Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

um zur Hebung ihrer Grundrente beizu 
steuern. Man vergleiche mit den oben als 
Mindestpreisen angegebenen, vom Staate 
zu garantirenden Beträgen den jetzigen 
Preisstand für Weizen (14,30), Roggen 
(12,20) und Hafer (13,20 Mark), um zu 
erkennen, was die Begehrlichkeit der hohen 
Herren vom Bunde dem deutschen Bürger 
stände heutzutage zu bieten wagt. 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Kairo, 4. April. Die Mutter des 
Vicekönigs A b b a s Pascha soll sich in 
diesem Sommer nach Konstantinopel be 
geben, angeblich um den Plan zur Ver 
mählung des Khedive mit einer Tochter 
des Sultans zur Reife zu bringen. 
Newyork, 10. April. Fünf Räuber 
machten gestern bei Oklahoma einen ver 
wegenen Versuch, einen Eilzug der Rock 
Island Eisenbahn zu berauben. Zwei der 
Räuber sprangen auf die Lokomotive und 
hielten dem Lokomotivführer und Heizer 
ihre Revolver vor. Sobald der Schaffner 
des Expreßwagens (in dem die Werthsachen 
liegen, die Gefahr bemerkte, schoß er einen 
der beiden Räuber nieder und dann kam 
es zu einem regelrechten Kugelgefecht mit 
den vier übrigen. Die Personenwagen 
wurden von Kugeln durchlöchert. Schließ- 
lich wurde ein weiterer Räuber verwundet 
und ein anderer gefangen genommen. Die 
übrigen zwei entkamen, doch setzt ihnen der 
Sheriff mit seinen Leuten nach 
Frankreich. 
Professor Berthelot in Paris hat bei 
einem Festmahl der chemischen Gesellschaft 
-ine Tischrede zum Besten gegeben, in der 
er die Frage: Wie wird die Welt im 
Jahre 2000 aussehen? beantwortete. Wie 
man der „Voss, 3tg." mittheilt, malt sich 
im Kopf des phantasiebegabten Chemikers 
das Zukunftsbild folgendermaßen: Die 
Chemie hat solche Fortschritte gemacht, 
daß sie alle Kohlenwasserstoff- und alle 
Stickstoffverbindungen herstellt, die jetzt nur 
im Laboratorium der Natur, im Pflanzen- 
und Thierleib bereitet werden; da man 
Eiweiß, Stärke, Fett und Zucker fabrik 
mäßig erzeugt, so ist die Magenfrage ge 
löst; es giebt so viel Nahrung, wie man 
uur irgend will, und sie kostet so viel wie 
nichts, da der Rohstoff Wasser, atmo- 
sphärische Luft und Kohlensäure sind, die 
man überall in einer unerschöpflichen Menge 
zur Verfügung hat. Aber die Kraft, 
um diese chemischen Arbeiten zu liefern? 
Nichts einfacher als das. Man treibt 
Schächte zum Erdinnern. Schon in einer 
Tiefe von 4000 Meter erreicht man den 
flüssigen Kern und hat an ihm eine uner 
schöpfliche Wärmequelle. Das Hinuntergel 
leitete Wasser verdampft, giebt die Kraft 
zum Betrieb aller Maschinen der Welt 
und kehrt zugleich als ein ideales, weil 
absolut keimfreies Getränk an die Ober 
fläche zurück. Die Erde wird nicht mehr 
zu schnöden Nutzzwecken dienen. Also keine 
langweiligen Aecker und Wiesen, keine eben 
mäßigen Furchen und Gräben, kein 
schmieriger Dünger, nur noch Wald, Blumen, 
Au, malerischer Park und idyllische Wild 
nis;. Selbst Straßen brauchen die ur 
sprüngliche Natur nicht zu verschönern. 
Man wird nur noch durch die Lust segeln 
und das Fahrzeug durch die aufs Höchste 
vervollkommneten Sprengstoffe treiben lassen. 
