Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

•4St+. 
wesen. Als Finanzminister hat er seine 
Haupttriumphe erlebt, seine Budgetreden 
gelten noch heute als unerreicht. Sein 
Vater war ein Liverpooler Großkaufmann; 
das Rechnen, Bilanciren u. s. w. mag er 
von ihm ererbt haben. Gladstone war ein 
ungemein gewandter Redner; er hatte das 
Wort in der Gewalt wie selten einer 
Wäre er zufällig nicht Premierminister ge 
worden, dann hätte er vielleicht als angln 
konischer Erzbischof oder als Professor in 
Oxford sein Leben beschlossen. Denn neben 
der Politik interessirte ihn nichts so sehr 
als die Theologie und christliche Wahrheit 
Beide waren ihm Herzensbedürfniß. Zahl 
reiche mehr oder weniger gründliche Ar 
beiten auf diesen beiden Gebieten rühren 
von ihm her, wie er denn auch sonst in 
hervorragendem Maße literarisch thätig 
war. In allen Dingen, außer vielleicht 
im Arbeiten, kannte er Maß. Sein 
hohes Alter und seine kräftige Gesundheit 
zeugen dafür. Beim Essen, beim Trinken, 
im Genuß gesellschaftlicher Freuden war 
er enthaltsam und vorsichtig und durch 
fleißiges Holzfällen wirkte er den Schäden 
seiner sitzenden Lebensweise entgegen. 
Gladston ist und war — nehmt Alles 
nur in Allem — ein ehrenwerther großer 
Mann, der seinen Beinamen „the great 
old man“ Wohl verdient hat. 
fiimïtîfÀh,“,, 1 ! einer b e-'soll er mit seltener Gewandtheit und Glaub-s Aehnliche Erfahrungen wie der Abge 
tim inten Richtung a b l e n k e n Würdigkeit m den Häusern, die er 'mit ordnete Mener in Danrw m.A! «il 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Brasilien. Nach einer Meldung der 
„Agenzia Stefani" aus Rio de Janeiro ist 
der dortige italienische Konsul am gelben 
Fieber gestorben. Gestern sind dort 200 
Personen an der Seuche erkrankt. — Die 
Aufständischen drangen siegreich gegen den 
Staat Sao Paulo vor. Vizepräsident Pei- 
xoto hat über ganz Brasilien das Stand 
recht verhängt. 
JtKlreu. 
Infolge heftiger Stürme sind in 
Trecestagne (Italien) 37 Häuser, sowie die 
wegen ihrer reichen Gemäldeschütze alter 
Meister berühmte Sankt Aloiskirche ein 
gestürzt. 8 Personen wurden dabei getödtet. 
Im Bezirk Nicolosi ist die gesammte, auf 
2 Millionen Lire geschätzte Olivenernte ver 
nichtet worden. 
Spanien. 
Eins der bedeutendsten Baudenk 
mäler der spanischen Renaissance, das 
Stadthaus von Palma auf der Insel Ma 
jorca, ist am Freitag fast vollständig nieder 
gebrannt. In einem Saale befand sich ein 
von van Dyck gemaltes Bild „Martyrium 
des hl. Sebastian", das wahrscheinlich zu 
Grunde gegangen ist. 
Oesterreich. 
Prag, 5. März. Neuerdings werden 
hochgestellte Beamte mit Drohbriefen 
förmlich überschüttet. So erhielt der Statt 
halter, der Polizeidirektvr und die Richter 
vom Omladinaprozeß solche in großer An 
zahl. 
Schweiz. 
