Grfcheint facļliH.
1 '
Aeltestes und gelesenes Klatt im Kreise Uendsdurg.
, vezngspreis:
lo^rlu^ 2 f ŗ re i ins Haus geliefert
... „ „ 2 Ji 15
für Auswärtige, durch die Post bezogen . c-" . .
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I-'sertionsprcis: pro Petitzeile 15 Ķ
67 fUt Jahrgang.
Bei Betriebsstörungen
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dieses Blattes vorbehalten.
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werden dem Blatt „Der Landwirth" sowie das
Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben.
S8ŞŞ Abonnenten.
No. 5.
Sonnabend, den 6. Januar
1894.
Berlin^ Ķ^u-Depeschen.
bet 2' k 5 - Sa "' Der „Sozialist" met-
° à Kommandant der Berliner Schutz.
Do» ^ der vorigen Wsche das
Sck k^aşidmm und die Centralwache der
W Nachts alarmiren und
Dal, Kellerräume des Gebäudes des
-r vermà7^ , untersuchen lassen, weil
Höllenmaschinen ÄhÄ 5 f W . e
î)ränh?„f t T? V „^steckt seren. Der Polrzer-
die" Benrâ^ dagegen ein und beantragte
oi Beurlaubung des Kommandanten. -
à.,ànnten Anarchisten stehen unter
!!--nger poüzerlicher Bewachung.
Ei^aam, ^T^ffff2an. Durch den schweren
2 den niedigen Wasserstand
Unfällen vor Anzahl von Schiffs-
uberfüM Dre Werften sind vollständig
mi Ņffen T Cben die Reparaturen nur
i? Verzögerungen ausgeführt.
'Ä ļroC' • Der Zahlmeister Hen-
Lmem Monà r ?7"entes ist seit vergan-
Verminte in n^schwunden. Da sich der
ctf.'l,^ tß Uniform befand scheint seine
S P Ü.77JSZ
D:° .:,. 0 11111 Eintu Unglütfäfsltt handtļn/
haben feirf w.f‘}fi teritCU f Nachforschungen
n- tn , e tnltat ergeben,
hier e/"' ş Jan. Die Temperatur hat
ff . . .. uen äußerst niedrigen Stand erreichs-
Morgen herrschten 22 Grad KWe.
au^^ s 1 * Todesfälle durch Erfrieren /sind
Weiâşş Ņrodrnz gemeldet worden. Die
Die Ä Ģ größtenthells mit Eis bedeckt.
^üteuC Äs -"şi-àļUnit be-
a Fulda 5 1 cin.
‘ °n Fulda wurde' v ^ Bischof Joseph
In allen Kirchen der D?^°ge getroffen,
bere für seine Wil^?^^se werden Ge-
Bayreuth. 5. Jan ^Ä 0 “ 18 gehalten,
der in Sesslach' veràŅf°.rrer Schnei-
nn Attentat, das inil^ Tm il Burschen
'nd in Haft genommen! ^ ® ie Thäter
_ Trieft, 5. Jan. Auch! gestern b
^&sasrû&issr
heftiger Schneesturm
Mi-ffàchss/ws/ffà'^ àt solch,
şie Eisenbahn züae /""geblieben.
Verspätung an.' / kommen nnt großer
^lìŗìA, 5. Siems ^
Nacht brannte utv^v p s ^^gangenen
nieder. Der 40^ msdaSPsarrhans
in den Flammen I ni-ģ şà^ .paktier kam
şiàhlrem Lühnde gesundem^
C«iatasimi (Sizilien), 5. Jan. Einige
hundert Landleute, Weiber und Kinder,
aufgereizt durch Unruhestifter, übersiclen
die Verzehrnngs-Steuerposten, indem sie
riefen: „Nieder mit der Verzehrungssteuer!
Wir wollen freien Marktl"
Im TüMSgksäilkte.
