Werkern und Arbeitern für ihre aus
Lieferungen und Arbeiten an Neubauten
erwachsenden rechtmäßigen Forderungen ein
Vorrecht vor sämmtlichen auf diese Bauten
und Grundstücke eingetragenen Hypotheken
und Cessionen gewährt werde. Wie nach
der „Voss. Ztg." verlautet, hätte die
preußische Regierung diese Forderung für
zu weitgehend befunden, sie soll indessen
thunlichst berücksichtigt werden. Ein Privat
pfandrecht der Bauhandwerker, das allen
Hypothekarien vorausgehe, sei in keiner
europäischen Gesetzgebung anerkannt.
— Gegen die Branntweinpest wendet
sich ein jüngst ergangener Erlaß des Mi
nisters des Innern, Grafen zu Eulenburg.
In demselben wird hervorgehoben, daß durch
Aufstellung eines Ortsstatuts die Frage des
Bedürfnisses nach Schankstätten geregelt
werden soll. Wo in Gemeinden von min
destens 15 000 Einwohnern ein solches
Ortsstatut noch nicht vorhanden ist, sind
die Gemeindebehörden zu dessen Aufstellung
aufzufordern.
Braunschweig, 28. März. Im Anschluß
an unsere gestrige Abenddepesche melden
wir noch, daß Dienstag-Nacht um 1 Uhr
beim Einrangiren des Salonwagens des
Prinzregenten Albrecht in den
Schnellzug Berlin-Aachen die Lokomotive
mit einem Gepäckwagen auf den Salon
wagen des Prinzregenten rannte. Die
sämmtlichen Fenster wurden zertrümmert;
eine Pufferscheibe des Gepäckwagens wurde
abgesprengt. Der Prinzregent wurde von
seiner Lagerstätte geschleudert, blieb aber
unverletzt und setzte nach einem längeren
Aufenthalt die Weiterfahrt fort.
Wendhauscn, 26. März. In unserm
Orte ereignete sich dieser Tage ein schwerer
Unglücks fall. Zwischen 2 und 3 Uhr
Nachmittags ertönte plötzlich ein heftiger
Knall und gleich darauf stiegen von der
Vieweg'schen Papierfabrik mächtige Dampf
wolken empor. Der sogenannte Lumpen
kocher, ein großer eiserner Kessel, war ex-
plodirt und von der Gewalt der Dämpfe
über 20 Schritt weit in die vorbeisließende
Schunter geschleudert. Das Gebäude, in
welchem der Kessel gestanden, war ein
Trümmerhaufen, und' unter diesen Trüm
mern lag todt der Zimmermann Wipper
mann, ein guter, beliebter Arbeiter. Außer
dem ist noch der Heizer Kawes an den
Händen schwer, im Gesicht leicht durch
Brandwunden verletzt.
Königsberg i. Pr., 27. März. Gestern
früh fand im Trenkerwald ein Pistolen
duell zwischen einem Studirenden der
Landwirthschaft, Baron R. und einem Re
ferendar B. statt. Letzterer erhielt einen
Schuß in den Unterleib und ist der Ver
letzung heute erlegen. R. hat sich dem
Gericht gestellt.
Bromberg, 27. März. In der viel be
sprochenen Angelegenheit der Umänderung
des Namens Schm ul in G oetze hat der
Minister des Innern die gegen den Re
gierungspräsidenten zu Bromberg gerich
teten Beschwerden zurückgewiesen. Wie die
„Ostdeutsche Presse" erfährt, hat der Groß
vater der Kaufleute Schmul in Schneide
mühl „Schmul Goetze" geheißen. Bereits
im Jahre 1889 wurde einem in Stettin
lebenden Sohn des Letzteren die Wiederan
nahme dieses Namens gestattet. (Die An
tisemiten haben die Angelegenheit bekannt
lich zu einer Staatsaktion aufgebauscht
und gegen solche „Namensänderungen"
protestirt.)
Ein grober Unfug ist in Charlotten-
bnrg an den Anschlagsäulen verübt worden.
Wie die „Charlottenb. Z." mittheilt, sind
quer über die Plakate zweier Vergnügungs
etablissements breite blutrothe Zettel geklebt
worden mit mit der Aufschrift: „Für Ar
beiter gesperrt." Die Polizei hat sofort
Nachforschungen nach dem Verüber dieses
Unfugs angestellt.
