nicht bewältigen. Sie expedirt täglich
einen Personenzug und zwei Güterzüge in
jeder Richtung; daneben wird noch einsehr
erheblicher Theil des Verkehrs wie früher
auf Kameelrücken vermittelt. Es heißt,
die Linie soll bis Nablus und Gaza ver
längert werden. In der nächsten Um
gebung Jerusalems wachsen die Neubauten
förmlich aus dem Boden, die Stadt sprengt
nach allen Seiten ihren bisherigen Gürtel;
am raschesten dehnt sie sich nach Westen
aus, wo in den letzten paar Jahren eine
große Vorstadt entstanden ist. Jedes er
hältliche Grundstück wird von Privat-Per-
sonen oder von Missionen und anderen
Wohlthätigkeitsgesellschaften aufgekauft, und
das neue Quartier trägt schon den Namen
des „modernen Jerusalem". Um die Ver
sorgung des Jerusalemer Marktes mit den
Getreide-, Obst- und Heerdenerzeugnissen
des Moabiter Landes zu erleichtern, wird
jetzt die Erbauung eines Schleppdampfers
auf dem Todten Meere geplant, welcher
die mit obengedachten Erzeugnissen beladenen
Frachtkähne in wenigen Stunden quer über
den See schleppen wird, während jetzt zu
ihrer Beförderung nach Jerusalem auf dem
Karawanenwege um den See herum vier
bis fünf Tage vergehen. Die einleitenden
Schritte für dieses Unternehmen sind be
reits getroffen.
Folgende „Traueranzeige" findet man
in einem Ncwyorkcr Blatte. „Der Kom
ponist Bronson gibt sich die Ehre, seinen
Freunden und Gönnern bekannt zu geben,
daß es dem Herrn gefallen hat, Miß Iah
Brouson zu sich zu nehmen. Der von dem
tiefgebeugten Vater aus diesem Anlaß kom-
ponirte Trauermarsch ist im Berlage von
Brook & Comp, zum Preise von 5 Dol
lars 'für Streichmusik und von 2 Dollars
im Klavierarrangement erschienen und wird
bei dem Begräbnisse, welches morgen,
11 Uhr, stattfindet, zum ersten Male auf
geführt werden!"
England.
London, 29. April. Die Polizei nahm
gestern früh in der Wohnung Henry van
Dierck's, des Druckers und Verlegers des
deutschen anarchistischen Blattes „Der
Lumpenproletarier" eine Haussuchung vor,
beschlagnahmte mehrere Exemplare und
durchsuchte die übrigen Räume des Hauses.
London, 30. April. Vor einigen Tagen,
am Abend, empfing der Stativ ns-Vor
steher in Preesgwene, zwischen Shreß-
burg und Chester eine Kiste, in welcher
sich ein Säugling befand, daneben ein
Zettel, in welchem der Stationsvorsteher
gebeten, das. Kind zu adoptiren. Dem
Stationsvorsteher behagte aber die Gabe
nicht und er übergab die Kiste und Kind
einem Weichensteller. Letzterer fand
nun zu Hause noch in der Kiste 200 Lstr.
(4000 Mark), worauf er erklärte, daß er
das Kind behalten wolle. Als der Stations-
Vorsteher aber von dem Gelde erfuhr,
verlangte er dieses und das Kind zurück.
Der Weichensteller weigert sich jedoch, diesem
Wunsche nachzukommen und nun soll ein
Richter entscheiden, wem Kind und Geld
gehören. — Alles um das liebe Geld!
Englische Blätter erzählen, daß ein ita
lienischer Kofferfabrikant in London von
einer indischen Prinzessin auf deren Dam-
pfer entführt worden sei, und zwar gegen
seinen Willen, da die Prinzessin schon —
50 Jahre alt ist. Auf der Fahrt nach
Indien wurde der Dampfer von einem
Sturme überrascht und mußte die Hülfe
eines englischen Dampfers in Anspruch
nehmen. Der „Entführte" benutzte dies,
seiner Prinzessin zu entweichen und sich
unter den Schutz des englischen Kapitäns
zu begeben. Nun ist er wieder in London
angelangt und hat gegen die Prinzessin
die Klage wegen „Entführung" eingereicht.
Oesterreich.
