Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

schau, Paris, Neapel über die Besiegten 
zu Gerichte saß, da haben diese wohl mit 
den Zähnen geknirscht, ihre gefallene Sache 
noch immer beklagt, vielleicht sogar gedacht, 
daß wenn die Gelegenheit sich wieder böte, 
sie wieder dasselbe thun würden, aber sie 
benahmen sich den Richtern gegenüber an 
ständig, sie verstanden die Heiligkeit des 
Gerichtssaales zu respektiren. Sie waren 
reif und klug genug zu wissen, daß sie die 
Folgen ihrer Handlungen zu tragen haben 
.werden, und daß die Richter mit ihnen 
nach den vorgeschriebenen Gesetzen des 
Landes verfahren müssen. So pöbelhaft 
wie die Omladinisten im Prager Gerichts 
saale sich benommen haben, haben sich 
noch niemals Angeklagte benommen, und 
daß sie so jung sind, ihre Sache eine so 
thörichte, ihre Macht gegenüber derjenigen, 
welche hinter dem Gerichte steht, eine so 
lächerlich geringe, vermehrt den Eindruck 
Der pöbelhaften Ungezogenheit. So handeln 
keine ideal gesinnten dem politischen Feinde 
Unterlegenen, so handeln nur noch Leute, 
die keine Ahnung haben von dem Lauf der 
Dinge in der Welt oder die schon über 
Alles, namentlich auch über Ehre und An 
stand hinaus sind. Allenfalls können sich 
so benehmen besonders weit gediehene — 
Zuhälter oder auch verthierte Anarchisten. 
Daruni werden die in Prag zu so schweren 
Strafen verurtheilten Omladinisten von 
Niemand bedauert werden, und selbst die 
tschechischen Politiker, die so kurzsichtig 
waren, sich der dummen Jungen zu be 
dienen, werden in ihrem innersten Herzen 
Gott danken, daß sie sie für einige Zeit — 
los sind. Vielleicht überlegt nian es sich 
auch in Böhmen und anderswo, ob es 
klug ist, Rassen- und Nationalitätenhaß 
so zu pflegen, denn nur er, das Zuhälter 
thum und der Anarchismus erzeugen solche 
Früchte. 
WIKM ms kr jMiikntai". 
In der Budgetkommission des Reichs 
tags brachte man Freitag-Vormittag Abg. 
Dr. Müller-Sagau bei der Berathung des 
Marineetats die beiden Unglücksfälle auf 
der „Baden" und der „Brandenburg" zur 
Sprache. Redner erwähnte die mangel 
hafte Unterstützung der Hinterbliebenen 
der Verunglückten. So seien für die Hinter- 
terbliebenen eines Lieutenants z. S. auf 
der „Baden" (eine Frau und drei Kinder) 
nur 370 Mk. Jahrespension ausgeworfen. 
Ob denn nicht zur Erhöhung der Unter 
stützungen in solchen Fällen Fonds vor 
handen seien und wie die Marineverwal- 
tnng denke über die bereits für den Mi 
litäretat angeregte Erweiterung der Gesetz 
gebung zur Fürsorge der im Friedensdienst 
Verunglückten. Redner bittet um Auskunft 
über die Zahl und Verhältnisse der Hinter 
bliebenen aus der „Brandenburg" und über 
eine eventuelle Schadenersatzpflicht des 
„Vulkan". Redner fragt, wieweit die 
Untersuchungen über die Ursachen des Un 
glücks auf der „Brandenburg" fortge 
schritten seien. Sehr peinlich berührt habe 
der erste Artikel im „Reichsanzeiger", in 
welchem man schon vor der Untersuchung 
ausgesprochen habe, daß das Unglück vor 
aussichtlich nicht abzuwenden gewesen sei, 
jedermann wisse doch, daß die Haltbarkeit 
der Maschinentheile nicht erst auf den 
Probefahrten erprobt werde. 