Ein Schlossergesellc ermordete in
Glogau wegen eines Aufschubes der Hoch
zeit seine Braut, sowie deren Mutter, dann
verwundete er sich durch Revolverschüsse
selbst sehr schwer.
Mannheim, 28. März. Die hiesige
Speditionsfirma I. P. Lanz & Co. sandte
Anfangs der verflossenen Woche an ein
rheinisches Haus einen Werthbrief mit
einem Inhalt von ca. 2000 Mark ab.
Als der Brief von dem Adressaten geöff
net wurde, fehlten etwa 1200 Mark. Da
der Lehrling, der den Brief auf das hiesige
Hauptpostamt zu verbringen hatte, seit
einigen Tagen verschwunden ist, nimmt
man an, daß er den Brief geöffnet und
den fehlenden Betrag sich angeeignet hat.
München, 24. März. Nach den „Neue
sten Nachr." gerieth der hiesige Schrift
steller von Heigel in Riva am Garda
see in einem Restaurant wegen einer ge
ringfügigen Ursache mit einem Oberlieute
nant in Wortwechsel. Heigel erhielt dabei
mehrere Säbelhiebe über den Kopf.
Ein Opfer des Berufes ist der am Don
nerstag in Gießen verstorbene Professor
der Medizin Dr. Friedr. Birnbaum ge
worden. Er zog sich bei der Operation
eines Geschwürs am Fuße eines Kranken
eine Verwundung zu; eine folgende Blutver
giftung setzte in kurzer Zeit dem Leben des
beliebten Mediziners ein Ende.
X Hamburg, 27. März. Die heute im
Logengebäude abgehaltene Jahresversamm
lung des Fortbildungsschulvereins
für Schleswig-Holstein, Hamburg und
Lübeck war von ca. 180 Personen besucht.
Hauptlehrer Tank-Neumünster begrüßte die
Erschienenen und theilte der Versammlung
mit, daß die Königliche Regierung in
Schleswig durch den Regierungsrath Müller,
die Hamburger Behörde durch den Senator
Refardt vertreten sei. Letzterer begrüßte
die Versammlung in längerer Rede und
betonte besonders, daß die Verwaltung der
hiesigen Gewerbeschule der Entwickelung
des Fortbildungsschulwesens in Schleswig-
Holstein ein lebhaftes Interesse entgegen
bringe und die Jahresberichte dieser Schulen
lets mit Dank entgegengenommen habe
Er sprach zum Schluffe die Hoffnung aus,
daß die heutige Versammlung dazu bei
tragen möchte, das Gewerbe und die In
teressen des Gewerbestandes zu heben und
zu förden.
Der Vorsitzende spricht dem Redner seinen
Dank für die freundliche Begrüßung aus
und hebt das Verdienst der Hamburger
Gewerbeschule um die Entwickelung des
Fortbildungsschulwesens in Schleswig-Hol
stein hervor.
Einen Vortrag hielt Dr. Glinzer
Hamburg über den Unterricht an den Fort
bildungsschulen an den Sonntag-Vormit
tagen. Nachdem Redner in längerer Aus
einandersetzung seine Anschauung begründet,
hebt er hervor, daß es Pflicht der heutigen
Versammlung sei, eine Resolution auf
Aenderung dieses Gesetzes anzunehmen.
Referent stellt folgende Forderung aus:
1.
2.
3.
4.
5
Im
ohne sich indeß von seinem Sitz zu erheben
oder eine andere Stellung einzunehmen.
„Entschuldigen Sie, Hochwürden, das ich
vielleicht ungelegen ihre Zeit auf eine kurze
Weile in Anspruch nehme und Sie störe,"
unterbrach Frederik van Dalenbourg das nach
der gegenseitigen Begrüßung einen Augenblick
eingetretene Schweigen.
(Fortsetzung folgt.)
Außer dem Abendunterricht muß noch
eine Folge von 3—4 Stunden der
Schule zur Verfügung stehen; für
diese Zeit ist das Tageslicht unent
behrlich.
Der Zustand des Schülers muß dann
körperlich und geistig ausgeruht sein.
Alle Lokale, welche auch des Abends
verwendet werden, müssen dafür ver
fügbar sein.
