Full text: Newspaper volume (1893, Bd. 1)

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Donnerstag. 
26. Zanuar 
Wcrs 8àMg. 
Geburtstage sind Freudentage in der Fa 
milie: je höher das Haupt steht, dem die 
Feier gilt, um so freudiger. 
Heute feiert unser Kaiser diesen Tag, 
als Vater seines Hohen Hauses, aber auch 
als Vater seines Volkes, das wie Deutsch 
lands Kaiserin und die frohe-Kinderschaar 
um den Deutschen Kaiserthron zu den Seinen 
gehört und gehören will in hellen und 
dunklen Tagen. 
Die Freude an Geburtstagen kommt in 
Gaben zum Ausdruck; und welches werden 
die Gaben eines treuen Volkes sein, das 
sich mit seinen Wünschen nicht in ein Buch 
in seines Kaisers Hause, sondern in des 
Kaisers Herz selbst einzeichnen will? 
Treue um Treue wo deutsche Herzen 
schlagen, bei gemeinsamem Gedenken an 
das Wort, welches der erste deutsche Kaiser 
Wilhelm einst nach Siegen ohne Gleichen 
an sein geeintes Volk gerichtet hat: 
„Uns aber und Unseren Nachfolgern 
an der Kaiserkrone wolle Gott verleihen, 
allzeit Mehrer des deutschen Reichs zu 
sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, 
sondern an den Gütern und Gaben des 
Friedens auf deni Gebiete nationaler 
Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung." 
Wenn Stürme um das Geburtstagshaus 
wehen, können sie die Freude im Hause 
trüben? Nimmermehr, iveiln des Hauses 
Insassen an den festen Grund des Hauses 
glauben, nnd sich um so fester zusammen 
schließen, je lauter der Sturm ist, welcher 
draußen weht. 
So wird sich auch das deutsche Volk 
seine Freude nicht trüben lassen, und wird 
an dem heutigen Tag einen warmen Zu 
ruf vernehmen, nicht nur an die bestehen 
den Gemeinschaften in Staat, Gemeinde 
und Familie, sondern an alle einzelnen 
Herzen, welche zur Erhaltung und Be 
lebung dieser Gemeinschaften berufen sind. 
Soll unser Kaiser als das Haupt seines 
Volkes allein stehen, wo es sich um Wahr 
ung der Güter und Gaben des Friedens 
handelt? Sollen nur die verfassungsmäßigen 
Organe seine Helfer und seine Stützen sein? 
Das wären keine Geburtstagsgedankeii, die 
alle Bewohner des deutschen Hauses be 
wegen. Nein, jedes deutsche Herz kann 
und soll helfen bei solcher Friedensarbeit, 
und jedes deutsche Herz will helfen. Dieser 
Vorsatz sei seine Gabe an des deutschen 
Kaisers Geburtstag für alle kommenden 
Werktage! 
Je größer die Noth und Sorgen sind, 
welche in unseren Tagen uin dies deutsche 
Haus gehen, desto höher hinauf mag ein 
ganzes Volk nach Hülfe greifen, nach der 
Hülfe, die für alle wahrhaft deutsche Herzen 
sichere Verheißung hat. 
Wie einst nach den Tagen der Freiheits 
kriege, als ein uralter Feind im Innern 
sein Haupt erhob, so mag sich unser Volk 
auch ini neu geeinten Reich an seiner 
Frendentage einem, an seines Kaisers Ge 
burtstag, von dem frommen Sänger Max 
von Schenckendorf mahnen lassen: 
„Aber einmal müßt ihr ringen 
Noch in ernster Geisterschlacht, 
Und den letzten Feind bezwingen, 
Der im Innern drohend wacht. 
Haß und Argwohn müßt ihr dämpfen, 
Geiz und Neid und böse Lust, 
Dann nach schweren langen Kämpfen 
Kannst du ruhen, deutsche Brust." 
London, 25. Jan. Bei dem Gruben 
unglück in Pontypriad (Wales) wurden 7 
Arbeiter durch stürzende Felsen bei der 
Ausschließung einer neuen Grube getödtet; 
3 Arbeiter wurden lebensgefährlich ver 
wundet. 
Wien, 25. Jan. In Folge des erneuten 
Ansbruchs der Cholera in Deutschland hat 
die österreichische Staatsregierung ange 
ordnet, daß alle Reisenden aus Halle und 
Hamburg sich an der Grenze einer fünf 
tägigen Beobachtung zu unterziehen haben. 
