Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

nicht bewältigen. Sie expedirt täglich 
einen Personenzug und zwei Güterzüge in 
jeder Richtung; daneben wird noch einsehr 
erheblicher Theil des Verkehrs wie früher 
auf Kameelrücken vermittelt. Es heißt, 
die Linie soll bis Nablus und Gaza ver 
längert werden. In der nächsten Um 
gebung Jerusalems wachsen die Neubauten 
förmlich aus dem Boden, die Stadt sprengt 
nach allen Seiten ihren bisherigen Gürtel; 
am raschesten dehnt sie sich nach Westen 
aus, wo in den letzten paar Jahren eine 
große Vorstadt entstanden ist. Jedes er 
hältliche Grundstück wird von Privat-Per- 
sonen oder von Missionen und anderen 
Wohlthätigkeitsgesellschaften aufgekauft, und 
das neue Quartier trägt schon den Namen 
des „modernen Jerusalem". Um die Ver 
sorgung des Jerusalemer Marktes mit den 
Getreide-, Obst- und Heerdenerzeugnissen 
des Moabiter Landes zu erleichtern, wird 
jetzt die Erbauung eines Schleppdampfers 
auf dem Todten Meere geplant, welcher 
die mit obengedachten Erzeugnissen beladenen 
Frachtkähne in wenigen Stunden quer über 
den See schleppen wird, während jetzt zu 
ihrer Beförderung nach Jerusalem auf dem 
Karawanenwege um den See herum vier 
bis fünf Tage vergehen. Die einleitenden 
Schritte für dieses Unternehmen sind be 
reits getroffen. 
Folgende „Traueranzeige" findet man 
in einem Ncwyorkcr Blatte. „Der Kom 
ponist Bronson gibt sich die Ehre, seinen 
Freunden und Gönnern bekannt zu geben, 
daß es dem Herrn gefallen hat, Miß Iah 
Brouson zu sich zu nehmen. Der von dem 
tiefgebeugten Vater aus diesem Anlaß kom- 
ponirte Trauermarsch ist im Berlage von 
Brook & Comp, zum Preise von 5 Dol 
lars 'für Streichmusik und von 2 Dollars 
im Klavierarrangement erschienen und wird 
bei dem Begräbnisse, welches morgen, 
11 Uhr, stattfindet, zum ersten Male auf 
geführt werden!" 
England. 
London, 29. April. Die Polizei nahm 
gestern früh in der Wohnung Henry van 
Dierck's, des Druckers und Verlegers des 
deutschen anarchistischen Blattes „Der 
Lumpenproletarier" eine Haussuchung vor, 
beschlagnahmte mehrere Exemplare und 
durchsuchte die übrigen Räume des Hauses. 
London, 30. April. Vor einigen Tagen, 
am Abend, empfing der Stativ ns-Vor 
steher in Preesgwene, zwischen Shreß- 
burg und Chester eine Kiste, in welcher 
sich ein Säugling befand, daneben ein 
Zettel, in welchem der Stationsvorsteher 
gebeten, das. Kind zu adoptiren. Dem 
Stationsvorsteher behagte aber die Gabe 
nicht und er übergab die Kiste und Kind 
einem Weichensteller. Letzterer fand 
nun zu Hause noch in der Kiste 200 Lstr. 
(4000 Mark), worauf er erklärte, daß er 
das Kind behalten wolle. Als der Stations- 
Vorsteher aber von dem Gelde erfuhr, 
verlangte er dieses und das Kind zurück. 
Der Weichensteller weigert sich jedoch, diesem 
Wunsche nachzukommen und nun soll ein 
Richter entscheiden, wem Kind und Geld 
gehören. — Alles um das liebe Geld! 
