Full text: Newspaper volume (1893, Bd. 1)

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AdonucmeutsprciS: 
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kür Auswärtige, die das Vchtt durch die Post 
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„Der Landwirth" und das Blatt „Mode und Heim" 
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I8N3. 
Morgen-Depeschen. 
Augsburg, 10. Jan. Aufsehen erregt 
dre Verhaftung des bekannten Rentiers 
Carl Roth wegen Sittlichkeits-Verbrechen. 
Ludwigshafcn, 10. Jan. Der Post- 
wagen der Linie Speyer gerielh in Brand. 
Ein Reisender zog die Nothleine, wodurch 
große Gefahr verhindert wurde. 
Ludwigshafcn, 10. Jan. Die hiesige 
Waggonfabrik kündigte einer Anzahl ihrer 
Arbeiter wegen Mangel an Arbeit. 
St. Ingbert, 10. Jan. Die Arbeiter 
der hiesigen Pulverfabrik streiken wegen 
verweigerter Lohnerhöhung. 
Köln, 10. Jan. Infolge des Ausstan 
des hat laut der „Köln. Ztg." bei stärkerer 
Nachfrage nach Kohlen und Kokes sich die 
überraschende Thatsache gezeigt, daß in 
den Händen der Verbraucher weniger be 
deutende Vorräthe sind, als man vermuthen 
sollte. Nicht allein die Eisenwerke und 
Fabriken, anch die einzelnen Gasanstalten 
richten an die Ruhrzcchen das dringende 
Ersuchen um sofortige Kohlenlieferung. 
Die Zechenkreise sind ungehalten über die 
Kohlenverkäufer, welche die Gruben durch 
Zurückhaltung von Bestellungen im Som 
mer aushungern lassen wollten, wodurch 
die Kohlenpreise ohne Noth gedrückt und 
die Zechen zur Einigung von Feierschichten 
genöthigt wurden, die eine Verminderung 
des Einkommens der Bergleute zur Folge 
hatte. 
Paris, 10. Jan. Der ehemalige Ar 
beitsminister Baihaut ist verhaftet noch 
gestern Abend in das Gefängniß von Ma- 
zas überführt worden. 
Paris, 10. Jan. Freycinet eilte sofort 
nach der Verhaftung Baihauts ins Ely ee 
und reichte seine Demission ein. Präsi- 
dent Carnot erbat sich Bedenkzeit und be 
schwor Freycinet, die heutige Kammer- 
Eröffnung abzuwarten. 
_ Paris, 10. Jan. Nach einer stürmischen 
Sitzung, in welcher es zu heftigen Diffe 
renzen zwischen Freycinet, Loubet und 
Ribot kam, demissionirte das ge 
lammte Kabinet, nachdem vorher Ge 
neral Saussier umfassende Vollmachten zur 
Aufrechterhaltung der Ordnung erhalten 
hatte. Carnot nahm die Demission an, 
weil Freycinet durch Baihauts Erklärun- 
gen sehr kompromittirt sei, ebenso Loubet. 
Ribot wurde die Neubildung des Kabinets 
übertragen. Die Lage ist überaus schwierig 
und verwirrt. Gerüchte kursiren, nach 
welchen Carnot entschlossen wäre, seinerseits 
zu demissioniren, wenn nicht ein neues 
Kabinet sofort gebildet oder die Kammer- 
sitzung neue Zwischenfälle herbeiführen 
würde.. 
Paris, 10. Jan. Die Kammer wählte 
Casimir Perier mit 254 von 408 Stimmen 
zum Kammerpräsidenten. 
' T eutşcher Zèeichstag?ŅE 
Berlin, 10. Januar. 
