gedenkt deshalb keine Sommerreise zu unternehmen,
doch dürfte der Kaiser während der Anwesenheit
des Prinzen Heinrich in Kiel dorthin einen kurzen
Ausflug unternehmen.
— Der nunmehr ernannte Nachfolger des Herrn
v. Puttkam er, Minister Dr. Heinrich v. Achen
bach, war bekanntlich bisher Oberpräsident der Pro
vinz Brandenburg. Die Ernennung Achenbachs zum
Minister des Innern bedeutet keinen Systemwechsel.
Achenbach wird stets diejenige Politik vertreten,
welche Fürst Bismarck vertreten zu sehen wünscht.
Anerkannt werden muß, daß Achenbach persönlich
bisher nicht als Wahlmacher gleich Herrn v. Putt-
kamer hervorgetreten ist, und daß ihm auch nach
seiner Herkunft jene junkerlichen Allüren nicht an
haften, welche Herrn v. Puttkamer kennzeichneten.
— Die Reichstagssitzung am Dienstag war
von sehr kurzer Dauer. Es wurde über die Kon-
stituirung der Abtheilungen berichtet. Der Präsident
gab Kenntniß von den Beileidskundgebungen aus
ländischer Parlamente und holte die Ermächtigung
ein, denselben den Dank des Reichstages zu über
mitteln. Alsdann verlas der Präsident den am
Montag Abend von ihm zusammen mit dem
Seniorenkonvent vereinbarten Entwurf einer Adresse
an den Kaiser. Die Reichstagsmitglicder erhoben
sich bei dieser Verlesung von ihren Plätzen. Die
Adresse wurde einstimmig und ohne Diskussion an
genommen. Sozialdemokraten waren unseres Wissens
im Saale nicht anwesend. Gleich darauf erfolgte
die Verlesung der kaiserlichen Botschaft zur Schließung
des Reichstages. Fürst BiSmarck war in der
Sitzung erschienen.
Berlin» 26. Juni. (H. C.) Die Adresse des
Reichstages an den Kaiser enthält nur allgemein
politische Erklärungen und berührt weder die Kaiser
liche Botschaft von 1881, noch das Sozialistengesetz.
— Die „Nat.-Lib. Corr." schreibt: Eine so er
hebende und ergreifende Feier, wie die heutige Er
öffnung der Reichstagssession hat kaum jemals statt
gefunden. Niemals, selbst in den ersten Zeiten des
Reichs nicht, haben sich die deutschen Fürsten so
einmüthig und vollzählig um den Kaiscrthron ge-
schaart, wie heute. Und von gewaltigem Eindrucke,
klärend und verheißungsvoll, wie die ganze Feier,
war der Inhalt der kaiserlichen Thronrede. Niemals
sind künstlich geschaffene und genährte Besorgniffe
freimüthiger und unumwundener zerstreut worden,
als durch diese Rede.
Berlin, 26. Juni. Das Aeltesten-Kollegium
der Kaufmannschaft in Berlin hat sich den An
forderungen des Handelsministers in Bezug auf den
Getreidehandel an der Produktenbörse gefügt. Der
vfficielle Sitzungsbericht des Aeltestenkollegiums der
Kaufmannschaft von Berlin verhüllt diese Thatsache
durch die Mittheilung, daß in der Sitzung am
Montag eine Kommission niedergesetzt sei, um eine
Erwiderung an das Handelsministerium festzustellen
zur Vorbereitung für die nächste in kurzem bevor
stehende Sitzung des Aeltestenkollegiums unter dem
lebhaften Widerspruch einzelner wurde beschlossen, diese
Kommission zugleich zu beauftragen die Schluß
scheine entsprechend den Anforderungen des Reskript-
des Handelsministeriums (Normalgewicht, Darr
geruch, Rauhweizen) zu formuliren.
