vi« vom Sultan von Johore. Miniatur-
bild in Goldrahmen von der Prinzessin
Alexandra.
— Eine für das Töpfergewerbe
höchst wichtige Konstatirung ist durch die
Vorstandschaft des chemischen Laboratoriums
des baierischen Gewerbemuseums erfolgt.
Es hat sich nämlich nach eingehenden Stu
dien und Arbeiten im Laboratorium er
geben, daß die bei den irdenen Geschirren
von jeher leider vorkommende Angreifbarkeit
der Bleiglasur durch verdünnte Essigsäure
vermieden wird, wenn man den Quarzsand
der Glasurmischung durch Infusorienerde
ersetzt.
— Die russische Presse klagt
darüber, daß das russische Getreide auch
nach dem Handelsvertrag auf dem deutschen
Markt nicht konkurrenzfähig geworden
sei. Die Warschauer „Gazetta Handlowa"
erklärt dies mit Recht einfach daraus, daß
wegen der niedrigen Getreidepreise des
Auslandes keine günstige Exportkonjunktur
besteht und daß daher von Nachfragen
nach dortigem Getreide vom Auslande her
keine Rede sein kann. Zum Beweise hier
für wird angeführt, daß der Weizen in
Warschau 5—5 '/ 4 Rubel kostet, in Danzig
dagegen nur 4% Rubel, und daß Roggen
in Warschau 3>/, Rubel kostet, in Danzig
3,47 Rubel (unverzollt). Die ausländischen
Weizenpreise sind mithin niedriger, die
Roggenpreise aber so unbedeutend höher
als die Warschauer, daß durch die Diffe
renz die Transportkosten nicht gedeckt werden.
Die bei Gelegenheit der Verhandlungen
im Reichstage über den deutsch-russischen
Handelsvertrag vom Regierungstische aus
gemachten Ausführungen über die Preis
verhältnisse des Getreides diesseits und
jenseits der russischen Grenze sind hiernach
auch für die Gegenwart noch giltig und
zutreffend.
— Ein Tag des Schreckens war
der jüngste Freitag für unsere jungen
Juristen im Kammergericht. Vier Kan
didaten waren vorgeladen zum Referendar-
Examen. Zwei derselben aber sandten
eine schriftliche Absage ein, der Dritte er
klärte auch noch an der Schwelle des
glatten Parketts seinen Rücktritt und der
Vierte, auf den allein sich nun die Kraft
der Examinanden richtete, — fiel durch.
— ZurWarnung möge folgender Fall
mitgetheilt sein: Ein Herr, der für sein
10 Jahre altes Kind ein „Kinderbillet"
gelöst hatte und dem Eisenbahnschaffner
während der Fahrt angegeben hatte, sein
Kind sei noch nicht 10 Jahre alt, wurde
wegen Betrugsversuchs zu 20 Mk. Geld
strafe oder 5 Tagen Gefängniß verurthcilt.
Graudcnz, 21. April. Eine kosten
lose Gebietserweiterung steht,
wie der „Gesellige" berichtet, dem preußi
schen Staate bevor. Die Drewenz, welche
die Grenzscheide zwischen Rußland und dem
Kreise Briesen bildet, hat sich in der Nähe
des preußischen Gutes Josephat während
des Hochwassers im Jahre 1888 auf einer
Strecke von 500 Metern ein neues Fluß
bett gesucht und hierdurch ungefähr 4 Hektar
Wiesen von Rußland abgeschnitten. Dieser
abgetrennte Theil wurde bald ein bevor
zugter Schlupfwinkel der Schmuggler und
Diebe, so daß die betheiligten Regierungen
zur Steuerung der hervortretenden Unzu
träglichkeiten eine Neuregelung der Grenz
verhältnisse eingeleitet haben. Die für
diesen Zweck ernannten beiderseitigen Kom
missare sind vorbehaltlich höherer Geneh
migung dahin übereingekommen, daß das
fragliche Stück Land ohne Entschädigung
an Preußen abgetreten werden soll, indessen
im Privatbesitze des Gutsbesitzers Cisowski
auf Tomkowd in Rußland verbleibt.