Präsident v. Levetzow macht Mittheilung von 
dem Ableben der Abgg. Reichensperqer und 
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afz. 1 , Ä?„!2* i " ĢŞ»>»»„ ifc 
werden eingeleitet durch den 
^- Mn^kretar Frhrn. v. Maltz ahn: Mit 
der Mrlitarvorlage jeien dem Hause 3 Steuervor- 
R^?"öbgangen von denen die erste jetzt zur 
, Zweck des Gesetzes sei die 
àch die Militärvorlage verursachten 
ş„ir?ŗ°"?ôa-en Daß es nicht angehe, diese ein- 
bte Atatrikularunilagen zu verweisen, 
werde Niemand bezweifeln. Die Regierung sei 
von Anfang an dieser Ansicht gewesen. Essei 
unrichtig, daß an die Deckung der bevorstehenden 
Mehrausgaben erst in letzter Stunde gedacht wor 
den sei. Die Regierung wolle mit diesen drei 
Vorlagen die Mehrausgaben decken, nicht mehr 
und nicht weniger. An eine umfangreiche Steuer 
reform sei damit keineswegs gedacht, denn dazu 
sei der Augenblick nicht günstig. 
Die Militärvorlage im Betrage von 46'/, 
Millionen werde durch die drei Vorlagen voll ge 
deckt werden. Die später sich ergebenden Aus 
gaben in Folge der Militärvorlage würden einer 
Erörterung vorbehalten bleiben müssen. Daß man 
gerade Bier, Branntwein und Börse herangezogen 
habe, beruhe darauf, daß die Regierung diese 
Objekte als die geeignetsten befunden habe. Das 
Gesetz über die Brausteuer schlage derartige Ein 
nahmen vor, daß mehr als die Hälfte des Bedarfs 
daraus erwartet werden dürfe. Die gegen das 
Gesetz gemachten Einwürfe überschätzten das Maß 
der Mehrbelastung. Zur Zeit werde durch' die 
©teuer der Kopf in der Brausteuergemeinschast 
mit 79 Pf. belastet, dagegen in Baden mit 3 Mk. 
34 Pf., m Württemberg mit 4 Mk. 25 Pf. und 
m Bayern mit 5 Mk. 53 Pf. Aehnlich stehe es 
mit der gegenwärtigen Belastung des Bieres, die 
in der Brausteuer-Gemeinschast 6,81 Mk. pro 
Hektoliter betrage, während sie in Baden, Bayern 
und Württemberg bedeutend höher sei. Sollte 
also eine Erhöhung dieser Belastungsquote nicht 
möglich und ungerechtfertigt sein? Man behaupte, 
die Steuer habe den Branniweinkonsum vermehrt, 
während Andere sagten, der Gastwirth werde die 
Mehrbelastung tragen müssen. Beide Einwürfe 
widersprächen sich aber durchaus. Gegenwärtig 
sei der geschäftliche Nutzen der Gastwirthe, 19 Mk. 
per Hektoliter, ein so erheblicher, daß man ihnen 
wohl zumuthen dürfe, die vorgeschlagene Mehr 
belastung zu tragen. Auf Einzelheiten einzugehen 
behalte Redner sich für die Commission vor. Er 
könne nur bitten, die Vorlage sachlich zu prüfen 
und wenn das Haus mit den Regierungen darüber 
einverstanden sei, daß höhere Einnahmen erforder 
lich sewn so werde es auch zu der Ueberzeugung 
kommen daß es nicht unbillig sei, den Haupttheil 
des Bedarfs durch das Bier aufbringen zu lassen. 
28) 
Alimoņ Liede. 
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Roman von Hermann Them. 
Zum Glück verlor Angelique die Fassung 
nicht, aber ihre Kräfte waren erschöpft, mit 
übermenschlicher Anstrengung hielt sie sich 
noch im Sattel aufrecht. 
Ihre Sinne schwanden und sie wußte 
mcht mehr, was um sie vorging. Nur 
die Erinnerung eines dumpfen Schmerzes 
ließ sie die Hand an den Kopf führen, als 
sie wieder zum Bewußtsein kam. 
Sie lag an einen Baum gelehnt, gestützt 
durch den Arm des Grafen Turzo, der 
eben dazu kam, als sie vom Pferde stürzte. 
Glücklicherweise fiel sie auf flachen, 
weichen Boden, ohne den Baum zu berühren. 
