Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 1)

gjjļŗitariêmuê und Assessorismus müsse gebrochen 
und der Kaufmann als gleichberechtigt anerkannt 
werden. Redner kommt dann auf die Aeußerungen 
des Reichskanzlers in Bezug aus Wißmann zurück 
und wünscht, daß neben den Vorwürfen auch die 
Verdienste Wißmann's vom Reichskanzler aner 
kannt werden. Er kritisirt abfällig die Kolonial 
politik der letzten Jahre, das Abkommen mit 
England und das jetzige Abkommen mit Frank 
reich. Die nächste Generation werde nicht be 
greifen, warum wir nicht thatkräftiger uns ander 
Erschließung Afrika's betheiligten. 
Reichskanzler Graf v. Caprivi: Der Vorredner 
habe über den Vertrag mit England und den 
gegenwärtigen mit Frankreich unrichtige Behaup 
tungen ausgestellt. Darauf jetzt einzugehen, be 
absichtige er nicht. Wenn Graf Arnim bedauere, 
daß Deutschland jetzt erst sich gewisse Punkte des 
Hinterlandes von Kamerun gesichert habe, so 
könne erwidert werden, daß Deutschland sich Ge 
genden gesichert habe, die noch keines Deutschen 
Fuß je betreten habe. Der Vorredner sage auch, 
es sei in Kamerun nicht für Abhülfe gesorgt 
worden. Nun aber sei doch zur Untersuchung der 
Regierungsrath Rose dorthin gesandt worden. 
Das sei was man sonst ein Diszrplinarverfabren 
nenne. Die nächste Post könne erst im nächsten 
Monat eintreffen. Das System, das der Vor 
redner so tadele, habe sich jedenfalls schon be 
währt. Die Meuterei sei unterdrückt worden, 120 
Mann Marine-Infanterie seien hinausgesandt 
worden. Hätte man nur 20 Mann gescheckt, so 
würde man der Regierung daraus einen Vorwurf 
machen. Gras Arnim sage, der Kanzler Letzt 
kenne die Neger nicht. Aber aus den Büchern, 
die Graf Arnim lese, lerne er die Neger doch ge 
wiß nicht kennen. Voraussehen könne man eine 
Meuterei niemals. Auch die Nichtbezahlung von 
Löhnen sei getadelt worden. Aber mit Abzügen 
vom Lohne wären die Neger wohl auch nicht ein 
verstanden gewesen. Im Fortgange seiner Rede 
nimmt sich der Reichskanzler namentlich des Gou 
verneurs Zimmerer an. Herrn v. Wißmann habe 
er keinensalls einen Vorwurf gemacht, er habe 
seinen Namen nur angeführt, um zu beweisen, 
daß eine gewitze Bureaukratie nicht zu entbehren 
sei. Er schätze die Verdienste Wißmann's ebenso 
hoch wie der Vorredner. 
Abg. Hasse (ntlb) tritt im Allgemeinen den 
Ausführungen des Grafen Arnim bei und ver 
langt die Begründung einer Centralstelle für Ko 
lonialangelegenheiten, da der Reichskanzler kein 
besonderes eingehendes Interesse für die Kolonien 
zeigen könne. Deutschland dürfe nicht verzichten, 
dem Beispiel von England und Frankrech zu 
folgen. Redner kritisirt hierauf die sAbmachung 
mit England und Frankreich und bedauert, daß 
wichtige Gebietstheile von uns abgetreten seien. 
Abg. Beckh (freist Vp.) weist den Vorwurf 
zurück, daß eine durch Nichtbewilligung der nö 
thigen Mittel hervorgerufene Sparsamkeit die 
Meuterei in Kamerun in letzter Linie verschuldet 
habe. Er fragt, wodurch bte Ermordung des 
schmählich im Stiche gelassenen Lieutenants von 
Volckhamer in Balinga verschuldet worden und 
tadelt die deutsch-französischen Verhandlungen 
wegen der Abgrenzung des Hinterlandes von 
Kamerun. Man könne den Herren Wölber & 
Brohm keinen Vorwurf machen, da die Kolonial 
verwaltung vorher ebenso gehandelt habe. 
