Full text: Newspaper volume (1888, Bd. 1)

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„Schauder" versetzen ließe, es sei denn über ein 
Preßtreiben, das durchsichtig genug sein Ziel 'ken 
nen läßt, wenn es denen, welche „die Livree des 
Herrn Mackenzie getragen" d. h. den verstorbenen 
Kaiser in seinem Vertrauen nicht vergewaltigen lassen 
wollten, jetzt den Weg über die Landgrenzen weist. 
Wenngleich das Niederträchtige nach Goethe das 
Mächtige ist,, was man auch sage, so findet diese 
Macht doch ihr Gegengewicht, sobald sie einmal in 
ihrer ganzen Rohheit und Nacktheit vor Augen tritt, 
wie es hier bei dem gegen die Kaiserin-Wittwe ar 
beitenden Preßflibustierthum geschieht." 
— Wie verlautet, sollen die Professoren v'o n 
Bergmann nnd Gerhardt hohe Ordensaus 
zeichnungen erhalten. 
Berlin, 10. Juli. Die Broschüre über die 
Krankheit des Kaiser- ist gutem Vernehmen 
nach längst gedruckt; ihre Veröffentlichung verzögerte 
sich nur deshalb, weil die Einwilligung der Kaiserin- 
Wittwe Victoria dazu bis jetzt nicht zu erlangen 
war. Die Brochüre ist 80 Seiten stark; die Vor 
rede derselben hat Professor v. Gerhardt geschrieben. 
Sie enthält Gutachten und die Darstellung des 
Verlaufes der Krankheit, eine Schilderung der 
Tracheotomie und des vielbesprochenen Kanülen 
wechsels in Charlottenburg, Alles in scheinbar ob 
jektiver, thatsächlich aber in einer die Spitze gegen 
Mackenzie gerichteten Form. 
— Der Gesetzentwurf, betr. die Alters 
und Invalidenversicherung der Arbeiter, 
der 144 Paragraphen enthält, ist nunmehr ver 
öffentlicht worden. Die Aufbringung der Mittel 
soll zu 3 Theilen, und zwar durch das Reich im 
Wege des Umlageverfahrens, durch die Arbeitgeber 
und Arbeitnehmer im Wege des Prämienverfahren« 
erfolgen. Die Beiträge für die Arbeitgeber und 
Arbeitnehmer werden nach Wochen, nicht wie früher 
nach Tagesbeiträgcn geleistet. Bis auf Weitere- 
ist als Feststellung dieser Beiträge 21 $ für 
Männer, 14 H für Frauen pro Woche angenom 
men. Der Betrag der Rente ist bei Männern auf 
120 JL, bei Frauen auf 80 JL festgesetzt. Nach Ab 
lauf der ersten 5 Jahre steigt die Invalidenrente, 
während der nächsten 15 Jahre um jährlich 2 Ji, 
von da ab um jährlich 3 JL, von da ab bis 
250 Jt um jährlich 4 bei Frauen steigt die 
Rente um 9 /* des angegebenen Betrages. Die 
Altersrente mit 120 JL beginnt mit dem 71. Lebens 
jahre. Dieser Betrag der Rente wird nur dann 
bezahlt, wenn fortlaufend Beiträge entrichtet sind, 
und zwar für jedes Kalenderjahr 47 Wochen. 
Ausfälle an Beiträgen bedingen eine Kürzung der 
Rente um den Versicherungswerth des Ausfalles. 
