schau, Paris, Neapel über die Besiegten
zu Gerichte saß, da haben diese wohl mit
den Zähnen geknirscht, ihre gefallene Sache
noch immer beklagt, vielleicht sogar gedacht,
daß wenn die Gelegenheit sich wieder böte,
sie wieder dasselbe thun würden, aber sie
benahmen sich den Richtern gegenüber an
ständig, sie verstanden die Heiligkeit des
Gerichtssaales zu respektiren. Sie waren
reif und klug genug zu wissen, daß sie die
Folgen ihrer Handlungen zu tragen haben
.werden, und daß die Richter mit ihnen
nach den vorgeschriebenen Gesetzen des
Landes verfahren müssen. So pöbelhaft
wie die Omladinisten im Prager Gerichts
saale sich benommen haben, haben sich
noch niemals Angeklagte benommen, und
daß sie so jung sind, ihre Sache eine so
thörichte, ihre Macht gegenüber derjenigen,
welche hinter dem Gerichte steht, eine so
lächerlich geringe, vermehrt den Eindruck
Der pöbelhaften Ungezogenheit. So handeln
keine ideal gesinnten dem politischen Feinde
Unterlegenen, so handeln nur noch Leute,
die keine Ahnung haben von dem Lauf der
Dinge in der Welt oder die schon über
Alles, namentlich auch über Ehre und An
stand hinaus sind. Allenfalls können sich
so benehmen besonders weit gediehene —
Zuhälter oder auch verthierte Anarchisten.
Daruni werden die in Prag zu so schweren
Strafen verurtheilten Omladinisten von
Niemand bedauert werden, und selbst die
tschechischen Politiker, die so kurzsichtig
waren, sich der dummen Jungen zu be
dienen, werden in ihrem innersten Herzen
Gott danken, daß sie sie für einige Zeit —
los sind. Vielleicht überlegt nian es sich
auch in Böhmen und anderswo, ob es
klug ist, Rassen- und Nationalitätenhaß
so zu pflegen, denn nur er, das Zuhälter
thum und der Anarchismus erzeugen solche
Früchte.
WIKM ms kr jMiikntai".
In der Budgetkommission des Reichs
tags brachte man Freitag-Vormittag Abg.
Dr. Müller-Sagau bei der Berathung des
Marineetats die beiden Unglücksfälle auf
der „Baden" und der „Brandenburg" zur
Sprache. Redner erwähnte die mangel
hafte Unterstützung der Hinterbliebenen
der Verunglückten. So seien für die Hinter-
terbliebenen eines Lieutenants z. S. auf
der „Baden" (eine Frau und drei Kinder)
nur 370 Mk. Jahrespension ausgeworfen.
Ob denn nicht zur Erhöhung der Unter
stützungen in solchen Fällen Fonds vor
handen seien und wie die Marineverwal-
tnng denke über die bereits für den Mi
litäretat angeregte Erweiterung der Gesetz
gebung zur Fürsorge der im Friedensdienst
Verunglückten. Redner bittet um Auskunft
über die Zahl und Verhältnisse der Hinter
bliebenen aus der „Brandenburg" und über
eine eventuelle Schadenersatzpflicht des
„Vulkan". Redner fragt, wieweit die
Untersuchungen über die Ursachen des Un
glücks auf der „Brandenburg" fortge
schritten seien. Sehr peinlich berührt habe
der erste Artikel im „Reichsanzeiger", in
welchem man schon vor der Untersuchung
ausgesprochen habe, daß das Unglück vor
aussichtlich nicht abzuwenden gewesen sei,
jedermann wisse doch, daß die Haltbarkeit
der Maschinentheile nicht erst auf den
Probefahrten erprobt werde.
Staatssekretär Hollmann: !Der Ar
tikel im „Reichsanzeiger" hatte einen doppel
len Zweck verfolgt, einmal um dem Be
dauern über das Unglück Ausdruck zu geben,
sodann aber entgegenzuwirken, daß man
Herz und Muth verliere. Man habe ge
wissermaßen ausdrücken wollen, daß, wer
sich in eine Maschine begebe, sich einer
größeren Gefahr aussetze, als wenn man
in seinem Garten spazieren ginge. Aber
der erste Artikel des „Reichsanzeigers" sei
verfaßt worden auf Grund einer falschen
Nachricht ans Kiel. Denn die erste Nach
richt, welche er empfangen, habe gelautet,
das Hauptdampfrohr sei geplatzt. Nun
aber werden, um solche Rohre zu schützen
neuerdings, die Kupferröhre einer gewissen
Dimension mit Drähten umwickelt, deshalb
habe man annehmen müssen, daß weitere
Sicherheiten nicht möglich seien. Indeß
jene erste Nachricht war falsch, das Dampf
rohr war nicht geplatzt, sondern ein Dampf
wollte ich Sie um einen guten Rath bitten."