Direktor K a yser vertheidigt die im Hinterland 
von Kamerun verfolgte Politik Deutschlands, die 
dem deutschen Unternehmergeist genügend Spiel 
raum lasse, und verwahrt die Kolonialregierung 
gegen den Vorwurf, wie Wölber & Brohm ge 
handelt zu haben. In Betreff des Lieutenants 
Volckhamer treffe die Regierung keine Schuld. 
Abg. Bebel konstatirt, die Sozialdemokraten 
hätten in den Kolonien die Affaire Wölber & 
Brohm aufgedeckt, er erkennt an, daß die Regie 
rung alles aufgeboten habe, den schmachvollen 
Zustand zu beenden; er meint, das Hamburger 
Strafgesetzbuch, das in diesem Punkte von dem 
Reichsstrafgesetzbuch nicht aufgehoben worden sei, 
und Kapitäne oder Superkargos, die Sklaven 
beförderten, mit Zuchthaus bedrohe, könne gegen 
Wölber & Brohm angewendet werden. Redner 
erhebt gegen das Schiff „Marie Woermann" den 
Vorwurf, es habe 21 Neger an einen feindlichen 
Stamm an der Küste von Liberia ausgeliefert, 
obwohl deren Schicksal bekannt gewesen. 
Die Debatte wird hier abgebrochen und auf 
morgen vertagt. 
glücksfälle ereignen sich in jeder Marine, 
wie derjenige weiß, welcher die Nachrichten 
über solche Vorkommnisse verfolgt. Seit 
dem mit so hohen Dampfspannungen — 
hier 12 Atmosphären — gefahren wird, 
ist damit immer für das Maschinen- und 
Heizerpersonal eine gewisse Gefahr ver 
bunden, und besonders bei den Probe 
fahrten, bei denen eben festgestellt werden 
soll, ob alle Maschinentheile, Kessel und 
Zubehör den Ansprüchen genügen. Von 
außen kann man den einzelnen Theilen 
nicht immer ansehen, ob sie die genügende 
Haltbarkeit besitzen, sie müssen deshalb 
probirt werden. Alle irgendwie zu treffen 
den Vorsichtsmaßregeln werden angewandt, 
solches Unglück, wie das geschehene, ist 
aber voraussichtlich nicht abzuwenden ge 
wesen. 
Also die neuen hochgespannten Forde 
rungen, mit ihren zahlreichen Neuerungen 
vermehren die Gefahren. Die neuen 
Marineungeheuer sind wissenschaftlich ganz 
korrekt gebaut, machen die schwierigsten 
achen, aber zu ungelegenster Zeit grade 
kommt etwas dazwischen, klappt etwas nicht 
und auch den allen Anforderungen der 
neuesten Marinetechnik entsprechenden 
Schiffen geht Alles, oft mit Mann und 
Maus, zu Grunde und man hat erlebt, 
daß bei schönstem Wetter, ruhigster See 
die herrlichsten Schiffe zu Grunde gegangen 
sind, daß mitten im Frieden Kriegsdanipfer 
einander Untergang bereiten, und erprobte 
Seehelden haben die Frage gestellt, ob 
nicht die so vervollkommneten Schiffe den 
eigenen Leuten nicht gefährlicher 
als dem Feinde sein würden, haben 
dabei geäußert, daß man dem nächsten 
Seekriege mit noch weit größerem Grauen 
entgegensehen müsse, als dem nächsten 
Landkriege, und es ist allen Ernstes die 
Frage ventilirt worden, ob nicht die Marine 
technik besser um- und zu den alten Holz 
Schlachtschiffen zurückkehren sollte. Wenn 
auch nicht durch ihr Aeußeres erinnern die 
heutigen Kriegsschiffe oft an den Bogen, 
der so verfeinert worden war, bis es beim 
ersten rechten Gebrauch zerbrach. 
