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87ster Jahrgang.
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Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben.
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Wo. 48.
Wontag, den 26. Iebruar
1894.
Morgen-Depesche».
Berlin, 26. Febr. Der Kaiser fuhr heute
Vormittag beim Reichskanzler Grafen Ca-
privi vor, um denselben anläßlich seines
heutigen Geburtstages zu beglückwünschen.
Abends wird der Kaiser, wie schon gemel-
bet, einer Einladung des Oberpräsidenten
Dr. von Achenbach entsprechen und an dem
Diner theiluehmen, welches vom branden-
burgischen Provinziallandtage gegeben wird.
Bei der Gratulation, welche der Kaiser
dem Reichskanzler anläßlich dessen Gcburts-
tages überbrachte, überreichte der Monarch
ihm als Geburtstagsgeschenk einen Humpen
und zwei Pokale aus grünem Glase, die
für diesen Zweck nach den Intentionen
des Kaisers hergestellt wurden.
Berlin, 26. Febr. Die Abendgesellschaft,
welche der Ministerpräsident des preußischen
Staatsministeriums, Staatssekretär im
Reichsschatzamt Dr. v. Boetticher, gestern
gegeben hat, nahm einen anregenden Ber>
lauf. Der Kaiser hatte das Fest mit seiner
Gegenwart beehrt und verweilte auf dem
selben einige Stunden bis 12 3 / + Uhr. Vor
Beginn der Tafel unterhielt er sich mit
verschiedenen Herren. Nach Aufhebung der
Tafel wurden Gruppen gebildet. Der
Kaiser besprach mit einzelnen Herren die
verschiedensten Themate, u. A. auch politic
sche Fragen. Er äußerte sich in wohl'
wollendem Sinne über die Lage der Land'
wirthschaft, streifte mancherlei Punkte auf
dem laudwirthschaftlichen Gebiete und be
tonte gleichzeitig die Nothwendigkeit der An
nahme des deutsch-russischen Handelsver
trages. — Wie die „Kreuz-Zeitung"
meldet, kam der Kaiser im Verlaufe der
Unterhaltung mit den Ministern auch auf
die Sozialdemokratie zu sprechen. Nebenbei
gab der Monarch der Meinung Ausdruck,
daß die frühere gesetzliche Prügelstrafe doch
sehr viele gute Konsequenzen gehabt hätte.
Wie das Blatt ferner hört, fiel es allge
mein auf, daß der Reichskanzler, mit dem
der Kaiser nicht ganz so warm wie sonst
zu verkehren schien, bereits nach 10 Uhr
sich entfernte. — (Die Annahme liegt
nahe, daß der Reichskanzler am Freitag
Abend sich absichtlich vor dem Anbruch
seines Geburtstages um die Mitternachts
stunde entfernt hat. Red.)
Berlin, 26. Febr. Die Centrumsfraktion
des Reichstages hat am Freitag-Abend über
die Stllungnahnie zum russischen Handels
verträge berathen, die Entscheidung jedoch
nach mehrstündiger Debatte noch ausgesetzt.
Heute Abend wird eine zweite Fraktions-
sitzung stattfinden, in welcher die Erörte
terungen fortgesetzt werden sollen.
Wien, 26. Febr. Bei der heutigen Skon
trirung der Staatsschuldenkasse ergab sich
ein Fehlbetrag von 50000 Gulden. Der
Kassirer Ferles ist geflohen.
Adbazia, 26. Febr. Der deutsche Kaiser
hat auf drei Monate Arthur Renards
neue Jacht „Christable" gemiethet, welche
bereits Anfang März nach Fiume abdampft.
Für die Kaiserin, die mit großem Gefolge
eintreffen soll, ist die Villa Angiolina ge-
miethet worden. Außerdem ist für das
Gefolge ein Theil des Hotels „Quernaro"
und die neue Villa Friedrich Schülers her
gerichtet. Die Miether, welche die Aparte
ments bNher bewohnten, müssen diese bis
zum 5. März räumen. — Wie hier ver
lautet, wird der Zar, trotzdem ihm die
Aerzte große Schonung empfahlen und von
jeder größeren Reise abriethen, doch noch
nach hier kommen und sollen bereits Um
fragen wegen der Wohnungsräume stattge-
funden haben.