„Machen Sie dem Kinde warme Brei
umschläge." —
„Gut!" rief Jette und wollte davoneilen.
„Warten Sie doch!" rief Frau Bredow.
„Ist Ihr Mann zu Hause?"
„Mein Mann? — Ja, der ist zu Hause."
„So schicken Sie ihn nur gleich zum
Doktor Scheffer," rief Frau Bredow; „auf
die Umschläge allein dürfen Sie sich nicht
verlassen, denn mit der Bräune ist nicht zu
spaßen."
„Ich danke Ihnen!" rief Jette. „Ver
zeihen Sic, daß ich Sie gestört habe. Gute
Nacht, Frau Bredow!"
„Gute Nacht", tönte es herab, worauf
sich das Fenster schloß.
Jette trat eiligen Schritts den Heimweg
an, nicht ahnend, daß sie Frau Bredow's
Stimme znnl letzte»! Male in» Leben gehört
habe.
Vom Rathhausthnrme schlug as elf... .
(Fortsetzung folgt.)
Ventil ist abgerissen. Meine persönliche
Ansicht geht mit Vorbehalt der gerichtlichen
Untersuchung dahin, es handelt sich nicht
um einen Konstruktionsfehler, auch Material
und Arbeit war tadellos, aber es hat bei
der angewandten Konstruktion eine Sicher
heit gefehlt, deren Nichtvorhandensein die
Gefahr mit sich brachte. Die Mas chine ist
auf dem „Vulkan" in Stettin selbständig
hergestellt worden in den Einzelheiten im
Einbau und in der Montirung. Die
Zeichnung des Hauptventils ist aber
leider sogleich aus dem Konstrnk-
tionsbureau ohne vorherige Mit
theilung an den beaufsichtigenden
Beainten an die Werkstatt gegangen.
Auf dieser Zeichnung hat die erforderliche
Sicherheit gefehlt.
Nach Ausführung der Arbeit war aber
der Mangel nicht mehr zu erkennen, weil
er an der innern Stopfbüchse sich befand.
Jedermann mußte voraussetzen, daß die
Sicherheit vorhanden sei. Daß dies nicht
der Fall, dafür fehlt jede Erklärung. Wie
ist es möglich, daß bei einer Mafchinen-
anstalt wie „Vulkan" von solcher Erfahrung
und Zuverlässigkeit solche Unterlassung vor-
komint? Doch leider begegnet mitunter dem
verständigsten Menschen ein Fehler in einem
Augenblick geistiger Abwesenheit. Redner
erinnert an den englischen Adinieal, der den
Untergang der „Viktoria" im Mittelmecr
durch einen falschen, unausführbaren Befehl
verschuldet babe. (F. Z.)
Ausland.
Außereuropäische Gebiete.
Nach Meldungen aus Montevideo bietet
die Präsidentenwahl große Schwierig
keiten dar; es fanden vier Wahlgänge statt,
die ohne Resultat verliefen. Zwischen dem
Candidate» der Regierungspartei und dem
der Volkspartei ist eine Stichwahl noth
wendig. Es herrschte hier lebhafte Er
regung. Die Truppen sind designirt.
Nach Meldungen aus Buenos Aires von
heute sind die Aufständischen von Rio
Grande bei Sarandi geschlagen »vorder;;
400 Mann sollen gefallen sein. Zahlreiche
Gefangene seien gemacht worden.
England.
London, 2. März. Das Reuter'sche
Bureau meldet: Premier-Minister Glad
stone nebst Gemahlin speisen heute bei
der Königin iin Schloß Windsor; morgen
»vird Gladstone seine Entlassung
überreichen, es »vird alsdann eine
Sitzung des Geheimen Raths in» Schlosse
Windsor stattfinden. Hierauf wird Glad
stone nach London zurückkehren.