Aus Wie» wird gemeldet: Im ganzen 
Semmeringgebiet war gestern Nachmittag 
gegen 5 Uhr ein ziemlich starkes wellen 
förmiges Erdbeben mit donnerähn- 
lichem Rollen zu spüre». 
Morgen-Depeschen. 
Stettin. 25. Jan. Ein entsetzliches Un 
glück wird aus dem Dorfe Dabcr, Kreis 
Randow gemeldet: Bei einer gestern von 
einer Abtheilung Pioniere des 17. Pionier- 
Bataillons vorgenommenen Sprengung er 
wies sich die benutzte Zündschnur zu kurz 
nnd begab sich deshalb der Führer der Ab 
theilung, Premier-Lieutenant von Chamier, 
an die Mine, um dem Fehler abzuhelfen. 
Im nämlichen Augenblicke explodirte die 
aus 40 Pfund Sprengstoff bestehende La 
dung und zerriß den Offizier in Stücke. 
Seine Gliedmaßen waren bis gu 300 m 
von der Stelle geschleudert. 
Ratibor, 25. Jan. Der Holzhauer Kluger 
aus Brzezetz ivurde ans dem Wege nach 
Althammer von einem unbekannten Strolch 
ermordet, die Baarschaft von 6 0 Mark 
wurde geraubt. 
Paris, 25. Jan. Gerüchtweise verlautet, 
Andrieux sei gestern spät Abends über 
fallen und es sei mit einem Revolver ein 
Mordversuch auf ihn gemacht worden. 
Halle, 25. Jan. Der „Hall. Ztg." zu 
folge sind in der Irrenanstalt Nietleben 
von gestern Mitternacht bis heute Witter- 
nacht 13 neue Erkrankungen an 
Cholera und 1 Todesfall vorgekommen. 
Unter den Erkrankten befindet sich ein Arzt 
der Anstalt. 
London, 25. Jan. Die Influenza 
hat eine Anzahl Provinzstädte ergriffen. 
In der verflossenen Woche starben in Lon 
don 17 Personen an derselben. 
Der Gouverneur von Warschau ordnete 
die Abhaltung von Winternianövern an. 
Bus dVr HHififärflomiiiisfton. 
Reichskanzler Graf Caprivi: Die Bei 
behaltung der Friedenspräsenzstärke miteiner 
Rekrutenvermehrung, soweit es die Ein 
führung der zweijährigen Dienstzeit ermög 
licht, ist kein Angebot für uns. Wir kön 
nen die zweijährige Dienstzeit nicht ein 
führen ohne eine Verstärkung der Friedens- 
Präsenzstärke. Andernfalls würden die 
Truppenthcile nicht die nöthige Ausbildung 
erlangen, einen Schwächezustand im Win 
ter zeigen und die Mobilmachung erschweren. 
Von einer ferneren Ausbildung der Ersatz 
reserve kann nicht die Rede sein. Das 
Ausbildnngspersonal klagt am meisten über 
die dadurch auferlegten Lasten. Das ist 
der Standpunkt der verbündeten Regierun 
gen. Der Vorredner scheint sich mehr von 
Gefühlsmomenten als von der Würdigung 
der Thatsachen bestimmen zu lassen. Die 
Stimmung in weiten Kreisen des Volkes 
mag eine verstimmte sein, obgleich ich das 
nicht in dem Maße zugebe, ivie es be 
hauptet wird. Die Regierungen aber wür 
den glauben, ihrr Schuldigkeit nicht zu 
thun, wenn sie solchen Verstimmungen nach 
geben wollten nnd wenn dieselbe auch 
weitere Volkskreise beherrschte. Denn es 
handelt sich uni die Zukunft Deutschlands. 
Diese können wir nicht abhängig machen 
von Volksstimmungen in der Gegenwart. 
Allerdings wird der nächste Krieg kein 
Puppenspicl sein, und er kann lange dauern. 
Es ist richtig, daß ich gesagt habe, kein 
Heer wird in der Zukunft stark genug sein, 
um nochmals Paris in seiner jetzigen Aus 
dehnung einschließen zu können; man ivird 
daher suchen müssen, Paris auf nur einer 
Dìimoņ Liebe. 
das 
sie 
Roman von Hermann Thon,. 