Staatssekretär Hollmann: !Der Ar 
tikel im „Reichsanzeiger" hatte einen doppel 
len Zweck verfolgt, einmal um dem Be 
dauern über das Unglück Ausdruck zu geben, 
sodann aber entgegenzuwirken, daß man 
Herz und Muth verliere. Man habe ge 
wissermaßen ausdrücken wollen, daß, wer 
sich in eine Maschine begebe, sich einer 
größeren Gefahr aussetze, als wenn man 
in seinem Garten spazieren ginge. Aber 
der erste Artikel des „Reichsanzeigers" sei 
verfaßt worden auf Grund einer falschen 
Nachricht ans Kiel. Denn die erste Nach 
richt, welche er empfangen, habe gelautet, 
das Hauptdampfrohr sei geplatzt. Nun 
aber werden, um solche Rohre zu schützen 
neuerdings, die Kupferröhre einer gewissen 
Dimension mit Drähten umwickelt, deshalb 
habe man annehmen müssen, daß weitere 
Sicherheiten nicht möglich seien. Indeß 
jene erste Nachricht war falsch, das Dampf 
rohr war nicht geplatzt, sondern ein Dampf 
wollte ich Sie um einen guten Rath bitten." 
„Machen Sie dem Kinde warme Brei 
umschläge." — 
„Gut!" rief Jette und wollte davoneilen. 
„Warten Sie doch!" rief Frau Bredow. 
„Ist Ihr Mann zu Hause?" 
„Mein Mann? — Ja, der ist zu Hause." 
„So schicken Sie ihn nur gleich zum 
Doktor Scheffer," rief Frau Bredow; „auf 
die Umschläge allein dürfen Sie sich nicht 
verlassen, denn mit der Bräune ist nicht zu 
spaßen." 
„Ich danke Ihnen!" rief Jette. „Ver 
zeihen Sic, daß ich Sie gestört habe. Gute 
Nacht, Frau Bredow!" 
„Gute Nacht", tönte es herab, worauf 
sich das Fenster schloß. 
Jette trat eiligen Schritts den Heimweg 
an, nicht ahnend, daß sie Frau Bredow's 
Stimme znnl letzte»! Male in» Leben gehört 
habe. 
Vom Rathhausthnrme schlug as elf... . 
(Fortsetzung folgt.) 
Ventil ist abgerissen. Meine persönliche 
Ansicht geht mit Vorbehalt der gerichtlichen 
Untersuchung dahin, es handelt sich nicht 
um einen Konstruktionsfehler, auch Material 
und Arbeit war tadellos, aber es hat bei 
der angewandten Konstruktion eine Sicher 
heit gefehlt, deren Nichtvorhandensein die 
Gefahr mit sich brachte. Die Mas chine ist 
auf dem „Vulkan" in Stettin selbständig 
hergestellt worden in den Einzelheiten im 
Einbau und in der Montirung. Die 
Zeichnung des Hauptventils ist aber 
leider sogleich aus dem Konstrnk- 
tionsbureau ohne vorherige Mit 
theilung an den beaufsichtigenden 
Beainten an die Werkstatt gegangen. 
Auf dieser Zeichnung hat die erforderliche 
Sicherheit gefehlt. 
Nach Ausführung der Arbeit war aber 
der Mangel nicht mehr zu erkennen, weil 
er an der innern Stopfbüchse sich befand. 
Jedermann mußte voraussetzen, daß die 
Sicherheit vorhanden sei. Daß dies nicht 
der Fall, dafür fehlt jede Erklärung. Wie 
ist es möglich, daß bei einer Mafchinen- 
anstalt wie „Vulkan" von solcher Erfahrung 
und Zuverlässigkeit solche Unterlassung vor- 
komint? Doch leider begegnet mitunter dem 
verständigsten Menschen ein Fehler in einem 
Augenblick geistiger Abwesenheit. Redner 
erinnert an den englischen Adinieal, der den 
Untergang der „Viktoria" im Mittelmecr 
durch einen falschen, unausführbaren Befehl 
verschuldet babe. (F. Z.) 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Nach Meldungen aus Montevideo bietet 
die Präsidentenwahl große Schwierig 
keiten dar; es fanden vier Wahlgänge statt, 
die ohne Resultat verliefen. Zwischen dem 
Candidate» der Regierungspartei und dem 
der Volkspartei ist eine Stichwahl noth 
wendig. Es herrschte hier lebhafte Er 
regung. Die Truppen sind designirt. 