Ausgefallene Beiträge können von 2 zu 2 Jahren 
nachgezahlt werden. Eine Kürzung der Rente wegen 
Ausfalls des Beitrages in Folge Militärdienstes 
findet nicht statt; den auf diese Zeit entfallenden 
Beitragsausfall, um welchen die Rente gekürzt 
werden müßte, übernimmt bei Feststellung der Rente 
das Reich. — Die Uebergangsbcstimmung sorgt 
dafür, daß für jede Person, welche zur Zeit des 
Inkrafttreten des Gesetzes das 10. Lebensjahr voll 
endet hat, auch ohne Absolvirung der 30jährigen 
Karrenzzeit die Altersrente gezahlt werden kann; 
dieses ist in der Weise geschehen, daß Personen, 
welche zur Zeit deS Inkrafttretens de- Gesetzes 
z. B. das 70. Lebensjahr vollendet haben, Alters 
rente schon dann erhalten, wenn sie nachweislich 
während der unmittelbar vorangegangenen 3 Kalender 
jahre je 47 Wochen thatsächlich beschäftigt gewesen 
sind. Die thatsächliche Beschäftigung vertritt in 
diesem Falle den Nachweis der Beitragszahlung. 
Es können territoriale Versicherungsanstalten für 
einen oder mehrere Kommunalverbände, für einen 
oder mehrere Bundesstaaten errichtet werden. 
— Ein auffälliger Lehrermangel herrscht 
im Regierungsbezirk Bromberg. Die Regierung zu 
Bromberg veröffentlicht in ihrem Amtsblatte ein 
Verzeichniß von 32 (21 katholischen und 11 evan 
gelischen) freien Volksschullehrerstellen innerhalb des 
genannten Gebietes. 
— Daß der Kampf der Freimaurerorden 
mit aller Kraft fortgesetzt werden soll, bekundet die 
„Kreuzzeitung" durch einen langen Leitartikel, der 
diesem Gegenstände gewidmet ist. Wir können, wie 
man auch über den Werth der Maurerei denken 
möge, nicht zugeben, daß es sich mit der Pietät gegen 
die verewigten Kaiser verträgt, den Freimaurern 
schnöde Handlungen oder Gesinnungen zur Last zu 
legen. 
— In juristischen Kreisen Berlins will man 
wissen, daß der Justizminister Dr. v. Friedberg 
ernstlich mit dem Gedanken umgehe, sich in den 
Ruhestand zu begeben. Von irgend welchen Fric- 
tionen mit seinen Collegen kann keine Rede sein, im 
Gegentheil werden die Verdienste, welche er sich in 
den letzten schweren Zeiten erworben hat, allgemein 
anerkannt. Allein der Minister ist gegenwärtig 73 
Jahre alt. An Vermuthungen, wer sein Nachfolger 
sein werde, fehlt es nicht; als eine solche erwähnt 
man, daß vielleicht der Oberreichsanwalt Tessendorf 
als Chef der preußischen Justizverwaltung nach 
Berlin zurückkehre. 
— Ueber die Reise Kaiser Wilhelms nach 
Petersburg erhält die offiziöse Wiener „Pol. 
Korr." einen Petersburger Brief, welcher die poli 
tische Bedeutung der Reise nicht allzuhoch anschlägt. 
In dem Artikel heißt es wörtlich wie folgt: „Im 
Grunde glaubt niemand, daß die Begegnung eine 
ernstliche Veränderung der während der letzten Zeit 
von Rußland verfolgten Politik zur Folge haben 
könne, denn man begreift es sehr wohl, daß die 
Tripelallianz dem Deutschen Reiche Oesterreich-Un 
garn gegenüber Verpflichtungen auferlegt, welchen 
Ersteres sich nicht zu entziehen vermag. Andererseits 
ist Rußland gewillt, unerschütterlich bei seinen auf 
die Balkanhalbinsel bezüglichen Forderungen zu be 
harren." 
— Hausminister v. Wedell-Piesd orf wird 
nach der „Magd. Z." sein Reichstagsmandat 
demnächst niederlegen und damit für immer auf 
jede parlamentarische Thätigkeit verzichten. — Damit 
würde Herr von Wedell selbst den Streit über die 
Fortdauer oder das Erlöschen seines Mandats durch 
die erfolgte Ernennung zum Hausminister in be 
friedigender Weise gelöst haben. 