Seltsamerweise liebte die Mutter .... 
Kind nicht, angeblich, weil es das Eben 
bild ihres ersten Mannes war, der 
arg gemißhandelt hatte. — Leute aber, 
die ihn gekannt, stellten dies in Abrede 
und wußten einen ganz anderen Grund, 
warum ihr das Mädchen ein Dorn im 
Auge war. 
Die Werbung des reichen August Gelfert 
war dem Stiefvater unangenehm; er hatte 
Lchofft, daß er um seine Tochter werben 
würde, seine Vroni, die zwar schielte, aber 
^iue reiche Mitgift besaß, während die 
Asel blutarm war. 
Dem alten Gelfert wäre es auch lieber 
ö^wesen, wenn sein Sohn die reiche Vroni 
gewählt hätte. 
--Das Mädel ist so übel nicht," meinte 
er ’ „und mit ihrem Geld könnte man 
em 
eues Haus aufbauen und das Stückel 
rund mit dem Wald vom Nachbar kaufen." 
s- Aber der weiche, willenlose August zeigte 
hier hartnäckig. 
Ņ>--Die Lisel, oder ich heirathe gar nicht' 
„tìrff die Mitgift betrifft, so scheere 
ich 
Frauenzimmer und wird mir schon rein 
bringen, was sie nicht hat außer ihrem 
sauberen Gesicht utid ihrem guten, warmen 
Herzen." 
„Glauben Sie mir Vater, auf ja und 
nein werden Sie's lieb haben." 
„Lasse nur dent August seinen Willen," 
hatte die Großmutter gesagt, „ich mag die 
schielende Vroni auch nicht und dabei 
bleibt es." 
Jinnier schneller flößen die Thränen 
der Lisel ans das Grab ihres August, den 
sie gar so sehr geliebt. Immer lauter 
schluchzte sie ihren Schmerz heraus, aber 
endlich erhob sie sich. Sie mußte ja nach 
Hause zum Kuhmelken. Sie war daheim 
ja das Aschenbrödel, alle Arbeit fiel ihr 
zu. Die Vroni lernte am Pfarrhof kochen 
und hatte weder Zeit noch Lust für die 
schwere Arbeit ini Stall. „Dazu ist die 
dalkere Lisel gut," sagte sie immer höhnisch. 
Als sie von der sanften Anhöhe, auf 
welcher der Kirchhof liegt, gegen die Eisen 
bahn herabging, folgte ihr ein junger 
Bauer, der sie von Ferne beobachtet hatte. 
„Lisel! Grüß' Gott, warum Du gar 
so viel weinst um den August, als ob's gar 
keinen anderen Mann auf der Welt gäbe." 
Sie fuhr zusammen und blieb stehen. 
Er 
Du 
will 
was 
„Loisl, ich bitte Dich, lasse mich in 
Ruhe. Wenn der Vater sieht, daß Du 
mit mir gehst, wird er herb auf mich, 
leid's nicht, daß Du mich gern hast." 
, „Um das kümmere ich mich nicht, 
bist ja wie meine Schwester und ich 
Dich trösten." 
„Trost giebt es keinen für mich; 
ich verloren habe, kann mir Niemand er 
setzen." 
^ „Schau mich nur einmal an, Liesel, ich 
bin ein sauberer Bursch und kein Saus- 
bold, wie der August war, und der Dich 
gewiß am Ende geprügelt hätte." 
„Schweig', Verläunider," donnerte sie 
ihn an. „Was der August war, wirst 
Du nimmer; er hat das Herz am rechten 
Fleck gehabt, und hat er auch mitunter 
ein Glaserl zu viel getrunken, so ist er 
mir zehntansendmal lieber, wie Du. Ich 
mag die Duckmäuser nicht!" 
„Lisel," sagte er bleich vor Zorn. „Du 
wirst es bereuen, den einzigen Freund, den 
Du jetzt hast, so abgetrumpft zu haben." 
Hierauf kehrte er um und schritt dem 
Walde zu, während Lisel sich nach Hause 
begab. 