Nach Meldungen aus Buenos Aires von 
heute sind die Aufständischen von Rio 
Grande bei Sarandi geschlagen »vorder;; 
400 Mann sollen gefallen sein. Zahlreiche 
Gefangene seien gemacht worden. 
England. 
London, 2. März. Das Reuter'sche 
Bureau meldet: Premier-Minister Glad 
stone nebst Gemahlin speisen heute bei 
der Königin iin Schloß Windsor; morgen 
»vird Gladstone seine Entlassung 
überreichen, es »vird alsdann eine 
Sitzung des Geheimen Raths in» Schlosse 
Windsor stattfinden. Hierauf wird Glad 
stone nach London zurückkehren. 
Oesterreichs. 
Der Kaiser von Oesterreich besuchte 
gestern Monte Carlo und die dortigen 
Spielsäle, um einmal das Spielen da 
selbst zu beobachten. Der Vorschrift ge 
mäß mußte er das Bureau des Polizei- 
Kommissars passiven, wo ihn Prinz Lichten 
stein als Graf Hoheneinbs anmeldete: Beim 
Betreten der Spielsäle lvurde jedoch der 
Kaiser erkannt, und das Spiel »vurde unter 
brochen. Die anivesenden Deutschen und 
Oesterreicher begrüßten den Monarchen ehr 
furchtsvoll. Die gleiche Szene spielte sich 
iin zweiten Saal ab. Der Kaiser verließ 
alsbald in heiterster Stimmung die Spiel 
säle, ohne das eigentliche Spiel gesehen zu 
haben. 
Frankreich. 
Paris, 2. März. Heute Vorrnittag wur 
den hier 22 Anarchisten verhaftet, 
darunter zwei deutsche. 
In Lille ist die Leinenfirina Danset Le- 
maitre Fils sallit, der Fehlbetrag beträgt 
800000 Francs. 
Italien. 
Rom, 1. März. Die Wittwe des be 
kannten Painphletisten Professor Sbarbaro, 
der seine Familie im bittersten Elend zurück 
gelassen, nahm heute auf dem Grabe ihres 
Gatten Gift. Kirchhofbeamte schafften die 
Unglückliche in's Spital. 
Der Steuereinnehmer Possenti kehrte 
gestern Nachmittag zu Wagen von Monte- 
libreti, wo er 3200 Lire vereinnahmt hatte, 
nach Rom zurück. In seiner Begleitung 
befand sich nur ein Knecht. Bei dem Dorfe 
Palombura stellte sich den beiden ein Bri 
gant in den Weg, der seine Flinte auf den 
Steuereinnehmer anschlug und ihm befahl: 
„Faccia a terra!“ (Das Gesicht zur Erde!) 
Possenti und sein Knecht stiegen von» Wa 
gen ab, aber statt dem Räuber zu gehorchen, 
machte Possenti einen Fluchtversuch. Der 
Brigant gab sofort Feuer, und Possenti 
stürzte verwundet zu Boden, worauf ihn 
jener völlig ausplünderte und sich dann 
ruhig entfernte. Die Wunden des Steuer- 
Einnehmers sind nicht lebensgefährlich. 
