Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

hatte nämlich wiederholt bei der Stadt 
Zahlung der Rückstände (ungefähr 500 000 
Frcs.) verlangt, allein das Geld war nicht 
aufzutreiben und als die Stadtverwaltung 
in der vorigen Woche noch dazu eine Gegen 
forderung von 600 000 Frcs. aufstellte, 
erließ die Gasgefellschaft ein Ultimatum, 
welches gestern ausgeführt wurde. Es 
herrschte große Besorgniß, da es sehr dunkel 
war, doch sind keine Unordnungen vorge- 
kommen und ddrch Vermittelung des äJfi- 
nisters des Innern kam um halb acht Uhr 
eine Verständigung zu Stande, worauf die 
Lampen wieder angezündet wurden. 
Inland. 
— Die allgemeine politische Lage 
zeigt, wie auch die „Kreuzztg." zugeben 
muß, eine Abnahme der internatio 
nalen Spannung. Die „Kreuzztg." 
sucht die Ursache hierfür nicht in der han 
delspolitischen Annäherung Rußlands an 
den Dreibund, sondern in der Verstimmung 
des Zaren über die Aufdringlichkeit der 
französischen Politik, wie sie zumal nach 
den Kopenhagener Enthüllungen hervortrat 
und an die wahrhaft erschreckende Zunahme 
des anarchistischen Treiben auf französischem 
Boden. Den inneren russischen Verhält 
nissen aber ist die andere Erwägung ent 
nommen, daß die russische Landwirthschaft, 
wenn ihr nicht ein großes Absatzgebiet 
unter günstigeren Bedingungen als bisher 
gewonnen wurde, vor dem Zusammenbruch 
stand. Frankreich konnte und wollte diesen 
Markt nicht bieten, so blieb eben nur 
Deutschland. 
— Der Silberkommission ist, wie 
die „Nat.-Ztg." erklärt, von (ihrem Mit- 
gliede, dem badischen Notenbankdirektor, 
Herrn Neustadt, ein Vorschlag zur Auf 
stellung eines Vertrages zur Errichtung 
einer internationalen Doppelwäh 
rung zugegangen. Dieser war für die 
letzte Brüsseler Konferenz bestimmt, seine 
Ausfertigung fiel jedoch, wie eine Anmer 
kung besagt, mit der Vertagung der Kon 
ferenz zusammen. Die Quintessenz dieses 
Vorschlagsvertrages kommt auf folgendes 
hinaus: Die kontrahirenden Staaten be 
schließen eine internationale Doppelwährung 
auf der Basis von 1 zu 15'/ 2 auf die 
Dauer von 10 Jahren. Sie verpflichten 
sich, die beiden Münzmengen stets in glei 
cher Stärke zur Ausprägung bringen zu 
lassen. Die freie Ausprägung für Privat 
rechnung wird verboten. Ein Gesetz schreibt 
ferner für jeden Staat vor, wie viel Silber 
münzen pro Kopf ausgeprägt werden 
dürfen. Silberkourantmünzen sollen als 
vollgültiges Zahlungsmittel innerhalb der 
Staaten gelten, aber außerhalb der Staaten 
zur Annahme nicht verpflichten. Eine ge 
meinschaftliche Centralbuchführung und 
Statistik soll in zwei Abtheilungen in einer 
europäischen und einer überseeischen Haupt 
stadt, errichtet werden und die sämmtliche 
Ausprägung der Silbermünzen in allen 
Vertragsstaaten durch genaue Buchführung 
kontroliren. Die Vertragsstaaten beschließen, 
die in ihren respektiven Landesgebieten lie 
genden Silberbergwerke auf gemeinschaft 
liche Rechnung zu kaufen und zu verwalten, 
oder, wenn dies nicht angeht, ein Silber 
monopol mit einer auf gemeinschaftliche 
Rechnung zu führenden Staatsregie einzu 
richten. Der Preis für das auszuprägende 
Silber wird wöchentlich oder monatlich in 
einer Kommission festgesetzt und telegraphisch 
allen Vertragsstaaten niitgetheilt. Der 
Gewinn an der Ausprägung von Silber 
münzen wird unter die Staaten nach dem 
Maßstabe ihrer Ausprägung vertheilt, der 
Reingewinn an dem Silberverkauf zu an 
deren Zwecken nach der Bevölkerungszahl 
sämmtlicher Staaten. Ein Schluß-Para 
graph schreibt vor, daß bei Nichterneuerung 
des. Vertrags nach 10 Jahren jeder Staat 
binnen Jahresfrist seine in einem anderen 
Staate zirkulirenden Silbermünzen gegen 
Gold einzulösen habe. 
