Full text: Newspaper volume (1888, Bd. 1)

Menüsburger 
«SounemeņtSpreîS: 
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GinuridachLzigster 
Ao. 104. 
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Jahrgang. 
29. August. 
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Mittags 12 Uhr erbeten. 
Als Beilage wird dem Blatt monatlich einmal 
„Der Landwirth" gratis beigegeben. 
1888. 
Newyork, 24. Aug. Dem „Standard" zufolge 
ist gegen eine Gesellschaft von Amerikanern in Nen- 
Braunschweig ein mörderisches Attentat ver 
übt worden. Major C. F. Howes, der Geschäfts 
führer der Hallet und Davis Pianoforte Compagnie 
in Boston, war in Gesellschaft von 12 Personen, 
die in 3 Booten vertheilt waren, auf dem Flusse 
Tobique mit dem Lachsfang beschäftigt. Am Sonn 
tag befanden sie sich etwa 30 Meilen von der 
Mündung des Flusses, als von mehreren Personen, 
die auf dem Neu-Braunschweiger Gebiet im Hinter 
halt lagen, auf die Gesellschaft geschossen wurde. 
Zwei Schüsse gingen über das erste Boot, in 
welchem Mr. Howes und dessen Frau saßen; vom 
dritten Schuß wurde Frau Howes in den Kopf 
getroffen und auf der Stelle getödtet. Auch das 
zweite Boot erhielt mehrere Schüsse, aber die darin 
befindliche Tochter von Howes, Namens Helene, 
kauerte auf dem Boden des Bootes, und blieb auf 
diese Weise unverletzt. Die beiden Gefährten in 
dem dritten Boote erwiderten das Feuer. Als nian 
den Platz erreichte, von wo die Schüsse kamen, er 
griffen die Attentäter die Flucht. Drei Personen, 
welche unerlaubter Weise Lachs fangen und von 
denen man annimmt, daß sie sich durch die Ein 
mischung in ihr Geschäft beeinträchtigt glaubten, 
sind als verdächtig verhaftet worden. 
Egcr, 28. Aug. Die Zusammenkunft zwi 
schen Crispi und Kalnoky hat nur wenige 
Stunden gedauert. Die Ankunft Crispis in Eger 
erfolgte am Sonnabend nach 10 Uhr Vormittags. 
Kalnoky erwartete den italienischen Ministerpräsi 
denten am Bahnhof. Von dort begaben sich die 
beiden Minister, nachdem sie sich herzlich begrüßt 
hatten, in das am Bahnhöfe gelegene Hotel Welzel, 
wo 6 Zimmer für die Konferenz bereit gehalten 
wurden. Crispi reiste noch an demselben Nachmit 
tage nach Italien zurück. Diese beschleunigte Ab 
reise Crispis wird in der offiziösen Wiener „Politi 
schen Corrcspoudenz" erklärt lediglich durch innere 
Politische Angelegenheiten, in erster Linie durch die 
Reise des Königs Humbert nach der Romagna, 
sowie den bevorstehenden Besuch der Königin-Re- 
gentin von Spanien in Italien. 
Petersburg, 28. Aug. Crispi's Reise hat 
r-i- russische Presse in große Verlegenheit gebracht, 
ste nennen dieselbe „verfehlt" und begnügen sich zu 
sagen, Crispi sei ebenso gut eine Schachfigur Bis 
marcks, wie Graf Kalnoky und Salisbury. 
London, 27. Aug. Die „Times" bringt folgende 
interessante Meldung aus Konstantinopcl: Die 
türkische Regierung tclegraphirte an ihre Vertreter 
im Anslande und ersuchte um Informationen über 
die Begegnung Crispis mit Bismarck. Es 
trafen darauf von den Botschaften in London und 
Wien Antworten ein, welche den Sultan veranlaßten, 
von dem beabsichtigten Ministerwechsel und 
von den beabsichtigten Personalveränderungen im 
diplomatischen Korps abzustehen. Es bestand die 
Absicht, den Minister des Auswärtigen Said 
Pascha zurücktreten zu lassen und wieder 
auf den schon vorher von ihm innegehabten Berliner 
Botschafterposten zu schicken, ferner sollte der zu 
Rußland hinneigende Ghasi Osman Pascha Kriegs 
minister werden. Das Unterbleiben dieser Aenderungen 
bietet jedenfalls eine Gewähr dafür, daß die Be 
mühungen, die Pforte vorn Zusanimengehen mit den 
“I pmtßl'e Wege. 