Grausamer, herabwürdigender Thiermord 
wird nicht mehr geübt werden, denn Niemand 
wird Thierleichen essen wollen, da er die 
verdaulichste und angenehmste Nahrung in 
Gestalt eines Täfelchens Eiweis oder 
Stärkemehl in jedem Laden findet. So 
träumt der Chemiker die Zukunft. Andere 
Leute können sich aber etwas Schöneres 
denken, als die endgültige Ersetzung des 
Für die klebrigen schlug nun nach der 
ersten Freude des Wiedersehens gleichfalls 
die Stunde der Trennung. Steinbach und 
die Frauen mußten nach Deutschland zurück 
kehren und Kurt rief die Pflicht wieder zu 
seinem Trnppentheil, da die kriegerischen 
Verwickelungen noch immer nicht zu Ende 
waren und cs noch manchen Kampf für die 
deutschen Krieger zu bestehen gab. Aber 
man trennte sich in der Hoffnung ans baldiges 
Wiedersehen. 
* 
Durch Deutschlands Gauen ertönten wieder 
die lieblichen Schalmeien des Friedens nach 
so heißem Kampfe; die tapferen Vaterlands 
vertheidiger kehrten zurück zum heimathlichen 
Heerde, in die Arme der Lieben und große 
Freude über den gelungenen Sieg und die 
frohe Rückkehr belebte die Herzen neu, die 
bis dahin von bangen Hoffnungen erfüllt, 
unter dem Banne der schweren Ereignisse 
den Tag des Friedens herbeigesehnt. 
Bereits einige Wochen später fand in 
aller Stille auf Tannenburg die Vermahlung 
Kurts von Rosenhagen mit seiner Cousine 
statt. Es hatten sich hier zwei Herzen ge 
sunden, die die wahre Liebe vereinte, die 
selbst im Unglück sich bewahrt und , durch 
herbe Schicksalsschläge geläutert worden und 
als sie am Hochzeitstage allein in dem trau 
lichen Gemache saßen, konnten sie es noch 
immer nicht fassen, daß nun wirklich alles 
Leid zu Ende und das Glück bei ihnen ein 
gekehrt sei. 
Ende! 
Bratens durch Chemikalien. Auch giebt es 
noch Leute, die da glauben, daß Zusich 
nähme chemischer Salze niemals diejenige 
Ernährung ersetzen kann, welche die peri- 
staltische Darmthätigkeit beansprucht. 
Monaco. 
Eine reiche Engländerin, Miß Clyt- 
ton, welche in voriger Woche in Monte 
Carlo eine halbe Million verloren 
hatte sprang in der Nacht zum Sonnabend 
in Viareggio von der Brücke der Bade- 
anstalt „Neptun" ins Meer. Sie wurde 
als Leiche aufgefischt, in den Taschen ihrer 
Kleider fand man noch 35 Centesimi, in 
ihrem Hotelzimmer weder Geld noch Klei- 
dungsstücke. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 12. April. Im hiesigen 
„Kreditverein für Handwerk und Industrie" 
sind Unterschlagungen im Betrage von 
200,000 Kr. entdeckt worden, die der vor 
einigen Tagen verstorbene Buchhalter 
Schmidt begangen hat. Die Direktion 
hatte schon vor sieben Jahren seine Be 
trügereien entdeckt, beließ ihn aber trotzdem 
in seiner Stellung, weil er versprach, den 
Verlust zu ersetzen. Dies that er auch 
augenscheinlich, allein jetzt, nach seinem 
Tode, hat man entdeckt, daß alle seine 
Rechnungen gefälscht waren. 
England. 