Rom, 26. Febr. Die „Times" melden
aus Rom, daß Crispi fest entschlossen sei,
sich völlig übereinstimmend in den Reform
plänen Sonninos zu erklären. Falls die
Kammer diese Projekte ablehnen sollte,
werde Crispi das Parlament auflösen.
Petersburg, 26. Febr. Wie verlautet,
will Rußland den Handelsvertrag mit Italien
kündigen, weil die Einfuhrzölle auf Getreide
seitens der italienischen Regierung erhöht
worden sind.
Marseille, 26. Febr. Bor dem Polizei-
kommissariat wurde hier gestern eine Bombe
gefunden. Außerdem hat man verschiedene
Sprengstosfe, die bei mehreren Arbeiter»
vorgefunden wurden, beschlagnahmt.
London, 26. Febr. Während des Be
gräbnisses Bourdins versuchte die sich in
großer Zahl angesammelte Volksmenge die
den Zug begleitenden Anarchisten zu ver
treiben und machte sich namentlich große
Erregung gegen die ausländischen Anar
chisten geltend. Die von der Beerdigung
zurückkehrenden Anarchisten wurden mit Knüt
teln und Steinwürfeu von der erregten
Menge angegriffen. Die Angegriffenen
flüchteten in das Lokal des Autonomieklubs;
die Verfolger zerschlugen die Fensterscheiben
des Klubgebäudes. Weitere Demonstrationen
wurden durch das Einschreiten der Polizei
verhindert.
London, 26. Febr. Wie aus Bueuos-
Ayres gemeldet wird, sollen in Bahia
schwere Ereignisse bevorstehen. Unter den
Truppen des Regierungs-Geschwaders soll
eine Meuterei ausgebrochen sein, während
die Insurgenten im Süden erfolgreich vor
dringen. Da das Papiergeld im Werthe
immer tiefer sinkt, befürchtet man eine Fi
nanzkrisis.
Ausland.
Newyork, 22. Febr. Erastus Wiman,
ein bekannterSchriftsteller undRedner, welcher
bisher für einen Millionär gehalten wurde,
ist unter der Anklage, 229,080 Dollar
unterschlagen zu haben, verhaftet worden
Derselbe war angeblich Theilhaber der
Firma Dun, Wimann u. Company, in
Wirklichkeit aber ein nur Angestellter der
selben. Wimann selbst behauptet, der
Grund der Verfolgung sei die Furcht vor
einem kaufmännischen Konkurrenzunter
nehmen, welches er ins Werk habe setzen
wollen.
Port Louis, 23. Febr. Ueber die Insel
Mauritius ging gestern wiederum ein hef
tiger C y e l o n, der großen Schaden an
richtete. Bei Port Louis stürzte eine 500
Fuß hohe Eisenbahnbrücke in dem
Augenblick, als ein Zug darüber fuhr, in
die Tiefe.
Ķutzlsnd.
Einer Petersburger Meldung zufolge wird
im russischen Finanzministerium für den
Reichsrath statt des bisherigen Entwurfes
einer Regelung der Beitragspflicht der Ge
Werbeunternehmer für die Arbeiterkranken-
versicheruug ein neuer Gesetzentwurf
vorbereitet, welcher die Arbeiter-Kran
ken- und Unfallversicherung, sowie
die Sicherstellung von Arbeiter-Jnvaliditäts-
bezügeu in umfassender Weise zur Durch-
führung bringen soll.
England.
London, 23. Febr. Die britische Bark
„Montgomery Castle", von Newyork nach
nach Java bestimmt, lief mit fortgespül-
ten Deckgegenständen und Booten,
sowie sonstigen Deckbeschädigungen in Fayal
ein. Acht Personen, darunter sämmtliche
Offiziere, sind ertrunken. An Bord befand
sich Niemand mehr, der fähig war, die
Leitung des Schiffes zu übernehmen.