— Für die freie Advokatur tritt 
mit Entschiedenheit die „Nationalztg." ein. 
Die Verfügung des Justizministers kehre 
sich nicht nur gegen die Freizügigkeit, ion- 
dern gegen die Freiheit der Anwaltschaft 
Die Festsetzung einer bestinimten Zahl von 
Anwälten für die Zulassung würde that- 
sächlich, abgesehen von kleinen Amtsgerich 
ten, auf die Ernennung der Rechtsanwälte 
wieder hinauskommen. Die Freiheit der 
Advokatur bestand vor den Reichsjustizge 
setzen schon in einem großen Theil des 
übrigen Deutschlands, ohne daß damals 
außerhalb der preußischen Provinzen das 
Verlangen nach jener altprenßischen Ein 
richtung sich geregt hätte. Die frühere 
preußische Einrichtung war unzweifelhaft 
besser für den Glücklichen, dem es gelang, 
eine der nirgends zahlreichen Anwaltstellen 
zu erhalten, namentlich in einer größeren 
Stadt; das war die sichere Gewährleistung 
eines hohen Einkommens bei angesehener 
Stellung und nicht allzu viel Arbeit, von 
der ein Theil auf Assessoren übertragen 
werden konnte — welche letztere jetzt selbst 
Anwälte werden können und daher ihrer 
seits die jetzige Einrichtung vorziehen. Für 
das Publikum hatte die damalige Gestal 
tung des Anwaltswesens keineswegs vor 
der jetzigen ausschließlich Vorzüge. 
— Gegen die freie Advokatur er 
eifert sich die „Köln. Ztg.", obgleich in 
der Rheinprovinz die freie Advokatur nach 
kurzer Einschränkung Menschenalter hin 
durch bestanden hat und noch vor dem Er 
laß der Reichsjustizgesetze wiederhergestellt 
worden ist. Das rheinische Blatt ergeht 
sich dabei nur in allgemeinen Redensarten. 
Thatsächlich führt es nur an, daß sich an 
Oberlandesgerichten die jüngsten Anwälte 
ohne jede frühere Praxis und Erfahrung 
niederlassen. — Es fragt sich aber doch, 
ob solche Anwälte auch Praxis bekommen. 
Niemand ist ja gezwungen, seine Sache vor 
dem Oberlandesgericht „unreifen Männern" 
zu übertragen. Die Rechtsanwälte der 
ersten Instanz pflegen ihren Klienten auch 
durchaus nicht solche Kollegen an den Ober 
landesgerichten zu empfehlen. Den Beweis 
der „Unreife" findet die „Köln. Ztg." 
darin, daß „manche Anwälte sich nicht 
scheuen, sich offen als Anhänger der S o- 
zialdemokratie zu bekennen." Es 
gibt auch unter den Aerzten Sozialdemo 
kraten. Deßhalb aber hat noch niemand 
solche Aerzte als technisch „unreif" be 
zeichnet. 