— Prinz Alexander von Battenberg in 
Lebensgefahr. Als Prinz Alexander am Sonntag 
von Heiligenberg (Jugenheim) nach dem Stettbacher 
Thal fuhr, scheute das Pferd und drängte nach dem 
steilen Abgrund. Der Diener sprang aus dem 
Wagen. Der Fürst, welcher selbst kutschirte, ver 
mochte das Pferd nicht zu halten und stürzte mit 
dem Wagen den Berg hinunter. Er selbst ward 
aus dem Wagen hinausgeschleudert, hatte jedoch die 
Geistesgegenwart, nachdem er etwa 40 Fuß tief 
gefallen war, einen Strauch zu erfassen und sich 
an demselben zu halten, während das Pferd und 
der Wagen in die Tiefe stürzten. Ein herbeigeholter 
Arzt stellte, wie wir dem „Berl. Tagebl." ent 
nehmen, fest, daß die Verletzungen des Fürsten 
nur leichte sind. 
Berlin, 9. Juli. (H. C.) Die Abreise des 
Fürsten Bismarck, die sich in Folge verschiedener 
Zwischenfälle verschoben hat, wird voraussichtlich in 
den allernächsten Tagen, vielleicht schon morgen, 
stattfinden. Der Reichskanzler begiebt sich, wie be 
reits gesagt, nach Friedrichsruh, und es soll die 
Absicht vorliegen, daß er daselbst während des ganzen 
Sommers verweilt. Eine Reise nach Kissingen 
ist vorläufig noch nicht in Aussicht genommen. 
— Wie sich der königlich preußische Hofhistorio 
graph von Treitschke mit der Regierung des 
Kaisers Friedrich oder, um „national" zu reden, 
mit dem „Interregnum der 99 Tage" abgefunden, 
ist in der neuesten Nummer der „Preuß. Jahr 
bücher" zu lesen. Es heißt da: „Die Regierung 
des sterbenden Kaisers konnte nur eine traurige 
Episode der vaterländischen Geschichte werden, 
traurig durch die namenlosen Leiden des edlen 
Kranken, traurig durch das lügnerische Treiben des 
englischen Arztes und seiner unsauberen journalistischen 
Spießgesellen, traurig durch die Frechheit der deutsch 
freisinnigen Partei, die sich begehrlich an den Kaiser 
herandrängte, als ob er selber zu ihr gehörte, und 
einmal doch einen Erfolg, den Sturz des Ministers 
v. Puttkamer, erreichte — während die monarchischen 
Parteien durch das Gefühl der Pietät wie durch 
die Voraussicht des nahen Endes genöthigt wurden, 
ihre Stimme zu dämpfen." Was der kgl. preußische 
Hofhistoriograph da leistet, ist von den geringsten 
Kostgängern des Reptilienfonds in kaum schlechterer 
Qualität geliefert worden. Im Weitern wird ge 
sagt, daß Friedrich III. als Kronprinz in dem 
langen Stillleben die Fühlung mit „der gewaltig 
aufstrebenden Zeit und ihren neuen Gedanken" ver 
loren habe. Und was sind das für Gedanken? 
Auch das erfahren wir; Herr Treitschke erwähnt, 
daß der Kronprinz seiner Zeit die Königsberger 
Studenten vor dem Chauvinismus — in ganz 
überflüssiger Weise, wie der Herr Hofhistoriograph 
meint — gewarnt habe. Wer Herrn v. Treitschke's 
Leistungen auf dem Gebiete des Antisemitismus 
kennt, wird es allerdings begreiflich finden, daß er 
dem Kaiser Friedrich ein nicht sehr freundliches 
Andenken bewahren werde. Wenn aber der Ge 
schichtsschreiber unter den Troß der gewöhnlichen 
Schreier sich mengt, müssen wir uns mit dem Ge 
danken vertraut machen, daß der Aera der Hetze 
diejenige der Geschichtsfälschung folgen wird. 