London, 9. April. Die Anarchisten- 
suche hat Veranlassung zu manchen 
drolligen Auftritten gegeben, 
während die Schutzmannschaften und De 
tektivs in verschiedenen Stadttheilen uner 
wartete Hausdurchsuchungen anstellten. Da 
hat vor einiger Zeit ein ältlicher Franzose, 
ein Graf, in einer der von Oxfordstreet 
auslaufenden und hauptsächlich von Aus 
ländern bewohnten Straßen sein Quartier 
aufgeschlagen. Der größere Theil seines 
Gepäckes bestand aus Flaschen und Chemi 
kalien, und im Hause machte sich unter 
den Bewohnern große Unruhe bemerklich, 
als scharfe Gerüche alle Zimmer des Hauses 
heimsuchten. Gewiß, der geheimnißvolle 
Fremdling war ein Anarchist und fabrizirte 
Bomben. Scotland Iard wurde' benach 
richtigt und um ein Uhr Nachts wurde 
der Graf von einem Sergeanten der Ge 
heimpolizei aus dem Schlaf geweckt. Der 
alte Mann nahm den nächtlichen Be 
such mit der größten Gemüthsruhe, um 
nicht zu sagen, mit Humor auf. Der Be 
amte schien jedoch die Sache ernster zu 
nehmen, denn das Zimmer zeigte überall 
Spuren von chemischen Experimenten. Am 
meisten fiel jedoch dem Sergeanten eine 
große Wanne auf. Sie — die Wanne — 
war mit einer trüben, übel riechenden 
Flüssigkeit gefüllt. Mit der größten Sorg 
falt machte sich der Beamte daran, den 
Inhalt des Gefäßes zu untersuchen und 
entdeckte darin nichts Gefährlicheres als 
— ein großes Stück Rindfleisch, ein Hühn 
chen und einen Lachs, welche, wie der Alte 
erklärte, seit mehr als einem Monat in 
der Flüssigkeit lagen. Diese war von dem 
Franzosen gemischt worden und besaß die 
Eigenschaft, todte Körper zu präserviren. 
Diese Erfindung war das Eigenthum des 
Grafen der nach England gekommen war, 
um einen Käufer dafür zu finden. 
London, 16. April. Der bekannte italie 
nische Anarchist Francesco Polti wurde 
vorgestern Abend in der Farringdon Street 
(City) verhaftet. Er trug eine Bombe bei 
sich. In seiner Wohnung sollen Chemi 
kalien und anarchistische Schriftstücke vor 
gefunden sein. Polti war der Freund des 
bei dem Bomben-Attentat in Greenwich am 
15. Februar umgekommenen Anarchisten 
Burdin. 
Italien. 
Rom, 15. April. Heute Vormittag 
wurde in der Basilika des Vatikans die 
feierliche Seligsprechung Johann Davila 
Diego's von Cadix vollzogen. Der Feier 
lichkeit, welche über 2 Stunden dauerte, 
wohnten 7000 spanische Pilger und 20 
spanische Bischöfe, der spanische Botschafter 
mit dem Personal der Botschaft und Tau 
sende von Zuschauern bei. Am Nachmittag 
begab sich der Papst in die Peterskirche, 
um vor dem Altare, der zu Ehren Davila's 
errichtet ist, ein Gebet zu sprechen. Am 
Sonnabend wohnten die spanischen Pilger 
und 30000 andere Personen in der Peters 
kirche dem Gebet des Papstes vor dem 
Bilde Davila's bei. Dem Papst wurde 
lebhaft acclamirt. Der spanische Botschafter 
drückte der italienischen Regierung die Be 
friedigung Spaniens über die getroffenen 
Maßnahmen und die Haltung der Be 
völkerung den Pilgern gegenüber aus. 
Rufilrrnd. 
Petersburg, 11. April. In dem Flecken 
Galizewka (Kreis Shitomir) hat zwischen 
einem Lehrer und einem I u r i st e n, 
ein ganz absonderliches Duell 
stattgefunden. Die Gegner, von denen 
jeder seinen Sekundanten mitgebracht hatte, 
hieben nämlich mit dicken Peitschen 
auf einander los. Dem Lehrer gelang es 
mit dem ersten Peitschenhiebe seinen Gegner 
zu entwaffnen, worauf er ihm 12 wohl 
gezählte Peitschenhiebe versetzte, bis der 
Jurist sich für besiegt erklärte und die 
Sekundanten davon Akt nahmen. Der 
durchgepeitschte Jurist setzte sich sodann in 
seine Equipage und fuhr nach Hause. 
