Krscheins tägLrch.
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Bczņgsprcis:
Vierteljährlich 2 jļ.—, frei ins Haus geliefert
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für Auswärtige, durch die Post bezoaen
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tad. Postprovision je., jedoch ohne Bestellgeld.
Jnsertionspreis: pro Peützeile 15
AeLtestes und gelejenstes Klatl im Kreise Kendsdurg.
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erdeten.
87ster Jahrgang.
Bei Betriebsstörungen
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung
dieses Blattes vorbehalten.
Als Beilagen
werden dem Blatt „Der Landwirth" sowie das
Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben.
2800 Abonnenten.
Wo. 6.
Montag, den 8. Januar
1894.
Morgen-Depeschen.
. „-*.“**' 8 - San. Gegen mehrere große
industrielle Werke Oberschlesiens wurden
gestern wegen der bedeutenden Beschädigun-
gen des Thiele-Winckler'schcn Forstreviers
urch klķabnkrauchEntschädigungsklagen ange-
.à die Sachverständigen festge-
şiE siaben, rst durch den Rauch an dem
Ş0 ha großen Walde ein kolossaler
schaden angerichtet worden, sodaß sein
IMger Werth gleich Null ist. Durch die
schwefligen und schwefelsäurehaltigen Aus-
dunstungen erwuchs ein jährlicher Schaden
von 68000 Mk. ^
FL a 'Ņ' »■ S°»- Heute Morgen brannte
da» Kastnohaus „Zum Gutenberg", welches
àch seme luxuriösen Festsäle berühmt
war, vollständig nieder. Die nachbarlichen
Gebäude, sowie die Christophkirche schweb-
großer Gefahr. Das kolossale
ch« “ e d ” s «Ģ»
fnn f a ' U,0ÜCr ' f , 8 - Ein hiesiges Bank-
konsortiunl übernahm heute unter Führung
ver braunschwelg.hannoverschen Hypotheken-
bank eine 3 '/.^prozentige Anleihe der Haupt-
und Residenzstadt Hannover über 5 Mill.
Mark zum Kurse von 96.90.
Brünn, 8. Jan. Die Gemeindever-
iretung der Stadt Saar hat beschlossen,
die Staatssteuern nicht mehr einzuziehen.
Es ist dies die erste mährische Gemeinde
vertretung, welche einen derartigen Beschluß
gefaßt hat.
Brüssel, 8. Jan. Die Studenten der
hiesigen Universität sollen die Absicht haben,
beim Wiederbeginn der Borlesungen eine
Festlichkeit zu Ehren (!) des AnarchistenlElisei
Reclus abzuhalten!
, Paris, 8. Jan. Infolge einer Verstän
digung zwischen dem Präsidenten des
Schwurgerichts mit dem Vertheidiger V ail-
lants ist die Verhandlung gsgen Vaillant
auf Mittwoch angesetzt worden.
Paris, 8. Jan Das Dekorationsmaga
zin der großen Oper steht in hellen
Flammen. Der Himmel über der Stadt
ist weithin erröthet.
Paris, 8. Jan. Der anarchistische Klub
^Les libertaires" beabsichtigt, ein seinen
Tendenzen dienendes Journal unter dem
„Le consent" herauszugeben. Die Auflage
esielben soll 50000 Exemplare betragen
und an das Publikuni vertheilt loerden.
^J""' Die aus London ein-
von Sierro^^chten, daß an der Grenze
Engländern ^^^^ischen Franzosen und
g n°ern ein blutiges Treffen stattge-
funden habe, rufen hier große Ueber-
raschung hervor. Man nimmt allgemein
an, daß es sich bei diesen Meldungen nur
um ein bedauerliches Mißverständniß Han
dein könne, welches ohne jeden Einfluß auf
die beiderseitigen guten Beziehungen zwi
schen England und Frankreich sei.
