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Aeltestes und belesenstes Klatt im Kreise Rendsburg.
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-s# 87ster Jahrgang. 4fr
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irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung
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1894.
Morgen - Depeschen.
Berlin, 9. Febr. Die „Nordd. Allg.
Ztg." bestätigt die Nachricht von der Um
arbeitung der We in sie nerv or läge im
Reichsschatzamt.
Mannheim, 9. Febr. Im Konkurs Sa-
lomon Maß fehlen für 1 Million Mark
unnumerirte Depots, die hauptsächlich kleinen
Leuten gehören.
Prag, 8. Febr. Wagners „Meistersinger"
wurden gestern im böhmischen National-
theater zum ersten Male in czechischer
Sprache gesungen; das Werk errang einen
großartigen Erfolg.
Paris, 8. Febr. Nach einer aus Mar>
seille eingetroffenen Meldung hat sich der
bekannte Sozialistenführer Volders gestern
nach Algier eingeschifft. Bei seiner Abreise
waren die Hauptführer der Sozialisten
Südfrankreichs zugegen.
Belgrad, 8. Febr. In einer Erklärung,
welche von 300 Studenten der hiesigen
Hochschule veröffentlicht wurde,. heißt _ es,
daß dieselben energisch gegen die häufigen
politischen Experimente protestiren, weil sie
die Stabilität und die konstitutionelle Ent
wickelung hindern. Die Studentenschaft sei
entschlossen, die freiheitlichen Errungen
schaften mit aller Kraft zu vertheidigen.
Davos, 6. Febr. Heute Morgen 5 Uhr
wurde hier ein starkes Erdbeben be
merkt, das die Bevölkerung aus dem
Schlafe aufweckte.
Ak Storni in 8mm.
Die erste offiziöse Andeutung über die
Weiberprügelei mit nachfolgender Meuterei
in Kamerun liegt heute in der „Köln. Z."
vor. Man liest in dem Blatte:
Der Bericht des Kanzlers Leist über
die Empörung in Kamerun ist nunmehr
eingegangen und soll sobald als möglich
in seineni vollen Inhalt veröffentlicht
werden. Es ist ein sehr langes Schrift
stück von 23 großen Folioseiten, dem
noch einige umfangreiche Anlagen beige-
fügt sind. Das die Veröffentlichung
nicht sogleich erfolgt, erklärt sich dadurch,
daß das Schriftstück zuerst verschiedenen
Stellen vorgelegt werden muß. (Zu
welchem Zweck?) Aus dem Inhalt des
Berichts ist Folgendes hervorzuheben:
Leist giebt zu, daß unter den
Dahomeyleuten schon seit einiger Zeit
Unzufriedenheit herrschte, weil sie keine
Löhnung bekamen, Ivie die anderen
angeworbenenen Soldtruppen. Er er
klärt diese verschiedene Behandlung da
durch, daß die seiner Zeit durch Graven-
reuth nach Kamerun gebrachten Dahomey-
leute, dort in einem Zustand vollständi
ger Erschlaffung und mit allen möglichen
Krankheiten behaftet, ankamen, und daß
deren „Ausfütterung" der Regierung
große Kosten verursacht habe. Man
habe den Leuten deshalb keine Löhnung
gegeben (? !), dagegen sowohl ihnen als
ihren Frauen ausreichende Naturalver
pflegung, durch die man sie auch voll
ständig „hochgebracht" habe. Da diese
Leute in Kamerun „keine anderen als
rein körperliche Bedürfnisse" gehabt
hätten (?), so seien sie „bestens ver-
sorgt gewesen." Auch die Thatsache, daß
er die Weiber der Dahomeyleute
hat mit Prügeln bestrafen lassen,
weil sie ihnen aufgetragene Arbeiten
nachlässig und faul ausgeführt hätten,
giebt Leist zu. Die Zahl der ihnen
ertheilten Hiebe betrug fünf bis zehu.