Oesterreichs.
Der Kaiser von Oesterreich besuchte
gestern Monte Carlo und die dortigen
Spielsäle, um einmal das Spielen da
selbst zu beobachten. Der Vorschrift ge
mäß mußte er das Bureau des Polizei-
Kommissars passiven, wo ihn Prinz Lichten
stein als Graf Hoheneinbs anmeldete: Beim
Betreten der Spielsäle lvurde jedoch der
Kaiser erkannt, und das Spiel »vurde unter
brochen. Die anivesenden Deutschen und
Oesterreicher begrüßten den Monarchen ehr
furchtsvoll. Die gleiche Szene spielte sich
iin zweiten Saal ab. Der Kaiser verließ
alsbald in heiterster Stimmung die Spiel
säle, ohne das eigentliche Spiel gesehen zu
haben.
Frankreich.
Paris, 2. März. Heute Vorrnittag wur
den hier 22 Anarchisten verhaftet,
darunter zwei deutsche.
In Lille ist die Leinenfirina Danset Le-
maitre Fils sallit, der Fehlbetrag beträgt
800000 Francs.
Italien.
Rom, 1. März. Die Wittwe des be
kannten Painphletisten Professor Sbarbaro,
der seine Familie im bittersten Elend zurück
gelassen, nahm heute auf dem Grabe ihres
Gatten Gift. Kirchhofbeamte schafften die
Unglückliche in's Spital.
Der Steuereinnehmer Possenti kehrte
gestern Nachmittag zu Wagen von Monte-
libreti, wo er 3200 Lire vereinnahmt hatte,
nach Rom zurück. In seiner Begleitung
befand sich nur ein Knecht. Bei dem Dorfe
Palombura stellte sich den beiden ein Bri
gant in den Weg, der seine Flinte auf den
Steuereinnehmer anschlug und ihm befahl:
„Faccia a terra!“ (Das Gesicht zur Erde!)
Possenti und sein Knecht stiegen von» Wa
gen ab, aber statt dem Räuber zu gehorchen,
machte Possenti einen Fluchtversuch. Der
Brigant gab sofort Feuer, und Possenti
stürzte verwundet zu Boden, worauf ihn
jener völlig ausplünderte und sich dann
ruhig entfernte. Die Wunden des Steuer-
Einnehmers sind nicht lebensgefährlich.
Pfarrer Kneipp, der bereits ver
gangenen Sonntag aus Rom abreisen
»vollte, »vird, der „Köln. Volksztg." zu
folge, auf besonderen Wunsch des Papstes
noch bis zum 3. März dort bleiben, um
den anläßlich des Jahrgedächtnisses der
Krönung Leo's XIII. im Vatikan statt
findenden Feierlichkeiten beizulvohnen. Unter-
dessen ist der Vater der Wasserkur dort
nicht muffig. An erster Stelle wurde ihm
nach eigener Aussage die Ehre zu Theil,
den Papst selbst mit kalten» Wasser be-
handeln zu dürfen. Ferner eilen tagtäg
lich viele zur Zeit seiner Sprechstunde zu
ihm, um sich von ihm Rath zu holen.
Auch hat er schon in verschiedenen Cob
legien in seiner originellen Art Vorträge
über seine Kaltwasserkur gehalten.
Turin, 2. März. Eine in einer hiesi
gen Waffenfabrik ausgebrochene Feuers
brunst zerstörte zwei Magazine und ein
Laboratorium. Menschenleben sind nicht
zu beklagen. Die Entstehungsursache, so
wie die Höhe der Schadenssumme ist noch
nicht festgestellt.
Mailand, 1. März. Der Stadtrath
von Mailand kommt in den interessanten
Fall, eine erhobene Steuer »nieder zurück
zahlen zu müssen. Als letztes Jahr, so
berichtet man der „N. Z. Ztg.", den Rad
fahrern, die sich vorher nur in den äußeren
Quartieren auf ihren Vehikeln zeigen durf
ten, in allen Straßen der Stadt zu fahren
erlaubt »vurde, belegte sie der Stadtrath
mit einer jährlichen Abgabe von 12 Lire.