Inland. 
Berlin, 16. April. Im Reichstage 
müssen noch erledigt toerben die Stempel 
steuer, die Gesetzentwürfe über den gewerb- 
lichen Fortbildungsunterricht, den Reichs- 
Jnvalidenfonds, die Waarenbez eichnung, die 
Biehseuchen und über die Brieftauben, 
ferner die drei rückständigen Wa hlprüfungen 
Die Interpellation über Maßregeln zur 
Hebung der Landwirthschaft und die Zoll 
tarifnovelle, die doch allerlei Untersuchun 
gen erfordern,' kommen voraussichtlich nicht 
mehr zur Verhandlung. Der genaue Schluß 
des Reichstages ist bei diesem noch recht 
ansehnlichen Material heute noch nicht be- 
stimmt anzugeben. 
Zum ehrengerich tlichen 
Verfahren ans Anlaß des Hanno- 
v e r s ch e n S p i e l pr o z e s s e s berichtet 
die „Tägl. Rundschau" die jüngsten Ver 
lautbarungen dahin, daß der Kaiser 
keine große Ordre mit Verhaltungsmaß 
regeln für Die Ehrengerichte, sondern nur 
einen kurzen Befehl erlassen habe, daß 
gegen alle betheiligten Offiziere das ehren 
gerichtliche Verfahren einzuleiten sei. Un 
richtig sei auch, daß dieser Befehl, welcher 
die beim Prozeß zu: Tage getretenen Er 
scheinungen bespricht, eine Abstufung vom 
schwersten zum gelindesten Vergehen vor 
gezeichnet habe, daß sich die Ehrengerichte 
hieran zu halten hätten, und daß sich da- 
her auch die Sprüche vom schlichten Ab 
schied bis zur Warnung bewegt hätten. 
Ueber die gefällten Urtheile selbst theilt 
das Blatt mit, daß die am schwersten be 
lasteten beiden Offiziere schuldig der Ver- 
letzung der Standesehre befunden und mit 
schlichtem Abschiede entlassen worden sind. 
Zwei weiteren Offizieren ist der einfache 
Abschied ertheilt worden. Bei: den übrigen, 
welche theils der Verletzung der Standes- 
chre, theils der Gefährdung derselben schul 
dig befunden worden sind, hat eine Milde 
rung der strengen ehrengerichtlichen Er 
kenntnisse dahin stattgefunden, daß ihnen 
eine Warnung ertheilt, gleichzeitig aber 
auch der Befehl gegeben worden ist, sofort 
freiwillig den Abschied ein« 
zureichen. Zur Vorgeschichte der Er 
kenntnisse wird ferner mitgetheilt, daß der 
Kaiser mit einzelnen der ihm vorgelegten 
Erkenntnisse nicht einverstanden gewesen ist, 
diese zur abermaligen Aburtheilung zurück 
gegeben hat und dann einige im Gnaden 
wege dahin änderte, daß der Spruch „Schul- 
dig der Verletzung der Standesehre unter 
Beantragung der Entlassung mit schlichtem stattgefunden. 