Aus der Schweiz, 2. März. Nach dem 
„Obertoggenb. Wochenblatt" starb kürzlich 
in Ebnat ein Knecht infolge innerer 
Verletzungen, die er sich beim Holzfahren 
im Steinthal zugezogen. Er hatte schon 
40 Jahre gedient, die letzten sieben Jahre 
in der „Eich". Am Boden seines Koffers 
lag ein schmutziges Papier. Man !var 
im Begriffe, es wegzuwerfen, als man 
darin einen Kassaschein von 20,000 Fr. 
entdeckte. Der Verstorbene hatte nicht nur 
seinen Lohn großentheils zurückgelegt, son 
dern als Fahrknecht auch meistentheils das 
Geld, das ihm der Herr zur Zehrung mit 
auf den Weg gegeben. Seine Wäsche be 
sorgte er selbst. Wenn er Cigarren von 
den Kunden des Geschäftes geschenkt bekam, 
rauchte er sie nicht, sondern speicherte sie 
auf und sortierte sie. Sobald er 100 
Stück von der gleichen Sorte beieinander 
hatte, legte er sie in ein Kistchen und ver 
kaufte sie. 
st i ni m t e n Rich 
wolle. Es wirkte geradezu v e r 
blüffend, als der Landwirthschafts 
Minister v. Heyden sich sofort erhob, um 
die Rede Miguel's durch die Feststellung 
der Thatsache zu ergänzen, daß der 
Reichskanzler Graf Caprivi es war, der 
zuerst die Aufmerksamkeit des Ministeriums 
auf die Nothlage der ostelbischen Land 
wirthschaft hingewiesen habe." 
weiteren Artikel der „Köln. 
Ztg." wird ausgeführt, daß durch die Rede 
Miguel's neuer Wind in die 
schlaffer werdenden Segel des 
Bundes der Landlvirthe ge 
rächt worden sei. Die ersten 
Uebertreibungen des Grafen Kanitz wurden 
von Herrn Miguel fast ohne alle Be 
schrünkung für berechtigt erklärt. „Die 
kurze aber scharfe Erklärung des Ministers 
v. Heyden stand offenbar nicht auf dem 
Programm, sondern war eine Extempo- 
rirung, die sich, es ist dies gar nicht anders 
auszudeuten, gegen Herrn Miguel richtete. 
Dieser hatte, als er von Reformen zu 
gunsten der Landwirthschaft sprach, die 
Sache so dargestellt, als ob diese Reformen 
erst jetzt beschlossen worden wären, zum 
mindestens aber hatte er nicht gesagt, was 
diese Deutung ausgeschlossen hätte. Daß 
Herr v. Heyden nun ini Interesse der 
Wahrheit feststellte, daß die Reformen 
bereits seit 1891 vom Reichskanzler ange 
regt worden seien, war eine wünschens- 
werthe Erweiterung der Angaben des 
Finanzministers, die das von Miguel ge- 
gebene Bild einigermaßen verrückte, öder 
es wenigstens um einen sehr charakteristischen 
Zug bereicherte." 
— Zu Herrn Miguel's Auftreten 
im Reichstag am Donnerstag wird in 
der „Köln. Volksztg." ans Parlamentari 
schen Kreisen folgendes geschrieben: „Am 
Dienstag ließ der K a is er den preußischen 
Finanzminister kommen und verlangte als 
Ausräumung seiner vielbesprochenen Aeußer 
ung — „die Konservativen wären Esel, 
Denn sie für den russischen Handelsvertrag 
'timmten" — daß er für den russischen 
Handelsvertrag im Reichstag eintrete. An 
Miguel's Aeußerung — über die „Esel" 
zweifelt nämlich in Berlin Niemand. 
Ueber die Donnerstags-Rede Miguel's 
chüttelt man daher ziemlich allgemein den 
Kopf. Am meisten Aufsehen erregte das 
Duell Miguel-Heyden. Nach dem Tone 
Miguel's mußte Jedermann annehmen, daß 
er derjenige sei, welcher im Staatsministeri- 
uni verlangt hat, daß „die nächsten Jahr 
zehnte" der Fürsorge für die Landwirth 
schaft gewidmet sein müßten. Da sprang 
Würdigkeit in den Häusern, die er ^mit 
seinem Besuche „beehrte", vorzutragen ver 
standen haben. Obendrein war er in der 
Lage, seine Gesuche um Darlehen, Unter 
stützung und dergleichen durch Legitima- 
tionspapiere zu unterstützen, die jedenfalls 
durch einen kühnen Griff oder auf sonstige 
unredliche Weise in seinen Besitz gekommen 
waren. Bei Ausführung eines neuen 
Coups wurde er von der Polizei abgefaßt 
und seiner Schwindlerthätigkeit ein vor 
läufiges Ziel gesetzt. ^ 
Frankfurt a. M., 3. März. Nach einer 
Unterschlagung von ca. zehntausend 
Mark ist der Bankkommis Sey von der 
Firma Berle geflüchtet. 