Die Regierung hat aber diese Steuer bez.
die Interpretation des bestehenden Ge
meindegesetzes über die Besteuerung der
vesture" (Luxuswagen) nicht gutgeheißen
und die IV. Sektion des Consiglio di Stato,
bei den» der Mailänder Stadtrath rekurrirte,
hat letzter Tage den Rekurs abgewiesen.
So »verden die also etlva 2000 eingeschrie
benen Radfahrer die pro 1893 bezahlte
Abgabe tvieder zurückerhalten. Auch der
Stadtrath von Brescia befindet sich in der
selben Lage. Wie verlautet, geht die Re
gierung mit dem Gedanken um, selbst die
Velozipedisten mit einer Abgabe zu be
glücken.
Spanien.
Barcelona, 2. März. Die Schildivache
des Kreuzers „Navarra", auf dem die ge
fangenen Anarchisten in Ge»vahrsam ge
halten werden, schoß auf ein Boot, das
eie Herzogin von Uzes an Bord der fran
zösischen Fregatte „Iphigenie" führte. Eine
Untersuchung ist eingeleitet ivorden.
Berlin, 2. März. Der Kaiser »vohnte
der heutigen Sitzung des Landesökonomie-
Collegiuins drei Stunden lang bei und
folgte den Verhandlungen »nit dem regsten
Interesse.
— Wie mitgetheilt »vird, ist der Kais er
bei dem Reichskanzler Grafen v. Caprivi
erschienen, um ihm für die hervorragende
Vertretung des deutsch-russischen Handels
vertrages im Reichstage zu danken und
ihm initzutheilen, daß er ihm seine Büste
ans diesem Anlaß schenken würde
liches Verkehrsmittel als — Vergnügungs
lokal benutzt. Die sog. „kleinen Leuten"
möchte man „beffern" und stellt sich beinahe
auf den Kopf, um dies zu erreichen, aber
eins thut man nicht — man fegt nicht vor
seiner eigenen Thür.
Eine Prügelei hat, lote der „Hann
Cour." mittheilt, am Montag-Abend zwischen
dem antisemitischen Reichstagsabgeordneten
Leuß und dem früheren Direktor des
Lebensmittel - Untersuchungsamtes, Dr.
Schuntz, in Herrenhansen stattgefunden.
Herr Leuß soll dabei arg zugerichtet »vor-
den sein. Der Grund zu den Handgreif
lichkeiten zwischen den beiden politischen
Freunden ist in „Familien-Angelegenheiten"
zu suchen.
Mainz, 2. März. Der hiesige sozial
demokratische Stadtverordnete und wieder
holte Reichstags-Kandidat für Alzey-Bingen,
Georg Doerr, hat heute sein Mandat
niedergelegt, da über sein Vermögen der
Konkurs erklärt worden ist. Doerr betrieb
ein Cigarren- und Weingeschäft.
Wegen Majestätsbeleidigung soll,
wie der „Vorwärts" mittheilt, gegen einen
ztvölfjährigen Schüler in Elberfeld
die Untersuchung eingeleitet »vorden sein,
der sich am Geburtstag des Kaisers eine
unpassende Bemerkung über ein Bild des
Kaisers erlaubt hatte. Der Vorfall war
durch den Hauptlehrer zur Kenntniß des
Schulinspektors gelangt, welcher der Polizei
davon Anzeige machte.
Aschaffenburg, 28. Febr. Großes Auf
sehen erregte heute Nachmittag die Nach
richt von dem Selbstmord des Herrn
Daniel Hamburger, Chef des Tuch-
Engros-Geschäfts Hainburger u. Cie. Die
momentane Unmöglichkeit, einen morgen
fülligen Wechsel zu decken, soll Hamburger
verlaßt haben, Hand an sich zu legen.
Hätte er sich an seine in günstigen Ver
hältnissen lebenden Verwandten gewendet,
wäre ihm sicher geholfen »vorden.