— Für Zeitungen zu schreiben, ist den 
Lehrern einer westfälischen Stadt (Witten) nach den 
Berichten pädagogischer Blätter von der dortigen 
Schuldeputation in einem Schreiben untersagt 
worden. Es ist nicht das erste Mal, daß dies 
geschieht, aber bisher waren es nur reaktionäre 
Regierungsorgane, die diesen Eingriff in die bürger 
liche Freiheit sich gestatten zu können glaubten. 
Aber schon der alte Wander hat ähnlichen Be 
strebungen gegenüber treffend geäußert, daß er in 
seinen Mußestunden nur dem Gesetze verantwortlich 
sei. Wo aber ist eine gesetzliche Bestimmung, die 
dem Lehrer die schriftstellerische Thätigkeit untersagt? 
Wie jeder Stand, der im geistigen oder wirthschaft- 
lichen Leben eines Volkes eine wichtige Aufgabe zu 
erfüllen hat, der Presse nicht entbehren kann, so 
haben auch die Lehrer nicht nur das Recht, sondern 
auch die Pflicht, an der Klärung pädagogischer und 
Schulfragen in der Presse mitzuarbeiten. 
— Wie aus dem „Rcichsanzeiger" zu ersehen ist, 
hat die preußische Gewehrprüfungs-Kommission in 
Spandau Namens der Reichsregierung für den Zweck 
des Heeres ein Patent mit Neuerungen an der 
unter Nr. 36005 dem Ingenieur Karl Friedrich 
Mannlicher zu Wien patentirten Construktion eines 
Cylinderverschlusses für Schnellad-Gewehre ange 
meldet. Diese unscheinbare Notiz bedeutet, daß 
nunmehr die schon im vorigen Herbst angekündigte 
Ersetzung des eben erst eingeführten Repetiergewehrs 
durch ein neues von kleinerem Kaliber beschlossene 
Sache ist und vermuthlich in aller Stille mit mög 
lichster Raschheit zur Ausführung gelangen wird. 
Die Zeitungen wissen denn auch bereits zu melden, 
daß dieses neue deutsche kleinkalibrige Repetiergewehr 
„allen andern zur Zeit bestehenden Gewehren weit 
aus überlegen" sei. Dies zu bezweifeln, haben wir 
natürlich nicht den geringsten Grund. Wir fragen 
nur auch jetzt wieder: wie lange wird dieser Vor 
zug bestehen? Das jetzige deutsche Repetiergewehr 
war, als seine Einführung beschlossen wurde, an 
geblich auch allen andern überlegen. Noch nicht 
volle zwei Jahre später aber befand sich die fran 
zösische sowohl als die österreichische Armee im Be 
sitz angeblich weit besserer Gewehre, so daß nun 
daS kaum eingeführte deutsche wieder durch ein 
„noch besseres" ersetzt werden muß. Bis dieses 
fertig ist, haben dann die Russen oder irgend jemand 
ander- vielleicht wieder eine neue Erfindung gemacht, 
die dann ebenfalls von uns sofort überboten werden 
muß und so fort. Das Ende kann nur das von 
dem Grafen Moltke schon längst vorausgesagte der 
allgemeinen Verzweiflung und in ihrer Folge der 
Weltkrieg sein. 
Au- Sachsen, 8. Juli. Im sächsischen Erzge 
birge wird gegenwärtig lebhafte Klage geführt dar 
über, daß der Export der besonders in der Ta 
petenfabrikation zur Verwendung gelangenden Erd 
farben nach Oesterreich in Anbetracht der Zoll- 
erhöhungen fast ganz eingestellt werden mußte. Von 
der Herstellung von Ultra marin färben haben 
die erzgebirgischen Farbenwerke in Folge der niedrigen 
Preise seit einigen Jahren ganz und gar Abstand 
nehmen müssen. In früherm Jahren gehörte die 
Fabrikation von Ultramarinfarben zu den lohnendsten 
Erwerbszweigen der erzgebirgischen Bevölkerung. 