Budapest, 29. April. Auf den Buda
pest-Wiener Eilzug wurde gestern Nachts
im Zentralbahnhof ein Revolverschuß ab
gefeuert. Die Kugel drang in einen Wag
gon, in dessen unmittelbarer Nähe das
vom Erzherzog Josef besetzte Coupe
sich befand, durchlöcherte das Fenster und
bohrte sich oberhalb des Sitzplatzes eines
Ministerialbeamten ein. Niemand wurde
verletzt. Die Gerüchte, es liege ein Atten
tat vor, sind absolut nicht begründet.
Wien, 30. April. In zwei von den
Wiener Bauarbeitern gestern ab
gehaltenen Versammlungen, die beide ruhig
verliefen, wurde beschlossen, heute in den
Streik einzutreten. Die Bauarbeiter,
deren Zahl auf 30000 geschätzt wird, ver
langen eine Verkürzung der Arbeitszeit um
eine Stunde, ferner Aufhebung der Akkord
arbeit, sowie Einführung einer einheitlichen
Arbeitsordnung. Die Zimmerleute lehnten
es ab, einen Streik ins Werk zu setzen,
da ein solcher z. Z. inopportun sei.
Wien, 30. April. Bis jetzt streiken noch
9000 Tischlergehülfen, 113 Meister
bewilligten deren Forderungen, die übrigen
verharren auf ihrem ablehnenden Standpunkte
500 Streikende reisten heute nach der Provinz.
Frankreich.
Paris, 30. April. Während die Ge
schworenen sich zur Berathung zurückgezogen
hatten, rauchte der Anarchist Henry mit
aller Gemüthsruhe eine Cigarette und unter
hielt sich mit seinem Vertheidiger. Dem
Gerichtsschreiber erklärte er, er möge sich
alle Mühe ersparen, ihn zum Unterzeichnen
seiner Berufung zu veranlassen. Nach Be
endigung der Sitzung wurden ihm Sträf
lingskleider und eine Zwangsjacke angelegt.
Geleitet von vier mit Revolvern bewaffne
ten Stadtgardisten ging es im Zellenwagen
im Trab zum Gefängnisse La Roquette,
wo er in die Mörderzelle internirt wurde.
Henry's Mutter, die vergeblich versucht
hatte, ihren Sohn während der Verhand
lung zu sehen, fiel, als ihr das Urtheil
mitgetheilt wurde, in eine tiefe Ohnmacht.
Abends kehrte die arme Frau, deren Schmerz
ihre Umgebung zu Thränen rührte, nach
ihrem Wohnort Brevannes zurück.
Spanien.
Barcelona, 30. April. Wie verlau
tet, hat in der gestern hier abgehaltenen
Sitzung des Kriegsgerichts der Regierungs-
commissar die Todesstrafe gegen 10 an
dem Attentat gegen den Marschall Martinez
Campos bethciligte Anarchisten beantragt.
Cadix, 30. April. Unter den Eisen
bahn arbeitern Andalusiens macht sich
eine große Erregung bemerkbar. Man glaubt,
daß ein allgemeiner Streik bevorsteht.
Inland.
Schlitz, 29. April. Bei der heutigen
Tafelmusik wurde ein von demKaiser
komponirtes und von dem königlichen
Musikdirektor Kluß für Orchester arrangirtes
Lied vorgetragen.
Berlin, 29. April. Ein Artikel der
„Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" gegen
Schraut's Vorschläge in der Währungs
frage hat den Zorn der Bimetal listen
erregt, sie forschen nach dem Verfasser,
und in einem deutlich als Einschüchterungs
versuch erkennbaren Artikel beschwert sich
die „Kreuzzeitung" drohenden Tones über
„amtliche Durchstechereien" mit Anhängern
der Goldwährung und über angebliche
Indiskretionen in Verwerthung des
thatsächlich streng geheimgehaltenen Mate
rials der Enquete. Darauf bezieht sich
die offiziöse Erklärung der heutigen „Nord
deutschen": Die Annahme, daß von Seiten
des Reichsschatzamtes oder einzelner Beam
ten amtliches oder sonst vertrauliches Ma
terial zu Gunsten der Goldwährungspartei
in der Presse verwerthet worden sei, ent
behre jeder thatsächlichen Begründung. —
Die letzte Nummer der sozialdemokratischen
Neuen Welt", die als Sonntagsbeilage
des „Vorwärts" erscheint, ist konfiszirt
worden.