Erzählung von B. Hollweg. 
„Werden Sie nun noch zu läugnen wagen?" 
şagte sie triumphirend und hielt das Päckchen der 
Zum Tode Erschrockenen vors Gesicht — es war 
die Wäsche des kleinen Helmer, gezeichnet mit den 
Anfangsbuchstaben seines Namens und innen fest 
ffngewickclt lagen — ein verwelkter Myrthenkranz, 
km Trauring und ein beschriebener Zettel. Zitternd 
war die Alte vor Anna auf die Knie gesunken. 
»Gnade, Gnade, ich bin unschuldig, ich will Alles 
Sestehen," jammerte ste, — und sie erzählte den 
»thcmlos Horchenden, wie das kleine zarte Kind, 
das ihrer Pflege anvertraut gewesen, von Tag zu 
jvag kränker und elender geworden sei, bis cs eines 
Morgens — erschrocken schwieg die Erzählerin 
lull, denn einer Todten gleich >var Gertrud zurück 
funken, — zu furchtbar traf sie der unerwartete 
schlag, nachdem sie noch kurz zuvor so selig in dem 
"^geschenkten Besitz sich gefühlt. Indem Anna be- 
wüht war, die Ohnmächtige ins Leben zurückzu 
ckn, erfuhr sie rasch das Weitere. 
Ruhig war der kleine Kranke hinübergeschlummert 
Tj. als die Pflegerin am Morgen dem Arzt die 
Mittheilung machte, lvar seine erste Frage gewesen, 
Frau von Dossen schon drum wisse, und auf 
we^verneinende Antwort hatte er unter dem Vorgeben, 
die Nachricht der schwer erkrankten Frau unfehl- 
, ai ' den Tod bringen würde, ihr Schweigen gc- 
wfdert, als Lohn dafür aber, wenn ihr Schweigen 
wrklich unverbrüchlich sei, eine große Summe 
Ades versprochen. Den ganzen Tag über hatte 
Seele das Krankenzimmer betreten, dennoch, 
.^Pcherte die Wärterin, habe die Angst sie beinahe 
? wdtet, daß ein Zufall eine Entdeckung herbei 
eilen könne. Gegen Abend habe der Doktor das 
r°ns verlassen und sei nach einer langen Weile mit 
kohl'" Hemden Kinde zurückgekommen, habe ihr be- 
Centralmächtcn abzubringen, abermals gescheitert sind. 
Vielleicht sind auch die Aussichten für das fernere 
Verbleiben der deutschen Officiere in der Türkei 
damit gestiegen. 
London, 28. Aug. Der Luftballon mit dem 
bekannten Luftschiffer Simm on ds und zweieu an 
deren stieg gestern Nachmittag von der irischen Aus 
stellung Hierselbst auf, um den Kontinent zu gewin 
nen, er fiel aber am Abend um 6 Uhr bei Maldon 
in Essex mit so großer Geschwindigkeit, daß alle 
drei schwer verletzt wurden. Simm onds ist Abends 
um 9 Uhr gestorben. 
Petersburg, 27. August. Die hiesigen Blätter 
äußern sich sehr erstaunt über die plötzliche Schwen 
kung der „Nordd. Allg. Ztg." gegenüber Bon- 
langer. Man vermuthet in den freundlichen 
Worten des Kanzlerorgans die versteckte Absicht, 
Boulanger durch die Unterstellung friedlicher Ge 
sinnungen in den Augen der Franzosen zu schaden. 
Die „Nowoje Wremja" meint, der Artikel der 
„Nordd. Allg. Ztg." sei eigentlich mehr als ein 
Hieb gegen die Orlcanisten, die schlimmsten 
Feinde Deutschlands, zu betrachten. Jedenfalls be 
ginne Berlin mit Boulanger als dem schlicßlichen 
Sieger in Frankreich zu rechnen. 