— Auf die Margarinesteuer will 
der Bundder Landwirthe das Schwer 
gewicht seiner Agitation legen. Wie die 
steht man ^ die Andeutungen der Offiziösen des Civilgerichts festgestellt. In der Ent 
recht, so wird an eine Vertagung des Reichs 
tags bis zum Herbst gedacht, die sich ja 
zur Noth mit einer zarten Rücksichtnahme 
auf die zwar eben erst von der Ostererho 
lung zurückgekehrten, auch sonst meist nur 
recht sporadisch in Berlin gesehenen, 
thesi aber doch bereits überangestrengten 
Herren Parlamentarier begründen liege 
Man hätte dann erreicht, daß der ganze 
Plan der verbündeten Regierungen in der 
nächsten Session noch intakt dastünde, daß 
eine erste Lesung desselben nicht mehr statt 
finden, sondern sofort die kommissarische 
Berathung beginnen würde, und vor Allem, 
daß diejenige Partei, auf welche es haupt 
sächlich ankommt, das Centrum, sich noch 
nicht durch ein negatives Votum die Hände 
gebunden hätte. Der Plan hat zweifellos 
viel für sich, nur schade, daß man die 
Rechnung ohne Herrn Richter und das 
Centrum gemacht hat. Der Erstere will, 
schon im Interesse der durch die Steuer 
Projekte betroffenen Gewerbszweige, von 
einer Hinausschiebung der Entscheidung 
absolut nichts wissen, und auch die Cen 
trumspresse verlangt die ausdrückliche Zurück 
ziehung oder die ausdrückliche Ablehnung 
der Regierungsvorlagen. Nun ist guter 
Rath theuer." 
— Die Verse, mit welchen die „Getreuen 
von Jever" diesmal ihre Kiebitzeier-Sen- 
dung an den Fürsten Bismarck begleitet 
haben, haben folgenden Wortlaut: „Wenn 
Kiewiet knmmt, makt wi uns prat (bereit), 
— To Vörjahrssaat, — Un bidd't um'n 
moi (schönes) Jahr. — Wenn Kiewiet 
röppt, denkt wi an Di, — Und dankt wi 
Di — Vör waning moi Jahr. — Wenn 
Kiewiet leggt, dann griep wie to — Un 
grad'leert un wünscht darto — Di mannig 
moi Jahr. 
— Nach den neuesten statistischen Be 
rechnungen über die Kosten des Unterrichts 
in Preußen verursacht jedes Kind in den 
preußischen Volksschulen einen öffentlichen 
Kostenaufwand von 29,74 M; jeder Schü 
ler in den höheren Lehranstalten einen 
solchen von 113 Ji und jeder Student 
an den preußischen Universitäten einen Zu 
schuß von 625 Mk. jährlich. 
— Der Landrath des Friedeberger 
Kreises, v. Barnstedt, der durch sein 
Eintreten für die Wahl A hl Wardts seiner 
Zeit sich bekannt gemacht hat, theilt in 
einem Kreisblatt mit, daß ihm der erbetene 
Abschied aus dem Staatsdienst zum 1. April 
bewilligt worden ist. 
Wegen des Nordlichts in der Nacht 
zum Sonnabend ist in Neisse die Land 
damit nicht ein Unschuldiger büßt, was ein 
anderer verbrochen oder ein Verbrechen un- 
gcsühnt bleibt. Noch che mein Fuß das 
Schloß betreten und ich nur aus Ihren 
Mittheilungen wußte, um was es sich han 
delte, war ich bereits fest entschlossen, meine 
ganze Kraft daran zu setzen, den Schleier 
zu lüften. . Wenn in: ersten Augenblick sich 
auch alles so verworren zeigte, so haben 
mir meine eigenen Untersuchungen doch ge 
zeigt, welche Richtung ich bei meinen weiteren 
Nachforschungen einzuschlagen habe." 
„Wie, sollten Sic bereits wissen, wo der 
Thäter zu finden ist?" fragte der Notar 
erstaunt. 