Obgleich der Bericht dies nicht besonders
hervorhebt, so unterliegt es doch auch
nach ihm keinem Zweifel, daß diese
Prügelung der Weiber den An
laß zur Empörung gegeben hat.
Ein telegraphischer Bericht des nach
Kamerun als Kommissar gesandten Re
gierungsrath Rose, der dort bereits an
gekommen ist, liegt über diese Prügel
geschichte noch nicht vor. Eine Suspen-
dirung des Kanzlers Leist hat schon aus
dem Grunde nicht stattgefunden, weil
sich Regierungsrath Rose in Kamerun
befindet und iveil ferner der Gouverneur
Zimmerer entweder bereits in Kamerun
eingetroffen sein muß oder doch jede
Stunde eintreffen kann. Sowohl nach
dem amtlichen Bericht des Kanzlers Leist
als auch nach kaufmännischen Briefen
ist die Ruhe vollständig hergestellt und
der Handel in den Faktoreien nimmt
seinen Fortgang, „als ob die Enipörung
nicht stattgehabt hätte". Die Faktoreien
sind nicht geplündert worden, und der
angerichtete Schaden erstreckt sich nur
auf die Regierungsgebäude.
So dürftig dieser kurze Auszug aus dem
„sehr langen Schriftstück" ist, so ersieht
man doch aus demselben, daß die bisherigen
Angaben über die Ursache der Meuterei
zutreffend waren. Darnach hat die Ein
behaltung des Soldes und die barbarische
Züchtigung der Frauen die Dahomeyer so
gereizt und erbittert, daß sie nur in einer
blutigen Enipörung Genugthuung zu finden
ineinten. (K. Z.)
Ausland.
Außereuropäische Gebiete.
Ueber das Schulwesen in Nordamerika
erstattete am Montag der Stadtschulrath
Prof. Bertram im Verein zur Beför
derung des Gewerbefleißes einen eingehen
den Bericht auf Grund der Erfahrungen,
die er bei seinem Besuch der Weltaus
stellung von Chicago gesammelt. Redner
zollt dem Schulwesen in Nordamerika
vollste Anerkennung. In keinem Lande
der Welt werde die Schule aus öffentlichen
und auch Privatmitteln so reich bedacht,
wie in den Vereinigten Staaten. Ein
allgemeines Eesetz über das Schulwesen
giebt es dort nicht, jeder Staat habe viel
mehr seine besonderen Einrichtungen.
Nichtsdestoweniger zeige das Schulwesen
in den Vereinigten Staaten eine große
Gleichförmigkeit, in allen Schulen sei der
Unterricht unentgeltlich, in allen werden
die Lehrmittel den Schülern frei geliefert,
Ein einigendes Moment ist vor allem auch
die Gleichheit der Sprache. Ein Hinder
niß dagegen für die Entwickelung des
Schulwesens ist die unsichere Stellung der
Lehrkräfte, die nicht fest angestellt sind.
Die Männer widmen sich daher auch nur
ausnahmsweise diesem Berufe, unter
10 962 Lehrkräften einer dem Redner vor
liegenden Statistik waren nur 992 Männer
und 9970 Lehrerinnen. Bei 10 000 Lehr
kräften treten alljährlich im Durchschnitt
etwa 1500 neu ein, die Hälfte davon ohne
pädagogische Vorbildung. Die hieraus
erwachsenden Schwierigkeiten sucht man
durch mechanische Lehrmethoden zu über
winden. Die Volksschulhüuser Amerikas
seien im allgemeinen schön ausgestattet, es
fehlen aber nieist die Turnhallen, man ist
infolge dessen genöthigt, an die Stelle des
Turnens die schwedische Gymnastik treten
zu lassen, die gleich den Freiübungen in
den Klassenräumen getrieben werden kann.