Alle bisherigen Lehrkräfte aus den
Kreisen der Künstler usw. müssen da
für verfügbar sein.
Auch die Gesellen- und Selbstständigen
und die Lehrlinge usw., welche weit
von der Schule entfernt sind, müssen
daran Theil nehmen können.
Anschlüsse an diese Forderungen
bringt Referent folgende Resolution ein:
Die heute im Logenhause tagende Ver
sammlung spricht sich dahin aus, daß die
Beibehaltung des mehrstündigen ununter
brochenen Sonntags-Vormittags-Unterrichts
eine durch die Verhältnisse gebotene Noth
wendigkeit ist. Gegen die Annahme dieser
Resolution sprechen sich die Rektoren
Struwe-Preetz und Leissner-Gaarden aus,
welche in erster Linie Rücksicht auf das
religiöse Bedürfniß der Schüler genommen
wissen wollen. Nach lebhaften Auseinander
setzungen, bei denen besonders der Referent
und der Vorsitzende für Annahme der Re
solution eintreten, wird dieselbe gegen etwa
12 Stimmen angenommen.
Hamburg, 26. Mäch. Einen energischen
Schritt zur Beschaffung besserer
ohnungsverhältnisse in Hamburg
hat in jüngster Zeit die hiesige Bürger
schaft auf Drängen der Bevölkerung ge
than. Aus ihrer Mitte ist nämlich beim
enat der Antrag auf Bewilligung einer
Summe von 10 Mill. Mk. zwecks Ankauf
und Niederlegung solcher Häuser, Gänge
und Höfe gestellt, welche den gesundheit
lichen Anforderungen nicht mehr entsprechen.
Es handelt sich bei diesem Antrage ausge
sprochenermaßen um die Beseitigung des
berüchtigten Gängeviertels. — Die Aus
stèllung für das Wirthsgewerbe
welche am 31. ds. Mts. eröffnet werden
wird, nimmt einen weit bedeutenderen Um
fang an, als anfangs geplant war. Das
Komitee hat daher zu bereits vorhandenen
Lokalitäten im Restaurant „Zum Hohen-
zoller" weitere hinzumiethen müssen, da
die Räumlichkeiten die angemeldeten Gegen
stände nicht aufzunehmen vermochten. Die
Ausstellung wird 20 verschiedene Gruppen
von Gegenständen umfassen. Unter den
Ausstellern befinden sich Fachfirmen des
und Auslandes.
Provinzielles.
Seit länger als einem Jahr hat die
schleswig-holsteinischeL andes-Jndustrie-
Lotterie aufgehört. Die vom Vorstand
des Altonaer Jndustrievereins beim Ober
präsidenten gethanen Schritte, um den Fort
bestand der Lotterie zu erwirken, haben
einen direkten Erfolg nicht gehabt. Jetzt
wollen sich auf gegebene Anregung hin
Gewerbetreibende aus allen größeren Orten
der Provinz zusammenthun und in einer
gemeinschaftlichen, an den Oberpräsidenten
gerichteten Eingabe bei demselben vorstellig
werden, daß die Genehmigung zur Weiter
führung der alten Landes-Jndustrie-Lotterie,
welche vielen Gewerbetreibenden lohnenden
l Verdienst gewährt hat, wieder ertheilt werde.
Jn-
Die Beerdigung einer Kinderleiche
war einem Tischlermeister in Ottensen
übertragen, er betrank sich indessen derart,
daß er mit dem Sarge, den er unter
den Armen trug, zu Boden stürzte.
Diese traurige Beerdigung erregte viel Auf
sehen und der Tischler wurde wegen Er
regung öffentlichen Aergernisses in Unter
suchung gezogen.
Der Kriegsminister Bronsart v. Schellen
dorff traf Montag-Abend zum Besuch seiner
Schwiegermutter, der Frau Etatsrath Don
ner, in Altona, in deren Villa an der Elb
chaussee ein. Der Kriegsminister gedenkt
drei oder vier Tage in Altona zu ver
weilen.
Konfirmanden aus Stellingen und
Eidelstedt geriethen Abends nach beendig
tem Gottesdienst in Streit, wobei es zu
Thätlichkeiten kam. Hierbei spielten Knüttel
und Messer eine Rolle und ein Knabe aus
Eidelstedt erhielt eine stark blutende Wunde
in der Schläfengegend, sodaß er schleunigst
ärztliche Hülfe in Anspruch nehmen mußte.
