Menüsburger
«SounemeņtSpreîS:
Vierteljährlich 2 M. — frei ins Haus geliefert 2JÌ15J/,
für Auswärtige, die das Blatt durch die Post beziehen
2 JU 25 4 incl. Postprovision rc., jedoch ohne Bestellgeld.
Erscheint
Montag-, Mittwoch- und Freitag-Abend.
ocfkußsaft.
GinuridachLzigster
Ao. 104.
Mittwoch,
Jahrgang.
29. August.
JvsertiovSpreiS:
Für die Corpuszeile IS für die Petitzeile 10 3,.
Anzeigen werden an den bezüglichen Ausgabetage, bis
Mittags 12 Uhr erbeten.
Als Beilage wird dem Blatt monatlich einmal
„Der Landwirth" gratis beigegeben.
1888.
Newyork, 24. Aug. Dem „Standard" zufolge
ist gegen eine Gesellschaft von Amerikanern in Nen-
Braunschweig ein mörderisches Attentat ver
übt worden. Major C. F. Howes, der Geschäfts
führer der Hallet und Davis Pianoforte Compagnie
in Boston, war in Gesellschaft von 12 Personen,
die in 3 Booten vertheilt waren, auf dem Flusse
Tobique mit dem Lachsfang beschäftigt. Am Sonn
tag befanden sie sich etwa 30 Meilen von der
Mündung des Flusses, als von mehreren Personen,
die auf dem Neu-Braunschweiger Gebiet im Hinter
halt lagen, auf die Gesellschaft geschossen wurde.
Zwei Schüsse gingen über das erste Boot, in
welchem Mr. Howes und dessen Frau saßen; vom
dritten Schuß wurde Frau Howes in den Kopf
getroffen und auf der Stelle getödtet. Auch das
zweite Boot erhielt mehrere Schüsse, aber die darin
befindliche Tochter von Howes, Namens Helene,
kauerte auf dem Boden des Bootes, und blieb auf
diese Weise unverletzt. Die beiden Gefährten in
dem dritten Boote erwiderten das Feuer. Als nian
den Platz erreichte, von wo die Schüsse kamen, er
griffen die Attentäter die Flucht. Drei Personen,
welche unerlaubter Weise Lachs fangen und von
denen man annimmt, daß sie sich durch die Ein
mischung in ihr Geschäft beeinträchtigt glaubten,
sind als verdächtig verhaftet worden.
Egcr, 28. Aug. Die Zusammenkunft zwi
schen Crispi und Kalnoky hat nur wenige
Stunden gedauert. Die Ankunft Crispis in Eger
erfolgte am Sonnabend nach 10 Uhr Vormittags.
Kalnoky erwartete den italienischen Ministerpräsi
denten am Bahnhof. Von dort begaben sich die
beiden Minister, nachdem sie sich herzlich begrüßt
hatten, in das am Bahnhöfe gelegene Hotel Welzel,
wo 6 Zimmer für die Konferenz bereit gehalten
wurden. Crispi reiste noch an demselben Nachmit
tage nach Italien zurück. Diese beschleunigte Ab
reise Crispis wird in der offiziösen Wiener „Politi
schen Corrcspoudenz" erklärt lediglich durch innere
Politische Angelegenheiten, in erster Linie durch die
Reise des Königs Humbert nach der Romagna,
sowie den bevorstehenden Besuch der Königin-Re-
gentin von Spanien in Italien.
Petersburg, 28. Aug. Crispi's Reise hat
r-i- russische Presse in große Verlegenheit gebracht,
ste nennen dieselbe „verfehlt" und begnügen sich zu
sagen, Crispi sei ebenso gut eine Schachfigur Bis
marcks, wie Graf Kalnoky und Salisbury.
London, 27. Aug. Die „Times" bringt folgende
interessante Meldung aus Konstantinopcl: Die
türkische Regierung tclegraphirte an ihre Vertreter
im Anslande und ersuchte um Informationen über
die Begegnung Crispis mit Bismarck. Es
trafen darauf von den Botschaften in London und
Wien Antworten ein, welche den Sultan veranlaßten,
von dem beabsichtigten Ministerwechsel und
von den beabsichtigten Personalveränderungen im
diplomatischen Korps abzustehen. Es bestand die
Absicht, den Minister des Auswärtigen Said
Pascha zurücktreten zu lassen und wieder
auf den schon vorher von ihm innegehabten Berliner
Botschafterposten zu schicken, ferner sollte der zu
Rußland hinneigende Ghasi Osman Pascha Kriegs
minister werden. Das Unterbleiben dieser Aenderungen
bietet jedenfalls eine Gewähr dafür, daß die Be
mühungen, die Pforte vorn Zusanimengehen mit den
“I pmtßl'e Wege.
