Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

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Wo. 83. 
Dienstag, den 10. April' 
1894. 
Morgen - Depeschen. 
Berlin, 10. April. Die Steuerkom- 
Mission des Reichstages trat heute zu- 
sammen, um, nachdem Frhr. v. Man. 
teuffel den Vorsitz niedergelegt, sich von 
Neuem zu konstituiren. Zum Vorsitzenden 
ivurde dessen bisheriger Stellvertreter Abg. 
Dr. Rintelen (Centr.), zu dessen Stellver 
treter Abg. Dr. Paasche (natl.) gewählt. 
Die Kommission tritt nächsten Montag, 
16. April, Vormittags 10 Uhr, wieder 
zusammen, um zunächst das Tabaksteuerge- 
setz zu berathen, nach dessen Erledigung 
das Weinsteuergesetz an die Reihe kommen 
soll. 
Berlin, 10. April. Der Seniorenkon 
vent des Reichstages trat heute Mittag 
zusammen, um sich über die weiteren ge 
schäftlichen Dispositionen für diese Tagung 
Zu verständigen. Präsident v. Levetzow 
theilte mit, daß seitens der Regierung eine 
bestimmte Meinungsäußerung über den in 
Aussicht genommenen Termin für den 
Schluß der Session nicht vorliege, daß aber 
vermuthlich der Reichstag bereits Ende 
nächster Woche geschlossen werden dürfte. 
Demnach 1 ollen nur die Vorlagen erledigt 
werden, welche bereits die Kommission, 
bezw. die zweite Lesung passirt haben, 
außerdem dringliche Initiativanträge. Eine 
Vertagung der Session gilt als ausge 
schlossen. 
Berlin, 10. April. Wie das „Bert. 
Tagebl." meldet, wird der Bericht des Re- 
gierungsraths Rose über die Vorgänge in 
Kamerun nicht eher publizirt werden, als 
bis die oberste Disziplinarbehörde ihren 
Spruch gefällt haben wird. Die Ent 
scheidung hierüber wird erst nach Eintreffen 
des Kanzlers Leist, der hierher zurückbe 
rufen ist, erfolgen. 
Berlin, 10. April. Oskar Höcker, das 
beliebte Mitglied des Lessingtheaters, ist 
durch einen plötzlichen Tod von schweren 
Leiden erlöst worden. Der Verstorbene 
war auch ein begabter Schriftsteller; er 
schrieb vor Allem für die Jugend. 
Berlin, 10. April. Schneidermeister 
Dove hat trotz polizeilichen Verbots vor 
mehreren Engländern, Amerikanern, Fran- 
zosen und einem hiesigen höheren Offizier- 
semen kugelsicheren Panzer vorgeführt und 
zu den Experimenten seinen eigenen Körper 
vargeboten. Die Schießübungen wurden 
von den beiden Knnstschützen Martin und 
Western ausgeführt. Nachdem eine Kugel 
des jetzigen Jnfanteriegewehrs einen 
Eichenblock in der Länge eines Me 
ters glatt durchschlagen hatte, prallte 
eine zweite Kugel an Dowe's Brust ab 
und blieb im Panzer stecken. Dowe er 
klärte den erschreckten Zuschauern, es sei 
garnichts zu fühlen und ließ noch eine 
Kugel auf sich abfeuern. Die Versuche 
wurden alsdann bei einem Pferde vor 
genommen und ergaben gleichfalls ein güm 
stiges Resultat. Dieselben sollen demnächst 
vor einer hohen Persönlichkeit im engsten 
Kreise wiederholt werden. 
Wien, 10. April. Privatmeldungen aus 
Ungarn zufolge giebt die dort herrschende 
anhaltende Dürre zu ernsten Besorgnissen 
Anlaß. In Kram ist der Wassermangel 
sehr groß. Die Flüsse, sogar der Zirknitz- 
See sind säst vollständig ausgetrocknet. Das 
für den Eisenbahnbetrieb erforderliche Wasser- 
muß aus Laibach beschafft werden. 