Freiburg x. B., 16. April. Die Ver 
Handlungen gegen den des Giftmordes an 
seinerFrau beschuldigten prak 
tischen Arzt S ch e l l d o r f wird heute 
fortgesetzt. Die Zeugenaussagen lassen den 
Angeklagten als einen rohen und gewissen- 
losen, sittlich heruntergekommenen Menschen 
erscheinen. Er selbst leugnet den Mord, 
gieb aber zu, indirekt den Tod seiner Frau 
herbeigeführt zu haben. Diese hatte schwere 
Mißhandlungen zu erdulden und wurde 
wiederholt von ihrem Manne mit dem Tode 
bedroht. Daß sie unter diesen Umständen 
zur Selbstmörderin werden konnte, leuchtet 
auch dem Angeklagten ein. Schelldorf, 
jetzt 28 Jahre alt, hatte von seinen Eltern 
ein Vermögen von 55000 Mark geerbt, 
das er nach seinem vierten Semester, (er 
war volljährig geworden),, ausbezahlt er- 
hielt. Er lebte jedoch so verschwenderisch, 
daß er bei seiner Verheirathung nicht nur 
kein Vermögen, sondern 3000 Mark Schul- 
^en hatte. Schon wenige Wochen nach 
einer Verheirathung waren die von seiner 
Frau mitgebrachten Einrichtungsgegenstände 
gepfändet und am Tage nach ihrem Tode 
ollte die Versteigerung erfolgen. — Schell- 
^>rf bleibt dabei, daß seine Frau in seiner 
Segenwart und in der Meinung, er werde 
ofort dasselbe thun, Gift genommen habe. 
Unter den Zeugen befindet sich auch eine 
Kellnerin, die zu den „Bräuten" Schell- 
dorf's zählte. Spät Nachts wurde Schell- 
dorf . . -freigesprochen. 
Haynau, 16. April. Die lange und 
ulgenschwere Krisis in der hiesigen Hand- 
Schuhindustrie scheint endlich über- 
wunden. Im Laufe dieser Woche wur- 
den zahlreiche Arbeiter wieder eingestellt; 
n der nächsten Woche sollen weitere Ein 
tellungen erfolgen. 
Ober-Ingelheim, 16. April. Wie die 
„Darmst. Ztg." berichtet, tritt auch hier 
bm dem Rindvieh eine Krankheit 
auf, der schon mehrere Thiere zum Opfer 
gefallen sind. Sie äußert sich in Knochen 
brüchigkeit und Knochenerweichung. Die 
Krankheit ist eine Folge der Futternoth 
und der durch sie veranlaßten mangel 
haften Zusammensetzung des-Futters, sie 
läßt sich also durch entsprechende Aufmerk 
samkeit der Besitzer verhüten. 
In Kätscher (Kreis Leobschütz) kamen 
Ausschreitungen arbeitsloser Weber 
gegen Arbeitgeber vor. Der Disponent 
einer Berliner Plüschfirma wurde schwer 
mißhandelt, die Vertreter anderer Firmen 
angegriffen. Es haben einige. Verhaftungen 
Abschiede", in der Entscheidung auf „Sckul 
dig der Verletzung der Standesehre mit 
dem Befehle zur sofortigen freiwilligen 
Nachsuchung des Abschieds" gemildert wurde. 
Bei der Bestätigung der Urtheile habe der 
Kaiser sich namentlich auch über die niedrige 
Gesellschaft, in der sich die Offiziere be- 
wegt und über die Frivolität, mit der ein 
zelne öffentlich vor Gericht in Hannover 
aufgetreten sind, außerordentlich scharf aus 
gesprochen und eine neuert ich eSrbre 
egen das Harzar dspiel in der 
denkbar strengsten Form erlassen. 
— Es bestätigt sich, wie die „Nordd. 
Allg. Ztg." hört, daß eine? 3prozentige 
Reichsanleihe im Betrage von 16 0 
Millionen Mark in den nächsten 
Tagen aufgelegt werden soll. 
— Der Abg. v Plötz hat heute seinen 
Antrag auf Einführung eines Wollzolles 
eingebracht. Der Zoll soll betragen für 
ungewaschene Wolle 2.5,. für gewaschene 
Wolle 50, für entfettete Wolle 75, für 
gekämmte Wolle 20, für Lumpen rc. und 
Woll-Surrogate 25 Mark pro Centner. 
Der Zoll für die eingeführte Wolle ist so- 
weit die daraus hergestellte Waare zur 
Ausfuhr gelangt, zum vollen Betrage an 
den Spediteur zurückzuzahlen. Die Aus 
führungsbestimmungen bleiben dem Bundes 
rath überlassen. 