Den Ehrgeiz der Schüler sucht man nach
Kräften anzustacheln, u. a. auch durch Ber-
leihung von Medaillen auf Zeit. Hieraus
erklärt sich auch die große Neigung zu
allen möglichen Prüfungen und bei den
Erwachsenen die Sucht nach Titeln, die
sich auf das Bestehen von Prüfungen be
ziehen. Von großer Bedeutung ist es, daß
der Amerikaner nicht dazu drängt, daß die
Kinder frühzeitig fremde Sprachen lernen,
so ist das längere ausschließliche Denken
in der Muttersprache die Quelle größerer
Klarheit in der Auffassung und größerer
Beherrschung der eigenen Sprache. Damit
ist aber nicht gesagt, daß sie für die
späteren Jahre das Studium der fremden
Sprachen verachten und zwar werden auch
die klassischen Sprachen von Knaben und
Mädchen gleichzeitig betrieben. Charakte
ristisch ist das Bestreben nach Entwicklung
der Selbstständigkeit der Zöglinge. An
jedem der 5 Schultage ist eine der 5
Stunden dem freien Studium gewidmet.
Sammlungen von Nachschlagewerken, die
in jeder Schule vorhanden sind, erleichtern
diese Studien. Diese nach Redners Ansicht
gewiß sehr zweckmäßige Einrichtung setzt
sich dann im ganzen Leben fort. Ueberall
existiren reich ausgestattete öffentliche
Bibliotheken, die nieist wieder weibliche
Beamte haben. Eine bedeutende Rolle
spielt der Handfertigkeitsunterricht. Für
ältere Schüler, 14 bis 17 Jahren, bestehen
besondere Schulen, in denen neben 10
Stunden wissenschaftlichen Unterrichts 5
Stunden Zeichnen und 10 Stunden Werk
stattarbeit getrieben wird. Man hält
diesen Unterricht gleichberechtigt mit dem
Studium der alten Sprachen. In andern
Städten werden die Schüler auch nach
Absolvirung der Schule noch täglich einige
Stunden zur Werkstattarbeit versammelt.
Diese Einrichtung ist für die, die ein
Handwerk ergreifen, von um so größerer
Bedeutung, als gerade in Amerika eine
lehrlingsmäßige Ausbildung fast ganz auf
gehört hat. Ein weiteres Charakteristikum
der amerikanischen Pädagogik ist das
Streben nach höherer Mädchenbildung.
Italien.
Rom, 7. Febr. In einer der letzten
Nächte wurde im Gebäude der amerikani
schen Gesandtschaft in der Via Nazionale
zu Rom eingebrochen. Die Einbrecher zer
schlugen alle Möbel, und es gelang ihnen
auch, den Kassenschrank, der aber keine
Werthsachen enthielt, zu öffnen; sie durch-
wühlten alle Acten, richteten hauptsächlich
im Archiv und in der Kanzlei große Ver
wüstung an und legten dann Feuer an.
Von Maskenbällen heimziehende Bürger
bemerkten das Feuer in dem Palast und
benachrichtigten die Feuerwehr, welche in
kurzem der Flammen Meister wurde. Der
amerikanische Gesandte Potter begab sich
persönlich zum italienischen Minister des
Aeußeren, um ihn von dem Vorfall in
Kenntniß zu setzen. Bis jetzt konnte die
Polizei der Thäter noch nicht habhaft wer
den. Es scheint nicht, daß dieselben, um
zu stehlen, in die Gesandtschaftsräume ein
drangen, da dort, wie sich herausstellt
kein Werthgegenstand fehlt; vielleicht woll'
ten sie belastende Aktenstücke durch das
Feuer vernickiten.
Bulgarien.
Sofia, 8. Febr. Die Fürstin F erd in and
erkrankte am Kindbettfieber. Gestern
Abend ist eine leichte Besserung eingetreten,
doch ist die Gefahr noch nicht vorüber.
Die Eltern der Fürstin und Wiener Aerzte
weilen am Krankenlager.