Englische Blätter erzählen, daß ein ita 
lienischer Kofferfabrikant in London von 
einer indischen Prinzessin auf deren Dam- 
pfer entführt worden sei, und zwar gegen 
seinen Willen, da die Prinzessin schon — 
50 Jahre alt ist. Auf der Fahrt nach 
Indien wurde der Dampfer von einem 
Sturme überrascht und mußte die Hülfe 
eines englischen Dampfers in Anspruch 
nehmen. Der „Entführte" benutzte dies, 
seiner Prinzessin zu entweichen und sich 
unter den Schutz des englischen Kapitäns 
zu begeben. Nun ist er wieder in London 
angelangt und hat gegen die Prinzessin 
die Klage wegen „Entführung" eingereicht. 
Oesterreich. 
Budapest, 29. April. Auf den Buda 
pest-Wiener Eilzug wurde gestern Nachts 
im Zentralbahnhof ein Revolverschuß ab 
gefeuert. Die Kugel drang in einen Wag 
gon, in dessen unmittelbarer Nähe das 
vom Erzherzog Josef besetzte Coupe 
sich befand, durchlöcherte das Fenster und 
bohrte sich oberhalb des Sitzplatzes eines 
Ministerialbeamten ein. Niemand wurde 
verletzt. Die Gerüchte, es liege ein Atten 
tat vor, sind absolut nicht begründet. 
Wien, 30. April. In zwei von den 
Wiener Bauarbeitern gestern ab 
gehaltenen Versammlungen, die beide ruhig 
verliefen, wurde beschlossen, heute in den 
Streik einzutreten. Die Bauarbeiter, 
deren Zahl auf 30000 geschätzt wird, ver 
langen eine Verkürzung der Arbeitszeit um 
eine Stunde, ferner Aufhebung der Akkord 
arbeit, sowie Einführung einer einheitlichen 
Arbeitsordnung. Die Zimmerleute lehnten 
es ab, einen Streik ins Werk zu setzen, 
da ein solcher z. Z. inopportun sei. 
Wien, 30. April. Bis jetzt streiken noch 
9000 Tischlergehülfen, 113 Meister 
bewilligten deren Forderungen, die übrigen 
verharren auf ihrem ablehnenden Standpunkte 
500 Streikende reisten heute nach der Provinz. 
Frankreich. 
Paris, 30. April. Während die Ge 
schworenen sich zur Berathung zurückgezogen 
hatten, rauchte der Anarchist Henry mit 
aller Gemüthsruhe eine Cigarette und unter 
hielt sich mit seinem Vertheidiger. Dem 
Gerichtsschreiber erklärte er, er möge sich 
alle Mühe ersparen, ihn zum Unterzeichnen 
seiner Berufung zu veranlassen. Nach Be 
endigung der Sitzung wurden ihm Sträf 
lingskleider und eine Zwangsjacke angelegt. 
Geleitet von vier mit Revolvern bewaffne 
ten Stadtgardisten ging es im Zellenwagen 
im Trab zum Gefängnisse La Roquette, 
wo er in die Mörderzelle internirt wurde. 
Henry's Mutter, die vergeblich versucht 
hatte, ihren Sohn während der Verhand 
lung zu sehen, fiel, als ihr das Urtheil 
mitgetheilt wurde, in eine tiefe Ohnmacht. 
Abends kehrte die arme Frau, deren Schmerz 
ihre Umgebung zu Thränen rührte, nach 
ihrem Wohnort Brevannes zurück. 
Spanien. 
Barcelona, 30. April. Wie verlau 
tet, hat in der gestern hier abgehaltenen 
Sitzung des Kriegsgerichts der Regierungs- 
commissar die Todesstrafe gegen 10 an 
dem Attentat gegen den Marschall Martinez 
Campos bethciligte Anarchisten beantragt. 
Cadix, 30. April. Unter den Eisen 
bahn arbeitern Andalusiens macht sich 
eine große Erregung bemerkbar. Man glaubt, 
daß ein allgemeiner Streik bevorsteht. 
Inland. 
Schlitz, 29. April. Bei der heutigen 
Tafelmusik wurde ein von demKaiser 
komponirtes und von dem königlichen 
Musikdirektor Kluß für Orchester arrangirtes 
Lied vorgetragen. 