Theodor von Waechter, der be- 
kannte sozialdemokratische Theologe, ist jetzt 
unter Anklage gestellt. Höchstwahrscheinlich 
handelt es sich um Aufreizung gegen die 
Staatsgewalt. Gleichzeitig mit ihm ange 
klagt sind die Anarchisten Dr. Gumplowicz 
und Wiesenthal. 
Dortmund,. 16. April. In großer Ge 
fahr befand sich in vergangener Nacht die 
Belegschaft der Zeche Bruchstraße. Es 
brach dort während der Nachtschicht in der 
unterirdischen Maschinenkammer durch Ex 
plosion einerP et r oleumlampe 
Feuer aus, das sich mit rasender Schnellig 
keit verbreitete und einen riesigen Qualm 
entwickelte, der durch den Wetterstrom mit 
in die Grube gerissen wurde. Gelang es 
nicht, die Leute, etwa 130 Mann, schleu 
nigst herauszuschaffen, so lag für sie Ge 
fahr des Erstickens vor. Mit großer Emsig- 
teil wurde das Herausschaffen der Arbeiter 
betrieben, gegen 12 Uhr fehlten aber noch 
7 Mann. Bon diesen wurden 4 in einem 
tiefer liegenden Baue angetroffen, >vo sie 
unversehrt geblieben waren. Zwei fand 
man nach langem Suchen auf der Wetter 
sohle des Schachtes, den siebenten glaubte 
man schon verloren, aber Morgens gegen 
7 Uhr fand man ihn und zwar unversehrt. 
Die Beamten und Arbeiter haben wahre 
Wunder verrichtet, um den Bedrängten 
Hülfe zu bringen. Das Feuer konnte im 
Laufe des Vormittags gelöscht werden, so 
daß der Schaden nicht allzu groß sein wird. 
Nach der 
München, 13. April. 
Postztg." verwirft der Finanzminister 
die allgemeine progressive Einkommen 
steuer und würde lieber' sein Amt 
niederlegen. 
Oberhof, 16. April. Ein teuflisch 
geplantes Verbrechen hat das 
Leben eines pflichttreuen Beamten und 
Familienvaters zum Opfer gefordert.. Beim 
Passiven des letzten Zuges durch den ersten 
Tunnel in der Nähe der Station Oberhof 
drohte der Zug in Folge eines gewaltigen 
Stoßes zu entgleisen, worauf er sofort 
zum Stehen gebracht, und nach der Ver 
anlassung gesucht wurde. Letztere bestand 
darin, daß ein in verbrecherischer Absicht 
auf die Schienen gelegter schwerer Stein 
von der Lokomotive erfaßt und einem Be 
amten des Zuges dermaßen ins Gesicht 
geschleudert wurde, daß er bald darauf 
verschied. 
Eine herrliche Lehrerwohnung befindet 
sich in dem Dorfe Dansow in der Ucker- 
marck. Dieses Hauch, mit Stroh gedeckt, 
außer dem Anbau ans Lehmwänden be 
stehend, wurde als S ch u l h a u s auf 
Grund des Gutachtens des Kreisphysikus 
vom Amtsvorsteher als g e s u n d h e i t s - 
schädlich und unbewohnbar er 
klärt. Durch die Seitenwände (Lehmstaken) 
kam frische Lust genug, um die Lüftung 
des Raumes durch Oeffneu der Fenster., 
unnöthig zu machen. Die Decke drohte 
gefährlich zu werden. So wurde denn 
nach gemeinsamer Besichtigung durch Re 
gierungs- und Schulrath. B., sowie eines 
Medizinalraths aus Potsdam, des königl. 
Landraths, des Kreisbauraths aus Templin, 
des Lokalschulinspektors und Amtsvorstehers 
die Räumung obigen Gebäudes angeordnet 
und ein Neubau für nothwendig erachtet. 