Chikago, 6. Jan. Die hiesigen Arbeits
losen beabsichtigen, am Sonntag eine große
Kundgebung zu veranstalten, um durch die
selbe die Staatsbehörde zu bestimmen, be
deutende öffentliche Arbeiten sofort aus
führen zu lassen.
Außereuropäische Gebiete.
Der „N.-I. Herald" meldet aus Managua,
daß General Hemadora, der sich mit
1500 Mann Nicaragua'scher Truppen auf
dem Vormärsche gegen Honduras befindet,
Los Angeles eingenommen habe und sich
in der Nähe der Stadt verschanzte. In
ver Schlacht bei Choluleca wurde diese
Stadt vollständig zerstört.
Newyork, 4. Jan. Eine verheerende
Feuersbrunst brach gestern in Toledo (Ohio)
aus. Die Handelskammer, zwei Hotels
und andere Gebäude wurden zerstört. Der
Schaden beträgt eine Million Dollars. 6
Feuerwehrleute wurden durch den Einsturz
von Mauern getödtct, mehrere verletzt.
Newyork, 23. Dec. In Mankato in
Minnesota ist Wilh. Bierbauer, ein Kämpe
der Freiheit in der alten und der neuen
Welt, gestorben. Bierbauer war im Jahre
1826 zu Einselthum in der bayerischen
Rheinpfalz geboren. Er betheiligte sich im
Jahre 1849 an der Revolution in der
Pfalz und Baden und kam darauf als
politischer Flüchtling nach Newyork. Hier
arbeitete er erst in seinem Gewerbe als
Schreiner, widmete sich aber bald der Bier
brauerei. Im Jahre 1855 ließ er sich
zu Mankato im südlichen Minnesota nieder
und nach dem ersten rauhen Pionierleben
errichtete er dort eine Lagerbierbrauerei,
die er bis zu seinem Tove betrieb. Nach
dem Ausbruche des Bürgerkrieges wurde
Wilhelm Bierbauer freiwilliger Unions
soldat. Da brach im Spätsommer 1862,
während die jüngeren Männer im Felde
geger die Rebellion standen, der furchtbare
Aufstand der Sioux-Indianer unter ihrem
blutdürstigen Häuptling Little Croto über
Minnesota herein. Schon näherten sich die
Haufen der Sioux der deutschen Ansiedlung
Neu-Ulm. Wilhelm Bierbauer, der sich
als Hauptmann mit einer Kompagnie zu
Fort Snelling bei St. Pauli befand, war
auf die ersten Schreckensnachrichten hin nach
Mankato geeilt. Sobald es sich heraus
stellte, daß es die Sioux zunächst auf Neu-
Ulm abgesehen hatten, marschirte er an der
Spitze entschlossener Männer dorthin und
er kam gerade recht zu der am 23. August
1862 geschlagenen Schlacht von Neu-Ulm
und wurde in ihr der Retter nicht nur
dieser deutschen Turner-Ansiedlung, sondern
Minnesota's.
Zu dem Brand des Globe-Theaters
in Boston wird noch gemeldet: Die
Flammen ergriffen das ganze Häuserge
viert, in welchem sich das Theater be
findet. Das große Haus war ein Flammen
meer. Im Bühnenräume befanden sich
außer den augenblicklich gebrauchten Ku
lissen auch die der Hanlonschen Superba-
Gesellschaft, welche kürzlich im Globe-
Theater Vorstellungen gegeben hatte. So
war dem Feuer furchtbare Nahrung ge
geben. Während des Brandes explodirten
mehrere Kisten mit Patronen, die bei den
Aufführungen gebraucht tverden sollten.
Nur der Feuerschein erhellte die Straße,
da die elektrischen Lichtdrähte geschmolzen
waren. Es heißt, daß eine in der Garderobe
fortgeworfene brennende Cigarrette die
Ursache des Brandes ist.
Rußland.
Warschau, 6. Jan. Nach authentischen
Meldungen, welche über den Zustand
des Generals Gurko zugehen, hat der
selbe einen Schlaganfall erlitten, welcher
eine linksseitige Lähmung zur Folge hatte.