Berlin, 29. April. Ein Artikel der 
„Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" gegen 
Schraut's Vorschläge in der Währungs 
frage hat den Zorn der Bimetal listen 
erregt, sie forschen nach dem Verfasser, 
und in einem deutlich als Einschüchterungs 
versuch erkennbaren Artikel beschwert sich 
die „Kreuzzeitung" drohenden Tones über 
„amtliche Durchstechereien" mit Anhängern 
der Goldwährung und über angebliche 
Indiskretionen in Verwerthung des 
thatsächlich streng geheimgehaltenen Mate 
rials der Enquete. Darauf bezieht sich 
die offiziöse Erklärung der heutigen „Nord 
deutschen": Die Annahme, daß von Seiten 
des Reichsschatzamtes oder einzelner Beam 
ten amtliches oder sonst vertrauliches Ma 
terial zu Gunsten der Goldwährungspartei 
in der Presse verwerthet worden sei, ent 
behre jeder thatsächlichen Begründung. — 
Die letzte Nummer der sozialdemokratischen 
Neuen Welt", die als Sonntagsbeilage 
des „Vorwärts" erscheint, ist konfiszirt 
worden. 
— Wie man dem „B. T." mittheilt, 
ist den deutschen Fried ensv ereinen 
von Seiten einer Dame aus Bayern eine 
Erbschaft von 50000 Mk. zugefallen, die 
von dem Friedensbureau in Zürich, das 
bereits Corporationsrechte besitzt, verwaltet 
werden soll. 
— Ahlwardt, der seit einiger Zeit still 
war, redet jetzt wieder. Er ist in Forst 
in der Lausitz aufgetreten und hat... na 
türlich wieder neue „E n t h ü l l u n g e n" 
angekündigt. Er will durch Enthüllungen 
über Vorgänge bei der Rentengüterbildung 
jeder Konkurrenz die Spitze bieten und 
dem deutschen Volke eine Geschichte erzählen, 
gegen die die Judenflinten eine Kleinigkeit 
war. Er hat auch wieder „Aktenstücke", 
alle echt und amtlich gestempelt. Herz, 
was willst Du noch mehr! 
— Ein heißer Streit ist zwischen 
den „Münchener Neuesten Nachr." und der 
„Franks. Ztg." entbrannt. Immer — 
bildreicher wird die Sprache der Kämpfen 
den. Neulich, nachdem die Gegner finsteren 
Auges ihre Größe gemessen, warf die 
„Franks. Ztg." den „N. N." den Größen 
wahn eines Kalbes vor, das sich einbildet 
ein Kampfstier zu sein. Darauf ertheilen 
die „N. N." jetzt die Antwort: Es hat 
wohl kein vernünftiger Mensch etwas da 
gegen einzuwenden, daß sich die „Franks. 
Ztg." selbst in die denkbar höchste Horn 
vieh-Klasse eingeschätzt hat." Diese Blätter 
die in eine solche Tonart verfallen, nennen 
sich Weltblätter. 
— Ein peinlicher Auftritt 
spielte sich, wie Berliner Blätter be 
richten, jüngst gegen nenn Uhr nahe der 
Centralmarkthalle ab. Daselbst ging ein 
alter Herr mit seiner Tochter des Weges, 
als die Dame von einem jungen Menschen 
in frivoler Weise angesprochen wurde. Der 
Vater wies ihn in ruhiger Weise zurecht, 
der junge Mann aber, anstatt sich zu ent 
schuldigen, stieß den alten Herrn vor die 
Brust, so daß derselbe auf das Trottoir 
hinstürzte und hierbei eine klaffende Wunde 
am Hinterkopf davontrug. Einige Zeugen 
dieser Scene trugen den Bewußtlosen zu 
nächst an einen Straßenbrunnen, wo sie ihn 
vom Blut säuberten; gleichzeitig aber kehrte 
sich die Erregung der Menge gegen den 
Schuldigen. Einige handfeste Schlachter 
gesellen nahmen ihn in Empfang und 
züchtigten ihn für seine Brutalität der Art, 
daß er die Ankunft einiger Schutzleute, 
welche herbeigeholt worden waren, als eine 
Erlösung betrachtete. Der alte Herr und 
seine Tochter fuhren in einer Droschke nach 
der nächsten Sanitätswache; der Frevler 
aber wurde als verhaftet erklärt. Er wird 
hoffentlich einer exemplarischen Strafe nicht 
entgehen, da der Gerichtshof derartige 
Exzesse regelmäßig mit aller Strenge zu 
ahnden Pflegt. 