Erzählung von B. Hollweg.
„Werden Sie nun noch zu läugnen wagen?"
şagte sie triumphirend und hielt das Päckchen der
Zum Tode Erschrockenen vors Gesicht — es war
die Wäsche des kleinen Helmer, gezeichnet mit den
Anfangsbuchstaben seines Namens und innen fest
ffngewickclt lagen — ein verwelkter Myrthenkranz,
km Trauring und ein beschriebener Zettel. Zitternd
war die Alte vor Anna auf die Knie gesunken.
»Gnade, Gnade, ich bin unschuldig, ich will Alles
Sestehen," jammerte ste, — und sie erzählte den
»thcmlos Horchenden, wie das kleine zarte Kind,
das ihrer Pflege anvertraut gewesen, von Tag zu
jvag kränker und elender geworden sei, bis cs eines
Morgens — erschrocken schwieg die Erzählerin
lull, denn einer Todten gleich >var Gertrud zurück
funken, — zu furchtbar traf sie der unerwartete
schlag, nachdem sie noch kurz zuvor so selig in dem
"^geschenkten Besitz sich gefühlt. Indem Anna be-
wüht war, die Ohnmächtige ins Leben zurückzu
ckn, erfuhr sie rasch das Weitere.
Ruhig war der kleine Kranke hinübergeschlummert
Tj. als die Pflegerin am Morgen dem Arzt die
Mittheilung machte, lvar seine erste Frage gewesen,
Frau von Dossen schon drum wisse, und auf
we^verneinende Antwort hatte er unter dem Vorgeben,
die Nachricht der schwer erkrankten Frau unfehl-
, ai ' den Tod bringen würde, ihr Schweigen gc-
wfdert, als Lohn dafür aber, wenn ihr Schweigen
wrklich unverbrüchlich sei, eine große Summe
Ades versprochen. Den ganzen Tag über hatte
Seele das Krankenzimmer betreten, dennoch,
.^Pcherte die Wärterin, habe die Angst sie beinahe
? wdtet, daß ein Zufall eine Entdeckung herbei
eilen könne. Gegen Abend habe der Doktor das
r°ns verlassen und sei nach einer langen Weile mit
kohl'" Hemden Kinde zurückgekommen, habe ihr be-
Centralmächtcn abzubringen, abermals gescheitert sind.
Vielleicht sind auch die Aussichten für das fernere
Verbleiben der deutschen Officiere in der Türkei
damit gestiegen.
London, 28. Aug. Der Luftballon mit dem
bekannten Luftschiffer Simm on ds und zweieu an
deren stieg gestern Nachmittag von der irischen Aus
stellung Hierselbst auf, um den Kontinent zu gewin
nen, er fiel aber am Abend um 6 Uhr bei Maldon
in Essex mit so großer Geschwindigkeit, daß alle
drei schwer verletzt wurden. Simm onds ist Abends
um 9 Uhr gestorben.
Petersburg, 27. August. Die hiesigen Blätter
äußern sich sehr erstaunt über die plötzliche Schwen
kung der „Nordd. Allg. Ztg." gegenüber Bon-
langer. Man vermuthet in den freundlichen
Worten des Kanzlerorgans die versteckte Absicht,
Boulanger durch die Unterstellung friedlicher Ge
sinnungen in den Augen der Franzosen zu schaden.
Die „Nowoje Wremja" meint, der Artikel der
„Nordd. Allg. Ztg." sei eigentlich mehr als ein
Hieb gegen die Orlcanisten, die schlimmsten
Feinde Deutschlands, zu betrachten. Jedenfalls be
ginne Berlin mit Boulanger als dem schlicßlichen
Sieger in Frankreich zu rechnen.