Nette Früchtchen diese Konfirmanden!
Krempe, -27. März. Die hiesige Stadt
hat beschlossen, eine Wasserfiltrations
anlage einzurichten, bei-welcher die Vor
richtung getroffen wird, daß das eisen
haltige Grundwasser von seinem eisenhalti
gen Geschmack befreit wird.. Die Kosten
sind auf ca. 3000 Jl veranschlagt.
Wüster, 27. März. Die stöbt. Kollegien
haben zum Ankauf eines Hamburger Elek
trizitätswerks 10000 Mark gezeichnet, mit
dem Vorbehalt, die ganze Anlage nach 25
Jahren zum Taxationswerth ankaufen zu
können.
Als gestern ein Brautpaar sich nebst
Trauzeugen nach stattgefundener Trauung
von Zarpen auf der Rückkehr nach Mönk
hagen befand, gerieth der Wagen auf der
Chaussee gegen einen Prellstein, schlug um
und sämmtliche Insassen wurden auf das
Straßenpflaster geschleudert, während die
Pferde mit dem Vordergestell des Wagens,
das sich losgelöst hatte, davonrasten.
ämmtliche Personen, die sich auf dem
Wagen befunden hatten, erlitten mehr oder
weniger erhebliche Verletzungen. Am schwer-
sten verletzt wurde der Vater der Braut,
Lohse aus Mönkhagen; derselbe wurde in
den Ahrens'schen Gasthof Hierselbst zurück
gebracht, wo ihm die nöthige Hülfeleistung
zu Theil wurde.
8. Heide, 27. März. Der Direktor der
landwirthschaftlichen Schule hier, Dr. Clau
sen, wird mit einem Theil der Schüler zu
der vom 6. bis 11. Juni in Berlin statt
findenden Wander-Ausstellüng der Deutschen
Landwirthschafts-Gesellschaft reisen. Die
Rückreise soll voraussichtlich durch das öst
liche Holstein erfolgen.
Dem Herrn Postdirektor a. D. Ti etz in
Schleswig ist der Königl. Kronenorden 3.
Kl. verliehen worden.
n Gr.-Kummerfeld bei Neumünstcr
wurden 67 Tonnen Land für den äußerst
geringen Kaufpreis von 1300 Mk. verkauft.
In einer Familie zu Wittorferfclde sind
vor Kurzem 4 Kinder an Diphtheritis
verstorben.
In Rost, Kirchspiel Albersdorf, brach am
Hellen Tage ein Dieb in das Hans der
Wwe. gränzen ein.
durchsuchte er einige
Gelde und verließ schließlich das Haus
unter Mitnahme zweier Schinken.
A. Husum, 28. März. In dem zur
Stadt gehörenden Theil von Nordhusum
brannten heute Morgen zwei Häuser, die
aber Mauer an Mauer gebaut waren und
so eigentlich nur ein Gebäude bildeten, so
wie ein kleines Nebengebäude nieder, wo
durch vier Familien obdachlos wurden.
Das Feuer griff in den mit Stroh gedeck
ten Häusern so rasch um sich, daß die Be
wohner fast nur das nackte Leben zu retten
vermochten.
Friedrichstadt, 28. März. Während der
verflossenen Festtage bewegte sich das Ta
gesgespräch fast nur um die erfolgte Ver
haftung des hiesigen Bankdirektors
Ha shage. In allen Kreisen, besonders
unter den Aktionären, welche wahr
scheinlich in erster Linie zur De
ckung des Fehlbetrages her an ge
zogen werden, herrscht große Erbitte
rung über den Mißbrauch eines so unbe
grenzten Vertrauens, welches dem Ver
hafteten entgegengebracht wurde; und diese
Erbitterung wird noch gesteigert durch die
Ungewißheit, mit welcher selbst die zunächst
Betheiligten über die Höhe der unterschla
genen Gelder, wie über die Art der De
ckung derselben noch immer schweben, denn
die Höhe der veruntreuten Gelder läßt sich
erst nach genauer Durchsicht der Bücher
und Vergleichung derselben mit den dem
nächst einzuziehenden Kontrabüchern der
Gläubiger ermitteln. Nach eigenem Ge
ständniß des Verhafteten soll es sich nur
um eine Summe von 120—140 000 Mk.
handeln. Ueber die Entdeckung der Unter
schlagungen verlautet folgendes: Der Bank-
direktor Hashage war mit seiner Frau nach
Berlin gereist, woselbst die Feier ihrer
silbernen Hochzeit stattfand. Während der
Zeit seiner Abwesenheit führte Herr Stadt
verordneter Schröder die Bankgeschäfte.