Eine Genickstarre-Epidemie ist in 
Schivelbein ausgebrochen. Vor einigen 
Tagen trat der erste Fall in der Familie 
eines Viehhändlers auf; rasch verbreitete 
sich die Krankheit, und gegen 30 jugend 
liche Personen liegen gegenwärtig an der 
selben darnieder. Auch vom Lande werden 
mehrere Erkrankungsfälle gemeldet. Unter 
Vorsitz des dort eingetroffenen Regierungs- 
Medizinalraths ist eine ärztliche Kommission 
in Thätigkeit. Todesfälle wurden noch 
nicht festgestellt. Die Bürgerschule ist ge 
schlossen worden. 
Die antisemitische Hetz agitation hat 
dieser Tage, wie der „Oberschl. Anz." be 
richtet, in Oswiecim bei Königshütte einen 
Exceß gethätigt. Durch ein Gerücht, wo 
nach die jüdische Händlerin Czernajewski 
in Oswiecim von Königshütte ein kleines 
Kind zu Ritualzwecken nach dort ge 
bracht hätte, entstand in Oswiecim eine 
größere Aufregung Hunderte von Land 
leuten sammelten sich vor den Häusern der 
dortigen Juden, und mußte die Behörde, 
um Ausschreitungen entgegen zu treten, die 
Gendarmerie der Umgegend zu requiriren. 
Eine bei der Händlerin Czernajewski vor 
genommene Haussuchung förderte ... ein 
Zicklein zu Tage, welches die Händlerin 
zn.m Osterbraten von hier nach Haus mit 
genommen hatte. 
Lüneburg, 29. April. Dem „Lüneb. 
Anz." zufolge ist der Leiter der Spreng 
stoffwerke zu Dömitz, Herr Dr. Nahn- 
sen, gestern Abend gestorben; ein schwerer 
Schlag für das aufblühende Unternehmen, 
dessen Seele der Verstorbene war. Zu der 
Verletzung, welche Dr. Nahnsen bei der 
vorletzten Explosion in seiner Fabrik er 
litten, ist Blutvergiftung hinzugetreten, wo 
durch der Tod herbeigeführt worden ist. 
Darmstadt, 30. April. Gestern er 
krankten nach dem Genuß von altem 
Kartoffelsalat zahlreicheSol- 
d a t e n des hiesigen 25. Feldartillerie- 
Regiments. Die Vergiftungs-Symptome 
machten sich durch Erbrechen, Diarrhoe und 
Geistesabwesenheit bemerkbar. 
Die am schwersten Erkrankten — über 30 
an der Zahl — wurden auf Stroh ge 
bettet und in offenem Wagen nach dem 
Lazareth gebracht. In der Stadt herrscht 
große Aufregung. Die Militärbehörde be 
nachrichtigte telegraphisch das Corpskom 
mando in Cassel, sowie den hiesigen Kreis 
arzt. Eine Untersuchung ist eingeleitet. 
Mannheim, 25. April. Kürzlich wurde 
der erst 16jährige Kaufmannslehrling Leon 
hard Bitsch, der bei der Speditionsfirma 
I. P. L a n z & So. in der Lehre stand, 
mit einem Geldbrief zur Post geschickt. 
Bitsch öffnete unterwegs den Brief, entnahm 
ihm einen Tausendmarkschein, sowie 95 M 
in Coupons, worauf er den übrigen In 
halt in ein anderes Couvert steckte und 
dieses mit dem absichtlich mitgenommenen 
Firmastempel versah, um dann erst den 
Brief zu expediren. Mit dem Gelde machte 
sich der Lehrling einige vergnügte Tage, 
ging dann flüchtig und wurde in Mühl 
hausen festgeuommen. 475 Mark hatte er 
noch im Besitz. 