Msukreich.
In Amiens hat ein bemerkenswerther
Akt von Volksjustiz statt gefunden.
Ein dortiger Arbeiter, der von einer Mai-
tresse drei Kinder hatte, wollte sich trotzdem
mit einer Andern verheirathen. Zur Stunde,
wo auf der Mairie die Trauung vor sich
gehen sollte, rotteten sich die Einwohner
zusammen und drangen in den Saal des
Standesamts; der Bräutigam, um Thät
lichkeiten zu entgehen, war genöthigt, zum
Fenster hinauszuspringen, während die
Braut mit faulen Eiern beworfen wurde
und noch von Glück sagen konnte, daß sie
auf dem Heimwege nicht ins Wasser ge
worfen wurde.
Rußland.
Aus Warschau wird gemeldet, daß eine
furchtbare Feuersbrunst das vollständig
aus Holz erbaute Theater der Stadt
Homel vom First bis zum Fundament zer
stört hat. Das Feuer brach gegen neun
Uhr Abends in dem Augenblicke, als der
zweite Akt der Oper „Mignon" beginnen
sollte, ' zwischen den Bühnenwänden aus
und verbreitete sich mit rasender Schnellig
keit. Obwohl der Zuschauerraum dicht
besetzt war, sind glücklicherweise keine
Todten zu beklagen, dank der Kaltblütig
keit des Polizeichefs, der, als er sah, daß
sich des Publikums eine furchtbare Panik
bemächtigle, mit drohender Stimme in den
Saal rief: „Ich lasse sofort alle nieder-
schießen, die in wilder Flucht aus deni
Saale eilen und dadurch unberechenbares
Unheil verursachen!" Diese Drohung
wirkte. Ruhig verließen die Zuschauer
ihre Plätze und gingen einzeln oder in
kleineren Gruppen hinaus. Das Theater
ist jetzt nichts weiter, als ein Schutthaufen.
Der Schaden wird auf 300 000 Mark
geschätzt.
Kamyschin, Gouv.Ssrartow. Der„Ssarat.
List" berichtet: Am 15. Januar war die
Fahrpost von Kamenka in Ust-Ssolichi nicht
eingetroffen. Man begab sich sogleich auf
die Suche, doch erst am 17. Januar gelang
Magelone.
Roman von B. von der Lancken.
„Der Arzt hat mir aus meinem gefährlichen
Zustand kein Hehl gemacht, obgleich er ja
die obligaten „Hoffnungspillen" daneben
giebt," sagte der Prinz. „Ich fühle es aber
selbst, cs geht zu Ende. Mag's drum sein.
Ich habe ein an Genüssen reiches, schönes
Leben hinter mir, aber ich habe cs nicht aus
genutzt für anderere, wie ich wohl hätte thun
sollen. Die wenigen Tage —■ vielleicht
Stunden, die mir jetzt noch bleiben, will ich
dazu anwenden, so viel wie möglich gut zu
machen, was ich versäumt habe. In der
Art, wie und daß wir beide überhaupt noch
einmal zusammengekommen sind, sehe ich eine
Fügung Gottes." Er hielt innc, lehnte den
Kopf zurück und athmete schwer.
„Das Sprechen greift Euer Durchlaucht
an," bemerkte Rolf.
„Ja, etwas, aber was ich sagen will, muß
doch gesagt werden, Herr von Velten; es be
trifft Ihre — es betrifft Fräulein Dyrfurt.
Sic hat gefehlt, aber sie hat menschlich, jugend
lich gefehlt, ohne daß der inwendige vor-
borgene edle Kern ihres Wesens gelitten hätte.