Dem Lehrer wurde im Dorfe eine Woh 
nung gemiethet. Da aber im Dorfe selbst 
kein Raum zu Unterrichtszwecken zu finden 
war, so wurde die verlassene Wohnstube 
des Lehrers als Schulstube weiter benutzt! 
Außerdem ist in dem Hause noch ein Bet- 
sacft für gottesdienstliche Zwecke. Nach 
Anbringung einiger Stützen und Aus 
besserungen wurde auch dieser Raum für 
seinen Zweck weiter belassen. Wollte es 
aber dem Lehrer während des Winters in 
diesen „luftigen Räumen" nicht gefallen, 
so sucht er, wie die Schwalbe, zum Früh 
ling seine alte Wohnung wieder auf. Für 
ein neues Haus ist kein Geld da. Die 
arme Gemeinde ist allein nicht im Stande, 
ein Schulhaus zu bauen. Und die königl. 
Regierung als Patron „hat keine Fonds 
dazu". 
Lübeck, 16. April. In Lübeck kann das 
einmalige Ueberschreiten der Straße unter 
Umständen 60 Mark kosten. Das Polizei 
amt hat verordnet, daß aus Anlaß der 
Betriebseröffnung der Straßenbahn in der 
Holstenstraße Fußgänger hinunter nichļ 
den südlichen, hinauf nicht den nördliche« 
Bürgersteig benutzen dürfen — wer aus 
die andere Seite geht, zahlt 60 Marl 
Strafe oder muß 14 Tage brummen I Des 
gleichen sind die Anwohner derselben Straße 
in die heikle Lage versetzt, ihre Kinder- 
und Krankenwagen über die Haus 
dächer in die Nächstliegenden Straßes 
schaffen zu müssen, wenn sie es nicht vor 
ziehen, an das Polizeiamt ein besonderes 
Gesuch wegen Benutzung ihrer eigenen 
Straße zu richten. Der liebe grüne Tisch! 
Karlsruhe, 15. April. In verflossener 
Nacht erstach der Politechniker Rodriguez 
bei einem Streit den Aktuar Matches; der 
Thäter ist verhaftet. 
Hamburg, 14. April. Mit einem Dam 
pfer nach Südwest-Afrika werden sich drei 
hier eingetroffene ehemalige Offiziere ein 
schiffen, um sich dort anzusiedeln. Die 
selben sind aus Anlaß des Hannover'scheii 
Spielerprozesses aus der Armee ausge 
schieden. 
— Einen in seinen Motiven unaufge 
klärten Selbstmord beging gestern ein noch 
durchaus lebensfroher und sorgloser Tischler 
meister Siggelkow, 74 Jahre alt, in der 
Neustädtsr Neu-Straße, indem er sich eint 
Kugel in die Schläfe schoß. Es ist nuk 
anzunehmen, daß der Mann plötzlich von 
einer Geisteskrankheit befallen wurde:.(H.C.) 
Provinzielles. 
? Kiel, 15. April. Der gestern Abend 
im Universitätsgebäude unter Vorsitz des 
Landesdirektors v. Ahlefeldt stattgehabten 
Generalversammlung der Gesellschaft für 
Schleswig-Holstein Lauenburgische Geschichte 
wohnte auch Prinz Heinrich bei. Es 
wurde zunächst der Geschäftsbericht für das 
verflossene Jahr erstattet, welcher bestätigte, 
daß die Gesellschaft sich um die Schleswig- 
Holsteinische Landesgeschichte und ihre 
nähere Erforschung sehr verdient gemacht 
hat. In Zukunft wird die Gesellschaft 
auf den Historikertagen durch einen Dele- 
girten vertreten sein. Der verlesene Kassen 
bericht wies eine Gesammteinnahme von 
2473 Mark aus bei einer Ausgabe von 
2834 Mk., sodaß ein Kassenbestand von 
9639 Mk. verbleibt. Der Vorstand wurde 
durch Zuruf wiedergewählt. Den Schluß 
des Abends bildete ein Vortrag des Se 
kretärs der Gesellschaft, des Oberbibliothe 
kars Dr. Wetzel über den Schleswig-Hol 
'teinischen Feldzug des großen Kurfürsten 
im Jahre 1658. 