„Nein, Herr Steinbach, ich wollte mit 
meinen Worten nur andeuten, daß Freiherr 
von Rodcnstein meuchlerisch ermordet worden 
und vielleicht einem wohlüberlegten Plan zum 
Opfer gefallen ist. Ein Kriminalist darf 
sich eben nicht durch andere Personen beein 
flussen lassen, sondern muß sich selbst über 
zeugen und nachforschen. Oesters kommt 
ihm hierbei auch der Zufall zu Hülfe und 
wie manche dunkle That, wo man geglaubt, 
den Urheber nie entdecken zu können, ist da 
durch schon aufgeklärt worden. Es wird 
wohl selten ein Verbrechen begangen, wo 
nicht eine, wenn auch noch so geringe Spur 
zurückbleibt." 
(Fortsetzung folgt.) 
„Voss. Ztg." mittheilt, hat der Vorstand (spritze alarmirt worden, sie rückte aber 
des Bundes der Landwirthe die Wahlkreis-'nicht über das Weichbild der Stadt hinaus, 
und Bezirksvorsitzenden aufgefordert, dafür, weil der rothe Schein am Himmel darauf 
Sorge zu tragen, daß möglichst noch in 
dieser Woche von den Landwirthen und 
Molkereien Eingaben an die Wirthschaft- 
Vereinigung des Reichstags gerichtet werden, 
die ein energisches Eintreten für die vom 
Bunde eingebrachten Abänderungsvor 
schläge zum Margarinegesetz verlangen. Es 
sei sonst zu befürchten, daß der Entwurf 
bereits als Torso aus der Wirtschaftlichen 
Vereinigung hervorgeht und so verstümmelt 
an den Reichstag gelangt, daß schließlich 
ein brauchbares Gesetz nicht herauskommt. 
— Herr Polstorsf, der Redakteur des 
„Kladderadatsch", wird nunmehr offiziös in 
der „Nordd. Allg. Ztg." aufgefordert, die 
Person zu nennen, die ihm als angeblicher 
Beauftragter des Auswärtigen Amts die 
Mittheilung gemacht habe, daß im Aus 
wärtigen Amr ungehörige Dinge geschehen 
seien. 
— In den „Berl. 9J. Nachr." erklärt 
Graf Henckel-Donnersmarck, daß er 
den Angriffen des „Kladderadatsch" direkt 
wie indirekt völlig fernstehe und daß ihm 
auch die Personen, von denen diese her 
rühren, unbekannt seien. 
— Zu den S teuerst ro jekten wird 
der „Münch. Allg. Ztg." aus Berlin ge 
schrieben: Im Spätherbst des vorigen 
Jahres beherrschte der Reformplän des 
Herrn Miguel durchaus die Situation; 
es schien, als sollte das kühne und um 
fassende Werk mit aller Macht in Angriff 
genommen werden. Der routinirten Taktik 
des Herrn Eugen Richter gelang es 
aber, die parlamentarische Behandlung des 
Plans auf den Kopf zu stellen und sie von 
vornherein in einer unerhörten Weise zu 
verzetteln. Dann kamen die Handelsver 
träge dazwischen. Jetzt, da der ersehnte 
Augenblick zur Erörterung des Tabak- 
Fabrikatsteuergesetzes und des finanziellen 
Verhältnisses zwischen dem Reich und den 
Einzelstaaten gekommen sei, seien die offi 
ziösen Stimmen, welche, da für ein Zw 
standekommen der Finanzreform noch in der 
gegenwärtigen Session doch keine Aussicht 
mehr sei, das Signal zu einem raschen 
Abbruch der parlamentarischen Arbeiten 
gegeben. Niemand habe Lust, sich die Nieder 
lage auf das Konto schreiben zu lassen. 
Und wenn Keiner sich einer Niederlage 
aussetzen will, so ist es allerdings das 
Gescheidteste, man läßt es gar nicht erst 
zum Kampfe kommen. Die Frage ist nur, 
wie man sich mit Anstand aus der Affaire 
ziehen zu können gedenkt. Daß die ver 
bündeten Regierungen ihren Reformplan 
und das Hauptmittel zur Verwirklichung 
desselben, die Tabakfabrikatsteuer, nicht ein 
fach zurückziehen können, ist klar. Ver 
schließen ließ, daß die eventuelle Feuers 
brunst weiter als eine Bannmeile von der 
Stadt entfernt wüthen müsse. Am Sonn 
abend-Bormittag angestellte Nachforschungen 
ergaben, daß im weitesten Umkreise von 
Neisse bis nach Falkenberg und Friedland 
hin ein Feuer nicht gewesen ist, daß man 
aber überall ebendenselben intensiv rothen 
Schein bemerkt hatte. 