Zu diesem kam ein Landmann, dessen
Kontrabuch auf 10 400 Mk. lautete, um
davon Geld aus der Bank aufzunehmen.
Nun stellte sich heraus, daß im Hauptbuch
In deren Abwesenheit
Kassen nach baarem
nur 400 Mk. für denselben gebucht waren.
Der Verhaftete verwaltete in seiner Eigen
schaft als Bankdirektor bereits 14 Jahre
die Bank und soll nach den bisherigen Er
mittelungen bereits von Anfang an Fäl
schungen gemacht haben. Da derselbe allem
Anscheine nach nicht über seine Verhältnisse
gelebt hat, so erklärt man sich die Ueber-
griffe desselben durch unglückliches Spiel an
der Börse. Der Verhaftete genoß hier
großes Ansehen, ist langjähriger Stadt
verordneter und seit vielen Jahren Vor
sitzender des Klubs „Ist nicht", welchem
nur die vornehmsten Familien unserer Stadt
als Mitglieder angehören. — In den
nächsten Tagen wird eine Generalversamm
lung der Aktionäre berufen werden, in
welcher Bericht über die Sachlage erstattet
wird. Die laufenden Geschäfte des Bank
vereins werden bis auf weiteres von dem
Stadtverordneten Kaufmann Schröder be
sorgt.
O Bon der Eider, 28. März. Unter
den kleinen Kindern tritt jetzt vielfach eine
lungenentzündungsartige Krank
heit auf. Es möge hier ein guter Rath
ertheilt werden, dessen Befolgung derarti
gen Krankheiten vorbeugt und den Arzt
vom Hanse fern hält. Man reibe den
Oberkörper möglichst jeden Tag
mit kaltem Wasser ab. Berichterstatter
dieser Zeilen hat den wohlthuenden Ein
fluß des kalten Wassers an seinem eigenen
Körper erfahren und diesen von einem lang
jährigen rheumatischen Leiden, sowie von
alljährlich bei Eintritt der rauheren Wit
terung wiederkehrenden, an der Ausübung
des Berufes tagelang hindernden Halska
tarrhen vollständig geheilt. Nach diesen
Abreibungen, mit denen zu jeder Zeit be-
gönnen werden kann, ist Bewegung im
Freien oder (bei kleinen Kindern und
Kranken) kurze Ruhe im warmen Bett an
zuempfehlen. — Ein merkwürdiges
Wiedersehen fand unter Kanalarbeitern
in Königsförde statt. Dort fand ein herzu
gereister Mann seine Tochter wieder, die
er mit ihrer Mutter vor 15 Jahren ver
lassen hatte! Die Tochter hatte sich ehr
lich durch die Welt geschlagen und ist jetzt
mit einem strebsamen Manne verheirathet.
Kreis Rendsburg, 28. Mürz. Die in
Schenefeld abgehaltene Versammlung zwecks
Herstellung einer Eisenbahnverbindung von
Kiel über Rendsburg, Schenefeld, Itzehoe
durch die allgemeine deutsche Eisen- und
Kleinbahn-Aktien-Gesellschast in Berlin war
sehr zahlreich aus dem südwestlichen Theile
unseres Kreises besucht, bindende Beschlüsse
wurden noch nicht gefaßt.
—n. Jevenstcdt, 27. März. Bereits zum
Osterfeste sind die S t ö r ch e bei uns ein
gekehrt. Dem Landmanne würde es schon
recht sein, wenn mit ihnen zugleich die
linden Frühlingslüfte kommen wollten.
Allerdings sind die Tage sonnig und die
Felder in Folge dessen , dermaßen abge
trocknet, daß die Bearbeitung derselben er
folgen kann. Dagegen halten die kalten
Nächte den Pflanzenwuchs noch sehr zurück,
der um so mehr erwünscht wäre, als ein
erheblicher Futtermangel an vielen Stellen
sich bemerkbar macht.