— Ueber das Paßedikt für die elsässische
Grenze hat sich der elsässische Abg. Petri, der
einzige elsässische Abgeordnete, welcher an der Er
öffnungsfeier des Reichstages theilnahm, sehr ab
fällig ausgesprochen, Herr Petri ist bekanntlich
mit Unterstützung der deutschen Regierung in Straß
burg gewählt worden und gehört als einziger re
gierungsfreundlicher elsässiger Abgeordneter der na
tionalliberalen Partei an. Herr Petri hat in par
lamentarischen Kreisen die nachtheiligen Wirkungen
des Paßedikts für Elsaß und insbesondere für die
Stadt Straßburg als weit größer und empfindlicher
dargestellt, als es bisher bekannt geworden ist! —
Man will in parlamentarischen Kreisen auch be
stimmt wissen, das Fürst Hohenlohe keineswegs
zu den Enthusiasten für das Paßedikt gehört und
es an Vorstellungen desselben gegen das Edikt in
Berlin nicht gefehlt hat. — Nach dem Pariser
„Figaro" will der Pariser Zahnarzt Evans, welcher
zu den BestattungSfcierlichkeiten in Schloß Friedrichs-
kron war, erfahren habe, daß das Paßedikt gegen
über dem Kaiser Friedrich damit gerechtfertigt worden
sei, daß man nur mit Hülfe der Paßkontrolc habe
die Namen und die Zahl derjenigen Elsaß-Lothringer
feststellen wollen, die mit dem jetzigen Zustande be
sonders unzufrieden seien und deshalb über die
Grenze hinweg nach Frankreich viel Verkehr unter
hielten. (Letzteres lassen wir dahingestellt. Red.)
— In einem heftigen polemischen Artikel gegen
Mackenzie führt die „Norddeutsche Allgemeine
Zeitung" aus, daß es nunmehr festgestellt sei, daß
Mackenzie sich „herausgenommen habe, den Geheimen
Kabinetsrath zu spielen und bestimmend in die Ge
schicke der deutschen Nation eingreifen zu wollen".
Zur Erhärtung dessen schreibt die „Nordd. Allg.
Ztg.":
„Kaiser Friedrich habe keinen Zweifel darüber
gelassen, daß er die Regierung nicht antreten
würde, wenn es außer Zweifel stände, daß er
von dem Krebs unheilbar befallen sei. Unter
den eventuell dazu berufenen Persönlichkeiten war
aber Niemand, der nicht von Hause aus ent
schlossen war, „dem leidenden Kaiser die Kränkung
der Anregung der Frage zu ersparen, so lange
er nicht selbst die Initiative ergriff. Da dies
bekannt war, so wurde es die Aufgabe derjenigen,
welche den Kaiser Friedrich aus für uns nicht
kontrollirbarcn Motiven auch bei vorhandener
Regierungsunfähigkeit auf den Thron
bringen wollten, den hohen Herrn über
seinen Zustand zu täuschen."
Die „Nordd. Allgem. Ztg." behauptet also, sagt
die „F. Z.", daß Kaiser Friedrich regierungsunfähig
gewesen sei und daß Personen wie Mackenzie, welche
trotzdem Kaiser Friedrich auf den Thron bringen
wollten, sich bestrebt Hütten, den hohen Herrn über
seinen Zustand zu täuschen. Nach Tausenden und
Abertausenden zählen die Kundgebungen aus allen
Theilen des Reiches, welche Kaiser Friedrich loben
und preisen dafür, daß er trotz seines leidenden
Zustandes den Thron bestiegen und der Welt ein
leuchtendes Beispiel von hoher Pflichttreue, erhabenen
Regententugenden und edlen Gesinnungen hinterlassen
hat. Die preußische Verfassung erklärt nur den
jenigen Thronfolger für regierungsunfähig, der
dauernd verhindert ist, selbst zu regieren. Weder
Krebs noch sonst eine unheilbare Krankheit bewirken
eine solche dauernde Verhinderung. Wir wüßten
auch nicht, sagt die „F. Z.". welches Hausgesetz
dieser klaren Bestimmung der Verfassung gegenüber
hätte in Bellacht kommen können.
Berlin, 22. Juni. Die Stadtverordneten-Ver-
sammlung genehmigte gestern einstimmig den Antrag
Horwitz', in dankbarer Erinnerung an Kaiser
Wilhelm I. und an Kaiser Friedrich III. die
Mormorbüsten beider Monarchen im Sitzungssaale
der Versammlung aufzustellen.