Frankreich.
Paris, 24. Febr. Prozeß Leauthier.
Der Staatsanwalt beantragte die Todes
strafe und sagte, die Anarchisten könnten
sicher sein, daß wir nach jedem Verbrechen
erbarmungslose Bestrafung fordern. Wir
iverden sehen, mit ihnen fertig zu werden.
Der Vertheidiger stellte Leauthier als
naiven, durch anarchistische Theorien ver
wirrten Menschen dar. Leauthier verlas
eine lange Abhandlung, die anarchistische
Theorien auseinandersetzt und die Gesell
schaft und die Regierung beschimpft. Er
schloß I Ich könnte vor einem Kinde weinen
und werde vor Eurer Guillotine lächeln,
hurrah die soziale Revolution. Die Jury
bewilligte ihm mildernde Umstände, was die
Unzufriedenheit des Publikums erregte.
Leauthier wurde zu lebenslänglicher Zwangs
arbeit vei urtheilt. Nach Verlesung des
Urtheils rief er aus: „Es lebe die Anar
chie." Das Auditorium zischte ihn aus.
Paris, 24. Febr. Der Kammerpräsident
erhielt mehrere Drohbriefe. Ein heute an-
gekommener war mit mit schwarzem Pulver
gefüllt und wurde dem Munizipal-Labora-
torium übergeben.
Paris, 24. Febr. Henry gestand, der
Urheber der Explosion in der Rue de Bons
Enfants gewesen zu sein und behauptet ohne
Komplizen gehandelt zu haben.
Die erste Höllenmaschine in Paris
kam im Jahre 1587 zur Anwendung. Ein
Mann aus der Normandie schickte an einen
Pariser, den er als den Liebhaber seiner
Schwester betrachtete, eine Kiste. Dieselbe
sollte angeblich ein werthvolles Geschenk
für sie enthalten, enthielt in Wirklichkeit
aber 36 vollgeladene Doppelläufe, die derart
angeordnet waren, daß sie sich beim Oeffuen
der Kiste sämmtlich entladen sollten. Der
Empfänger kam indessen mit leichten Ver
letzungen davon, während der entdeckte Ab
sender den Tod durchs Rad erleiden mußte.
Oesterreich.
Wien, 25. Febr. Bei der Staatsschulden
kaffe ist ein großer Unt er sch leis entdeckt
worden. Heute Nachmittag wurde eine
Revision der Kasse vorgenommen. Der
revidirende Beamte wollte eine Part hie
Geldsäckchen, welche 150 000 Gulden
in Zwanzigmarkstückeu enthalten sollten,
prüfen. In diesem Augenblick ergriff der
Hauptkassirer, Adolf Ferles, aus dem
Amtszimmer die Flucht, die Prüfung ergab,
daß die Säckchen Zwanzighellerstücke an
statt Zwanzig mark stücke enthielten. Die
Höhe des Fehlbetrages ist noch nicht fest
stehend, jedenfalls aber sehr groß. Ferles ist Be
sitzer mehrerer Dekorationen, Oberkomman-
dant der Vereinigten Wiener Veteranen
korps, seine Frau betreibt ein elegantes
Ringstraßeukaffee. Der Flüchtling ist bis
her nicht aufgefunden, er war Geldgeber
des kürzlich bankerott gewordenen Cirkus
Angeli. Die Gerüchte, daß er Selbstmord
verübt hätte, sind noch unbestätigt. (S. auch
unter Morgen-Depeschen.)