Als ste die Augen ausschlug, begegnete 
.besorgten Blicke des Grafen, 
und färbte die bleichen Wangen 
klärte das^druck der Glückseligkeit ver- 
Gras T^°"° Ģesicht. 
gegen das rchend? Bitt"? unempfindlich 
er vermochte nickt ^ ÖDr femen Augen, 
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Nullung enter Liebe, die ein doppeltes 
Verbrechen in sich barg. 
Plötzlich war es ihm klar — er liebte sie. 
So wie die letzten Strahlen der scheiden 
den Sonne den Reflex ihres Glanzes in 
der flüchtigen Abendbeleuchtung wieder 
geben, so drängte sich ihm das Glück dieser 
Erkenntniß in einem ihn vollständig be 
herrschenden Gefühle der Wonne, das ihn 
mit mächtiger Gluth umfing. 
Sprachlos blickte er in die verführerischen 
Augen. 
Bebend hielt er die schmächtige Gestalt 
in seinen Armen. 
Mit überwältigender Macht drängte es 
ihn, sie an sein Herz zu drücken. — Aber 
Beta Turzo war kein gewöhnlicher Mann. 
— Die Manncschre siegte. — 
Er hob sie sanft vom Boden auf und 
sagte mit einer Stimme, in welcher jeder 
Laut die überfluthende Leidenschaft be 
kundete, daß er sich glücklich schätze, zu 
rechter Zeit gekommen zu sein, um den 
Sturz wenigstens zu mildern. 
Ein langer, glühender Blick verwirrte 
ihn. Sie reichte ihm die zitternde Hand. 
„Ich danke Ihnen, Graf Turzo," stammelte 
sie, „fast wollte ich, ich wäre in dieser 
Stunde gestorben," und dann stockte die 
bewegte Stimme. 
Abg. Gold sch midi (dfr.) . Der Schatzsekretär 
habe nur gesagt, was in den Motiven stehe. Von 
dem, was inzwischen in den Petitionen der Ge 
werbekreise, in der Presse rc. geltend gemacht 
worden, habe er nichts berührt. Die Schätzung, 
daß die Vorlage einen Mehrertrag von 26 Millionen 
ergeben werde, sei viel zu hoch, zumal die Brau- 
steuer schon im vorigen Jahre in ihren Erträgen 
zurückgegangen sei. In Bayern bilde die Bier 
steuer die Haupteinnahmequelle, während das 
direkte Steuersystem dort bei Weitem nicht so 
ausgebildet sei wie im Norden. Es komme dazu, 
daß das Bier das einzige Nahrungs- und Genuß 
mittel sei, das in den letzten Jahrzehnten billiger 
geworden sei und dadurch dem Branntwein das 
Terrain streitig gemacht habe. Dieses zu ändern 
könne doch in Niemandes Interesse liegen. Die 
Wirthe könnten die Steuer nicht allein tragen, 
da sie nicht 19 Mk. an der Tonne verdienten, es 
blieben also dafür nur die Brauer übrig. Die 
Divideikde der Aktienbrauereien würde aber bis 
auf 1,38 pCt. fallen, ja in Hamburg würden die 
Brauereien sogar mit Verlust arbeiten müssen. 
Derartige Vorlagen müßten den gewerblichen 
Unternehmungsgeist völlig lahm legen. In Bayern 
decke sich die Produktion durch ausgedehnten Ex 
port, dagegen bliebe für die Eoncurrenz die Noth 
wendigkeit, die oft erwähnten Bierpaläste zu er 
richten. Der norddeutsche Brauer habe kein Ab 
satzgebiet für den Export und so kein Acquivalent 
für die Erhöhung der Steuer. Eine Staffelsteuer 
schädige die großen Brauereien und helfe den kleinen 
nicht. Die Regierung babe im vorigen Jahr den 
richtigen Weg beschritten und brauche nur die 
Vergünstigungen einzelner Classen aufzuheben. 
(Beifall.) 