Berlin» 22. Juni. Der „Nat.-Ztg." zufolge
wird Kaiser Wilhelm sich mit der Kaiserin im
Herbst in Königsberg krönen lassen.
— Dem neuen Kronprinzen Wilhelm, dem
sechsjährigen Söhnchen des Kaisers, war cs, wie
die „Post" schreibt, nicht leicht gewesen, klar zu
machen, daß er nach dem Tode seines hochseligen
Großvaters nun Kronprinz des Deutschen Reiches
geworden sei. Sein kindlicher Sinn vermochte wohl
zu fassen, daß sein hoher Vater Kaiser geworden.
Seiner Erhebung zum Kronprinzen aber begegnete
er mit der Frage: „Nun bin ich schon daS, was
mein Papa geworden ist, als er schon mein Papa
gewesen ist?"
— Das Institut der sog. Zwangs-Zeitungen,
d. h. solcher Blätter, welche auf Veranlassung und
Anweisung der Landräthe durch die Hand der
Gensd'armen und Unterbeamten hauptsächlich den
Wirthschaften und abhängigen oder gefügigen Leuten
aufgehalst werden, verfehlt zur Hauptsache seinen
Zweck vollständig. Selbst in den Schänken und
Wirthshäusern der Bauerndörfer werden dieselben
nur höchst selten eines Blickes gewürdigt. Sie liegen
in der Regel eben so unentfaltet und sauber auf den
Tischen, wenn sie entfernt werden, als bei Empfang
derselben. Sie führen ein bescheidenes Stillleben
ohne den erhofften Einfluß, eine Scheinexistenz,
welche nur in den hin und wieder sogar reichlichen
Dotationen deS Reptilienfonds wurzelt, in der Regel
lautlos verschwindend, wie sie geräuschvoll in's
Leben getreten.
— Die G enickstarre ist in Spandau mit
tödtlichem Erfolge zum ersten Mal aufgetreten.
Unter auffälligen Symptomen erkrankte vor einigen
Tagen der Sekondelieutenaut v. Hagens, welcher
zur Militär-Schießschulc kommandirt war und im
Hotel zum Rothen Adler wohnte. Der Patient
wurde am 22. d. M. nach dem Garnisonlazareth
überführt und dort ist er Sonntag Abend 6 Uhr
verschieden.
— Bei Gelegenheit des Trauer läut ens
für Kaiser Friedrich löste sich am Sonnabend in
Kyritz, nachdem bereits Mitte voriger Woche der
Klöppel einer der großen Kirchglocken herabgestürzt
war, von einer kleinen zum Trauerläuten benutzten
Glocke eine schwere Eisenstange, welche dazu diente,
die Glocken in Bewegung zu setzen, stürzte aus
einer der Thurmluken und fiel so unglücklich auf
zwei am Fuße des Thurmes stehende Knaben, daß
dem einen derselben die Gehirnschale vollständig
zerschmettert wurde und der Knabe sofort todt nieder
sank, abgleitend fiel dann das Eisenstück dem da
neben stehenden 11jährigen Hermann Huth auf den
rechten Fuß, wodurch sämmtliche Zehen desselben
total abgequetscht wurden.
Kreuznach, 25. Juni. Ueber einen Wolken
bruch in der Gegend der unteren Nahe und im
Rheinthal am Sonnabend wird berichtet: In Münster
bei Bingen stand das Wasser meterhoch, die Menschen
wurden mittels Nachen von den Dächern gerettet,
Scheunen und Ställe wurden fortgerissen. In den
am Gebirge liegenden Orten wurden mehrfach
Häuser und Mühlen zerstört, einzelne Personen sind
ums Leben gekommen, viel Vieh ist ertrunken. Der
Schaden an Feldern und Weinbergen ist sehr groß.