Leipzig, 9. Juli. Das Reichsgericht ver- 
urtheilte den Eisenbahnbnreau-Hülfsarbeiter Dietz 
wegen Landesverraths, Beiseiteschaffung von 
Actcnstückcn und Diebstahls zu zehn Jahren Zucht 
haus nnd zehn Jahren Ehrverlust, die Ehefrau 
Dietz wegen Beihülfe zum Landesverrath zu 
vier Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust, 
den Färbercibesitzer Appel wegen Beihülfe zum 
Landesverrath und Bestechung zu neun Jahren 
Festung und einem Jahre Gefängniß. 
Leipzig, 9. Juli. Beim hiesigen Landgericht 
begann heute der Prozeß gegen den Bankier 
Sandbank. Es wurde festgestellt, daß 141 
Wechsel im Betrage von ungefähr Mk. 3 Millionen 
gefälscht sind. Sandbank wurde zu 3'/, Jahren 
Gefängniß verurtheilt. 
Würzburg, 7. Juli. Unterhalb der Hügel'schen 
Badeanstalt wurde heute Vormittag 10 Uhr ein 
seit vorigem Sonntag vermißtes Liebespaar, 
Eisendreher Götz und Näherin Schindhelm von hier, 
als Leichen aus dem Main gezogen. Dieselben 
waren mit einem Strick um den Leib zusammen 
gebunden. Als Beweggrund der That wird die 
Nichtduldung des Liebesverhältnisses seitens der 
Eltern des Mädchens angegeben. 
Braunau, 8. Juli. Ein gräßlich er Unglücks 
fall ereignete sich auf dem Sterner Felsen. Der 
Oberförster, welcher zugleich Wirth der dort belegenen 
Restauration ist, erklärte einigen Touristen die Um 
gegend. Hierbei lehnte er sich an ein morsches 
Geländer an, dieses gab nach, und der Unglückliche 
stürzte den etwa hundert Fuß hohen, steilen Abhang 
hinunter in die Tiefe. Er wurde vollständig zer 
schmettert aufgefunden. 
Lobenstein, 7. Juli. Ein düsteres Familien 
drama spielte sich jüngst in dem unweit von hier 
gelegenen reußischen Dorfe Ruppersdorf ab. Ein 
Tischlergeselle von 22 Jahren wurde wegen eines 
Sittlichkeitvergehens mit einem Mädchen unter 14 
Jahren verhaftet. In das Amtsgefängniß hierher 
gebracht, gab er an, daß sein Vater, der Tisch 
lermeister T., mit seiner 18jährigen Tochter, der 
Schwester des Arrestanten, in unsittlichem Verhältniß 
lebe. Es erfolgte darauf die Arretur der Beiden. 
Als die Ehefrau und Mutter der Verhafteten dies 
hörte, stürzte sie sich in den Hofbrunnen, aus dem 
sie als Leiche herausgezogen wurde. 
Nürnberg, 8. Juli. Vom Schwurgericht wurde 
jüngst eine reiche Bauerntochter aus dem be 
nachbarten Poppenreuth, die 19jährige Marie Horn 
wegen Ki n d e sm o r d e s zu drei Jahren Gefängniß 
verurtheilt. Die That scheint hauptsächlich aus 
Scham und Aerger darüber begangen worden zu 
sein, daß der Vater des unehelichen Kindes ein 
armer Dienstknecht war. Der Mord selbst stellt 
sich als eine Reihe äußerst roher Handlungen dar. 