Würzburg, 3. März. Der Versamm 
lung der baierischen Landwirthe, 
die vom 19 — 22. Mai in Neustadt a. d. 
Hardt stattfinden soll, wird auch Prinz 
Ludwig beiwohnen. 
Kurz und erbaulich ist eine Weimarsche 
Regierungs-Verordnung vom Jahre 
1736, welche lautet: „Das vielfache Rai- 
sonniren der Unterthanen wird hiermit bei 
halbjähriger Zuchthausstrafe verboten und 
haben die Beamten solches anzuzeigen. 
Maßen das Regiment von uns und nicht 
von den Bauern abhängt und >vir keine 
Raisonneurs zu Unterthanen haben wollen." 
Hamburg, 3. März. Infolge des Ge 
nusses eines Gerichts Schellfische erkrankte 
in der Nacht ein Ehepaar in sehr gefähr 
licher Weise, sodaß schon am Morgen die 
Ueberführung der Leidenden in das allge- 
meine Krankenhaus und zwar in eine 
Jsolierabtheilung erfolgen mußte. Da die 
schweren und plötzlich eintretenden Ber- 
giftungserscheinungen große Aehnlichkeit mit 
den Symptomen von Cholera hatten, be 
mächtigte sich der Nachbarn der Erkrankten 
eine begreifliche Unruhe. Mittlerweile gehen 
die. Erkrankten ihrer vollen Genesung ent 
gegen. 
Hamburg, 5. März. Bei der Empfang 
nahme einer Kiste Cigarren, die mit einem 
Dampfer hier angekomnien !var, stellte es 
ich heraus, daß vom Inhalte 1000 Stück 
Cigarren entwendet waren. Um das nun 
fehlende Gewicht zu ersetzen, hatten die 
Diebe zwei Mauersteine an die Stelle der 
Cigarren gelegt. 
Hamburg, 5. März. Unter den Passa 
gieren, welche gestern Abend gegen 11V 2 
Uhr mit dem Dampfer „Reiher" vom 
Jungfernstieg abfuhren, befand sich in der 
Hinterkajüte ein ältlicher Herr. Als der 
Dampfer sich in der Nähe der Alsterlust 
befand, stand der betreffende Herr auf, sah 
aus dem Fenster und ries: „Da ist ein 
Kind ins Wasser gefallen." Gleich darau - 
der Landwirthschaftsminister sofort zum eilte er nach dem kleinen Heckdeck, schloß 
Inland. 
— Ueber die Rede Miguel's in der 
Donnerstag-Sitzung des Reichtstags nrtheilt 
die „Köln. Ztg.", welche bekanntlich Ca- 
privioffiziös ist, wie folgt: Zum 
zweiten Male in einer kritischen Phase des 
deutschen Lebens spiele Miguel eine eigen 
artige Rolle. Das erste Mal sei dies bei 
dem Unterrichtsgesetz im Jahre 1892 ge 
schehen. Um die sensationelle Wirkung des 
Auftretens Miguel's zu verstehen, müsse 
man den Hintergrund von Gerüchten, 
Hintertreppenpolitik und Höflings-Jntriguen 
sich vergegenwärtigen, welche gegen den 
Reichskanzler spielen. Miguel habe sich 
für den russischen Vertrag erklärt, „aber 
er entwarf zugleich in grellen Farben- 
tönen ein düsteres Bild von der Nothlage 
der ostelbischen Landwirthschaft, an deren 
Seite ja keine kaufkräftige Industrie blüht 
und die wohl auch einen größeren Auf 
wand macht und mehr klagt, als z. B. die 
in bäuerlicher Einfachheit hart arbeitenden 
Grundbesitzer Westfalens. Im Zusammen 
hange der gesammten inneren Lage machte 
die Rede den Eindruck, als ob der 
Finanz mini st er die Liebes 
fähigkeit dero st elbischen Agra- 
die durch die Spannung zwischen 
rier, ... 0 ....... .„ 
dem Reichskanzler und den Konservativengelang, erhebliche Beträge zu erschwindeln, 
Präsidenten und konstatirte dann mit hoch 
rothem Kopf, daß nicht Miguel, sondern 
Caprivi jenls Verdienst gebühre. Das 
Ergebniß ist: Herr Miguel ist sehr- 
klug; dies Mal war er zu klug. 