Die Lübecker Weingroßhandlung
Lorenz Harms und Söhne hatte dein Für
sten Bismarck in Veranlassung des Be
suches des Kaisers in Friedrichsruh zwölf
Flaschen 1792er Madeira übersendet, der
noch von dem Urgroßvater der jetzigen In
haber der Firma herstammt. Der Wein
war durch freundliches Entgegenko»iin»en
des Kapitän zur See v. Blanc 1881 auf
S. M. S. „Stosch" mitgenommen und
durch Umladung auf S. M. S. „Leipzig"
1884 zurückgebracht und hatte somit „die
Linie passirt". Hierauf ist dem Theilhaber
der Firma, Konsul Theodor Friedrich Harms,
Berlin, 2. März. Die Vorlage des
russischen Handelsvertrages wurde^das nachstehende Schreiben zugegangen:
gegen die Stiminen der Freisinnigen und
Sozialdemokraten an die um 7 Mitglieder
verstärkte Kommission für die bereits ge-
nehrnigten Handelsverträge überwiesen.
Berlin, 2. März. Die von deutschen
Studenten zur Debatte über das Thema
„Sozialisinns und Studentenschaft" einbe
rufene Versaininlung »var von et»va 3000
Personen besucht und trug einen. über
wiegend antisemitischen Charakter. Abg.
v. Langen und Oberlehrer Heutig
hielten antisemitische Reden. Die Sozial-
deinokraten Lux und Ledebur »vurden
lärmend unterbrochen. Gegen wenige
Stiinmen »vurde eine Resolution angenom
men, »velche die Universitätsbehörden er
sucht, den Studirenden die öffentliche Mei
nungsäußerung nicht zu beschränken; ferner
eine Resolution gegen die vaterlandslose
Sozialdemokratie. An den Kaiser und
Bis»narck »vurden Huldignngstelegrainme
gesandt.
Berlin, 27. Febr. Schon vor einiger
Zeit ging die Meldung durch die Presse,
daß in den Zügen der Stadt- und
Ringbahn sich unzüchtigeBor-
gänge abspielten und daß in einer
Art und in einem Maße, daß Bewohner
der an den Bahnlinien liegenden Häuser
schweres Aergerniß daran nähmen, in Folge
dessen Gesuche uin Abhülfe an die Eisen
bahnbehörde gerichtet hätten und daß die
letztere auch eine Ueberwachung namentlich
der Abendzüge angeordnet habe. Damals
waren Offiziöse sofort bei der Hand mit
der Erklärung, daß eine derartige Ver
fügung nicht ergangen sei. Nunmehr wird
berichtet, daß das Betriebsamt der Stadt-
und Ringbahn an das ihm unterstehende
Stations- und Fahrpersonal nachstehende
Verfügung erlassen habe: „Nach den ge
machten Wahrnehmungen scheint sich die
Sitte (!) einzubürgern, daß die Wagenab
theile der Personenzüge, namentlich die
jenigen der 2. Klasse, auf der Ringbahn
zur Vornahme unzüchtiger Handlungen
benutzt werden. Es liegt auf der Hand,
daß derartigen, ein öffentliches Aergerniß
erregende Handlungen mit aller Strenge
entgegenzutreten ist. Die Stations- und
Zugbegleitungsbeamten sind daher mit An-
»veisnng versehen, hierauf ihr besonderes
Augenmerk zu richten und vorkommende
Fälle zur Anzeige zu bringen. Bei der
protokollarischen Vernehmung der betreffen
den Beamten ist anzugeben, ob oder daß
durch die Handlung ein Aergerniß gegeben,
d. h. das Sittlichkeitsgefühl des die That
Wahrnehmenden verletzt wurde, damit gegen
die Betreffenden auf Grund des 8 183
des Reichsstrafgesetzbuches vorgegangen
werden kann." Der Hinweis auf die 2.
Klasse sagt deutlich, welchen Kreisen die
Gesellschaft angehört, die sogar ein öffent-
„Friedrichsruh, 22 Februar 1894. Eiv. Hoch
wohlgeboren und Herrn L. Heinr. Harms sage
ich »»»einen verbindlichsten Dank für Ihre freund
liche Zuschrift von» 17. m»d für den vorzüglichen
Madeira, in welchem ich den aus meiner Jugend
mir erinnerlichen richtigen Madeirageschmack seit
Lange zum ersten Mal »vieder finde. v. Bismarck."
Hamburg, 2. März. In einer gemein
samen Sitzung des Aufsichtsraths und des
Vorstandes der H a in b u r g - A m e r i k a -
irischen Packet fahrt - Aktiengesell
schaft »vurde beschlossen, von der Verthei-
lung einer Dividende für das verflossene
Geschäftsjahr abzusehen und den ganzen
Reingewinn, ca. 4 Millionen, zu Abschrei
bungen zu verivenden.