Gleich nach der Geburt bemühte sich die Horn das 
kleine Wesen zu ersticken, indem sie ihm ihre linke 
Hand tief in den Mund hineinsteckte. Hierbei zer 
brach sie den: Kinde den Kinnbacken, spaltete ihm 
den Mund bis zum Ohr, riß ihm die Zunge ab 
und zerstörte innen die Schleimhäute. Schließlich 
schleuderte sie noch das Kind, als es immer noch 
lebte, mit beiden Händen zu Boden, Bald darauf 
starb dasselbe an Erschöpfung infolge des Blutver 
lustes. Einigermaßen zu Gunsten der Angeklagten 
lautete das Gutachten des Gerichtsarztes, welcher 
die Leiche untersucht hatte. Dieser nämlich erklärte, 
daß man keineswegs in jener Reihe von Hand 
lungen ein Zeichen außergewöhnlicher Rohheit er 
blicken dürfe; dieselben seien vielmehr nur eine Folge 
der mehr und mehr sich steigernden Aufregung der 
Horn gewesen, als der von ihr in ungeschickter 
Weise begonnene Mord nicht zum Ziele führen wollte. 
Greiz, 8. Juli. In ihrer letzten Sitzung ver- 
urtheilte die hiesige Strafkammer den Lehrer- 
Hartman n aus Fraureuth, einen Mann von 
54 Jahren, wegen einer Reihe mit Schulmädchen 
begangener unzüchtiger Handlungen zu fünf Jahren 
Zuchthaus. Hartmann trug ininier eine große 
Moralität zur Schau. Bor einer Reihe von Jahren 
hatte sich ein junger 19jähriger Lehrer eines ähn 
lichen Vergehens, wenn auch nicht in so schwerem 
Maße wie Hartmann, schuldig gemacht. Er floh, 
ehe er verhaftet wurde, nach England. Von Eng 
land aus schrieb er an Hartmann, mit welchem er 
befreundet war, daß er an dem und dem Tage mit 
dem Schiffe, dessen Name er nannte, nach Amerika 
abreisen werde. Hartmann lieferte den Brief der 
Staatsanwaltschaft aus, die durch telegraphischen 
Auftrag an die englische Behörde den jungen Mann 
verhaften und nach Deutschland transportiren ließ. 
In Altona fand gestern Abend eine von circa 
2000 Cigarrenarbeitern und Fabrikanten aus 
Hamburg-Altona und Umgegend besuchte Versamm 
lung statt, welche sich mit der Verordnung des 
Bundesrathes, betreffend die Beschaffenheit der 
Fabrikräume, die zur Cigarrenfabrikation benutzt 
werden, beschäftigte. Zum Schluß wurde eine Re 
solution einstimmig angenommen, wonach die Ver 
sammlung die Einführung dieses Gesetzes freudig 
begrüßt, indessen es, um einen wirklichen Nutzen zu 
schaffen, für unbedingt nöthig hält, daß die Verord 
nung auch auf den einzelnen Hausarbeiter ausge 
dehnt werde. Die Beschlüsse der Versammlung 
sollen dem Bundesrath und dem Minister des Innern 
übermittelt werden. 
Neunlünster, 7. Juli. Abermals entlud sich hier 
gestern Mittag ein Gewitter, das mit einem Sturz 
regen verbunden war. Mehrere Keller beim Bahn 
hof hatten Andrang vom Regenwasser. — Zwei 
hier Sinkende warfen über Nacht einem Weber, der 
die Fabrikarbeit wieder aufgenommen hat, die Fenster 
ein. Die Frevler sind bereits entdeckt und einge 
zogen. — Gestern Morgen wurden 2 Strikende 
per Bahn von hier in die Glückstädter Strafanstalten 
abgeführt. (N. O. Z.) 
Neumünster, 10. Juli. Ein gemeiner Raub 
anfall wurde am Sonntag Abend an dem hiesi 
gen Bahnwärter Ehlers verübt. Ein Gauner griff 
nämlich den Bediensteten an einsamem Feldweg an, 
gab ihm einige Knittelhiebe über Arni und Kopf, 
verwundete ihn mit einem Messer im Gesicht, durch 
suchte darauf des Verletzten Taschen, nahm die in 
einer Tasche vorhandenen 8 Ji an sich und verschwand. 