Wegen Unterschlagung amtlicher 
Gelder im Betrage von 7500 Mk. ist der 
Kassenrendant B. in Alt-Landsberg 
verhaftet worden. Er hat vor einer außer 
ordentlichen Revision der Kämmereikasse 
selbst die Schuld gestanden. Wie sich bisher 
ermitteln ließ, hat B. jedesmal, wenn eine 
Kassenprüfung bevorstand, das Manko da 
durch verdeckt, daß er sich das fehlende 
Geld von guten Freunden lieh und später 
wieder zurückgab. Dieses Manöver war 
ihm diesmal unmöglich geworden. Der 
Verlust der Stadt ist glücklicherweise nicht 
groß, da B. 4500 Mk. Kaution gestellt hat, 
so daß vielleicht nur 3000 Mk. ungedeckt 
bleiben. 
Naumburg a. S-, 1. April. Auf Re 
quisition der Staatsanwaltschaft wurde am 
Freitag Justiz rath Sickel in Weißen 
fels verhaftet und in das hiesige Ge- 
richisgefängniß eingeliefert. Der Grund 
der Verhaftung ist noch nicht bekannt ge- 
worden. Sickel wohnte früher in Lützen. 
Krefeld, 2. April. Die Zeugnisse 
zum Schluffe des Schuljahres bringen 
nianchem braven Schüler das äußere Zeichen 
verdienter Anerkennung, sie tragen aber 
auch in recht zahlreiche Familien Verdruß, 
Beunruhigung und Trauer. Ein Primaner 
des hiesigen Realgymnasiums nahm sich den 
ungünstigen Ausfall seines Zeugnisses der 
art zu Herzen, daß er sich bald nach dessen 
Empfang erschoß. Ein Schüler aus einem 
benachbarten Orte, der eine hiesige höhere 
Schule besucht, wollte sich wegen seiner 
schlechten Censur in den Rhein stürzen, 
kehrte auch nicht nach Hause zurück und 
versetzte seine Eltern in die höchste Unruhe. 
Eine bemerkenswerthe Entscheidung gegen 
die Militärverwaltung hat das Ober- 
Landesgericht in Braunschweig kürzlich ge 
fällt. Die Bewohner der in den letzten 
Jahren in der Nähe der dortigen Jnfan- 
teriekaserne entstandenen neuen Straßen 
werden durch das Schießen auf dem Ka 
sernenhofe sehr stark belästigt, auch hat sich 
einmal ein Geschoß von dort verirrt. Auf 
einen von den Anwohnern gegen den Mi 
litärfiskus angestrengten Prozeß erklärte 
sich die Civilkammer des Landgerichts für 
inkompetent. Auf Berufung hat das Ober 
landesgericht Braunschweig die Kompetenz 
scheidung des Gerichtshofes heißt es u. A.: 
„Die Militärverwaltung nimmt keine Son 
derstellung ein, auch sie hat bei ihrer Amts 
thätigkeit vor Verletzung von Privatrechten 
sich zu hüten " 
Harzbnrg, 2. April. Es verdient wohl 
vermerkt zu werden, daß zu dem hiesigen 
Bürgermeifterposten, für den sich bekannt 
lich nicht weniger als 46 Bewerber ge 
funden, auch An ehrsamer Schuhmacher 
meister sich gemeldet hatte, der zu seiner 
Empfehlung angab, daß er vom 6. bis 
14. Jahre die Dorfschule besucht und sich 
sehr viel mit kommunalen und politischen 
Angelegenheiten beschäftigt habe. 