In Abwesenheit der Eltern kam 
in der verschlossenen Wohnung eines Dach 
deckers in Metz am Mittwoch Abend Feuer 
aus. Als Nachbarn die Thür aufbrachen, 
war von den drei Kindern des Ehepaars 
das älteste, ein Knabe von 5 Jahren, 
bereits todt, die beiden anderen waren mit 
schweren Brandwunden bedeckt, der ganze 
Hausrath durch Feuer fast gänzlich zerstört. 
Wahrscheinlich hatten die Kinder mit 
Streichhölzern gespielt und dadurch den 
Ausbruch der Feuersbrunst veranlaßt. Auch 
das zweite Kind ist seinen Verletzungen 
erlegen. 
FricdrichSruh, 28. April. Heute traf 
hier eine Deputation bergischer Frauen 
und Jungfrauen aus Elberfeld, Barmen, 
Lennep, Remscheid rc. zur Huldigung des 
Fürsten Bismarck ein. Dieselbe überbrachte 
eine Stiftungsurknnde über ein für das 
wieder aufgerichtete Stammschloß der ber- 
gischen Fürsten zu Burg an der Wupper 
bestimmtes historisches Gemälde, das einen 
bedeutungsvollen Anblick aus dem geschicht 
lichen Wirken des Fürsten Bismarck dar 
stellen soll. Mit der Ausführung des 
Bildes ist der Maler Rocholl in Düssel 
dorf beauftragt. 
drovinzielles. 
Ncumünster, 29. April. Nachdem am 
zweiten Ostertage hier eine Versammlung 
von Bauhandwerkern und Vertretern von 
Baugewerks-Jnnungen aus Schleswig-Hol 
stein stattgefunden hatte zur Stellungnahme 
zur neuen „Bauordnung für die kleineren 
Städte und Flecken des Regierungsbezirkes 
Schleswig", ist heute hier im „Bahnhofs 
hotel" eine zweite derartige Versammlung 
abgehalten worden. Dort waren nach 
stehende Ortschaften durch Bauhandwerker 
und Jnnungsabgeordnete vertreten: Bred- 
stedt, Burg a. F., Barmstedt, Bramstedt, 
Elmshorn, Friedrichstadt, Glückstadt, Gar 
ding, Husum, Heide, Heiligenhafen, Haders 
leben, Itzehoe, Kellinghusen, Lütjenburg, 
Lauenburg, Meldorf, Marne, Oldenburg, 
Pinneberg, Plön, Rendsburg, Schles 
wig, Tönning, Neumünster. Bon der 
königlichen Regierung waren Bauinspektor 
Angelroth-Schleswig und Geheimer Medi 
zinalrath Professor Dr. Bockendahl-Kiel 
entsendet. Im Ganzen zählte die Ver 
sammlung reichlich 60 Personen. Gegen 
stand der Verhandlung waren die zahlrei 
chen Abänderungsvorschläge, welche eine 
Commission von 15 Personen, gewählt in 
der ersten Versammlung, entworfen hatte. 
Ueber diese gedruckt vorliegenden Abände 
rungs-Anträge zur Bauordnung, zu denen 
noch verschiedene Anträge ans der Ver 
sammlung kamen, wurde so eingehend ver 
handelt, daß die Verhandlungen über sechs 
Stunden dauerten. Auch die Vertreter 
der Königlichen Regierung betheiligten sich 
oft und eingehend an den Debatten in dem 
Sinne, daß sie die angegriffenen Bestim 
mungen der Bauordnung vertheidigten. Das 
Ergebniß der Verhandlungen war, daß 
fast alle Abänderungs-Borschläge der Com 
mission, sowie die gestellten Nebenanträge 
von der Versammlung angenommen wur 
den, meistens mit großer Mehrheit, zuwei 
len mit Einstimmigkeit. Nunmehr sollen 
diese Beschlüsse dem Regierungspräsidenten 
mit der Bitte eingereicht werden, die ge 
nannte Bauordnung entsprechend ändern 
zu wollen. Gleichzeitig werden unter Mit 
theilung aller dieser Beschlüsse die Ver 
tretungen der betheiligten Ortschaften auf 
gefordert werden, in gleichem Sinne sich 
an den Regierungspräsidenten zu wenden. 