Was sind Hoffnungen, was sind Ent 
würfe? kann man angesichts dieser Kata 
strophe mit dem Dichter ausrufen. Auf 
dieses Schiff gerade war die deutsche, 
Industrie, anscheinend mit Recht, besonders' 
stolz gewesen. Das Schiff hatte alle Er 
wartungen übertroffen und functionirte vom 
ersten Augenblick an ganz vorzüglich, ja 
elegant. Maschinen, Kraftentfaltung, Ma- 
növerirfähigkeit, Schnelligkeit, alles war 
geradezu wunderbar, und das Meisterwerk 
! erregte in allen betheiligten Kreisen Auf 
sehen. Der Kaiser vollzog selbst die Schiffs- 
Ak AtchrOk in„Hmimdmg." 
Nächst dem tiefsten Mitgefühl für die 
42 Unglücklichen, die ein unerwarteter Tod 
jäh dahingerafft, dem Mitleid mit den 
Verwundeten und den Angehörigen der 
Verunglückten, ruft die Katastrophe der 
„Brandenburg" kein anderes Gefühl so 
wach, als das der — Ohnmacht. Wohl 
wissen wir, daß des Meeres Wellen trü 
gerisch sind und das Wasser keine Balken 
hat. Aber das Meer ist an der Katastrophe 
vollständig unschuldig. Nicht das Meer, 
nicht Sturm, Klippen, Strudel, Nebel und 
sonstige Seegefahren haben das Unglück 
herbeigeführt, sondern das Platzen des 
Hauptdampfrohres eines noch ganz jungen, 
mit besonderer Sorgfalt erbauten Schiffes, 
und der Kessel ist nicht etwa überheizt 
worden, denn nur etwas über 7000 Pferde 
kräfte wurden entfaltet, während die 
Maschinen dieses Kriegsschiffes schon mit 
10000 Pferdekräften gearbeitet haben sollen. 
Das Unglück entstand, wie der „Reichs 
anzeiger mittheilt, durch Losreißen der 
Befestigung des Dampfabsperrventils der 
Steuerbordmaschine. Was das Reißen be 
wirkt hat, Schuld, Fahrlässigkeit, Zufall, 
das wissen wir nicht, das werden wir 
vielleicht nie erfahren. Vom Reichsmarine- 
amt ist ein Maschinenconstructenr sofort 
nach Kiel entsandt worden zur Ermittelung 
der Ursache. Vorläufig müssen wir uns 
mit dem freilich nur sehr schwachen, aber 
den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen 
den Trost begnügen, den der „Reichsanz." 
spendet, indem er schreibt; „Solche Un 
taufe. Er gab ihm einen Namen, der, 
wie der Kaiser schwungvoll in der An 
spräche sagte, „in unserer vaterländischen 
Geschichte ein Grund- und Eckstein ist und 
den Namen eines ganzen Landes, das, im 
Mittelpunkt unserer Monarchie gelegen, 
bewohnt ist von einem Völkchen, das treu, 
fest und tapfer, aufs engste verbunden mit 
dem Geschlechte der Hohenzollern und mit 
dem Hohenzollernhause eins, sich weithin 
berühmt gemacht hat." 
Jetzt hat dasselbe schöne und stolze Schiff 
dem ganzen Reiche schweren Kummer ver- 
ursacht, und man möchte am liebsten mit 
der Ausrüstung und dem Bau der Schwester- 
schiffe warten, bis die Untersuchung ergeben, 
welcher Art die eigentliche Ursache des 
Unglücks ist. 
ßung von Rio de Janeiro eingestellt. Die 
Bevölkerung bittet um Frieden; 5000 aus 
dem Süden kommende Aufständische sollen 
in den Staat Sao Paulo eingedrungen sein. 
Erschütternd sind die Schilderungen, 
welche die gerettete Mannschaft des ge 
scheiterten Schiffes „Spirit of the Down" 
von ihrem Aufenthalt auf einer der süd 
östlich von Neuseeland gelegenen Antipoden- 
Inseln entwirft. Das Schiff, von Rangun 
nach Chile bestimmt, gerieth während sehr 
dichten Nebels auf die Felsen in der Nähe 
dieser Insel und zerschellte in der furcht 
baren Brandung. Der Kapitän, der Koch 
und zwei Matrosen wurden von den Wogen 
weggespült; der übrigen Mannschaft ge 
lang es, ein Boot flott zu machen und 
am nächsten Tage die Insel zu erreichen. 