Staatssekretär v. Marsch all konstatirt, daß 
die Motive des Gesetzes keineswegs behaupteten, 
die 19 Mk. machten den Gewinn der Gastwirthe 
aus, sondern nur, daß sich diese als eine Differenz 
darstellten zwischen dem Preis, den die Brauer 
erzielten und dem, welchen die Konsumenten be 
zahlen müßten. Die Ziffer beruhe auf eingehen 
den Ermittelungen, wenn sie auch auf absolute 
Richtigkeit keinen Anspruch mache. Näheres müsse 
er sich für die Commission vorbehalten. Be- 
streiten müsse er, daß Brauereien in Bayern in 
folge der Steuererhöhung eingegangen seien. Wie 
sich dieselben rentirten, könne man aus dem Kurs 
zettel ersehen, der bei einzelnen Brauereien 55 pCt. 
Dividende ergebe. 
Bayerischer Finanzminister Frbr. v Riedel 
bestreitet gegenüber dem Abg. Goldschmidt eben 
falls, daß in Bayern Tausende von Existenzen zu 
Grunde gegangen seien; daß dies unrichtig sei, 
beweist Redner an der Hand statistischen Materials. 
Das sei richtig, daß die kleineren und mittleren 
Brauereien sich nicht mehr in einer so günstigen 
Lage befänden wie früher; das sei aber in allen 
Gewerben so, das liege an den besseren maschinellen 
Einrichtungen im Großbetriebe, an der Wirkung, 
die das größere Capital ausübe und an Anderem. 
Im fiebrigen seien unter dem Drucke der Ver 
hältnisse die kleineren und mittleren Brauereien 
bemüht, ihre Produktion zu verbessern. Ferner 
sei es nicht richtig, daß die Erhöhung des Malz- 
aufs chlages geringere finanzielle Resultate gehabt 
habe als man erwartet hätte. Aus dem Konsum 
neßen sich richtige Schlüffe nicht ziehen, darauf 
Ņļten die Hopfenernte, Getreide, Weinernte usw. 
4)er Malzaufschlag habe den kleineren Brauereien 
m Bayern nicht geschadet. 
Abg. Hug (Centr.) kann nur wünschen, die 
Militärvorlage möge eine solche Reduktion er 
fahren, daß diese Brausteuer-Erhöhung überflüssig 
werde. 
Abg. Gamp (deutsche Reichsp.) billigt von allen 
SteuervorlagkN nur die Börsensteuer, hofft aber, 
die Brausteuer werde in der Commission eine an-, 
nehmbare Gestalt empfangen. Bedenken habe er 
gegen die Einbeziehung von Elsaß-Lothringen, die 
Uebergangsabgabe hätte weit mehr erhöht werden 
können, um den Brauereien entgegenzukommen 
und ihnen den Uebergang in die neuen Verhält 
nisse zu erleichtern. 
Abg Roesicke (wild) weist darauf hin, daß 
der Durchschnittsgewinn der Brauereinen am 
Hektoliter auf ein Drittel Mark sinken müßte nach 
Annahme der Vorlage. Besonders schlimm würde 
es den kleinen unv mittleren Brauereien ergehen, 
von denen die meisten ruinirt werden würden. 
Voraussichtkich würden zunächst die Brauereien die 
Steuer allein tragen müssen, nach dem Eingehen 
der nicht genügend kapitalkräftigen würden aber 
die übrig gebliebenen an das Abwälzen gehen, 
indem sic entweder das Bier verschlechterten oder 
vertheuerten. 
Nach kurzer Entgegnung des Staatssekretärs 
v. Maltzahn wird die Sitzung geschlossen. Fort 
setzung der Debatte morgen, außerdem Nothstands- 
Jnterpellation Auer-Singer. 
3itr àMàià-àMglmg. 