Petersburg, 27. Aug. Die Abreise der K a i s e r in
von Rußland nach Gmunden zu ihren Schwestern
giebt zu den verschiedensten Vermuthungen An
laß. Ş Anfänglich hieß es, die Kaiserin reise über
Berlin und sei zugleich Ueberbringerin äußerst ver
traulicher Aufträge ihres Gemahls an ihren Vater "
Wien, 27. Aug. Die russische Kaiserin
mit dem Thronfolger und der Großfürstin Xenia
i\t heute 10 Uhr mit einem russischen Separathof
zuge auf dem hiesigen Nordbahnhofe eingetroffen,
wo der Kronprinz Rudolf in russischer Infanterie-
uniform und die Kronprinzessin Stephanie zur Be
grüßung sich Ş eingefunden hatten. Der russische
Thronfolger, in österreichischer Ulanen-Uniform, ver
ließ den Salonwagen und begrüßte das Kronprinzen
paar, den Kronprinzen Rudolf umarmend und
küssend. Sodann begab sich das Kronprinzenpaar
in den Salonwagen und verblieb eine Viertelstunde
bei der Zarewna in lebhafter Konversation. Um
10'/< Uhr fuhr der russische Hofzug weiter über
die Verbindungsbahn nach Gmunden.
Gmunden, 28. Aug. Die Kaiserin von Ruß
land wurde bei ihrer gestern Abend erfolgten An
kunft von dem Herzog und der Herzogin von Cumber
land solute von der Prinzessin von Wales und deren
Töchtern am Bahnhof empfangen. Wie verlautet,
wurde der Kaiser Franz Josef im Laufe dieser Woche
den hier weilenden hohen Gästen einen Besuch ab
sotten. ^ Die Fürstlichkeiten werden heute einer Wohl-
thätigkeits-Vorstellung beiwohnen, welche unter noch
maliger^ Mitwirkung der Gräfin Prokesch-Osten
(Friederike Goßmann) stattfindet.
Konstantinopel, 28. Aug. Ueber das Ver
schwinden einer amerikanischen Sängerin
der Pariser „Sieclc" folgende Mittheilungen:
„Frl. Laura Schirmer, eine amerikanische Sän
gerin von großer Schönheit und vielem Liebreiz,
die eine gewisse Berühmtheit erlangt und öfters mit
P-rugiNi zusammen gesungen hatte, ist auf eine ganz
seltsame Weise verschwunden. Als sie sich in Kon-
stantinopel zu einer Vorstellung befand, trat sie
ob aus freiem Willen oder gezwungen, steht
nicht fest — in den Harem des Sultans ein. Nach
einigen Tagen that der Bevollmächtigte der Ver
einigten Staaten auf Veranlassung der Familie
Schritte, um ihr die Freiheit wiederzugeben, und
erhielt die Antwort, daß seine Landsmännin zusam
men mit 13 anderen Frauen „gestorben" wäre, weil
sie — vergiftetes Crême-Eis genossen hätte!"
Paris, 28. August. Eine Bombe platzte am
Freitag-Abend gegen 9 Uhr am Opernplatze, °an der
Ecke des Boulevard des Capucines und der Rue du
Quatre Septembre. Menschen wurden nicht ver-
letzt. Zn derselben Zeit platzte in der Avenue du
Clichy eine Bombe; ein Kaufmann ivurde schwer
verwundet.
Paris, 28. Aug. _ Rochefort fordert Carnot auf,
Boulanger das Conseilpräsidium zu über
geben, wenn er nicht wolle, daß Boulanger seine
Stelle einnehme.
Paris, 26. August. Jules Ducatel, ein
städtischer Straßenbauführcr, der am 21. Mai 1871
die Versailler Truppen benachrichtigte, daß das Thor
des Point-du-Jour unbesetzt sei, und so die Be
zwingung der Kommune beschleunigte, war zu jener
Zeit der Gegenstand großer Auszeichnungen. Herr
v. Girardin und Villemeffant vom „Figaro" ver
anstalteten eine Sammlung für ihn, die 129 000 Fr.
ergab, und die Regierung ernannte ihn zum Steuer
einnehmer in Mclun. Allein da er nichts vom
Rechnungswesen verstand, so begingen seine Gehilfen
Unterschlagungen, die er decken mußte, so daß er
sein Vermögen und sein Amt verlor. Dies ging
ihm so zu Herzen, daß er gestern als irrsinnig in
die Anstalt St.-Anne verbracht werden mußte.
In Barcelona hat gestern eine große Sozia
list env ersammlung stattgefunden, in welcher die
Vereinigung aller sozialistischen Arbeitergruppen an
gestrebt wurde, damit das Kapital und die bestehenden
Staatseinrichtungen mit größerem Erfolg bekämpft
werden könnten. Die Versammlung ward von der
Polizei aufgelöst. (93. x.)