Ein Telegramm des „Dziennik" aus
Warschau meldet, daß der General der
Infanterie, Pawlow, zum zeitweiligen
Commandanten des Warschauer Militärbe
zirks ernannt worden sei.
Wie dem Bureau Reuter aus Peters
burg mitgetheilt wird, beabsichtigt eine
Gruppe deutscher Capitalisten die berühmten
Jmatra-Wasserfülle in Finnland als Kraft
quelle für elektrische Beleuchtung Peters
burgs und andere Zwecke zu benutzen. Die
Kapitalisten wollen jedoch nicht "eher ans
Werk gehen, bis der Zollvertrag zwischen
Deutschland und Rußland abgeschlossen ist.
Italien.
Gegen den Sänger Roberto Stagno,
der gegenwärtig in Florenz lebt, und dessen
Zwist mit dem Impresario Emil Dürer
noch in Erinnerung sein dürfte, ist von
der 7. Strafkammer am Frankfurter Land
gericht 1 das Hauptverfahren wegen schwe
rer und einfacher Urkundenfälschung einge
leitet worden. Uebrigens soll gegen diesen
Sänger auch in Italien eine Anklagesache
ähnlicher Art schweben.
Rom, 7. Jan. In der Wohnung des
Kanonikus von Santa Lucia in
Rom fand die Polizei eine Kassette mit
zahlreichen für den Abgeordneten Defelice
schwer kompromittirenden Dokumenten. Es
scheint sich vorlviegend um Korrespondenzen
mit Pariser anarchistischen Mittelsmännern
zu handeln, welche die Insurrektion in Si
zilien mit Rath und That förderten. Der
Priester, sowie seine Schwester und sein
Neffe sind verhaftet. In Rom wurden
übrigens vergangene Nacht zahllose auf
Sizilien bezügliche Manifeste verbreitet.
Frankreich.
Das Terminushotel in Calais hat alle
seine nichtfranzösischen Kellner entlassen.
Dies scheint auf höheren Befehl geschehen
zu sein, und es heißt, alle in den Bahn
höfen gelegenen Gasthöfe sollten angehalten
werden, nur Franzosen in ihre Dienste zu
nehmen.
Oesterreich.
Ein vierfacher Raubmord ist in
der Nacht zum Donnerstag in dem Dorfe
Groß-Skalitz bei Königgrätz verübt worden.
Der Kaufmann Loewy, dessen Frau und
zwei seiner drei Töchter wurden ermordet
und beraubt. Die dritte Tochter wurde
ohnmächtig aufgefunden und zum Bewußt
sein gebracht. Infolge ihrer Aussagen
konnte, einer Privatmeldung des „L.-A
zufolge, einer der Mörder bereits verhaftet
und dem Gericht zu Königgrätz eingeliefert
werden.
Inland.
Buckcburg, 6. Jan. Der Kaiser und
Fürst Georg begaben sich heute Vormittag
nach dem Jagdschloß Baum. Der Kaiser
erlegte auf einer Pürschjagd 16 Hirsche.
Gleich nach der Rückkehr nach Bückeburg
fand um 1 Uhr Mittags ein Diner von
23 Gedecken statt. Nach der Tafel verab-
schiedete sich der Kaiser von der Fürstin
und begab sich alsdann, von dem Fürsten
Georg begleitet, nach dem Bahnhöfe. Die
Abreise nach Potsdam erfolgte um 3 Uhr-
Nachmittags.
— Fürst Bismarck hat dem Kaiser,
wie alljährlich, ein Glückwunschschreiben
zuni Neujahr übersandt, für welches der
Kaiser danken ließ; dem Fürsten Bismarck
hat er aber nicht gratulirt.
— Beim R eichskanzler fand der
„Mil. u. Pol. Corr." zufolge gestern eine
längere Korrespondenz zwischen dem Staats
sekretär des Innern, dem Staatssekretär
des Aeußern und dem Staatssekretär des
Reichsschatzamts statt.