Dieselbe ist nur von Seehunden und 
Vögeln belebt. Am 18. September war 
das Schiff gescheitert; die elf Schiffbrüchigen 
hatten nichts als das nackte Leben gerettet; 
da sie keine Streichhölzer besaßen, konnten 
sie nicht einmal Feuer anmachen und mußten 
sich von rohem Fleisch, Wurzeln und 
Vogeleiern nähren. Bald stellten sich 
Krankheiten ein und die Verzweiflung hatte 
nach 80tägiger Gefangenschaft den höchsten 
Grad erreicht, als Hilfe nahte. Der vor 
überfahrende Dampfer „Hinemoa" bemerkte 
die Nothzeichen und rettete die Armen, die 
zu Gerippen abgemagert waren. Eigen 
thümlich an der Geschichte ist, daß auf der 
Insel sich eine „Regierungs-Niederlage" 
von Proviant aller Art, Kleidungsstücken 
u. s. w. befindet; das hatten die Schiff 
brüchigen nicht gewußt und hatten auch 
die der wilden Thiere wegen gut verwahr 
ten Borräthe auf der 7'/,, km langen Insel 
nicht gefunden. Jetzt sollen dort und 
anderwärts auf Steinen und Felsen weit- 
hin sichtbare Inschriften angebracht werden, 
etwaigen Schiffbrüchigen zum Wegweiser. 
Italien. 
Rom, 18. Febr. Der Papst celebrirte 
heute Vormittag als Abschluß der Feier- 
lichkeiten anläßlich seines Bischofsjubiläums 
in der vatikanischen Basilika eine Messe, 
welcher ungefähr 50,000 Personen beiwohn- 
ten, die den Papst auf das lebhafteste be- 
grüßten. Das diplomatische Corps, die 
Patrizierfamilien und die Ritter des Mal- 
teserordens wohnten der Messe auf beson 
deren Tribünen bei. 
Oesterreich. 
Der Dampfer „Greif" mit der Kaiserin 
von Oesterreich an Bord gerieth auf 
der Reise von Gibraltar nach Alicante bei 
Sabinal auf eine in den Seekarten 
nicht verzeichnete Sandbank. Mit 
Hülfe eines vorüberfahrenden französischen 
Danipfers wurde der „Greif" wieder flott 
gemacht und traf am Sonnabend, ohne 
Havarie gelitten zu haben, in Alicante ein 
Bcchili (Böhmen), 18. Febr. Ballon 
„Phönix", unter Führung des Premier 
lieutenants Groß Sonnabend früh 8 Uhr 
aufgestiegen, ist 4 Uhr Nachmittags nörd 
lich von Budweis in Böhmen glatt gelan 
det; der Ballon hat über 4000 Meter- 
Höhe erreicht. Tiefster Stand des Ther 
mometers 30 Grad Kälte. 
Inland. 
Tasche hörbar durch die Finger gleiten. 
„Fünf-, sechsmal so viel," sagte darauf be 
züglich der Andere," könntest Du heute Deiner 
Frau nach Hause bringen, wenn Du mit 
uns gingst." 
„Aber, wenn ich wieder verliere," erwiderte 
Werner mit vor Erregung bebender Stimme. 
„Ihr wißt ja nicht, wie cs mit mir steht 
und wie die Noth bei mir zu Hause." 
(Fortsetzung folgt.) 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Die millionenreichen Pankeetöch 
ter wollen gern Fürstenkronen in ihre Leib 
wäsche sticken lassen und Madame la Prinzesse 
heißen, aber wenn sie diesen Titel einmal 
erkauft haben, machen sie sich wenig aus 
dem Fürsten, ihrem Gemahl. Das bewies 
unlängst eine Tochter des Nähmaschinen 
fabrikanten Singer, deren Mutter in 
zweiter Ehe einen Tenor geheirathet hatte, 
nachdem der Sangeskundige für gutes Geld 
zum päpstlichen Herzog vorgerückt war. 