Der Schein war schlimmer als die That
selbst, mein Ehrenwort darauf. In jener
unseligen Stunde hatte ich ihr zum ersten
Mal von meiner Liebe gesprochen; sie ist das
einzigste Weib, dem ich mein ganzes Herz zu
eigen gegeben habe — das ihre aber gehört
Ihnen, Herr von Velten. Nein, nein, nicht
diese abwehrende Handbewegung, dies über
legene Lächeln, ich spreche wahr; denn aus
Liebe zu Ihnen schlug sic, als ich später um
sic warb, meine Hand aus, geht sic einsam
und reuevoll durchs Leben. Wenn Sie sic
heute nur ein wenig lieben, Baron Velten,
so bringen Sie sich nicht um das reiche, schöne
Lebcnsgück, das Sie an ihre Seite finden
werden."
Erschöpft von dem anhaltenden Sprechen
schwieg er und Rolf saß an seinem Bett,
wie im Traum besangen. Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft, Entsagen, Hoffen
und Wünschen — alles das kreuzte in tollem
Wirbel seine Gedanken, ließ sein Herz rasch
und ungestüm klopfen, machte ihn unfähig,
ein Wort hervorzubringen.
„Hat Magelone nie versucht, einen Aus
gleich herbeizuführen?" fragte der Prinz, ohne
die Augen zu öffnen.
„Ja, sie schrieb an mich in den ersten
Tagen des neuen Jahres nach der Katastrophe,
aber ich sandte den Brief zurück."
„Im Januar? O, welch ein Herz!" —
rief Edelsberg, „welch ein Herz," und er er
zählte Rolf von seinem späteren Besuch bei
Magelone und alles, was sie ihm gesagt.
Als dieser dann eine Viertelstunde spater das
Krankenzimmer verließ und Gräfin Xenia
seinen Platz an dem Bette ihres Lieblings-
bruders einnahm, da drückte er die Hand des
Prinzen wie die seines besten Freundes."
„Kleine soem-," sagte Alexander, als s
die Thür hinter Rolf geschlossen hatte, „ich
glaube, die eben verflossene Stunde habe ich
leidlich gut angewandt. Sie werden recht
glücklich sein."
Abends elf Uhr hatte er ausgelitten, die
Hand der geliebten Schwester drückte ihm die
Augen zu. —
Magelone war mit den Tanten aus dem
Ausstellungs-Park heimgekehrt und in der
Küche mit dem Herrichten des einfachen Abend
essens beschäftigt. Die beiden Damen bürsteten
an ihren Mänteln und Hüten herum, wie sie
das nach jedem Ausgang thaten, sie waren
damit in ihrem Schlafzimmer beschäftigt, das
junge Mädchen hatte Zeit, neben den Her-
richtungen zum Abendbrot, ungestört ihren
Gedanken nachzuhängen.
Er war also in Berlin! Sie zitterte.
Verändert, sehr verändert war er, so ernst,
fast kummervoll hatte er ausgesehen, und trotz
alledem doch Zug für Zug derselbe; die stolze
vornehme Haltung, der klare, volle Blick des
großen Auges.
Es klingelte.
Sie nahm das weiße Schürzchen und
trocknete die Thränen, die unaufhaltsam hcr-
niedertropften; rasch, nur rasch — es klingelte
noch einmal — sie fuhr noch einmal mit der
Hand über die Augen, eilte in den Korridor
und öffnete, und da stand er, an den sie eben
gedacht, und die ernsten Augen blickte sic an,
nicht stolz, nicht strafend, nein, mit dem Blick
der Liebe, so treu, so innig!
„Rolf," stammelte sic glücklich und wich
doch fast scheu zuück in die Küche und streckte
wie abwehrend die Hände ans. Er aber er
griff diese kleinen Hände und drückte sie an
seine Lippen und sank vor ihr aufs Knie und
zog die zarte bebende Gestalt in seine Arme
und konnte nichts weiter sagen als: Mage
lone — Magelone!
Der tiefen, glücklichen und doch schmerz
lichen Erregung dieser Wiedervereinigung fehlte
es an Worten, aber das wußten beide, daß
sic sich nun gefunden, um sich nie mehr zu
verlieren.