Prag, 24. Febr. In der großen
Schöllerschen Zuckerfabrik in Czakowitz
brach ein verheerender Brand aus. Die
Würfelzucker - Abtheilung ist vollständig
niedergebrannt; jetzt versucht man, das
Feuer zu lokalisiren. Die Fabrik ist im
Ganzen für 6 Millionen beim Assekuranz-
Verein der österr.-ungar. Zuckerfabriken
versichert. (Nach einer Depesche des
Wolff'scheu Tel.-Bureaus sind 30000
Meter-Ceutner Zucker vernichtet und beträgt
der Schaden ea. 1 Million.)
Italien.
Die italienischen Zeitungen besprechen
die neuen Steuervorschläge der Regierung
und stöhnen Ach und Weh wegen der Höhe
der neu aufzubringenden Abgaben. Es
fehlt gar nicht an Journalen, welche am
liebsten Alles den fremden Staatsgläubigern
aufhalsen möchten und von einem halben
Staatsbankerott sprechen. Dahin wird es
natürlich nicht kommen, immerhin hat die
vom Finanzminister vorgeschlagene Zinsen
reduktion der italienischen Staatspapiere
auch in Deutschland keinen guten Eindruck
gemacht.
Inland.
Die „Kreuzztg." weiß zu berichten,
daß der Kaiser mit großer Zuversicht auf
Annahme des russischen Handelsvertrages
im Reichstag bei der Abendgesellschaft im
Palais des Herrn v. Boetticher rechnete,
daß aber Freih. v. Stumm vor allzu
großem Optimismus warnen zu
sollen glaubte. — Wir halten diese
Warnung für unzutreffend. Der Handels
vertrag wird sicher, wenn auch mit kleiner
Minorität, angenommen werden, weil die
Konservativen es auf eine Reichstagsauf
lösung nun und nimmermehr ankommen
lassen werden.
— Aus einem Schreiben des Centrums
abgeordneten Metzner in Sachen des
russischen Handelsvertrages wird
geschloffen, daß er sein Mandat niederlegen
wolle. Der Centrumsabgeordnete Fritzen,
welcher Anfangs dieses Monats lebensge
fährlich erkrankte, ist jetzt wieder völlig
genesen.
— Gegen den Bund der Landwirthe
wird die Opposition in den Reihen der
konservativen Bauern immer lebhafter. Der
Vorstand des wieder ins Leben getretenen
ÜH8 (sein leimt eüips Spiefrrs.
12) Erzählung von Otto Trendies.
Frau Werner hatte mit raschen Schritten
den Weg zur Armenkasse eingeschlagen. Bald
war sie zur Stelle und der Vorsteher fragte
sie, was sie so früh und an einem Sonntage
zu ihm führe, au welchem er sonst gewöhnlich
keine Bittgesuche entgegen zu nehmen pflege,
denn nach der dürftigen Kleidung zu schließen,
glaubte er eine Bittstellerin vor sich zu haben.
ivrau Werner erwiderte darauf, daß sie
nicht gekommen sei um Unterstützung zu bitten,
sondern nn Gegentheil um Geld für die
Armenkasse abzuliefern.
„Das ist sehr löblich, liebe Frau und
macht ihrem Wohlthätigkeitssinn alle Ehre -
um so mehr, als sie die Gabe, ihrem Aenßern
nach zu urtheilen, nicht vom Ueberflnß
spenden scheinen."
„O nein, das gewiß nicht; ich bin selbst
arm", erwiderte Frau Werner und schüttete
dabei den Inhalt ihrer Handtasche auf den
Zahltisch.
Der Vorsteher blickte erstaunt bald auf die
Summe Geld, die nun vor ihm lag, bald
auf Frau Werner.
„Und all das Geld wollen Sie der Armen
kasse überweisen?" fragte er endlich.
„Ja, haben Sie die Güte mir einen
Empfangsschein darüber auszustellen."
„Sehr gern. Doch muß ich Sic bitten,
mir zu sagen, wie Sie zu dem Gelde gekommen
sind und was Sie veranlaßt, eine so große
Summe fortgeben zu wollen. Sie sind arm,
wie Sie vorhin selbst zugestanden, und werden
begreifen, daß mir ihr Vorhaben höchst auf
fallend erscheinen muß."