Graudcuz, 22. April. Ueber den Quel
lenfinder Graf Wrschowetz Sekera
von Sedczicz, der auf Veranlassung der
königlichen Eisenbahnbehörde seit einigen
Tagen in Graudenz weilt, um nach Quellen
zu suchen, die den dortigen Bahnhof, mit
Trinkwasser versorgen sollen, schreibt der
„Ges.": Der Graf entstammt einer schle
sischen Adelsfamilie und ist in Penker bei
Langenau in der Grafschaft Glatz begütert
und ansässig. Der jetzt 38jährige Mann,
eine hohe schlanke Gestalt mit gebräuntem,
von einem dunklen Vollbarte umrahmten
Gesicht, hat bis jetzt mehr als 3000 Quel
len für Private, Magistrate und königliche
Behörden in fast allen Theilen der Welt
gesucht und mit Ausnahme von nur 12
Fällen auch gefunden. Zu seinen For-
stehenden Ereigniß ein Paar Glacehandschuh
getauft und angezogen.
Der Wunsch der Mutter war zwar gewesen,
daß er statt dessen ein Paar wollene kaufen
sollte, die er dann nachdem auch für „alle
Tage" anziehen könne, aber Fritz hatte wie
immer, so auch in dieser Handschuhfrage,
seine Meinung zu Beschluß erhoben und
durchgeführt.
So lange er schwieg und man die äußere
Erscheinung als Symbol seines Charakters
ansah, konnte man ihm Anmuth und Würde
nicht ganz absprechen, aber so bald er zu
reden anfing, änderte sich zu seinem Schaden
die Situation.
Albern und läppisch im Auftreten war
er ein Dcutschvcrderber ersten Ranges, der
mit dem Dativ und Accusativ auf beständigem
Kriegsfuße stand.
(Fortsetzung folgt.)
schungen benutzt er die Kraft der Elektrizi
tät. Seine Untersuchungen auf das Vor
handensein von Wasser nimmt Graf W.
nicht ohne vorhergegangene genaue Studien
des Bodens des in Betracht kommenden
Ortes und seiner Umgebung vor. Ein
gehende Kenntniß der geologischen Beschaff
fenheit von ganz Europa und der Besitz
von zum Theil von ihm selbst entworfenen
Karten erleichtern ihm seine Arbeit. Nach
genauer Untersuchung des Geländes trifft
Graf W. seine Vorbereitungen. Er be
festigt auf bloßem Leibe Platinaketten, an
welchen sich besondere Elemente in Pla
tinakugeln befinden. Das eine Ende der
Kette wird längs des rechten Armes ge
führt und überragt, einige Male um den
Zeigefinger geschlungen, die Hand um etwa
'/2 Meter. Am Ende der am Handgelenk
durch einen Ring gehaltenen Kette befindet
sich ebenfalls eine Kugel. Der rechte Fuß
erhält eine Platinaplatte, welche mit der
Kette verbunden ist. In der linken Hand
trägt Graf W. bei seiner Untersuchung
außer einem Magneten seine in einem
Holzgehäuse befindliche Taschenuhr. Das
Gelände wird nun an der vermuthlich wasser
haltigen Stelle abgeschritten. Geräth Graf
W. dabei in die Nähe einer Wasserader,
so tritt die am Kettenende befindliche
Kugel in Thätigkeit, verfolgt den Lauf bis zur
ergiebigsten Stelle und giebt hierdurch nicht
allein den Lauf der Wasserader, sondern
auch deren Tiefe an. Auch in der Grau-
denzer Gegend hat der „schlesische Wasser
graf", wie er im Volksmunde heißt,
Wasseradern festgestellt, deren Vorhanden
sein die nächste Zukunft wird bestätigen
müssen. In der Nähe von Station Got
tersfeld hat er bei einer Tiefe von nur
42 Meter ausgezeichnetes Wasser gefunden.
Hanau, 20. April. In Betreff des
Boykotts der hiesigen Apotheken
seitens der freien Hilfskassen ist zu berich
ten, daß laut Bekanntmachung der Vor
stände der Kassen an die Mitglieder vom
23. April ab sämmtliche, dem freien Ver
kehr übergebenen Heilmittel auf Kosten der
Kassen bei einem namhaft gemachten Dro-
guisten dahier zu entnehmen sind, und zwar
werden diese Heilmittel auf besonderen Re
zeptformularen verordnet.