— Graf Arnim-Schlagenthin hatte
vor einiger Zeit den Fürsten Bismarck
schriftlich gebeten, er möchte die ihm in
dem Blum'schen Werke zugeschriebene Be
schuldigung, sein Vater, Graf Harry Armin,
hätte seine amtliche Stellung für Privat-
spekulativnen mißbraucht, widerrufen. Fürst
Bismarck antwortete nicht und Graf Arnim-
Schlagenthin veröffentlichte sein Schreiben
an den Fürsten Bismarck. Jetzt schreiben
die „Hamb.Nachr.": Wirhaben das Schrift
stück gelesen und sind erstaunt über die Un
höflichkeit der Sprache. Aber auch wenn
dieses Hinderniß der Beantwortung nicht
vorläge, glauben wir doch kaum, daß Fürst
Bismarck den Beruf in sich fühlen würde,
die Erledigung der Beschwerden des Grafen
Anim gegen Herrn Dr. Hans Blum zu
übernehmen und mit dem Sohne den Kampf
fortzuführen, den er vor 20 Jahren dem
Vater gegenüber hat führen müssen. Der
Fürst finde sich nicht veranlaßt, dem offen
baren Reclamebedürfniß des Grafen Arnim
zu genügen.
— Ein interessanter und wichtiger
Schriftwechsel hat in diesen Tagen
zwischen dem Reichskanzler Grafen Caprivi
und dem Ausschuß des ostpreußischen kon
servativen Vereins stattgefunden. Im
Aufträge des Letzteren hat dessen Vor
sitzender, Graf zu Dohna-Lainck, dem Reichs
kanzler eine Resolution übersandt, in der
auf die Nothlage der Landwirthschaft in
Folge der Ermäßigung der Schutzzölle
namentlich in den östlichen Distrikten hin
gewiesen und als Abhülfe die Auf
hebung des Jdentitäts-Nach-
w e i s e s beim Getreide-Export und eine
internationale Regelung der W ä h rungs
frage verlangt wird. Unter den Unter-
eichnern der Resolution befinden sich Graf
Dohna, Besitzer eines Majorats von
30 000 Morgen, Graf Eulenburg, der
Better des Ministerpräsidenten, Besitzer
eines Fideikommisses von 14 000 Morgen,
Graf Dönhoff, Besitzer eines solchen von
25 000 Morgen, Graf Mirbach, einer der
reichsten Großgrundbesitzer des preußischen
Adels u. A. ni. Graf Caprivi erklärt in
einem sehr höflichen Antwortschreiben, er
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«der ( n
Apoş
ft
Magelone.
Roman von B. von der Lancken
M?ch, ĢŞ àpîļ- sMilch da- şà
er gkhörl mit in dir Ka,„
-UNun denn — den Junker von Velten "
verbann Şpitzenschleier über der Lampe
di- tiefe Räth,, di,
Ģ-s«ļ» der Schwester
schaffen à,te sich am Samovar zu
,,Quelle idèe!“
Das rtav Alles, was «
sollte scherzhaft klinkn 1 . hortete. Es
etwas Gepreßtes, Unsicheres bci ^ on ^ attc
In diesem Augenblick trat
brecht, die Hausgenossin der Gräsi^üb» ' v =
Schwelle. Sie war eine vermögenslos- b [ C
fernte Verwandte, wurde „Tante" I'annt
und bekleidete die Stelle einer dame d’w,
bei der jungen Wittwe. Mm '
Beide Damen sympathisirtcn nach keiner
Richtung hin mit einander. Frau von Gies-
brecht war durch Kummer und Fehlschlüge
im Leben verbittert. Gräfin Bartuch hatte
eine entgegengesetzte Behandlung vom Schick
st. erfahren und war dadurch übermüthig
über wirft-Şinne anderen gegen
über rücksichtslos geworden.
wenig n wa"k^S'Augenblick zählte zu den
Ä iS,“ -hŅà.'.à
selbe deshalb auch msi einem Jf l* 8 *®?* b f
;ü*“ .tu-*»
Pņnz Alexander erhob sich mit einer ge
wissen halb verbindlichen, halb vornehmen
Lässigkeit und sagte mit halblauter Stimme:
„Guten Abend, gnädige Frau."