Provinzielles.
Herrn Albert Warburg in Altona ist
der Titel „Commerzienrath" verliehen
worden.
Die Volksbank in Weffelburcn »vird
bei einem Gesammtumsatz von 3,171,976
Mark und einer Mitgliederzahl von 243
für das verflossene Geschäftsjahr eine Di
vidende von 6 pCt. zahlen.
Aus einein Manufakturwaaren-Geschäft
in Ahrensburg »vurden in vorletzter Nacht
Leinen- und andere Waaren in» Werthe
von 200 Mk. gestohlen. Dem Diebe wurde
durch eine zerbrochene Scheibe im Laden
fenster der Einbruch erleichtert. Der Be
stohlene hat eine Belohnung von 50 Mk.
auf die Ermittelung des Thäters gesetzt.
Segcberg, 2. März Die Reher'sche
Hufenstelle in Fahrenkrug, 149 Tonnen
groß, mit 1430 Jt, Grundsteuer-Reinertrag,
erstand im Zwangsverkauf Pferdehändler
Petersen von hier für die Suinme von
69100 Ji
Hohn, 3. März. In diesen» Monat
feiert die hiesige Kirche ihr 200jähriges
Bestehen. Dieses Jubiläum soll durch
Kirchenfeier begangen werden. Ein ge
mischter Chor wird die Liturgie begleiten
und der Gesangverein »vird den Psalm
„Die Himmel rühmen des^ Ewigen Ehre"
vortragen. Herr Pastor Harins von hier
wirv die Festrede halten. Näheres wird
s. Zt. wohl noch öffentlich bekannt gemacht
werden. ,
Hohn, 2. März. Gestern Abend
hatte der hiesige Gesangverein im Lokale
des Herrn Bollert eine Abendunterhaltung
veranstaltet. Dieselbe bestand in Concert
und Ball. Der Verein, welcher augen
blicklich aus recht tüchtigen Kräften besteht,
hatte u. a. auf seinem gestrigen Programm
das neue „Schleswig-Holsteinlied" von Döll.
Dasselbe fand großen Anklang, »vurde aber
auch sehr exakt vorgetragen.
G BüdklSdors, 3. März. Der dritte
Volksunterhaltungsabend findet hier morgen
Abend statt. Wie die bisherigen, so weist
auch diesmal der Volksunterhaltungsabend
ein reichhaltiges Programm auf. Das
selbe lautet: 1) Marsch, vorgetragen von
der Capelle der Carlshütte. 2a) „Zieh hin
aus" von A. Dreger. d) „Durch den
Wald" von Schäffer, vorgetragen vom hies.
Gesang-Verein. 3) Komischer Vortrag.
4) Wissenschaftlicher Vortrag. 5) „Des
Geigers Traum", Violin - Vortrag mit
Klavierbegleitung von Hannusch. 6) Volks
lied. 7) Potpourri von Hoffmann, vor
getragen von der Capelle der Carlshütte.
8a) „Kriegers Abschied." d) „Wie hab'
ich sie geliebt" von Möhring, vorgetragen
vom hies. Gesangverein. 9) Reutervortrag.
10) „So ganz von Herzen", für Violine und
Zither. 11) Komischer Vortrag. 12) Volks
lied.
ļy Büdelsdorf, 3. März. Das im Ver
kaufstermin ain 23. Febr. für das Gewese
der verstorbenen W»ve. Hinz hies. gemachte
Höchstgebot von 10 400 Mk. ist approbirt
worden. Höchstbieter »vurde einer der
Erben, Herr D, Hinz.