Hannover, 17. April. Schon wieder
steht uns, wie der „Wes.-Ztg." von hier
geschrieben wird, ein skandalöser Sen
sationsprozeß bevor. Vor einigen
Tagen ist die Voruntersuchung gegen an
nähernd achtzig Personen geschlossen,
und die Erhebung der Anklage seitens der
Staatsanwaltschaft steht bevor. Die be
treffenden Personen haben sich darin wegen
nicht anzudeutender Strafthaten zu verant
worten. Die Sache soll dadurch an den
Tag gekommen sein, daß einige der jugend
lichen Opfer der Anzuklagenden erkrankten.
Bei einer Kesselexplosion in der Schulze
schen Brennerei in Hannover sind am
Freitag zwei Kupferschmiede verunglückt.
Sie sollten an dem Rektifikationsapparat
eine Ausbesserung vornehmen, als plötzlich
der Deckel des Apparats mit furchtbarem
Krachen losgerissen und gegen die Decke
geschleudert wurde, sämmtliche Fensterschei
ben wurden zersplittert, der Inhalt des
Apparats, der etwa zu einem Viertel ge
füllt war, lohte in mächtiger Flamme zur
Decke auf. Die beiden Kupferschmiede
wurden dabei schrecklich verbrannt und
mußten sogleich in das Krankenhaus über
führt werden.
Von kundiger Seite wird den Blättern
in Göttingen mitgetheilt, daß in diesen
Tagen eine außerordentlich große Gruppe
von Flecken auf der Sonne zu sehen ist.
Merkwürdig ist die auffallende Analogie,
die das Wetter und die Luftströmungen
dieses Jahres mit denen des vor. Jahres
zeigen. Am 18. März vor. Js. fand ein
intensiver Schneefall statt, der die ganze
norddeutsche Tiefebene überschüttete. Da
rauf folgte wolkenloser Himmel und eine
noch nie dagewesene Trockenperiode von 46
Tagen. Dieses Jahr fanden die Schnee
fälle am 16. und 17. März statt, und es
ist seit dieser Zeit bis in die letzten Tage
stets trockenes Wetter gewesen. Schon der
verstorbene Astronom Klinkerfues sagte für
die Jahre 1893—1896 eine ungeheure
Trockenheit für Europa voraus und
leitete das von der Fleckenthätigkeit der
Sonne ab, in deren Maximum wir uns
jetzt befinden.
Bochum, 17.April. UmzweiPfennig !
Der Fabrikarbeiter Peter H ö l z aus Hattingen
weigerte sich, das Brückengeld für den
Uebergang über die Ruhrbrücke bei Witten
zu zahlen. Als der Brückeuwärter auf
Zahlung der zwei Pfennig bestand, feuerte
Hölz zwei Schüsfe aus einem Revolver auf
ihn ab. Schwergetroffen sank der Beamte
nieder und genas erst nach langer Krankheit.
Heute erhielt der Thäter vor dem hiesigen
Schwurgericht 5 Jahre Zuchthaus.
Dortmund, 18. April. Der sozial
demokratische Agitator F r i tz B u n t e hat
während seiner dreizehnmaligen Haft in
der Strafanstalt zu Münster das Strumpf
stricken und verwandte Fächer erlernt und
zwar anscheinend mit bestem Erfolge. Bunte
hat sich nämlich eine Strickmaschine zuge
legt und empfiehlt sich nun als Strumpf-
stricker u. s. w. mit besonderer Betonung
des Titels „staatlich ausgebildeter Strumpf
wirker."
Kreuznach, 19. April. Ein frecher
U^e b e r f a l l wurde gestern Abend auf
den Zahntechniker K. Hierselbst ver
übt. Demselben wurden, als er seine ver
schlossene Hausthüre, an die verschiedene
Male laut angeklopft wurde, öffnete, mehrere
M e s s e r st i ch e von einem Unbekannten
beigebracht. Der Attentäter verschwand
spurlos in der Dunkelheit. K. mußte so
fort in ärztliche Behandlung genommen
werden.
In St. Goar gerieth am 16. ds. ein
mit 17,000 Centnern Stückgut für den
Oberrhein beladener Dreimaster auf der
Werbelay auf Grund. Ein Schrauben
dampfer versuchte das Schiff flott zu ma-
chen; hierbei wurde dem festsitzenden Drei
master der Schiffsboden auseinander ge
rissen, sodaß er sofort sank und das Fahr
wasser versperrt. Im Auftrage einer hol
ländischen Schisfsversicheruttgsgesellschaft
wird sofort ein Taucher mit den Arbeiten
zur Hebung des Schiffes beginnen.