„Du wunderst Dich, daß ich so spät komme",
bemerkte die Angeredete zur Gräfin gewendet;
„Du scheinst vergessen zu haben,daß die Kinder
zum Nähen bei mir waren, und ich hielt es
im Leben stets so" — hierbei hob sich ihre
Stimme und die grauen, scharfblickenden Augen
flogen von Xenia zum Prinzen —, „daß ich
die Pflichten dem Vergnügen vorgehen ließ."
„Arme Tante Seraphine! Wie freue ich
mich, daß ich nie Pflichten hatte oder habe",
spöttelte die schöne Frau.
„Ich meine, Du hättest sie in der Er
ziehung Deiner Tochter", lautete die scharfe
Entgegnung.
„Meiner Tochter? Meiner kleinen süßen
Rose Marie? Himmlischer Vater! DaS Kind,
das kleine reizende Geschöpf mit dem häßlichen
Wort „Pflicht" in Verbindung' Ju bringen!
Aber Tante Seraphine!"
Dieses Mal konnte sich Frau von Gies-
brecht nicht durch eine spitze Bemerkung rächen,
a der eintretende Kammerdiener eben den
awn von Preuß und Herrn von Velten
man begrüßte sich gegenseitig als
nee. .. sļaiinte, nahm Platz und plauderte
von diesem mid jenem ^
" ~. Qn bat Sie lange nicht gesehen, Herr
von Velten"
ä se st
Nachrichten von den Ihren?"
Papa schrieb mir heute; 'ein Nachbar von
uns, dn cm paar Tage in Berlin ist, hat
mir den Brief mit gebracht, ich fand ihn vor
kaum zwei stunden in meiner Wohnung."
Er unterdrückte einen Seufzer und schwieg.
Xenia betrachtete ihn forschend.
Sic hatten hoffentlich gute Nachrichten?"
. „Ich weiß nicht, gnädigste Gräfin, ob ich
diese Frage bejahen, ob ich sie verneinen soll;
ich habe zwischen den Zeilen etwas von einer
mir nicht ganz oberflächlich scheinenden Ver
stimmung herausgelesen. Ob nun eine körper
liche Indisposition, ob andere Gründe die
Ursache sind — ich bin mir nicht ganz klar
darüber."
Die Gräfin wiegte bedauernd das kokett
frisirtc rothblonde Köpfchen.
„Wie mir das leid thut!"
„Vielleicht eine Magenverstimmung", ließ
sich Frau von Giesbrecht vernehmen; „alle
Stinimungen haben meist ihren Ursprung im
Magen."
„Sie sprechen aus Erfahrung, Gnädigste
— wie immer", spottete der Prinz; „in
Spezialfällen soll ja auch manchmal das Herz
damit zuthun haben, habe ich mir sagen
lassen."
„Wie geht es Deiner Kousine, Magelone?"
fragte Gaston, und diese Frage war es, die
dem kleinen Wortgefecht zwischen Frau von
Giesbrecht und dem Fürsten ein Ende machte.
„Magelone, Magelone!" rief derselbe,
„welch' außergewöhnlicher Name; im Alter
thum knüpfte die Sage ihn an eine Frau,
die durch seltene rührende Liebe und selbst-
verlcugncnde Frömmigkeit berühmt wurde.
Wie steht's um diese Tugenden bei der mo
dernen Repräsentantin dieses Namens? —
Pardon wegen des Scherzes."
„Ihre Frage, mein Prinz, ist nicht so
leicht zu beantworten", cntgegncte Rolf;
„jedenfalls —"
„Jedenfalls steht Fraulein Dyrfurt an
Schönheit und Anmuth ihrer Namens
schwester nicht nach", ergänzte von Preuß.