Die Tochter wollte noch höher hinaus, sie 
heirathete den Sprößling eines alten fran 
zösischen Fürstengeschlechts und ließ sich 
nach zwei- oder dreijähriger Ehe von ihm 
scheiden. Das gleiche thut jetzt die Stief 
tochter des Petroleum-Millionärs Mackay. 
Sie hatte einem neapolitanischen Fürsten 
Colonna die Hand gereicht und ihm die 
nöthige Mitgift zugebracht, um sein ver 
blaßtes Wappen wieder vergolden zu lassen. 
Gegenwärtig weilt sie mit ihren drei kleinen 
Kindern in einem Versteck und läßt in Paris 
die Scheidungsklage vorbringen. Das zu 
ständige Gericht erklärt sich für inkompetent, 
weil Fürst Colonna noch immer Italiener ist. 
Die Abonnements-Einladung einer grö 
ßeren amerikanischen Zeitung schloß 
mit folgenden Worten; „Endlich theilen 
wir der verehrten Damenwelt noch mit, 
daß zu den Abonnenten unseres Blattes 
eine Anzahl junger, unverheiratheter und 
gebildeter Männer mit großem Vermögen 
gehören, welche sich uns gegenüber durch 
Namensunterschrift verpflichtet haben, nur 
solchen Damen die Hand zum Lebensbunde 
zu reichen, welche ein Jahresabonnement 
unseres Blattes gewonnen haben!" 
Nach vorliegenden Meldungen hat das 
Geschwader der Aufständischen die Beschie- 
Friedrichsruh, 19. Febr. Mit gewohn 
ter Pünktlichkeit traf der Sonderzug des 
Kaisers um 5 Uhr 57 Min. in Friedrichs 
ruh ein. Langsam fuhr er an dem ge 
schmückten Bahnhof vorbei bis zu dem 
Uebergang vor dem Schloß des Fürsten. 
Dort hatte sich zehn Minuten vor Ankunft 
des Zuges Fürst Bismarck, Dr. Schwenin 
ger und Dr. Chrysander zum Empfang 
aufgestellt und unterhielten sich mit deni 
Publikum. -Der Fürst trug über der Kü- 
rassiruniform den neuen grauen Mantel, 
den ihm der Kaiser kürzlich übersandt hat. 
Mit elastischem Schwung sprang der Kaiser 
aus dem Wagen und trat rasch auf den 
Fürsten zu, schüttelte ihm die Hand und 
begleitete ihn ins Schloß, vom Publikum 
lebhaft begrüßt. 
— Wie die „Kreuzztg." hört, hat das 
Diner, das zu Ehren des Kaisers heute 
bei dem Fürsten Bismarck in Friedrichsruh 
stattfand, einen ganz familiären Charakter 
getragen und sich nur auf die dort an 
wesenden Mitglieder der fürstlichen Fa 
milie erstreckt. 
Berlin, 19. Febr. Der deutsch-russische 
Handelsvertrag ist im Reichstag ein- 
gegangen. 
-— Wie die „Nat.-Z." hört, haben der 
unter dem Vorsitz des Kaisers stattgehabten 
Kronrathssitzung außer den Ministern 
der Freih. von Marschall und Freih. von 
Thielmann, der erste deutsche Delegirte zu 
den Verhandlungen des deutsch-russischen 
Handelsvertrages, beigewohnt. Schon dieser 
äußere Umstand ergebe, daß es sich um 
eine anläßlich des Vertrages entstandene 
kritische Lage handelte. 
Berlin, 19. Febr. Die Commission zur 
Berathung des Gesetzes betr. die Land 
wirthschaftskammern beendigte die General 
debatte und berieth den Modus der Wah 
len; sie nahm den 8 5 der Regierungsvor 
lage an, wonach für das active Wahlrecht 
ein Alter von mindestens 25 Jahren, für 
das passive von 36 Jahren erforderlich ist. 
Ausgeschlossen von diesem Wahlrecht sind 
Personen, die nicht im Besitze der bürger 
lichen Ehrenrechte sind, ferner die im Con 
curs befindlichen, sowie die, deren Grund 
stücke einer Zwangsversteigerung oder 
Zwangsverwaltung unterliegen. 