Leipzig, 2. April. Hier fand dieser 
Tage eine sozialdemokratische Versammlung 
statt, die sich der „Leipz. Ztg." zufolge mit 
der Frage einer eigenen Parteidruckerei be 
schäftigte; es sollen zu diesem Zweck alle 
in Leipzig verfügbaren Parteigelder und 
ein Darlehen aus der Partei-Hauptkasse 
im Betrage von 30000 Jl verwendet wer 
den. Ein endgültiger Beschluß kam nicht 
zu stände. Der anwesende Bevollmächtigte 
des Parteivorstandes sprach sich gegen den 
den Plan aus. 
Metz, 1. April. Im Wäldchen von 
Frescaty wurde vorgestern ein Duell 
zwischen einem Unterärzte und einem ein 
jährigen Apotheker ausgefochten. Der Unter 
arzt trug dabei einen schweren Hieb über 
den Unterarm davon. Veranlassung zu 
diesem Duell war ein Wirthshausdisput, 
der dadurch hervorgerufen wurde, daß ein 
mit dem Apotheker Karten spielender Ein 
jähriger den Unterarzt bei seinem Eintritt 
in das Lokal nicht bemerkt und nicht ge 
grüßt hatte und dieserhalb von dem Me 
diziner zur Rede gestellt wurde. 
Hamburg, 3. April. Der bürgerschaft- 
liche Ausschuß zur Prüfung des Staats- 
defizits von 7 >/2 Millionen Mark beantragt 
eine progressive Erhöhung der Einkommen 
steuer von 20 bis 80 pCt., die Ablehnung 
der mißliebigen Firmensteuer und eine ver 
änderte Erbschaftssteuer. 
BrovinrielleÄ. 
— Wie den „Hamb. Nachr." mitgetheilt 
wird, sollen bedeutende Aenderungen auf 
dem Gebiete der schleswig-holsteinischen 
Schulverwaltung für die nächste Zeit 
bevorstehen. Es soll nämlich in der Ab- 
icht der obersten Schulbehörde liegen, (in 
ämmtlichen Städten, Flecken und größeren 
Ortschaften, wo ein mehrgliederiges Schul 
system herrscht, die althergebrachte Lokal 
schulinspektion der Geistlichkeit vollends 
aufzuheben und dafür eine Fachaufsicht 
einzuführen. In jeder Stadt resp. in je- 
dem Orte wird mindestens einem dazu 
qualifizirten Lehrer, in der Regel dem er 
sten Lehrer, die Lokalschulinspetkion über 
tragen. Wo mehrere, mindestens fünf- 
klassige Schulen existiren, wird für jede 
Schule, soweit thunlich, ein Lokalschulin 
spektor angestellt, und zwar soll dies, wie 
schon erwähnt, der Leiter der Schule sein, 
vorausgesetzt, daß er sich hierfür eignet. 
Derselbe erhält dann den Titel Rektor 
oder Hauptlehrer, muß jedoch erst seine 
Qualifikation nachweisen, was durch Ab 
legung des hierfür erforderlichen Examens 
(Mittelschullehrer- und Rektoratsprüfung) 
geschieht. Nur ausnahmsweise, und zwar 
bei alten und sehr tüchtigen Lehrern, kann 
von der Ablegung der erwähnten Prüfun 
gen abgesehen werden. In der Regel wird 
der Qualifikationsnachweis verlangt, wie 
die diesjährige Mittelschullehrerprüfung und 
das Rektoratsexamen bewiesen. Es mußten 
sich nämlich recht alte Herren beiden Prü 
fungsarten unterziehen. Andererseits wer- 
den in Zukunft nicht mehr, wie dies bisher 
üblich war,. ganz junge, verhältnißmäßig 
noch ungeschulte, d. h. dem Posten eines 
Schulleiters nicht völlig gewachsene, Lehrer 
zum Rektoratsexamen zugelassen. 
Ein Nordseefischer brachte letzter Tage 
einen Haifisch nach Altona, welcher 15 Fuß 
lang war und 15 Centner wog. 