— Wie man dem „B. T." mittheilt,
ist den deutschen Fried ensv ereinen
von Seiten einer Dame aus Bayern eine
Erbschaft von 50000 Mk. zugefallen, die
von dem Friedensbureau in Zürich, das
bereits Corporationsrechte besitzt, verwaltet
werden soll.
— Ahlwardt, der seit einiger Zeit still
war, redet jetzt wieder. Er ist in Forst
in der Lausitz aufgetreten und hat... na
türlich wieder neue „E n t h ü l l u n g e n"
angekündigt. Er will durch Enthüllungen
über Vorgänge bei der Rentengüterbildung
jeder Konkurrenz die Spitze bieten und
dem deutschen Volke eine Geschichte erzählen,
gegen die die Judenflinten eine Kleinigkeit
war. Er hat auch wieder „Aktenstücke",
alle echt und amtlich gestempelt. Herz,
was willst Du noch mehr!
— Ein heißer Streit ist zwischen
den „Münchener Neuesten Nachr." und der
„Franks. Ztg." entbrannt. Immer —
bildreicher wird die Sprache der Kämpfen
den. Neulich, nachdem die Gegner finsteren
Auges ihre Größe gemessen, warf die
„Franks. Ztg." den „N. N." den Größen
wahn eines Kalbes vor, das sich einbildet
ein Kampfstier zu sein. Darauf ertheilen
die „N. N." jetzt die Antwort: Es hat
wohl kein vernünftiger Mensch etwas da
gegen einzuwenden, daß sich die „Franks.
Ztg." selbst in die denkbar höchste Horn
vieh-Klasse eingeschätzt hat." Diese Blätter
die in eine solche Tonart verfallen, nennen
sich Weltblätter.
— Ein peinlicher Auftritt
spielte sich, wie Berliner Blätter be
richten, jüngst gegen nenn Uhr nahe der
Centralmarkthalle ab. Daselbst ging ein
alter Herr mit seiner Tochter des Weges,
als die Dame von einem jungen Menschen
in frivoler Weise angesprochen wurde. Der
Vater wies ihn in ruhiger Weise zurecht,
der junge Mann aber, anstatt sich zu ent
schuldigen, stieß den alten Herrn vor die
Brust, so daß derselbe auf das Trottoir
hinstürzte und hierbei eine klaffende Wunde
am Hinterkopf davontrug. Einige Zeugen
dieser Scene trugen den Bewußtlosen zu
nächst an einen Straßenbrunnen, wo sie ihn
vom Blut säuberten; gleichzeitig aber kehrte
sich die Erregung der Menge gegen den
Schuldigen. Einige handfeste Schlachter
gesellen nahmen ihn in Empfang und
züchtigten ihn für seine Brutalität der Art,
daß er die Ankunft einiger Schutzleute,
welche herbeigeholt worden waren, als eine
Erlösung betrachtete. Der alte Herr und
seine Tochter fuhren in einer Droschke nach
der nächsten Sanitätswache; der Frevler
aber wurde als verhaftet erklärt. Er wird
hoffentlich einer exemplarischen Strafe nicht
entgehen, da der Gerichtshof derartige
Exzesse regelmäßig mit aller Strenge zu
ahnden Pflegt.
Eine Genickstarre-Epidemie ist in
Schivelbein ausgebrochen. Vor einigen
Tagen trat der erste Fall in der Familie
eines Viehhändlers auf; rasch verbreitete
sich die Krankheit, und gegen 30 jugend
liche Personen liegen gegenwärtig an der
selben darnieder. Auch vom Lande werden
mehrere Erkrankungsfälle gemeldet. Unter
Vorsitz des dort eingetroffenen Regierungs-
Medizinalraths ist eine ärztliche Kommission
in Thätigkeit. Todesfälle wurden noch
nicht festgestellt. Die Bürgerschule ist ge
schlossen worden.
Die antisemitische Hetz agitation hat
dieser Tage, wie der „Oberschl. Anz." be
richtet, in Oswiecim bei Königshütte einen
Exceß gethätigt. Durch ein Gerücht, wo
nach die jüdische Händlerin Czernajewski
in Oswiecim von Königshütte ein kleines
Kind zu Ritualzwecken nach dort ge
bracht hätte, entstand in Oswiecim eine
größere Aufregung Hunderte von Land
leuten sammelten sich vor den Häusern der
dortigen Juden, und mußte die Behörde,
um Ausschreitungen entgegen zu treten, die
Gendarmerie der Umgegend zu requiriren.