All zuviel Hoffnung aber auf Gewährung 
der erbetenen Abänderungen scheint bei den 
Handwerkern nicht vorhanden zu sein 
Wird nichts erreicht, so wollen sie sich an 
höhere Instanzen wenden. 
Husum, 29. April. Ein unheim 
licher Brandstiftungsversuch 
ist hier in letzter Nacht an zwei Stellen 
an Häusern hinter der Süderstraße gemacht 
worden. Um etwa 1-/2 Uhr wurde d 
westlich von dem von der Allee auf den 
Münkeweg führenden Durchgang wohnende 
Maurer v. d. Brügge jun. durch Feuer- 
schein gewillt. Es brannte das hölzerne 
Giebelende des Hauses. Das Feuer hatte 
jedoch noch wenig um sich gegriffen und 
wurde schnell gelöscht. Schon gleich beim 
Hinaustreten hatte Brügge bemerkt, daß 
sich auch von einem benachbarten Gebäude 
ein Feuerschein verbreite, und man ent 
deckte, daß an einem Stallgebäude 
des Briefträgers Henkens auch Holztheile 
in Flammen standen; auch hier war das 
Feuer, das keine reichliche Nahrung fand, 
bald gelöscht. Man fand bei näherer 
Untersuchung, daß an erstgenanntem Hause 
die Holzwand mit Petroleum getränkt war 
und ein Bündel ebenfalls in Petroleum 
getränkte Putzbaumwolle an dieselbe gelegt 
war; bei letztgenanntem Gebäude fand sich 
ein in Petroleum getränktes Kindertuch 
und ein ebenso behandelter alter Kittel. 
Für die Feststellung des Thäters und das 
bei der Ausführung des Verbrechens leitend 
gewesene Motiv fehlt, laut dem „H. W.", 
jeder Anhalt. 
In Reinfcld riß das 3 f t Jahr alte 
Töchterchen eines Zimmermanns eine Kanne 
mit heißem Kaffee vom Tisch, wobei sich 
die siedende Flüssigkeit über sein Gesicht 
und seinen Oberkörper ergoß. Es war so 
entsetzlich verbrüht, daß es trotz ärztlicher 
Hülfe nach mehreren Stunden starb. 
Der Schaden, den der Windbruch am 
11. und 12. Februar im Rostorfer Gehölz 
bei Kellinghusen angerichtet hat, wird auf 
ca. 100,000 Mk. geschätzt. 
Hadersleben, 28. April. Der Landrath 
erließ folgende polizeiliche Verfügung: Wer 
einem dänischen Unterthanen 
Nachtnnterkommen giebt, soll schriftlich der 
Polizei Ankunft, Namen, Stand, Wohnort, 
den letzten Aufenthaltsort und die Abreise 
der betreffenden Person anzeigen. Eine 
Uebertretung wird mit Geldbuße bis zu 
30 JL oder mit Gefängniß bestraft. Die 
Verfügung tritt sofort in Kraft und ist 
nur im Amt Hadersleben gültig. 
# Bordesholm, 28. April. Die hiesigen 
Imker haben ihre Völker zum größten 
Theil in die Rappsaatblüthe nach der 
Propstei geschafft. Da derartige Trans 
porte mit viel Mühe und bedeutenden 
Kosten verknüpft sind, so ist zu wünschen, 
daß die Bienen dort recht reiche Erträge 
einheimsen. — Dem Herrn Lehrer Harder 
in Einfeld ist aus Anlaß seiner erfolgten 
Pensionirnng der Hohenzollern'sche Haus- 
orden Allerhöchst verliehen. — Der in 
der Nähe unseres Ortes an der Kieler 
Chaussee belegene „Nene Haidkrug" ist 
von seinem Besitzer, Herrn Rieper, an den 
Privatier, Herrn Kruse verpachtet. Der 
Antritt erfolgt sofort. — Die Mitglieder 
des Kreistages des Landkreises Kiel werden 
sich am 8. Mai im Bahnhosshotel zu 
Neumünster zu einer Sitzung versammeln. 