Das neue Jahr hat mit strengem Regi-
mente großer Kälte angefangen, und freund-
schastlich sieht cs eigentlich nirgends aus.
Die Weujahrsansprach a lauteten zwar fried
lich; aber es ist im Grunde kein Kunststück,
friedlich zu sein, wenn man so vollauf mit
anderweiten Sorgen und Gefahren beschaff
tigt ist, daß einem die Kriegsqedanken von
selbst vergehen.
Bei uns in Deutschland treten wir das
Jahr an mit schweren Sorgen. In den
obersten Kreisen kriselts; krisclts trotz aller
Dementis und Beschwichtigungsversuche,
wie schon die Häufigkeit der Minister-
fftzungey, die ungewöhnlich lange Dauer
derselben, die Zahl der Vorträge beini
Kaiser beweisen, wenn nicht der Stand
verschiedener wichtiger Staatsangelegen
heiten von selbst darauf hinwiesen. Es
handelt sich anscheinend um einen doppelten
Antagonismus, dem zwischen dem Reichs
kanzler und dem preußischen Ministerpräsi-
deuten und dem zweiten zwischen dem
Reichskanzler und dem Finanzminister
Miguel. Der erste Zwist ist jedenfalls der
ernstere; Graf Eulenburg sympathisirt mit
den Agrariern, denen der russische Handels
vertrag ein Greuel ist. Finanzministcr
Miguel mvche vor allem seine Steuervor
lagen durchsetzen und fürchtet, die durch
Annahme des Handelsvertrages aufgebrach
ten Agrarier möchten ihm einen Strich durch
die Erwartungen machen. Als Letztes mag
indessen hingenommen werden, daß am ersten
Geschüftstage des neuen Jahres in Berlin
der deutsch-rumänische Handelsvertrag rati-
fizirt worden ist, der bekämpfteste bekannt
lich unter den drei sogenannten kleinen
Handelsverträgen. Als Erbschaft des alten
Jahres ist anzusehen der Kameruner Zwischen-
fall, welcher unsre Marinebehörde im neuen
Jahre angelegentlichst beschäftigte und er er
Anzahl preußischer Svldateu das zweifel
hafte Vergnügen einer Fahrt nach Kamerun
und das noch fragwürdigere verschafft, mit
meuterischen Dahome-Negern sich herum
zuschlagen.
In Frankreich hat die Regierung im
neuen Jahre bereits große Energie in der
Bekämpfung der Anarchisten entfaltet. Sic
hat Befehl zu 2000 Haussuchungen bei
Anarchisten ertheilt, die zu Verhaftungen,
Ausweisungen, Beschlagnahme rc. geführt
haben. Die anständige Presse ist mit dieser
Strenge der Regierung ebenso zufrieden
wie sie, und zwar mit Recht, im höchsten
Grade unzufrieden ist mit der Milde der
Jury von Angouleme, die die Verbrecher
von Aigues Mortes freigesprochen hat.
Natürlich ist man in Italien nicht weniger
als erbaut von diesem Richterspruch, der
Italiener in Frankreich gewissermaßen für
vogclfrei erklärt. Denn die Prozeßver
Handlungen haben ergeben, daß die fran
zösischen Arbeiter die italienischen überfallen
und auf entsetzliche Weise gemordet haben,
und trotzdem ein freisprechendes Urtheil!
In Spanien hatte man die erste Woche
des Jahres gleichfalls die Hände voll mit
den Anarchisten zu thun. Der Streit um
Melilla scheint seiner friedlichen Lösung
entgegenzusehen.
In Italien sieht es zu Beginn des
Jahres recht trübe aus. Die Kämpfe in
Sizilien haben einen so blutigen Charakter
und solche Ausdehnung bereits aewonnen,
daß zum zweiten Male 1200 Mann Trup-
pen dorthin entsandt werden mußten, sodaß
die ganze Garnison 4000 Mann beträgt,
mit den sehr erbitterten und hartnäckigen
Empörern nun fertig werden sollen.