Frau Werner sah das ein und fand das
Verlangen des Vorstehers ganz gerechtfertigt;
und obwohl es ihr peinlich war, einen Fremden
in ihre Familiengeheimnisse einzuweihen und
besonders, weil sie dadurch ihren Mann an-
zuktagen gezwungen war, so erzählte sie doch
kurz was der Vorsteher von ihr verlangte.
Dieser hatte mit großer Theilnahme zuge
hört, dann erwiderte er: „Wenn Ihr Mann
Ihnen auch die freie Verfügung über das
Geld zugestanden hat, wie Sie sagen, so hat
er keinesfalls daran gedacht, daß Sie es zu
diesen Zwecken verwenden könnten; Sie werden
sich Aerger und Verdruß bereiten und ich
rathe Ihnen, liebe Frau, von ihrem Vorhaben
abzustehen.
„Unter keinen Umständen!" erwiderte Frau
Werner entschlossen. „Ich nehme das Geld
nicht wieder nach Hause. Für meine Hand
lungsweise will ich alles über mich ergehen
lassen, will ich alles von meinem Mann er
tragen, wenn ich ihn nur dadurch bewege dem
Spiele zu entsagen."
„Und glauben Sie, das durch ihr Vorhaben
zu erreichen?" fragte der Vorsteher un
gläubig.
Werŗ. r,0ffC e§ mit Ģott," sagte Frau
iliach kurzem, ernsten Schweigen nahm
das Wort. " '
er
»Nun gut, ich will Ihnen in ihrem löb
lichen Vorsatz nicht hinderlich sein, liebe Frau.
Sie deponiren das Geld bei mir und ich
stelle Ihnen eine» Empfangsschein darüber
aus. Sollten Sie daun andern Sinnes
werden, so steht Ihnen die Summe jederzeit
zur Verfügung."
„Das wird nie geschehen! Ich will mit
dem Gelde nichts mehr zu schaffen haben,"
entgegncte sie bestimmt und mit sichtlichem
Widerwillen.
Darauf zahlte der Vorsteher das Geld nnd
stellte über den Empfang eine Quittung in
der besprochenen Form aus. Frau Werner
nahm dankend das Papier und wollte sich
entfernen.
„Geben Sie mir ihre Hand, liebe Frau;
Sie sind brav und gut. Möge Gott ihr
Vorhaben segnen." Mit diesen Worten ge
leitete er sie zur Thür. Ein stummer Hände
druck, ein thränenfeuchter Blick dankten ihm
für die ermuthigenden Worte, deren die arme
Frau so sehr bedurfte.
Werner hielt immer noch die Zeitung in
der Hand, er hatte den Artikel über Krajcwski
wieder und wieder gelesen, llud so viel
Mühe er sich auch gab, sich in ein besseres
Licht zu stellen,, das Eine war doch nicht
wegzuleugnen, daß sein Thun und Treiben
ebenfalls ein verbotenes, ein strafbares sei.
Ja, die Befürchtung (stieg in ihm auf, daß
die Polizei auch ihn vielleicht schon als Spieler
kenne, daß man auch ihn schon mit scharfen
Augen beobachtete und ihm war, als ob
plötzlich eine Ceutnerlast seine Brust bedrückte.
Wüthend warf er die Zeitung von sich
und ging unruhig im Zimmer auf und ab,
dann setzte er sich nieder, stützte den Kopf in
beide Hände und verfiel in dumpfes Brüten.
Fränzchen hatte den Vater ängstlich be
obachtet und nicht gewagt sich zu rühren.
Sie athmete erleichtert auf, als die Mutter
in's Zimmer trat; diese blickte erstaunt auf
ihren Mann, den sic schlafend wähnte, und
Fränzchen bedeutete ihr durch einen vielsagen
den Blick auf den Vater und mit entsprechender
Handbewegung, daß es nicht gut mit ihm
stehe. I
Der Muth der armen Frau sank, denn
zu dem, was sie ihrem Manne zu eröffnen
hatte, paßte die Stimmung nicht, in welcher
er sich jetzt befand. Er saß noch immer mit
geschlossenen Augen und beängstigende Ge
danken schienen ihn zu quälen, denn seine
Brust bewegte sich in tiefen, schweren Athem
zügen und er murmelte unverständliche, ab
gebrochene Worte durch die Zähne.