Werden» 23. Juni. Die Zahlmeister-
Affaire, welche zur Zeit so viel Staub auf
wirbelte, hat nunmehr, wenigstens theilweise, ihren
Abschluß gefunden. Am vergangenen Montag
wurde, wie der „Köln. Volksztg." gemeldet wird,
der Zahlmeister F. von Münster durch einen Offizier
hier eingeliefert, um eine dreijährige Zuchthausstrafe
abzubüßen. Derselbe war im ersten Verhandlungs-
gange freigesprochen worden. Gegen dieses Er
kenntniß hatte das Militär-Auditoriat Berufung ein
gelegt und die zweite Instanz hatte auf drei Monate
Gefängniß erkannt. Hiergegen legte der Verurtheilte
sowohl, als auch das Militär-Auditoriat Berufung
ein, letzteres, weil von Seiten des KriegSministeriums
das Urtheil nicht bestätigt wurde. In dritter und
letzter Instanz wurden dem Angeklagten drei Jahre
Zuchthaus zu Theil.
— Im Braunschweiger Lehrerverein wurde von
Herrn Schulinspector Thoms auf's Neue die Frage
wegen der Vorschulen angeregt. Derselbe gelangte
zu folgendem Ergebniß: „Die Einrichtung von Vor
schulen für die Realschulen und Gymnasien ist über
flüssig und schädlich, denn 1. trägt die Vorschule
die Scheidung der Stände schon in die Jugend
hinein, 2. schädigt sie die Bürgerschule durch Ent
ziehung von Schülermaterial, von erheblichen pe
kuniären Mitteln und von dem allgemeinen unmittel
baren Interesse, 3. drängt sie zu verfrühter Ent
scheidung über den Bildungsgang der Knaben,
4. führt sie leicht zu einseitiger Vorbereitung der
Kinder und zu schädlichem Hinausgehen über noth
wendige Forderungen, 5. ist sie geeignet, der Ueber-
füllung der höheren Schulen mit ungeeigneten Schü
lern Vorschub zu leisten." DaS wird wohl im
Wesentlichen genügen, die Vorschule als das zu
erkennen, was sie ist. (Deutsche Schulpr.)
Karlsruhe, 24. Juni. Der soeben ausgegebene
Jahresbericht der hiesigen Handelskammer für
1887 enthält leider keinen allgemeinen Theil, in
welchem die Folgen der Gewerbe- und Handels
politik des letzten Jahres für die Geschäfte erörtert
würden. Wohl aber lassen sich diesbezügliche Aeu
ßerungen in den Referaten über einzelne Branchen
finden, die manchmal gar beweglich über die Ver
kehrtheit der Maßregeln auf jenen Gebieten klagen.
So ist bei der Maschinenfabrikation zu lesen: —
„Nachdem im abgelaufenen Geschäftsjahre nun auch
Italien einen erhöhten Eingangszoll auf Nähmaschi
nen gelegt hat (Oesterreich-Ungarn, Rußland und
Frankreich sind damit bereits vorangegangen), ent
steht für die deutsche Nähmaschinenindustrie hiedurch
ein weiterer Nachtheil und kann nur wieder
holt konstatirt werden, daß die Nähmaschinenbranche
seit Durchführung des Schutzzollsystems in Deutsch
land und der sich daran knüpfenden Maßregeln
anderer Länder eine empfindliche Schädigung
zu tragen hat." Dieser Aeußerung schließt sich leicht
Folgende an: „Einen schwer schädigenden Einfluß
auf die Absatzverhältnisse der P a p i e r b r a n ch e wird
die bevorstehende neue Tarifirung des Artikels „Pack
papier" ausüben. Auch England, welches früher
gewissermaßen als Ventil für die Ueberproduction
Deutschlands in Papier diente, ist für den deutschen
Markt durch die schwedische Konkurrenz bezüglich
des Artikels Packpapier fast ganz verloren gegangen.
In Folge dessen werden aber die Preise im Jn-
lande noch mehr gedrückt.
Hamburg, 24. Juni. Bedauerliche Ausschreitungen
haben sich sinkende Tischlergesellen zu Schulden
kommen lassen. In einem Neubau an der Tege-
thoffstraße drangen, der „Res." zufolge, mehre der
selben ein und bedrohten die dort arbeitenden
Holländer mit Todtschlag. Auch der Bauherr wurde
belästigt. Ebenfalls in einen Neubau in der Weiden
alle drangen wohl über 100 Gesellen ein, um dort
auch die holländischen Gesellen zum Niederlegen der
Arbeit zu bewegen. Als Polizei heranrückte, ent
flohen die Eindringlinge und es sprangen dabei
Verschiedene aus den Fenstern der ersten, sogar der
zweiten Etage, und zwar anscheinend ohne jegliche
Verletzung. Die Polizei hat die umfassendsten Vor
kehrungen getroffen, ähnlichen Ausschreitungen vor
zubeugen.