In Böhmen wurden in unserer Berichts
woche zahlreiche aufrührerische Schriften
verbreitet. In England beschäftigt man
sich auch in letzter Woche mit der Apanage
des Großherzogs von Koburg mehr als
diesem lieb sein dürfte.
„ . taêl»ue.
Roman von B. şn der Lancken.
şiiob ohne Irgendwie veränderten
Ausdruck des Antlitzes, den Brief in Zl
»"Elegie il unter einen***
Fassung—^ ^oplslazffi in reicher Bronze-
. ' Ex <L t , n ^ kegamt^ann .» frühstücken.
besten, sein
§affc «mgegosim ^aparirt und semen
Wife 1-,7ķ.und °uş sei"
trat. " R'-mß . m s Zimmer
Außereuropäische Gebiete.
Eine Depesche des „World" aus Mana
gua zufolge nahm General Bonilla die
Stadt Choluleca mit Sturm. Die Ber-
luste betrugen 150 Todte und Verwundete.
Die Regierungstruppen zogen sich zurück.
Die Nicaragua-Truppen erwarten den An
griff und werden dann in Honduras ein
dringen. Die Regierung machte bei den
Kaufleuten eine Zwangsanleihe von 350,000
Dollars. — Nach einer Depesche des
Newy. Herald" hat General Bonilla ein
Cabinet gebildet, in dern er selbst die Prä-
sidentschaft übernahrn. Eine Verordnung
des Präsidentschaft von Nicaragua prokla-
mirt ein formelles Bündniß mit Bonilla
gegen den Präsidenten von Honduras.
Der Eiffelthurm zu Paris und die große
russische Schaukel zu Chicago sollen nun
mehr einen originellen Rivalen anläßlich
einer Ausstellung zu San Francisco er
halten, der nach einer Mittheilung vom
Patent- und technischen Bureau von
Richard Lüders in Görlitz aus einer 50
Meter hohen Statue der Justitia besteht,
welche in der einen Hand ein Schwert,
in der anderen hochgehobenen dagegen eine
riesige zweischalige Waage hält, welche zu
einer Schaukel ausgebildet ist. Der
Waagebalken ist gegen 80 Meter lang
und besteht aus einen, schmiedeeisernen
Rittcrträger, au dessen Enden die Waag-
schalen befestigt sind, welche jede 50 Per
sonen zu fassen vermögen. Im Innern
der Figur, welche aus einem eisernen Ge
rippe mit Stuckmodellirung besteht, befindet
sich ein Gasmotor, welcher die Waagen-
schaute! in Bewegung versetzt, wobei die
Schalen sich um etwa 100 Meter heben
und senken. Telephone verbinden die
Waagschaalen und das Innere der Figur
wahrscheinlich um bei etwa unter den
Passagieren ausbrecher Seekrankheit die
Aussetzung der Kranken bewirken zu können;
vom ästhetisch.juristischen Standpunkte be
trachtet möchte die Curiosität wohl als
noch geschmackloser wie die früheren ähn
lichen Monstrositäten bezeichnet werden.
Spanien.
Barcelona, 31 Dez. Ein Deutscher,
welcher die Reise von Hamburg nach
Barcelona über die Schweiz und durch
die Pyrenäen zu Pferde zurückgelegt hat,
ist heute hier eingetroffen. Der Betreffende
gedenkt sich einige Tage in der Hauptstadt
Cataloniens aufzuhalten, um deren Sehens
würdigkeiten in Augenschein zu nehmen,
und dann, immer zu Pferde, den Weg
südwärts einzuschlagen, das schöne Anda-
lusien die Kreuz und Quere zu durchstreifen
und sich hierauf in Cartagena nach Marokko
einzuschiffen. Unser Deutscher will auch
dort seinen Gaul nicht an einen dürren
Ast binden, sondern vielmehr ganz Nord-
afrika durchziehen, daun nach Italien über
setzen und schließlich nach Hamburg zurück
reiten. Ein schöner Spazierritt!