/X Rendsburg, 29. März. Mit dem Zuge
5.18 Uhr traf gestern Nachmittag der Di
rektor vom Eisenbahnbetriebsamt in Flens
burg hier ein. Derselbe fuhr von hier
mittelst einer Maschine nach dem Satissee
und nahm eine Besichtigung der östlichen
Eisenbahnbrücke vor. Diese ist soweit voll
endet, daß die probeweise Belastung dem
nächst wird erfolgen können. .
. Rendsburg, 29. März. Das gestrige
Konzert der Geschwister Groth erfreute
sich eines recht zahlreichen Besuchs, auch
der häufige laute Beifall zeigte, daß dieses
allgemein befriedigte und daß man mit den
Fortschritten unserer heimischen Talente
zufrieden war. Mit vollem Rechte. Frl.
ilhelmine Groth erfaßte ihre Aufgabe
mit tiefem und innigem Gefühl und ihre
Schwester Alma spielte korrekt, mit schö
nem Empfinden und entschiedenem Talent,
welches weitere Fortschritte erwarten läßt.
Wir zweifeln deshalb nicht daran, daß es
den jungen strebsamen Damen sicher ge
lingen wird, das gewünschte Ziel künst
lerischer Höhe zu erreichen. Die Kapelle
des Jnfanterie-Regiments spielte mit ge
wohnter Tüchtigkeit und war das ganze
Konzert ein recht genußreiches und durch
aus gelungenes.
Mecklenburgische Bieh-Bersicheruugs-
Gesellschaft a. G. zu Güstrow.
Bericht des Konkursverwalters an den
Gläubiger-Ausschutz.
Nach dessen Beschüssen veröffentlicht.
I Die Ursachen des Konkurses.
II.
Die Verantwortung für die sub I ge
schilderten Zustände trifft namentlich den
Director Marci. Er hat, trotz seiner
Perleberger Erfahrungen, die Vorprämie
besonders niedrig bemessen, die Nachschüsse
unter völliger Mißachtung der Statuten
eigenmächtig fixirt, die Mehrzahl der
Agenten angestellt und theils in Person,
theils durch Jnspectoren die unwahren
Versprechungen verbreitet, welche als die
eigentliche Ursache der Unzufriedenheit an
zusehen sind. Ihm fällt weiter zur Last,
daß er die Gesellschaft wesentlich zu per
sönlichen Zwecken gegründet, sich durch
Vertrag mit dem Aufsichtsrathe ganz
exorbitante Emolumente hat versprechen
lassen und auch die Gesellschaft ohne Rück-
sicht auf die Grundsätze der Solidität nur
so geleitet hat, daß sie einen großen —
sein Einkommen entsprechend erhöhenden
Umfang annahm.
Seinem Nachfolger kann ich das Zeug
niß ausstellen, daß er die Bücher der Ge
sellschaft sauber und — abgesehen von den
Agenten-Conten, bei denen es bei Mangel
an gutem Willen vieler Agenten kaum
erreichbar war, — übersichtlich geführt hat,
auch im Verein mit dem Vorsitzenden des
Aufsichtsraths Rahe versucht hat, Ordnung
zu schaffen. Die Bemühungen des Letzteren
bei Ordnung der Agentur Verhältnisse haben
trotz ihrer Ernstlichkeit keinen den hohen,
nicht uneigennützigen Ausgaben entsprechen
den Nutzen geschaffen, weil es ihm an der
erforderlichen Kenntniß gebrach. Die zum
Theil sehr mühsamen Arbeiten bei Ord
nung der Gesellschaftsverhällmsse haben
nicht den entsprechenden Werth, weil sie
von unrichtigen Gesichtspunkten aus unter
nommen und durchgeführt sind. Beim
Mangel an Autorität wären die Nachfolger
Marci's aber auch kaum im Slande ge
wesen, die Mängel der Organisation durch
radieale Mittel zu heilen, und auf eine
solide Basis zu stellen. Zweifellos aber
ist, daß die Leiter seit Marcis Entlassung
nicht im entferntesten die hohe Berant-
ivortung trifft, welche ihr Vorgänger auf
sich geladen hat.