Der Schulamtskandidat Dr. Köppen 
ist dem Realprogymnasium in Sonöerbnrg 
als wissenschaftlicher Hülfslehrer überwiesen. 
Die Anstalt ist demnach mit 8 Lehrkräften 
versehen bei einer Frequenz von etwa 40 
bis 50 Schülern. 
Ein Lehrermangel, wie er früher vor 
handen war, ist gegenwärtig nicht zu be 
klagen. Wie in Eckernförde, so haben auch 
die meisten öer in Tondern examinirten 
Seminaristen keine Stelle erhalten, sondern 
müssen sich erst eine solche suchen. 
Herr Apotheker Mvubach in Fricdrichstadt 
sandte dem Fürsten Bismarck zum Geburts- 
tage einige Flaschen seines bekannten Ma 
genbittern. 
Schleswig, 3. April. Gestern Nacht hat 
ein Infanterist, der vor Schloß Gottorf 
auf Posten war, sich im Burggraben er- 
tränkt. Gestern Morgen wurde die Leiche 
gefunden. Die Ursache des Selbstmordes 
wird, da eine andere nicht vorhanden ist, 
in Liebeskummer gesucht. 
Mit gestern hat die „Neumünstersche 
Zeitung" ihr Erscheinen eingestellt. Die 
selbe erschien seit einigen Jahren täglich. 
Itzehoe, 2. April. Die hiesige Wasser 
kunst-Aktiengesellschaft zahlt für das ver 
flossene Geschäftsjahr eine Dividende von 
8'/3 pCt. (gegen 9 pCt. im Vorjahre), 
nachdem reichliche Abschreibungen stattge- wahren, 
funden haben. 1 T* 
Die Kirche des Kirchspiels Leck erweist 
sich als zu klein, indem an mehreren Sonn- 
und Festtagen die Sitzplätze nicht aus 
reichten. 
Dem Amtsgerichtsrath von Colditz zu 
Bargteheide im Kreise Stormarn ist der 
Rothe Adler-Orden dritter Klasse mit der 
Schleife verliehen worden. 
D Luhnstedt, 3. April. Heute Morgen 
wurde unsere freiwillige Feuer alarmirt; 
es brannte nämlich ein Schornstein im Ge 
wese des Gastwirths Behrens. Die Flam 
men schlugen hoch aus dem Schornstein 
empor und Feuerfunken fielen in Massen 
auf das trockene Dach, welches schon zu 
brennen begann. Sicherlich wären Haus 
und Scheune ein Raub der Flammen ge< 
worden, wenn nicht durch das energische 
Eingreifen unserer Feuerwehr das Feuer 
in seinem Heerd erstickt worden wäre. Auch 
die Stafstedter Feuerwehr erschien noch; 
dieselbe konnte ihre Thätigkeit aber nicht 
erst entfalten, da das Feuer bereits ge 
löscht war. 
X) Rendsburg, 4. April. Ein Akt der 
Rohheit, wie wir ihn wohl noch nicht zu 
vor erlebt haben, wurde in der letzten 
Nacht auf dem Altstädter Kirchhof verübt. 
Eine ganze Reihe von Grabsteinen ist um 
geworfen, Platten, welche die Inschrift 
tragen, sind zertrümmert, Kreuze abge 
schlagen usw. Auch in den naheliegenden 
Gärten ist mehrfach grober Unfug verübt 
worden. Wahrscheinlich wird die Schand 
that in der Zeit von 12 bis 1 Uhr aus- 
geführt worden sein, da zu dieser Zeit in 
mehreren in der Nähe liegenden Häusern 
die Hunde außerordentlich unruhig waren. 
Hoffentlich wird es gelingen, der frechen 
Thäter noch habhaft zu werden, vielleicht 
durch Aussetzung einer namhaften Belohnung. 
Die Waldschnepfe. 