Berlin, 5. März. Dem Vernehmen 
nach werden sowohl Reichstag als auch 
Abgeordnetenhaus sich am 16. März 
vertagen und am 3. April ihre Sitzungen 
wieder aufnehmen. 
_ — Herr Abg. Ottens klagte im preu 
ßischen Abgeordnetenhause über ungerechte 
Verfügungen der Berufungs-Kommission in 
seinem Wahlkreis, wo ein junger Assessor 
sich ein anderes Urtheil über die land 
wirthschaftlichen Verhältnisse als die Ein 
gesessenen zugetraut habe. Minister Dr. 
Miguel sagte Erkundigung zu nach den 
Gründen, die dem Vorsitzenden der Kom 
Mission zu der Verfügung Veranlassung ge 
geben haben. Erforderlichenfalls werde 
Remedur eintreten. 
— Die durch einzelne Blätter laufende 
Nachricht, daß die Außerkurssetzung 
der Vereinsthaler österreichischer 
Prägung für Deutschland verfügt wor 
den sei, entbehrt dem „Reichs-Anz." zu 
folge jeder Begründung. 
— Das „allerneueste Berliner- 
Gesellschaftsspiel" ist das „Spiel vom 
ollen ehrlichen Seemann" geworden. An 
dem Spiel können sich mehrere Personen 
betheiligen, der Bankhalter und die Mit 
spieler leisten einen Einsatz. Nun macht 
der Bankier die Spielregeln bekannt: „Wer 
„Ja" sagt, hat gewonnen, wer „Nein" sagt, 
verloren." Nun richtet der „Macher" an 
seine Partner die Frage: „Kennt Ihr das 
Spiel vom ollen ehrlichen Seemann?" Die 
Antwort der Mitspieler lautet natürlich: 
„Nein!" Darauf streicht der Bankier den 
Einsatz ein — denn, wer „Nein" sagt, hat 
- verloren. 
Kassel, 1. März. Einen höchst bedenk 
lichen „Mummenschanz" betrieb bis in 
die „Fastenzeit" hinein ein unheimlicher 
Besucher unserer Stadt, der, wie wir 
hören, den gebildeteren Ständen angehören 
oll. Der gesellschaftlichen Stellung der 
Opfer seiner Schwindeleien pflegte der 
Hochstapler die Rolle, welche er zu spielen 
gedachte, genau anzupassen. Bald trat er 
als Beamter, bald als Künstler, bald als 
Kaufmann oder sogar als Geistlicher auf. 
Und in der That soll selbst dem geübtesten 
Menschenkenner die Entscheidung der Frage: 
„was ist Gesicht, was Maske?" nicht leicht 
gefallen sein, so sehr hatte der Gauner 
sein Benehmen in der Gewalt. Die fal 
schen Vorspiegelungen, unter denen es ihm 
hinter sich die dorthin führende Thür und 
stürzte sich über das Geländer ins Wasser. 
Der Führer des „Reiher" ließ sofort die 
Maschine stoppen, um den Mann zu retten, 
jedoch ohne Erfolg, da der Unglückliche 
nicht wieder an die Oberfläche kam. Da 
in Wirklichkeit kein Kind über Bord ge 
fallen war, so ist anzunehmen, daß der 
alte Herr aus eigenem Antriebe den Tod 
gesucht habe. 
Hamburg, 4. März. Die Errichtung 
einer Heilstätte für lungenkranke Arbeiter 
ist vom Ausschuß der Hanseatischen Ver 
sicherungsanstalt für Jnvaliditäts- und 
Altersversicherung in Lübeck beschlossen 
worden. Jeder human denkende Mensch 
wird diesen Beschluß mit Freuden begrüßen. 