Abbazia, 10. April. Morgen wird hier 
hier zu Ehren deutschen Kaisers ein großes 
venetianisches Fest auf dem Meere veran- 
staltet iverden. Ein bekannter Pyrotechniker 
aus Graz ist mit der Erledigung der 
nöthigen Vorbereitungen beauftragt worden 
und bereits hier eingetroffen. 
Prag, 10. April. Dienstlcute fanden auf 
den Feldern der Ortschaft Gr.-Jenitsch drei 
mit Dynamit gefüllte Blechbüchsen, deren eine 
beim Oeffnen explodirte. Ein Mädchen 
wurde dabei schwer verletzt. Wie man glaubt, 
handelte cs sich um einen Racheakt. 
Paris, 10. April. „Soleil" meldet, daß 
alle Nachrichten über eine Verständigung 
zwischen Italien und Frankreich lediglich 
phantastischer Natur seien. ?Die Begegnung 
.wischen König Humbert und Kaiser Wil 
Helm, sowie die Erklärungen Crispi's hätten 
den Beweis geliefert, daß Italien sich mit 
gebundenen Händen und Füßen an Deutsch- 
land ausgeliefert habe. 
Paris, 10. April. In der hiesigen bra 
silianischen Gesandtschaft wird die Nach- 
richt von dem Siege der Insurgenten über 
die Regierungstruppeii bei Rio Grande 
tark angezweifelt. Man ist vielmehr der 
Ansicht, daß Admiral Mello abermals eine 
ingirte Siegesnachricht nach Europa abge 
lassen habe. 
Mons, 10. April. Im Treibhause des 
hier wohnhaften Notars Bernard fand 
gestern eine Bonibenexplosion statt, welche 
bedeutenden Materialschaden hervorrief. Man 
vermuthet einen Racheakt. 
London, 10. April. „Times" und 
„Daily News" melden aus Kairo, eine 
Ministerkrisis in Egypten stehe unmittelbar 
bevor. 
Brüssel, 10. April. Ein hiesiges Blatt 
hatte kürzlich einen Artikel veröffentlicht, 
in welchem der Schah von Persien, der 
demnächst seine Reise nach Europa antritt, 
als Dieb, Brandstifter und Mörder bezeich 
net wurde. Infolge diplomatischer Inter 
vention ist die betreffende Nummer des 
Blattes beschlagnahmt und gegen den Ver- 
fasser des Artikels gerichtliche Klage ein 
gereicht worden. 
Venedig, 10. April. Kaiser Wilhelm 
reiste heute Vormittag 8% Uhr mit König 
Humbert und dem Herzog der Abruzzen, 
welche ihn bis Malamocco begleiteten, auf 
dem Dampfer „Moltke" hier ab. Wie bei 
der Ankunft, hatten sich auch bei der Ab 
fahrt des deutschen Kaisers ungeheure 
Menschenmassen, besonders in der Riva dei 
Chiavoni, angesammelt, welche dem Kaiser 
und seinen Begleitern stürmische Ovationen 
darbrachten. Bor der Abreise sprach Kaiser 
Wilhelm dem Syndaco in herzlichen Worten 
seinen Dank aus für den großartigen Em 
pfang, welchen man ihm bereitet habe. Der 
Aufenthalt in Venedig lverde ihm unver 
geßlich bleiben. Der Kaiserin sandte der 
Kaiser ein Telegramm, in welchem er seiner- 
außerordentlichen Befriedigung über den 
Aufenthalt Hierselbst Ausdruck gab, und seine 
Ankunft in Abbazia für heute Abend in 
Aussicht stellte. 
Milwaukee, 9. April. Durch eine Feuers 
brun st wurde das Davidson-Hotel und das 
Theater zerstört, seitens der Polizei wird 
die Zahl der dabei Verunglückten ans 16 
Todte und eine Anzahl Verwundete ange 
geben. Der Schaden wird ans eine halbe 
Million Dollars geschätzt. 
tkp kn WnlchmiMn 
und seine Amtsführung erklärt sich in 
einem längeren Artikel die „Köln. Ztg" 
Sie meint, als Thielen das Ministerium 
übernommen habe, habe man gehofft, daß 
er mit frischem, freiem Blick sein Haupt 
augenmerk auf die Entwickelung der großen 
noch schlummernden wirthschaftlichen Kräfte 
unseres Vaterlandes richten würde. 