Italien.
Neapel, 5. Jan. Nach einer Meldung
des „Carriere di Napoli" aus Palermo
vom 4. d. Mts. fand in Marenio, einer
10,000 zählenden Ortschaft der Provinz
Palermo ein Zusammenstoß zwischen Trup
pen und Ruhestörern statt. Diese verlang
ten die Abschaffung des Oktroi und wollten
einen Angriff auf die Bürgermeisterei ma
chen. Bei dem Zusammenstoß sollen 140
Personen getödtet, etwa 50 verwundet
worden sein. Einzelheiten fehlen.
Rom, 5. Jan. Dem Carriere di Napoli
zufolge erhielten die Arbeiterklubs Sizi-
liens aus Frankreich Gewehre. Der so
eben verhaftete Abgeordnete Defelice war
Agent Frankreichs und auch erst neulich
in Marseille.
Paris, 5. Januar. Der Präsident des
Schwurgerichtshofes beauftragte den Ad
vokaten Labory, Vaillant zu vertheidigen.
Labory lehnte jedoch ab, da die Zeit nicht
ausreichend sei, um die Akten zu studiren.
Serbien-
Belgrad, 5. Jan. Die Erkrankung von
vier Mitgliedern des Staatsgerichtshofes
erregt Sensation. Es gilt als feststehend,
daß die Sprengung des Gerichtshofes be-
zweckt wird. Ein Zusammenstoß der radi
kalen und 'liberalen Gegensätze ist unver
meidlich. Die nächste Sitzung dürfte Ueber-
raschungen bringen.
„Stive , sagte er niit t
an der Thür stehen bleibenL^şihos,
. »Ein Gleiches," rief % r, t
m aller Welt ist denn aber^ xAMd; »was
schon um 11 Uhr an cinei^Urt, daß Du
wirrag auf der Bildfläche in ff. Vor-
erschcmst?" ft ^"haltstraße
jetzt noch nicht viel,Antwortete der
.lndere, sich g mderSophaecke kquemmackend-
abgerechnet, das Lüttwitz nch schon' »m
r 3e l n herausgetrieben hat. Er hat groß
n en d?s"T°g. Znnächstwill er seine
wem" Zehner Probiren, d. t wir sollen,
Genick ^ust hab,, uns das
Zu „Mrstauchen" f» dach
und dann wird bei ri * sà spa?ren fahren,
» **%£»*•«—
„via) auch." >'
»Sv? NUN NM fr, <,,,sr «
also jetzt mit?" besser. K„„nst Du
Äto!« *
ÎWjen Cigarren — bitte " ^ u - Dort
„Tausend Dank. Aber eile Dich, denn
Lüttwitz wartet mit dem Wagen."
Wenige Minuten später traten die Freunde
vor die Hausthür, wo Graf Liittwitz mit
seinem Phaeton, vor dem die prächtigen
Rappen unruhig hin und her tänzelten, sie er
wartete. Sie stiegen ein und fuhren in schlankem
-rrab die - Königgratzerstraße entlang und
dann durch den Thiergarten nach Charlottcn-
icn bürg hinaus. .
Die Vorhänge im Salon der Gräfin
-r>art,ich waren herabgelassen; der durch blaß-
rosa schirme gedämpfte Schein der Lampen
um E uÄidons erfüllte den schönen, mit ver
schwenderischem, aber vornehmen Luxus aus
gestatteten Raum mit magischem Schimmer;
lautlos schritten die Diener, die mit dem
Herrichten des Theetisches beschäftigt waren,
über die weichen Teppiche und nur das cin-
tvn,gc Summen des Wassers in dem schweren
silbernen Samovar unterbrach die tramnhaftc
Stille.