Die Waldschnepfe hat für den Jäger 
von den in Deutschland heimath-berechtigten 
Schnepfenarten das höchste Interesse. Als 
Wildpret vortrefflich, hat der Vogel einen 
hohen Werth; seine Jagd bietet sehr viel 
des Spannenden in ihren verschiedenen 
Arten und wird vom deutschen Waidmann 
gern gepflegt. Die Schnepfe ist ein Zug 
vogel und kommt um die Mitte des Mo 
nats März zu uns, die Zeit ihres Auf- 
enthalts währt etwa vier Wochen. Ihr 
Lieblingsaufenthalt ist der Wald, ihre Nah 
rung besteht aus Würmern, welche sie zu 
meist auf den an Holzrändern sich hinziehen 
den Wiesen aufsucht, um dann sofort in 
das Dunkel der Bäume zurückzuflüchten. 
Ihr Wesen ist ein scheues, dieses und die 
Abgeschiedenheit ihres gewöhnlichen Auf 
enthaltsorts schützen sie vor Nachstellungen. 
Von den Jagdarten auf die Schnepfe 
seien hier nur die interessantesten erwähnt, 
Zuerst sucht man sie mit einem sicheren, mit 
einer Klingel versehenen Hunde und es 
empfiehlt sich, daß zwei Jäger sich gegen 
seitig helfen. Während der eine vorsichtig, 
sobald der Hund steht, hinter diesen tritt, 
umgeht der andere in weitem Bogen die 
Stelle, wo der Vogel zu vermuthen ist. 
Die Schnepfe wird gezwungen, in die Höhe 
zu steigen und kann leicht geschossen werden, 
während sie, am Boden hinstreichend, ein 
sehr schwieriges Zielobjekt sein würde. 
Neben der Suche mit dem Hunde benutzt 
man die Gewohnheit der Schnepfe, am 
Morgen und Abend feuchte Sumpflöcher 
zum Zwecke des Nahrungssammelns aufzu 
suchen, um ihrer habhaft zu werden. Zuerst 
hoch über den Wipfeln der Bäume kreisend, 
läßt sie sich plötzlich pfeilschnell mit pfeifen 
dem Flügelschlag nieder, bleibt dann län 
gere Zeit still stehen, den langen Schnabel 
auf die Brust gesenkt und mit hervor 
tretenden Augen scharf um sich schauend, 
ob ihr keine Gefahr droht. Dann erst be 
ginnt sie das Suchen nach Würmern und 
scheint nun jede Scheu verloren zu haben. 
Die beliebteste Jagdart ist der Anstand, 
gelegentlich des Schnepfenzuges, der eigent 
licken Paarungszeit im Frühjahr, am 
Morgen und Abend. Letztere Tageszeit 
wird der längeren Dauer des Zuges wegen 
mit besonderer Vorliebe gewählt. Das 
Tageslicht ist erloschen und mit ihm sind 
die rothen und goldigen Säume der Wol 
kenschäfchen im Westen verblichen. Das 
Himmelsgewölbe ist in lichtes Blau ge 
taucht. Aufhorchend steht der Jäger. Da 
plötzlich sieht er sie langsam am Waldes 
rande dahinziehen. Bald geht es in wil 
dem Flug pfeilschnell an ihm vorüber. 
Der Jäger hat nickt vermocht, zu schießen, 
weil die Umrisse der Vögel beim heftigen 
Fluge zur Erde im Schatten derselben ver 
schwanden. Aber sie sind da und ein 
trauriges Ende setzt der Mensch ihrer 
Liebesfahrt, zufrieden allein, wenn er eine 
möglichst ansehnliche Zahl von ihnen nach 
Hause bringen kann. 
Briefkasten der Redaktion. 
X. A. Der Osterhase ist ein Ueberbleibsel der 
heidnischen Ostergebräuche; der Hase mar ein der 
Göttin Ostara geheiligtes Th'.er) 
8t. 55. Wenn man Eier mit Vaseline ein 
reibt, so halten sie sich sehr lange. Man muß 
sie aber an einem kühlen, trockenen Ort aufbe- 
3SB&.
	        
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