Die auf die Thätigkeit des Ministers 
Thielen gesetzten Hoffnungen, so heißt es 
aber dann weiter, haben sich bisher leider 
nicht erfüllt. Der eigentliche Sitz unseres 
Ministeriums der öffentlichen Arbeiten ist 
richt bei Herrn Thielen, er hat sich zu 
sehr den fiskalischen Grundsätzen des Herrn 
Miguel angepaßt. Zur Zeit werden daher 
unsere Staatsbahnen nicht von großen 
wirthschaftlichen Gesichtspunkten, sondern 
lediglich von solchen der kleinlichsten fiska 
lischen Finanzpolitik betrieben. 
Nirgendwo gehen die Bahnen in ihren 
technischen Fortschritten so langsam vor, 
wie bei uns. Da, wo aber in den letzten 
Jahren wirklich etwas geschehen, ist die 
Ausführung nicht von der Verwaltung 
ausgegangen, sondern diese hat lediglich 
dem Drucke der öffentlichen Meinung, der 
privaten Anregung Folge gegeben. Die 
Einführung eines stärkeren Oberbaues 
sängt erst jetzt langsam an. Belgien, 
Frankreich und andere Staaten haben uns 
längst darin überholt. 
Auch das, was jetzt geschieht, ist nur 
eine halbe Maßregel. Die erfahrensten 
Eisenbahntechniker sind überzeugt, daß die 
einmalige große Ausgabe jährlich unzählige 
Millionen an Reparaturen erspare, man 
hört nicht auf sie. Jahrelang hat man 
über Wagenmangel geklagt. Nachdem auf 
ursprüngliche Anregung des Geheimraths 
Schivabe die Bezirkseisenbahnräthe sich der 
Frage der Erhöhung der Ladungsfähigkeit 
unserer Güterwagen angenommen, gab der 
Minister endlich nach, führte mit geringen 
Kosten diese Maßregel durch und konnte 
in der vorletzten Behandlung des Eisen 
bahnetats sich dieser Maßregel als eines 
großen Vortheils und wesentlicher Erspar- 
niß rühmen. Mir Erstaunen mußten wir 
uns fragen, warum denn unsere Eisenbahn 
verwaltung diese natürliche Maßregel nicht 
schon seit Jahren durchgeführt hatte. 
Aehnliches läßt sich über die Ausnutzung 
unserer Lokomotiven sagen. Eins gehört 
allerdings dazu, um Größeres auf diesem 
Gebiet zu leisten. Es ist nicht der Geist 
eines Verwaltungsbeamteii, der das fertig 
bringt, es ist die Nothwendigkeit, daß jeden 
Beamten von oben bis unten das Bewußt 
sein durchdringt, daß seine Aufgabe in der 
Förderung der wirthschoftlichen Thätigkeit 
des Landes, in der Entwickelung der höchsten 
Leistungsfähigkeit seiner Mittel und der 
eigenen Person besteht. Das ist aber gerade 
das, was unserer Staatsbahn in erster 
Linie fehlt. Das juristische, einem frischen 
Wettbewerb allzu fernstehende Element in 
unserer Staatsbahnverwaltung hat diese 
zum Sitz der äußersten Bureaukratie gemacht. 
Den Ban- und Betriebsverwaltungen, 
den Direktionen ist jede Selbstständigkeit 
genommen, die größten und oft lächerlichsten 
Kleinigkeiten müssen dem hohen Rath in 
Berlin vorgelegt und mit deniselben ein- 
gehend, d. h. jahrelang, verhandelt werden. 
Sri« eigen Blnt. 
Original-Roman von Gustav Lange. 
Wasch- 
605. 
Wider Eewarten erklärte sich Herr von 
Seebach sofort damit einverstanden, daß Kurt 
sich freiwillig den ersten nach der Grenze ab 
rückenden Truppen anschließe, nachdem cr 
>hm mit glühenden Worten mitgetheilt, in 
welcher^ Gefahr das Vaterland sich befinde 
n hW's " ""'""glich zurückstehen könne, da 
s-in-1 S»"" 532 f” b 4 '" 
»K JK 4 àşi M'ch fein 
kehren und einen ehrenvollen 
Schlachtfelde finden sollte. E>- r« 
jungen Mann, den er als Gesellsàķ/ 
Verwalter in sein Schloß ««&£ 
rnts liebgewonnen wie einen Solin und da 
.er weder Frau noch Kind besaß, so war es 
schon längst seine Absicht gewesen, ihn fnr 
immer an sich zu fesseln; ihn aber jetzt 
Zurückhalten von einer heiligen Sache, das 
konnte er nicht. 
