stellung" gedrungen, und hatte dort
einen Lichtschimmer über ihn ergossen, vor
dem er geblendet die Augen schließen mußte.
Was Wunder, daß ihn die Selbstbeherrschung
auf kurze Zeit im Stiche ließ, daß er Thor-
helten, ach die süßen Thorheiten eines Ver
liebten, beging, daß er — Syrup mit Petro-
leum, Seife mit Hering verwechselte.
Und dennoch, hätte er geahnt, daß er das
beklagenswerthe Opfer eines unseligen Miß
verständnisses war, wer weiß, ob die Thor
heiten „eines Verzweifelnden" nicht noch
drastischer ausgefallen wären. Die beiden
Frauen nämlich, bei welchen er sich nach der
für ihn Entflammten erkundigt hatte, waren
nur ganz Auge für die Vorgänge auf der
Straße gewesen und hatten die neben
ihnen Stehende wenig beachtet, wenngleich
ihnen diese auch keineswegs ftemd war.
Kannte, haßte und fürchtete doch ein ganzes
Stadtviertel ihren Vater, den wegen seiner
hahnebüchenen Grobheit berüchtigten Schutz
mann Herrn Pallig und war sie selbst doch
der Schrecken aller heirathsfähigen Männer
in der Runde, denen sie, ohne Ansehen der
Person, jetzt schon die Kour schnitt. Doch
wie gesagt, auf diese hatten die beiden
Schwätzerinnen wenig geachtet, da ihre Auf
merksamkeit von einer gerade vorübergehenden,
auffallend schönen und vornehm gekleideten
jungen Dame, eben dem Fräulein Steinecke,
gefesselt war. Dieser hatten auch ihre halb
mißgünstigen, halb bewundernden Worte ge
golten und auf diese sie auch die Frage des
Herrn Rose bezogen. Ein kleines Mißver
ständniß nur und doch sollte es ausschlag
gebend für seine fernere Zukunft werden.
Davon, von dem Mißverständniß, hatte
er natürlich heute noch keine Ahnung, daß
seine Zukunft aber jetzt entschieden sein würde,
das dünkte ihn zweifellos. Sie liebte ihn,
das war klar und würde ihn vergöttern,
wenn sie ihn erst ganz kennen lernte,
ganz begriffen hätte — dafür sprachen
alle seine Erfahrungen in Herzens
angelegenheiten, dafür war er Rose, der
Herzbrecher. Nein, und der Vater — viel
leicht würde er erst Schwierigkeiten erheben,
aber die konnten unmöglich lange vor seiner-
gewinnenden Persönlichkeit bestehen bleiben.
Und wenn selbst, nun dann giebt es noch
Mittel die väterliche Einwilligung zu ertrotzen;
majorenn war die Holde ja, welch ein Glück,
— geheime Flucht, Trauung in England,
Schmuckkästchen, alles dies wirbelte chaotisch
in Rose's Hirn durcheinander, er gerieth in
einen wahren Taumel des Entzückens, welche
Romantik lächelte ihm lockend entgegen, alle
Welt würde von ihni reden, er würde in die
Zeitung kommen, vielleicht greift ein Dichter
sogar den Stofs zu einem Drama — —
Polternde Schritte hasten die Stiege zu
seinem Kämmerchen herauf und zertreten jäh
das lachende Gefilde seiner Zukunftsträume.
Das dnmm-pfifig grinsende Gesicht des
Lehrlings zeigt sich in der rücksichtslos auf
gerissenen Thür: „Herr Sülze läßt fragen,
ob Ihr „Paxorismus" vorüber ist und ob
Sie nicht die Gnade haben wollten, sich
wieder auf Ihren Platz hinterm Ladentisch zu
bemühen."
Schon öffnet sich Herrn Rose's Mund zu
einer vornehm abweisenden Antwort — aber
er besinnt sich eines Anderen: „Ich werde
kommen", und eine wundervolle Handbewe
gung, die von dem hämisch glotzenden Bengel
aber anscheinend mißverstanden wird, scheucht
diesen von hinnen.
„Nein, ich werde den Becher meiner Er
niedrigung bis auf die Hefe leeren," so sprach
zu sich Herr Rose, „um so erhebender ist
später für mich der Triumph, wenn der
Tyrann, der Sülze erfährt, wer ihm gedient
hat."
Und nachdem er seinem zersausten Kupfer-
gelock einen melancholischen Strich in die
Denkerstirn hineingiebt, steigt er mit vorneh
mer Ruhe die Treppen hinab, allerdings eine
Reihe von Widerwärtigkeiten entgegen, die
seine Ruhe oft genug zu vernichten drohen,
aber immer noch glücklich von ihm nieder
gezwungen werden. Doch gewinnt seine
Miene dadurch einen Märtyrer-Zug, den er
mit Entzücken im Spiegel betrachtete; welcher
dem Schlingel von Lehrling aber zu der,
freilich nur dem Hausknecht anvertrauten Be
merkung Anlaß giebt, Rose sehe aus wie ein
gestoch'nes Kalb.
So zwischen in der Zerstreuung begange
nen Streichen mannigfacher Art, Rüffeln
von Seiten des Prinzipals, Neckereien oder
auch Grobheiten der falsch bedienten Kund
schaft, abendlichen Fensterpromenaden an dem
wohlbekannten, palastähnlichen Hause vorüber,
das „sein Kleinod birgt", glitten schnecken
gleich die Tage dahin, ehe die ersehnte Stunde
anbrach, die ihm die Geliebte naheführte und
die ihn auch, das hatte er sich zugeschworen,
ein erkleckliches Stück weiter bringen sollte.
Und endlich kam sie, und, 0, welch ein Glück,
zu einer Zeit, da der Laden so ziemlich
menschenleer war.
Noch ehe sie ihren Auftrag herausbringen
konnte, flüsterte ihr Rose schon, zitternd vor
Erregung, zu: „O, mein gnädiges Fräulein,
endlich! Mit welcher Herzensqual habe ich
diesen Augenblick herbeigesehnt."
„Ach Gott, Herr Rose, das kann ich ja
gar nicht annehmen."
Einem Unbetheiligten wäre vielleicht diese
Antwort wenig passend erschienen; nicht so
Herrn Rose, er hatte kaum darauf geachtet.
Rastlos haftete in seinem Hirn nur der eine
Gedanke: zum Ziel! zum Ziel!
„Ja, meine Gnädige, ich bin fast vergangen
vor Sehnsucht. Nun ist sie gestillt. Aber
nur ein Augenblick des Glücks ist mir beschie-
den. Ein Augenblick nur, und Sie sind mir
wieder entschwunden. Und doch würden mir
Äahre noch zu kurz erscheinen, um mein Ver
langen nach Ihnen zu stillen."
Großartig, wirklich großartig! Rose machte
sich selbst ein Kompliment über diesen Satz,
das war ja ein Meisterstück! Nun aber auf
gepaßt, wie sie die Sache auffassen wird;