Pfarrer Kneipp, der bereits ver 
gangenen Sonntag aus Rom abreisen 
»vollte, »vird, der „Köln. Volksztg." zu 
folge, auf besonderen Wunsch des Papstes 
noch bis zum 3. März dort bleiben, um 
den anläßlich des Jahrgedächtnisses der 
Krönung Leo's XIII. im Vatikan statt 
findenden Feierlichkeiten beizulvohnen. Unter- 
dessen ist der Vater der Wasserkur dort 
nicht muffig. An erster Stelle wurde ihm 
nach eigener Aussage die Ehre zu Theil, 
den Papst selbst mit kalten» Wasser be- 
handeln zu dürfen. Ferner eilen tagtäg 
lich viele zur Zeit seiner Sprechstunde zu 
ihm, um sich von ihm Rath zu holen. 
Auch hat er schon in verschiedenen Cob 
legien in seiner originellen Art Vorträge 
über seine Kaltwasserkur gehalten. 
Turin, 2. März. Eine in einer hiesi 
gen Waffenfabrik ausgebrochene Feuers 
brunst zerstörte zwei Magazine und ein 
Laboratorium. Menschenleben sind nicht 
zu beklagen. Die Entstehungsursache, so 
wie die Höhe der Schadenssumme ist noch 
nicht festgestellt. 
Mailand, 1. März. Der Stadtrath 
von Mailand kommt in den interessanten 
Fall, eine erhobene Steuer »nieder zurück 
zahlen zu müssen. Als letztes Jahr, so 
berichtet man der „N. Z. Ztg.", den Rad 
fahrern, die sich vorher nur in den äußeren 
Quartieren auf ihren Vehikeln zeigen durf 
ten, in allen Straßen der Stadt zu fahren 
erlaubt »vurde, belegte sie der Stadtrath 
mit einer jährlichen Abgabe von 12 Lire. 
Die Regierung hat aber diese Steuer bez. 
die Interpretation des bestehenden Ge 
meindegesetzes über die Besteuerung der 
vesture" (Luxuswagen) nicht gutgeheißen 
und die IV. Sektion des Consiglio di Stato, 
bei den» der Mailänder Stadtrath rekurrirte, 
hat letzter Tage den Rekurs abgewiesen. 
So »verden die also etlva 2000 eingeschrie 
benen Radfahrer die pro 1893 bezahlte 
Abgabe tvieder zurückerhalten. Auch der 
Stadtrath von Brescia befindet sich in der 
selben Lage. Wie verlautet, geht die Re 
gierung mit dem Gedanken um, selbst die 
Velozipedisten mit einer Abgabe zu be 
glücken. 
Spanien. 
Barcelona, 2. März. Die Schildivache 
des Kreuzers „Navarra", auf dem die ge 
fangenen Anarchisten in Ge»vahrsam ge 
halten werden, schoß auf ein Boot, das 
eie Herzogin von Uzes an Bord der fran 
zösischen Fregatte „Iphigenie" führte. Eine 
Untersuchung ist eingeleitet ivorden. 
Berlin, 2. März. Der Kaiser »vohnte 
der heutigen Sitzung des Landesökonomie- 
Collegiuins drei Stunden lang bei und 
folgte den Verhandlungen »nit dem regsten 
Interesse. 
— Wie mitgetheilt »vird, ist der Kais er 
bei dem Reichskanzler Grafen v. Caprivi 
erschienen, um ihm für die hervorragende 
Vertretung des deutsch-russischen Handels 
vertrages im Reichstage zu danken und 
ihm initzutheilen, daß er ihm seine Büste 
ans diesem Anlaß schenken würde 
liches Verkehrsmittel als — Vergnügungs 
lokal benutzt. Die sog. „kleinen Leuten" 
möchte man „beffern" und stellt sich beinahe 
auf den Kopf, um dies zu erreichen, aber 
eins thut man nicht — man fegt nicht vor 
seiner eigenen Thür. 
Eine Prügelei hat, lote der „Hann 
Cour." mittheilt, am Montag-Abend zwischen 
dem antisemitischen Reichstagsabgeordneten 
Leuß und dem früheren Direktor des 
Lebensmittel - Untersuchungsamtes, Dr. 