»crlin, 28. Aug. Der Kaiser ist gestern
Abend 11 Uhr 5 Min. von Dresden hierher zurück
gekehrt.
Berlin, 27. Aug. Die Verabredungen wegen
des kaiserlichen Besuches am königlich sächsischen
Hofe waren bereits vollständig getroffen und bei der
jonst jetzt so in Anspruch genommenen Zeit des
Kaisers nicht mehr zu ändern, als die Durchreise
des Königs von Griechenland und seine Absicht
hier zu verweilen, hierher gemeldet wurde.
~~ â der vom Kaiser in Sonnenburg gehaltenen
Ansprache kam, nach dem „Reichsanz.", folgende
Stelle vor: „Zur Hebung und moralischen, sowie
religiösen Kräftigung und Entwickelung des Volkes
brauche ich die Unterstützung der Edelsten des
selben, Meines Adels, und die sehe ich im
Orden St.şş Johannis in stattlicher Zahl vereint."
Vom ofsiciösen Tclcgraphenburcau ist diese Stelle
an verschiedene Provinzialblätter in folgender Fassung
mitgetheilt worden: „Zur Hebung und moralischen
sowie religiösen Kräftigung und Entwickelung des
Volkes brauche Ich die Uiiterstützung der Edelsten
Meines Adels, und die sehe ich im Orden
St. Johannis in stattlicher Zahl vereint." Der
Unterschied der beiden Lesarten springt in die Augen.
Dre zweite Lesart enthält keine Zurücksetzung der
übrrgen Volksklassen hinter dem Adel, sondern unter-
es umzukleiden und in die Sachen des adligen
Kindes zu stecken, die kleine Leiche aber habe er mit
hinweggenommen. Dann habe er nochmals einen
feierlichen Schwur von ihr gefordert, daß sie nichts
verrathen wolle und ihr das Bündel zur Vernich
tung übergeben. Sie habe es verbrennen wollen,
:°T ì". ^eigneten Moment noch nicht gefunden,
da die Köchin stets in der Küche anwesend gewesen sei,
Den Doctor aber habe sie vorhin gerufen, weil
rltf'ïïi Entdeckung fürchtend, am
Schlüsselloch gehorcht und so Zeuge von Annas
Worten gewesen sei. —
Mit getheilten Gefühlen hatte Anna den Bericht
angehört, dann wies sie die Wärterin fort, be
schwichtigte das leise weinende Kind und ließ sich
dann neben Gertrud, die immer noch mit geschlossenen
Augen dalag, nieder: Arme Freundin! wie sollte
die Schwergeprüfte den Verlust des letzten, ihr ge
bliebenen Wesens ertragen! das war der hervorragende
Gedanke, der sich ihrer bemächtigte. Und gar bald
machte es sich nöthig, daß eine treue sorgsame
Seele sich der hart Getroffenen annahm. Eine
lange Krankheit fesselte sie an's Krankenlager und
mehr als einmal war der schwach glimmende Lebens
funke dem Erloschen nahe, aber die kunstreiche Hand
eines alten, bewährten Arztes, Annas aufopfernde
Pflege und vor Allem die eigene jugendkräftiqe
kräftige Natur trotzten sie dem Tode ab.
Schwere Wochen hatte Anna an Gertruds Kranken
lager zugebracht. Sie konnte die Freundin, die sie
unter so wunderbaren Umständen wieder gefunden
nicht verlassen, da dieselbe ihrer jetzt so dringend
bedurfte, und mit bcwundcrnswerther Geschicklichkeit
griff, ihr einfacher Sinn da ein, wo es gerade am
nöthigsten war. Unbeirrt von dem um ihn herrschen
den Kummer und Krankheit gedieh der Knabe
prächtig fort in der veränderten Umgebung. Doch
auch als Gertrud aller Gefahr enthoben war, hielt
ihn Anna, wenn möglich, derselben fern, um nicht
die langsam zuheilende Wunde von neuem aufzureißen.
Zwei Monate waren vergangen, seit Anna in
scheidet vielmehr nur innerhalb des letzteren zwischen
mehr oder weniger Edeln. — Die amtliche Bericht
erstattung über die Reden unseres Kaisers läßt, wie
sich auch schon gelegentlich der Friedrich Karl-Feier
zu Frankfurt a. O. zeigte, recht Vieles zu wünschen übrig.