Eine bei der Händlerin Czernajewski vor
genommene Haussuchung förderte ... ein
Zicklein zu Tage, welches die Händlerin
zn.m Osterbraten von hier nach Haus mit
genommen hatte.
Lüneburg, 29. April. Dem „Lüneb.
Anz." zufolge ist der Leiter der Spreng
stoffwerke zu Dömitz, Herr Dr. Nahn-
sen, gestern Abend gestorben; ein schwerer
Schlag für das aufblühende Unternehmen,
dessen Seele der Verstorbene war. Zu der
Verletzung, welche Dr. Nahnsen bei der
vorletzten Explosion in seiner Fabrik er
litten, ist Blutvergiftung hinzugetreten, wo
durch der Tod herbeigeführt worden ist.
Darmstadt, 30. April. Gestern er
krankten nach dem Genuß von altem
Kartoffelsalat zahlreicheSol-
d a t e n des hiesigen 25. Feldartillerie-
Regiments. Die Vergiftungs-Symptome
machten sich durch Erbrechen, Diarrhoe und
Geistesabwesenheit bemerkbar.
Die am schwersten Erkrankten — über 30
an der Zahl — wurden auf Stroh ge
bettet und in offenem Wagen nach dem
Lazareth gebracht. In der Stadt herrscht
große Aufregung. Die Militärbehörde be
nachrichtigte telegraphisch das Corpskom
mando in Cassel, sowie den hiesigen Kreis
arzt. Eine Untersuchung ist eingeleitet.
Mannheim, 25. April. Kürzlich wurde
der erst 16jährige Kaufmannslehrling Leon
hard Bitsch, der bei der Speditionsfirma
I. P. L a n z & So. in der Lehre stand,
mit einem Geldbrief zur Post geschickt.
Bitsch öffnete unterwegs den Brief, entnahm
ihm einen Tausendmarkschein, sowie 95 M
in Coupons, worauf er den übrigen In
halt in ein anderes Couvert steckte und
dieses mit dem absichtlich mitgenommenen
Firmastempel versah, um dann erst den
Brief zu expediren. Mit dem Gelde machte
sich der Lehrling einige vergnügte Tage,
ging dann flüchtig und wurde in Mühl
hausen festgeuommen. 475 Mark hatte er
noch im Besitz.
In Abwesenheit der Eltern kam
in der verschlossenen Wohnung eines Dach
deckers in Metz am Mittwoch Abend Feuer
aus. Als Nachbarn die Thür aufbrachen,
war von den drei Kindern des Ehepaars
das älteste, ein Knabe von 5 Jahren,
bereits todt, die beiden anderen waren mit
schweren Brandwunden bedeckt, der ganze
Hausrath durch Feuer fast gänzlich zerstört.
Wahrscheinlich hatten die Kinder mit
Streichhölzern gespielt und dadurch den
Ausbruch der Feuersbrunst veranlaßt. Auch
das zweite Kind ist seinen Verletzungen
erlegen.
FricdrichSruh, 28. April. Heute traf
hier eine Deputation bergischer Frauen
und Jungfrauen aus Elberfeld, Barmen,
Lennep, Remscheid rc. zur Huldigung des
Fürsten Bismarck ein. Dieselbe überbrachte
eine Stiftungsurknnde über ein für das
wieder aufgerichtete Stammschloß der ber-
gischen Fürsten zu Burg an der Wupper
bestimmtes historisches Gemälde, das einen
bedeutungsvollen Anblick aus dem geschicht
lichen Wirken des Fürsten Bismarck dar
stellen soll. Mit der Ausführung des
Bildes ist der Maler Rocholl in Düssel
dorf beauftragt.
drovinzielles.