X. Rendsburg, 3. März. Der Minister
für Handel und Geiverbe hat Gelegenheit
genommen, ausdrücklich auszusprechen, daß
die Staatszuschüsse zur Unterhal
tung gewerblicher Fortbildungs
schulen nur unter der Voraussetzung ge
währt würden, daß die von ihm an den
Lehrplänen geinachten Ausstellungen genau,
beachtet würden. Geschehe dieses nicht,
so müßten die Staatszuschüsse entzogen
»verden. In Ausführung dieses Grund
satzes hat der Minister in einen» Falle auch
bereits »viederholt Feststellungen darüber
angeordnet, ob seine Weisungen streng be
folgt würden, und es erscheint getviß, daß
derartige Ermittelungen demnächst häufiger
stattfinden sollen. Indem der Regierungs
präsident in Schleswig hiervon den Land-
rathen Mittheilung macht, hat er die Letz
teren ersucht, im Interesse der für eine
Aufbesserung der gesammten Lage des
Handwerkes und Kleinbetriebes so wüuschenS-
werthen Erhaltung und Weiterentwickelung
der Fortbildungsschulen, den in Rede
stehenden Anstalten die unbedingte Erfüllung
der ministeriellen Vorschriften zur Pflicht
machen. Des Weiteren hat der Re
gierungspräsident zur Erlvägung anheim
gestellt, ob es sich nicht einpfehle, die Kreis
tage zur Bereitstellung von Mitteln zu be
stimmen, um das Fortbestehen gewerblicher
Fortbildungsschulen für den Fall zu sichern,
daß Staatsbeihülfen nicht oder nicht aus
reichend erlvirkt werden könnten.
X. Rendsburg, 3. März. Die bislang
angestellten Nachforschungen nach dem feit
einigen Tagen verschwundenen Mitbürger
und Kaufmann S. sind leider vergeb
lich getveseu. In der Voraussetzung,
daß derselbe möglicherweise im Bassin am
Jungfernstieg verunglückt sein könne, wurde
gestern unausgesetzt dort nach der Leiche
gefischt, indeß ohne Erfolg. In der Nähe
der Cholerabaracke vor einigen Nächten ge
fallene Schüsse »vill man ebenfalls mit
diesem Ereigniß in Verbindung bringen,
obgleich es bis jetzt an Anhaltspunkten da
für durchaus mangelt.
0 Rendsburg, 3. Mürz. Für die letzten
Theatervorstellungen des Herrn Direktors
Peters aus Schleslvig stehen uns noch ganz
bedeutende Kunstgenüsse bevor. Am künf
tigen Dienstag kommen „Die Karlsschüler",
Schauspiel in 5 Akten von H. Laube, zur
Aufführung, »vetches Stück durch historische
Thatsachen und Personen, dann durch die
schwungvolle Dichtung des großen Meisters
zur Aufführung an allen großen Theatern
gelangt ist; besonderes Interesse hat es
noch durch den Umstand, daß der große
Dichter Friedrich v. Schiller darin die be-
detltendste Rolle spielt. Die nächstfolgende
Woche bringt dann vielleicht noch einen
uns bekannten Gast, »vomit wahrscheinlich
die Saison abschließt. Wir »vollen wün
schen, daß diese letzten Vorstellungen noch
so gut besucht »verden, daß Herr Direktor
Peters mit Vergnügen auf die Saison zu
rückblicken kann.
Rendsburg, 3. März. Der heutige
Wochenmarkt »var von Landleuten gut be-
sucht. Trotz der reichlichen Zufuhr fanden
die kleine Ferkel zu 17—18 Mk., größere
zu 22—24 Mark raschen Absatz. Die
Butter wurde mit 1,05—1,15 das Pfd-
bezahlt. Eier kosteten 1,10—1,20 Mk.
das Stieg. Hühner waren »vieder knapp
und kosteten 1,50 Mark das Stück. Ge
räucherte Fettivaaren fanden zu den ge
wöhnlichen Preisen Absatz. Kartoffeln ko
steten 3—4 Mark die Tonne. Torf war
wie immer zu 4—5 Mk. per 1000 Soden
käuflich.
Abend-Depeschen.
Berlin, 3. März. In der Budget
kommission wurde heute regierungs
seitig abermals erklärt, nach Ergebnist
der gerichtlichen Untersuchung soll«
eventuell schonungslos gegen deü
Bulcan" wegen der,,Brandenburg"'
Affaire vorgegangen werden. Del
Schatzsekretär erklärte, für die Hinter
bliebenen der Verunglückten soll aus
giebig gesorgt werden.
Berlin, 3. März. Der Pächter
des Berliner Theaters, Nachfolge'
Barnays, Lipschutz, hat sich erschösse«
Frankfurt a M., 3. März. Ir
Hernsheim bei Worms zerstörte ein»
heftige Feuersbrnnst 15 (8ebä«b«.