Frankfurt a. M., 20. April. Der vor
mehreren Jahren unter Hinterlassung großer
Schulden geflüchtete „Bankier" Sch wahn
ist nach hier vorliegenden Mittheilungen
in Kapstadt ermittelt und dort bereits den
deutschen Behörden übergeben worden. —
Ein Wirth, der den Hauptgewinn der hie
sigen Pferdelotterie gewann, hatte den Be
trag des „versilberten" Viergespanns in
Banknoten in einem Eisschrank aufbewahrt.
Beim Umzug hatte er sie herauszunehmen
vergessen und sie geriethen unter die Papier
abfälle, die den Flammen übergeben wer
den sollten. Erst in der letzten Minute
konnte die Verbrennung verhindert und die
Banknoten im Betrag van ca. 5000 Mk.
gerettet werden.
Worms, 18. April. Wie in der „W.
Ztg." berichtet wird, hat der Lederindustrielle
Frhr. Hehl von Hernsheim, Mitglied des
Reichstages, anläßlich der Vermählung des
Großherzogs 100 000 Mark zu einem
Arbeiterheim in der Nähe der Stadt
gestiftet.
Ein hochgeborener Lokomotiv-
Führer ist dieser Tage in Rosenheim
(Bayern) gestorben und zwar, wie die „M.
N. N." melden, in der Person des Herrn
Adolf Freyschlag von Freyenstein. Der
Verstorbene war ein Bruder des ehemaligen
General-Adjutanten des Bayrischen Prinz-
Regenten Ignaz Freiherr Freyschlag von
Freyenstein.
Augsburg, 16. April. Der Komtorist
B. erwachte gestern Nacht plötzlich, spürte
einen stechenden Schmerz am Schienbein
und bemerkte, daß er über und über mit
Blut bedeckt war. Drr Geänstigte machte
Lärm, worauf mehrere Hausinwohner ge
waltsam in das Zimmer eindrangen und
Licht machten. Hierbei ergab sich, daß
B. sich während eines lebhaften Trau
mes ein Messer, das auf dem Nacht
tischchen lag, in die Wade gestoßen hatte.
Der lebhafte Träumer hat sich nach den
„A. N. N." erheblich verwundet und mußte
ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Chemnitz, 18. April. Unschuldig
ver urtheilt wurde am 8. Jan. d. I.
der wegen Betrugs angeklagte frühere
Gastwirth Hähnel aus Neukirchen. Dem
selben wurde damals eine Gefängnißstrafe
von 8 Monaten auferlegt, von der er
bereits einen Theil verbüßt hat. Durch
Auffindung eines früher abhanden gekom
menen Briefes war cs neuerdings dem
Vertheidiger Hähnel's, Rechtsanwalt Dr.
Enzmann möglich, die Wiederaufnahme des
Verfahrens und die Freisprechung Hähnel's
durchzusetzen.
Lübeck, 16. April. Die Verhältnisse
wegen des polizeilichen Verbots des Pas-
sirens der mit einer Straßenbahn bedach-
ten Holstenstraße mit Kinderwagen
haben sich soweit zugespitzt, daß Anwohner
der Holstenstraße, um ihre Kinder an die
frische Luft führen zu können, durch In
serate „sichere Luftschiffer mit starkem
Luftballon für die Kinderbeförderung"
suchen, denn ein Gesuch, die Anwohner
der Holstenstraße von dem Verbot des
Passirens mit Kinderwagen zu entbinden,
ist vom Polizeiamte abschlägig beschieden
worden. Die meisten Anwohner wollen
gerichtliche Entscheidung beantragen und
in den der „Bürgerschaft" nahe stehenden
Kreisen ist eine Anregung gegeben, durch
eine besonders zu beantragende Sitzung der
Bürgerschaft eine schleunige Aenderung der
aller freien Entwicklung des Verkehrs
spottenden Verordnung zu bewerkstelligen.