Ncumünster, 29. April. Nachdem am
zweiten Ostertage hier eine Versammlung
von Bauhandwerkern und Vertretern von
Baugewerks-Jnnungen aus Schleswig-Hol
stein stattgefunden hatte zur Stellungnahme
zur neuen „Bauordnung für die kleineren
Städte und Flecken des Regierungsbezirkes
Schleswig", ist heute hier im „Bahnhofs
hotel" eine zweite derartige Versammlung
abgehalten worden. Dort waren nach
stehende Ortschaften durch Bauhandwerker
und Jnnungsabgeordnete vertreten: Bred-
stedt, Burg a. F., Barmstedt, Bramstedt,
Elmshorn, Friedrichstadt, Glückstadt, Gar
ding, Husum, Heide, Heiligenhafen, Haders
leben, Itzehoe, Kellinghusen, Lütjenburg,
Lauenburg, Meldorf, Marne, Oldenburg,
Pinneberg, Plön, Rendsburg, Schles
wig, Tönning, Neumünster. Bon der
königlichen Regierung waren Bauinspektor
Angelroth-Schleswig und Geheimer Medi
zinalrath Professor Dr. Bockendahl-Kiel
entsendet. Im Ganzen zählte die Ver
sammlung reichlich 60 Personen. Gegen
stand der Verhandlung waren die zahlrei
chen Abänderungsvorschläge, welche eine
Commission von 15 Personen, gewählt in
der ersten Versammlung, entworfen hatte.
Ueber diese gedruckt vorliegenden Abände
rungs-Anträge zur Bauordnung, zu denen
noch verschiedene Anträge ans der Ver
sammlung kamen, wurde so eingehend ver
handelt, daß die Verhandlungen über sechs
Stunden dauerten. Auch die Vertreter
der Königlichen Regierung betheiligten sich
oft und eingehend an den Debatten in dem
Sinne, daß sie die angegriffenen Bestim
mungen der Bauordnung vertheidigten. Das
Ergebniß der Verhandlungen war, daß
fast alle Abänderungs-Borschläge der Com
mission, sowie die gestellten Nebenanträge
von der Versammlung angenommen wur
den, meistens mit großer Mehrheit, zuwei
len mit Einstimmigkeit. Nunmehr sollen
diese Beschlüsse dem Regierungspräsidenten
mit der Bitte eingereicht werden, die ge
nannte Bauordnung entsprechend ändern
zu wollen. Gleichzeitig werden unter Mit
theilung aller dieser Beschlüsse die Ver
tretungen der betheiligten Ortschaften auf
gefordert werden, in gleichem Sinne sich
an den Regierungspräsidenten zu wenden.
All zuviel Hoffnung aber auf Gewährung
der erbetenen Abänderungen scheint bei den
Handwerkern nicht vorhanden zu sein
Wird nichts erreicht, so wollen sie sich an
höhere Instanzen wenden.
Husum, 29. April. Ein unheim
licher Brandstiftungsversuch
ist hier in letzter Nacht an zwei Stellen
an Häusern hinter der Süderstraße gemacht
worden. Um etwa 1-/2 Uhr wurde d
westlich von dem von der Allee auf den
Münkeweg führenden Durchgang wohnende
Maurer v. d. Brügge jun. durch Feuer-
schein gewillt. Es brannte das hölzerne
Giebelende des Hauses. Das Feuer hatte
jedoch noch wenig um sich gegriffen und
wurde schnell gelöscht. Schon gleich beim
Hinaustreten hatte Brügge bemerkt, daß
sich auch von einem benachbarten Gebäude
ein Feuerschein verbreite, und man ent
deckte, daß an einem Stallgebäude
des Briefträgers Henkens auch Holztheile
in Flammen standen; auch hier war das
Feuer, das keine reichliche Nahrung fand,
bald gelöscht. Man fand bei näherer
Untersuchung, daß an erstgenanntem Hause
die Holzwand mit Petroleum getränkt war
und ein Bündel ebenfalls in Petroleum
getränkte Putzbaumwolle an dieselbe gelegt
war; bei letztgenanntem Gebäude fand sich
ein in Petroleum getränktes Kindertuch
und ein ebenso behandelter alter Kittel.
Für die Feststellung des Thäters und das
bei der Ausführung des Verbrechens leitend
gewesene Motiv fehlt, laut dem „H. W.",
jeder Anhalt.
In Reinfcld riß das 3 f t Jahr alte
Töchterchen eines Zimmermanns eine Kanne
mit heißem Kaffee vom Tisch, wobei sich
die siedende Flüssigkeit über sein Gesicht
und seinen Oberkörper ergoß. Es war so
entsetzlich verbrüht, daß es trotz ärztlicher
Hülfe nach mehreren Stunden starb.
Der Schaden, den der Windbruch am
11. und 12. Februar im Rostorfer Gehölz
bei Kellinghusen angerichtet hat, wird auf
ca. 100,000 Mk. geschätzt.