Die Anstalt wird im Harz erbaut und zu 
nächst mit 275,000 Mk. aus den Mitteln 
der Anstalt ausgerüstet werden. 
Provinzielles. 
Schleswig-Holstein, 5. März. Die So 
zialdemokraten versuchen jetzt auch unter 
der ländlichen Bevölkerung zu agitiren, in- 
dem sie durchBoten eineSchrift,betitelt:„Der 
einzigste Rettungsweg, ein Mahnwort an 
alle Handwerker, Knechte und Tagelöhner 
Schleswig-Holsteins", von Haus zu Haus 
tragen ließen. Die unentgeltliche Dar 
bietung eines Lesestoffs von entgegengesetzter 
Tendenz wäre gewiß das wirksamste Gegen 
mittel, wenn es gelesen würde. Die wirk 
samste Lektüre, welche geboten werden 
könnte, wären Eugen Richter's bekannte 
Broschüren, aber ... die sind wohl zu 
wahr geschrieben. Wahrheit blendet die 
Augen, deshalb findet die Verbreitung 
dieser Werke da keine Unterstützung, wo 
sie es finden sollte. 
Der. Zudrang zu den Volksschulen 
ist in Altona ein so bedeutender, daß die 
Schulbehörde beschlossen hat, bei den städ 
tischen Collegien die Errichtung einer 10. 
Volksschule in Antrag zu bringen. — Die 
Vorsteher der Volksschulen sollen in Zu 
kunft den Titel „Rektor" führen. 
Seit vielen Jahren befindet sich in dem 
Fremdenbuche des „Süllberg" in Blankenese 
ein Autogramm des kürzlich verstorbenen 
Hans von Bülow. Als gestern der 
Wirth des Süllbergs, Herr Kohn, Gästen 
-einen Schatz zeigen wollte, bemerkte er, 
daß das werthvolle Blatt gestohlen 
worden war. 
Die in Othmarschen belegene Villa des 
Senators Dr. Lehmann, z. Zt. zweiter 
Bürgermeister Hamburgs, wurde in der 
letzten Nacht von Einbrechern ausgeplün 
dert. Die Diebe sollen einen Hauptfang 
gemacht haben. 
ordnete Meyer in Danzig, macht Grcn 
Moltke in Pinneberg-Elmshorn. Seine 
Haltung im Reichstage hat unter einem 
großen Theile seiner Wähler lebhaften Un- 
willen hervorgerufen. Es wird deshalb 
im Kreise ein Aufruf verbreitet, in dem 
die Bewohner aufgefordert werden, durch 
schleunige Resolutionen an die Regierung 
die Wünsche der Wählerschaft zu deren 
Kenntniß zu bringen und den Abgeordne 
ten zu desavouiren. 
In Pinneberg wurde ein Einbruch in 
die königliche Steuerkasse verübt. Die 
Diebe haben weiter nichts erbeutet, als 
einen Revolver und 90 Stück Marken für 
Jnvaliditätsversicherung. Dabei waren 3 
Pulte augenscheinlich mit einem Stemm 
eisen erbrochen. 
Eine unerfüllbare Aufforderung ist vor 
einiger Zeit einem Arbeiter in Wandsbek 
von der Behörde zugegangen. Er soll 
nämlich seinen Sohn, der bereits vor 20 
Jahren verstorben ist, zur Stamnirolle an 
melden. Jedenfalls durch ein Versehen 
des damaligen Standesbeamten ist der 
Name des Verstorbenen weitergeführt worden. 
Kiel, 5. März. Die Radfahrerver 
eine unserer Stadt hielten am Sonntag 
Vormittag in den Reichshallen eine Ver 
sammlung ab, in der der einstimmige Be 
schluß gefaßt wurde, hier in der sog. 
Moorwiese eine Rennbahn nach Kopen- 
Hagener Muster anzulegen. Die Kosten, 
die sich auf ca. 20,000 Mk. belaufen, sind 
zum großen Theil gezeichnet. Der Bau 
der Bahn soll so beschleunigt werden, daß 
sie schon diesen Sommer in Benutzung ge- 
nommen werden kann. 