Die Versammlunp des Bundes der 
Land Wirthe am Sonnabend in Berlin 
hat zur Verschärfung der Lage insofern 
beigetragen, als sie vermöge der extra 
vaganten Reden mit den Beschuldigungen 
feigen Verhaltens gegen Rußland an höch 
ster Stelle den Eindruck einer abermaligen 
Herausforderung gemacht hat. 
— Die „Nordd. Allg. Ztg." bespricht 
die Versammlung des Bundes der 
Landwirthe und meint, es kam der 
Versammlung offenbar nicht darauf an, 
die Bedeutung der öffentlichen Angelegen 
heit zu erörtern, sondern nur Stimmung 
zu machen. In den gehaltenen Reden 
suche man vergeblich nach der Begründung 
für die einstimmig angenommene Resolution, 
daß die Landwirthschaft durch die bereits 
abgeschlossenen Handelsverträge in die 
denkbar bedrängteste Lage gerathen würde. 
Weiter bemerkt dasselbe Blatt; „Mag 
man auch der ungeberdigen germanischen 
Kraft, die sich in den beiden Versammlun 
gen entfaltete, mildernde Umstände zubilli 
gen, so kann es doch nicht zu den Aufgaben 
einer entschlossen und einheitlich geleiteten 
Politik und ihrer Organe gehören, das 
Wohlwollen, das an sich der Zusammen 
schluß der Landwirthe zu einem Int eres- 
s e n b u n d verdiente, auf alle Ausartungen 
und Maßlosigkeiten zu übertragen. 
Berlin, 18. Febr. Vertreter des Han- 
dels und der Industrie aus dem 
ganzen Reiche füllten heute Vormittag 
den Saal des Concerthanses; zahlreiche am 
Erscheinen Verhinderte hatten Zustimmungs- 
Erklärungen zu der Kundgebung für den 
russischen Handelsvertrag geschickt, die den 
Zweck der Versammlung bildete. Nach 
einer einleitenden Begrüßung des Kommer- 
zienraths Abg Roesicke sprachen Kommer- 
zienrath Henneberg-Berlin, Otto v. Pfister- 
München und Generaldirektor Kollmann- 
Bismarckhütte über den russischen Handels 
vertrag. Namentlich betonten die Redner, 
daß der Handelsvertrag der Industrie und 
dem Handel Bortheil, der Landwirthschaft 
aber keinen nachweisbaren Nachtheil bringe. 
Kollmann protestirte dagegen, daß die Land- 
wirthe Patriotismus allein für sich 
beanspruchen und wies gdie gestrigen 
plumpen Ausfälle Ploetz's gegen die Börse 
zurück. Häufiger lebhafter Beifall begleitete 
die Reden. Einstimmig wurde eine ent 
schiedene Resolution für den Handelsvertrag 
angenommen. Die imposante Versamm 
lung wurde alsdann mit einem Hoch auf 
den Kaiser geschlossen. 
Berlin, 18. Febr. Der Vorstand des 
Vereins deutscher Eisen- und Stahl- 
industrieller nahm heute nach einem 
Referat des Generalsekretärs Bueck, in 
welchem derselbe die Vortheile des deutsch 
russischen Handelsvertrages für die Groß- 
und die Kleincisenindustrie eingehend dar 
legte, einstimmig eine Resolution an, in 
welcher die zuversichtliche Erwartung aus 
gesprochen wird, daß der Reichstag dem 
Handelsverträge zustimmen Iverde. 
In Saßnitz auf Rügen hat sich, nach 
der „Magdeb. Ztg.", in Folge der letzten 
Stürme das Ufer vollständig verän 
dert. Die Strandpromenade von Saßnitz 
bis zur Waldhalle soll ganz eingehen, weil 
sie zu gefährlich wird. Es trat stellen 
weise in diesem Winter das Wasser so 
nahe an die Kreidelvände heran, daß der 
Uferweg überhaupt nicht zu passiren war. 
Tausende von Buchen liegen in der Stubbe 
nitz entwurzelt und abgebrochen. Auf dem 
Flachlande sieht man kaum ein Gebäude 
unbeschädigt. 