Petersburg, 27. Aug. Die Abreise der K a i s e r in 
von Rußland nach Gmunden zu ihren Schwestern 
giebt zu den verschiedensten Vermuthungen An 
laß. Ş Anfänglich hieß es, die Kaiserin reise über 
Berlin und sei zugleich Ueberbringerin äußerst ver 
traulicher Aufträge ihres Gemahls an ihren Vater " 
Wien, 27. Aug. Die russische Kaiserin 
mit dem Thronfolger und der Großfürstin Xenia 
i\t heute 10 Uhr mit einem russischen Separathof 
zuge auf dem hiesigen Nordbahnhofe eingetroffen, 
wo der Kronprinz Rudolf in russischer Infanterie- 
uniform und die Kronprinzessin Stephanie zur Be 
grüßung sich Ş eingefunden hatten. Der russische 
Thronfolger, in österreichischer Ulanen-Uniform, ver 
ließ den Salonwagen und begrüßte das Kronprinzen 
paar, den Kronprinzen Rudolf umarmend und 
küssend. Sodann begab sich das Kronprinzenpaar 
in den Salonwagen und verblieb eine Viertelstunde 
bei der Zarewna in lebhafter Konversation. Um 
10'/< Uhr fuhr der russische Hofzug weiter über 
die Verbindungsbahn nach Gmunden. 
Gmunden, 28. Aug. Die Kaiserin von Ruß 
land wurde bei ihrer gestern Abend erfolgten An 
kunft von dem Herzog und der Herzogin von Cumber 
land solute von der Prinzessin von Wales und deren 
Töchtern am Bahnhof empfangen. Wie verlautet, 
wurde der Kaiser Franz Josef im Laufe dieser Woche 
den hier weilenden hohen Gästen einen Besuch ab 
sotten. ^ Die Fürstlichkeiten werden heute einer Wohl- 
thätigkeits-Vorstellung beiwohnen, welche unter noch 
maliger^ Mitwirkung der Gräfin Prokesch-Osten 
(Friederike Goßmann) stattfindet. 
Konstantinopel, 28. Aug. Ueber das Ver 
schwinden einer amerikanischen Sängerin 
der Pariser „Sieclc" folgende Mittheilungen: 
„Frl. Laura Schirmer, eine amerikanische Sän 
gerin von großer Schönheit und vielem Liebreiz, 
die eine gewisse Berühmtheit erlangt und öfters mit 
P-rugiNi zusammen gesungen hatte, ist auf eine ganz 
seltsame Weise verschwunden. Als sie sich in Kon- 
stantinopel zu einer Vorstellung befand, trat sie 
ob aus freiem Willen oder gezwungen, steht 
nicht fest — in den Harem des Sultans ein. Nach 
einigen Tagen that der Bevollmächtigte der Ver 
einigten Staaten auf Veranlassung der Familie 
Schritte, um ihr die Freiheit wiederzugeben, und 
erhielt die Antwort, daß seine Landsmännin zusam 
men mit 13 anderen Frauen „gestorben" wäre, weil 
sie — vergiftetes Crême-Eis genossen hätte!" 
Paris, 28. August. Eine Bombe platzte am 
Freitag-Abend gegen 9 Uhr am Opernplatze, °an der 
Ecke des Boulevard des Capucines und der Rue du 
Quatre Septembre. Menschen wurden nicht ver- 
letzt. Zn derselben Zeit platzte in der Avenue du 
Clichy eine Bombe; ein Kaufmann ivurde schwer 
verwundet. 
Paris, 28. Aug. _ Rochefort fordert Carnot auf, 
Boulanger das Conseilpräsidium zu über 
geben, wenn er nicht wolle, daß Boulanger seine 
Stelle einnehme. 
Paris, 26. August. Jules Ducatel, ein 
städtischer Straßenbauführcr, der am 21. Mai 1871 
die Versailler Truppen benachrichtigte, daß das Thor 
des Point-du-Jour unbesetzt sei, und so die Be 
zwingung der Kommune beschleunigte, war zu jener 
Zeit der Gegenstand großer Auszeichnungen. Herr 
v. Girardin und Villemeffant vom „Figaro" ver 
anstalteten eine Sammlung für ihn, die 129 000 Fr. 
ergab, und die Regierung ernannte ihn zum Steuer 
einnehmer in Mclun. Allein da er nichts vom 
Rechnungswesen verstand, so begingen seine Gehilfen 
Unterschlagungen, die er decken mußte, so daß er 
sein Vermögen und sein Amt verlor. Dies ging 
ihm so zu Herzen, daß er gestern als irrsinnig in 
die Anstalt St.-Anne verbracht werden mußte. 
In Barcelona hat gestern eine große Sozia 
list env ersammlung stattgefunden, in welcher die 
Vereinigung aller sozialistischen Arbeitergruppen an 
gestrebt wurde, damit das Kapital und die bestehenden 
Staatseinrichtungen mit größerem Erfolg bekämpft 
werden könnten. Die Versammlung ward von der 
Polizei aufgelöst. (93. x.) 
»crlin, 28. Aug. Der Kaiser ist gestern 
Abend 11 Uhr 5 Min. von Dresden hierher zurück 
gekehrt. 