Saarbrücken, 10. Januar. Heute sind 
11,171 Mann angefahren. Ein Extrablatt 
des „Bergiiiannsfreund" schreibt: „Saar- 
brücken, den 10. Jan. Wegen der auf- 
reizenden Thätigkeit vor dem Streik und 
ihres Verhaltens während desselben sind 
heute die Hauptagitatoren für immer aus 
der Grubenarbeit entlassen; es wurden 
ihnen auf sämmtlichen Gruben des Bezirks 
die Abkehrscheine zugestellt. Diese Maß- 
regel trifft vorläufig etwa 500 Mann, 
die nahezu sämmtlich agitatorische Mit- 
glieder des Rechtsschntz-Vereins sind. Ob 
deren Zahl sich vermehren wird, hängt 
lediglich von dem weiteren Verhalten der 
Belegschaft ab. Ferner werden, da die 
schlechte Lage des Kohlengeschäfts eine Ver- 
Minderung der Belegschaft nothwendig macht, 
außerdem von den Ausständigen mindestens 
2 bis 3000 Mann von der Gruben 
arbeit zurückgewiesen werden. Die Berg 
verwaltung hatte die Absicht, diese im ge- 
schäftlichen Interesse nothwendige Maßregel 
lediglich mit Rücksicht auf die Belegschaft 
zu vermeiden. Diese Rücksicht ist aber 
nunmehr im Hinblick auf das Verhalten 
der Belegschaft in Wegfall gekotnmen. Bei 
der Auswahl der von der Arbeit Zurück 
zuweisenden werden in erster Reihe die 
jenigen in Betracht kommen, die ani längsten 
im Ausstande verharren. 
Es war niemand anwesend. Die beiden 
Reitknechte ivaren dem Pferde nachgeritten, 
Hirt hatte sich entfernt und in dieser 
gefährlichen Einsanikeit, mit der aufflammen- 
den Leidenschaft in beiden Herzen stehen sie 
sich gegenüber. 
Die wahre, felsenfeste Tugend erwacht 
am Rande des Abgrundes, sie flüchtet sich 
unter den göttlichen Schutz und entsagt dem 
irdischen Glücke, um die Seele zu retten. 
Aber in dem Herzen Angeliques war die 
Tugend wie eine schwebende Wolke, flüchtig 
und vergänglich. 
Es heißt, daß einmal in jedem jungen 
Leben der Schutzengel über dem Wankenden 
wacht und schützend ihm zur Seite steht. 
So auch hier. Der Schutzengel war Graf 
Turzo, der mit übermenschlicher Kraft seine 
entfesselten Gefühle beherrschte und in zartester 
Weise sie schalt, ihrem Gatten gegenüber 
so leichtsinnig ihr Leben gewagt zu haben. 
Nur leicht berührt er das Wort der Pflicht, 
aber von ihm gesprochen, dringt es ihr 
scharf wie ein Dolch ins Herz. Sie erwidert 
nichts, aber aus ihren dunklen Augen 
spricht die blinde, thörichte, Alles über 
wältigende Leidenschaft deutlich. 
Graf Turzo war sich der Gefahr be 
wußt; ein unvorsichtiges Wort, ein ver- 
rätherischer Blick seinerseits würde die 
Leidenschaft entfesseln, die in ihrem Herzeil 
glüht, und es war um die Ruhe Beider 
geschehen. Es war ihm daher erwünscht, 
als er von der Lichtung her einen Wagen 
erblickte, der in scharfem Trab daher ge 
fahren kam. 
Es war Plenks Coupöe, in lvetchem 
Sidonie von Brandenthal saß. 
Graf Turzo segnete sie für den Einfall, 
entgegengekommen zu sein. Er war der 
Begleitung enthoben, die unter den Um 
ständen ihm gefährlich werden konnte. 
Nie durfte sie erfahren, daß er ihre 
Gefühle erwidere. Er rechnete hierbei auf 
ihre Unschuld, ihren Mangel an Menschen 
kenntniß, die bei solcher Jugend nicht vor 
auszusetzen war. Aber er täuschte sich, 
sie wußte, daß er sie liebe. 
Sidonie sprang aus dem Coupêe. 
„Gott sei Dank, nichts ist geschehen," 
und sie umfing Angelique und bedeckte 
sie niit Küssen, als ob es ihre eigene 
Tochter gewesen, die in Lebensgefahr ge 
schwebt. 
„Keine Verletzung, nicht wahr, Turzo?" 
„Ich verdanke dem Grafen mein Leben," 
flüsterte Angelique und sank schluchzend 
an die Brust der Wittwe. (F. f.)
	        
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