Plön, 8. Juli. Wir theilten s. Zt. bereits kurz 
mit, daß man sich hier mit der Absicht trage, eine 
Dampfschiffsverbindung zwischen Plön nnd Eutin 
durch den Gr. Plöner See, Dieksee, Kellersee und 
Eutinersee herzustellen. Die bekannte Firma Janus- 
Eutin, welche schon viel für Verbesserung der Com 
munication gethan hat, will auch diesen Plan in 
die Hand nehmen und zur Durchführung bringen. 
—nn. Vom Kanal, 7. Juli. Gestern und heute 
hatten das Infanterie-Regiment Nr. 85, die Artillerie 
und Pioniere ein Manöver in der Gegend von 
Achter wehr und waren von gestern Mittag bis 
heute Morgen die Dörfer und einige Höfe Hiesiger- 
Gegend von Soldaten angefüllt. Die Quartiere 
waren ziemlich stark belegt. — Leider ist es kein 
Gerücht gewesen, daß beim Bau des Nord-Ost 
see-Kanals bei Königsförde keine Fähre 
vorgesehen ist. Es ist jetzt bestimmt, daß dort keine 
derartige Anlage erfolgt. Etwas Unangenehmeres 
hätte Klein-Königsförde, Krummwisch, Möglin, 
Bredenbeck u. s. w. nicht treffen können, da jetzt 
der Handel auf Gettorf nicht nur aufhören muß, 
sondern auch die Bahn von dort schwerlich benutzt 
werden kann, die doch jetzt viel von hier freguentirt 
wird. Alle vorgesehenen Begründungen für den 
Wegfall der Fähre ändern an dieser Thatsache nichts. 
Man ist hier natürlich schlecht auf diese Anordnung 
zu sprechen. — Schlimm steht es mit der Witterung. 
Hunderte von Fudern an Klee und Heu sind bereits 
verdorben. — Herr P. Dohrn, bis Mai Hufen 
pächter in Schülldorf und bisher in Kiel wohn 
haft, zieht heute nach Reesdorf bei Bordesholm, wo 
er von Herrn Ä. Lüneburg eine Hufcnstelle von 
105 Tonnen für den billigen Preis von 2050 Mk. 
auf 10 Jahre mit vollem Inventar gepachtet hat. 
# Hohenwestedt, 10. Juli. Die Feier der Ent 
hüllung des Denksteins für Kaiser Wilhelm I- 
hat unter großer Betheiligung, auch der Umgegend, 
heute stattgefunden. Leider siel wieder in der ver 
gangenen Nacht ein sehr starker Regen, welcher sich 
noch theilweise am Morgen fortsetzte, ein Umstand, 
welcher der Enthüllungsfeier natürlich nicht günstig 
war. Dennoch konnten die Antheilnehmer während 
der Feier selbst bis zu Ende derselben anwohnen, 
ohne dadurch besonders beeinträchtigt zu werden. 
Den Festzug eröffneten die Schulkinder, die Mädchen 
in weißen Festkleidern, dann folgten die Angehörigen 
der landwirthschaftl. Lehranstalt, die Gemeindever 
tretung, die Administration der Spar- und Leihkasse, 
der Kriegerverein, der Kampfgenoffenverein, die frei 
willige Feuerwehr, die Schützengilde und der land- 
wirthschaftliche Verein. Der Zug gruppirte sich ui» 
den enthüllten Gedenkstein unter Jntonirung eines 
Chorals der hiesigen Musikkapelle, worauf bef 
Direktor der Landwirthschaftlichen Lehranstalt, Herc 
Conradi, die Festrede hielt, deren Inhalt natürlich 
dem Zwecke angepaßt und der Erinnerung des Heim 
gegangenen Herrschers gewidmet war. 