Altona, 23. Juni. Als am Sonntag der Gottes
dienst im hiesigen Gerichts-Gefängniß statt
fand, harrten in einer Zelle daselbst 12 Sträflinge,
darunter drei schwere Verbrecher, die von der Straf
kammer des Landgerichts zu längeren Zuchthaus
strafen verurtheilt worden waren, ihrer Abführung
in die Strafanstalt zu Rendsburg. Schon
während des Gottesdienstes hatte der sie über
wachende Gefangenenaufseher beobachtet, daß die
Gefangenen miteinander flüsterten, was er ihnen
wiederholt untersagte. Der Gefangenenwärter ahnte
nichts Böses, als er nach beendetem Gottesdienst
die Zellenthür öffnete und die Sträflinge einzeln
an sich vorbeipassiren ließ. Bei dem Heraustreten
des Letzten im Begriff, die Zellenthür zu schließen,
wurde der Gefangenenwärter von dem zuletzt Passirten
Sträfling überfallen, mit der rechten Hand so an
die Gurgel gepackt, daß ihm daö Blut ins Gesicht
quoll und mit der linken Faust auf den Kopf ge
schlagen. Die übrigen Gefangenen waren theilweise
schon im Begriff, zu entfliehen, theilweise dem Atten
täter beizustehen. Der Wärter war in einer ver
zweifelten Lage, nichtsdestoweniger behielt er seine
Ruhe und Besonnenheit, und mit dem großen Zellen
schlüssel versetzte er dem Angreifer einen so wuchtigen
Schlag gegen die Stirn, daß dieser in die Kniee
sank und den Wärter losließ, sodaß er um Hilfe
rufen konnte. Sofort kam das gesummte Personal
herbei, welches vorher nichts von dem Uebcrfall be
merkt hatte, weil er in einem engen, entlegenen
Gange stattgefunden hatte. Der Gefangenenwärter
wurde befreit und der Attentäter sowie dessen Ge
nossen in Sicherheit gebracht. Ersterer räumte ein,
daß zwischen ihnen eine Verabredung stattgefunden
habe, und daß er wider seinen Willen dabei den
Angreifer habe spielen müssen. (K. T.)
Itzehoe, 23. Juni. Zu der heute abgehaltenen
Zuchtpferdeschau der Holsteinischen Marschen waren
20 Hengste über 3 Jahre alt und 32 Hengste unter
3 Jahren alt, dazu 101 Mutterstuten, 20 vier
jährige Stuten, 33 dreijährige, 28 zweijährige und
22 einjährige Stutfohlcn, sowie 15 Wallache zur
Schau gebracht worden. Das Gesammtbild, welches
dieselben darboten, war ein ganz vorzügliches, be
sonders ragte die Abtheilung der Mutterstuten glänzend
hervor, so daß der Herr Oberlandstallmeistcr die
Meinung aussprach, daß die holsteinischen Marschen
mit ihrer Pferdezucht jetzt auf jenem hohen Stand
punkt ständen, auf dem Hannover vor 25 Jahren
gestanden habe. Ein erfreuliches Resultat, worauf die
Landwirthc der holsteinischen Marschen stolz sein dürfen!
kiel, 26. Juni. Die Ankunft des Prinzen und
der Prinzessin Heinrich von Preußen erfolgt
nach amtlicher Bekanntmachung am Sonnabend,
30. Juni, Vormittags 11 Uhr.
Kiel, 24. Juni. In der gestrigen Sitzung des
hiesigen Schwurgerichts ward gegen den früheren
Kaufmann Fritz Wilhelm Johannsen aus Heiligen
hafen, der beschuldigt ist, mit seiner inzwischen
verstorbenen Haushälterin, einer Frau Münster,
seinen eigenen Vater ermordet zu haben, verhandelt.
Geladen waren 31 Zeugen und Sachverständige.