Hamburg, 31. April. Es wird eine
erhebliche Reduktion des Hamburgischen
Z 0 l l b e a m t e n - P e r s 0 n a l s beab
sichtigt, wohl in Folge des russischen Han
delsvertrages. Demnächst werden Sach
verständige, beauftragt vom Reichsschatzamt,
hier eintreffen, um die Angelegenheit zu
prüfen. Hamburg hat gegenwärtig 1869
Zollbeamte.
ff- Hamburg, 22. April. Die auf Grund
lage des socialdemokratischen Prinzips s. Zt.
gegründete hiesige „Volks-Bierbrauerei" hat
in Liquidation eintreten müssen, also ihr
absehbares Ende erreicht. Recht traurige
Bilder haben sich bei den gerichtlichen
Eintreibungen der Genossenschaftsbeiträge
entrollt. Die Antheilscheiue à 50 Mk.
waren in den meisten Fällen nur mit
kleinen Anzahlungen gezeichnet. Allein 130
gerichtliche Zahlungsbefehle wurden erlassen;
21 Genossenschafter haben rechtzeitig, d. h.
innerhalb zwei Wochen Widerspruch erhoben.
Sie wurden später vom Gericht verurthcilt
ihre Antheilscheine voll zu bezahlen. Bei
den hierauf folgenden Pfändungen haben
sich 35 Zwangsvollstreckungen als unfruchtbar
erwiesen. Außerdem wurde bei dem früheren
Geschäftsführer Henry Meyer, dem eigent-
lichenTodtengräberder„Volks-Bierbrauerei"
wegen 134 Mk. Gerichtskosten der Hausstand
gepfändet. Als dieser vom Gerichts
vollzieheramt zur öffentlichen Auction
gelangte, wurde nur ein Erlös von 93 Mk.
60 Pf. erzielt. Ein bekannter social
demokratischer Agitator, der Stuccateur
Julius Sittenfeld, der seine Zahlungs-
pflichten der Genossenschaft gegenüber absolut
nicht erfüllen wollte und auch nicht konnte,
wurde schließlich, als die Pfänduug nutzlos
verlaufen war, zum Offenbarungseid
getrieben. S. weigerte sich, diesen Eid zu
leisten, weshalb er am letzten Weihnachts
abend inhaftirt wurde. Nach den Feier
tagen wurde der Offenbarungseid geleistet.
Bei 101 Genossenschaftern haben die
Wohnungen mit Hülfe des polizeilichen
Meldebureaus ermittelt werden müssen;
trotzdem haben von 101 Gesuchten nur
80 gefunden werden können. Aus einem
gerichtlichen Erkenntniß in Sachen Henry
Meyer soll u. A. hervorgehen, daß der
Genannte seiner Vertrauensstellung nicht
gerecht geworden sei. Es wurde einstimmig
beschlossen, den Staatsanwalt zur straf
rechtlichen Verfolgung Henry Meyer's
aufzufordern.
Provinzielles.
Nach einer Elmshorner Mittheilung der
„Alt. Nachr." ist Gewerbeschuldirektor
Lange in Lübeck als freisinniger Kandidat
in Aussicht genommen.
Graf Moltke, dessen Wahl vom Reichs
tage kassirt worden ist, hat in dieser Wahl
periode am 13. Juli für die Erhöhung
der Friedenspräsenzstärke gestimmt. Graf
Moltke stimmte am 13. Dezember für den
rumänischen Handelsvertrag. Bei der
namentlichen Abstimmung über die neue
Kreuzerfregatte „Ersatz Leipzig" fehlte Graf
Moltke ohne Entschuldigung. Graf Moltke
stimmte am 10. März gegen Art. 1 des
russischen Handelsvertrages. Am 13. Mürz
stimmte Graf Moltke für den Antrag, den
Roggenzoll von 3,50 Mk. auf 5 Mk. zu
erhöhen, um dadurch den russischen Handels
vertrag zu Fall zu bringen. Bei der Ab
stimmung über den Antrag Graf Kanitz
(Einführung des Getreidemouopols) wird
Graf Molkte als beurlaubt bezeichnet.
? Kiel, 21. April. Die Stadtkollegien
beschlossen in ihrer gestrigen Sitzung, den
Antrag ans Umwandlung der Kieler Pferde
bahn in eine elektrische Straßenbahn
an eine Kommission zu verweisen. Der
Antrag des Rennvereins der Radfahrer
Kiels um Ueberlassung eines 17 000 Q m
großen Platzes der Moorwiese zu einer
Rennbahn am Südende der Stadt, wurde von
den Kollegien genehmigt, ebenfalls der Bau
einer neuen Brücke am Seegarten, sowie
Verlängerung der beiden Dampferbrücken
am Fischerleger, welche zusammen auf
35 000 Mark Kosten veranschlagt sind.