Es wird beabsichtigt, von der Erhebung 
einer Kreissteuer Abstand zu nehmen, da 
die Erträge aus den landwirthschaftlichen 
Zöllen jene Steuer decken können. — Das 
ausführende Komitee für die Schmalspur- 
bahn Neumünster-Kiel hat dieser Tage ein 
ausführliches Gutachten über das Bahn- 
Projekt erstattet, aus welchen wir Folgendes 
entnehmen: Die Länge der Bahn, welche 
von Neumünster über Brachenfeld, Tasdorf, 
Gr.- und Kl.-Harrie, Regen- u. Fiefharrie, 
Gr.-Büchwald, Brügge, Bissee, Schönhorst, 
Kl.-Barkau, Boksee, Schlürbeck, Moorsee 
und Meinersdorf nach Kiel geführt werden 
soll, beträgt 36,85 Kilometer. Der Kosten 
anschlag beziffert sich auf 895 000 Mk. 
oder für 1 Kilometer rund 24 300 Mk. 
Nach der aufgestellten Rentabilitätsrechnung 
werden die Einnahmen aus dem Vieh- und 
Güterverkehr 33 000 Mk., die Einnahmen 
aus dem Personenverkehr 60 000 Mk- 
betragen. Die Betriebskosten sind auş 
74 000 Mk. berechnet. 
Hoheiiwestedt, 27. April. Das gestern 
über unsere Gegend gehende Hagel- 
Wetter hat erheblichen Schaden gethan. 
Der Hagel ist in nordwestlicher Richtung 
zwischen hier und Remmels gefallen und 
sind auf dieser Strecke einige Roggenfelder 
total verhagelt, so daß z. B. ein Besitzer 
sein Roggenfeld wieder umpflügen will, 
ein anderer seinen Schaden auf ca. 1600 
Mark schätzt. Noch heute Mittag sah man 
Hagelstücke auf den Feldern liegen; die 
gegen Hagelschaden versicherten Besitzer be- 
eilen sich, ihren Schaden anzumelden. (H. C.i 
A Hohn, 30. April. Unsere Kirche wird 
demnächst eine zweite Glocke erhalten. Vor 
einigen Tagen war der Herr Organist 
Heinebuch hier anwesend, um die Tonhöhe 
der alten Glocke zu bestimmen, damit die 
neue so angefertigt werden kann, daß ein 
gutes Zusammenklingen erfolgt. 
/X Büdelsdorf, 1. Mai. Heute Vor 
mittag fiel verschiedenen Nachbarn des 
Herrn Gemeindevorstehers Tödt es auf, 
daß Rauch aus dem Scheunendache auf 
stieg. Nähere Nachforschungen ergaben, 
daß auf dem Boden der Scheune einige 
Soden Torf lebhaft glimmten, die sofort von 
dem Besitzer gelöscht wurden. Da das in 
dem Hause bedienstete 16jährige Mädchen 
eine Stunde vorher dort beschäftigt ge 
wesen war, richtete sich der Verdacht sofort 
auf dasselbe, daß sie die Brandstifterin ge 
wesen. Bei der Vernehmung leugnete sie 
hartnäckig, wurde indeß sofort aus dem 
Dienst entlassen und gestand erst Nach 
mittags bei einer Vernehmung durch einen 
Wachtmeister die That ein. 
D Büdelsdorf, 30. April. Die Vorbe 
reitungen zum II. Kreisfeuerwehrtage 
am 3. Juni sind in den letzten Tagen weit 
fortgeschritten. Als Festkoppel ist nunmehr 
die hinter dem Garten des Herrn Ehlers, 
Neu-Büdelsdorf belegene Koppel angenommen. 