^ Etwas wie Langweile mochte auch wohl
Lraue Papagei empfinden, der schon gc-
aeüsimJH 1 * şiļļ und verdrossen vor sich hin-
.... n )Ee; mit einem raschen Entschluß
-its, ! cmem Messingreif herunter, hängte
fe iï“ f « “»'> ?"à
auf entern Divan ruhte. r
„Xenia! .Xenia! ma belle," rief er in 'ört
lichen Tönen. Die Dame beachtete ihn nicht,
'o oft er auch seine Rufe wiederholte. Da
wurde er zornig ob der so lange unisonst
verschwendeten Liebesmüh, schwang sich oben
auf seinen Reif empor, schlug wild mit den
Flügeln und stieß ein markerschütterndes Ge
schrei ans. Gräfin Xenia Bartuch sprang auf.
Petersburg, 5. Jan. In dem Gesund-
heitszustande des Ministers des Auswärti
gen von Giers, der ernste Besorgniß
einflößte, ist seit gestern eine sichtbare Bes-
serung eingetreten. Die Aerzte, an der
Spitze Professor Sokoloff, erwarten eine
baldige und völlige Wiederherstellung.
Schweiz.
Ein Urtheil des zürcherischen Obergerichts,
wonach die Bezeichnung ff,Kalb" im Kan^
ton Zürich keine Beschimpfung ist, macht
Schule. Die Blätter der französischen
Schweiz bringen neuestens folgendes Pen
dant, das wohl der Erwähnung werth ist:
In einer deutschen Gemeinde hatte Jemand
einen Andern einen „Schweinehund" titu-
lirt. Der Richter, vor den die Sache ge
bracht wurde, hörte die Parteien an und
entschied, das Wort bilde keine Beschim-
pfung, da ein solches Thier garnicht exi-
stirte. Der Kläger, sehr überrascht von
dieser Urtheilsbegründung, zahlte die Ge
richtskosten und entfernte sich mit den
Worten: „Adieu, Herr Schweinehund!"
Tableau!
England.
In seinem herrlichen Hotel zu Portland-
Place in London verstarb dieser Tage
einer der größten Minenbesitzer ganz Eng
lands, der Gründer des ersten transat-
lantischen Kabels, ein vielfacher Millionär,
der ehemalige Deputirte und Baronet
„Jako, Jako, wirst Du Ruhe geben,
meschant gargon!“ rief sie, an den Vogel
herantretend.
„Haha — haha! mediant gargon !" wieder
holte der gefiederte Unhold. Xenia lachte, sic
streckte dem Liebling die weiße Hand cntgcge.i,
und dieser Beweis weiblicher Nachgiebigkeit
glättete innerlich die Wogen des Zornes,
äußerlich Jakos Federn, und mit possirlicher
Eilfertigkeit kam er heran, hob bedächtig daö
kurze fleischige Beinchcn und kletterte auf die
schönen, schlanken Finger seiner Herrin, die
liebkosend ihre Wange an sein weiches Köpf
chen driicktc.
»Beim Zeus, Schwester Xenia, wenn
unser einer so etwas sieht, könnte man eur
diese gefiederten Spitzbuben eifersüchtig werden,"
ließ sich da eine männliche Stimme vom
Eingang her vernehmen, und unter der
schweren rothen Seidcnportière erschien eine
hohe, schlanke Gcştalt, jede Bewegung von
selbstbewußter Vornehmheit; ein' Ausdruck
von Blasirtheit auf dem noch jugendlichen
Antlitz, der Schnurrbart keck aufgesetzt, der
lieh demselben trotzdem etwas Herausfordern
des; das bräunliche Haar war für die Jahre
des Trägers —■ er mochte deren ungefähr
dreißig zählen — etwas zu sehr gelichtet.
Prinz Alexander Edelsberg kam direkt vom
Diner beim italienischen Gesandten, im
Knopfloch seines mit dem silbernen Johan-
nlterkrcuz dckorirten Fracks duftete noch eine
Gardinca, sein Antlitz war leicht geröthet,
seine Stimmung animirt.