Berlin, 27. Aug. Die Verabredungen wegen 
des kaiserlichen Besuches am königlich sächsischen 
Hofe waren bereits vollständig getroffen und bei der 
jonst jetzt so in Anspruch genommenen Zeit des 
Kaisers nicht mehr zu ändern, als die Durchreise 
des Königs von Griechenland und seine Absicht 
hier zu verweilen, hierher gemeldet wurde. 
~~ â der vom Kaiser in Sonnenburg gehaltenen 
Ansprache kam, nach dem „Reichsanz.", folgende 
Stelle vor: „Zur Hebung und moralischen, sowie 
religiösen Kräftigung und Entwickelung des Volkes 
brauche ich die Unterstützung der Edelsten des 
selben, Meines Adels, und die sehe ich im 
Orden St.şş Johannis in stattlicher Zahl vereint." 
Vom ofsiciösen Tclcgraphenburcau ist diese Stelle 
an verschiedene Provinzialblätter in folgender Fassung 
mitgetheilt worden: „Zur Hebung und moralischen 
sowie religiösen Kräftigung und Entwickelung des 
Volkes brauche Ich die Uiiterstützung der Edelsten 
Meines Adels, und die sehe ich im Orden 
St. Johannis in stattlicher Zahl vereint." Der 
Unterschied der beiden Lesarten springt in die Augen. 
Dre zweite Lesart enthält keine Zurücksetzung der 
übrrgen Volksklassen hinter dem Adel, sondern unter- 
es umzukleiden und in die Sachen des adligen 
Kindes zu stecken, die kleine Leiche aber habe er mit 
hinweggenommen. Dann habe er nochmals einen 
feierlichen Schwur von ihr gefordert, daß sie nichts 
verrathen wolle und ihr das Bündel zur Vernich 
tung übergeben. Sie habe es verbrennen wollen, 
:°T ì". ^eigneten Moment noch nicht gefunden, 
da die Köchin stets in der Küche anwesend gewesen sei, 
Den Doctor aber habe sie vorhin gerufen, weil 
rltf'ïïi Entdeckung fürchtend, am 
Schlüsselloch gehorcht und so Zeuge von Annas 
Worten gewesen sei. — 
Mit getheilten Gefühlen hatte Anna den Bericht 
angehört, dann wies sie die Wärterin fort, be 
schwichtigte das leise weinende Kind und ließ sich 
dann neben Gertrud, die immer noch mit geschlossenen 
Augen dalag, nieder: Arme Freundin! wie sollte 
die Schwergeprüfte den Verlust des letzten, ihr ge 
bliebenen Wesens ertragen! das war der hervorragende 
Gedanke, der sich ihrer bemächtigte. Und gar bald 
machte es sich nöthig, daß eine treue sorgsame 
Seele sich der hart Getroffenen annahm. Eine 
lange Krankheit fesselte sie an's Krankenlager und 
mehr als einmal war der schwach glimmende Lebens 
funke dem Erloschen nahe, aber die kunstreiche Hand 
eines alten, bewährten Arztes, Annas aufopfernde 
Pflege und vor Allem die eigene jugendkräftiqe 
kräftige Natur trotzten sie dem Tode ab. 
Schwere Wochen hatte Anna an Gertruds Kranken 
lager zugebracht. Sie konnte die Freundin, die sie 
unter so wunderbaren Umständen wieder gefunden 
nicht verlassen, da dieselbe ihrer jetzt so dringend 
bedurfte, und mit bcwundcrnswerther Geschicklichkeit 
griff, ihr einfacher Sinn da ein, wo es gerade am 
nöthigsten war. Unbeirrt von dem um ihn herrschen 
den Kummer und Krankheit gedieh der Knabe 
prächtig fort in der veränderten Umgebung. Doch 
auch als Gertrud aller Gefahr enthoben war, hielt 
ihn Anna, wenn möglich, derselben fern, um nicht 
die langsam zuheilende Wunde von neuem aufzureißen. 
Zwei Monate waren vergangen, seit Anna in 
scheidet vielmehr nur innerhalb des letzteren zwischen 
mehr oder weniger Edeln. — Die amtliche Bericht 
erstattung über die Reden unseres Kaisers läßt, wie 
sich auch schon gelegentlich der Friedrich Karl-Feier 
zu Frankfurt a. O. zeigte, recht Vieles zu wünschen übrig. 