Schuntz, in Herrenhansen stattgefunden. 
Herr Leuß soll dabei arg zugerichtet »vor- 
den sein. Der Grund zu den Handgreif 
lichkeiten zwischen den beiden politischen 
Freunden ist in „Familien-Angelegenheiten" 
zu suchen. 
Mainz, 2. März. Der hiesige sozial 
demokratische Stadtverordnete und wieder 
holte Reichstags-Kandidat für Alzey-Bingen, 
Georg Doerr, hat heute sein Mandat 
niedergelegt, da über sein Vermögen der 
Konkurs erklärt worden ist. Doerr betrieb 
ein Cigarren- und Weingeschäft. 
Wegen Majestätsbeleidigung soll, 
wie der „Vorwärts" mittheilt, gegen einen 
ztvölfjährigen Schüler in Elberfeld 
die Untersuchung eingeleitet »vorden sein, 
der sich am Geburtstag des Kaisers eine 
unpassende Bemerkung über ein Bild des 
Kaisers erlaubt hatte. Der Vorfall war 
durch den Hauptlehrer zur Kenntniß des 
Schulinspektors gelangt, welcher der Polizei 
davon Anzeige machte. 
Aschaffenburg, 28. Febr. Großes Auf 
sehen erregte heute Nachmittag die Nach 
richt von dem Selbstmord des Herrn 
Daniel Hamburger, Chef des Tuch- 
Engros-Geschäfts Hainburger u. Cie. Die 
momentane Unmöglichkeit, einen morgen 
fülligen Wechsel zu decken, soll Hamburger 
verlaßt haben, Hand an sich zu legen. 
Hätte er sich an seine in günstigen Ver 
hältnissen lebenden Verwandten gewendet, 
wäre ihm sicher geholfen »vorden. 
Die Lübecker Weingroßhandlung 
Lorenz Harms und Söhne hatte dein Für 
sten Bismarck in Veranlassung des Be 
suches des Kaisers in Friedrichsruh zwölf 
Flaschen 1792er Madeira übersendet, der 
noch von dem Urgroßvater der jetzigen In 
haber der Firma herstammt. Der Wein 
war durch freundliches Entgegenko»iin»en 
des Kapitän zur See v. Blanc 1881 auf 
S. M. S. „Stosch" mitgenommen und 
durch Umladung auf S. M. S. „Leipzig" 
1884 zurückgebracht und hatte somit „die 
Linie passirt". Hierauf ist dem Theilhaber 
der Firma, Konsul Theodor Friedrich Harms, 
Berlin, 2. März. Die Vorlage des 
russischen Handelsvertrages wurde^das nachstehende Schreiben zugegangen: 
gegen die Stiminen der Freisinnigen und 
Sozialdemokraten an die um 7 Mitglieder 
verstärkte Kommission für die bereits ge- 
nehrnigten Handelsverträge überwiesen. 
Berlin, 2. März. Die von deutschen 
Studenten zur Debatte über das Thema 
„Sozialisinns und Studentenschaft" einbe 
rufene Versaininlung »var von et»va 3000 
Personen besucht und trug einen. über 
wiegend antisemitischen Charakter. Abg. 
v. Langen und Oberlehrer Heutig 
hielten antisemitische Reden. Die Sozial- 
deinokraten Lux und Ledebur »vurden 
lärmend unterbrochen. Gegen wenige 
Stiinmen »vurde eine Resolution angenom 
men, »velche die Universitätsbehörden er 
sucht, den Studirenden die öffentliche Mei 
nungsäußerung nicht zu beschränken; ferner 
eine Resolution gegen die vaterlandslose 
Sozialdemokratie. An den Kaiser und 
Bis»narck »vurden Huldignngstelegrainme 
gesandt. 