Bei seiner Anrede wandte Gräfin Xenia
mit einem reizenden Lächeln schelmisch das
Köpfchen und blinzelte dem Sprecher schel
misch zu.
-Jako weiß solchen Vorzug aber auch
besser zu schätzen, er hat für ihn nur von
einer Person Werth, was nian von gewissen
Personen nicht gerade behaupten kann,"
neckte sie.
„O pfui, Xenia! Wer wird doch aus der
Schule plaudern?'Komm', setze Dich zu mir,
gieb dem Jako seinen „Gute Nacht"-Kuß
und mir eine Tasse heißen Thee."
Die Gräfin setzte den Vogel auf die Stange
und trat hinter den Samovar; der Fürst
hatte sich's bereits in einem Sessel bequem
gemacht und ließ ein Bisquit hinter den
sc,ton, weißen Zähnen verschwinden.
„Weißt Du was, Xenia," begann er,
das Leben, wie ich es jetzt führe, fängt an,
mir langweilig zu werden.
. Sie sah ihn einen Moment prüfend an,
wiegte dm Kopf leicht von einer Seite zur
andern und lächelte.
„Also verliebt oder verschuldet," sagte sie
dann ziemlich ruhig, „wie gewöhnlich."
„Du irrst dies Mal, keins von beiden."
„Wort darauf?"
„Wort darauf."
„Ich möchte heirathm, Schwester Xenia."
„Sascha!"
Sie schlug vor Neberraschnng die schönen
Hände zusammen unh blickte dm Sprecher
mit ehrlichem Erstaunen an.
„Du wunderst Dich? Ich wundere mich
'clbst, aber mein, Entschluß steht fest. Sieh
mal," und er zog einen beschriebenen Bogen
Papier ans der Brnsttasche, „ich habe mir
cf)on einen allgemeinen Uebcrschlag gemacht.
Wir sind — hier vor uns brauchen wir doch
kein Hehl daraus machen — reich, sehr reich.
Meine Revenuen sind der Art, daß ich bei
meiner Wahl nicht auf Vermögen zu sehen
brauche; ich will also nur eine Frau nehmen,
die mir gefällt, und eine solche zu finden-
fit mein augenblicklicher Lebenszweck. Da ich
nicht Senior unseres Hauses bin, bin ich
wenig beschränkt bei meiner Wahl."
„Freilich; aber ich bitte Dich, Sascha,
mache nur nicht die sociale Modckrankheit
mit und verliebe Dich in irgend eine Vor
stadt-Theater-beantö oder in sonst eine
Diva der Bretter, vielleicht gar der Manöge."
Prinz Edelsberg machte eine vornehm ab
wehrende Handbewegnng.
„Keine Sorge, Schwesterchen. Ich kenne
diese Mädchen, die Du cbm erwähnst, zu
gut, um nur dm Gedanken an eine solche
Ehe aufkommen zu lassen. Es giebt ja
Ausnahmen unter ihnen, aber — passons ln
dessus."
„Dann bin ich zufrieden."
„Weißt Du, Xenia, Du solltest auch wie
der heirathm."
Ein hcllcS, übermüthiges Lachen war die
Antwort.
„Sascha —• frère chári, was soll ich
Dir auf diesen Vorschlag antworten? Wen
oll ich ^ denn heirathm? Den langen,
dünnen Rittmeister von Köckeritz, dem an der
ganzen Gräfin Bartuch sammt rothlockigem
Haar und oft besungmm Augen doch die
dreißigtausmd Thaler jährlicher Revenuen das
Liebste find, oder dm Garde-Ulan Lüttwitz,
der sein halbes Vermögen in Blumen und
Brillanten für das Corp» de ballet angelegt
hat? Die übrigen Herren nicht zu nennen,
die alle mehr oder minder eine ganz verzwei
felte Achnlichkeit mit diesen Beiden haben?"
„Du vergißt Einen, Xenia."
„Nun?"
„Gaston von Preuß."
(Fortsetzung folgt.)