Kiel, 3. März. Die Marineverwaltung 
wirdş Wasserdruckproben bei sämmtlichen 
inaktiven Maschinen- und Dampfrohren auf 
dem Panzerschiff „Brandenburg" vorneh 
men lassen. Die Vorbereitungen dazu 
sollen auf der kaiserlichen Werft bereits an 
geordnet sein. 
à^zn dem Konkurse des Bierbrauerei- 
besitzers I. Jensen in Eckernförde soll die 
Schlußvertheilung stattfinden; verfügbar 
sind 28 196 Mk. gegen 1037 Mk. und 
116952 Mk. 
Der seit Monaten herrschende Konflikt 
zwischen dem Bürgermeister Engel 
und der Stadtvertretung in Preetz ist nun 
mehr bind) die Beseitigung des Stadt- 
oberhauptes beendet. Die Stadtverordneten 
hatten kürzlich beschlossen, das Gehalt des 
mißliebigen Bürgermeisters uni 600 Mk., 
die ihm nur widerruflich bewilligt waren, 
zu kürzen. Der Bürgernieister erhob Ein 
spruch gegen den Beschluß, da derselbe 
ohne Zustimmung der vorgesetzten Behörde, 
die allein ein richtiges Urtheil über die 
Beamten abgeben könne, gefaßt sei und die 
Gehaltskürzung nicht auf der Tagesordnung 
gestanden habe. Darauf beschlossen die 
Stadtverordneten in ihrer letzten Sitzung 
einstimmig, gegen den bürgermeisterlichen 
Einspruch die Klage beim Bezirks-Aus- 
schuß zu Schleswig zu erheben. Um den 
Monate langen Konflikt, der unhaltbare 
Zustände herbeiführte, zu schlichten, sandte 
die Schleswiger Regierung einen Kommissar, 
den Oberregierungsrath v. Bischoffs- 
h au sen, nach Preetz. Den Bemühungen 
des Regierungsvertreters gelang es, den 
Bürgermeister zum Rücktritt von seinem 
Posten zu bestimmen. Damit ist der Kon 
flikt beendet; die Preetzer sind freilich ver 
pflichtet, dem scheidenden Bürgermeister 
eine Jahrespension auszuzahlen. 
Der in Neumünster erscheinende „Holst. 
Cour." erzählt in seiner Sonntagsnummer 
folgendes Geschichtchen: Am Freitagnach 
mittag trafen hier mittelst Salonwagens 
einige Herren vom Betriebsamt Flensburg 
ein, welche sich nach Altona begeben woll 
ten. Hier wurde der Salonwagen in den 
nach Süden fahrenden Zug rangiert; doch 
versäumten die Herren aus Flensburg das 
rechtzeitige Einsteigen und so fuhr der 
leere Salonwagen davon. Es wurde nun 
eine Maschine von den Flensburger Herren 
requiriert, niit welcher sie dem Südenzuge 
nachfuhren. In Elmshorn soll es geglückt 
sein, des Salonwagens wieder habhaft zu 
werden und mit demselben unter Vorspann 
der hier requirierten Maschine nach Altona 
zu fahren. 
Friedrichstadt, 3. März. Die Brand- 
statte des Hotels „Zum Holsteinischen 
Hause" ist noch heute in Dampfwolken ge 
hüllt. Auf dem Boden des niedergebrannten 
Stalles lagerten außer Dachpappe noch 
40000 Kilogramm Knochenschrot, das durch 
seine langsame Verbrennung sich in allen 
Stadttheilen unangenehm bemerkbar macht 
Die Heid er Volks bank hatte im vein 
lossenen Rechnungsjahre bei einem Ge- 
ammtumsatz von 9 934 502 Mk. einen 
Reingewinn von 37274 Mk. Die zur 
Vertheilung vorgeschlagene Dividende be- 
trägt 7 pCt. 
Vorgestern wurde der neugewählte Bürger 
meister der Stadt Garding, der bisherige 
Stadtkassirer Flickenschild in Marne, durch 
len Königlichen Landrath Fritzsche zu Tön 
ning in sein neues Amt eingeführt. 