Der Wahrspruch der Geschworenen verneint den
Vatermord, spricht den Angeklagten aber der Bei
hülfe zum Morde seines Vaters schuldig, worauf
daß Gericht auf 12 Jahre Zuchthaus, 10 Jahre
Ehrverlust und Zulässigkeit der Polizeiaufsicht gegen
ihn erkennt.
4-© Stapelholm, 24. Juni. Vorgestern ver
loren die Eheleute Dierks in Norderstapel ihr 3jäh-
riges Kind durch Ertrinken. Die Eltern waren
auf einer in der Nähe liegenden Koppel bei der
Feldarbeit beschäftigt, woselbst auch ihre 3 Kinder
im Alter von resp. 7, 5 und 3 Jahren eine zeit
lang herumspielten. Beim Heimwärtsgehen der
Kinder kamen sie einer recht großen Wasserkuhle
vorbei, wo das kleinste Kind zweifelsohne der Kante
zu nahe gekommen und so hineingefallen ist. Ein
ganz in der Nähe wohnender Landmann, der auf
das Geschrei der andern Kinder herbei eilte, zog
das verunglückte Kind noch lebend auS dem Wasser;
als aber die Eltern heimkanien, fanden sie leider
das Kind als Leiche vor.
-m». Vom «anal, 22. Juni. Hier geht daS
Gerücht, daß über den neuen Nordostseekanal bei
Königsförde später eine Fähre nicht vorgesehen sein
soll, wie eS früher projectirt war. Wir halten cS
in der That nur für ein Gerücht, das festen An
halts entbehrt, lieber Königsförde führt doch be
kanntlich die Landstraße von Eckernförde-Gettorf-
Nortorf-Jtzehoe und hatte diese Straße von jeher
viele Passage. Mehrere Landleute von Krumm
wisch u. s. w. liefern ihre Producte nach Gettorf
und ist es für diese schon jetzt höchst unbequem,
einen Bogen nach Möglin und Kl. Königsförve
machen zu müssen. Man hoffte bisher, daß bei
Fertigstellung des Kanals, die Fähre dahin gelegt
würde, wo sich die Schleuse befindet, daß dann ein
gerader Weg durch daS Dorf nach Möglin und so
nach der Kiel-Rendsburger Landstraße, hoffentlich
bald Chaussee, gelegt werden würde.
-un. Vom Kanal, 25. Juni. In der letzten
Nacht bemerkten wir nach Westen einen Feuerschein.
Wie ich nun heute höre, soll das Schafhaus des
Gutes Osterrade, daS weit vom Hofe ab im
Felde liegt, abgebrannt sein. Auch hört man, daß
200 Schafe verbrannt sind. Möchte letzteres doch
etwas übertrieben angegeben sein! — Die Ziegel
steine steigen im Preise immer höher und sind
kaum Steine zu bekommen. Auf der Gr. Nord-
seeer Ziegelei ist die Steinfrage namentlich sehr stark.
Auch ist die Verladung hart am Kanal eine gar-
bequeme.
“ Nübbel, 26. Juni. Wie mit einem Schlage
verändert sich das Landschaftsbild auf den an der
Eider belegenen Wiesen, indem mit der Heuernte
begonnen wird. Statt der wogenden Grasfelder
erblickt man bereits zahlreiche Heudiemen. Nach der
Zahl derselben wird die Ernte auf den meisten
Wiesen eine wirklich gute sein. Auch an Qualität
läßt das gewonnene Heu nichts zu wünschen übrig.
RendSbņrg, 26. Juni. Das 5. Gau-
turnfest des schlesw.-holst. Nordgaues findet nicht,
wie ursprünglich geplant wurde, am 12. August,
sondern am 5. August statt. In den nächsten Tagen
werden Einladungen an sämmtliche Gauvereine er
gehen. Der Gau besteht z. Z. aus 8 Vereinen
mit 836 . Mitgliedern (ein schleswiger Verein hat
kürzlich seinen Beitritt erklärt). 4 Wochen vor dem
Feste wird noch eine Gauvorturnerstunde in Kiel
abgehalten, woselbst dann auch die Pflichtübungen
bekannt gegeben werden.
* Rendsburg, 26. Juni. Heute war Se.