Das Ersuchen der Handelskammer um Er
richtung der Verwaltungs - Gebäude der
Kaiserlichen Kanal - Kommission auf der
Südseite des Kanals, findet Unterstützung
seitens der Kollegien. Die übrigen Punkte
der Tagesordnung boten kein allgemeines
Interesse. — Gestern Abend 8,20 Uhr
kehrte das aus 1 Offizier und 58 Mann
bestehende Soldaten-Detachement, welches
Anfang Januar nach Kamerun entsandt war,
zwecks Unterdrückung des dortigen Auf
standes, wieder nach Kiel zurück. Am
Bahnhof hatten sich zahlreiche Offiziere und
Kameraden der heimkehrenden Mannschaften
eingefunden und empfingen diese mit lautem
Hurrah. Der Hauptmann der 1. Komp,
des Kaiserlichen Seebataillons, v. Kühler,
bewillkommnete dann die Mannschaften in
kurzer Ansprache und unter klingendem
Spiel ging es dann im geschlossenen Zuge
in die Kaserne. Die Menschenmenge,
welche dem Zuge zuschaute resp. sich am
Bahnhof postirt hatte, zählte nach Tausenden.
Für das niedersächsische Sängerfest wur
den 5000 Mk. seitens der Stadt Schleswig
zur Garantiesumme gezeichnet, die nunmehr
18,000 Mk. beträgt.
# Bon der Eider, 22. April. Dem
Vernehnien nach ist Herr Dr. Scharn-
berger in Breden bek von einem be
kannten Professor nach Berlin berufen
worden, wo er vor einer Aerzteversammlung
über einen Knochen- (Arm-) bruch be
richten soll, den er an sich selbst ohne
Anlegung eines Gipsverbandes
geheilt hat. Ueber eine derartige, von
einem Laien (Nichtmediziner) voll
zogene Heilung eines Ober-Armbruches be
richtet der vor Kurzem auch in Rends-
burg bekannt gewordene Oberst a. D. Spohr
aus Gießen in der Zeitschrift „Der Natur
arzt", 1891, Seite 241, wörtlich: „Der
berühmte Historiker Prof. W. Oncken in
Gießen stürzte in diesem Winter (1890/91)
bei Glatteis so unglücklich, daß er am
rechten Arm einen sogenannten eingekeilten
Bruch im Halse des Oberarinknochens er
litt. Daß er bis zur Ankunft chirurgischer
Hilfe temperirte Umschläge auf die sogleich
stark anschwellende Schulter anzuwenden
hatte, war ihm ebenso bekannt, wie daß'
auch nach erfolgter Anschwellung von dem
Anlegen jedes Gypsverbandes aus den in
meinem Schriftchen („Die Behandlung von
Wunden nach den Grundsätzen der Natur
heilkunde" von Oberst a. D. Spohr, Berlin,
bei Jßleib, Preis 1 Mk.) Abstand zu
zu nehmen sei. Als daher nach Abschwellen
der Bruchstellen und genauer Feststellung
der übrigens ebenso erfahrene, wie vor-
urtheilsfreie Professor der Chirurgie einen
Gipsverband vorschlug mit dem Hinzufügen,
daß dann völlige Heilung binnen 8 Wochen
in Aussicht steht, während bei Nichtanwen
dung des Gipsverbandes die Heilung län-
ger dauern werde, entschied sich Professor
Oncken dennoch gegen den Gipsverband.
Er wurde demgemäß mit einem einfachen
Schlingenverband (Anbandirung an den
Brustkorb) und unter demselben wieder mit
stark ausgerungenen Umschlägen von 18° R.,
welche nach dem Trocknen gewechselt wur
den, behandelt. Die Folge war eine völlige
Heilung des Oberarmbruchs binnen vier
Wochen, also in der Hälfte der beim Gips-
verbande vorgesehenen Zeit. Einige Wochen
nachfolgender Massage stellten auch die
völlige Beweglichkeit des Schultergelenks
wieder her.