0 ■ Schleswig, 4. März. Für das Con- 
zert des hier am 22. Juli stattfindenden 
Niedersächsischen Sängerfestes sind folgende 
Lieder ausgewählt. 1. O diu wunderbar 
herrliche Frühlingszeit, von Ferd. Schmidt 
Gotha. 3. Das deutsche Schwert, voll 
Schuppest. 4. Meeresstille und glückliche 
Fahrt, von Fischer. 5. Heinrich Vogler 
von Fromm. 6. Hohenzollernlied, v. Zöll 
ner. Während die genannten Lieder theils 
mit Blasinstrumenten, theils mit großem 
Orchester begleitet werden, sind ohne Iw 
strnmentalbegleitung aus dem Liederbuche 
des ^ deutschen Sängerbundes ausgewählt 
worden: 1. Das treue deutsche Herz, von 
Jul. Otto. 2. Lied an Schleswig-Holstein, 
von Bellmann. 3. Nachtgesang von Chw»' 
tal. 4. Frühlingsglaube, von Tschirch- 
5. Wo möcht ich sein? von Zöllner. 6. 
Wer ist frei? von Baumgarten. 7. Im 
Mai, von Jürgens. 8. Heimliche Liebe, 
von . Dürrner. 9. Gott, du bist meine 
Zuversicht, von Jul. Otto. 10. Durch 
den Wald, von Schäffer. Die Reihenfolge, 
in der die Lieder zum Vertrag gelangen, 
steht noch nicht fest. 
Der Flensburger Seeschiffes 
Verein hat, veranlaßt durch das Dar 
niederliegen der Schifffahrt, eine Petition 
an den Reichstags-Abgeordneten M. Jebsen 
abgesandt, worin derselbe ersucht wird, 
im Interesse der Stadt Flensburg für den 
deutsch-russischen Handels und Schifffahrt?' 
Vertrag zu stimmen. 
Eine Sckule für den hauswirthschaftliche» 
Unterricht wird nach Ostern in Pinneberg 
eingerichtet werden. 
Die Stadt Wilster wird elektrische Be' 
leuchtung erhalten. 
Der Vorstand der Nortorfcr Fortbil' 
dungsschule hat Herrn Pastor Meifort 
beauftragt, alle 14 Tage in jeder der beiden 
Klassen eine Unterrichtsstunde in Religio» 
zu ertheilen. Der Vorstand überzeugte D 
mehrfach davon, daß der betretene Weg 
geeignet sei, den Zweck der Fortbildung?' 
schule zu fördern, in den Gesichtspunkte, 
daß es nicht allein nothwendig sei, die Ver' 
standesbildung der jungen Leute zu fördern, 
sondern vor allen Dingen auch die auf de» 
Lehren des Christenthums basirende Her' 
zensbildung. Eine bloße sittliche 
Bildung und Morallehre hat das Heiden' 
thun: auch; wir sind aber Christen und 
haben also das Christenthum zu fördern, 
welches eine tiefere Bedeutung hat, all 
blos heidnische Sittenlehre. Attische Bit' 
dung und Römertugend haben die Völker 
des Alterthums nicht vor dem inneren und 
endlich äußeren Verfall zu bewahren ver' 
möcht. 
z. Büdelsdorf, 5. März. Gleichwie an alle" 
Orten, in denen ähnliche Einrichtungen getroffen 
worden, so scheinen auch in unserein Orte d» 
Volksunterhaltungsabende immer mehr Anklang 
zu finden. Dementsprechend war denn auch a>» 
Sonnabend-Abend der Besuch des 3. Volksunter' 
Haltungsabends im „Neuen Krug". Gegen şş 
Personen, welche den verschiedensten Ständen a»' 
gehörten, hatten sich eingefunden. Mit eine»' 
Marsch, der von der Kapelle der Carlshiitte g e ' 
spielt wurde, begann das Programm. Hiera» 
schloß sich ein wissenschaftlicher Vortrag des Herr» 
Lehrers Me hr ens. Das Thema zu demselbe» 
ist dem Gebiete der Volkswirtschaftslehre en» 
herrliche Frühlingszeit, von Fero. Schmidt. Theile des Publikums nachdrücklichst w- 
2. Hymne, von Herzog Ernst v. Koburg- mit der vollsten Ueberzeugung, daß deş' 
nommen und heißt: „Die Sparsamkeit." 8 
gewohnter klarer und allgemein verständlich^ 
Weise verbreitete der Referent sich über diesesI s 
wichtige Thema. Fern davon, es gut zu heiße»' 
wenn in dem Menschen Geldgier und Habstķ 
geweckt werden, ist doch die Sparsamkeit, so laķ' 
die Erde kein Schlaraffenland geworden ist, eitz' 
schieden als eine Tugend anzusehen, ivenn auch »![ 
Merschen durch die Fragen: Ist die Sparsamst» 
eine Tugend oder ein Laster? Ist sie die Grşş' 
läge des Wohlergehens oder die Quelle der III' 
muth? in Gegner und Freunde des Sparens gf 
theilt worden sind. Für den Einzelnen ist dH 
Sparsamkeit die Wirthschaftsrichtung, die Au?' 