Die Frau ging zu ihm heran, und indem
sie ihre Hand auf seine Schulter legte, sagte
sic leise: „Werner, schläfst Du?"
Dieser fuhr entsetzt auf, denn er hatte von
Verhaftung und Gefängniß geträumt und
glaubte, die Hand der Gerechtigkeit läge sich
schwer auf seine Schulter. „Wer ist da?
kind was will man von mir?" stieß er
angstvoll und mit verstörten Blicken heraus.
Dann, als er seine Frau vor sich sah, faßte
er sich und sagte mürrisch: „Warum schleichst
Du auch so leise herein und schreckst mich
aus meinem Schlaf?"
„Wenn Du schlafen wolltest," erwiderte
die Frau begütigend, „warum bliebst Du
denn nicht in deinem Bette? Eben, weil
ich das glaubte, bin ich so geräuschlos, wie
möglich hereingekommen, um Dich nicht zu
stören und fand Dich zu meiner Verwunderung
hier eingeschlafen in so unbequemer Lage, das
thut mir leid." „Du hast Recht, liebe Frau.
Sei mir nicht böse, wenn ich Dich hart an
ließ, aber ich bin heute sehr verdrießlich."
„Das macht die durchwachte Nacht, lieber
Mann," erwiderte sie mit sanftem Borwurf,
„gieb Acht, Du wirst Dich krank machen,
wenn Du es nicht gar schon bist." „Nein,
darüber sei ohne Sorge. Mein Unbehagen
liegt in meiner Stimmung, und damit ich
besserer Laune werde, wollen wir einmal
zusammen überdenken, wie und wozu wir
unser Geld am besten verwenden werden."
Damit hatte Werner das Thema selbst
zur Sprache gebracht und die Entscheidung
war schneller an die Frau herangetreten, als
sie es erwartet, wohl auch gewünscht hatte.
Es überkam sie eine Bangigkeit, die sie kaum
bemeistern konnte, denn jetzt, im entscheiden
den Augenblick, trat ihr das Gewagte ihrer
Handlungsweise erst ganz vor Augen. Mit
Mühe suchte sie sich zu fassen, dann begann
sie, mit vor Erregung zitternder Stimme:
„Lieber Mann, höre mich ruhig an. Als
Du mir das Geld gabst, hast Du mir die
Verwendung desselben nach meiner besten
Einsicht überlassen. Du hast es im Spiele
gewonnen und so viele Thränen, wie ich um
das geweint habe, was Du von deinem schwer
verdienten Lohn, was Du van unserm Er-
sparniß am Kartentisch verloren hast, ebensoviel
bittre Thränen unglücklicher Mütter, hungern
der Kinder, haften gewiß auch an Deinem
gestrigen Gewinn. Es ist Sündengeld, wel
ches keinen Segen bringt, welches uns nicht
zu Gute kommen darf. Könntest Du Dich
an eine Mahlzeit setzen und sie mit Behagen
genießen, die ich von dem Gelde bereitet
hätte? Ich könnte es nicht und Fränzchen,
unser liebes, unschuldiges Kind soll es nicht.
Ich bin nur ärmlich gekleidet und das bedrückt
mich gewiß, aber ich will gern damit zufrieden
sein, denn ich kann jedem Menschen dabei
offen und frei in die Augen sehen; in den
schönsten Kleidern, die ich mir von dem
Gelde kaufte, müßte ich mich schämen und
die Augen niederschlagen. Du siehst nun
wohl auch ein, lieber Mann, daß ich für
uns von dem Gelde keinen Gebrauch machen
kann. (Fortsetzung folgt.)
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