Berlin, 27. Febr. Schon vor einiger 
Zeit ging die Meldung durch die Presse, 
daß in den Zügen der Stadt- und 
Ringbahn sich unzüchtigeBor- 
gänge abspielten und daß in einer 
Art und in einem Maße, daß Bewohner 
der an den Bahnlinien liegenden Häuser 
schweres Aergerniß daran nähmen, in Folge 
dessen Gesuche uin Abhülfe an die Eisen 
bahnbehörde gerichtet hätten und daß die 
letztere auch eine Ueberwachung namentlich 
der Abendzüge angeordnet habe. Damals 
waren Offiziöse sofort bei der Hand mit 
der Erklärung, daß eine derartige Ver 
fügung nicht ergangen sei. Nunmehr wird 
berichtet, daß das Betriebsamt der Stadt- 
und Ringbahn an das ihm unterstehende 
Stations- und Fahrpersonal nachstehende 
Verfügung erlassen habe: „Nach den ge 
machten Wahrnehmungen scheint sich die 
Sitte (!) einzubürgern, daß die Wagenab 
theile der Personenzüge, namentlich die 
jenigen der 2. Klasse, auf der Ringbahn 
zur Vornahme unzüchtiger Handlungen 
benutzt werden. Es liegt auf der Hand, 
daß derartigen, ein öffentliches Aergerniß 
erregende Handlungen mit aller Strenge 
entgegenzutreten ist. Die Stations- und 
Zugbegleitungsbeamten sind daher mit An- 
»veisnng versehen, hierauf ihr besonderes 
Augenmerk zu richten und vorkommende 
Fälle zur Anzeige zu bringen. Bei der 
protokollarischen Vernehmung der betreffen 
den Beamten ist anzugeben, ob oder daß 
durch die Handlung ein Aergerniß gegeben, 
d. h. das Sittlichkeitsgefühl des die That 
Wahrnehmenden verletzt wurde, damit gegen 
die Betreffenden auf Grund des 8 183 
des Reichsstrafgesetzbuches vorgegangen 
werden kann." Der Hinweis auf die 2. 
Klasse sagt deutlich, welchen Kreisen die 
Gesellschaft angehört, die sogar ein öffent- 
„Friedrichsruh, 22 Februar 1894. Eiv. Hoch 
wohlgeboren und Herrn L. Heinr. Harms sage 
ich »»»einen verbindlichsten Dank für Ihre freund 
liche Zuschrift von» 17. m»d für den vorzüglichen 
Madeira, in welchem ich den aus meiner Jugend 
mir erinnerlichen richtigen Madeirageschmack seit 
Lange zum ersten Mal »vieder finde. v. Bismarck." 
Hamburg, 2. März. In einer gemein 
samen Sitzung des Aufsichtsraths und des 
Vorstandes der H a in b u r g - A m e r i k a - 
irischen Packet fahrt - Aktiengesell 
schaft »vurde beschlossen, von der Verthei- 
lung einer Dividende für das verflossene 
Geschäftsjahr abzusehen und den ganzen 
Reingewinn, ca. 4 Millionen, zu Abschrei 
bungen zu verivenden. 
Provinzielles. 
Herrn Albert Warburg in Altona ist 
der Titel „Commerzienrath" verliehen 
worden. 
Die Volksbank in Weffelburcn »vird 
bei einem Gesammtumsatz von 3,171,976 
Mark und einer Mitgliederzahl von 243 
für das verflossene Geschäftsjahr eine Di 
vidende von 6 pCt. zahlen. 
Aus einein Manufakturwaaren-Geschäft 
in Ahrensburg »vurden in vorletzter Nacht 
Leinen- und andere Waaren in» Werthe 
von 200 Mk. gestohlen. Dem Diebe wurde 
durch eine zerbrochene Scheibe im Laden 
fenster der Einbruch erleichtert. Der Be 
stohlene hat eine Belohnung von 50 Mk. 
auf die Ermittelung des Thäters gesetzt. 