Î2 Friedrichstadt, 22. April. Gestern
wurde der verhaftete vormalige Bankdirektor
Hashage von hier nach Flensburg über
führt. — In der verflossenen Woche hat
unser Landtagsabgeordneter, Herr Amts
gerichtsrath Jürgensen-Husum die Ange
legenheit des hiesigen Brückenbaues im
Abgeordnetenhause zur Sprache gebracht
und dabei über den schleppenden Fortgang
dieses Bauesstnd über die Anlage desselben Be
schwerde geführt. Seitens des Herrn
Regierungspräsidenten in Schleswig hat
eine von hier in derselben Angelegenheit
entsandte Deputation ablehnenden Bescheid
auf die Namens der Stadt vorgetragenen
Wünsche und Anträge erhalten. Nunmehr
soll laut Beschluß unserer Stadtvertretung
der Herr Präsident um Vornahme einer
Lokalbesichtigung ersucht werden.
ff- Südliches Schleswig, 21. April.
Auf der immer am Tage nach Himmel
fahrt, in diesem Jahre also am 4. Mai,
in Eckernsörde stattfindenden Kreislehrer
versammlung werden folgende Vorträge ge
halten werden: 1. Wie macht der Lehrer
den Geschichtsunterricht interessant? (Res.
Lehrer Möller aus Ehlersdorf.) 2. Die !
Aufgabe der Schule inbezug auf das prak
tische Leben. (Lehrer Landahl aus Holtsee.)
3. Der übliche Geschichtsunterricht auf der
Unterstufe. (Lehrer Haß aus Sehestedt.)
Alle drei Vortragende sind Mitglieder der
B ovenau-Sehestedter Lehrerkonferenz. — Der
für das Gettorfer Diakonat gewählte Pastor
Wittern wurde am verflossenen Sonntag
durch Propst Holm aus Hütten in sein
Amt eingeführt.
V Duvenstedt, 22. April. Von unserer
Dorfstraße, die sich früher in einem ziem
lich schlechten Zustande befand, ist jetzt ein
größeres Stück neu gepflastert, und gefällt
die neue Straße so gut, daß man plant,
den Ausbau derselben noch weiter fortzu
setzen. Wie wir vernehmen, soll auch in
dem benachbarten Ahlefeld eine bessere
Straße geschaffen werden.
O Kreis Rendsburg, 22. April. Die
Frühjahrssaat ist infolge der schönen milden
Witterung, mit der der Frühling sich ein
führte, bereits sehr weit gefördert. Jetzt
fehlt auch die nöthige Feuchtigkeit, sodaß
die eingebrachte Saat vorzüglich keimen
kann. Der Roggen steht an den meisten
Stellen gut und ist schon sehr weit ent
wickelt. Auch die Weiden erhalten bei dem
Regen ein gutes Aussehen. Hoffentlich
wird die Witterung weiterhin sich gleich
falls günstig gestalten, und kann alsdann
das Jahr so gut werden, daß der Ausfall
vom verflossenen Jahre mehr als ausge
glichen wird.
-n Jevenstedt, 20. April. Die dies
jährige Versammlung des Rendsburger
Kreis-Lehrervereins soll am Freitag
vor Pfingsten — 11. Mai — in Möller's
Gasthof Hierselbst stattfinden. Dieselbe
wird um 10 Uhr Vormittags eröffnet
werden. Auf der Tagesordnung stehen
folgende Vorträge: 1. Synthetik oder
Analytik? Referent: Lehrer em. H orns-
Jevenstedt. 2. Sauere Wochen, frohe Feste!
Referent: Lehrer Wittmaack-Westerrön-
feld. 3. Wie ist in der Volksschule am
zweckmäßigsten die Grammatik zu betreiben?
Referent: Lehrer Schlüter-Schülp b. N.
Außerdem sollen verschiedene geschäftliche
Angelegenheiten erledigt werden und die
Mitglieder des Pestalozzivereins zu einer
besonderen Versammlung ^zusammentreten.
Sämmtliche Lehrer und Lehrerinnen des
Kreises, sowie auch Schulfreunde, werden
vom Vorstande gebeten, rechtzeitig und
zahlreich zu der Versammlung zu er
scheinen.
X. Rendsburg, 23. April. Der hiesige
Verschönerungs-Verein, welcher in diesem
Jahre auf eine fünfzigjährige Thätigkeit
zurückblicken kann, hat im Laufe der Zeit
sehr viel zur Verschönerung der Stadt
durch Anpflanzungen, Schaffung von Alleen,
Gehölzen rc. beigetragen und auch dafür
einstimmige Anerkennung gefunden. Nun
mehr steht nach Vollendung des Nord-Ost'
see-Kanals und der dadurch geschaffenen
'naturgemäßen Veränderung dem Verein ein