, Kurt hatte sich erhoben; die große Pendule 
Zeigte an, daß der Abend bereits weit vor 
gerückt sei. Es war heute später geworden 
als sonst. ’ r 
cs? suimal klar geworden zwischen 
? 'S von Seebach, so wollte 
'll b £ Abreise nicht länger zögern 
nrd gedachte schon mit dem Frühesten das 
Gut zu verlassen. Seine 
Höh». 
cried,gmwa tonnte er diesen Abend be- 
&"• ŅĢ der alte Herr nach seinem 
^Nkner schellte, der ihm ins Schlafaeniacki 
"Anzuleuchten hatte, streckte Kurt ihm die 
Hand zum Abschiedsgruß entgegen. 
Er mußte noch heute Abend Abschied 
nehmen von seinem Wohlthäter, da dicser 
morgens sehr spät erst sein Nachtlager zu 
verlassen pflegte und um diese Zeit wollte er 
bcreits einen Theil seines Weges zurückgelegt 
haben. 
Obschon Herr von Steinbach nichts gegen 
die schnelle Abreise einzuwenden hatte, so über 
raschte es ihn doch, daß sie jetzt schon von 
einander scheiden sollten und mit beiden Händen 
ergriff er Kurts Rechte, wobei die Rührung 
die ihn überkam, ihm anzusehen war. 
„Nun denn, wenn es einmal Ihr fcster 
Entschluß ist, so wollen wir scheiden, in 
der Hoffnung ans eine gesunde Rückkehr 
Jhrerseits," sagte Herr von Scebach mit be 
wegter Stimme. „Gebe Gott, daß cs den 
deutschen Waffen gelingt, dm Sieg über 
unsercn alten Erbfeind zu erringen, denn das 
Recht ist auf unserer Seite. — Gehen Sie 
mit Gott! Auf Wiedersehen!" 
War der Abschied der beiden Männer auch 
nur. ein schlichter ohne viele Worte, so war 
. 'ļ)nm doch imie geworden, als Ihre Blicke 
einen Augenblick in einander ruhten, daß sie 
dannen'ģ^" schieden. Kurt ging still von 
kann rrn* C s • sln9cn ' àsamen Korridor ent 
lang nach seinem Zimmer 
nock'eiş^îllÄr fanb betI jungen Mann 
noch eifug beschäftigt an seinen, Schreibtisch 
sitzend. Sem Reffeplan war bereits entworfen 
dre nothwendigsten Re.seeffekten in einen 
kleinen Handkoffer verpackt und in einigen 
Stunden, wenn der Tag anfing zu grauen 
wollte er das Gut verlassen. Abschied brauchte 
er sonst von Niemandem zu nehmen, von 
der Dienerschaft vielleicht, aber da es nun ein 
mal schnell ging, so war dazu eben keine Zeit. 
Geht dies doch soweit, daß, um ein Bei 
spiel aus der Praxis zu nehmen, kürzlich 
längere Zeit mit dem Ministerium ver- 
handelt werden mußte, ob eine Anschluß- 
weiche im rheinischen Gebiet mit einem 
Winkel von 1:9 oder 1 : 10 konstruirt 
werden soll, eine Sache, die der betreffende 
Bauinspektor an besten wußte und in einer- 
halben Stunde hätte erledigen können. 
Wenn ein verständiger Maschinenmeister 
zum Zweck einer billigeren und besseren 
Arbeit in seiner Werkstatt eine neue Ar- 
beitsmaschine haben will, so wird Monate, 
oft Jahre lang, darüber mit dem Mi^ 
nisterium verhandelt. Ist das Objekt im 
Etat und zuletzt glücklich im Abgeordneten 
hause durchgedrückt, so ist die Konstruktion 
gewöhnlich schon veraltet oder es sind Ver 
hältnisse eingetreten, unter denen sie ihre 
volle Wirkung verloren haben. 