Die hiesige freiwillige Feuerwehr üben fast 
jeden Abend. Bei dem am Festtage veran 
stalteten fingirten Feuer wird die freiwillige 
Feuerwehr in Duvenstedt helfend eingreifen 
und zu diesem Zwecke ein einmaliges Zu 
sammenüben mit der hiesigen Feuerwehr vor 
dem Festtage veranstalten. Die Betheiligung 
wird allem Anscheine nach eine recht große 
werden. Das Concert wird Nachmittags im 
Neuen Kruge abgehalten. Der Ball an drei 
verschiedenen Stellen. 
X. Rendsburg, 1. Mai. Der Vorsitzende, 
des hiesigen Fr emdenverkehr- Vereins 
Herr Schelenz, hat an die Kgl. Eisen - 
bahudirektion zu Altona Namens des Ver 
eins eine Petition des Inhalts gerichtet, 
daß für die Sommersaison an Sonntagen 
Abends, etwa um 10 Uhr, ein Extrazug 
(event, niit Anschluß an einen Zug in Neu 
münster) event, von Flensburg aus nach 
dem Süden eingelegt werde. Der Verein 
erhofft bei der vorzüglichen Lage Rends 
burgs für Besichtigung des Nordostsee- 
Kanals nach hier eine stärkere Frequenz 
an Vergnügungsreisenden an Sonntagen 
durch diese, schon früher bestandene Ein 
richtung, zu erzielen. 
-si Rendsburg, 1. Mai. Von der könig 
lichen Regierung zu Schleswig ist die Ent 
scheidung eingetroffen, daß gegen den neu 
gewählten Vorstand der Gegenseitigen 
Krankenkasse keine Einwendungen vorliegen. 
Derselbe könne das betreffende Amt sofort 
übernehmen. Solches ist denn auch bereits 
geschehen. 
X Rendsburg, 1. Mai. Die günstige 
Witterung des diesjährigen Frühjahrs scheint 
auch der Familie Reinecke sehr dienlich ge 
wesen zu sein; denn hiesige Jäger haben 
in der näheren Umgebung der Stadt be 
reits mehrere Fuchsbaue ausgegraben und 
in denselben eine gesegnete Nachkommen 
schaft vorgefunden. In den Bauen wurden 
auch verschiedene Ueberreste von jungen 
Lämmern, Enten und Junghasen vorge 
funden, welche Zeugniß von dem guten 
Appetit der Bewohner ablegten. Eine 
derartige Fuchsfamilie — selbstverständlich 
ohne die Eltern — ist nach dem Schützen 
heim gebracht worden und scheint sich die 
selbe auch in der Gefangenschaft ganz wohl 
zu befinden. 
X. Rendsburg, 1. Mai. Durch wesent 
liche Weglassung zweier Worte seitens des 
Setzers in einem gestrigen Referat ist das 
selbe sinnentstellend geworden. Es soll 
heißen: Wie wir vernehmen, hat Herr 
Herrn. Frehse Hierselbst eine Licenz des 
Patents der Firma Benz u. Co. in Mann 
heim über Wagen erworben, welche 
mittelst Petroleummotors (ohne Pferde) 
gefahren werden. 
Vermischtes. 
Triumph. In einer kleinen Stadt hat 
sich eine Bude mit allerlei Sehenswürdig 
keiten etabliert. In großen Buchstaben 
prangt die Anzeige: „Um 12 Uhr Fütterung 
der Menschenfresser." Wie erstaunen aber 
die Besucher, als sie die "Menschenfresser" 
ganz solide Kartoffeln verzehren sehn! ■— 
Auf die Frage eines erstaunten Besuchers 
erwiderte der „Direktor": „Aber meine 
Herrschaften, das ist ja der Triumph meiner 
Dressur, die Kerle zu — Vegetarianern 
gemacht zu haben!" 
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