, — Nunmehr verlautet doch, daß Kaiser Wilhelm 
m Sonnenburg von dem Adel als „den Edel 
sten des Volkes" gesprochen, wörtlich so wie der 
„Reichsanz." es am Freitag mittheilte. Wie sich nun 
aber aus einer Zuschrift der Direction des Wolff- 
schen Telcgraphenburcaus an die Redaction des 
„Bert. Börsen-Cour." ergiebt, ist das Wort „des- 
selben nur bei der telegraphischen llebermittluna 
oder in Folge eines Druckfehlers in den betreffenden 
Zeitungen fortgeblieben. Die einschränkende Be 
deutung in dieser Fassung beruht danach also auf 
einer fehlerhaften Auffassung von Telegraphenbeamten 
oder Setzern. In Wahrheit hat also Kaiser Wilhelm 
gesagt: 
„Die großen Aufgaben, ivelche Mir auf dem 
Gebiete der inneren Entwickelung Meines Volkes 
obliegen, vermag ich nicht allein durch die staatlichen 
Organe zu lösen. Zur Hebung und moralischen, 
sowie religiösen Kräftigung und Entwickelung der 
Volkes brauche Ich die Unterstützung der E d e l st e n 
desselben, Meines Adels, und die sehe Ich 
mi Orden St. Johannes in stattlicher Zahl vereint " 
In dem gegebenen Falle liegt also nicht, wie 
bei der Wiedergabe des Trinksprnchs in Frankfurt 
“■ b - (v°'n »auf der Strecke" liegen lassen von 
18 Armeekorps und 44 Mill. Einwohnern), und 
bei der Wiedergabe des Trinksprnchs bei der Ge 
burtstagsfeier des Fürsten Bismarck ein Mißver 
ständniß vor, sondern die erste öffentliche Wiedergabe 
hat genau der wirklich gehaltenen Rede entsprochen. 
Ein Vorwurfs also kann denjenigen Personen, welche 
die Veröffentlichung vermittelt haben, wegen un 
richtiger Uebermittelung nicht gemacht werden. 
- Ueber Handwerkerfragen hielt der freisinnige 
Abgeordnete Schrader am Sonntag einen Bor- 
trag in Landsberg an der Warthe. Der Ver 
sammlung wohnten einige Hundert Handwerker bei 
darunter viele Anhänger der Zwangsinnungen. Be- 
merkcnswerth war, daß gerade Mitglieder der In 
nungen sich sehr wegwerfend aussprachen über das 
Privilegium gewisser Innungen, Lehrlinge zu halten 
. c schärten im Einzelnen, wie inan den Eintritt 
m Innungen umgehen könne, ohne des Rechtes 
verlustig zu gehen, Lehrlinge zu halten. 
~ Die Antwort Mackenzies auf die Streit 
schrift der. deutschen Aerzte wird, wie der „Franks 
Ztg." mitgetheilt wird, ini Verlage von Adolf 
ms™-?! Ahausen zum Ladenpreise von 
1,50 Mk. Miste September erscheinen. Die Schrift 
führt den Titel: „Friedrich der Edle und 
"uc Aerzte." Der erste Theil der Broschüre 
nthalt Mackenzies Darlegung und Rechtfertigung 
semes Verhaltens, giebt einen geschichtlichen Bericht 
über semen täglichen Verkehr mit dem Kaiser und 
bietet eine Skizze des Charakters Kaiser Friedrich III 
Außerdem soll dieser Theil der Schrift getreu hanb-- 
schnftlich nachgebildete Mittheilungen der Aufzeich- 
mmgen des Kaisers von sensationeller Art enthalten 
Der zweite Theil ist der Polemik gewidmet; er 
ņchtet sich. gegen die persönlichen Angriffe und er- 
ortert bis ins Einzelne die Behauptungen der deut 
schen Aerzte Bergmann, Gerhard, Tobold rc. Der 
Gertruds Haus gekommen. Letztere hatte den Ent 
schluß gefaßt, zur Kräftigung ihrer Gesundheit das 
Ende des Sommers auf dem Lande zu verleben, 
und Anna hatte auf ihren Wunsch eingewilligt, sie 
zu begleiten. Was hätte sie auch abhalten sollen, 
von Helmer hatte sie, seit sie ihn verlassen, kein 
Wort mehr gehört; wenn sie in stillen Stunden 
manchmal eine tiefe Sehnsucht faßte nach etwas, 
dem sie keinen Namen zu geben vermochte, gestand 
sie sich wohl selbst kaum, daß es das Verlangen 
nach emer Nachricht von ihm sei. — 
Erdrückende Schwüle lastet bleischwer auf den 
Straßen, selbst der hereinbrechende Abend hat keine 
Kühlung gebracht; der Verkehr fluthet deshalb nicht 
weniger lebhaft im flackernden Licht der Gaslatcrnen. 