Slhneidemühl, 18. Febr. Der bekannte 
Johann Arndt, der mehrere Wochen in 
tiefstem Schlaf gelegen hat, ist plötzlich 
erwacht und hat das Krankenhaus verlassen 
können. 
Aus Thüringen, 18. Febr. Die Lage 
der Bewohner des Meining'schen, auf 
dem Thüringer Wald gelegenen Ortes 
Neustadt am Rennsteig, ist nach Meldungen 
von dort eine traurige. Die Bewohner 
ernähren sich von der Zündholzf«bri- 
kation. Seit Einführung des Reichs- 
gesetzes vom 13. Mai 1884, betreffend die 
Anfertigung von Streichhölzern mit weißem 
Phosphor, das die schreckliche Phosphor 
nekrose beseitigen sollte, ist die Lage der 
Bevölkerung nicht verbessert, sondern eher 
verschlimmert worden. Die Phosphor 
nekrose ist nicht zurückgegangen, von 1870 
bis 1885 waren 15 Personen von der 
Krankheit befallen, seit Erlaß des Reichs- 
gesetzes ebensoviel. Die Hausindustrie ist 
nicht auszurotten, man arbeitet im Ge 
heimen, vielfach bei Nacht. Kommt dann 
am Morgen der Feldjäger, so ist alles 
wieder entfernt. Die Fabriken, die ver- 
hältnißmäßig hohe Löhne zahlen müssen, 
können mit der Hausindustrie, bei der alle 
Familienglieder helfen, nicht konkurriren, 
dazu kommt, daß die schwedischen Zünd 
hölzer die Phosphorzündhölzer immer mehr 
verdrängen. Eine der Fabriken, zu der 
die Meiningische Regierung ein unverzins 
liches Darlehen gegeben hatte, kommt dem 
nächst zur Veräußerung. (Frkf. Z.) 
Friedrichsruh, 18. Febr. Die Wald- 
Verwüstungen durch den Sturm haben 
auch in den nördlich von der Bahn liegen 
den Theilen des Sachsenwaldes großen Um 
fang angenommen, der sich erst nach und 
nach feststellen läßt. Den traurigsten An 
blick bietet auf dieser Seite der prächtige 
Tannen- und Kiefernschlag an der Rothen 
becker Chaussee, die „Bierthage" genannt. 
Tausende Stämme von mehreren Fuß 
Durchmesser liegen in wildem Chaos zer 
knickt am Boden. In nächster Nähe des 
Bahnhofs Möhnsen an der Schwarzen- 
beck-Oldesloer Bahn ist der Bestand einer 
mächtigen Waldecke vollständig weggefegt. 
Fast kein Baum steht, und die wenigen 
schwachen Stämme, die sich bis zur Erde 
biegen konnten, ohne zu brechen, haben ab 
geschlagene oder durch den Fall der sie 
sonst beschützendenRiesenverstümmelteWipfel. 
Als Fürst Bismarck gestern gegen 
Mittag seinen Spaziergang machte, trat er 
zu einer kleinen Gesellschaft von Damen 
und Herren aus Hamburg heran, die ihn 
bei dem bekannten kleinen Pförtchen, gegen 
über der Oberförsterei erwarteten, und 
sprach mit ihnen über den schweren Wind- 
schaden. „Mit einem Verlust von 40 000 
Stämmen werde ich wohl kaum davon 
kommen", sagte er, und nach der Ansicht 
des Forstpersonals ist diese Zahl gewiß 
nicht zu hoch gegriffen. 
Prov.uzietles. 
Altona, 19. Febr. Der durch den theil- 
weisen Einsturz des Thurmes der Jo 
hanniskirche angerichtete Schaden soll 
sich dem Vernehmen nach auf etwa 50000 
Mark beziffern. Die Bewohner der am 
Fuße der Kirche befindlichen Häuser mußten 
nach dem Unglück ihre Wohnungen räumen, 
da der Einsturz des ganzen Thurmes von 
sachverständiger Seite befürchtet wurde. 
Glücklicherweise flaute der Sturm aber nach 
2 Ubr bedeutend ab. Gestern verunglückte 
bei der Besichtigung des durchschlagenden 
Kirchenschiffes der Altonaer Polizei-In 
spektor Klaeber durch einen Sturz von einer 
Leiter. Der Beamte zog sich außer einem 
Bruch des Nasenbeines schwere innere Ver 
letzungen zu. 