Segcberg, 2. März Die Reher'sche 
Hufenstelle in Fahrenkrug, 149 Tonnen 
groß, mit 1430 Jt, Grundsteuer-Reinertrag, 
erstand im Zwangsverkauf Pferdehändler 
Petersen von hier für die Suinme von 
69100 Ji 
Hohn, 3. März. In diesen» Monat 
feiert die hiesige Kirche ihr 200jähriges 
Bestehen. Dieses Jubiläum soll durch 
Kirchenfeier begangen werden. Ein ge 
mischter Chor wird die Liturgie begleiten 
und der Gesangverein »vird den Psalm 
„Die Himmel rühmen des^ Ewigen Ehre" 
vortragen. Herr Pastor Harins von hier 
wirv die Festrede halten. Näheres wird 
s. Zt. wohl noch öffentlich bekannt gemacht 
werden. , 
Hohn, 2. März. Gestern Abend 
hatte der hiesige Gesangverein im Lokale 
des Herrn Bollert eine Abendunterhaltung 
veranstaltet. Dieselbe bestand in Concert 
und Ball. Der Verein, welcher augen 
blicklich aus recht tüchtigen Kräften besteht, 
hatte u. a. auf seinem gestrigen Programm 
das neue „Schleswig-Holsteinlied" von Döll. 
Dasselbe fand großen Anklang, »vurde aber 
auch sehr exakt vorgetragen. 
G BüdklSdors, 3. März. Der dritte 
Volksunterhaltungsabend findet hier morgen 
Abend statt. Wie die bisherigen, so weist 
auch diesmal der Volksunterhaltungsabend 
ein reichhaltiges Programm auf. Das 
selbe lautet: 1) Marsch, vorgetragen von 
der Capelle der Carlshütte. 2a) „Zieh hin 
aus" von A. Dreger. d) „Durch den 
Wald" von Schäffer, vorgetragen vom hies. 
Gesang-Verein. 3) Komischer Vortrag. 
4) Wissenschaftlicher Vortrag. 5) „Des 
Geigers Traum", Violin - Vortrag mit 
Klavierbegleitung von Hannusch. 6) Volks 
lied. 7) Potpourri von Hoffmann, vor 
getragen von der Capelle der Carlshütte. 
8a) „Kriegers Abschied." d) „Wie hab' 
ich sie geliebt" von Möhring, vorgetragen 
vom hies. Gesangverein. 9) Reutervortrag. 
10) „So ganz von Herzen", für Violine und 
Zither. 11) Komischer Vortrag. 12) Volks 
lied. 
ļy Büdelsdorf, 3. März. Das im Ver 
kaufstermin ain 23. Febr. für das Gewese 
der verstorbenen W»ve. Hinz hies. gemachte 
Höchstgebot von 10 400 Mk. ist approbirt 
worden. Höchstbieter »vurde einer der 
Erben, Herr D, Hinz. 
X. Rendsburg, 3. März. Der Minister 
für Handel und Geiverbe hat Gelegenheit 
genommen, ausdrücklich auszusprechen, daß 
die Staatszuschüsse zur Unterhal 
tung gewerblicher Fortbildungs 
schulen nur unter der Voraussetzung ge 
währt würden, daß die von ihm an den 
Lehrplänen geinachten Ausstellungen genau, 
beachtet würden. Geschehe dieses nicht, 
so müßten die Staatszuschüsse entzogen 
»verden. In Ausführung dieses Grund 
satzes hat der Minister in einen» Falle auch 
bereits »viederholt Feststellungen darüber 
angeordnet, ob seine Weisungen streng be 
folgt würden, und es erscheint getviß, daß 
derartige Ermittelungen demnächst häufiger 
stattfinden sollen. Indem der Regierungs 
präsident in Schleswig hiervon den Land- 
rathen Mittheilung macht, hat er die Letz 
teren ersucht, im Interesse der für eine 
Aufbesserung der gesammten Lage des 
Handwerkes und Kleinbetriebes so wüuschenS- 
werthen Erhaltung und Weiterentwickelung 
der Fortbildungsschulen, den in Rede 
stehenden Anstalten die unbedingte Erfüllung 
der ministeriellen Vorschriften zur Pflicht 
machen. Des Weiteren hat der Re 
gierungspräsident zur Erlvägung anheim 
gestellt, ob es sich nicht einpfehle, die Kreis 
tage zur Bereitstellung von Mitteln zu be 
stimmen, um das Fortbestehen gewerblicher 
Fortbildungsschulen für den Fall zu sichern, 
daß Staatsbeihülfen nicht oder nicht aus 
reichend erlvirkt werden könnten. 