Die kommende Neugestaltung unserer 
Staatsbahnverwaltung dürfte Gelegenheit 
bieten, viele bestehende Mängel zu ent 
fernen. Leider fehlt uns das Vertrauen, 
daß dies vvn den zur Zeit maßgebenden 
Männern möglich ist. Wir haben allen 
Grund zu der Annahme, daß auch hier 
der Jurist wieder die erste Stelle einnehmen 
und dem inmitten des Betriebes stehenden 
Techniker sogar die nothwendigsten Hülfs- 
kräfte nur in ganz ungenügender Weise 
gegeben werden sollen. 
Daß unser Eisenbahnwesen sich mit 
eigener Kraft aus diesem Chaos gesund 
entwickeln kann, halten wir für unmöglich 
nur der Druck der öffentlichen Meinung 
und die Einwirkung des Abgeordnetenhauses 
können hier helfen. Möchten unsere Ab- 
geordneten sich doch balv daran erinnern, 
daß beim Eisenbahnetat wichtigere Dinge, 
als kleine örtliche' Wünsche zu verhandeln 
sind, und diesen Etat in einer ans tüch- 
tigen, der Praxis des Verkehrs entnom- 
menen Männern bestehenden Kommission 
eingehend verhandeln. Da ist ein Gebiet, 
dessen Bearbeitung dem Lande reichen und 
direkten Segen bringen wird. 
Wie verlautet, hegt die Staatsrcgiernng 
die Absicht, dem Landtage einen Theil der 
geplanten Organisation der Staats-Eisen- 
bahn-Verwaltung noch in der laufenden 
Session in der Form eines Gesetzentwurfs 
über die Entlassung oder Zurdispositions- 
stellung von Eisenbahnbeamten vorzulegen. 
Es soll durch die Vorlage besonders für 
die Zukunft derjenigen Beamten gesorgt 
werden, welche durch die geplante Organi- 
sation entbehrlich werden. 
Jetzt war er damit beschäftigt an Herrn von 
Scebach noch einen Brief zu schreiben, weil 
es heute Abend nicht möglich gewesen, ihm 
icn Inhalt mündlich mitzutheilen; es waren 
dies theils geschäftliche, theils Private Ange 
legenheiten. 
Als er .jetzt geendet, das Schreiben gesiegelt 
und adresstrt, verlöschte er das Licht, um sich 
wenigstens noch einige Stunden Ruhe zu 
gönnen. 
Es ist hinreichend bekannt, welche herrlichen 
Siege unsere deutsche Armee im Verlauf des 
letzten großen Krieges errungen, wo auf der 
eincn Seite aus angeborener Eroberungssucht 
und um den Gegner zu demüthigen, auf der 
anderen in dem Bewußtsein zu,diesem Kampfe 
gezwungen zu sein, das Vaterland zu ver 
theidigen und zu zeigen, daß ein einig-starkes 
Deutschland fränkischen Uebermnth nicht zu 
fürchten brauche, derselbe mit gleicher Tapferkeit 
geführt wurde. Doch das Waffenglück neigte 
sich gar bald zu Ungunsten Frankreichs, und 
schlimmer, als sie es selbst wohl geahnt haben 
mochten, traf die Franzosen ihr wohlverdientes 
Schicksal. ' 
Ihr stolzer Kaiser, der noch kurz vor Ans 
bruch des Krieges so verächtlich auf die deutschen 
Völker herabgcblickt, die anscheinend uneinig 
unter sich selbst waren und somit ein leichtes 
Spiel zu haben glaubte, sie zu bekämpfen, 
ein Nachfolger jenes großen genialen Eroberers, 
der aus der ganzen Welt ein einziges Reich 
zu bilden und sich als dessen Beherrscher auf 
zuschwingen gedachte, Napoleon II:., war 
bei Sedan am 2. September mit einem großen 
Heere und Hunderten von Offizieren in deutsche 
Gefangenschaft gerathen. Aber noch war 
Frankxeich nicht zum Frieden geneigt und die 
Oberhäupter der nach der Absetzung Napoleons 
sich gebildeten republikanischen Regierung ver 
kündeten in prahlerischen Worten, den Krieg 
bis aufs Messer zu führen und keinen Stein 
einer Festung und keinen Fußbreit des Landes 
abzutreten, meßhalb der Krieg seinen Fortgang 
nahm, bis Frankreich sich für überwunden er 
klärte und selbst um Frieden bat. 