Den Aufsichtsrath aus dem Jahre 1891
trifft der Vorwurf, daß er Marci, der in
Perleberg als unzuverlässig entlassen war,
ganz enorme Vortheile bewilligte und die
Enttassungsgründe außerordentlich zum Nach
theil der Gesellschaft einschränkte.
Dem Aufsichtsrath im ersten Quartale
1892 muß zur Last gelegt iverden, daß er
eine auf absichtliche Täuschung des Publikums
berechnete Bilanz nebst Geschäftsbericht ge
nehmigte, in der Generalversammlung ver
trat und die Verbreitung nicht hinderte.
Der Aufsichtsrath vom Juli 92 bis
Frühjahr 93 duldete pflichtwidrig die Er
hebung von Nachschüssen in stalulenwidriger,
von dein Director Marci willkürlich be-
stimmter Art und Weise.
Dem Aufsichtsrathe seit März 1893 und
natürlich auch dem Director Rudel ist vor
zuwerfen, daß er es an Sanirung der
Mängel der Bilanz für 1892 fehlen ließ,
auch vie Berechnung und Erhebung von
Nachschüssen für das 1. Quartal 1893
statutenwidrig unterließ.
III.
Die Liquidationsarbeiten waren von
Ende December an zunächst auf eine Er
ledigung der in den letzten Tagen des
Jahres 1893 besonders zahlreich einge
laufenen Schadensersatzansprüche und auf
die Gewinnung einer Uebersicht über die
geschäftliche Lage des Unternehmens ge
richtet. Letztere wurde ganz besonders
durch die Agenturverhältnisse erschwert.
Obwohl ich sofort alle Agenten zur Ab
rechnung aufforderte und wiederholt mahnte,
habe ich kaum von der Hälfte Abrechnung
erhalten. Sechs Agenten sind bereits ver
klagt; die Erhebung einer größeren Anzahl
von Klagen steht unmittelbar bevor. Die
nicht unerheblichen Forderungen unterliegen
starken Bedenken hinsichtlich ihrer Realtsir-
darkeil, zum Theil auch bezüglich ihrer
Existenz.
Sodann bedurfte es einer maßgebenden
Feststellung, ob der von dem Director
Marci willkürlich nach bloßer Schätzung
angeordnete Nachschuß für 1892 zu Recht
bestehe. Diese Frage ist in dem Prozesse
gegen den Müller Conrad zu Wirgeeze,
welcher die Richtigkeit der Rechnung hx.
stritt, durch die nur dem Urtheil des Groß
herzoglichen Amtsgericht zu Güstrow vom
8. Februar 1894 übereinstimmende höchst-
richterliche Entscheivung des Großherzog,
lichen Landgerichts zu Güstrow vom
15 März 1891 verneint. Die neu auf
gemachte, sorgfältige Berechnung für 1892
ist bereits den Sachverständigen für Ver
sicherungswesen unterbreitet und wird jetzt
zur Erledigung der erhobenen Monituren
nochmals revidirr. Der von mir auszu
schreibende Zuschlag zur Marcischen Nor-
mirung wird sich wohl auf 1% für Pferde,
1 V/o für Kühe, 7 2 7o für Schweine und
lO'lo für Ziegen stellen. Die Nachschuß-
Berechnung für das 1. Quartal 1893 ist
in Angriff genonnnen, aber noch nicht
vollendet; der Nachschuß für dies Quartal
ist ebenso wie fürs Jahr 1892 nach den
Statuten vom 26. März 1892 nebst Nach
trägen in Procenten des Versicherungs
Capitals für jede Classe für sich festzusetzen.
Nach Vollendung dieser Berechnung werden
die drei letzten Quartale 1893 zusammen
Angriff genommen und der Nachschuß
m
auf Grund der neuen Statuten vom 28.
März 1893 auf ein mehrfaches der Vor
prämie für jede Classe festgesetzt.
Inzwischen ist ein Register sämmtlicher
Policen mit Adresse des Inhabers und
Angabe der Zeit ihrer Beitragspflicht unter
gerechter Berücksichtigung der Kündigungen
neu angefertigt und wird zur Sicherheit
nochmals revidirt. Im Anschluß daran
wird ein Verzeichniß des Versicherungs
capitals für jeden der sechs Zeiträume, für
die Nachschüsse zu berechnen sind, und jede
Classe für sich neu angefertigt. Vermuth-