„Wahrhaftig?"
„O, dann möchte ich sie kennen", rief
Gräfin Xenia lebhaft; „ich interessire mich
immer für schöne junge Mädchen, die noch
keinen gesellschaftlichen Ruf als hsautö haben."
„Ich auch; dies Interesse für Schönheit
— cs liegt uns nun einmal im Blut",
scherzte der Prinz.
Es war Rolf peinlich, daß Magelone in
dieser Weise der Mittelpunkt des Gespräches
wurde, und ziemlich unvermittelt sprach ei
der Gräfin die Bitte aus, etwas zu singen
„Gern; wollen Sie begleiten, Baron
Preuß?"
Er folgte ihr ins Musikzimmer; die Mitte
des prächtigen, mit mattgelber Seide dekorir-
ten Raumes nahm ein Stutzflügel ein; die
künstlerisch ausgeführten Büsten bedeutcndcr
Tonkünstler der Vor - und Jetztzeit schmückten
die Wände; außer einigen eleganten Noteu-
pulten und einem reichausgclegten Notenschrank
bildeten nur Sessel und Divans die Aus
stattung des Zimmers.
Das Instrument war geöffnet; Notenheste
und einzelne Blätter achtlos hingeworfen,
lagen theils darauf, theils auf dem parkettir-
tcn Fußboden.
„Gnädige Frau Gräfin übten wohl heute
schon?" fragte der Baron, Platz nehmend
und einige Akkorde greifend.
„Geübt? ach nein; ich habe nur ein paar-
alte bekannte Sachen durchgeträllert. Es war
ein zu langweiliger Sonntag." Sic unter
drückte ein leichtes Gähnen, ergriff wahllos
ein Heft und sang. Sie hatte eine volle,
gutgeschulte Stinline; aber sie trug heute
ohne jede Empfindung vor; sie war zerstreut
und nicht bei der Sache. Ihre Blicke wan
derten unausgesetzt in das Nebenzimmer und
blieben auf Rolf haften. Aber was sie dort
sah, konnte sic im Grunde auch nicht begeistern.
Herr von Belten lehnte im Sessel und blickte
mit finster gcrünzcltcr Stirn vor sich nieder.
Fürst Edelsberg schlürfte behaglich ein Glas
feurigen Burgunder und Frau von Giesbrecht
hatte einen Teller niit Konfitüren in ihre
Nähe zu bringen gewußt, von dem sie un
ausgesetzt naschte. Als Xenia ihr Lied geen
det, zuckte cs verächtlich um ihren Dkund,
und nicht ohne Bitterkeit sagte sic zu Gaston:
„Sehen Sie nur, vor welch' einem auf
merksamen Auditorium ich meine Kunst zum
Besten gebe. Del- Eine in stille Träumerei
versunken, mein Bruder mit dem Burgunder
liebäugelnd und Frau von Giesbrecht auf
dem besten Wege, sich in Konfitüren zu
überfüttern."
„Um so aufmerksamer bin ich, Gräfin."
„Ach, lassen Sie das. Ich mag über
haupt nicht mehr singen; ich habe Kratzen
im Halse. Haben Sic es den Tönen nicht
angemerkt?"
Ohne seine Entgegnung auf ihre Frage
abzuwarten, trat sie vom Klavier zurück in
das Theezimmer. Herr von Preuß ließ sich
dadurch nicht stören, er lächelte noch immer
— ungalant genug — über Gräfin Xenia's
plötzlichen Halsschmerz. Nach und nach
wurde er ernster, überließ sich einigen freien
Phantasien auf den, Flügel und ging schließ
lich zu den Brahm'schcn Tänzen über, die
er meisterhaft vortrug.
Gräfin Bartuch hatte sich neben Rolf von
Velten gesetzt.
„Sie sind so schweigsam, Herr von Velten",
sagte sie plötzlich in einem leicht gereizten
Ton. „Woran denken Sie? Rasch Ant
wort, aber — ehrlich."