gäbe auf die Nothdurst zu beschränken und sie j» 
mit der Ausgabe in Einklang zu bringen. Die>^ 
Art des Sparens bürste gewiß die Anerkennung 
jedes vernünftigen Menschen finden. Redust 
kommt auch auf das durchaus tadelnswerthe ķ 
dingen vom Preise für Arbeit und Waaren r 
sprechen Jeder Arbeiter sei seines Lohnes wşş 
Darum sollte auch jeder Wohldenkende recht ve»' 
nünftig sein gegen reelle Geschäfte in Handivef 
und Handel und nicht den sogenannten Schleuder' 
geschäften nachlaufen. Man ahnte vielleicht nich» 
wieviel menschliches Elend, ja menschliche Schaşş 
daran klebt oder sagen wir Ueber, daran ver 
arbeitet ist, wenn inan einen Anzug oder es» 
Kleid so spottbillig kauft. „Man soll sich >" 
Handel und Wandel nicht durch Sparsamkeit Z» 
Ungerechtigkeiten verleiten lassen." „Wehe dei»- 
der sein Gut mehret mit fremdem Gute!" Nach 
dem der Beifall, der diesen interessanten Aus' 
sührungen folgte, verklungen war, folgte der Vor' 
trag des Musikstückes für Violine und Klavist 
«Des Geigers Traum" von Hannusch. Hest 
P»sch era, Ciseleur auf der Carlshütte, der E 
Ichon länger als gewiegter Geiger bekannt Ģ 
hatte Herrn Lehrer Haas-Rendsburg vermach' 
me Begleitung auf dem Klavier zu übernehmt! 
Das herrliche Musikstück wurde mit größtem Ş' 
schick und vorzüglicher Präzision vorgetrag»^ 
Nachdem nun ein gemeinschaftliches Lied gesung»» 
ivar, erfolgte Pause. Mit einem Potpourri »» 
Hoffmann wurde darauf die angenehme Untşş 
Haltung fortgesetzt. Hierauf trug Herr Büsi»?. 
Rendsburg einige komische Dichtungen unter nwļ! 
verdientem Beifall vor. Nach dieser Nummer soN 
ein Musikvortrag für Violine und Zither ,P’ 
ganz von Herzen", ausgeführt von Frl. Spe»^, 
le r und Herrn Peschera. Der genannten Da», 
wurde als Anerkennung ein Bouquet überreich- 
Nachdem nun noch Herr Iürgens-Biidelşş! 
einen komischen Vortrag gehalten, wurde der sch»,, 
Abend mit dem Absingen des Liedes „Br»» 
reicht die Hand zum Bunde" beschlossen. 
X. Rendsburg, 5. März. Am Dolllş 
stag und Freitag-Abend dieser Woche V> lt 
Herr W. Finn aus London seine riş 
lichst bekannten Experimental-Vorträge üb» 
Optik und Elektrizität im Apollosaal W 
ten. Welchen Werth dieselben haben, 
über berufen wir uns auf die „Kölnisch 
Ztg.", welche berichtet: ,, 
Wir empfehlen den Besuch dieser all 
gezeichneten Experimente dem gebildet ' 
Theile des Publikums nachdrücklichst "»
	        
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