Hadersleben, 28. April. Der Landrath
erließ folgende polizeiliche Verfügung: Wer
einem dänischen Unterthanen
Nachtnnterkommen giebt, soll schriftlich der
Polizei Ankunft, Namen, Stand, Wohnort,
den letzten Aufenthaltsort und die Abreise
der betreffenden Person anzeigen. Eine
Uebertretung wird mit Geldbuße bis zu
30 JL oder mit Gefängniß bestraft. Die
Verfügung tritt sofort in Kraft und ist
nur im Amt Hadersleben gültig.
# Bordesholm, 28. April. Die hiesigen
Imker haben ihre Völker zum größten
Theil in die Rappsaatblüthe nach der
Propstei geschafft. Da derartige Trans
porte mit viel Mühe und bedeutenden
Kosten verknüpft sind, so ist zu wünschen,
daß die Bienen dort recht reiche Erträge
einheimsen. — Dem Herrn Lehrer Harder
in Einfeld ist aus Anlaß seiner erfolgten
Pensionirnng der Hohenzollern'sche Haus-
orden Allerhöchst verliehen. — Der in
der Nähe unseres Ortes an der Kieler
Chaussee belegene „Nene Haidkrug" ist
von seinem Besitzer, Herrn Rieper, an den
Privatier, Herrn Kruse verpachtet. Der
Antritt erfolgt sofort. — Die Mitglieder
des Kreistages des Landkreises Kiel werden
sich am 8. Mai im Bahnhosshotel zu
Neumünster zu einer Sitzung versammeln.
Es wird beabsichtigt, von der Erhebung
einer Kreissteuer Abstand zu nehmen, da
die Erträge aus den landwirthschaftlichen
Zöllen jene Steuer decken können. — Das
ausführende Komitee für die Schmalspur-
bahn Neumünster-Kiel hat dieser Tage ein
ausführliches Gutachten über das Bahn-
Projekt erstattet, aus welchen wir Folgendes
entnehmen: Die Länge der Bahn, welche
von Neumünster über Brachenfeld, Tasdorf,
Gr.- und Kl.-Harrie, Regen- u. Fiefharrie,
Gr.-Büchwald, Brügge, Bissee, Schönhorst,
Kl.-Barkau, Boksee, Schlürbeck, Moorsee
und Meinersdorf nach Kiel geführt werden
soll, beträgt 36,85 Kilometer. Der Kosten
anschlag beziffert sich auf 895 000 Mk.
oder für 1 Kilometer rund 24 300 Mk.
Nach der aufgestellten Rentabilitätsrechnung
werden die Einnahmen aus dem Vieh- und
Güterverkehr 33 000 Mk., die Einnahmen
aus dem Personenverkehr 60 000 Mk-
betragen. Die Betriebskosten sind auş
74 000 Mk. berechnet.
Hoheiiwestedt, 27. April. Das gestern
über unsere Gegend gehende Hagel-
Wetter hat erheblichen Schaden gethan.
Der Hagel ist in nordwestlicher Richtung
zwischen hier und Remmels gefallen und
sind auf dieser Strecke einige Roggenfelder
total verhagelt, so daß z. B. ein Besitzer
sein Roggenfeld wieder umpflügen will,
ein anderer seinen Schaden auf ca. 1600
Mark schätzt. Noch heute Mittag sah man
Hagelstücke auf den Feldern liegen; die
gegen Hagelschaden versicherten Besitzer be-
eilen sich, ihren Schaden anzumelden. (H. C.i
A Hohn, 30. April. Unsere Kirche wird
demnächst eine zweite Glocke erhalten. Vor
einigen Tagen war der Herr Organist
Heinebuch hier anwesend, um die Tonhöhe
der alten Glocke zu bestimmen, damit die
neue so angefertigt werden kann, daß ein
gutes Zusammenklingen erfolgt.
/X Büdelsdorf, 1. Mai. Heute Vor
mittag fiel verschiedenen Nachbarn des
Herrn Gemeindevorstehers Tödt es auf,
daß Rauch aus dem Scheunendache auf
stieg. Nähere Nachforschungen ergaben,
daß auf dem Boden der Scheune einige
Soden Torf lebhaft glimmten, die sofort von
dem Besitzer gelöscht wurden. Da das in
dem Hause bedienstete 16jährige Mädchen
eine Stunde vorher dort beschäftigt ge
wesen war, richtete sich der Verdacht sofort
auf dasselbe, daß sie die Brandstifterin ge
wesen. Bei der Vernehmung leugnete sie
hartnäckig, wurde indeß sofort aus dem
Dienst entlassen und gestand erst Nach
mittags bei einer Vernehmung durch einen
Wachtmeister die That ein.