Kiel, 19. Febr. Von Angehörigen der 
Marine und von Augenzeugen der Kata 
strophe erfährt das „B. T." Einzelheiten, 
die wahrhaft herzzerreißend sind. Nach 
der heftigen, mit donnerähnlichem Krach er 
folgenden Explosion drang ein dichter Dampf 
aus dem Maschinenraum. Ein Matrose 
stürzte auf Deck; demselben waren Nase, 
Lippen und die eine Seite des Kopfes weg 
gerissen. Mit einem Wehelaut fiel der Un 
glückliche zu Boden und war sofort eine 
Leiche. Der Maschinenraum und das 
Zwischendeck boten, nachdem sich der Damp! 
endlich verzogen, einen grauenvollen Anblick. 
Es lagen Tode und Verwundete mit schreck 
lichen Verstümmelungen in wirrem Durch 
einander. Auf der vom Maschinenraum zu»' 
Zwischenveck führenden Treppe lagen dir 
Leichen auf den eisernen Stufen. Die stark 
verbrühten und verstümmelten Menschen 
waren aus dem Maschinenraum geflüchtet 
wo sie indeß sofort todt niedergefallen 
waren. In der Maschine lagen Menschen 
und einzelne Theile von Menschen. Eu> 
Theil der Todten war weniger verstümmelt, 
der ausströmende Dampf, der durch eine'' 
ungeheuren Druck auf fast 200 Grad er 
hitzt war, hatte die Lungen der Unglück 
lichen buchstäblich verbrannt und den 
fortigen Tod herbergefuhrt. Der heiß 
Dampf drang in die benachbarten Räuiw 
uno erzeugte hier eine solche Hitze, daß dü 
Anwesenden die Scheiben zertrümmert' 
mußten, um sich vor dem Ersticken zu rette»' 
Die Offiziere, die in ihrer Messe von ve-> 
Dampfe heimgesucht wurden, flüchteten dķ 
die Fenster hinaus und retteten auf die! 
Weise das Leben. Desto entsetzlicher 8» 
staltete sich das Schicksal der Köche, die st« 
in der Kombüse befanden, sie tonnten . 
gräßlichen Dampfe nicht entrinnen. Z 
Köche und der Steward starben infolg 
SÄÄÄ« 
hatte sich vollständig vom Fleische gelöst 
Die Feststellung ihrer Person schien ansang 
lich gänzlich ausgeschlossen. Ein Matro! 
hatte unmittelbar vor der Katastrophe 
unheilvollen Raum verlassen und entşş 
auf diese Weise dem Schicksal seiner Kaw 
raden. Als Prinz Heinrich an Bord e 
schien, war, so erzählt man, die ganze # 
satzung noch fast sprachlos vor Schreck 
und Entsetzen. Die Todten und Beķ., 
deten wurden sofort, nachdem die Her» 
eilenden eindringen konnten, auf Deck h 
schafft. Ein Theil der Verwundeten 
bis zum andern Tage an Bord der ,,«r 
denburg"; jetzt befinden sich sämmtlrche ^ 
unglückte im Lazareth. Die Todten, 
zunächst bei der Marine-Akademre ans , 
befördert wurden, brachte der Möbeln»^ 
eines hiesigen Tischlers ins Lazareth; < 6 , 
eine Mal bestand die traurige Last ou? 
das andere Mal aus 23 Leichen. 
Schluffe wird noch erwähnt, daß weg ^ 
Maschinisten und Heizer auf w«" 
bare Weise gerettet wurden- ^ 
sprangen durch eine mit eisernen ş me- 
versehene Luke, sobald die furchtbare 
sion erdröhnte; nach langem, gum , ^ 
Bangen wurden sie aus ihrem Verst 
rettet. Anfänglich glaubte man, “ l $$ 
feien gleichfalls ums Leben gekommen, «j 
licherweise hatten sie kaum die ger 
Verletzung erlitten. 
Bruj 
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schwere 
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