X. Rendsburg, 3. März. Die bislang 
angestellten Nachforschungen nach dem feit 
einigen Tagen verschwundenen Mitbürger 
und Kaufmann S. sind leider vergeb 
lich getveseu. In der Voraussetzung, 
daß derselbe möglicherweise im Bassin am 
Jungfernstieg verunglückt sein könne, wurde 
gestern unausgesetzt dort nach der Leiche 
gefischt, indeß ohne Erfolg. In der Nähe 
der Cholerabaracke vor einigen Nächten ge 
fallene Schüsse »vill man ebenfalls mit 
diesem Ereigniß in Verbindung bringen, 
obgleich es bis jetzt an Anhaltspunkten da 
für durchaus mangelt. 
0 Rendsburg, 3. Mürz. Für die letzten 
Theatervorstellungen des Herrn Direktors 
Peters aus Schleslvig stehen uns noch ganz 
bedeutende Kunstgenüsse bevor. Am künf 
tigen Dienstag kommen „Die Karlsschüler", 
Schauspiel in 5 Akten von H. Laube, zur 
Aufführung, »vetches Stück durch historische 
Thatsachen und Personen, dann durch die 
schwungvolle Dichtung des großen Meisters 
zur Aufführung an allen großen Theatern 
gelangt ist; besonderes Interesse hat es 
noch durch den Umstand, daß der große 
Dichter Friedrich v. Schiller darin die be- 
detltendste Rolle spielt. Die nächstfolgende 
Woche bringt dann vielleicht noch einen 
uns bekannten Gast, »vomit wahrscheinlich 
die Saison abschließt. Wir »vollen wün 
schen, daß diese letzten Vorstellungen noch 
so gut besucht »verden, daß Herr Direktor 
Peters mit Vergnügen auf die Saison zu 
rückblicken kann. 
Rendsburg, 3. März. Der heutige 
Wochenmarkt »var von Landleuten gut be- 
sucht. Trotz der reichlichen Zufuhr fanden 
die kleine Ferkel zu 17—18 Mk., größere 
zu 22—24 Mark raschen Absatz. Die 
Butter wurde mit 1,05—1,15 das Pfd- 
bezahlt. Eier kosteten 1,10—1,20 Mk. 
das Stieg. Hühner waren »vieder knapp 
und kosteten 1,50 Mark das Stück. Ge 
räucherte Fettivaaren fanden zu den ge 
wöhnlichen Preisen Absatz. Kartoffeln ko 
steten 3—4 Mark die Tonne. Torf war 
wie immer zu 4—5 Mk. per 1000 Soden 
käuflich. 
Abend-Depeschen. 
Berlin, 3. März. In der Budget 
kommission wurde heute regierungs 
seitig abermals erklärt, nach Ergebnist 
der gerichtlichen Untersuchung soll« 
eventuell schonungslos gegen deü 
Bulcan" wegen der,,Brandenburg"' 
Affaire vorgegangen werden. Del 
Schatzsekretär erklärte, für die Hinter 
bliebenen der Verunglückten soll aus 
giebig gesorgt werden. 
Berlin, 3. März. Der Pächter 
des Berliner Theaters, Nachfolge' 
Barnays, Lipschutz, hat sich erschösse« 
Frankfurt a M., 3. März. Ir 
Hernsheim bei Worms zerstörte ein» 
heftige Feuersbrnnst 15 (8ebä«b«.
	        
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