D Büdelsdorf, 30. April. Die Vorbe
reitungen zum II. Kreisfeuerwehrtage
am 3. Juni sind in den letzten Tagen weit
fortgeschritten. Als Festkoppel ist nunmehr
die hinter dem Garten des Herrn Ehlers,
Neu-Büdelsdorf belegene Koppel angenommen.
Die hiesige freiwillige Feuerwehr üben fast
jeden Abend. Bei dem am Festtage veran
stalteten fingirten Feuer wird die freiwillige
Feuerwehr in Duvenstedt helfend eingreifen
und zu diesem Zwecke ein einmaliges Zu
sammenüben mit der hiesigen Feuerwehr vor
dem Festtage veranstalten. Die Betheiligung
wird allem Anscheine nach eine recht große
werden. Das Concert wird Nachmittags im
Neuen Kruge abgehalten. Der Ball an drei
verschiedenen Stellen.
X. Rendsburg, 1. Mai. Der Vorsitzende,
des hiesigen Fr emdenverkehr- Vereins
Herr Schelenz, hat an die Kgl. Eisen -
bahudirektion zu Altona Namens des Ver
eins eine Petition des Inhalts gerichtet,
daß für die Sommersaison an Sonntagen
Abends, etwa um 10 Uhr, ein Extrazug
(event, niit Anschluß an einen Zug in Neu
münster) event, von Flensburg aus nach
dem Süden eingelegt werde. Der Verein
erhofft bei der vorzüglichen Lage Rends
burgs für Besichtigung des Nordostsee-
Kanals nach hier eine stärkere Frequenz
an Vergnügungsreisenden an Sonntagen
durch diese, schon früher bestandene Ein
richtung, zu erzielen.
-si Rendsburg, 1. Mai. Von der könig
lichen Regierung zu Schleswig ist die Ent
scheidung eingetroffen, daß gegen den neu
gewählten Vorstand der Gegenseitigen
Krankenkasse keine Einwendungen vorliegen.
Derselbe könne das betreffende Amt sofort
übernehmen. Solches ist denn auch bereits
geschehen.
X Rendsburg, 1. Mai. Die günstige
Witterung des diesjährigen Frühjahrs scheint
auch der Familie Reinecke sehr dienlich ge
wesen zu sein; denn hiesige Jäger haben
in der näheren Umgebung der Stadt be
reits mehrere Fuchsbaue ausgegraben und
in denselben eine gesegnete Nachkommen
schaft vorgefunden. In den Bauen wurden
auch verschiedene Ueberreste von jungen
Lämmern, Enten und Junghasen vorge
funden, welche Zeugniß von dem guten
Appetit der Bewohner ablegten. Eine
derartige Fuchsfamilie — selbstverständlich
ohne die Eltern — ist nach dem Schützen
heim gebracht worden und scheint sich die
selbe auch in der Gefangenschaft ganz wohl
zu befinden.
X. Rendsburg, 1. Mai. Durch wesent
liche Weglassung zweier Worte seitens des
Setzers in einem gestrigen Referat ist das
selbe sinnentstellend geworden. Es soll
heißen: Wie wir vernehmen, hat Herr
Herrn. Frehse Hierselbst eine Licenz des
Patents der Firma Benz u. Co. in Mann
heim über Wagen erworben, welche
mittelst Petroleummotors (ohne Pferde)
gefahren werden.
Vermischtes.
Triumph. In einer kleinen Stadt hat
sich eine Bude mit allerlei Sehenswürdig
keiten etabliert. In großen Buchstaben
prangt die Anzeige: „Um 12 Uhr Fütterung
der Menschenfresser." Wie erstaunen aber
die Besucher, als sie die "Menschenfresser"
ganz solide Kartoffeln verzehren sehn! ■—
Auf die Frage eines erstaunten Besuchers
erwiderte der „Direktor": „Aber meine
Herrschaften, das ist ja der Triumph meiner
Dressur, die Kerle zu — Vegetarianern
gemacht zu haben!"
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