“ Kirchspiel Nortorf, 8. Juli. Wie bereits 
in diesem Blatte mitgetheilt wurde, hatte sich für 
die vakante Lehrerstelle an der Districtsschnle Z» 
Warder nur ein Bewerber gefunden. Derselbe, 
Herr Paasch aus St. Annen, hat in diesen Tagen 
seine Bewerbung zurückgezogen, und ist für eine ein 
träglichere Lehrerstelle in Tensfeld, Kreis Plön, zum 
Lehrer ernannt worden. Auch die ztveite Lehrerstclls 
in Langwedel ist noch unbesetzt, da von den zwei 
Bewerbern der eine abgeschrieben hat und der andere 
nicht angestellt werden durfte. — Der in der ver 
flossenen Woche in so reichem Maße gefallene Regen 
kam sehr ungelegen. Viele Wiesenbesitzer müssen, 
da die Wiesen überschwemmt sind, das bereits ge 
mähte Heu aus dem Wasser herausfischen und es 
zum Zwecke des Trocknens nach höher gelegene» 
Gegenden bringen. Die Qualität des Heues hat 
dadurch natürlich sehr gelitten. 
—n. Jevenstedt, 10. Juli. Das anhaltende 
Regcnwetter macht den Landmann nachgerade be 
denklich. Am schlimmsten betroffen sind diejenige» 
Besitzer, deren Wiesen an der Eider liegen. D»d 
hier geborgene Heu leidet nicht nur durch den Rege», 
sondern mehr noch durch den Umstand, daß in Folge 
des anhaltenden Westwindes die betreffenden Wiest" 
größtentheils unter Wasser gesetzt sind. Die Qualität 
des Heues muß dadurch eine ganz beträchtliche Ein- 
büße erleiden, nnd es sind nicht Wenige hier, die 
auf diese Weise manches Fuder Heu verlieren, 
wie man wohl sagen darf; die Wiesen an der Haastt 
Au sollen fußhoch unter Wasser stehen. 
* Rendsburg, 10. Juli. Wir berichteten i" 
voriger Nummer d. Bl. den Verlauf der Scg"' 
regatta in der Kieler Bucht bis zur Rückkehr der 
Boote und tragen nunmehr nach, daß die Regatt» 
der 1. Abtheilung in Folge des gemeldeten Unglücks 
falles unentschieden blieb. In der zweiten ķ 
theilung erhielt das Schiff „Klabautermann" (&' 
1. Classen (Hamburg) den Preis, einen silberne» 
Dekanter mit Untersatz. S. M. Dacht „Wunsch 
hatte sich am Rennen betheiligt, doch um eine - 
Minuten 1. Sek. längere Fahrzeit, welche Z""' 
Theil einer ihn länger aufhaltenden Haverie 5»)") 
schreiben ist. In der 3. Abtheilung hatte „Br»»' 
Hilde" (Herr Silbermann-Berlin) den ersten, 
„Ostsee" (Prof. Otzen-Berlin) den zweiten [ 
während in der 4. Abtheilung „Peter" (Bimpķ 
Hamburg) und „Odo" (Ekmann-Kopenhagen), 1 
der 5. Abtheilung „Muriel" (Consul Berbers 
Kopenhagen) und „Mieze" (Wolfs-Berlin) siegte"- 
x Rendsburg, 10. Juli. Am Sonntag, de 
15. Juli, 12 Uhr Mittags findet der diesjährig 
12. Berbandstag des Schleswig-Holsteinischen Thşş 
schutz-Berbandes in Schleswig statt, zu welchem 
der hiesige Geflügel- und Thierschutz-Verein 2 
lcgirte entsenden wird. Zur Verhandlung si»" 9, 
stellt: 1. Vorlage von neuen Schlachtungsapparķ ' 
2. Verbreitung einer Küchentafel für die Todt. ^ 
kleinerer Thiere (Geflügel, Fische rc.);^ 3. ķeķ» 
derung des weiteren Gebrauchs und Verkaufs 
Roßschlächtern angekaufter verkommener und şşv,. 
unfähiger Pferde; 4. Das Rupfen lebender j. 
5. Ausbreitung der Thierschutzvereine. Der t’ l 
von für die Hauptfragen und den Thierschutz 1 ^ 
Haupt sich interessirenden Persönlichkeiten (auch J ' 
Mitgliedern) ist willkommen. 
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