, — Nunmehr verlautet doch, daß Kaiser Wilhelm
m Sonnenburg von dem Adel als „den Edel
sten des Volkes" gesprochen, wörtlich so wie der
„Reichsanz." es am Freitag mittheilte. Wie sich nun
aber aus einer Zuschrift der Direction des Wolff-
schen Telcgraphenburcaus an die Redaction des
„Bert. Börsen-Cour." ergiebt, ist das Wort „des-
selben nur bei der telegraphischen llebermittluna
oder in Folge eines Druckfehlers in den betreffenden
Zeitungen fortgeblieben. Die einschränkende Be
deutung in dieser Fassung beruht danach also auf
einer fehlerhaften Auffassung von Telegraphenbeamten
oder Setzern. In Wahrheit hat also Kaiser Wilhelm
gesagt:
„Die großen Aufgaben, ivelche Mir auf dem
Gebiete der inneren Entwickelung Meines Volkes
obliegen, vermag ich nicht allein durch die staatlichen
Organe zu lösen. Zur Hebung und moralischen,
sowie religiösen Kräftigung und Entwickelung der
Volkes brauche Ich die Unterstützung der E d e l st e n
desselben, Meines Adels, und die sehe Ich
mi Orden St. Johannes in stattlicher Zahl vereint "
In dem gegebenen Falle liegt also nicht, wie
bei der Wiedergabe des Trinksprnchs in Frankfurt
“■ b - (v°'n »auf der Strecke" liegen lassen von
18 Armeekorps und 44 Mill. Einwohnern), und
bei der Wiedergabe des Trinksprnchs bei der Ge
burtstagsfeier des Fürsten Bismarck ein Mißver
ständniß vor, sondern die erste öffentliche Wiedergabe
hat genau der wirklich gehaltenen Rede entsprochen.
Ein Vorwurfs also kann denjenigen Personen, welche
die Veröffentlichung vermittelt haben, wegen un
richtiger Uebermittelung nicht gemacht werden.
- Ueber Handwerkerfragen hielt der freisinnige
Abgeordnete Schrader am Sonntag einen Bor-
trag in Landsberg an der Warthe. Der Ver
sammlung wohnten einige Hundert Handwerker bei
darunter viele Anhänger der Zwangsinnungen. Be-
merkcnswerth war, daß gerade Mitglieder der In
nungen sich sehr wegwerfend aussprachen über das
Privilegium gewisser Innungen, Lehrlinge zu halten
. c schärten im Einzelnen, wie inan den Eintritt
m Innungen umgehen könne, ohne des Rechtes
verlustig zu gehen, Lehrlinge zu halten.
~ Die Antwort Mackenzies auf die Streit
schrift der. deutschen Aerzte wird, wie der „Franks
Ztg." mitgetheilt wird, ini Verlage von Adolf
ms™-?! Ahausen zum Ladenpreise von
1,50 Mk. Miste September erscheinen. Die Schrift
führt den Titel: „Friedrich der Edle und
"uc Aerzte." Der erste Theil der Broschüre
nthalt Mackenzies Darlegung und Rechtfertigung
semes Verhaltens, giebt einen geschichtlichen Bericht
über semen täglichen Verkehr mit dem Kaiser und
bietet eine Skizze des Charakters Kaiser Friedrich III
Außerdem soll dieser Theil der Schrift getreu hanb--
schnftlich nachgebildete Mittheilungen der Aufzeich-
mmgen des Kaisers von sensationeller Art enthalten
Der zweite Theil ist der Polemik gewidmet; er
ņchtet sich. gegen die persönlichen Angriffe und er-
ortert bis ins Einzelne die Behauptungen der deut
schen Aerzte Bergmann, Gerhard, Tobold rc. Der
Gertruds Haus gekommen. Letztere hatte den Ent
schluß gefaßt, zur Kräftigung ihrer Gesundheit das
Ende des Sommers auf dem Lande zu verleben,
und Anna hatte auf ihren Wunsch eingewilligt, sie
zu begleiten. Was hätte sie auch abhalten sollen,
von Helmer hatte sie, seit sie ihn verlassen, kein
Wort mehr gehört; wenn sie in stillen Stunden
manchmal eine tiefe Sehnsucht faßte nach etwas,
dem sie keinen Namen zu geben vermochte, gestand
sie sich wohl selbst kaum, daß es das Verlangen
nach emer Nachricht von ihm sei. —
Erdrückende Schwüle lastet bleischwer auf den
Straßen, selbst der hereinbrechende Abend hat keine
Kühlung gebracht; der Verkehr fluthet deshalb nicht
weniger lebhaft im flackernden Licht der Gaslatcrnen.