Exellenz Generallieutenant v. Reibnitz hier, um
den Schlußübnngen der hier auf 12 Tage zusam
men gezogenen Krankenträger-Abtheilungen beizu
wohnen. Diese Uebungen fanden auf der Wester-
rönfelder Haide statt. Es war dazu unsere Infan
terie- und Artillerie-Garnison ausgerückt. Letztere
beiden Waffen rückten wegen der Hitze schon um 9
Uhr früh wieder ein. Um halb zehn Uhr ver
sammelte sich die Krankenträger-Abtheilung auf dem
Platze hinter dem städtischen Krankenhause und er
schien der General, um sich von derselben sowie von
den Ärzten und Offizieren zu verabschieden. Zu
gleich sprach er den Offizieren und Mannschaften
seinen Dank aus für ihre Leistungen und knüpfte
daran die Erwartung, daß jeder auch im Felde
seine Pflicht thue, wenn es einmal nöthig sein würde.
Die Mannschaften sind heute (Mittwoch) wieder
nach ihren Regimentern resp. Bataillonen abgerückt.
Mittheilungen aus dem Publikum.
Die Redaction stellt die Benutzung dieser Rubrik, soweit er
der Raum gestattet, dem Publikum zur Besprechung von Angc-
Eingesandt.
Missionsfest. Ein Wort für dies Fest
können wir uns nicht versagen. Nachdem selbst
Männer wie Darwin und Virchow sich höchst an
erkennend über die Mission ausgesprochen haben,
kann kein Zweifel mehr sein über den Werth der
Mission. ES ist jedem Unbefangenen einleuchtend.
Im Interesse der Cultur wie des Christenthums,
der Sprachwissenschaft wie der Erd- und Völker
kunde und nicht zum mindesten der geistigen An
näherung der Menschen aller Zonen und Zungen
unter einander verdient die Mission alle Förderung
und Unterstützung. Wir begrüßen daher das Missions
fest sehr. Das Auftreten des auch hier rühmlichst
bekannten, weit gereisten, regen und anregenden In
spector der Goßnerschen Mission, Herrn Professor
Plath aus Berlin wird wesentlich zur Erhöhung
der Feier beitragen. Auf dem Schützenhof, wo die
Nachfeier stattfindet, wird auch für die Bewirthung
der Festgäste gesorgt sein. Anmeldungen zum ge
meinsamen Festessen, per Gedeck 2 Mk., wird daselbst
bis zum Abend vor dem Fest entgcgengeseheu. Wir
wünschen dem Feste eine zahlreiche Betheiligung aus
allen Kreisen unserer guten Stadt Rendsburg wie
des Landes umher und einen reich gesegneten Erfolg.
Depesche.
Telegramm der „Rcndsburgcr Wochenblatt."
Berlin, 27. Juni, 1 Uhr 10 Min. Nachm.
Die Thronrede vor dem versammelten
Landtage enthält das Gelöbniß, die Ver
fassung treu und unverbrüchlich zu halten.
Mein Vater, sagt der Kaiser, hat in seiner
Politik sich die Werke meines Großvaters
angeeignet und ich bin entschlossen, ihn»
aus diesen» Wege zu folgen. Treu und
gewissenhaft werde ich die Gesetze und
Rechte der Volksvertretung achten. Es
liegt mir fern, das Vertrauen des Volkes
aus Stetigkeit der Zustände durch Be
strebungen aus Erweiterung der Kronrcchte
zu beunruhigen. Ich beachte jederzeit als
Pflicht, alle religiösen Bekenntnisse bei
freier Glaubensübung zu schützen und den
kirchlichen Frieden zu erhalten. Ich bleibe
des Wortes Friedrichs des Großen ge
wärtig, daß in Preußen der König der
erste Diener des Staates sei.
Berlin, 27. Juni, 3 Uhr Nachmittags.
Furchtbare Ueberschwemmungen in
Mexiko zerstörten die Städte Leon und
Silao. Jrn ganzen Jnundationsgeb»»»
sind 1500 Menschen ertrunken.
:
>:
m
Kleine Mittheilungen aus der Provinz rc«
Unterm 21. Juni wird das Pastorat in UelshV-
Fahrenstedt als vakant ausgeschrieben mit einer Ein
nahme von reichlich 5000 Mk., von welcher 1200 仫«