Endlich war es Magelone, die das
Schweigen brach.
„Vergieb, Rolf, vcrgieb mir all das Leid,
das ich über Dich gebracht," schluchzte sie,
„kannst Du's mir denn wirklich verzeihen,
mich noch lieb haben und mir wirklich noch
vertrauen?"
Da hob er sanft ihr Köpfchen in die Höhe,
blickte ihr tief in die Augen, küßte sie auf den
kleinen Mund und sagte: „Ja, Lona, von
ganzer Seele!"
Tante Dottchen erschien in der geöffneten
Stubenthür und stieß, als sie die seltsame
Gruppe in der prosaischen Umgebung des
Küchenraumes gewahrte, einen halblauten
Schrei aus, als Rolf sich aber umwandte
und, Lona am Arm, auf sic zukam, war sie
in ihrer sprachlosen Erstarrung geradezu über
wältigend komisch und das helle Auflachen
des jungen Paares rief nun auch Lottchen
herbei.
Nun folgte ein Erklären und Erzählen,
und die beiden alten Damen weinten eine
das gewöhnliche Maß weit übersteigende An
zahl von Freudcnthränen; nach dem Abend
essen, dem eigentlich Niemand zusprach, zo
gen sie sich diskret zurück, während das Braut
paar Hand in Hand am geöffneten Fenster
sich alles sagte, was so lange Jahre ihre
Herzen bedrückt und woran Beide so schwer
getragen hatten. .
Da es aber ein Sommerabend war, fehlte
auch der seit Jahrhunderten treueste Freund
von allem irdischen Liebesglück und Liebesleid
nicht — der Mond; er sah gerade in das
Fenster hinein und behauptete sich mit seinem
milden, bleichen Strahl siegreich gegen das
Licht der rosa verschleierten auf dem runden
Sophatisch stehenden Lampe.
Sie waren vermählt — seit einem halben
Jahr.
In die freundliche Provinzialstadt, in das
von Wein umrankte, villenartige Häuschen
hatte Rolf von Belten sein junges Weib ge
führt. Die hübschen Räume waren behaglich,
aber ohne Luxus ausgestattet, und manche
der alten, schönen Möbel grüßten sie wie
liebe Bekannte. Es war kein Palais Bar-
tuch, kein Strombeck, nicht einmal ein Hel
dringen, aber ein trautes Heim, das zwei
überglückliche dankbare Menschenkinder um
schloß.
Jetzt war es Frühling, die Zeit der
Pfingsten, und Magelone ging am Arm ihres
Gatten in den sauber geharkten Wegen ihres
Gärtchens spazieren. Sie trug ein leichtes
Sommerkleid und sah darin sehr lieblich aus,
auf den Wangen lag der rosige Hauch der
Gesundheit, aus den Augen leuchtete, innere
Zufriedenheit. Und Rolf? Nun er war
vollständig glücklich, und das verjüngt und
verschönt.
Das Ehepaar war soeben von der Bahn
zurückgekehrt, wohin es seine ersten Logirgäste
begleitete, Baron und Baronin Preuß, gebo
rene Prinzeß Edelsberg.
Drei Jahre hatte Gaston treu um Xenia
geworben, endlich, da es durch den Tod des
Bruders noch einsamer um- sie geworden,
hatte sie nach ernster Selbstprüfuug und voll
redlichen Willens, ihn glücklich zu machen,
ihm das so heiß ersehnte „Jawort" gegeben;
aus Rücksicht auf die Trauer in der fürstli
chen Familie war die Vermählung vor kur
zem in aller Stille vollzogen, und jetzt gingen
Beide für einige Wochen an die oberitalieni
schen Seen; auf dem Wege dahin hatten fie
ihr Versprechen eingelöst und die Veltens
besucht. Als Geschenk brachte die Baronin
Preuß zugleich das lebensgroße Oelbild des