Equipagen, Droschken, Kremser, Bier- und Schlachter-
wagcn jagen und kreuzen sich, daß den Fußgängern,
die sich von dem Menschengewühl auf den Trottoirs
abzweigen, um den Fahrdamm zu überschreiten, dies
fast nur mit Lebensgefahr möglich ist. Klinqlinq-
lingling! läßt sich da plötzlich der schrille Ton einer
Glocke im schnellsten Tempo hören, begleitet von
dem einer zweiten und dritten in weiterer Ferne.
Hei! wie die Fuhrwerke und Fußgänger da aus
einander stieben und eine Gasse machen dem wilden
Jäger, der da einher braust lute auf Stnrmesflügeln
mit brennenden Fackeln, getragen von bärtigen,
abenteuerlich ausgerüsteten Gestalten. Es ist die
Feuerwehr. „Groß Feuer!" hat der Telegraph
gemeldet und nur Sekunden später stürmten die
stets Kriegsbereiten hinaus zum Kampfe gegen das
verheerende Element. Der Fußgänger, wenn er
nicht ^ Eile hat, hemmt für einen Moment seine
Schritte, um der pittoresken Erscheinung nachzu-
bucken, bls sie um die nächste Ecke oder im Gewühl
wieder verschwindet — und im nächsten Augenblick
bietet die Straße wieder den Anblick stetigen, rast
losen Drängens und Treibens.
Die Zugänge zur Ritterstraße find von einer
Abtheilung berittener Schutzleute abgesperrt. Ueber
dem Hofe eines alter- und rauchgeschwärzten Hauses
Astert eine dichte, unheimliche Wolke. Von allen
Seiten rasseln die Spritzen, Wasser- und Mann-
chaftswagcn der Feuerwehr heran, da schlagen auch
schon die Flammen aus dem Dache des Hinter
gebäudes und lohen haushoch zum tiefdunklen Nacht-
himmel empor. Es brennt das Fabrikgebäude in
dem Helmer früher gearbeitet. Der Director der
Feuerwehr selbst leitet die Rettungsarbeiten- rubia
giebt er seine Befehle, mit einer Ruhe und Vrä-
zision werden sie ausgeführt, als befänden sich bie
Mannschaften auf dem Uebnngsplatz und nickt im
gefahrvollen Kampf mit dem tückischen Element
Die Spritzen, arbeiten und gießen unerschöpfliche
Wasserfluthen in das Feuermeer, in welches die ver
wegenen Gesellen sich hinabstürzen, als seien ^
gefeit. Der Fabnkherr ist selbst am Platze bemülsi
die Geschäftsbücher aus dem Comptoir zu Ï'
Denn das Gebäude selbst ist verlohn so/1?'
Uebermacht müssen selbst diese wackeren Kämven
«ich,». D.« Singnal ms, j„„ 5Ä
"ur noch, bte angrenzenden Gebäude zu schützen.
Aus allen Fenstern schlägt die Gluth und ersticken
der, schwarzer Qualm. Da ertönt ein Hülferuf
aus einem rm vierten Stockwerk bclegenen Fenster
em Kopf beugt sich heraus mit gräßlich verzerrten
Zügen, doppelt gräßlich in der schauerlichen Be-
lluchtung. „Hülfe, Hülfe, ich muß verbrennen'"
Entsetzt wenden sich aller Blicke hinauf. Hülfe is*
nicht möglich. Bereits stürzten die in dem alten
Hause noch vorhandenen hölzernen Treppen im
Feuer zusammen. Wer soll auf diese Thurmböb-
gelangen? Er müßte Flügel besitzen Z f
Hülfe!" gellt es wieder. Da stürzt eine zeàup ê
Gestalt herbei; wir erkennen in dem äußerlich qän
lich hcrabgekommenen Menschen Helmer! er hat die
Absperrung zu umgehen gewußt, er ioendet sch 1
bm Branddirector. Keiner ist mit der OcrtliĢ
so vertraut als ick," flößt er hervor, „neben Sie