Equipagen, Droschken, Kremser, Bier- und Schlachter- 
wagcn jagen und kreuzen sich, daß den Fußgängern, 
die sich von dem Menschengewühl auf den Trottoirs 
abzweigen, um den Fahrdamm zu überschreiten, dies 
fast nur mit Lebensgefahr möglich ist. Klinqlinq- 
lingling! läßt sich da plötzlich der schrille Ton einer 
Glocke im schnellsten Tempo hören, begleitet von 
dem einer zweiten und dritten in weiterer Ferne. 
Hei! wie die Fuhrwerke und Fußgänger da aus 
einander stieben und eine Gasse machen dem wilden 
Jäger, der da einher braust lute auf Stnrmesflügeln 
mit brennenden Fackeln, getragen von bärtigen, 
abenteuerlich ausgerüsteten Gestalten. Es ist die 
Feuerwehr. „Groß Feuer!" hat der Telegraph 
gemeldet und nur Sekunden später stürmten die 
stets Kriegsbereiten hinaus zum Kampfe gegen das 
verheerende Element. Der Fußgänger, wenn er 
nicht ^ Eile hat, hemmt für einen Moment seine 
Schritte, um der pittoresken Erscheinung nachzu- 
bucken, bls sie um die nächste Ecke oder im Gewühl 
wieder verschwindet — und im nächsten Augenblick 
bietet die Straße wieder den Anblick stetigen, rast 
losen Drängens und Treibens. 
Die Zugänge zur Ritterstraße find von einer 
Abtheilung berittener Schutzleute abgesperrt. Ueber 
dem Hofe eines alter- und rauchgeschwärzten Hauses 
Astert eine dichte, unheimliche Wolke. Von allen 
Seiten rasseln die Spritzen, Wasser- und Mann- 
chaftswagcn der Feuerwehr heran, da schlagen auch 
schon die Flammen aus dem Dache des Hinter 
gebäudes und lohen haushoch zum tiefdunklen Nacht- 
himmel empor. Es brennt das Fabrikgebäude in 
dem Helmer früher gearbeitet. Der Director der 
Feuerwehr selbst leitet die Rettungsarbeiten- rubia 
giebt er seine Befehle, mit einer Ruhe und Vrä- 
zision werden sie ausgeführt, als befänden sich bie 
Mannschaften auf dem Uebnngsplatz und nickt im 
gefahrvollen Kampf mit dem tückischen Element 
Die Spritzen, arbeiten und gießen unerschöpfliche 
Wasserfluthen in das Feuermeer, in welches die ver 
wegenen Gesellen sich hinabstürzen, als seien ^ 
gefeit. Der Fabnkherr ist selbst am Platze bemülsi 
die Geschäftsbücher aus dem Comptoir zu Ï' 
Denn das Gebäude selbst ist verlohn so/1?' 
Uebermacht müssen selbst diese wackeren Kämven 
«ich,». D.« Singnal ms, j„„ 5Ä 
"ur noch, bte angrenzenden Gebäude zu schützen. 
Aus allen Fenstern schlägt die Gluth und ersticken 
der, schwarzer Qualm. Da ertönt ein Hülferuf 
aus einem rm vierten Stockwerk bclegenen Fenster 
em Kopf beugt sich heraus mit gräßlich verzerrten 
Zügen, doppelt gräßlich in der schauerlichen Be- 
lluchtung. „Hülfe, Hülfe, ich muß verbrennen'" 
Entsetzt wenden sich aller Blicke hinauf. Hülfe is* 
nicht möglich. Bereits stürzten die in dem alten 
Hause noch vorhandenen hölzernen Treppen im 
Feuer zusammen. Wer soll auf diese Thurmböb- 
gelangen? Er müßte Flügel besitzen Z f 
Hülfe!" gellt es wieder. Da stürzt eine zeàup ê 
Gestalt herbei; wir erkennen in dem äußerlich qän 
lich hcrabgekommenen Menschen Helmer! er hat die 
Absperrung zu umgehen gewußt, er ioendet sch 1 
bm Branddirector. Keiner ist mit der OcrtliĢ 
so vertraut als ick," flößt er hervor, „neben Sie
	        
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