? Kiel, 14. April. Heute Mittag haben 
die auf der hiesigen Germaniawerft für 
Augsb. ş Rechnung des Auswärtigen Amts erbauten 
Küstendampfer „Rovuma" und „Ru- 
fuge" Kiel verlassen, um ihre Reise nach 
der oftafrikanischen Küste anzutreten. Da 
die Fahrt der Schiffe von der Holtenauer 
Mündung aus, wohin sie von einem Laboer 
Lootsen bugfirt wurden, durch den Nord- 
Ostsee-Kanal geht, werden sie auch Rends 
burg passiren. Die durch ihre 
eigenartige Bauart fesselnden Schiffe haben 
die gleichen Dimensionen im Bau, nämlich 
eine Länge von 29 Metern in der Wasser 
linie, eine Breite von 5,6 Meter, eine Tiefs 
von 3 Metern und einen Tiefgang von s 
Metern. Die beiden Dampfer erreichen be> 
ihren im. vorigen Monat absolvirten Probe 
fahrten eine Fahrgeschwindigkeit von 11'/, 
Knoten und erwiesen sich als ganz beson 
ders manöverirfähig. Die- ganz aus 
deutschem Material hergerichteten Dampfer 
sind dem Kommando der Kapitäns To- 
matschecki resp. Graf v. Pfeil unterstellt 
ste führen die Flagge des Auswärtigen 
Amts.. — Heute verließ auch ein au! 
Howaldtswerft für die rumänische Re 
gierung. gebauter Schleppdampfer den 
hiesigen Hafen, um ans eigenem Kiel die 
Reise nach Rumänien anzutreten. 
Kiel, 14. April. Der Staatssekretär des 
Reichsmarincamtes, Vizeadmiral. H.ollmanU- 
inspizirte heute die „Brandenburg "■ 
Das g e p l a tz t e H a u P t. d a m p f r o h r 
des Panzerschiffes wurde heute auf den 
Dampfer „Holsatia" verladen, um nach der 
Stettiner Vulkanwerft befördert zu werdeu 
Wie sehr einzelne Meister noch an den 
Jnnungsgebräuchen festhalten, zeigt fol 
gendes Vorkommniß. Wenn bei einen' 
Tischlermeister in Reiubeck ein Lehrling 
aufgenommen wird, so wird er in ein voll 
ständig schwarz dekorirtes Zimnier geführt' 
In der Nähe des Kamins steht ein schwär» 
behangener Tisch mit zwei brennende« 
Kandelabern und einen! Todtenkop! 
darauf. Der Altgeselle hält in der Hanl 
einen Leimtiegel, und, die Hand auf diese'' 
gelegt, muß der Lehrling schwören: „Ich- 
schwöre bei diesem Leimtiegel, daß ich ei( 
tüchtiger Tischler werden will." Daran' 
erhält er einen anderen Vornamen ui'l 
wird dann in die Werkstelle geführt. 
In Heiligenhafen bildete sich eine Ko»^ 
Mission, die vorläufig aus Bürgermeister 
Scheteling, Stadtverordnetenvorsteher KÄ 
und Stadtverordneten Maßmann zusammen' 
gesetzt ist, der aber noch weitere Bürge" 
bcitreten werden, um Mittel und Weg" 
aufzufinden, wodurch Handel, Verkehr- 
Schifffahrt, Fischerei und Gewerbe de" 
Stadt gehoben werden kann. Die Koi»! 
mission richtet vorerst ihr Augenmerk a»! 
die Weiterführung der Kreis Oldenburg"" 
Eisenbahn bis Heiligenhafen, die Vertiefung 
des Fehmarnsundes und des Heiligenhafene' 
Hafens usw. 
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