Kurt von Rosenhagen war cs vergönnt 
gewesen, mit zuerst vor den Feind zu kommen 
und an verschiedenen Gefechten und Schlachten 
theilzunehmen, was ja auch sein Wille ge 
wesen und hatte sich durch seine Tapferkeit 
bereits das eiserne Kreuz erworben. Eine 
ziemlich schwere Verwundung hinderte ihn 
indeß, weiter am Kampfe theilzunehmen, und 
was hauptsächlich sein sehnlichster Wunsch 
gewesen, den Weg nach dem Herzen von 
Frankreich, nach Paris, mitzumachen, wurde 
dadurch vereitelt und zur Unthätigkeit ver- 
urtheilt, mußte er in einem Fcldlazareth seine 
Wunden heilen lassen. Nach seiner Wider- 
herstellung wurde er den Bcsatzungstruppcn 
in Tont zugetheilt, wo er sich jetzt, zu An 
fang des Jahres 1871 befand. 
In dieser Zeit fand ein Ercigniß statt, 
welches zwar ohne Einfluß auf die großen 
Operationen geblieben ist, und in der eigent 
lichen Geschichte des deutsch-französischen 
Krieges nur kurze Erwähnung findet, für 
unsere Erzählung aber doch von Bedeutung 
ist. 
Der Gedanke, die von Frouard nach 
Paris führende Eisenbahnlinie, welche den 
Hauptverkehr zwischen Deutschland und den 
vor der französischen Hauptstadt stehenden 
Heere vermittelte, zu zerstören, war von dcr 
Lègion Alsacienne et Lorrain, welche sich in 
Bordeaux bereits im September mit dem be 
stimmten Zweck gebildet Eisenbahnzerstörungen 
vorzunehmen, lange schon ins Auge gefaßt 
worden und war hierzu die Brücke bei Fontenay 
sur Moselle ausersehen und man wartete nur 
noch auf eine günstige Gelegenheit, um die 
deutschen Truppen zu überfallen. 
In dem nördlich von Lamarchc gelegenen 
Waldgcbiet bei La Bacheresse, welches von 
einer vielgegliederten Hochfläche bedeckt, die 
sich etwa sechzig Meter'über die umliegenden 
Thäler- erhebt, zu denselben mit steilen Wän 
den abfällt und wenig zugänglich ist, hatte 
sich ein bedeutendes französisches Frcicorps 
von Elsaß-Lothringischen Freiwilligen und 
von ihren TriiPPenthcilen versprengte Soldaten 
unter dem Namen „Chasseurs des Vogcs" 
gebildet und einige aus Metz entkommene 
höhere Offiziere hatten den Befehl über diese 
Freischaar übernommen und in dem Walde 
ein befestigtes Lager errichtet; von hier aus 
gedachte Kommandant Bernard mit seiner 
Schaar die Zerstörung des einige Meilen 
entfernten Eisenbahntuimels bei Fontenay zu 
unternehmen, welcher nur von geringen 
deutschen Streitkrüften besetzt war. 
Auf deutscher Seite waren die Vorbereitungen 
der Frcischaar und deren Anwachsen nicht 
unbeachtet geblieben, als aber eine fliegende 
Kolonne gegen Lamarche vorrückte, war es 
leider schon zu spät, denn die „Chasseurs 
des Voges" hatten ihr Lager im Walde 
bereits verlassen und in der Nacht vom 22. 
zum 23. Januar das Wachdetachement im 
Bahnhöfe zu Fontenay überfallen und die 
Eisenbahn zerstört. 
Als die deutschen Befehlshaber Kennmiß 
von dem Ueberfall erhielten, schritte» sie un 
verzüglich zur Verfolgung des sich gegen 
Lamarche wieder zurückziehenden Feindes 
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