Wenige Tage darauf, als die jungen 
Leute bereits alle schliefen, sagte der alte 
Front anzugreifen. Das beweist doch nur, 
daß man schon, che man vor Paris kommt, 
suchen muß, möglichst große militärische 
Resultate zu erreichen. Auf auswärtige 
Verhältnisse mich hier noch weiter einzu 
lassen, ist für mich nicht verlockend nach 
den Erfahrungen, die ich damit gemacht 
habe. Den starken Glauben an den Drei 
bund theile auch ich. Das habe ich auch 
durch Thaten bewiesen. Ich bin von der 
Voraussetzung ausgegangen, daß der Drei 
bund zusammenhält. Trotzdem würden wir 
in die Lage kommen können, daß wir es 
mit überlegenen Kräften zu thun haben. 
Ob wir nach dem Zerfall des Dreibundes 
in der Lage wären, ein anderes Bündniß 
zu schließen, ist sehr zweifelhaft. Denn 
Bündnisse werden heutzutage bedingt durch 
die Natur der Verhältnisse. Was der Vor 
redner betonte von Vertrauen und Miß 
trauen, Stimmungen und Verstimmungen, 
hat nur einen subjectiven Werth. Objectiv 
hat er nichts vorgebracht, was die Regier 
ung bestimmen könnte, ihre Forderungen 
aufzugeben oder auch nur zu vermindern. 
General v. Goßler Verivahrtsich gegen 
den Borwurf, daß die mitgetheilten Zahlen 
und Stärkeverhältnisse auf einer willkür 
lichen Gruppirung beruhen. Wir würden 
jetzt den größten Theil der Landwehr 
zweiten Aufgebots mobil machen müssen, 
um uns gegen eine überlegene Zahl feind 
licher Bataillone zu wehren. Allerdings 
wird der Charakter der nächsten Kriege 
den Völkerwanderungen früherer 
Jahrhunderte sich ziemlich nähern. Große 
Noth wird alsdann auch entstehen, wie bei 
den Völkerwanderungen. Wer dabei unter 
liegt, wird den Schaden zu bezahlen haben. 
Äbg. Bebel zweifelt nicht daran, daß 
ein Zukunftskrieg große Dimensionen an 
nehmen und alle europäischen Staaten, 
auch die Kleinstaaten engagiren Ivird. Wenn 
man demgemäß auch mit dem Ziel der 
Ausbildung einer möglichst großen Zahl 
von Mannschaften einverstanden sein könne, 
so doch nicht mit dem Weg, dazu zu ge 
langen. Redner schildert im Anschluß an 
die Erwiderung des Reichskanzlers gegen 
seine früheren Ausführungen die Bedeutung 
der Bolksheere, namentlich in Amerika; dort 
seien die amerikanischen Volksheere aus 
dem Boden gestampft worden. Es hätten 
keinerlei Vorbereitungen dazu bestanden, 
weder für das Personal noch für das Ma 
terial. Hätte man nach Sedan gewußt, 
welche Opfer und Verluste die Organisa 
tionen Gambetta's dem deutschen Heere 
Vogler zu seiner Frau: 
„Du, Betty, die Lisel muß fort. Der 
Loisel stellt ihr nach und ich mag keinen 
Bettelfratzen für nieincn Buben. Je früher, 
je besser. Sie soll sich ihr Brot verdienen 
lernen. Heute oder morgen müßte es doch 
geschehen." 
Die Frau schwieg; regte sich das Gefühl 
der Mutter in ihrem Herzen, oder über 
legte sie sich blos, ob es in der That 
nicht das beste sei, sie in die Fremde ziehen 
zu lassen? Der Ausdruck „Bettelfratzen" 
schien sie nicht zu verletzen. Sie sagte 
einfach nach einer Weile: 
„Wer soll denn ihre Arbeit verrichten?" 
„No, wir nehmen a Kuhmensch auf." 
„Meinetwegen, sag' Du ihr's morgen." 
Lisel schlief nicht. Sie hatte jedes Wort 
gehört. Es war ihr recht. Für sie war 
kein Bleiben niehr. Ja, sie wird in 
Dienst gehen, in die Fremde, unter Menschen, 
die sie nicht kennen. Schlechter könnte es 
ihr ja nicht ergehen als hier; nur Eines 
that ihr weh, sie mußte sich von dem 
theuren Grabe trennen, sie konnte es nicht 
mehr pflegen und bei Sonnenaufgang be 
gießen, damit der Epheu, den sie darauf 
gepflanzt, wachsen möge. Aber sie hatte 
gehört, daß man selbst im Dienst seinen
	        
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